Zum Inhalt der Seite

Der ewige Göttername

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Ein Abend bei Leana

„Du lebst auch eher nach dem Motto Weniger ist mehr, oder?“

Ein wenig enttäuscht sah Zetsu sich in der spartanisch eingerichteten Wohnung um, in die er so hatte kommen wollen, nur um nun zu erkennen, dass es nichts Interessantes zu entdecken gab.

Im Wohnzimmer befand sich lediglich ein Schrank und ein leer aussehendes Regal – das Interessante war wohl darin verschlossen. Ein mit unzähligen Macken versehener Tisch lud zum daran Verweilen ein.

Ansonsten gab es nur noch zwei Türen, die wie Zetsu aus seiner eigenen Wohnung wusste, ins Bad und zu einem Wandschrank führten. Im letzteren bewahrte Leana mit Sicherheit ihren Futon auf, genau wie er.

„Aber man kann es auch etwas übertreiben“, fuhr er fort.

Er hatte auf persönliche Dinge gehofft, nicht unbedingt frei herumliegende Kleidungsstücke, aber doch zumindest Familienbilder oder kleinere Accessoires oder sonstigen Nippes, den Menschen so gern sammelten.

Er selbst legte auch nicht viel Wert darauf, aber dennoch gab es in seiner Wohnung das ein oder andere, was ihn ausmachte. So lag auf dem Regal in seinem Wohnzimmer eine Zeitschrift, die zwar schon ein Jahr alt war, die er aber immer wieder gern durchblätterte. Daneben standen Bücher, die er als Kind gern gelesen und von denen er sich nicht hatte trennen wollen – auch wenn er mit seinem jetzigen Kenntnisstand zugeben musste, dass so manches Märchen doch einiges brutaler war als man als Kind dachte.

Doch bei Leana war davon absolut gar nichts zu sehen. Möglicherweise versteckte sie aber auch alles persönliche in ihren Schränken, solche Menschen gab es immerhin auch.

Gleichgültig zuckte sie mit den Schultern. „Wenn es dir nicht gefällt, kannst du auch wieder gehen.“

„So weit wollte ich eigentlich nicht gehen~ Wohnst du denn nicht mit deiner Schwester zusammen?“

Der Gedanke verfolgte ihn schon lange. Diese Wohnung war seiner Meinung nach zu klein für mehr als nur eine Person. Manchmal reichte es ihm schon, dass er sich seine mit Nanashi teilen musste. Er wollte sich gar nicht vorstellen, wie es sein könnte, den Wohnraum mit einem echten Menschen zu teilen. Da fiel ihm ein: Wo war Isolde eigentlich?

„Nein, tue ich nicht“, erwiderte Leana. „Sie wohnt woanders.“

„Warum?“

Es erschien ihm unverständlich. Er lebte allein, weil es niemanden gab, mit dem er leben konnte. Seine Familie war immerhin tot und in das Wohnheim wollte er nicht. Es war schon schlimm genug, dass er sich überhaupt einem Komitee angeschlossen hatte, aber er würde sich niemals von diesen Leuten abhängig werden lassen. Auch wenn er in naher Zukunft nicht vorhatte, einem anderen Komitee beizutreten, so wollte er sich alle Möglichkeiten offenhalten – vielleicht würde es ihm in einigen Monaten ja besser gefallen, die Welt zu vernichten.

„Das geht dich nichts an“, antwortete sie knapp.

Zetsu seufzte leise, während er sich ungebeten auf den Boden, der von einem mausgrauen Teppich bedeckt war, setzte. „Du könntest ruhig ein wenig netter sein, immerhin wollte ich dir helfen und hab mich dabei verletzt.“

„Ich habe dich nicht darum gebeten“, knurrte sie.

Doch nach einem kurzen Moment besann sie sich anders: „Möchtest du etwas zu trinken?“

„Ja, bitte~“

Sie ging in die Küche und ließ ihn allein im Wohnzimmer zurück.

Von seiner neuen Position aus betrachtete Zetsu noch einmal den Raum, ohne die Hoffnung, sonderlich viel zu entdecken. Doch vom Boden aus erkannte er tatsächlich, dass eine der Türen des Regals ein wenig geöffnet war. Etwas schien hervorzustehen als ob es ihn locken wollte.

Er wusste, er sollte seine Neugier zügeln und das, was auch immer sich darin befand, ignorieren, doch das war leichter gedacht als getan. Vielleicht war das seine einzige Möglichkeit, jemals etwas über Leana zu erfahren, was über „Das geht dich nichts an“ hinausging.

Seine Neugier gewann schließlich die Oberhand. Er warf einen prüfenden Blick in Richtung der Küche, aus der er Leana leise murmeln hören konnte, während Gläser klirrend aneinanderschlugen.

Vermutlich sprach sie mit sich selbst und regte sich darüber auf, dass sie ihn überhaupt hereingelassen hatte. Immerhin würde sie also nicht auf ihn achten.

Er streckte sich zum Regal hinüber und zog an dem, was sich darin befand. Es war ein Bild, wie er sofort erkannte. Neugierig betrachtete er dieses, ohne sich wieder in seine normale Sitzhaltung zu begeben.

Neben Leana, die einen recht neutralen Eindruck machte, befanden sich auch zwei ältere Erwachsene, ein junger Mann und eine junge Frau darauf. Die einzig ihm bekannte Person wirkte allerdings ein wenig jünger als sie nun war. Er drehte das Bild um und betrachtete die Buchstaben eine Weile, während er seine Englischkenntnisse zusammenkramte.

Familie Vartanian, 2004... das war vor vier Jahren.

Mit gerunzelter Stirn betrachtete er wieder das Bild selbst. Die junge Frau neben Leana sah ganz und gar nicht aus wie Isolde, nein, eigentlich sah keines der Familienmitglieder der Lehrerin auch nur ansatzweise ähnlich. Das konnte eigentlich nur eines bedeuten...

Isolde ist Leanas Shinjuu. Darum ist ihre Aura auch so seltsam. Aber warum tun die beiden das?

Dafür gab es – leider – viel weniger Antwortmöglichkeiten als ihm lieb war, besonders wenn er wieder daran dachte, wie Leana auf Shun Akitsuki reagierte.

Leana...

Er konnte es kaum glauben, aber so wie es aussah, arbeitete Leana für das Zerstörungskomitee.

Aber warum? Was erhoffte sie sich davon, alles zu zerstören, inklusive ihrer Familie?

Wobei... warum war sie überhaupt nach Japan gekommen?

Bestimmt nur wegen diesem Kampf.

Nein, nein, das durfte er sich erst gar nicht einreden! Bestimmt war sie aus einem anderen Grund nach Japan gekommen und ihre Reaktion auf Akitsuki ließ sich damit erklären, dass sie vom Zerstörungskomitee bedroht wurde, das war nicht selten.

Wie viele Shinkenträger waren von ihnen bereits zerstört worden?

Unzählige, wenn er es nur überschlug.

Und auch auf die Frage, warum sie sich keinem anderem Komitee anschloss, um sich zu schützen, so wie er es getan hatte, fand er eine einfache Antwort: Sie war zu unabhängig.

Sie wollte frei sein und nicht nach den Plänen eines anderen handeln müssen.

Da konnte er sie allzugut verstehen – er selbst würde das auch nicht tun, wenn er nicht müsste. Aber ihm blieben einfach nicht viele Alternativen, wenn er überleben wollte.

Aber Leana schon. Er würde sie einfach beschützen, nichts leichter als das.

Als er hörte, dass sie in der Küche fertig wurde, steckte er das Bild hastig wieder zurück und setzte sich wieder aufrecht hin. Er lächelte als ob nichts gewesen wäre.

Selbst Leanas neutrale Miene änderte nichts an seinem Lächeln. Sie reichte ihm das Glas, das er ihr dankend mit beiden Händen abnahm. Dabei ruhten seine fast schon zu lange auf ihrer Hand, bis er seine schließlich zurücknahm und an dem Glas nippte.

Sie zeigte keinerlei Anzeichen, ob ihr das unangenehm war oder ob sie es überhaupt bemerkt hatte. Wortlos setzte sie sich neben ihn.

Erst als er das Glas wieder abstellte, sagte sie etwas: „Ich hab echt keine Ahnung, was du eigentlich hier willst. Du hast doch gesehen, dass es mir gut geht.“

„Aber ich dachte, du könntest vielleicht ein wenig Gesellschaft gebrauchen.“

„Ich lege keinen Wert darauf“, erwiderte sie kühl.

Sie erinnerte ihn so sehr an sich selbst, dass es fast schon lächerlich war. Er lächelte nach wie vor. „Solltest du aber. Gesellschaft ist viel schöner als immer allein zu sein.“

Plötzlich erwiderte sie seinen Blick mit einer Intensität, bei der ihm ein Schauer den Rücken hinunterlief. Er hatte bislang nicht einmal gewusst, dass braune Augen so kalt sein konnten, sonst brachte er sie immer mit Wärme in Verbindung.

„Hör endlich auf, mir was vorzumachen“, verlangte sie. „Ich weiß, dass du Setoki deine Freundschaft vorgegaukelt hast, um ihn ins Erhaltungskomitee zu bringen – das werde ich mit mir nicht machen lassen.“

Sie verzichtete darauf, so zu tun, als ob sie keine Ahnung von dem hatte, was er machte, was Zetsu recht gelegen kam. Immerhin musste er ihr so nicht großartig erklären, dass er inzwischen erkannt hatte, dass sie ein Shinken trug und sie ihm nichts mehr vormachen musste.

„Du weißt also von den Komitees?“

Sie stutzte für einen Augenblick, doch sie fing sich sofort wieder. „J-ja, schon...“

Er ahnte nicht mal, dass sich in diesem Moment ein neuer Plan in ihrem Inneren entfaltete, aber gerade wäre ihm das auch egal gewesen. „Aber ich werde mich keinem anschließen!“

„Das dachte ich mir schon“, sagte er bedächtig nickend. „Das wollte ich aber auch nicht. Du bist nicht Setoki.“

Sie schwieg. Die entstehende Stille lastete auf Zetsus Ohren, weswegen er nach einem Gesprächsthema suchte. Am Liebsten hätte er sie nach ihrer Familie gefragt, nach dem Grund ihres Hierseins, wenn sie sich ohnehin keiner Seite anschließen wollte, doch er wagte es nicht. Inzwischen kannte er sie gut genug, um zu wissen, dass sie ohnehin nicht antworten und ihn vielleicht sogar eher rauswerfen würde – und das wollte er nun wirklich nicht.

Doch während er noch über ein Thema nachdachte, schien sie bereits eines gefunden zu haben: „Warum hast du dich eigentlich dem Erhaltungskomitee angeschlossen?“

Ihm war nicht danach, seine ganze Lebensgeschichte auszubreiten, die ihn zumindest zu diesem Zeitpunkt auf diese Seite gebracht hatte, also antwortete er mit seiner Kurzfassung: „Mir war danach.“

„Heißt das, du würdest die Seiten wechseln, wenn deine Stimmung sich ändert?“, hakte sie nach.

„Möglich.“

Er bemerkte den Schimmer des Triumphs in ihren Augen nicht, ihre Stimme ließ jedenfalls nicht darauf schließen. „Ich verstehe.“

Damit breitete sich wieder Schweigen im Raum aus.

Leanas Blick war auf einen unbestimmten Punkt an der Wand gerichtet, während Zetsu sie betrachtete, ohne sie wirklich wahrzunehmen. Er dachte wieder über ein Thema nach, über das sie reden konnten, doch alsbald bemerkte er, dass es unnötig war.

Es gab viel zu besprechen, aber nichts, worauf sie antworten würde und nicht, was er zu erzählen hatte, würde sie interessieren, da war er sich sicher. Aber es erschien ihm auch nicht mehr nötig.

Das Schweigen kam ihm wohltuend vor, besonders in ihrer Gegenwart und sie genoss es offensichtlich, nichts hören zu müssen. Also warum etwas an dieser perfekten Situation ändern?

Solange er bei ihr sein konnte war doch alles in Ordnung.

So verbrachten sie den Rest des gemeinsamen Abends schweigend. Er ahnte nicht einmal, dass er ihr damit unwissentlich zu einem neuen Plan verholfen hatte, der ihr um einiges besser gefiel, als der ursprüngliche Plan von Nathanael.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (1)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  LeanaCole
2010-07-30T09:09:18+00:00 30.07.2010 11:09
My. Das Kapitel war recht kurz, weswegen ich gar nicht so genau weiß, was ich sagen soll XD
Obwohl mir was aufgefallen ist. Zetsu wundert sich darüber, dass Leanas Eltern keine Ähnlichkeit mit Isolde haben und daraus schließt, dass sie Leas Shinjuu ist. Aber hat Isolde nicht gesagt, dass sie nur adoptiert wäre? Also ist doch klar, dass da keine Ähnlickeit besteht XD
Natürlich kann da keine sein, weil sie ja ein Shinjuu ist. Aber ich wollte das nur mal erwähnen XD

Leanas spartanisch eingerichtete Wohnung irritiert mich etwas. Natürlich passt das zu ihr, aber irgendwie ist es etwas ZU spartanisch XD
Liegt aber wahrscheinlich an mir. Ich bin sowas nicht gewohnt *lach*

Außerdem bin ich überrascht, dass Zetsu wegen den Komitees so wankelmütig ist. Ich dachte immer, er wäre von seiner Meinung überzeugt, dass es Dinge gibt, die erhalten bleiben müssen XD


Zurück