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Der Musiker und der Pirat

der Schatz des John Silver
von

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Nephtys

Nephtys
 

Zum ersten mal seid sie auf der Black Pearl segelte überkam sie ein seltsames Gefühl, als würde ein dunkler bedrohlicher Schatten über dem Schiff hängen, wie ein gefährlicher Sturm, der bald mit einer gewaltigen Wucht über sie hinweg fegen würde. Noch dazu wuchs in ihrem inneren ein ganz zartes Gefühl, unbemerkt von den bedrohlichen Vorahnungen, die ihr die Sicht auf jenes zartes Gefühl nahmen. Es war so leicht zu zerbrechen, so sanft und fein. Dorothee bemerkte es nicht. Es war bereits dunkel auf See, die Sonne war schon lange hinter dem Horizont verschwunden, hatte längst ihre letzten Strahlen ausgesandt. Niemand außer ihr war nun an Deck, die Männer schliefen in ihren Kojen und träumten von... vielen Dingen. Die Arme fest um sich schlingend setzte sie sich auf die Reling. Eine schmerzende Leere und Unwissenheit fraß sie von innen heraus auf. Seufzend schloss sie die Augen. Ihr fehlte etwas, eine gewisse Wärme, die ihr Halt gab, doch in ihrem Kopf gähnte ein Schlund aus verlorenen Erinnerungen. Sie fuhr sich mit ihren Fingern durchs Haar, löste dabei ihren Zopf auf, in zerzausten Wellen fiel es ihr ins Gesicht. Als ihre kühlen Fingerkuppen ihre Wange berührten fühlten sie sich fremd an - als wären sie nicht die ihren. Sie starrte auf die Handinnenfläche und konnte feine Narben erkennen. Bald, dachte sie, sind meine Hände nicht mehr von denen der Crew zu unterscheiden. Sie presste ihre Lippen zu einem Strich zusammen und sah auf die - noch - ruhige See. Die Worte Johanns und der Hexe kamen in ihren Sinn. Wie konnte sie einer Nymphe imponieren? Das einzige was sie gut konnte, und zwar richtig gut, war auf ihrer Gitarre spielen und dazu mittelmäßig zu singen. Aber hier, an Bord der Pearl hatte sie keine Gitarre. Hier an Bord war sie nur ein einfaches Crewmitglied das Jack für seine Zwecke benutzte. Der Gedanke an Jack ließ ihre blauen Augen dumpf werden, er nutzte sie aus, sie wusste nicht warum, aber es tat ihr unheimlich weh zu wissen, dass er... Ja was? - Stöhnend vergrub sie ihr Gesicht in den Händen. Die Seeluft tut deinem geschädigtem Hirn nicht gut, Dorothee! Und eine nach Rum süchtige Crew plus deren unzurechnungsfähiger, dauerbetrunkener Captain auch nicht! Der noch dazu eine unglaubliche Anziehung auf ziemlich viele weibliche Wesen hatte. Sie schüttelte den Kopf. Sie wurde bald noch Wahnsinnig! Sie hatte das Gefühl etwas fehlte, in ihrem Leben - neben ihrem Gedächtnis. Sie lugte unter ihren Handflächen hervor.

“Es hat keinen Sinn sich den Kopf zu zerbrechen über Dinge, worüber man sich den Kopf nicht zerbrechen kann!” den Brustkorb eng an die angezogenen Beine schmiegend verharrte sie und lauschte stumm den Geräuschen des Meeres und des Schiffes.

Die stetigen Geräusche verschmolzen in ihren Ohren zu einem angenehmen Rhythmus, der ihr Herz schneller trommeln ließ. Wörter tropften, wie ein sanfter Nieselregen durch die Nebelwand des Vergessens, formten sich zu einem Lied, das ihr zögernd und langsam über die Lippen entfloh:
 

“Hört ihr wie das Volk erklingt,

von unsrer Wut erzählt der Wind

das ist die Symphonie von Menschen,

die nicht länger Sklaven sind!

Jedes Herz schlägt wie es kann

unsere Herzen trommeln laut,

alles fängt ganz von neuem an,

wenn der Morgen graut!
 

Wenn die Barrikade ruft,

dann bebt der Feind vor unsrem Schrei!

Wir bauen eine Welt ganz ohne Hass und Tyrannei,

drum schließt euch uns an jede Frau jeder Mann und seid frei!”
 

Ein Summen entrag sich dem Meer, kitzelte Dorothee in den Ohren, verführte sie endlich dazu zu schlafen, in eine warme, heile Traumwelt zu entschlummern. Aus den dunklen Wellen im Wasser erhob sich ein grünlich schimmernder Haarschopf, ein feines Frauengesicht mit hellen Augen lächelte liebevoll - fast mütterlich - zur Reling hoch. Im fahlen Licht des Mondes, der nur ab und zu durch die Wolken hervorbrach, schimmerte die Haut der Nymphe in unzähligen Farben, die feinen Schuppen auf ihrem Haar und ihrer Haut glänzten in matten Perlmuttfarben. Ihr Haar breitete sich um ihren Kopf aus, wie ein Schleier aus verwunschenem grünen Wassers und Meerespflanzen. Die rosigen Lippen öffneten sich und ein beruhigender Laut entrang sich ihm. Sie schwamm näher an das Schiff. Eine schmale, zierliche Hand griff nach einem Tau, das lose ins Wasser hing. Fest packte sie zu und hangelte sich langsam aus dem Wasser. Ihr Oberkörper schimmerte leicht grünlich, dennoch konnte man einen goldenen Hauch erkennen. Unterhalb ihrer Brust waren tiefe Einkerbungen, ihre Kiemen, die sich langsam, flatternd schlossen. Dort, wo man Füße erwartete am Ende ihrer Wirbelsäule, erstreckte sich mit unzähligen schimmernden Schuppen bedeckt ein, in den Farben des Meeres, Fischschwanz. Immer wieder schlug er auf das Holz des Schiffes, während sie mit festem Griff an dem Tau empor kletterte. Ihr Körper bewegte sich so geschmeidig, als wäre sie nicht auf dem Trockenen sondern immer noch Unterwasser. Mit einem leisen aufstöhnen stemmte sie sich an der Reling hoch. Direkt neben ihr schlief Dorothee. Mit einem leisen: “Na endlich!” saß die Nymphe endgültig neben Dorothee auf der Reling.

“Hey, kleine Musikerin! Das ist nicht der geeignete Ort um zu schlafen!” sanft rüttelte sie an der Schulter der jungen Frau. Diese murrte nur und wollte sich wegdrehen - in Meeresrichtung -, doch die kühlen, nassen Finger der Nymphe umfassten ihr Gesicht und schlagartig öffnete Dorothee die Augen. Ein spitzer Schrei entfuhr ihr als sie in das seltsame aber wunderschöne Gesicht der Nixe sah. Diese schrie ebenfalls erschrocken auf, beinahe verloren beide das Gleichgewicht, reflexartig hielten sie sich jedoch beide an den Armen des Gegenübers fest.

“Wer bist du?” keuchte Dorothee.

“Und du?” mit weit aufgerissenen Augen sahen sie sich an.

“Dorothee Silver,”, antwortete Dorothee und musste die Stirn runzeln, “- Bist du etwa eine Nymphe?”

Ein warmes Lächeln umspielte die Lippen des Fabelwesens und es nickte.

“Ja, man nennt mich Nephtys”, ein warmer Blick, tiefgründig wie das Meer streifte Dorothees Gesicht. Nephtys kühle Hand löste sich von ihren Oberarmen und legten sich behutsam auf die Reling. Sachte umspielte ihr Haar, das fein grünlich schimmernde Gesicht, unterstrich die ebenen Gesichtszügen und ließen sie wie eine Erscheinung, eine flatternde Fata Morgana aussehen, die im heißen Wüstenwind plötzlich auftauchte und verlockend in der Luft schwebte.

Dorothee betrachtete das seltsame Fabelwesen. Tief in ihr regte sich, ganz leise und sachte, eine Erinnerung. Ein Gefühl, als kenne sie solche Wesen bereits, als habe sie schon eine Nixe gesehen. Nur wann? Sie wusste es nicht. Unbewusst hatte sie den Kopf geschüttelt, daraufhin hatte Nephtys gedacht, sie würde ihre Existenz verneinen. Zart, wie eine Mutter, die ihrem Kind vorsichtig zu beruhigen versuchte, legte sie ihre Finger an die Wange von Dorothee und lächelte sanftmütig.

“Ich bin wirklich da. Hier -”, sie holte die Hand der verschüchterten Frau, führte diese an die Stelle, wo ihr Herz im Takt des Meeres schlug, “- ich habe sogar einen Herzschlag.”, die kühlen Finger der Nymphe wurden immer wärmer und strahlten eine ungewohnte, wohltuende Vertrautheit aus, dass Dorothee leicht schlucken musste. Das fehlende Gefühl in ihr, schien plötzlich wie weg geblasen zu sein, die leere Stelle in ihrer Brust wurde ganz unerwartet wieder ausgefüllt, nur durch die einfache Berührung von Nephtys. Sie spürte, wie das Herz der Nymphe pochte, sanft unter der Haut schlug, in einem anderen Takt als ihres.

Langsam ließ Nephtys sie los und wartete stumm.

“Singst du mir etwas?”, fragende Augen mit dem Glanz eines Sonnenaufganges auf See darin, sahen die Musikerin an.

“Aber ich bin nicht...”, sie wedelte abwertend mit der Hand vor sich her und zuckte anschließend hilflos mit den Schultern, “... nicht wirklich berauschend oder wirklich gut.”, entschuldigend kratzte sie sich am Arm. Eine Geste, wie sie Kinder oftmals machten, wenn sie nicht so recht wussten, was richtig war und was falsch.

Nephtys schüttelte den Kopf.

“Doch du kannst es!”, erneut griffen ihre kühlen Finger nach denen von Dorothee und hielten sie aufmunternd fest.

Verlegen leckte sich diese über ihre trockenen Lippen.

“Mir ist egal, welches Lied, sing einfach nur, bitte.”, flüsterte Nephtys und sah sie eindringlich an.

Die Erinnerung an ihren Traum, mit der schönen Zigeunerfrau durch zuckte sie und ihr fiel ein kleiner Teil eines schönen Liedes ein über eine Zigeunerin. Noch mal leckte sie sich über die Lippen, holte einmal Luft und schielte kurz zu Nephtys rüber, die abwartend dasaß, ihr Fischschwanz zuckte leicht ungeduldig hin und her, klatschte ab und zu gegen die Reling.

“Vielleicht kennst du es oder nicht:
 

Broke my heart

On the road

Spent the weekend

Sewing the pieces back on
 

Friends and thoughts pass me by

Walking gets too boring

When you learn how to fly
 

Not the homecoming kind

Take the top off

And who knows what you might find
 

Won't confess all my sins

You can bet I'll try it

But I can't always win”
 

Sie fing an zu grinsen und wippte leicht hin und her. Die Musik war wieder in ihrem Kopf, wie wogende Wellen auf See, trieben die einzelnen Wörter sie weiter. Ihre Finger trommelten im Takt, der nur in ihrem Kopf zu herrschen schien. Glück durchflutete ihre Venen, verschmolz mit ihren Blutkörperchen.
 

“'Cause I'm a gypsy

Are you coming with me?

I might steal your clothes

And wear them if they fit me

I never made agreements

Just like a gypsy

And I won't back down

'Cause life's already bit me

And I won't cry

I'm too young to die

If you're gonna quit me

'Cause I'm a gypsy”
 

Sie ließ sich treiben und zog unbewusst Nephtys mit in ihre eigenen, persönlichen Meerestiefen, die sie nur durch die Musik betreten konnte. Das stolze Lächeln auf den Lippen der Nymphe fiel ihr nicht auf, zu versunken war sie, zu tief steckte sie im Lied drinnen, zu stark war sie in ihre eigene Trance gefallen.

Als Dorothee geendet hatte, strahlte sie Nephtys an. Ein Feuerwerk aus Freude in Form eines gespiegelten Sonnenaufganges in den Augen der Nixe strahlte ihr entgegen. Erstaunt schluckte Dorothee. Solch eine Reaktion hatte sie in der Nymphe hervor gerufen?

“Das war wunderbar! Ich-”, doch weiter kam Nephtys nicht, denn ein lauter Ruf aus den Tiefen des Rumpfs der Pearl unterbrach sie: “Dorothee?!”

Jemand war womöglich von ihrem Aufschrei aufgeschreckt worden und stiefelte nun die Treppen empor - und dass nicht gerade leise. Anscheinend hatte sie jemanden geweckt. Hoffentlich nicht Jack, dachte Dorothee und kniff die Augen zusammen.

Etwas kühles und nasses an ihrem Arm ließ sie aufschauen, direkt in die Augen der Nymphe.

“Sobald du Hilfe benötigst, ich bin immer nah bei dir.”, sie sah sie ein letztes mal mit einem warmen Ausdruck an und strich ihr über die Wangen, “- kleine Musikerin...”, dann ließ sie sich von der Reling fallen und landete mit einem leisen Platsch im Wasser.

“War, das... Ist das... eine gewesen?”, Gibbs blinzelte und starrte mit offenem Mund auf jenen Fleck, auf dem Nephtys gesessen hatte.

“Captain! CAPTAIN!”, rief er aus und Dorothee zuckte durch die plötzliche Lautstärke zusammen. Eiligst lief der erste Maat nach unten und kam kurz darauf mit einem ebenso hektischen Jack hochgetrampelt.

“Wo? Wo Master Gibbs?”, suchend bückte sich Jack und hielt Ausschau nach der sogenannten Nymphe.

“Im Wasser.”, sagte Dorothee und deutete ins Meer.

Erst jetzt bemerkte Jack sie und sah sie an.
 

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Wie lange musstet ihr warten, dass ich weiter schreibe? Gott eindeutig zu lange!

Es tut mir furchtbar leid! Ich habe bei so vielen neuen FFs weitergemacht und angefangen, aber nie hier weitergeschrieben! Schande über mich!, schreckliche Schande!
 

Ich hoffe ihr könnt mir verzeihen. Und ich hoffe euch hat dieses bescheidene Kapitel gefallen.
 

*Kekse hinstell*
 

eure Sengo
 

n. K:



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2010-09-14T18:20:11+00:00 14.09.2010 20:20
Egal, wie lange wir warten mussten, haupsache ist doch, dass es weitergeht :)
Obwohl, wenn ich ehrlich bin, hatte ich schon fast die hoffnung aufgegeben, dass du weiterschreibst... Also DANKE fürs weitermachen, gefällt mit wirklich suuuper!!!


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