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Who knows where life may take us

MyvxRuki
von

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Aller Anfang ist schwer

„Was denn? Du glaubst mir nicht?!“

Miyavi sah ihn überrascht an. Er sah wirklich fast ernsthaft geschockt aus, dachte Ruki für einen Moment, aber das brachte ihn sogar noch mehr zum Lachen und er stellte schnell sein Bier auf den Tisch, um es nicht zu verschütten.

„Nein, warum sollte ich?“, kicherte Ruki und sah den schwarzhaarigen fragend an.

„Warum nicht?“
 

Ruki schnaubte. Er hasste Gespräche aus Gegenfragen, das führte nie zu einem Ergebnis und außerdem nervte es.

„Weil du nicht grade der Typ bist, von dem man ein Liebesgeständnis ernst nimmt!“, sagte er schlicht und ohne ein Lächeln. Warum sollte er dem anderen nicht die Wahrheit sagen? Dachte er wirklich, Ruki durchschaute seine Taktik nicht? Dann hielt er ihn wirklich für ziemlich blöd und das fand Ruki irgendwie beleidigend.
 

„Wie? Aber du bist doch Männern gegenüber nicht abgeneigt, also was soll das?“ Er hatte nun die Augenbrauen hochgezogen und sich auf der schmalen, lehnenlosen Bank, auf der sie saßen, etwas zurückgelehnt.

Dabei war er ihm doch eben noch furchtbar auf die Pelle gerückt, um ihm ein ´Ich liebe dich´ ins Ohr zu hauchen.

„Männern nicht, aber dir!“, konterte Ruki und merkte selbst, dass seine Worte vielleicht etwas hart gewesen waren. Aber sich dafür entschuldigen war auch albern. Miyavi konnte so was wohl aushalten.

Aber im flackernden, bläulichen Licht der Diskobeleuchtung schien das Gesicht des anderen doch von Enttäuschung gezeichnet zu sein.

Seltsam, dachte Ruki, hatte er wirklich erwartet, dass er sich freudig in seine Arme schmeißen würde? Wenn er das wirklich erwartet hatte, war er aber ein ziemlicher Traumtänzer.
 

Miyavi brauchte einen Moment, um sich wieder zu fangen und sein übliches Grinsen aufzulegen. Er beugte sich abermals etwas vor, um nicht so schreien zu müssen, denn die Musik wummerte lautstark um sie herum und der Bass dröhnte leicht in Ruki’s Magengrube.

„Das heißt, wenn, sagen wir Reita ankommen würde und dir seine Liebe gestehen würde …“

Ruki zog die Augenbrauen hoch, nur um nicht wieder lachen zu müssen.

„… würde Reita nie tun, da ertränkt der sich lieber“

Miyavi winkte ab „Dann eben Uruha …“

Ruki zog wieder die Brauen hoch, wie blöd konnte der Typ eigentlich sein, seinen Ex-Freund als Beispiel zu bringen. Die Antwort darauf war nun mal inzwischen klar.

„Okay, dummes Beispiel, dann eben … Aoi, ja Aoi ist perfekt, würdest du Aoi auch zurückweisen?“
 

Der blonde gönnte sich, einen Moment ausgiebig darüber nachzudenken, natürlich auch um Miyavi noch ein bisschen auf die Folter zu spannen.

Er genoss es, dass der andere so entsetzt davon war, dass mal jemand nicht total wild auf ihn war. Er fand Miyavi’s Ego sowieso viel zu groß, da konnte er einen Schlag vor den Kopf mal ganz gut vertragen.
 

„Ich will nicht direkt was von Aoi, aber wenn er mir seine Liebe gestehen würde, würde ich’s mir überlegen …“, sagte er schließlich und war mal wieder stolz darauf, wie ehrlich er doch mit sich und anderen war.

Gut, vielleicht hatte er es extra so ausgedrückt, als wäre Aoi keine zu verachtende Partie, obwohl er den anderen nicht wirklich anziehend fand.

Er war eben nicht nur auf Männer fixiert und hatte seit der Beziehung mit Uruha auch nichts mehr mit einem gehabt und diese Beziehung war schon Jahre her. Noch vor der Zeit mit Gazette. Inzwischen hatten sie sich beide verändert, genau so wie ihre Gefühle füreinander.
 

Miyavi sah ihn geschockt an. „Ihm würdest du eine Chance geben, aber mir nicht? Aoi sieht aus wie mein Zwilling, na ja gut, fast, ich bin natürlich heißer und begabter und meine Haare sind auch viel seidiger …“
 

Ruki verdrehte die Augen. Ja da war sie wieder, diese ihm eigene Miyavi-Selbstverliebtheit ohne Grenzen. Dieser Kerl würde nie jemand anderen lieben als sich selbst, darum hatten Liebesgeständnisse aus seinem Mund auch keinen Wert.

„Siehst du, da hast du den Grund, warum ich nie was mit dir anfangen würde … eine Diva zum Freund reicht mir und ich weiß inzwischen, dass ich mit so jemandem keine Beziehung führen kann.“
 

Ruki stand auf und ließ Miyavi einfach sitzen. Das war ihm wirklich zu dumm. Sollte der sich doch einen anderen Idioten für sein One-Night-Stand suchen, er stand für solche Egostrips nicht zur Verfügung.

Und anscheinend hielt ihn Miyavi für leichte Beute, aber das konnte er sich abschminken. Das grenzte ja an Selbstmord sich auf Miyavi einzulassen. Das taten wirklich nur Idioten.
 

Ruki kämpfte sich durch die tanzende Masse und als er Uruha, Aoi und Kai entdeckte steuerte er direkt auf sie zu.

„Hey Leute! Ich verschwinde, hab keinen Bock mehr“, rief er ihnen schon von weitem zu.

Uruha sah ihn nachdenklich an und legte den Kopf schief, wobei ihm sein braunes Haar in die Augen fiel. „Was ist dir denn für ne Laus über die Leber gelaufen?“

Ruki schüttelte nur den Kopf. „Ach nichts, bin einfach nur müde“

„Ach Ruki-chan! Sei doch nicht so! Komm lass uns tanzen!“ Aoi hatte ihn von der Seite angefallen, seine Arme um den kleineren geschlungen und Ruki nahm eindeutig den starken Geruch von Alkohol wahr.

„Ääh, ne danke, Aoi … mir ist grad nicht nach tanzen“

Vor allem nicht mit einem besoffenen Aoi, der schon im Normalzustand manchmal nicht zu ertragen war, aber das wollte er ihm lieber nicht sagen. Er mochte Aoi ja, auch wenn der manchmal komische Ausbrüche hatte, vor allem, wenn er zu viel trank. Aoi zog eine Schnute, ließ ihn aber los.

„Dann nicht! Du weißt ja nicht, was du verpasst!“, sagte er und grinste dümmlich, was Ruki zum Lächeln brachte.

„Oh, ich denke schon!“
 

„Ist wirklich nichts?“, fragte Uruha noch mal und Ruki seufzte.

„Ach, erzähl ich dir morgen“

Uruha zog die Brauen hoch und warf Kai einen zweifelnden Blick zu. Wie Mütter, denen ein Kind versucht eine Lüge aufzutischen, dachte Ruki, die Glucken der Band. Manchmal war diese Fürsorge schon fast beängstigend.

„Sag schon …“, drängte Kai jetzt und Ruki funkelte ihn genervt an.

„Ach man, es ist nichts, echt!“

„Und warum siehst du dann aus, wie Mr. Schlechtgelaunt in Person, obwohl du dich mit deinen geliebten Bandkollegen in der schärfsten Disco der Stadt befindest?“, fragte Uruha und lächelte selbstgerecht, als Ruki im grinsend die Zunge rausstreckte.
 

Doch Ruki antwortete ihm nicht sofort, er beobachtete lieber Aoi, der verzweifelt versuchte eine Cocktailkirsche mit einem kleinen blauen Papierschirmchen aus seinem leeren Glas zu fischen.

„Miyavi hat versucht mich anzubaggern und ich hab keinen Bock, dass er das die ganze Nacht weiter tut, darum geh ich jetzt …“, sagte er schließlich und sah Uruha möglichst gleichgültig an.
 

Doch bevor der noch was sagen konnte war Aoi schon wieder auf ihn zugestürzt. Er drückte Ruki so heftig an sich, dass diesem die Luft wegblieb und er nur erschreckt aufkeuchen konnte.

Ein Cockteilglas bohrte sich schmerzhaft in seine Wirbelsäule und er versuchte vergeblich Aoi von sich zu drücken.

„Er liiiiiiebt dich“, sagte er plötzlich theatralisch, fing dann heftig an zu kichern und hängte sich mit seinem ganzen Gewicht an Rukis Schultern. Rukis Beine gaben fast nach, doch Kai reagierte geistesgegenwärtig und eiste Aoi von dem kleineren los.
 

Ruki sah den noch immer kichernden Aoi genau so geschockt an, wie Uruha, der sich mit einem Finger vielsagend an die Stirn tippte.

„Du kriegst heute Abend nichts mehr, das sag ich dir!“, sagte er und Aoi hörte schlagartig auf zu lachen.

„Was?“

„Keinen Alkohol mehr, für dich!“, sagte Uruha überdeutlich und Ruki ahnte das sich nun ein ordentlicher Streit anbahnte, aber er hatte keine Lust ihn zu schlichten. Das sollte Kai mal übernehmen.
 

„Ich geh dann“, sagte er schnell und möglichst leise, doch die drei schienen ihn eh nicht mehr zu hören. Wenigstens musste er jetzt keine Ratschläge von Uruha und Kai entgegennehmen.

Er nahm den Ausgang ins Visier und stürzte sich wieder in die Menge. Kurz erhaschte er einen Blick auf Reita, der extrem eng mit irgendeiner langbeinigen Schönheit tanzte und hob zum Abschied kurz die Hand. Reita schien verwundert, nickte ihm dann aber flüchtig zu, um sich sofort wieder seiner Tanzpartnerin zu widmen.
 

Ruki trat erleichtert in die kühle Nacht hinaus und atmete tief durch. Die Luft war nicht grade frisch, so frisch wie Stadtluft eben sein konnte, aber er fühlte sich trotzdem augenblicklich besser. Er schlenderte zu einem der Taxis, die an einer Haltebucht hielten, stieg ein und nannte dem Fahrer seine Adresse.
 

Endlich nach Hause. Der Abend hatte ihn völlig geschafft. Er sah auf seine Armbanduhr. Null Uhr fünfzehn. Ein bisschen früh für eine Disconacht, aber es war okay. Immerhin saß er nicht zusammen mit Miyavi, der ihm die Zunge in den Hals steckte, in diesem Taxi und das war schon mal ein großes Plus.

Er lehnte seinen Kopf gegen die kalte Scheibe und als das Taxi anfuhr, sah er wie Miyavi aus der Tür nach draußen trat. Er sah sich suchend um.

Das war ja ein starkes Stück, einmal abblitzen genügte ihm wohl noch nicht. Unverschämtheit! Ruki wendete seinen Blick wieder von der schmalen Gestalt des anderen ab und guckte demonstrativ auf die Straße. Die leider sehr überfüllte Straße, was sein Taxi daran hinderte sich in den Verkehr einzuordnen.

Es war nachts, wie konnte es da nur so voll sein!? Der Sänger murmelte genervt in sich hinein. Miyavi hatte es wirklich geschafft ihm die Laune zu versauen und dann auch noch diese verdammt Stadt mit ihren verdammten Autos.
 

Erschreckt stieß er einen kleinen Schrei aus, als es plötzlich laut an seine Scheibe hämmerte. Noch völlig benommen sah er nach draußen in das Gesicht des Solisten, der sich zu seinem Fenster hinunterbeugte. Einfach nicht zu fassen! So langsam war Miyavis Verhalten ja schon unverschämt.

Ruki kurbelte die Scheibe herunter und funkelte den anderen böse an. Worte hatte er gar nicht verdient, dieser Idiot. Elegant lehnte sich Miyavi auf die offene Scheibe und lächelte ihn verführerisch an.
 

„Okay Kleiner, du willst also erobert werden, was? Schon klar. Darin bin ich gut. Ich bin in allem gut …“, schnurrte ihm der schwarzhaarige, mit tiefer Stimme, entgegen und fuhr sich dabei mit der Zunge lasziv über die Unterlippe, „allerdings musst du dich nicht extra zieren. Ich weiß auch so, dass du was Besonderes bist und wir können gleich zum angenehmen Part übergehen …“, er grinste siegessicher, doch Ruki hatte auf einmal große Lust ihm die Finger in der Scheibe einzuklemmen.

„Ich spiele nicht unnahbar, nur um ´erobert´ zu werden!“, zischte er wütend, „und ich werde nie mit dir in die Kiste steigen, egal wie gut du deiner Ansicht nach auch bist! Ach und wo ich grade dabei bin, lass mich dir noch etwas sagen, dein überdimensionales Ego turnt vielleicht sechzehnjährige Schulmädchen an, aber ich finde es einfach nur widerlich, also gute Nacht du Idiot!“
 

Was für ein Abgang. Genau wie im Film. Wäre es zumindest gewesen, wenn das Taxi jetzt angefahren wäre. Tat es aber natürlich nicht. Mist verdammter. Das versaute doch jetzt alles.

Ruki schnaubte und kurbelte die Scheibe mühsam wieder hoch. Demütigend, dass Miyavi ihn von draußen weiter dümmlich angrinsen konnte. Ruki warf noch einen flüchtigen Blick auf den Straßenverkehr, der ihn eindeutig zu hassen schien, öffnete dann die Tür zur Straßenseite und kletterte hinaus.

Er hörte den Fahrer noch erstickt aufschreien, ehe er die Tür zuwarf und quer über die Straße, durch die stehenden Autos, zur gegenüberliegenden Straßenbahnhaltestelle lief. Die wollte nämlich grade losfahren. Brave Straßenbahn, die verweigerte ihm wenigstens nicht den Dienst. Er hüpfte hinein und hangelte sich den Gang nach hinten, wo er sich auf einen freien Platz fallen ließ.
 

Natürlich war dieser Abgang nicht grade Filmreif, aber immerhin war er jetzt weg, weg von Miyavi, der nun wie ein Häufchen Elend auf der anderen Straßenseite stand. Zumindest hoffte Ruki, dass er wie ein Häufchen Elend aussah, denn er wollte auf gar keinen Fall dem anderen auch noch die Genugtuung geben, sich nach ihm umzudrehen.
 

„Fahren wir nach Hause?“, gurrte es plötzlich hinter ihm und Ruki erstarrte. Diese verdammte Stimme kannte er doch. Wie hatte Miyavi es bloß geschafft sich hinter ihn zu setzten, ohne dass er es bemerkt hatte? Nicht umdrehen, einfach ignorieren war jetzt wohl das Beste.

„Du bist wohl doch nicht so geduldig wie ich dachte …“, sagte er nun und Ruki spürte, wie er einen Arm hinter ihm auf der Lehne ablegte. „Das mag ich, ich liebe Überraschungen …“

Ruki grummelte wütend. Irgendwann würde er noch mal platzen. Dieses verdammte Ego ging ihm so was von auf die Nerven.

Wieso konnte Miyavi sich nicht einfach wie ein Mensch verhalten? Dann würde er ihn vielleicht sogar mögen.
 

Zum Glück war seine Haltestelle schon die nächste. Vielleicht hätte er einfach laufen sollen, dann hätte er wenigstens wegrennen können. Aber so musste er stumm da sitzen und den Atem des anderen an seinem Hals spüren. Obwohl wegrennen auch demütigend war und Miyavi’s Ego sicher nur noch mehr Nahrung gab. Wie einem Raubtier, das noch mehr Hunger bekam, wenn seine Beute vor ihm flüchtete.
 

Die Bahn kam quietschend zum Stehen und Ruki flüchtete sich so schnell es ging nach draußen. Er spürte, dass Miyavi ihn verfolgte und fluchte innerlich.

„Hier wohnst du also? Hübsches Haus …“, sagte Miyavi und lehnte sich lässig neben ihn an die Wand, als er die Tür zum Treppenhaus aufschloss. „Willst du mich nicht hineinbitten?“
 

Ruki platze der Kragen und er schenkte Miyavi seinen innigsten Ich-hasse-dich Blick. Das konnte er gut. Böse anfunkeln. Eine seiner Stärken.

„Jetzt hör mal zu, ich sage es dir nur noch ein Mal! Ich habe kein Interesse, und jetzt verschwinde!“, blaffte er ihn an, öffnete ruckartig die Tür und warf sie mit einem lauten Knall hinter sich zu.

Die Lampen im Treppenhaus gingen flackernd an und Ruki lehnte sich einen Moment gegen die Wand, um sich wieder zu beruhigen. Er rastete nie aus. Nicht mal, wenn irgendeiner aus der Band ein Solo in den Sand setzte. Aber dieser Kerl trieb ihn zur Weißglut.
 

„Ich weiß, grade kannst du es dir nicht vorstellen“, drang eine gedämpfte Stimme zu ihm herein und Ruki verdrehte genervt die Augen, „aber ich bin nun mal in dich verliebt und so schnell gebe ich nicht auf. Gute Nacht, Ruki“

Na super, grummelte Ruki in sich hinein, als er hörte, wie sich Miyavi entfernte. Da standen ihm ja heitere Wochen bevor.

Mini-Kapi: Sprechstunde

Irgendwie hatte ich die Eingebung von einem Miyavi auf dem Sofa und bin davon nicht mehr weggekommen xD

darum musste ich das einfach niederschreiben....auch wenns total wenig ist xD

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Miyavi lümmelte sich elegant auf seiner Couch. Seine Schlafanzughose hatte er heute gar nicht erst ausgezogen, obwohl es schon nach Mittag war. Nahrungsquelle war ihm eine Schüssel Chips, die er wackelig auf seinen Knien platziert hatte, während er kopfüber von der Sitzfläche hing und irgendeine Arztserie im Fernsehen ansah. Ein Grinsen breitete sich auf seinem Gesicht aus, als plötzlich sein Handy auf dem Tisch zu vibrieren begann.
 

Er musterte einen Moment das Display, verbreiterte sein Grinsen und drückte auf den grünen Knopf.

„Hallo mein blauer Freund!“ sagte er und hörte sein Gegenüber laut schnaufen.

„Na du Casanova…“ murrte es aus dem Telefon. Miyavi kicherte.

„Oh jetzt hast du’s mir aber gegeben! Gibt’s einen Grund für deinen Anruf?“

„Eigentlich schon …“ Stille trat ein und Miyavi hörte die Frau im Fernsehen laut plärren.
 

„Kommt da noch was, oder kann ich meine Soap weitergucken?“

Könnte man ein Augenrollen an einem lauten Piepen erkennen, hätte er jetzt sicher einen Tinnitus, dachte Miyavi.
 

„Ich hab eben mit Ruki telefoniert, eigentlich wollte ich ihn was wegen der Band fragen, aber da sind wir über Umwege auf gestern Abend gekommen …“

Wieder Stille. Miyavi steckte sich eine Hand voll Chips in den Mund und kaute demonstrativ laut darauf herum.
 

Wieder drang ein Seufzen aus dem Telefon „Willst du jetzt meine Hilfe, oder war das mit dem ´´ich liebe Ruki´´ nur wieder so ne Phase und du hast plötzlich doch keinen Bock mehr auf den Stress?“

Miyavi leckte sich über die Lippen und beobachtete einen Moment schweigend die Schauspieler. „Nein das ist keine Phase … ich meine es ernst mit ihm …“
 

Diesmal klang das Seufzen fast befriedigt „Oke, also ich finde du warst gestern zu aufdringlich. Ich habe dir zwar gesagt, du sollst ihm deine Gefühle gestehen, aber ich meinte nicht sofort und ich meinte auch nicht so! Und vor allem … jemanden zu verfolgen und zu Tode zu nerven ist nicht grade romantisch.“
 

„Er hat mir nicht geglaubt, was hätte ich den machen sollen?“, sagte Miyavi etwas niedergeschlagen „Ich wollte ihn nur überzeugen …“

„Tolle Idee! Du hättest ihn überraschen können und es langsam angehen lassen, aber ihn bis nach Hause zu verfolgen ist nicht grade …“

„romantisch, schon klar!“

„Das wollte ich gar nicht sagen, ich meinte nicht grade geschickt! Ich glaube jetzt hast du ihm den letzten Nerv geraubt … aber du magst ja Herausforderungen …“
 

Miyavi lächelte gequält. Eigentlich war die Herausforderung vorher schon groß genug gewesen.

„Und wie läuft es mit deiner Herausforderung?“, konterte er ungnädig und der andere seufzte auf.

„Oh erinnere mich nicht daran …“
 

Miyavi kicherte und langte wieder in die Chpisschüssel. „Wieso soll ich mir eigentlich Tipps von dir geben lassen, wenn du selber dein Liebesleben nicht in den Griff bekommst?“

Wieder grummelte es „Das ist was anderes …“

„Oh ich denke nicht! Vielleicht solltest du mal deinen eigenen Ratschlägen folgen und es ihm einfach sagen!“
 

Stille trat ein und Miyavi lauschte wieder den Stimmen der Darsteller.

„… ich … kann irgendwie nicht!“

„Oha, klingst du aber down …“, erwiderte Miyavi, „warum kannst du es denn nicht sagen? Weil er ein Mann ist?“

„… vielleicht … ich weiß es nicht …“

„Ich konnte es doch auch sagen!“

„Ja du! Außerdem hat es dir eh nix gebracht!“
 

Miyavi streckte dem Telefon die Zunge raus. „Ich leg dann auf …“, sagte er gedehnt und grinste, als ein lautes „Halt“ aus dem Hörer erklang.

„So leicht wirst du mich nicht los.“
 

„Das habe ich befürchtet“, kaute Miyavi zurück und drehte den Kopf etwas, um die in Großaufnahme abgebildete Krankenakte des Herrn XY lesen zu können. „Warum kann ich es nicht einfach so machen, wie ich es will?“, fragte er dann beiläufig und erntete ein erneutes Seufzen.

„Meinetwegen. Mach doch was du willst, aber du hast mich um Hilfe gebeten, falls du dich erinnerst!“

„Ja leider …“, murrte Miyavi und betrachtete seine Finger aus einiger Entfernung. „Aber ich denke … ich sollte das doch irgendwie alleine machen. Ich bin eben wie ich bin und entweder Ruki findet mich irgendwann liebenswert, so wie ich bin, oder es hat eh keinen Sinn.“
 

Die Antwort ließ einige Sekunden auf sich warten „Wow … weise Worte, mal was ganz neues aus deinem Mund … na dann viel Glück.“

Miyavi grinste „Behalt’s. Du brauchst es selber mehr als ich“

„Danke auch und falls du es dir nicht denken kannst, hiermit strecke ich dir offiziell die Zunge raus. Und noch eins, ich wette, wenn ich es ihm sage wird er mich nicht mit einem Lachen abblitzen lassen!“
 

„Jaa … wenn du es ihm sagst!“, kicherte Miyavi und legte auf. Zufrieden warf er das Handy zurück auf den Tisch und schaltete den Fernseher aus. Er wusste genau, was er jetzt zu tun hatte. Duschen! Und dann würde er vielleicht ´zufällig´ im Supermarkt neben Ruki’s Wohnung etwas einkaufen, oder im Café gegenüber ein Stück Kuchen essen, oder er würde gleich an Ruki’s Haustür klingeln, das würde er dann spontan entscheiden.

...anders als man denkt

jetzt noch das "richtige" Kapi x3

ich mag es irgendwie total gern xD liebe Regen *____*

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Es war verdammt kalt für Mai, fand Ruki zumindest. Das konnte natürlich auch daran liegen, dass er vergessen hatte die Heizung hochzudrehen, bevor er unter die Dusche gesprungen war. Er trocknete sich in einer Rekordzeit ab und föhnte sich anschließend sogar die Haare, in der Hoffnung, ihm würde dadurch zusätzliches Zittern erspart bleiben. Als er, nur mit einer Jeans bekleidet, ins Schlafzimmer huschte, um sich etwas Warmes anzuziehen, fiel sein Blick aus seinem großen Wohnzimmerfenster und er lächelte zufrieden.
 

Es regnete. Wie aus Eimern goss es und er könnte schwören sogar ein entferntes Grummeln zu hören. Wunderbares schlechtes Wetter. Normalerweise mochte er Regen nicht übermäßig. Das einzige, was ihn so zufrieden stimmte, war die Begleiterscheinung. Einen Tag kein Miyavi!
 

Dieser hatte es sich nämlich in den letzten drei Tagen, die seit dem Discoabend vergangen waren, jeden Tag im Café gegenüber gemütlich gemacht. Und das immer. Von morgens früh, wenn Ruki die Post reinholte, bis spät abends, wenn das Café schon lange geschlossen hatte. Und immer saß er da, trank Kaffee, aß Kuchen und betrachtete die ganze Zeit Ruki’s Haus.
 

Das war mehr als nur gruselig und nervig und schürte Ruki’s Hass auf den Solisten nur noch mehr. Er hoffte inständig dieser verdammte Kuchen würde ihm mit der Zeit die Figur ruinieren, das wäre wenigstens eine gerechte Strafe für dieses Stalking. Denn das war es wirklich; Stalking. Ruki fühlte sich die ganze Zeit unangenehm beobachtet und bestimmt würde er bald paranoid werden und anfangen an die Existenz von Aliens zu glauben, oder so was. Dass der andere sich nicht mal die Mühe gab, das ganze so aussehen zu lassen, als würde er Ruki zufällig über den Weg laufen, war irgendwie ziemlich dreist.
 

Aber heute musste er sich zur Abwechslung mal nicht damit herumschlagen, oder diesen dummen Kerl angucken müssen, sobald er das Haus verließ. Denn heute war scheiß Wetter und Ruki liebte den Himmel dafür, oder die Wolken, oder seinetwegen auch Gott, egal wer auch immer ihm diesen herrlichen Regen geschickt hatte. Und er hoffte er würde noch einige Tage länger anhalten.
 

Immer noch lächelnd zog er einen großen dunkelroten Wollpulli aus seinem Kleiderschrank und schlüpfte hinein. Regenwetter war zwar schlecht für die Psyche, aber dafür perfekt um Lieder zu schreiben und so nahm er sich vor, sich eine Tasse Tee zu machen, sich damit auf die Fensterbank zu setzten und kreativ zu werden. Also schlurfte er in die Küche und setzte Wasser auf, um seinen Plan ins Rollen zu bringen. Ein gelangweilter Blick in den Kühlschrank verriet ihm, dass er sich heute wohl Essen kommen lassen musste und so begab er sich auf die Suche nach dem Flyer seines Lieblingsrestaurants. Er nahm sich fest vor, die Nummer dieses Mal abzuspeichern, denn die Karte konnte er auswendig, nur die Telefonnummer weigerte sich beharrlich sich einen Platz in seinem Gehirn zu suchen und dort zu bleiben.
 

In gebückter Haltung durchstreifte er sein Wohnzimmer auf der Suche nach diesem vermaledeiten Stück gelben Papiers. Er krabbelte sogar unter seinen Couchtisch, doch da konnte er es auch nicht finden und als er sich wieder aufrichtete stieß er sich zusätzlich auch noch schmerzhaft den Kopf an der Tischkante.
 

„Au, verdammt!“, grummelte er vor sich hin und rieb sich den Hinterkopf. Manchmal war er wirklich froh, dass ihn niemand sah, wenn er zu Hause war. Ab und an … eigentlich ziemlich oft, war er nämlich recht schusselig und tollpatschig und er wollte lieber nicht, dass ihn jemand so sah. Uruha würde ihn sicher auslachen, und Reita erst, und Aoi … und Kai wahrscheinlich auch, obwohl der ihm wohl zusätzlich auch noch zur Hilfe eilen würde. Ruki grummelte bei dem Gedanken. Er konnte es nicht leiden bevormundet zu werden, da fiel er lieber auf die Nase und stand aus eigener Kraft wieder auf.
 

Er zog seine Decke vom Sofa, steckte sich noch einige Kissen unter die Arme und schlurfte so beladen auf seine Fensterbank zu. Er liebte diese Fensterbank. Sie war unheimlich breit, wohl eigentlich um Blumen darauf abzustellen, deswegen war das Fenster auch so groß, aber er benutzte sich lieber als Sitzgelegenheit. Und ausstaffiert mit ein paar Kissen und Decken war sie äußerst bequem und der richtige Platz, um poetisch zu werden. Er hievte seine Last darauf und musterte die Aussicht. Obwohl es regnete waren die Straßen lebhaft voll, wie immer.
 

Ruki betrachtete einige Regentropfen, die an der Scheibe herunter liefen und dabei fiel sein Blick zufällig auf das kleine Café gegenüber und ihn traf der Schlag. Da saß jemand draußen im strömenden Regen. Auf dem Platz, auf dem Miyavi die letzten Tage immer gesessen hatte. Ruki kniff die Augen zusammen, um das Gesicht zu erkennen und in diesem Augenblick sah Miyavi zu ihm hoch.
 

Das konnte doch wohl nicht wahr sein! Heute aß er keinen Kuchen und trank auch keinen Kaffee. War ja bei dem Wetter auch irgendwie schlecht möglich, wenn man nicht auf wässrige Nahrung stand. Aber er war da. Saß auf seinem Stuhl, die Beine überschlagen und betrachtete die Menschen, die an ihm vorbeieilten, so als wäre nichts anders als noch gestern.
 

Ruki war wie erstarrt. Er wusste nicht einmal wirklich was er denken sollte, aber auch wenn er es sich nicht gerne eingestand; er fand das doch irgendwie niedlich. Auf eine verquere Art und Weise. Der Schwarzhaarige würde sich sicher den Tod holen, wenn er da noch lange saß, überlegte Ruki und knete mit der rechten Hand seinen linken Oberarm, wie er es immer tat, wenn er sich unsicher war. Und grade jetzt war er sich unsicher, was er tun sollte.
 

Er konnte den anderen ja schlecht dort sitzen lassen, während er hier oben im Warmen einen Tee trank und sich in eine Decke einrollte. Immerhin saß Miyavi nur seinetwegen da. Um ihm zu beweisen, dass er ihn liebte, oder so. Plötzlich fühlte Ruki sich schuldig.
 

Er seufzte laut und wusste, dass sein Entschluss feststand. Also ging er zu seiner Garderobe, schlüpfte in seine Schuhe und zog sich eine Jacke über, von der er erwartete, dass sie den Regen wenigstens teilweise abhalten würde. Einen Regenschirm hatte er leider nicht mehr. Der letzte war bei einer dieser peinlichen Aktionen zu Bruch gegangen, von denen Ruki niemandem etwas erzählte. Das ganze hatte mit dem Versuch angefangen einen neuen Garderobenhaken zu befestigen und hatte in einem Massaker geendet, dem einige Blumenvasen und eben jener Regenschirm zum Opfer gefallen waren.
 

Er ließ seine Wohnungstür einen Spalt offen stehen und trabte relativ schnell die vier Stockwerke bis ins Erdgeschoss runter. Vor der Haustür blieb er stehen, fuhr sich mit der Hand übers Gesicht und seufzte erneut. Dann drückte er sie auf. Der Regen prasselte lautstark auf den Asphalt, als er die Jacke enger um sich zog und über die Straße stürmte. Einige Passanten rempelten ihn fluchend an, ganz als wären sie die einzigen, die nass wurden. Einige Meter vor Miyavi verlangsamte er seine Schritte und auch als er anhielt bestand immer noch ein bedächtiger Abstand zwischen ihnen.
 

„Hey, Ruki!“, sagte Miyavi erfreut und sah zu ihm hoch. Seine Haare waren von den ganzen Wassermassen plattgedrückt, es tropfte von seinem Kinn und Ruki war sich sicher, dass er bis auf die Haut durchgeweicht war. Trotzdem saß er total locker auf seinem Stuhl, ganz so, als wäre das ein neues Hobby und er der glückliche Entdecker des Outdoor-Extreme-Nassregnings.
 

Ruki schüttelte nur den Kopf und sah ihn verständnislos an. „Warum tust du das?“

Miyavi legte den Kopf schief und setzte sich etwas aufrechter hin. „Ist dir das denn immer noch nicht klar?“, fragte er und klang dabei etwas belustigt.

Der Kleinere schnaubte. „Doch. Schon. Nein. Ich meine, … ach verdammt, keiner ist es wert, dass man für ihn im Regen sitzt und sich langsam aber sicher den Tod holt! Und ich schon gar nicht!“
 

„Du meinst also, ich hab einen Schatten, weil ich glaube, dass du es wert bist hier zu sitzen?“, fragte er grade heraus und musterte Ruki nachdenklich.

„Nein, ich bin mir sogar sicher, dass du ´´einen Schatten´´ hast! Und jetzt komm mit in meine Wohnung, bevor der Besitzer von dem Laden wegen dir noch die Irrenanstalt ruft!“, sagte Ruki energisch und verschränkte die Arme vor der Brust. Das Wasser hatte sich so langsam einen Weg durch seine Jacke gebahnt.

Verdammtes Ding. Er machte eine geistige Notiz sich eine neue zu kaufen, die ihm nicht nach 2 Minuten im Regen den Dienst quittierte. Außerdem spürte er, wie ihm das Wasser in Bächen übers Gesicht lief und da er nicht unter der Dusche stand und das Wasser eiskalt war, war das eindeutig kein schönes Gefühl.
 

Aber Miyavi machte trotzdem keine Anstalten sich zu erheben. Dabei hatte er ihn grade in seine Wohnung gebeten, das müsste ihn doch eigentlich motivieren.

„Weißt du, Kleiner …“, sagte Miyavi plötzlich und sah ihn mitleidig an, „Wenn du das echt denkst, dann warst du noch nie wirklich verliebt“
 

Einen Moment lang stand Ruki vor Überraschung der Mund offen. Das dieser Idiot sich erdreistete ihm zu sagen er habe keine Ahnung von Romantik, und das tat er ja grade irgendwie, war doch wirklich ein starkes Stück. Und irgendwie verletzte es ihn.

„Ach, dann vergiss es!“, grummelte Ruki, zog sich noch einmal die Jacke enger um den Körper und wollte grade wieder gehen, als eine Hand ihn am Arm festhielt. Er drehte sich halb um. Miyavi war aufgestanden und sah ihn verlegen an. Moment mal, verlegen? Miyavi? Ruki stutze und wartete auf das, was da kommen würde.
 

„Ich … wollte dich nicht verletzen. Sorry. Gilt das Angebot mit deiner Wohnung noch?“

Der blonde überlegte einen Augenblick und nickte dann. Sie überquerten die Straße und als Ruki grade die Haustür aufstoßen wollte, drückte Miyavi etwas weiter oben dagegen und hielt sie ihm auf. Ruki blickte kurz zum anderen auf, nuschelte dann ein „Danke“ und huschte schnell vor ihm die Treppe hoch.
 

„Maaan … wohnst du etwa ganz oben?“, fragte der Schwarzhaarige, als sie grade das dritte Stockwerk erklommen und Ruki schmunzelte.

„Das weißt du nicht?“, fragte er keck, schob aber sofort ein „sind gleich da!“ hinter her. Zum Glück stand seine Wohnungstür noch immer offen. Sonst hätte er den Schlüsseldienst rufen müssen und das hätte ja mal wieder zu seiner Schusseligkeit gepasst.
 

Als er die Schuhe neben der Tür auszog wusste er, dass auch diese dem Regen nicht standgehalten hatten, denn seine Socken waren völlig durchweicht. Aber sicher war er immer noch trockener als Miyavi, der nun interessiert sein Wohnzimmer beäugte, dass ohne Flur an die Wohnungstür anschloss.
 

„Wow! Richtig toll deine Wohnung … so groß!“, sagte er schließlich und Ruki lächelte zufrieden. „Jap! Und schön hell, wenn denn die Sonne scheint“, stimmte er zu und deute auf des große Fenster, vor dem noch immer die Anfänge seiner Kuschelecke gestapelt waren. Das erinnerte ihn an etwas und er spurtete schnell über das Parkett in Richtung Küche.

Der Topf mit dem Wasser machte bereits bedrohliche Geräusche und er nahm ihn schnell vom Herd, wobei er sich prompt einen Finger verbrannte.
 

„Ach Mist!“, murrte er und hielt ihn unter kaltes Wasser, damit der Schmerz nachließ.

„Warum nimmst du keinen Wasserkocher? Dann verbrennst du dich auch nicht“, sagte plötzlich eine Stimme hinter ihm und er warf Miyavi einen kurzen Blick zu, wobei er feststellte, dass dieser eine kleine Pfütze auf seinen Fließen entstehen ließ.
 

„Ähm, naja weißt du“, druckste er. Der Wasserkocher war eins dieser ungenannten Opfer, die er noch nicht ersetzt hatte. „Ich hatte mal einen, aber der hat letztens den Geist aufgegeben und ich hatte noch keine Zeit einen neuen zu kaufen.“

Das war zumindest teilweise wahr. Zwar war Wasserkocher-san schon seit ca. einem Jahr hinüber und er hatte seitdem nur keinen Lust gehabt so etwas Langweiliges, wie einen Wasserkochen zu kaufen, aber dass er mal einen gehabt hatte, das war immerhin wahr.
 

„Achso verstehe“, sagte Miyavi nur und musterte nun seine Küche, die leider nicht auf Besuch eingestellt war, weswegen sich einige Töpfe und Pfannen in der Spüle stapelten und auf dem kleinen runden Holztisch noch die Überreste seines heutigen Frühstücks standen.

Ruki stellte das Wasser ab und betrachtete den anderen schweigend, jeden Moment einen dummen Kommentar erwartend, aber dieser blieb stumm. Dann warf Ruki noch einen Blick auf den kleinen See zu Miyavis Füßen und ihm fiel augenblicklich wieder ein, warum der andere überhaupt seine Chaosküche betrachtete.
 

„Wir sollten uns ausziehen … a-also ich meine, aus den nassen Sachen raus“, berichtigte sich Ruki peinlich berührt und sah, dass sich auf Miyavis Gesicht ein schmutziges Grinsen ausbreitete. Aber er hielt tapfer den Mund, wohl aus Respekt davor auf Ruki’s Terrain zu sein. Der kleinere hätte sich selber am liebsten in den Hintern getreten, dafür, dass er jetzt bestimmt rot im Gesicht war. Also ging er ohne noch etwas zu sagen zielstrebig an Miyavi vorbei, ins Bad und kramte ein sauberes Handtuch aus dem Schrank.
 

Der Schwarzhaarige war ihm natürlich gefolgt, also drückte er es ihm in die Arme und bog gleich um die Ecke in sein Schlafzimmer ab, um dort seinen Kopf in den Kleiderschrank zu stecken. Er musterte seine Kleidersammlung eingehend und stellte fest, was ihm schon vorher klar gewesen war. Er hatte auf keinen Fall etwas, dass einem ca. 20 Zentimeter größeren Mann, passen würde.
 

„Ich hab leider keine Ersatzklamotten für dich!“, rief er, damit der andere im Bad ihn auch hören konnte, aber seine Stimme kam von genau hinter ihm und Ruki fuhr erschreckt zusammen.

„Und für diese Erkenntnis musstest du erst in deinen Kleiderschrank gucken?“, gab Miyavi belustigt zurück und lehnte sich gegen Ruki’s Bücherregal. Er war nur mit dem Handtuch bekleidet, das er sich um die Hüften gewickelt hatte und seine Haare sahen recht strubbelig aus. Ruki hatte Miyavi’s tätowierten Körper noch nie so wenig bedeckt gesehen und starrte ihn interessiert an. Reines Interesse an den Tatoos versteht sich.
 

Miyavi bemerkte Rukis Blick und grinste wieder. „Gefällt’ s dir?“, fragte er grinsend, löste sich vom Regal und ging noch ein paar Schritte auf ihn zu. Ruki schluckte und sah ihn berechnend an.

„Bild dir bloß nichts ein. Ich hab mir nur die Tatoos angesehen“, sagte er trocken, aber das Schlimmste war, dass er wusste das in seinen Worten weniger Wahrheit lag, als in denen über den Wasserkocher.

Ehrlich hätte er wohl mit ´´Ziemlich gut´´ antworten müssen, aber das verdrängte er jetzt lieber. Ein toller Körper glich bei Längen keinen miesen Charakter aus und bislang war er sich über letzteres bei Miyavi, trotz der Regenaktion, ziemlich sicher. Obwohl über ersteres ja nun leider auch.
 

Miyavi grinste nur weiter, ganz so, als könnte er die Lüge riechen. „Und jetzt bist du dran mit ausziehen“, schnurrte er und Ruki schluckte wieder. Dummer Idiot, dass er ein guter Verführer war, da war sich der kleinere sicher, aber darauf anspringen würde er sicher nicht. Mieser Charakter! Mieser Charakter!

„Ich weiß!“, sagte er kalt, drehte sich wieder zum Schrank, zog die erstbesten Klamotten heraus, die er in die Finger bekam, stiefelte an Miyavi vorbei ins Bad und knallte die Tür zu, natürlich nicht ohne abzuschließen. Sicher war sicher.

„Du gönnst mir auch nichts, oder?“, hörte er die Stimme des anderen durch die geschlossene Tür dringen und lächelte säuerlich. Nein, das würde er ihm sicher nicht gönnen!
 

Einige Minuten später kam er völlig bekleidet aus dem Bad. Die treulose Jacke hatte er eigentlich versucht in dem kleinen Mülleimer, der neben dem Waschbecken stand, zu entsorgen, war aber kläglich gescheitert und hatte sie dann doch zu den anderen Klamotten über der Badewanne aufgehängt.

Er betrat das Wohnzimmer, wobei er sich mit einem kleinen Badetuch noch die Haare trockenrubbelte.
 

Miyavi hatte es sich auf seiner Couch bequem gemacht und spielte mit seiner multifunktionalen Fernbedienung herum, die Uruha ihm zum Geburtstag geschenkt hatte. Ruki hatte vorher genau fünf verschiedene besessen, die er aber laufend verlegt hatte. Nun konnte man mit einer einzigen Fernseher, Videorekorder, Dvd Player, Stereoanlage und Deckenbeleuchtung steuern, was eindeutig praktischer war. Obwohl Ruki diese eine auch oft genug verlor, was zur Folge hatte, dass er dann gar nichts mehr machen konnte, außer bei Kerzenschein Bücher zu lesen.
 

„Das Teil ist echt cool!“, sagte Miyavi bewundernd, als er Ruki bemerkte und fuchtelte dabei wild mit dem silbernen Gerät herum. „Wo hast du die her?“

„Uruha“, sagte Ruki und setzte sich in einen Sessel, während Miyavi das Laufwerk des Dvd-Players öffnete und gleich wieder schloss.

Der Schwarzhaarige schien von dieser Nachricht nicht besonders angetan zu sein und warf der Fernbedienung einen kurzen Blick zu, ganz so, als müsste er nun erst einschätzen ob man ihr trauen könnte. Allerdings schien die Neugier zu siegen und er drückte weiter auf den Knöpfen herum.
 

„Hast du nicht noch alte Klamotten von Uruha, die ich anziehen könnte?“, fragte Miyavi unerwartet und Ruki sah ihn überrascht an.

„Wieso sollte ich? Die Klamotten hat er längst alle wieder“, und sicher schon seit Jahren entsorgt, setzte Ruki in Gedanken hinzu. Er wusste, wie oft Uruha shoppen ging und dementsprechend seinen Kleiderschrank ausmistete.

„Hast du nicht so was wie ne Erinnerungskiste an verflossene Liebe, oder so?“, fragte der Solist zweifelnd und musterte eingehend das Stück Technik in seiner Hand. Ruki beobachtete ihn einen Moment. Warum sollte er so was haben? Die Sache mit Uruha war Jahre her. Doch dann ging ihm ein Licht auf und er lachte leise.

„Bist du etwa neidisch auf Uruha?“, fragte Ruki neckisch und spürte, wie ein seltsames Gefühl von Macht in ihm aufstieg.
 

„Vielleicht?“, entgegnete Miyavi und warf ihm einen Seitenblick zu, der dieses doch recht gemeine Gefühl in Ruki abtötete. An dessen Stelle trat eher eine Art … Freude. Es war das erste Mal, dass er sich durch Miyavi’s Zuneigung geschmeichelt fühlte.

Aber das hielt nicht lange an, denn plötzlich ging die helle Deckenbeleuchtung in schummriges Dämmerlicht über und Miyavi brummte anerkennend.
 

„Perfekt!“, lachte er und sah dann zu Ruki mit einem Blick in dem der andere mal wieder einen deutlichen Hintergedanken las. „Willst du kuscheln?“, schnurrte Miyavi und um Ruki fuhren sich als Reaktion darauf blinkend die stählernen imaginären Schranken herauf, auf denen ein Bild von Miyavi abgebildet war unter dem dick und fett geschrieben stand: ´´Wir müssen draußen bleiben´´.

Ruki verschränkte die Arme vor der Brust, schnaubte nur und stand auf. „Tee?“, fragte er unwirsch, als er an dem anderen vorbei in die Küche stampfte. Feinfühligkeit hatte Miyavi wirklich nicht mit Löffeln gefressen.
 

Natürlich war das Wasser inzwischen wieder kalt und so setzte er neues auf. Zu seiner Zufriedenheit kam Miyavi ihm diesmal nicht nachgelaufen und so konnte sich Ruki ganz auf das heiße Wasser konzentrieren, ohne sich dabei noch weiter zu verletzen. Nach fünf Minuten betrat er wieder das Wohnzimmer, stellte das Tablett mit dem Tee und zwei Tassen auf den Couchtisch und stellte erleichtert fest, dass das Licht wieder normal hell war.
 

Miyavi beobachtete ihn, immer noch nur im Badetuch und räusperte sich dann leicht. „Ich weiß, ich hab’s wohl nicht verdient, aber hättest du vielleicht eine Decke für mich?“

Ruki schlug sich reflexartig mit der flachen Hand vor die Stirn und eilte zur Fensterbank. Klar, eigentlich hatte er es wirklich nicht verdient, aber schon dass er das einsah war liebenswert und außerdem war Ruki ein guter Gastgeber, wenn er nicht grade vergaß, dass der halb nackte Gast ohne Decke fror, aber das war ja auch eine Ausnahmeerscheinung.
 

„Wieso liegt deine Decke auf der Fensterbank?“, erkundigte sich der andere, als Ruki ihm diese über die Sofalehne zuwarf.

„Ich schreibe dort und bevor ich dich im Regen gesehen habe, hatte ich das eigentlich für heute vor“, sagte er und warf sich wieder in den Sessel. Miyavi wickelte sich in die Decke ein, während er unentwegt das Fenster betrachtete.
 

„Ist sicher ein toller Platz um Lieder zu schreiben“, sagte er schließlich und Ruki lächelte zufrieden. Ein Lob über seinen Lieblingsplatz im Haus machte ihn glücklich, auch wenn es von Miyavi kam.

„Soll ich dir auch was eingießen?“, fragte der Schwarzhaarige, als er nach der Teekanne griff. Ruki nickte lächelnd und beobachtete den anderen dabei, wie er die goldene Flüssigkeit in die Tassen abfüllte. Als er fertig war reichte er Ruki die eine.
 

„Weißt du, was mir eben aufgefallen ist?“, fragte Miyavi zwischen zwei Schlücken und grinste Ruki dann breit an. Der schüttelte den Kopf.

„Ich muss wohl so lange bei dir bleiben, bis meine Klamotten wieder trocken sind“

Ruki schnaubte erneut. „Ich wette die Taxen nehmen auch Männer in Badtüchern mit“, entgegnete er trocken und als er Miyavi triumphierend ansehen wollte, sah der schon wieder unsicher aus. Ruki legte den Kopf schief. „Was?“, fragte er herausfordernd und Miyavi ließ den Kopf hängen, um eingehend seinen Tee zu mustern.
 

„Ich weiß, … dass meine Scherze manchmal etwas derb sind, … aber du legst alles was ich sage auf die Goldwaage“, nuschelte er seinem Tee entgegen und Ruki klappte der Mund auf. Miyavi fühlte sich von ihm schlecht behandelt? Und er war in der Lage das auch noch zu sagen? Und vor allem, er hatte Recht. Wenn Ruki darüber nachdachte reagierte er nur bei Miyavi dermaßen abblockend auf Flirtversuche, aber das kam eben davon, dass er wusste, oder glaubte zu wissen, dass der andere sie ernst meinte. Und trotzdem … Ruki schluckte. Plötzlich war er der Unsensible. Na super. Dabei hatte er wenigstens das immer zu seinen positiven Eigenschaften gezählt. Etwas, das die Tollpatschigkeit wieder ausglich. Aber wenn er so darüber nachdachte, war er mit Miyavi’s Liebesgeständnis umgegangen, wie ein Elefant und das nur, weil er es von Vornherein als eine Art schlechten Scherz abgetan hatte.

Ruki schluckte wieder und räusperte sich verlegen, aber ein ´´Entschuldigung´´ bekam er nicht über die Lippen.
 

„Ich wollte mir nachher etwas zu essen bestellen, willst du auch was?“, fragte er stattdessen und kam sich dabei reichlich dämlich vor. Miyavi blinzelte ihn einen Moment an, nickte aber dann und lächelte schüchtern. Nein, wie niedlich. Ruki erwiderte sein Lächeln und dann fiel ihm siedendheiß ein, dass er ja den Flyer immer noch nicht gefunden hatte. Verdammt!

„Sag mal, du kennst nicht zufällig ein gutes Restaurant, das auch liefert? Ich habe nämlich die Telefonnummer verlegt …“, gestand Ruki und Miyavi gluckste.
 

„Weißt du den Namen?“, fragte er und Ruki nickte verwirrt.

„Hast du einen Computer?“ Ruki nickte erneut.

„Internet auch?“ Wieder nickte Ruki und kam sich langsam vor, wie einer dieser Wackeldackel.

„Komm, ich zeig dir mal was Tolles!“, grinste der andere, ergriff Rukis Hand, blieb aber dann planlos stehen. „Computer?“

„Arbeitszimmer …“, sagte Ruki lahm und Miyavi sah ihn erwartungsvoll an „Da!“, ergänzte Ruki dann und deutete auf die Tür neben seinem Schlafzimmer.
 

Miyavi zog ihn in diese Richtung, öffnete die Tür und tastete neben der Tür nach dem Lichtschalter. Als das Licht flackernd anging wurde der kleine Raum sichtbar, in den Ruki einen Schreibtisch gequetscht hatte, auf dem sein uralter, kaum benutzter Computer stand. An der einen Wand war ein fest eingebauter langer Schrank, den Ruki als Abstellkammer missbrauchte und an der anderen Wand reihten sich Zeitschriften mit Artikeln über Gazette. Alle abgeheftet und fein säuberlich beschriftet. Das war zu Beginn von Gazette Ruki’s Hobby gewesen, aber irgendwann waren es zu viele Zeitschriften geworden und er hatte dann lieber begonnen Sonnenbrillen zu sammeln, die in Kisten neben den Zeitschriften lagerten.
 

„Und du bist sicher, dass das nicht eher als Besenschrank, oder so geplant war?“, fragte Miyavi zweifelnd, als er die paar Schritte zum Schreibtisch ging und den Computer anstellte. Ruki murrte nur. Eigentlich war das ein begehbarer Kleiderschrank gewesen und so was konnte vielleicht Uruha gebrauchen, aber er sicher nicht. Aber das musste Miyavi ja nicht wissen.
 

Miyavi setzte sich auf den Stuhl, der vor dem Schreibtisch stand und Ruki lehnte sich zweifelnd neben ihn an den Schrank. Wenn der andere ihm jetzt Pornos oder so was zeigte, dann würde er ihn im hohen Bogen vor die Tür setzten und zwar ohne Handtuch, das schwor sich Ruki.

„Passwort?“, fragte der Schwarzhaarige und sah ihn erwartungsvoll an.

„Hab keins“, sagte Ruki und war erleichtert darüber kein peinliches Passwort zu besitzen, dass er Miyavi verraten musste.
 

Der andere klickte auf Enter und wartete. „Das Teil ist unglaublich lahm. Wie alt ist der?“, gähnte er nach einiger Zeit und betrachtete gelangweilt den Bildschirm. Ruki verschränkte die Arme vor der Brust „Also für mich reicht er“, sagte er und war sich im Klaren darüber, dass das keine Antwort auf Miyavi’s Frage war.

Den schien es aber eh nicht mehr zu interessieren, denn der klickte nun wild auf der Maus herum. „Name?“, fragte er und Ruki starrte ihn verwirrt an.

„Was?“

„Der Name von dem Restaurant!“, sagte Miyavi amüsiert.

„Ach so, sag das doch“, murrte Ruki und gab ihm widerwillig die geforderte Auskunft. Nun interessiert, was der andere da trieb, beugte sich Ruki vor uns späte auf den Bildschirm, auf dem eine Liste von sämtlichen Restaurants Tokyos aufgeführt war.
 

„Ah da!“, sagte Miyavi schließlich, zog einen Zettel von Ruki’s Notizblock und kritzelte eine Nummer darauf. „Das war’s!“, sagte er und überreichte dem anderen feierlich das Stück Papier.

„Du solltest öfter das Internet benutzen“, entgegnete Miyavi und fuhr den Computer wieder runter.

Ruki schüttelte nur leicht den Kopf. „Ich schreib lieber Briefe als E-Mails“, sagte er und Miyavi sah ihn lachend an. „Das passt zu dir!“, entgegnete der nur, stand auf und wuschelte dem blonden kurz durch die noch feuchten Haare. Ruki erstarrte bei der vertrauten Geste und wunderte sich augenblicklich, dass es ihn gar nicht störte, wenn der andere das machte.
 

„Aber damit gehörst du eindeutig einer aussterbenden Gattung an!“, rief Miyavi ihm aus dem Wohnzimmer zu und Ruki beeilte sich ihm zu folgen und das Licht im Arbeitszimmer zu löschen.

Sie bestellten, dank neu gewonnener Nummer, ihr Mittagessen bei Ruki’s Lieblingsrestaurant und als es geliefert wurde aßen sie auf dem Boden im Wohnzimmer sitzend. Ruki musste feststellen, dass es ihm immer leichter viel normal mit Miyavi zu reden und das man doch tatsächlich ziemlich gut mit ihm reden konnte. Eigentlich war er gar nicht so eingebildet, wie Ruki gedacht hatte. Er fand ihn sogar recht lustig, musste er zugeben.
 

Nachdem sie gegessen hatten redeten sie noch eine Stunde lang über Musik, ihre Freunde und die neusten Videospiele. Und zu Ruki’s Überraschung sagte Miyavi dann von sich aus, dass er wohl langsam gehen müsse. Seine Sachen waren inzwischen trocken und nachdem er sich angezogen hatte standen sie an Ruki’s Wohnungstür und irgendwie kam sich der kleinere seltsam unsicher vor. Miyavi schlüpfte grade in seine Schuhe und Ruki überlegte angestrengt, in welcher Form ein Abschied wohl angemessen war. Ihm die Hand zu geben kam gar nicht erst in Frage, viel zu steif, aber ihn zu umarmen traute er sich komischer Weise nicht, obwohl Miyavi sicher nichts dagegen hatte.
 

„Also dann …“, sagte Ruki und Miyavi grinste, als würde er dem anderen die Unsicherheit ansehen. Dann legte er einen Arm um den kleineren und zog ihn an sich. Ruki’s Herz wurde davon wohl reichlich überrumpelt, denn es begann schneller zu schlagen. Unsicher legte er dem anderen ebenfalls kurz eine Hand auf den Rücken und brach dann die Umarmung.

„Wir sehen uns!“, sagte Miyavi lächelnd und öffnete Ruki’s Wohnungstür. Der blonde lächelte zurück und hob kurz die Hand. Er hatte die Tür schon fast hinter dem anderen geschlossen, als der sich noch einmal zu Wort meldete.
 

„Ach, Ruki? Ich hoffe ich bin dir nicht zu sehr auf die Nerven gegangen …“

Ruki schüttelte energisch den Kopf. „Nein ich fand’s … lustig!“, sagte er ehrlicher Weise.

Miyavi grinste zufrieden. „Dann bis bald, Kleiner!“, rief er, verwuschelte Rukis Haarschopf und verschwand die Treppe abwärts.

on a scale from one to ten

Ruki war reichlich überrascht, als, zwei Tage nach diesem Besuch, sein Handy ihm leise summend eine seltsame Nachricht von unbekanntem Absender anzeigte.

„Hey Kleiner! Wollt mal hören ob du schon wieder trocken bist. Haste heute Zeit? xxxMyv“

Tatsächlich brauchte es einige Minuten, bis diese seltsame Botschaft bis in sein Hirn vorgedrungen war.
 

Natürlich Miyavi, wer würde sonst so seltsame Nachrichten schicken? Aber woher hatte er seine Handynummer? Ruki grummelte und kratzte sich am Kopf. Da gab es wohl einen Verräter in seinen Reihen, aber darüber würde er sich später Gedanken machen. Immerhin wusste er nur zwei, die bereitwillig seine Handynummer an diesen Typen geben würden. Aoi war seit einiger Zeit gut mit Miyavi befreundet und Uruha wollte ihn sowieso schon seit Ewigkeiten verkuppeln und das, obwohl er selber immer noch Single war.
 

Haste heute Zeit? Gute Frage, hatte er? Wollte er denn Zeit haben? Wer wusste schon, was Miyavi wieder mit ihm vorhatte. Aber vielleicht sollte er sich ja einfach drauf einlassen.

Ruki schüttelte schnell den Kopf, so als müsste er diesen letzten Gedanken schnell wieder verdrängen.

Unschlüssig drehte er sein Handy zwischen seinen Händen hin und her, ließ sich auf seiner Fensterbank nieder und betrachtete das fast leere Straßencafé gegenüber.

Miyavi war seit jenem Abend nicht mehr dort aufgetaucht und wenn Ruki ganz ehrlich zu sich war, hatte ihn das nicht gefreut. Er hatte eigentlich nichts mehr dagegen Miyavi dort sitzen zu sehen. Eigentlich war er ja ganz lustig. Nur ernst konnte er nicht sein. Zumindest hatte Ruki nie das Gefühl, dass sein Ernstsein wirklich ernst gemeint war.

Eigentlich waren sich Miyavi und Aoi in Sachen Humor recht ähnlich. Aoi benahm sich auch gerne mal albern, aber bei weitem nicht so häufig wie Miyavi und Aoi konnte man, außerhalb dieser albernen Phasen auch ernst nehmen. Aber Miyavi?

Irgendwie konnte er diesen Kerl nicht begreifen. Zwar schien er ununterbrochen zu reden, aber dabei gab er nichts von sich Preis. Er wusste einfach nicht, was Miyavi’s echtes Ich war, das was er zeigte, oder eins, das hinter seinem Verhalten verborgen blieb?
 

Er entschloss sich, doch erst den Verräter anzugehen. Eigentlich war er sich sicher, dass er Uruha diese Sms indirekt zu verdanken hatte und das konnte er unmöglich auf sich sitzen lassen. Dieser blöde Gitarrist sollte sich endlich aus seinem Liebesleben raushalten! Immerhin war er nicht mehr Teil davon!

Ruki schnappte sich sein Telefon und wählte Uruha’s Nummer. Es tutete recht lange und Ruki setzte sich gelangweilt wieder auf seine Fensterbank. Wenn dieser Idiot jetzt nicht zu Hause war, obwohl er ihn doch zusammenstauchen wollte, dann gnade ihm Gott, dachte Ruki ungehalten und trommelte mit seinen Fingern auf seinem Oberschenkeln herum. Endlich ertönte ein leises Knacken in der Leitung.
 

„Hallo?“, sagte Uruha’s Stimme am anderen Ende. Er hörte sich etwas atemlos an, so als wäre er gerannt, aber daran störte sich Ruki nicht.

„Du! Wie kannst du es wagen immer große Schwester zu spielen!“, motzte Ruki in sein Telefon und am anderen Ende trat verwirrtes Schweigen ein.

„Ruki?“, fragte Uruha nach kurzer Zeit und klang immer noch leicht planlos, aber Ruki durchschaute ihn.

„Tu nicht so unschuldig! Wieso gibst du Miyavi einfach meine Handynummer? Jetzt will er sich noch mal mit mir treffen, heute!“, schnauzte Ruki weiter. Uruha lachte laut auf und Ruki grummelte nur ungehalten.

„Noch mal?“, fragte Uruha neckisch, was Ruki nur noch mehr grummeln ließ.

„Er war letztens bei mir, weil ich ihn ja schlecht in klatschnassen Sachen den ganzen Tag vor meiner Wohnung stehen lassen kann …“, berichtete der blonde und merkte, dass seine Wut auf Uruha sich leise in Wohlgefallen auflöste.
 

„Er war nass?“, sagte Uruha nachdenklich und dann fing er hörbar an zu grinsen „Hast du ihn nackt gesehen?“

Ruki grummelte erneut und merkte wie er leicht rot im Gesicht wurde. Typisch Uruha, immer so verdammt neugierig und absolut hormongesteuert.

„Ich deute das mal als ´Ja´“, gluckste der Gitarrist „Und?“, fragte er nach kurzer Pause und Ruki runzelte die Stirn.

„Und was?“

„Maaan Kleiner! Ich will wissen wie heiß er war, auf einer Skala von 1 bis 10! Hat er wirklich so viele Tatoos? Das würde mich ja mal interessieren …“

„Als würde ich das grade DIR sagen!“, entgegnete Ruki entrüstet.

„Doch so gut?“, kam es nur als Antwort aus dem Hörer und Ruki spürte wie sein Gesicht noch eine Spur an Farbe gewann. Super, über einen halbnackten Miyavi zu sprechen war ihm peinlich. Warum musste Uruha auch solche Fragen stellen, die ihn nur wieder über den nicht zu verachtenden Oberkörper des Schwarzhaarigen nachdenken ließen?
 

„Und?“, fragte Uruha nur wieder und Ruki fragte sich, ob der andere irgendwie in einer Zeitschleife hing.

„Sag ich dir nicht!“, blaffte Ruki ungehalten, während eine Stimme in seinem Kopf, die verdächtig nach Uruha klang, leise „zehn, zehn, zeeeeeehn“ sang.

Uruha kicherte nur „Nein, ich meinte jetzt, triffst du dich mit ihm?“ Ruki schüttelte den Kopf. Der brünette hatte ein Talent dafür, immer so das Thema zu wechseln, dass Ruki den Faden verlor.

„Weiß nicht …“, sagte Ruki dann ehrlich, nach ein paar Minuten und hoffte, auf einen guten Ratschlag seines besten Freundes, doch der schwieg nur. Bis er dann wieder kicherte. Ruki runzelte die Stirn.

„Musst du selber wissen, ob du dich ihm gewachsen fühlst, Kleiner. Aber falls du dich nicht mit ihm triffst, gibt’s du mir dann seine Handynummer? Ich wette er ist eine 10 die einem kleinen One-Night-Stand nicht abgeneigt ist“

Ruki riss entsetzt die Augen auf „Ich habe nie gesagt, dass er eine 10 ist! Und außerdem treffe ich mich selber mit ihm, also such dir ein anderes Opfer, du Männer fressendes Monster!“, sagte er ungehalten und hörte genervt, wie Uruha nur wieder lachte.

„Na dann viel Spaß, Kleiner!“

„Werde ich sicher haben! Tschüss!“ Ruki legte auf.
 

Immer noch vor Empörung kochend zog er sein Handy hervor und tippte eine Antwort. „Kannst mich in 30min abholen“ Überlegte dann einen Moment, ob er vielleicht auch ein xxx dahinter setzten sollte, nur um Uruha zu ärgern, aber der würde die Sms eh nie lesen, also ließ er es so und schickte sie ab. Er stand auf, ging ins Bad und machte sich fertig. Dass Uruha dachte er wäre Miyavi „nicht gewachsen“ war wirklich unerhört! Die Frage war viel mehr, ob der schwarzhaarige ihm gewachsen war!
 

Ruki zog sich noch schnell etwas anderes an und wartete dann ganze 20 Minuten in seinem Wohnzimmer. Der Ärger über Uruhas Worte hatte ihm einen Turboantrieb in Sachen so herrichten, dass man unter Leute gehen konnte, gegeben und nun war er viel zu früh fertig. Ruki hasste warten.

Er betrachtete noch einmal das „OK, bis gleich!“, das eine Minute nachdem er seine Sms abgeschickt hatte, auf seinem Handy erschienen war.

Seine Finger trommelten einen unruhigen Rhythmus auf seinem Knie, obwohl er gar nicht wusste, ob er eigentlich nervös war, oder nicht. Vielleicht sollte er nervös sein. Immerhin war das ja quasi ein offizielles Date.

Offiziell in der Hinsicht, dass zumindest Uruha davon wusste. Aber andererseits wollte er ja nichts von Miyavi. Zumindest nicht das, was vielleicht der Plan seines besten Freundes gewesen wäre. Aber dieses Treffen gab ihm die Chance mehr über den anderen in Erfahrung zu bringen. Vielleicht erhaschte er ja einen Blick auf den „echten“ Miyavi.
 

Pünktlich um halb 4 meldete sich Rukis Klingel. Er sprang auf, drückte auf den Summer, zog sich seine Jacke über und wartete gespannt in der offenen Tür. Bald tauchte ein schwarzer Haarschopf auf der Treppe auf und Ruki lächelte unsicher.

„Du bist ein Sadist, weißt du das?“, sagte Miyavi schnaufend und lehnte sich neben der Tür an die Wand, „hättest auch ruhig runterkommen können.“

„Oooh, Entschuldigung, daran habe ich nicht gedacht. Normaler Weise haben wir auch einen Fahrstuhl, aber der ist seit einer Woche außer Betrieb und irgendwie ist der Hausbesitzer zu faul, um Handwerker anzurufen …“ Was plapperte er denn da wieder für einen Mist? Als wäre das von Interesse. Ruki lächelte entschuldigend, aber Miyavi grinste schon wieder.

„Nicht schlimm. Wollen wir?“

Ruki nickte und kurze Zeit später saßen sie in Miyavi’s Auto und fuhren Richtung Innenstadt. Noch ein Vorteil seiner Wohnung war nämlich, dass sie eigentlich ziemlich zentral lag. Das mochte er, da er kein Auto hatte, so waren seine Wege zu Fuß gut zu bewältigen.
 

„Wo fahren wir eigentlich hin? Von mir aus kann man eigentlich auch gut zu Fuß überall hin“, meinte Ruki nach einiger Zeit und musterte den anderen nachdenklich.

„Überraschung!“, sagte Miyavi beschwingt und Ruki grummelte. Hatte er ihm nicht gesagt, dass er keine Überraschungen mochte? Wahrscheinlich nicht. Alle anderen wussten das, aber Miyavi kannte ihn ja noch nicht so gut, also nahm er sich vor, ihm das nicht anzukreiden. „Ich wollte dir was zeigen“, ergänzte der andere, als er Rukis muffelndes Gesicht sah und der kleinere gab sich vorerst mit dieser Angabe zufrieden.

Sie verließen das Zentrum und endeten in einem kleinen Außenbezirk, und Ruki konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, was sie hier wollten.

„Da hinten!“, sagte Miyavi, als sie ausgestiegen waren und deutete auf einen Sportplatz. Ruki runzelte die Stirn und sie setzten sich in Bewegung. Das Erstaunen des blonden wuchs noch, als sie mehrere kleine Kinder und deren Eltern begegneten, die alle das gleiche Ziel zu haben schienen, wie sie.
 

„Ähm … Miyavi? Was genau machen wir?“, fragte Ruki zögerlich, als sie vor dem kleinen stadionähnlichen Sportplatz ankamen, und Miyavi ihnen Karten kaufte.

„Wir sehen uns ein Fußballspiel an!“, sagte er fröhlich und schob Ruki zu Sitzplätzen recht weit oben.

„Und … warum?“, fragte Ruki verwirrt. Vor seinem inneren Auge brach etwas zusammen, das vorher noch als das Wort „Date“ zu erkennen gewesen war. Miyavi hatte wohl nicht besonders viel Übung darin andere in sich verliebt zu machen, denn so würde das nichts werden. Aber hatte er erwartet, dass Miyavi eine romantische Ader hatte? Wohl eher nicht!

Miyavi zuckte die Schultern. „Willst du auch einen Hot Dog?“ fragte er grinsend und Ruki nickte nur resignierend, woraufhin der schwarzhaarige sich erhob und zu einem Hot Dog Verkäufer hinüber lief, der durch die Reihen ging.
 

Als das Spiel angepfiffen wurde, wurde Ruki klar, warum da so viele Familien mit kleinen Kindern waren. Alle Spieler waren zwischen 10 und 12 Jahre alt. Ruki verstand zwar nicht viel von Fußball, aber eigentlich fand er das Spiel ganz interessant. Zumindest spannender als die Spiele, die er ab und zu im Fernsehen ansah, wenn seine Band ihn dazu nötigte.

Ruki musterte Miyavis Profil und musste lächeln, als er die Beigeisterung in den Augen des älteren glimmen sah. Ab und zu schrie Miyavi empört auf und Ruki musste sich ein lautes Lachen verkneifen.

Es war wirklich niedlich, wie begeistert der andere war. Wie ein kleines Kind. Ruki versuchte einen Moment sich den schwarzhaarigen als Kind vorzustellen und musste unweigerlich lachen, was Miyavi nicht einmal bemerkte.

Ruki legte den Kopf schief und stellte für sich selbst zufrieden fest, dass das hier, ein Miyavi war, den er noch nicht kannte. Der richtige Weg auf der Suche nach dem „echten“ Miyavi.
 

Zehn Minuten nachdem die zweite Halbzeit angefangen hatte klingelte Rukis Handy und das bekam Miyavi dann doch wieder mit. Er beobachtete ihn gespannt, während er auf Abheben drückte und sich das Telefon ans Ohr hielt.

„Kleineeeer! Reiß dich von dem süßen Hintern los und komm zu uns in die PSC. Reita läuft hier schon die ganze Zeit im Kreis, wie ein Tiger vor der Fütterung!“, erklang Uruhas Stimme und der hörte sich reichlich entnervt an.

Ruki schlug sich mit der flachen Hand vor die Stirn „Wir haben Bandprobe!“

„Korrekt! Und jetzt komm her! Kannst ja heute Abend weiter flirten!“

Uruha legte auf und Ruki ärgerte sich über seine eigene Dummheit. Er sah Miyavi schuldbewusst an, der nun die Augenbrauen hochgezogen hatte.

„Bandprobe, hm?“, sagte er nur.

„Es tut mir furchtbar leid! Ich hab es einfach total vergessen! Könntest … du mich vielleicht zur PS Company bringen?“ Er kam sich noch schuldiger vor, weil er den anderen jetzt auch noch von seinem Spiel wegreißen musste, damit der ihn in die Stadt zurückfuhr.

Miyavi lächelte und verstrubbelte Ruki’s Haare. „Musst dich nicht entschuldigen. Ich freu mich ja, dass du wegen mir alles andere vergisst. Komm!“
 

Ruki schwieg immer noch betroffen, als sie im Auto saßen und der andere tat es ihm gleich.

„Tut mir echt …“

„Jetzt hör schon auf!“, lachte Miyavi laut und sah ihn schmunzelnd an. „Du bist echt eine seltsame Persönlichkeit. Auf der einen Seite kannst du verdammt bissig sein und jetzt führst du dich auf, wie ein Hündchen, das seinen Herrn um Vergebung anbettelt.“

Ruki grinste beschämt. Vielleicht hatte Miyavi ja sogar Recht.

„Warum eigentlich Fußball? Ist nicht grade perfekt fürs erste Date, oder?“, fragte der blonde unvermittelt und sah, wie der Blick des anderen in die Ferne schweifte.

„Ich wollte als Kind immer Fußballprofi werden …“, sagte er und Ruki sah ihn überrascht an. „Aber dann hab ich mich verletzt und konnte meinen Traum vergessen. Also hab ich mich meiner zweiten Leidenschaft zugewandt, Musik.“

Ruki lächelte stumm und versuchte sich nun den kleinen Miyavi-Jungen von vorhin in einem Fußballtrikot vorzustellen. Wirklich niedlich, dachte er und legte grinsend den Kopf schief.
 

Sie fuhren auf den überfüllten Parkplatz der PS Company und Miyavi parkte das Auto einen ganzes Stück vom Eingang entfernt.

„Ich bring dich noch ein Stück“ sagte der schwarzhaarige, stellte den Motor ab und zusammen gingen sie bis zum Eingang.

„Hast du nach der Bandprobe Zeit? So gegen 7?“, fragte Miyavi und Ruki sah ihn überrascht an.

„Ja, wieso?“

Miyavi lächelte schief. „Naja, du meintest eben, dass das hier ein mieses erstes Date wäre“, sagte er und Ruki schluckte, super, war er wieder unsensibel gewesen ohne es gewollt zu haben.

„Aber ich meinte das nicht böse!“, sagte er schnell und Miyavi lachte leise.

„Ich hab mich gefreut, dass du das für ein Date gehalten hast“, schnurrte er und ging einen Schritt auf Ruki zu. Der musste wieder schlucken und einen kurzen Moment sang diese Stimme in seinem Kopf wieder „zeeeeehn!“
 

„War es das denn nicht?“, fragte Ruki unsicher und versuchte krampfhaft diese verdammte Stimme zu ersticken und sein Herz am besten gleich mit, denn das begann bei der Erinnerung an Miyavi’s nackten Oberkörper freudig schneller zu schlagen.

Der schwarzhaarige lachte kurz und legte den Kopf schief. „Ich kenn eine nette Kneipe hier um die Ecke, da könnten wir uns treffen, wenn ihr fertig seid …“, sagte er nur als Antwort und Ruki spürte, wie sein Kopf von alleine nickte.

„Okay!“, sagte er eilig und wollte schnell hinein laufen, als Miyavi ihn in eine kurze Umarmung zog. „Zeeeeeeeeehn“ Ruki spürte, dass er rot wurde und räusperte sich leicht, als Miyavi ihn wieder losließ und kurz zum Abschied winkte, bevor er sich wieder auf den Weg zu seinem Auto machte.
 

Ruki warf einen Blick zum Fenster, das zu ihrem Probenraum gehörte und sah dort undeutlich Aoi’s Gestalt hinter der Scheibe. Er hob kurz seine Hand, aber Aoi reagierte nicht auf den Gruß. Aoi’s Lippen bewegten sich stumm und er wandte sich vom Fenster ab. Ruki beeilte sich etwas. Alle schienen ja ziemlich sauer auf ihn zu sein. Na Glückwunsch!

'Cause you don't know

Die Stimmung während der Bandprobe war ziemlich gedrückt, und obwohl sich Ruki überschwänglich entschuldigte, wirkten vor allem Aoi und Reita ziemlich gereizt. Da ihre Disharmonie sich auch in ihrer Musik nieder schlug, brachen sie eine halbe Stunde vor eigentlichem Ende die Probe ab.

„Tut mir echt leid, dass wegen mir so schlechte Stimmung war“, sagte Ruki entschuldigend zu Kai und Uruha, als er mit ihnen zusammen im Fahrstuhl nach unten fuhr.
 

„Ach mach dir nichts draus!“, entgegnete Kai fröhlich und strahlte ihn an.

„Ich glaub auch nicht wirklich, dass du das Problem warst“, ergänzte Uruha glucksend, wobei er Ruki leicht gegen den Oberarm boxte.

Ruki verstand diese Aussage zwar nicht, wollte es aber auch eigentlich nicht so genau wissen. Wenn Uruha so bösartig gluckste, hatte es immer mit etwas zu tun, was man besser nicht tiefer zu ergründen versuchte.
 

„Oh nein!“, rief Ruki entsetzt aus, als sie den Fahrstuhl im Erdgeschoss verließen und griff sich mit einer Hand in die Haare.

„Was’ los?“, fragte Uruha besorgt und legte den Kopf schief.

„Ach ich hab nur mein Handy oben liegen lassen“, murrte Ruki und ärgerte sich innerlich über seine eigene Dummheit. Er hatte es auf der Fensterbank abgelegt, warum auch immer.

„Soll ich noch auf dich warten und dich dann nachhause fahren?“, schlug Uruha vor, aber Ruki schüttelte nur den Kopf.
 

„Ääh, nein nicht nötig“, sagte er und merkte selbst, dass seine Stimme verdächtig klang. Uruha setzte ein schiefes Grinsen auf und knuffte Ruki erneut gegen den Oberarm.

„Hast du gleich etwa noch eine Verabredung?“, neckte Uruha und zog dabei das letzte Wort genüsslich in die Länge. Ruki streckte ihm die Zunge raus und merkte, dass Kai verwirrt zwischen ihnen hin und her sah.

„Das geht dich gar nichts an, Ruha! Ciao ihr beiden!“ und mit diesen Worten verschwand der Blonde wieder im Fahrstuhl. Er drückte auf den Knopf und winkte seinen Bandkollegen noch kurz zu, die es erwiderten und aus der großen Eingangstür verschwanden.
 

Er konnte sich Zeit lassen, da sie ja früh genug mit der Probe aufgehört hatten, also schlenderte er seelenruhig den Korridor entlang. Aus der halboffenen Tür ihres Probenraums fiel etwas Licht auf den Flur und Ruki überlegte, wer wohl ´´Überstunden´´ machte. Reita war als erstes abgehauen, also konnte es nur Aoi sein. Er wollte die Tür grade öffnen, als Aoi zu sprechen begann und ein Namen fiel, der Ruki erstarren ließ.
 

„Miyavi und er haben sich getroffen! Einfach so … ja ich weiß, aber …“ Stille trat ein, die Ruki vermuten ließ, dass Aoi telefonierte. Eigentlich wollte er private Gespräche nicht belauschen, aber er konnte sich nicht mehr bewegen. Sprach Aoi über ihn und Miyavi? Und wenn, warum? Die Antwort folgte auf dem Fuß.

„Ja, aber wieso tut er das? Er weiß doch, dass ich in ihn verliebt bin … ich bitte dich, dann ist er ein ganz schöner Idiot!“
 

Ruki fiel ein schwerer Stein in den Magen und sein Herz stach plötzlich schmerzhaft. Er hörte, dass der andere sich drinnen erhob und eilte schnell den Flur entlang, bis ins Treppenhaus. Er merkte erst, dass er unten war, als die kalte Abendluft ihm in der Lunge stach.

Er ließ sich gegen die Hauswand sinken und bedeckte sein Gesicht mit den Händen.
 

Aoi war in Miyavi verliebt? Natürlich, jetzt ergab alles einen Sinn. Er hatte gedacht Aoi wäre nur gut mit dem anderen befreundet gewesen, aber in Wirklichkeit war er in ihn verliebt. Darum hatte er ihn eben am Fenster auch nicht zurück gegrüßt, nachdem er selbst Miyavi umarmt hatte und darum war er während der ganzen Probe so schlecht gelaunt gewesen!
 

Ruki traf sich mit dem Mann, den Aoi liebte und das, obwohl der Gitarrist die ganze Zeit versuchte Miyavis Interesse zu wecken. Aber anstatt ihn zu nehmen, lief er Ruki hinterher, der ihn eigentlich gar nicht gewollt hatte. Und Ruki hatte das die ganze Zeit nicht bemerkt! Er war so ein mieser Freund! Dabei hatte er mehrere Male mit Aoi über Miyavi gesprochen. Warum war ihm nur nicht eher aufgefallen, dass er anders darauf reagiert hatte, als beispielsweise Uruha? Er war so ein Idiot! Wäre es ihm nur früher aufgefallen, dann hätte er Miyavi erst gar keine Chance gegeben und hätte ihn weiterhin für nervig und oberflächlich gehalten und nun hasste Aoi ihn, weil er dachte, dass Ruki es wusste und sich trotzdem mit Miyavi traf.
 

Ruki atmete tief ein, aber der Schmerz und die Beklemmung in seiner Brust hielten an. Er hatte angefangen Miyavi zu mögen, aber er wollte Aoi nicht verletzen. Ruki zog die Hände vor seinem Gesicht weg und legte den Kopf in den Nacken. Was galt mehr? Was sollte er nur tun?

Die Tür schwang auf und Aoi rauschte an ihm vorbei, ohne Ruki zu bemerken der im Schatten versteckt stand. Sein Gesicht konnte Ruki nicht erkennen, aber er war sich sicher, dass die Art wie Aoi den Parkplatz hinunter stampfte große Wut ausdrückte. Wut auf ihn.

Er seufzte laut auf und löste sich aus seiner Starre. Langsam trottete er in Richtung des Treffpunkts, den er mit Miyavi abgemacht hatte, ohne wirklich zu wissen, ob er den anderen überhaupt noch sehen wollte. So etwas Dummes konnte auch nur ihm passieren.
 

Er drückte träge die Türen zum Lokal auf und hängte seine Jacke an den Kleiderständer, der neben ihm stand. Die Kneipe lag in einem dämmrigen gelblichen Licht, in der jeder wie ein Verbrecher wirkte und Ruki fühlte sich wie in einer gespenstischen Traumwelt. Alles drang nur wie durch Watte zu ihm durch und so bemerkte er auch nicht sofort, dass der schwarzhaarige Solist vor ihm stand und ihn besorgt musterte.
 

„Kleiner? Alles in Ordnung?“, fragte er und Ruki wollte am liebsten den Kopf schütteln, aber der wollte sich nicht schütteln lassen und reden ging auch nicht mehr. Er sah Miyavi nur weiter unverwandt an, was dem anderen einige Sorgenfalten auf die Stirn trieb.

„Du hast doch nicht getrunken, oder? Komm wir setzten uns erst mal.“
 

Er schob Ruki zu einem Tisch in einer Ecke des Lokals und platzierte ihn dort auf einem Stuhl. Eine Bedienung kam zu ihnen, die fast genau so mies dreinblickte wie Ruki selbst und fragte sie nach ihren Getränkewünschen. Da Miyavi anscheinend immer noch nicht völlig sicher war, dass Ruki nichts getrunken hatte bestellte er zwei Kaffee und die junge Frau schwirrte sofort wieder ab.

Ruki spürte, dass Miyavi ihn schon wieder ansah und das brachte seinen Brustkorb dazu sich noch schmerzhafter zusammenzuziehen. Auf einmal fühlte es sich so falsch an hier zu sitzen. Warum war er eigentlich hergekommen? Änderte das etwas an der Situation, dass Aoi in Miyavi verliebt war und er selbst nicht? Die Antwort lautete Nein.
 

Der schwarzhaarige räusperte sich, aber er wollte Miyavi nicht ansehen und auch nicht mit ihm sprechen. Aoi war sein Freund. Ein guter Freund. Sie waren zusammen in einer Band und sie hatten sich immer gut verstanden. Und Miyavi? Er kannte ihn auch schon etwas länger, aber sie waren nie befreundet gewesen und Fakt war nun mal auch, dass er Miyavi nicht liebte. Er war nicht in ihn verliebt. Aoi schon.

Seine Gedanken drehten sich im Kreis und er wünschte sich seine Fensterbank her, damit er wieder zur Ruhe kam und vielleicht eine Lösung für sein Dilemma fand.
 

„Ähm, Ruki? Hat dich meine überwältigende Präsens stumm werden lassen?“, fragte Miyavi plötzlich bemüht locker, aber sein Blick blieb sorgenvoll. Ruki sah zu ihm auf und als ihre Blicke sich trafen, hätte er sich selber am liebsten in die Hand gebissen.

Miyavi hatte seine schwarzen Haare in einem Zopf zurück gebunden und seine dunklen Augen schienen selbst in diesem Dämmerlicht zu glühen. Er war attraktiv, das konnte Ruki nicht leugnen, aber genau in dieses Gesicht war Aoi verliebt und er nicht. Er konnte ihm das einfach nicht antun, das würde er sich nie verzeihen. Er war vielleicht dumm genug um Blumentöpfe zu zerdeppern, aber Freundschaften bestimmt nicht.
 

„Nein! Und glotz mich nicht so doof an!“, knurrte es plötzlich aus Rukis Mund und er war selbst überrascht über seine Worte.

Verzweiflung, normaler Weise übertrug er seine schlechte Laune nicht auf andere, so was tat er doch nie. Aber im Moment schmerzte sein Herz so stark, dass er nicht anders konnte. Miyavi sollte ihn nicht so ansehen. Nicht so besorgt … nicht so liebevoll. Das war einfach unerträglich, und falsch!

Der schwarzhaarige sah überrascht aus und gekränkt. Er lehnte sich vor, wobei er seine Arme auf dem Tisch verschränkte, ohne seinen Blick von Ruki zu lösen.
 

Er öffnete den Mund, doch bevor er etwas sagen konnte, eilte die Kellnerin auf sie zu, knallte ihnen zwei Tassen Kaffe auf den Tisch und war auch schon wieder verschwunden.

Ruki schloss kurz die Augen, lehnte sich zurück und sah Miyavi kühl an, der schon wieder Anstallten machte zu reden.

„Okay, was ist los?“, fragte er und starrte ihn dabei durchdringend an „Noch heute Nachmittag haben wir zusammen gelacht, du warst nett zu mir, ganz natürlich und ich dachte das Eis wäre endgültig gebrochen. Und jetzt behandelst du mich wieder wie den letzten Idioten, als hätte ich irgendetwas falsch gemacht, aber ich weiß absolut nicht was! Also sag es mir, bitte!“
 

Ruki blinzelte ihn zerknirscht an. Nein er hatte nichts falsch gemacht …´er´ nicht, aber Ruki schon! Miyavi hatte vollkommen Recht. Er war nett zu ihm gewesen, und er war gerne nett zu ihm gewesen, aber jetzt ging das nicht mehr. Ruki musste die Sache beenden, bevor sie überhaupt zu einer Sache wurde. Denn wenn er das nicht tat, würde er Aoi womöglich schwer verletzen und das wollte er nicht. Aoi liebte Miyavi, und er hatte nur vergleichbar kleine Gefühle zu dem Solisten, falls er welche hatte. Da konnte er besser seine aufkeimenden Gefühle ersticken, als dass Aoi das Herz gebrochen wurde. Dramatisch, aber wahr!
 

„Es liegt nicht an dir …“, sagte er leise und richtete seinen Blick auf die Tischplatte. „es ist … mir ist einfach klar geworden, dass du mehr willst, als ich und darum sage ich dir besser jetzt, dass das mit uns keine Zukunft hat.“

Miyavi musterte ihn eingehend und Ruki hatte das Gefühl unter seinem Blick zusammenzuschrumpfen.

„Nö. Das kann ich nicht akzeptieren, sorry!“, sagte er stumpf und stieß Ruki damit so vor den Kopf, dass er ihn nur verwirrt anstarren konnte.

„Wir wissen beide, dass das nicht stimmt! Du hast Gefühle für mich, das sehe ich dir an, auch wenn du sie dir vielleicht nicht eingestehen willst. Und du weißt genau, dass ich dich liebe, darum kann ich nicht einfach so aufhören, nur weil du es dir so überlegt hast“

Ruki schnaubt verächtlich. „Wie kannst du mich lieben? Du kennst mich doch gar nicht! Du weißt ja nicht einmal mein Lieblingsgetränk …“ Ruki deutete ungnädig auf die Tasse vor sich und funkelte Miyavi böse an. Der schwarzhaarige biss die Zähne aufeinander, wobei sein Unterkiefer sich deutlich abzeichnete.
 

„Nur weil ich dein Lieblingsgetränk wissen würde, hieße das noch lange nicht, dass ich dich mehr lieben würde! Ich liebe nicht deinen Geschmack! Ich liebe dich! Wann geht das endlich in deinen Dickschädel?! Deine gutmütige Art mit Menschen umzugehen, dein offenes Ohr für deine Freunde, das Funkeln in deinen Augen, wenn du glücklich bist, dein Lachen, wenn Reita dir einen schlechten Witz erzählt, deine Stimme, die sonst immer so sanft und ehrlich ist! Das alles liebe ich an dir und mir ist dabei total egal, welchen Kuchen du bevorzugst, oder welche Zigarettenmarke, denn ich würde dich sogar lieben, wenn du dich von Insekten ernähren würdest!“ Mit diesen Worten erhob er sich, warf sich seine Jacke über die Schulter und verschwand in Richtung Ausgang.
 

Ruki saß da wie gelähmt. Diese Lähmung war noch schlimmer, als die letzte und sein Gehirn arbeitete träge. Vollkommen überfordert, das war er. So gefühlsduselige Worte hätte er von Miyavi gar nicht erwartet. Nie im Leben hätte er gedacht, dass Miyavi ihn seiner selbst wegen liebte, aber das schien ja so zu sein. Und jetzt hatte er doch jemanden verletzt. Er hatte ihm einen Korb gegeben und ihm das Herz gebrochen. Oder, hatte er ihm einen Korb gegeben? Jetzt stand er doch da, wie ein gefühlskalter Eisklotz. Miyavi würde sicher nie wieder mit ihm sprechen wollen. Und zu seiner Überraschung schmerzte ihn diese Vorstellung zutiefst.
 

Ruki legte seine Arme auf den Tisch und bettete seinen Kopf hinein. Er war verwirrt. So verwirrt. In ihm schmerzte alles. Und er wusste nicht mehr, was er denken, oder fühlen sollte.

Die Kellnerin kam schon wieder angestampft. Er erkannte ihren energischen Schritt. Er drehte seinen Kopf leicht und sie stellte klirrend ein Glas „Kirin Koiwai Apple“ vor ihm ab. Ruki zog die Brauen hoch. „Das habe ich nicht bestellt“ sagte er matt und drehte seinen Kopf wieder in die Ausgangsposition zurück.

„Weiß ich!“ bluffte sie ihn ungehalten an „Ist von dem Kerl, der eben gegangen ist … der, der bezahlt hat …“ Die junge Frau drehte sich auf dem Absatz um und rauschte davon.
 

Wie in Zeitlupe hob Ruki seinen Kopf an. Dann lachte er fast verzweifelt auf, fuhr sich mit einer Hand durch die Haare und spürte, wie Tränen in seinen Augen stachen. Wo auch immer die wieder herkamen. Er erhob sich von seinem Stuhl und warf seinem Lieblingsdrink noch einen letzten Blick zu, ehe er seine Jacke im vorbeigehen an sich zog und in die kühle Nacht hinaustrat.
 

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Anmerkung zu Rukis Lieblingsdrink: Ich hab das irgendwann mal irgendwo gelesen, also falls es nicht stimmen sollte, entschuldigt bitte xD

Why am I the one to open your eyes?!

Es schien so, als hätten ihn alle Lebensgeister verlassen. Er hatte keinen Hunger mehr und auch keine Lust irgendetwas zu machen. Die Bandproben hatte er in den letzten zwei Wochen auch geschwänzt, aber so langsam gingen ihm die schlechten Ausreden aus.
 

Erst gestern hatte Kai sich bei ihm erkundigt, wann er denn mal wieder zu einer Probe kommen könnte und das einzige was Ruki eingefallen war, war, dass diese Grippe, an der er nun schon so lange angeblich litt, irgendwie nicht weggehen wollte. Kai hatte ihm daraufhin ziemlich besorgt angeboten ihn ins Krankenhaus zu fahren und erst nach einer halben Stunde hatte Ruki ihn überzeugen können, dass das nicht nötig war, er sich nur versprochen habe und eigentlich nur seine Stimme noch nicht auf der Höhe war, um an den Proben teilzunehmen.
 

Eigentlich wusste er gar nicht, warum er zuhause rumsaß und Trübsal blies. Zumindest nicht wirklich. Immerhin würde er Miyavi bei den Bandproben sowieso nicht begegnen, aber die Angst davor, ihm zufällig über den Weg zu laufen war einfach zu übermächtig. Ruki fühlte sich so schlecht. So schuldig.

Miyavi hatte sich seit diesem Abend vor zwei Wochen nicht mehr bei ihm gemeldet. Natürlich nicht. Hätte er auch nicht getan, wenn er von jemandem so dermaßen verletzt worden wäre. Aber genau das hatte Ruki doch gewollt oder nicht? Er hatte Miyavi immerhin absichtlich den Laufpass gegeben, aber, dass der sich das so zu Herzen nehmen würde ...
 

Was der andere zu ihm gesagt hatte geisterte immer noch durch Rukis Kopf und ließ ihn sich noch schlechter fühlen. ... "Ich liebe nicht deinen Geschmack! Ich liebe dich!" ... "denn ich würde dich sogar lieben, wenn du dich von Insekten ernähren würdest! " ...

So etwas hatte noch nie jemand zu ihm gesagt und egal wie oft er darüber nachdachte, egal wie seltsam dieses Beispiel auch sein mochte, trotzdem war es eindeutig das Romantischste was jemals jemand zu ihm gesagt hatte. Es war nicht eins dieser gefühlsduseligen Floskeln, die in jedem Schundroman vorkamen. Es war kein "Ich würde für dich sterben". Es war einfach Miyavi. Und es war ehrlich. Und dass er das wusste machte es nur noch schlimmer.

Sein Herz fühlte sich furchtbar wund an, weil er einen Menschen, den er mochte, wissendlich so stark verletzt hatte. Und er schämte sich dafür, dass er sich wie ein Arsch verhalten hatte. Das hatte er noch nie getan. Nie.

Darum wollte er Miyavi nicht zufällig begegnen. Er könnte ihm sicher nicht in die Augen sehen vor Scham und schlechtem Gewissen.
 

Eigentlich war er doch ein riesiger Idiot gewesen, die Person abzusägen, die ihn so ehrlich liebte. Aber dafür gab es ja einen Grund. Und an die Wichtigkeit dieses Grundes zu glauben, war das einzige, was ihn noch über Wasser hielt. Er wäre schließlich noch ein viel größerer Arsch gewesen, wenn er mit Miyavi zusammengewesen wäre. Denn dann hätte er Miyavis Gefühle ausgenutzt und Aoi verletzt und so ... hatte er nur Miyavi verletzt.
 

Ein gebrochenes Herz war auch noch die perfekte Gelegenheit für Aoi Miyavi zu trösten und ihm ... näher ... zu ... kommen.
 

Ruki schluckte schwer und zog sich seine Decke über den Kopf. Er wusste nicht wie spät es war, da seine Rollläden jegliches Licht der Außenwelt abhielten, aber es war sicher nicht mehr die Zeit, um noch im Bett zu liegen. Aber wen interessierte das schon? Er machte ja seit Tagen nichts anderes, als in seinem Bett zu liegen, nachzudenken und zu schlafen.

Normaler Weise dachte er über alles ja nur auf seiner Fensterbank nach, aber irgendwie konnte er das jetzt nicht mehr. Dieser Ort erinnerte ihn an Miyavi und er hatte das Gefühl es noch nicht wieder wert zu sein, dort zu sitzen.

Genau so, wie er es nicht wert war sich Essen zu bestellen, weshalb er alle paar Tage mit Wollmütze, Sonnenbrille, Hausschlappen und langem Mantel, über seiner Boxershorts in den kleinen Supermarkt neben seiner Wohnung huschte und sich einige Nahrungsmittel besorgte, die dann, zum größten Teil, in seiner Küche vor sich hingammelten, bis er das nächste Mal loszog.
 

Aber sich selbst für seinen momentanen Zustand zu bemitleiden hatte er auch nicht das Recht. Vielleicht war das ja auch so etwas wie eine eigen aufgesetzte, unbewusste Strafe für sein Verhalten und wenn er diese Strafe abgesessen hatte, würde er sich dann auch wieder besser fühlen.
 

Ein schrilles Lauten dröhnte durch seine Bettdecke und es dauerte einige Zeit, bis Ruki klar wurde, dass die Außenwelt, in Form seiner Klingel mit ihm Kontakt aufzunehmen versuchte. Aber er wollte lieber keinen Kontakt zur Außenwelt, also packte er sich sein Kissen über die Ohren und kniff die Augen zusammen, als könnte durch sie der Schall eindringen. Doch es half nichts. Die Außenwelt war ziemlich hartnäckig zum Sturmläuten übergegangen und Ruki erhob sich fluchend.

Wenn das jetzt nur ein Paketdienst war und nichts wirklich wichtiges, dann würde er den Boten dermaßen zusammenstauchen, dass von ihm nur ein Häufchen Asche überblieb. Kurz huschte der Gedanke durch seinen Kopf, dass es vielleicht Miyavi war, der mit ihm das gleiche vorhatte, wie er selbst mit dem Paketboten, aber Ruki verbat sich, weiter darüber nachzudenken. Sollte es so sein, hatte er es verdient, aber dass es so war, war wohl eher utopisch.
 

Ruki drückte gar nicht erst auf die Gegensprechanlage, sondern ließ die Außenwelt summend ein. Innerlich sich schon auf eine Standpauke einstellend, sah er überrascht, wie sich ein ihm bekannter brauner Haarschopf die Treppe empor schob.

"Uruha?", stieß er verwundert aus, als der Gitarist vor ihm anhielt. In der einen Hand eine grellrot blühende Topfpflanze in der anderen eine riesige Plastiktüte, aus der es verheißungsvoll duftete.

„Meine Güte, du siehst aber echt beschissen aus!“ verkündete Uruha gut gelaunt und schob sich ungefragt an ihm vorbei in die Wohnung.

Vollkommen perplex schloss Ruki die Tür hinter ihm und sah zu, wie sich der andere auf seinem Sofa und dem Couchtisch ausbreitete.
 

„Was willst du hier?“, fragte Ruki ihn und der andere zog etwas beleidigt eine Schnute.

„Krankenbesuch du Dummerchen!“, sagte er und klopfte mit seiner Hand auffordernd neben sich auf das Sofa. Ruki setzte sich widerwillig hin, zog die Beine an und bette seinen Kopf auf seine Arme.

„Immerhin bin ich dein bester Freund und darum …“, ergänzte er gedehnt und hielt Ruki die Blume entgegen „habe ich dir erstens den Sommer mitgebracht, da du den ja erfolgreich ausschließt und zweitens lecker Essen …“ Er deutete auf die große Plastiktüte.
 

Ruki zog die Brauen hoch. Bei dem Gedanken an fettige gebratene Nudeln, nach denen es eindeutig roch, wurde ihm speiübel.

„Nett von dir, aber ich habe keinen Hunger“, sagte er nur matt, was Uruha ein Seufzen entlockte.

„Dann nicht …“, entgegnete er resignierend und begann in seiner Tasche zu kramen, zog einen Wust an Zetteln hervor und legte sie vor Ruki auf den Tisch. Der zog erneut die Brauen hoch.

„Und was ist das jetzt? Genesungswünsche? Oder soll ich die zusammen mit der Blume aufessen?“, murrte er sarkastisch und Uruha boxte ihm leicht gegen die Schulter.

„Nein, weder noch. Jetzt bist du dran deine Pflicht als bester Freund zu erfüllen und mir bei der Planung für meinen Geburtstag zu helfen“
 

„Ach so“ Ruki warf dem anderen einen kurzen Blick zu und versuchte sich an das aktuelle Datum zu erinnern, was ihm allerdings nicht gelang. Hatten sie tatsächlich schon Juni?

„Gästeliste, und die Getränkekosten … ich hab mich entschlossen lieber zu Hause zu feiern. Meine Wohnung ist groß genug und dann spar ich mir zusätzliche Kosten …“, brabbelte Uruha vor sich hin, während Ruki noch immer versuchte sein Zeitgefühl wieder zu finden.
 

„Was soll ich damit?“, fragte Ruki verwirrt, als der andere ihm einige der Zettel in die Hand drückte.

„Gucken ob ich jemanden vergessen hab!“, entrüstete sich Uruha, während er eine der Papppackungen aus der Plastiktüte zog, die Stäbchen auseinander brach und damit begann sich die Nudeln in den Mund zu schieben.

Ruki seufzte und überflog die Liste. „Hast du etwa auch alle Bands von PSC eingeladen?“, fragte er nach einiger Zeit, als es von Kra zu alice nine überging.

„Ähm, joa …“, mampfte der andere, „die sind doch eigentlich alle ganz nett und ich dachte, da man sich sonst so selten spricht ist das die perfekte Gelegenheit neue Kontakte zu knüpfen“ Uruha grinste dümmlich und Ruki wollte gar nicht so genau wissen, was der sich wieder unter "Kontakte knüpfen" vorstellte, aber er hatte grade sowieso einen Einfall, der ihm einen Stein in den Magen sinken ließ.
 

Er blätterte ein Papier weiter und ganz oben stand der Name, der den Stein zu einem Amboss machte, der sein Innenleben schmerzhaft zerquetschte. Ruki schluckte hörbar und starrte Uruha’s ordentliche Handschrift an.

„Du lädst Miyavi auch ein?“, krächzte er und spürte, wie Uruha ihn stirnrunzelnd von der Seite betrachtete.
 

„Ich wusste deine Krankheit heißt Liebeskummer! Was ist zwischen euch passiert?“, fragte Uruha, stellte sein Essen auf den Tisch und setzte sich im Schneidersitz Ruki zugewandt hin.

Ruki blickte seinen besten Freund an und merkte, dass er Tränen in den Augen hatte. Hatte Uruha grade Liebeskummer gesagt?
 

„Es … ich habe keinen Liebeskummer“, sagte er matt, das wäre ja noch schöner, wo er doch gar nicht in Miyavi verliebt war. Uruha zog die Brauen hoch, was so viel bedeute, wie "ach ja?".

„Ich … fühle mich nur total scheiße, weil ich mich wie ein Arsch verhalten habe und er einfach nur … total nett war und … gesagt hat, dass er mich auch liebt, wenn ich Insekten esse und … ich meine ich habe ihn verletzt und jetzt hasst er mich und ich weiß nicht wie ich mich entschuldigen soll und ob ich das soll und das alles nur, weil ich ihm keine falschen Hoffnungen machen wollte … was ja auch mies gewesen wäre, wenn er mich liebt und ich ihn nicht und …“, er stoppte seinen Redeschwall, weil Uruha leise angefangen hatte zu lachen, kombiniert mit einem stetigen Kopfschütteln.
 

„Was denn?“, sagte Ruki verzweifelt, aber der Brünette streckte nur seine Arme nach Ruki aus und zog den Kopf des anderen auf seine Schulter.

„Kleiner … ich weiß echt nicht, wieso ich dir das erst sagen muss, bevor du es merkst, aber du bist so was von in Miyavi verschossen!“, sagte Uruhas safte Stimme und er begann Ruki mitfühlend über den Kopf zu streichen.
 

In Miyavi verschossen? Er? Nein, da hatte Uruha aber etwas falsch gedeutet, das war einfach absurd.

Er hatte nur diese Bauchschmerzen, weil er sich schuldig fühlte. Und sein Herz tat nur so weh, weil er Miyavi mochte, aber nur als Freund, nicht mehr. Und er weinte nur, weil … ja warum weinte er eigentlich?

Heiße Tränen rannen ihm über die Wangen und verfärbten den roten Stoff von Uruhas Sweatshirt. Er biss sich schmerzhaft auf die Unterlippe.
 

„Bin ich echt, oder?“, krächzte er und Uruha bebte leicht, als er erneut mitleidig lachte.

„Aber sowas von“
 

Aber sowas von. Natürlich, er hatte sich nicht verhalten, wie jemand der sich schuldig fühlte, weil er jemand anderen verletzt hatte. Er hatte sich verhalten, wie jemand der Liebeskummer hatte und er war selber verletzt. Er hatte sich selbst verletzt, als er Miyavi den Laufpass gegeben hatte. Und sein Herz war in tausende Teile zersprungen, als er gegangen war.
 

„Scheiße“, flüsterte er, als sich seine Tränenflut verstärkte. Warum hatte er das nur nicht eher bemerkt? Und jetzt war es zu spät. Aber da war immer noch die Sache mit Aoi. Was sollte er nur machen?

„Ruha?“, krächzte er und wartete, bis der andere leise brummte, „Aoi ist auch in Miyavi verliebt … was … was mach ich denn jetzt?“
 

Uruha packte ihn sanft bei den Schultern und schob ihn ein Stück von sich weg, sodass er ihn ansehen konnte.

Ruki konnte seinen Freund nur verschwommen erkennen, aber sein Gesichtsausdruck schien sich verhärtet zu haben. „Aoi?“, sagte er tonlos und Ruki nickte schwach, „Woher weißt du das?“

„Ich hab zufällig gehört, wie er das jemandem am Telefon erzählt hat …“, berichtete er und hoffte nur Uruha wollte nicht den ganzen Wortlaut haben. Doch er fragte nichts mehr, sein Blick wurde abwesend und er starrte aus dem Fenster.

„Uruha?“, fragte Ruki nach einiger Zeit und der andere nahm wieder Blickkontakt auf. „Ich brauche jetzt echt einen guten Rat … ich will Aoi nicht verletzen, aber …“, er schluckte und sah den anderen erwartungsvoll an.
 

„Du solltest mit Miyavi reden …, wenn du dich nicht traust anzurufen, auf meinem Geburtstag …“ Der brünette blinzelte einmal kurz und strich Ruki dann lächelnd über die Wange

„Ich weiß du willst Aoi nicht wehtun, aber man kann Liebe nicht erzwingen … wenn Miyavi seine Gefühle nicht erwidert, bringt es ihm auch nichts, wenn du dich von ihm fernhältst … da muss er wohl durch …“ Uruhas Stimme war immer leiser geworden und Ruki betrachtete ihn nachdenklich.
 

„Ist alles okay?“, fragte er schließlich und Uruha brauchte wieder einen Augenblick, bis er leicht lächelte.

„Ja, … ich … muss wieder los. Ich lass dir die Liste hier und das andere Zeug auch. Falls du was findest, was nicht passt ruf mich an“, er hatte sich erhoben und hielt sich bei diesen Worten seine Finger neben ein Ohr, als wären sie ein Handy, „und iss nicht so viel Schokolade, oder so … lass den Kopf nicht hängen das wird schon. Einer von uns hat es schließlich verdient glücklich zu werden … wir sehn uns, bye!“, und schon war er aus der Haustür verschwunden und Ruki blinzelte ihm nur verwirrt hinterher. Einer von uns? Was sollte das denn wieder heißen?
 

Er schnappte sich seine Wolldecke und zog sie sich bis zu den Ohren hoch.

Er war verliebt.

Als wäre sein Leben nicht schon bescheuert genug, verliebte er sich ausgerechnet in den Kerl, den er am Anfang so wenig gemocht hatte. Das Leben schien sich wirklich über ihn lustig zu machen.

Er kauerte sich noch kleiner zusammen. Obwohl sein Herz noch immer schmerzte, war da tief in ihm noch ein anderes Gefühl.

Eine seltsame Art von Nervosität und Sehnsucht. Kein Wunder, dass er nicht von alleine darauf gekommen war, bei Uruha hatte es sich ganz anders angefühlt.

Ruki biss sich auf die Lippe. Also Uruhas Geburtstag. Er würde mit Miyavi reden ... Ruki hoffte inständig, dass der andere ihn überhaupt noch wollte, jetzt wo er endlich wusste, was er wollte.

Der Kellner und der große, böse Wolf

Diese furchtbare Nervosität steigerte sich von Tag zu Tag, bis sie am Abend von Uruha’s Geburtstagsparty ihren Höhepunkt erreicht hatte. Ruki rannte wie ein aufgescheuchtes Huhn durch seine ganze Wohnung, unfähig sich auch nur einen Moment hinzusetzten.

Das in Reichweite gerückte Widersehen mit Miyavi machte ihn zu einem nervlichen Wrack und, dass er Aoi jetzt nicht einmal mehr in die Augen sehen konnte, machte es auch nicht besser.
 

Er fühlte sich irgendwie hinterhältig, aber er wollte ja nur mit Miyavi reden und außerdem hatte Uruha Recht.

Wenn Miyavi Aoi nicht wollte, würde er auch nicht plötzlich Gefühle für ihn entwickeln, nur weil Ruki sich von ihm fernhielt.

Er musste einfach daran glauben, dass es so das Beste für alle war. Auch für Aoi.
 

Neuerdings war sein Kopf völlig leer und es kostete ihn viel Anstrengung und Konzentration nichts zu vergessen.

Wie zum Beispiel sich etwas anderes anzuziehen, als seine blaue Jogginghose und das riesenhafte Sweatshirt mit einer Karotte vorne drauf, das er momentan trug.
 

Ihm war zudem bewusst geworden, dass seine Tollpatschigkeit wohl durch einen seltsamen genetischen Zufall mit seinen Gefühlen gekoppelt sein musste, denn erst seit seinem Gespräch mit Uruha, das ihm ja komischer Weise wieder gute Laune verschafft hatte, war er auch wieder der Schussel vom Dienst. Was sich grade in diesem Moment wieder eindrucksvoll zeigte.
 

Er hatte die Karotten-Pulli-Wechselaktion in Angriff genommen, sich nach einem schwarzen Hemd gestreckt und dabei das obere Fach seines Kleiderschranks irgendwie gelöst, woraufhin Massen an Stoff sich wild brüllend auf ihn gestürzt hatten, um ihn unter sich zu begraben.

Innerhalb weniger Minuten war er also fast an Baumwollfasern erstickt und hatte gleichzeitig sein Zimmer so dermaßen unordentlich gemacht, wie noch nie zuvor. Aber zum Aufräumen hatte er auch keine Zeit mehr.
 

Strategisch klug, hatte er sich nämlich überlegt relativ früh bei Uruha aufzutauchen, damit er Miyavi nicht verpassen konnte, was seiner Planung nach neun Uhr bedeutete.

Und jetzt war es schon zehn vor neun und er musste ja auch noch mit der Straßenbahn zu Uruha’s Wohnung fahren.
 

Uruha wohnte im 9. Stock eines riesigen, unheimlich modernen Gebäudes am Stadtrand und Ruki dachte mal wieder darüber nach, wie hoch wohl Uruhas Miete war, als er im Fahrstuhl stand, um zu dessen Wohnung empor zu fahren.

Es gab jeweils nur eine Wohnung auf einer Etage und das führte dazu, dass sie erschreckend riesig waren.
 

Ein leises Pling ertönte, als sich die Fahrstuhltüren öffneten und Ruki klappte der Mund auf, als er den Lärm vernahm, der durch die Tür ihm gegenüber drang.

Damit war sein Plan wohl beerdigt. Resignierend klingelte er und kurze Zeit später wurde ihm von einem freudig strahlenden Uruha die Tür geöffnet.

„Ruki!!! Willkommen auf meiner Party!“, rief er aus und zog Ruki in eine Umarmung.

„Hey! Happy Birthday, noch mal ...“
 

„… scheint ja schon ziemlich … voll zu sein“, nuschelte der Blonde, als Uruha ihn durch seinen Flur in Richtung Wohnzimmer zog, aus dem dröhnende Musik und Stimmengewirr zu hören waren.

„Ja“ der Gitarist gluckste zufrieden „Ich hätte wohl nicht dazu schreiben sollen, dass es Freibier gibt. Die standen alle schon um sieben auf der Matte und inzwischen kann nur noch die Hälfte von denen stehen.“
 

Uruha schien das ganze sehr vergnüglich zu stimmen, aber Ruki sah seine Chance Miyavi in dieser Masse von Leuten zu finden, auf ein Minimum schrumpfen. Was wenn er ihn nicht fand? Bei ihm anzurufen würde er sich wahrscheinlich nie trauen.
 

„Ich hab ihn eben irgendwo dahinten gesehen“, flüsterte der Brünette ihm nun ins Ohr und Ruki zuckte merklich zusammen, um dann rot anzulaufen.

„Was? Wen?“, sagte er bemüht beiläufig und winkte kurz Kai zu, der sich weiter hinten mit Nao, dem Drummer von alice nine, unterhielt.

Uruha stach ihm mit dem Zeigefinger schmerzhaft in die Seite. „Ja, ja! Ich kümmere mich dann mal wieder um meine anderen Gäste … viel Glück!“, und so verließ er ihn.
 

Ruki stand bewegungslos mitten im Raum und starrte in die Richtung, die Uruha ihm eben noch gewiesen hatte. Miyavi konnte er nicht entdecken, aber es war auch wirklich ziemlich voll und das Licht eine Mischung aus Dämmerlicht und grellen Scheinwerfern, wie in einer Disco.

Sein Herz beschleunigte seine Frequenz und er begann nervös auf seiner Unterlippe zu kauen.
 

Dann entschloss er sich, erstmal mit einem Bier seine Nerven zu beruhigen und stellte überrascht fest, dass Uruha keine Kosten und Mühen gescheut hatte.

Er hatte doch tatsächlich einen Partyservice engagiert und nun reichte ihm ein junger Mann in weißem Hemd, schwarzer Weste und ebenso schwarzer Hose freundlich lächelnd eine Flasche über eine Art Tresen.
 

Nach drei weiteren Bier fühlte sich Ruki gewappnet und der junge Kellner schien sichtlich erleichtert ihn wieder loszuwerden. Dabei hatte Ruki ihm gar nicht so viel erzählt.

Er hatte sich lediglich gerechtfertigt, dass seine Gefühle für Miyavi ja nicht schlecht waren und er auch gar nichts dafür konnte und, dass Aoi das sicher verstehen würde, oder ähnliches.

Genau wusste er das auch nicht mehr, denn Alkohol beeinflusste immer stark seine Wahrnehmungskraft, aber so etwas in der Art hatte er wohl vor sich hingebrabbelt.
 

Ruki machte sich auf in die Gegend, in der Miyavi angeblich gesichtet worden war, allerdings schien der inzwischen schon wieder wo anders zu sein.

Verdammt, er hätte die Ortsangabe nicht veralten lassen sollen. Jetzt musste er sich durchfragen, oder alles absuchen und das beanspruchte Zeit, was bedeutete, dass auch die beruhigende Wirkung des Biers abnehmen würde.
 

Ruki seufzte und ließ sich in einen Sessel sinken.

„Hey, Ruki! Lange nicht gesehen, wie geht’s dir?“

Er drehte langsam den Kopf und erblickte ihm bekannte große dunkle Augen, die zu ihm hinuntersahen.

„Oh, hallo Shou. Äh ja, ganz gut“, entgegnete er und versuchte möglichst freundlich das Lächeln des anderen zu erwidern, „Und dir so?“
 

Ruki wusste, dass das ziemlich armseliger Smalltalk war, aber er war einfach nicht in der Stimmung sich zu unterhalten, außer mit Miyavi, aber den konnte er ja nirgends entdecken.

„… sucht du jemanden?“, fragte Shous Stimme und Ruki sah ihn verwirrt an. Er hatte ihn schon fast wieder vergessen und ihm unhöflicher Weise auch nicht zugehört.

„Nein!“, sagte er und schlug nervös seine Beine übereinander, wobei er mit seinem Knie gegen seine Flasche Bier stieß und dessen Inhalt sich über seine Hose ergoss.
 

„Mist!“, fluchte Ruki laut, sprang auf und betrachtete mit hoch rotem Kopf den Schaden. So was musste auch immer ihm passieren.

Shou sah ihn auch schon so mitleidig an, als hätte er sie nicht mehr alle. Na wunderbar.

„Ich geh mal auf die Toilette …“, murrte Ruki vor sich hin, während er seine, nun nur noch halb volle, Flasche auf einem Tisch abstellte.

„Okay, wir sprechen uns noch …“, entgegnete Shou freundlich lächelnd und Ruki machte sich möglichst schleunig aus dem Staub.
 

Zum Glück stand das kleine Schildchen über der Türklinke der Toilettentür auf grün, hätte er mit seiner peinlich nassen Hose noch vor der Tür warten müssen, hätten Zuschauer sicher sonst was von ihm gedacht.
 

Er drückte die Tür auf, trat ein, schloss sie wieder hinter sich und erstarrte.

Es war, als würde er in ein tiefes schwarzes Loch fallen. Sein Herz schrie schmerzerfüllt auf, doch sein Gehirn schien sich abgeschaltet zu haben und mit ihm sein kompletter Körper.

Er stand einfach da und starrte die beiden Männer an, die eng umschlungen an der Wand zu seiner rechten standen und wild knutschten.
 

Das Hemd des kleineren war offen und doch erkannte Ruki noch die Uniform des Partyservicedienstes.

Der Typ öffnete nun kurz die Augen und die schmatzenden Geräusche erstarben, als er sich von seinem schwarzhaarigen Gegenüber löste und Ruki entsetzt anstarrte.

Absolute Stille trat ein, in der Ruki nur leise sein Herz zersplittern hörte, aber sonst schien das niemand zu hören.

Er sah Ruki nicht einmal an. Er hatte den Kopf nur leicht gesenkt, sodass seine schwarzen Haare sein Gesicht verdeckten.
 

„Hier ist besetzt“, sagte Miyavis Stimme, die von einer solchen Kälte erfüllt war, dass Ruki ein Schauer über den Rücken lief.

„Ent …“, flüsterte er schwach. Seine Arme fühlten sich wie Blei an, als er die Tür wieder öffnete und in die dröhnend gute Stimmung heraus trat.
 

Wo war die ganze Luft hin? Er hatte das Gefühl nicht mehr atmen zu können. Raus. Sein einziger Gedanke war, er musste hier raus, sonst würde er ersticken.

Er taumelte halb blind durch die Menge und durchtrat die nächste Tür auf die er stieß. Sie fiel laut hinter ihm ins Schloss und kurz sah er Uruha und Aoi, die ihn erschreckt ansahen.

Er wollte etwas sagen, aber sein Hals war zu trocken und er hatte sowieso keine Worte mehr in seinem Kopf, die er hätte aussprechen können.
 

Er war in Uruhas Küche, aber er wusste, dass hier eine Tür zum unbenutzten Treppenhaus war. Also taumelte er auf sie zu. Er hörte Uruhas Stimme, aber er verstand nicht, was er zu ihm sagte und es kümmerte ihn auch nicht. Er musste hier raus.
 

Ruki stürzte ins Treppenhaus, klammerte sich am Geländer fest und versuchte trotz der Tatsache, dass sich alles drehte die Treppe nach unten zu steigen.

Fast wäre er erneut gestürzt, aber energische Hände hielten ihn an den Armen fest und setzten ihn auf den Boden.
 

Uruha kniete sich vor ihn und betrachtete ihn besorgt.

„Hey Kleiner, was ist los?“
 

Ruki schluckte. Kleiner, das hatte Miyavi auch oft zu ihm gesagt. Sein Herz tat so weh, am liebsten hätte er es sich herausgerissen. Das Bild von Miyavi und diesem Kellner tauchte wieder vor seinem inneren Auge auf und ihm wurde übel.

Er schloss seine brennenden Augen und spürte, wie ihm Tränen über die Wangen liefen. Na super, jetzt heulte er schon wieder Uruha wegen diesem Idioten voll.
 

„Ruki! Sag es mir. Warum weinst du?“, fragte Uruha nun energischer und Ruki spürte, dass er ihn an den Schultern gepackt hatte. Er schüttelte nur schwach den Kopf.

„… er … und … Kellner … Toilette … haben …“, stammelte Ruki zusammenhanglos, aber er konnte es nicht aussprechen, schon die Gedanken daran brachten ihn fast um.

Uruha schien einen Moment zu brauchen, aber dann machte es klick und er stand ruckartig auf, sodass Ruki ungestützt nach vorne sackte.
 

„Ich mach ihn fertig!“, schrie Uruha und Ruki zuckte zusammen. Der andere stürmte an ihm vorbei, doch Aoi schien ihn oben an der Treppe zurückzuhalten, denn Uruha schrie ihn ungehalten an. „WAS?“
 

Ruki wollte sich gar nicht vorstellen, was Uruha mit Miyavi anstellen würde, so sauer wie er war, aber er durfte das nicht. Er durfte ihn nicht verletzten, immerhin war Ruki ja selber schuld.

Er hatte ihn abgewiesen und der Solist hatte sich nur einen anderen gesucht. Vielleicht um sich abzulenken, aber das bezweifelte Ruki.

Diese kalte Stimme. Er hatte wohl doch nicht so viel für ihn empfunden, sonst hätte er auf ihn zustürmen müssen, um sich zu entschuldigen. So war es doch immer in Filmen, wenn einer den anderen betrog.
 

Aoi redete leise und eindringlich auf Uruha ein, aber Ruki verstand nur die Hälfte seiner Worte. „… bring Ruki erstmal nach Hause, in dem Zustand braucht er einen Freund … ich kümmere mich um Miyavi, immerhin ist das quasi meine Schuld …“

„Was meinst du damit?“, zischte Uruha, aber eine Antwort kam nicht zurück, stattdessen fiel die Tür ins Schloss und kurz darauf spürte Ruki wie Uruha ihm die Hände von den Augen zog.
 

„Komm schon, ich bring dich erstmal nach Hause …“, sagte er und seine Stimme war längst wieder sanft und tröstlich.

Er zog ihn auf die Beine und führte ihn schweigend durch seine Wohnung zu seinem Auto.

Kein Ton kam über Uruhas Lippen, als sie im Auto saßen und Ruki war ihm sehr dankbar dafür. Grell leuchtende Werbeschilder machten die Nacht zum Tag und der Sänger starrte sie an, ohne sie wirklich zu sehen.

Er fühlte sich leer und obwohl die Farben und Lichter ihm Kopfschmerzen bereiteten, traute er sich nicht die Augen zu schließen, aus Angst vor dem Film, dem ihm sein Kopf dann zeigen würde.

Stimmengewirr

Ruki musste wohl geschlafen haben, oder vielleicht war er auch ohnmächtig gewesen? Genau wusste er es nicht, aber auf jeden Fall konnte er sich nicht mehr erinnern, wie er aus Uruhas Auto in sein Bett gekommen war.
 

In seinem Kopf puckerte das Blut schmerzhaft laut und ihm war übel. Gedankenversunken starrte er seine Schlafzimmerdecke an. Aber eigentlich sah er sie gar nicht. Er sah Miyavis Hände auf der nackten Haut des anderen Mannes, er sah wie sich ihre Lippen trafen, er sah Miyavis kalte Augen, obwohl er sie gar nicht wirklich gesehen hatte. Doch seine Stimme, die hatte er gehört. Wenn er an diese eiskalte Stimme dachte, schrie etwas in ihm wimmernd auf.
 

Verliebt sein war beschissen und so fühlte er sich jetzt auch. Ihm tat einfach alles weh und ihm war so übel, wenn er an Miyavi dachte und ihm wurde noch übler, wenn er darüber nachdachte, dass er sich das alles selbst zuzuschreiben hatte.
 

Es wäre so viel leichter, wenn er Miyavi die alleinige Schuld zuschieben könnte, aber ein Teil von ihm wusste genau, dass er angefangen hatte mit dem Verletzen. Und das brachte ein großes Problem. Wen sollte er denn jetzt dafür hassen?
 

Ruki drückte sich sein Kissen aufs Gesicht, um die Stimmen in seinem Kopf zu ersticken, aber das wollte einfach nicht gelingen. Also stand er auf, was sich als gar keine leichte Angelegenheit herausstellte.

Ihm war nicht nur übel, sondern nun, da er in senkrechter Position zum Fußboden ausgerichtet war, auch schwindelig. Vielleicht hätte er weniger trinken sollen, aber ob es ihm dann besser gehen würde war noch eine andere Frage.
 

Als er an seinem Spiegel vorbeitapste realisierte er erst, dass er andere Sachen trug, als die, mit denen er seine Wohnung verlassen hatte. Uruha musste ihn umgezogen haben, da er sich ja Bier über die Hose geschüttet hatte, was ihn wieder zu Miyavi und dem Kellner brachte, weswegen er seine Schritte beschleunigte und vom Halbdunkel seines Schlafzimmers ins grelle Licht des Wohnzimmers trat.

Uruha war ein echter Freund und Ruki fühlte sich so schrecklich lästig, als er seine Waschmaschine im Badezimmer lautstark arbeiten hörte. Außerdem roch es nach Reis und gebratenem Gemüse. Uruha kochte für ihn und das, obwohl er ihm die Party versaut hatte und Ruha ihn höchstwahrscheinlich auch noch die Treppen hatte hochtragen müssen.
 

Barfuss schlich er durch seinen Wohnraum zur Küche, aus der er die Stimme seines besten Freundes hörte.

„... du hast ihn immer noch nicht gefunden? Der kann sich doch nicht in Luft auflösen!“

Ruki blieb im Türrahmen stehen und sah, dass Uruha sein Handy zwischen Ohr und Schulter eingeklemmt hatte, während er mit zwei Pfannen hantierte.

„Hmm … ich sage dir, wenn ich ihn vor dir finde, dann gnade ihm Gott! … Mag ja sein, aber dann verstehe ich ihn erst recht nicht! ... Auf dich bin ich auch immer noch sauer, also bild dir ja nichts ein und finde ihn endlich!“ Uruha ließ eine Pfanne sinken und legte energisch auf, ehe er sein Handy auf die Arbeitsplatte pfefferte.
 

„Danke ...“, murmelte Ruki, woraufhin sich Uruha umdrehte und ihn anstrahlte.

„Du bist wach! Perfekt, ich bin gleich fertig, dann können wir essen!“, sagte er triumphierend und Ruki betrachtete misstrauisch die Herdplatte.

„Okay ...“, sagte er dann nur schwach und ließ sich an seinen kleinen Küchentisch sinken.

Der Brünette zog die Brauen hoch und legte den Kopf schief. „Sonst fragst du mich immer, ob ich uns umbringen will, wenn ich koche ...“, meinte er dann vorwurfsvoll und Ruki zuckte mit den Schultern. „Riecht ganz gut“
 

Uruha schien diese Antwort nicht grade zu befriedigen, denn er murrte kurz und stellte dann die Herdplatten ab, zog zwei Teller aus dem Schrank und schaufelte sein Essen darauf.

„Hast du mich die Treppe hochgetragen?“, fragte Ruki leise, als der andere ihm einen Teller vor die Nase stellte und sich ihm gegenüber nieder ließ.

Uruha lachte kurz auf. „Ich bin doch nicht lebensmüde! Du bist selbst gelaufen!“

Wenigstens etwas, dachte Ruki und stocherte mit seinen Stäbchen in der Ladung Reis vor seiner Nase herum.
 

Er hatte einfach keinen Appetit, aber wenigstens Uruha schien es zu schmecken. Ruki warf dem Handy, das noch immer auf der Arbeitsfläche lag einen kurzen Blick zu und begann dann mit einem Stückchen Möhre auf seinem Teller zu spielen.

„War das eben Aoi?“, fragte er dann und spürte, wie Uruha ihn nachdenklich musterte.

„Jap“, sagte er schließlich und steckte sich noch einen Bissen in den Mund, ohne Ruki aus den Augen zu lassen.
 

Ruki schwieg einen Moment und dachte darüber nach, was er mit angehört hatte. Ihm war klar über wen die beiden gesprochen hatten und er wusste, dass er das nicht so stehen lassen wollte. Uruha wusste eben nicht alles, was er zu dem Thema wissen musste. „Ruha? Sei nicht sauer auf Miyavi, ja?“

Der Gitarist verschluckte sich an seiner Ladung Reis und hüstelte leicht. „Wie bitte? Spinnst du? Das was der gemacht hat ist doch wohl unter aller Kanone ... wieso schüttelst du den Kopf?“
 

Ruki überlegte einen Moment, wie er es am Besten sagen sollte. „Weißt du noch der Tag, an dem du mich besucht hast, weil ich so lange krank war?“

Uruha nickte, doch sein Blick war zweifelnd.

„Vorher hatte ich ...naja, ich hab Miyavi abserviert, weil ich wusste, dass Aoi in ihn verliebt ist und ich war ... ein echtes Arsch ...“

„Ach komm!“, unterbrach ihn der andere lachend „Du und ein Arsch?“
 

„Nein echt!“, beharrte Ruki und sah seinen besten Freund durchdringend an, „ich war mies, total mies und dann hat er mir gesagt, dass er mich liebt und ich … ich meine er ist gegangen, aber ich hatte es nicht erwidert, weil ich mir da noch nicht bewusst war, was ich für ihn empfinde. Ich habe ihn verletzt, Ruha! Du hättest mal sein Gesicht sehen sollen ... ich bin ein Arsch ... und ich hab verdient was Miyavi gemacht hat ... weil ich ihm wehgetan habe ... und jetzt schickst du auch noch Aoi auf die Suche nach ihm, grade Aoi! Erwartest du etwa, dass Aoi Miyavi für mich zur Rechenschaft zieht? Das ist echt unfair von dir, Ruha, wo ich dir doch gesagt habe, dass Aoi auch in Miyavi verliebt ist und ... was?“
 

Uruha hatte ihn am Arm gegriffen und auf die Beine gezogen und nun schleifte er ihn durch sein Wohnzimmer bis zur Haustür, wo sich Ruki am Türrahmen festhielt, damit die Aktion nicht noch weiter ging.

„Was soll das?“, murrte er entrüstet, aber Uruha grinste nur geheimnisvoll.

„Ich sorge jetzt dafür, dass du wieder klar siehst!“, sagte er dann bestimmt und Ruki war so verwirrt, dass er den Türrahmen losließ und bis zu Uruha’s Auto gezogen wurde.
 

Das Sonnenlicht war noch unfreundlicher, als das Wohnzimmerlicht und er stellte mit Entsetzten fest, dass es schon drei Uhr nachmittags war, als er zur Uhr in der Nähe der Tachoanzeige sah.

Sie fuhren auf direktem Weg zum Gebäude der PS Company und das stimmte Ruki gar nicht freudig.
 

Inzwischen hatte die Wut auf Uruha seinen Liebeskummer für einen Moment zur Seite gestellt und er grummelte beleidigt vor sich ihn. Immerhin war er immer noch barfuss, aber das schien den anderen ja kein bisschen zu kümmern, genauso wenig, wie die Tatsache, dass Ruki überall hinwollte, nur nicht zur PSC, wo er Gefahr lief Miyavi zu begegnen und diese Begegnung würde ihn sicher umbringen!
 

Uruha parkte das Auto und störte sich nicht an Ruki’s schlechter Laune, als er ihn über den Parkplatz und in einen freien Fahrstuhl dirigierte. Dümmlich dudelnde Hintergrundmusik erfüllte den kleinen Raum, was Ruki nur noch aggressiver machte. Er hatte Liebeskummer! Da lag man normalerweise zu Hause vorm Fernseher und fraß Kiloweise Schokolade, aber man rannte sicher nicht ohne Schuhe zu seiner Arbeitsstelle.
 

„Ist dir eigentlich aufgefallen, dass ich barfuss bin?“, knurrte er in Uruha’s Richtung, der sein Handgelenk in einem unbrechbaren Klammergriff hielt.

„Das fördert die Durchblutung!“ Und damit hatte der Brünette die dümmste aller Antworten gefunden, was Ruki nur noch mehr knurren ließ.
 

Uruha kickte elegant die Tür zu ihrem Probenraum auf, was ihm entsetzte Blicke einbrachte. Anscheinend hatten seine Bandkollegen keine Hobbys, denn die waren, zu Ruki’s Überraschung, alle anwesend.

Kai saß auf dem Sofa, auf dem Schoß einen Terminkalender; Reita zog neue Saiten auf seinen Bass und Aoi hielt sein Handy in der Hand, als wäre er grade dabei zum tausendsten Mal Miyavis Nummer zu wählen, was wahrscheinlich auch so war.
 

„Und was bringt mir das jetzt?“, fragte Ruki genervt, als er spürte, wie Reita stirnrunzelnd seine nackten Füße begutachtete. Er sah sicher schrecklich aus und schlecht war ihm auch schon wieder.

Uruha schob ihn noch ein Stück weiter in den Raum, bis er direkt vor Aoi stand, den Ruki ja eigentlich nicht ansehen wollte, und stellte sich dann mit verschränkten Armen neben den beiden auf. Ruki schaute weiter auf seine Füße, während Aoi Uruha fragende Blicke zuwarf.
 

Uruha seufzte entnervt „Also schön, dann mach ich das halt auch noch!“ Er holte tief Luft und Ruki hatte ein ungutes Gefühl, so als würde das gleich noch viel peinlicher werden, als nur barfuss durch die Stadt zu rennen

„Ruki hat Miyavi einen Korb gegeben, weil er dachte, dass er dir damit einen Gefallen tut, was der Grund dafür zu sein scheint, dass Miyavi auf meinem Geburtstag mein heiliges Bad entweihen wollte!“
 

Ruki spürte eindeutig, wie er rot wurde, als Aoi immer noch verwirrt zwischen Uruha und ihm hin und her sah. „Und ... wieso tust du mir damit einen Gefallen?“, fragte er schließlich und Ruki griff mit seiner rechten Hand Halt suchend an seinen linken Oberarm.

„Weil du in Miyavi verliebt bist?“, nuschelte er so leise, dass er fast befürchtete Aoi hätte ihn nicht verstanden. Einen Moment herrschte absolutes Schweigen und Ruki war sich sicher, dass Kai und Reita bei diesem ganzen Gespräch nicht so wirklich durchblickten.
 

„Wie kommst du denn auf die Idee? Ich ... bin doch nicht in Miyavi ... wie kommst du da drauf?“, fragte Aoi perplex und Ruki war so überrascht, dass er zu ihm aufsah.

„Bist du nicht?“, krächzte er und Aoi schüttelte energisch den Kopf.

„A-aber ... ich hab doch gehört wie du gesagt hast "Er hat sich mit Miyavi getroffen" und "wieso tut er das, er weiß doch, dass ich ihn liebe" oder so ...“, stotterte Ruki.
 

Aoi sah ihn einen Moment erschrocken an und sah dann peinlich berührt an die Wand rechts von ihm. Seine Wangen hatten sich rötlich verfärbt, was Ruki jetzt absolut verwirrte.

„Ich ... meinte mit ihn nicht Miyavi ... ich meinte ...“, er schluckte und Rukis Herz begann zu rasen, warum wusste er auch nicht genau, aber eins wusste er, sobald dieser Satz zu Ende gesprochen war, war er der einzige, der in Miyavi verliebt war. Er allein.
 

Aoi atmete tief ein, aber seine Stimme klang belegt, als er weiter sprach „Ich meinte Uruha!“
 

Jetzt war Ruki wirklich baff. Und er schien nicht der einzige zu sein. Reita war alles aus dem Gesicht gefallen und er starrte die drei nur mit offenem Mund an und Kai war fast noch roter im Gesicht als Ruki und Aoi zusammen, nur Uruha schien die ganze Situation zu belustigen, was Ruki gar nicht nachvollziehen konnte, da Aoi grade zugegeben hatte in ihn verliebt zu sein.
 

Ihm schwirrte der Kopf, aber gehörig! Total benebelt schwankte er zur Couch und ließ sich neben Kai fallen. Ruki musste sich das jetzt alles noch einmal ganz genau darlegen, also, Uruha hatte sich mit Miyavi getroffen und Aoi war deswegen sauer auf Miyavi gewesen, nicht auf ihn. Das bedeutete aber auch, dass er Miyavi ganz umsonst verletzt hatte und somit war er wirklich alleine schuld an diesem ganzen Chaos.
 

Ruki ließ seinen Kopf in die Hände sinken und seufzte. „Ich bin so ein Idiot!“

Eigentlich wollte er jetzt gerne ein paar aufmunternde Worte hören, aber den Gefallen tat ihm Uruha nicht.

„Ja bist du!“, sagte er stumpf und Ruki musste fast lächeln, „aber Miyavi auch. Ihr seid beide Idioten. Du hast ihn verletzt und dann hat er sich gerächt und zwar auf eine ziemlich dumme Art und Weise, aber na ja ...“
 

„Aber das bringt mir nichts ... er redet sicher nie mehr mit mir und ich ... woher willst du überhaupt wissen, dass die Aktion Rache war, vielleicht ... mag er den Kerl ja wirklich ...“, meinte Ruki etwas verzweifelt.

„Ach ich bitte dich, man meint es nicht ernst, wenn man auf einer Toilette rummacht!“, entrüstete sich Uruha und erntete zustimmendes Nicken von Reita, der erfreut schien, dass er wenigstens einen Teil dieses Gesprächs nachfühlen konnte.
 

„Und was soll ich jetzt machen?“ Ruki fühlte sich immer noch hilflos. Plötzlich spürte er Kai’s Hand auf seinem Rücken und sah den Bandleader überrascht an.

„Vielleicht solltest du dir erstmal überlegen, ob du ihm verzeihen kannst ...“, sagte er ruhig. Darüber hatte Ruki noch gar nicht nachgedacht. Immerhin war das was Miyavi getan hatte wirklich fast unverzeihlich gewesen.
 

Kai wartete noch einen Moment, aber da Ruki nichts sagen zu wollen schien sprach er weiter „Und wenn du ihm verzeihen kannst, solltest du mit ihm reden, ihm alles erklären.“

Uruha nickte zustimmend und Ruki fühlte sich etwas wie beim Psychologen, nur, dass er nicht auf der Couch lag, sondern saß.

„Okay“, sagte er matt. Er fühlte sich total ausgepowert und überfordert. Er wollte jetzt erstmal einfach nur schlafen. Da kam ihm noch ein Gedanke und er sah Uruha verzweifelt an.
 

„Aber ... wie soll ich mit ihm reden, wenn er nicht mal auf Aois Anrufe hört?“

Bedächtiges Schweigen trat ein in dem Uruha Aoi einen kurzen Blick zuwarf, der den schwarzhaarigen erneut leicht erröten ließ.

„Uns fällt schon was ein!“, meinte Uruha dann nur siegessicher und grinste Ruki zufrieden an.

Itoshii Hito

Es hatte etwas vom Warten auf das Christkind. Ruki saß wie auf heißen Kohlen, sein Handy, zu allem bereit, in den Händen und wartete gespannt darauf, dass etwas passierte. Wie genau das aussah wusste er auch noch nicht, aber es musste ihm irgendwie von Uruha und Aoi zugetragen werden. Immerhin hatte Uruha ihm versprochen, dass ihm etwas einfallen würde und am Liebsten würde Ruki Miyavi direkt sehen.
 

Er war nämlich schon begierig darauf Kai’s zweiten Rat in die Tat umzusetzen. Die Sache mit dem Verzeihen hatte er während eines eintägigen Aufenthalts im Bett mit sich ausgemacht und war zu dem Schluss gekommen, dass er Miyavi fast alles verzeihen würde.

Er hatte ihn schwer verletzt, aber trotzdem, alles was Ruki wollte, war Miyavi wiedersehen.

Es war sogar schon so schlimm, dass er von ihm träumte, was ihm fast peinlich war. Nicht, dass seine Träume so peinlichen Inhalts waren; er träumte davon mit Miyavi in seinem Wohnzimmer zu sitzen und Filme zu sehen, oder mit ihm im Café gegenüber Kuchen zu essen.

Er sehnte sich einfach nach seiner Gegenwart, seinem verschmitzten Lächeln, seinen glitzernden Augen, sogar nach seinen dummen Sprüchen - einfach peinlichen Dingen.
 

Ruki hatte noch nie so für jemanden empfunden und nun wollte er sich möglichst schnell mit Miyavi aussprechen, damit alles wieder gut wurde. Wie in einem dieser Märchen, auch wenn er natürlich wusste, dass nichts im Leben einfach war, vor allem nicht in seinem eigenen.
 

Er hätte fast vor Freude aufgeschrien, als es plötzlich schrillend klingelte. Wie vom Schlag getroffen sprang er auf und hastete zu seiner Wohnungstür, drückte den Summer und hasste seinen Vermieter dafür, dass sein verdammter Aufzug immer noch nicht repariert war.

Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, bis endlich ein schwarzer Haarschopf, gefolgt von einem braunen seine Treppe empor stiegen.
 

Schon allein ihr Anblick brachte Ruki fast dazu Aoi und Uruha abzuknutschen, aber das hielt er dann doch für etwas übertrieben, obwohl der Brünette verheißungsvoll grinste.

Wild mit den Armen rudernd scheuchte er sie in sein Wohnzimmer und platzierte sie auf seinem Sofa, während er unruhig vor ihnen stehen blieb, und mit den Händen rang.

Aoi sah ihn mit hochgezogenen Brauen an, als wollte er ihm vermitteln, dass er ihn eindeutig für geisteskrank hielt, aber das kümmerte Ruki herzlich wenig.
 

„Und?“, sagte er erwartungsvoll und musterte seine Besucher, als hätten sie Miyavi vielleicht in einer ihrer Jackentaschen versteckt.

„Setzt dich doch erst mal, Ruki“, sagte Uruha. Aoi schüttelte nur leicht den Kopf, während der Brünette weiter grinste. Widerwillig setzte Ruki sich in einen Sessel und starrte sie weiter gespannt an.

„Also, wir haben lange überlegt …“, begann Uruha, um sich dann mit einer dramatischen Pause zu unterbrechen.
 

„Ja?“, drängelte Ruki weiter. Warum musste Uruha nur so ein Sadist sein?

„… es war wirklich schwer, vor allem, da Miyavi immer noch nicht an sein Handy geht … wahrscheinlich hat er’s im Klo runtergespült …“, überlegte Uruha lachend, „egal, auf jeden Fall ist uns dann eine Idee gekommen …“

Er sah Aoi an, der sofort das Wort ergriff „Miyavi hat mir vor einiger Zeit mal ne Backstagekarte für sein Konzert in Tokyo geschenkt … aber ich denke, dich würde er lieber sehen“, sagte er und überreichte Ruki eine Karte. Der musterte sie verwirrt. An solche Karten zu kommen war wirklich kein Kunststück, wenn man beim selben Label war.
 

„Das Konzert ist heute Abend“, ergänzte Uruha und Ruki schluckte schwer.

„Heute?“, krächzte er. Er wollte Miyavi sehen, aber doch nicht gleich sofort!
 

„Du schaffst das schon!“, sagte Uruha, als er Ruki’s verzweifelten Blick sah.

Aoi legte den Kopf schief und grinste dann breit, was Ruki irgendwie in diesem Augenblick verstörend fand „Mach dir nur nicht so viele Gedanken. Ich habe gesagt, er will dich lieber sehen als mich und damit bin ich mir absolut sicher. Geh einfach hin, dann wird das schon … manchmal muss man erst über seinen Schatten springen, damit es was wird …“, er warf Uruha einen kurzen Seitenblick zu, was Ruki zum Lächeln brachte.

Man konnte fast spüren, wie es zwischen den beiden knisterte und Ruki freute sich ehrlich für sie.
 

„Sagt mal …“, sagte er dann und beugte sich leicht vor, „Seid ihr jetzt zusammen?“

Aoi schien diese Frage recht peinlich zu sein, immerhin war er bislang noch nicht wirklich in die Richtung Mann liebt Mann aufgefallen, und so wurde er rot. Und als Uruha dann auch noch seine Hand ergriff, hatte er was von einer Tomate. Ruki lachte. Es musste schön sein, wenn alles so einfach war.

„Versteh schon … ihr seid schon niedlich!“, informierte er sie dann lachend, woraufhin Uruha ihm die Zunge rausstreckte.

„Komm, auf geht’s, Kleiner!“
 

Uruha war noch so nett Ruki vor der Konzerthalle abzusetzen, aber eigentlich wollte Ruki das Auto gar nicht verlassen. Er war viel zu nervös. Doch es half nichts, Uruha war eben ein Sadist.

Das Konzert hatte schon angefangen, also versuchte Ruki möglichst unauffällig, mit Sonnenbrille, in Richtung Backstagebereich zu kommen. Die Massen tobten, die Musik dröhnte und Ruki wäre von Miyavi’s Anblick auf der Bühne fast umgefallen.

Buntes Licht glühte auf seiner hellen Haut und ein amüsiertes Grinsen umspielte seinen Mund, als er sich zum Mikro vorbeugte. Eine Gitarre hing um seine Schulter und es schien, als wäre sein Körper damit zu einer geschmeidigen Einheit verschmolzen. Nur mit großer Mühe riss er sich von diesem faszinierenden Anblick los und betrat durch einen Seiteneingang geheiligten Boden.
 

Niemand fragte ihn nach seiner Karte, oder Ausweis. Selbst mit Sonnenbrille schienen ihn alle zu kennen und so gelangte er ungestört in den, vom Publikum aus, uneinsehbaren Bereich neben der Bühne. Er nahm seine Sonnebrille ab und lehnte sich lässig an die Wand, von wo aus er eine gute Aussicht auf den Solisten hatte.

Jedes Detail nahm er in sich auf, als wäre der andere eine Droge und er auf Entzug. Er nahm jede Bewegung seines Körpers wahr und beobachtete fasziniert, wie seine Finger spielerisch über den Hals der Gitarre tänzelten.
 

Zwei, drei Liedern konnte er ungestört lauschen, ohne dabei seine Augen von Miyavi lösen zu können. Seine Bühnenpräsens fesselte ihn voll und ganz, aber wahrscheinlich lag das einfach an der Tatsache, dass er Miyavi endlich wiedersah.

Dann, als die letzten Töne des dritten Liedes verklangen, die Fans laut kreischten und klatschten, warf Miyavi einen kurzen Blick in seine Richtung und ihre Augen zogen sich magisch an. Es war nur ein kurzer Moment, aber es lag so viel Überraschung darin, so viel Gefühl, dass es Ruki fast den Boden unter den Füßen wegzog. Er hielt automatisch die Luft an.
 

Dann wandte Miyavi sich wieder ab und Ruki schluckte schwer. „Schhht“, ließ der Solist plötzlich über sein Mikrofon verlauten und Ruki sah, dass er mit seinen Händen das Publikum anwies ruhig zu sein. „Für den nächsten Song müsst ihr alle ganz leise sein!“, sagte er und legte sich einen Finger auf die Lippen.

Langsam verstummte die Unruhe und alle sahen ihn erwartungsvoll an, genau wie Ruki.

Seelenruhig wechselte der Solist sein Instrument in eine Akustikgitarre um und trat wieder näher an das Mirko.
 

„Jeder Mensch hat jemanden, der ihm viel bedeutet, mit dem man verbunden ist, und auch, wenn manchmal etwas schief läuft, oder einfach alles, bleibt dieser Mensch doch immer das Wichtigste … for you, … itoshii hito!“
 

Und dann begann er ganz sanft zu singen. Ruki lehnte sich rücklings an die Wand, weil er das Gefühl hatte, dass sonst seine Beine nachgeben würden. Er schloss die Augen und jedes Wort das Miyavi sang drang in ihn ein, als wäre es ein unsichtbarer Lichtstrahl. Natürlich, er hatte es nicht direkt gesagt, aber trotzdem, diese Ansprache, sie war doch irgendwie nur für ihn gewesen. Ganz bestimmt, das fühlte er.
 

Tausende Schmetterlinge machten sich von seinem Magen aus auf den Weg seinen ganzen Körper zu erobern. Alles kribbelte und er fühlte sich plötzlich so wohl. Es war wie eine stumme Entschuldigung, wie eine körperlose Umarmung. Ruki hatte Gänsehaut und er wusste, dass er zitterte.
 

Langsam verklang das Lied und Ruki löste sich wieder von der Wand. Er wollte dieses wohlige Gefühl in seiner Magengrube behalten, darum ging er langsam durch die Gänge, bis zu Miyavi’s Garderobe.

Er wusste nicht genau, wie lange er dort auf einem kleinen Sofa saß und wartete, aber irgendwann öffnete sich die Tür und Miyavi trat ein. Seine Haut glitzerte vom Schweiß und seine Haare hingen ihm unbändig in die Augen. Er ließ seinen Blick durch den Raum schweifen und verharrte dann bei Ruki, der sich nun aufrecht hingesetzt hatte.
 

Rukis Herz schlug wild und er hatte das Gefühl gleich zu ersticken. Er wollte Miyavi umarmen, aber da war immer noch diese Barriere zwischen ihnen, der Schmerz, den sie erst aus der Welt schaffen mussten.
 

„Hi“, sagte er heiser, als das Schweigen anhielt und drohte sie zu erdrücken.

Miyavi fuhr sich mit einer Hand durch die Haare, schnappte sich einen Stuhl und setzte sich rittlings darauf.

„Ich hätte nicht erwartet dich hier zu sehen“, sagte er dann und sah Ruki durchdringend an. Er war ganz anders, als sonst, stellte Ruki überrascht fest. Fast etwas abweisend, so wie auf dieser Party. Ruki schluckte.
 

„Du bist nicht an dein Handy gegangen …“, nuschelte Ruki schwach und Miyavi seufzte.

„Ich wüsste nicht, dass du versucht hättest mich anzurufen …“

„Aber Aoi …“, entgegnete der Blonde schwach, was laberte er denn da schon wieder? Das war doch jetzt unwichtig.

Miyavi seufzte erneut „Ich hatte keine Lust mit ihm zu reden … bist du nur hier, weil ich nicht an mein Handy gehe?“, seine Stimme klang frustriert. Ruki schluckte.
 

„Ich … wir sollten reden“, sagte er schließlich und Miyavi zog die Brauen hoch.

„So? Worüber denn?“
 

Ruki ging unter seinem Blick fast ein, dann erinnerte er sich an Aoi’s Worte und daran, dass man manchmal über seinen Schatten springe musste. Einer musste den Anfang machen. „Ähm … genauer gesagt … eigentlich wollte ich mich entschuldigen … dafür, dass ich so unfair zu dir war. Ich … habe dich verletzt und das tut mir leid …“

Miyavi schien das nicht wirklich zu begeistern, denn er sah ihn weiter unverändert mit erhobenen Brauen an. Vielleicht hätte er doch nicht herkommen sollen, überlegte Ruki schwach, doch da seufzte der andere und legte seinen Kopf auf der Lehne des Stuhls ab.

„Du musst dich nicht entschuldigen … du warst ja nur ehrlich … vergessen wir die Sache einfach okay?“
 

Ruki starrte ihn an. Vergessen? „Nein! Ich war gar nicht ehrlich! Was soll das? Eigentlich dachte ich, wenn ich anfange mich zu entschuldigen, entschuldigst du dich vielleicht auch …“ Er warf dem anderen einen schüchternen Blick zu.

„Wofür?“, fragte Miyavi, ganz so, als meinte er die Frage ernst. Ruki starrte ihn verständnislos an.
 

„D … der Kellner?“, fragte er und spürte, dass ihm verzweifelte Tränen in die Augen stiegen. „Weißt du eigentlich, wie es mir bei dem Anblick ging?“

Miyavi musterte ihn einen Moment. „Woher soll ich das wissen, wenn du es mir nicht sagst?“
 

Ruki schluckte schwer „… es hat weh getan …“, flüsterte er zögerlich, ohne Miyavi anzusehen.

Stille trat ein, in der Ruki seine Worte im Kopf nachklangen. Wie albern es sich doch anhörte. Er war albern.
 

„Ruki? Was bin ich für dich?“, fragte Miyavi plötzlich und Ruki sah ihn verwirrt an. Was sollte die Frage? Gab es da so was wie eine richtige und eine falsche Antwort drauf? Sein Herzschlag beschleunigte sich unweigerlich noch mehr.

Miyavi schien sein Unverständnis zu bemerken und er seufzte abermals. „Ich meine, erst sagst du mir, du hättest keine Gefühle für mich, die über Freundschaft hinausgehen und dann willst du, dass ich mich entschuldige, dafür, dass ich einen anderen Mann geküsst habe? Das passt einfach nicht zusammen …“
 

Ruki runzelte leicht die Stirn. „Du hast doch selber gesagt, dass ich Gefühle für dich habe …“, sagte er verwirrt und Miyavi starrte ihn überrascht an.

Dann lachte er leise und schüttelte den Kopf. „Ich rede viel wenn der Tag lang ist …“, sagte er dann und Ruki schmunzelte unsicher.
 

„Heißt das … du hast Gefühle … für mich?“, erkundigte sich Miyavi nun und Ruki spürte wieder wie die Schmetterlinge in ihm ihre Flügel aufschlugen.
 

Jetzt oder nie, schoss es ihm durch den Kopf und er atmete tief ein „… ich … bin wohl … in dich verliebt … oder so?“, krächzte etwas, das einmal seine Stimme gewesen war, und das schien Miyavi völlig aus der Bahn zu werfen.

Er starrte ihn an, als wäre er eine Erscheinung. „Was?“
 

Ruki hoffte, dass der andere ihn nicht wirklich dazu zwingen wollte das noch einmal zu wiederholen. Dazu war er viel zu nervös. Seine Stimme streikte schon bei dem bloßen Gedanken daran. Er konnte den anderen nun nicht einmal mehr ansehen.

War ´´Was?´´ jetzt eigentlich gut, oder schlecht? Nervös begann Ruki wieder auf seiner Lippe zu kauen.
 

Plötzlich kickte Miyavi seinen Stuhl lautstark zur Seite, ging in einem großen Schritt auf ihn zu und zog ihn so heftig an sich, dass Ruki alle Luft aus der Lunge gepresst wurde.

Miyavi’s Hände lagen brennend heiß auf seinem Rücken, er konnte den Duft des anderen riechen, spürte sein Gesicht in seinen Haaren und ihm wurde augenblicklich unglaublich warm.

Er schloss seufzend die Augen und als Miyavi zu sprechen begann, liefen ihm heiße Schauer über den Rücken.
 

„Wenn du das nur eher gesagt hättest, ich hätte nie … Entschuldigung, Entschuldigung, Entschuldigung …“, flüsterte er immer wieder nah bei Ruki’s Ohr. Ruki’s Herz schlug jetzt irgendwo in der Gegend seines Adamsapfels und er hatte Mühe nicht das Atmen zu vergessen.

Er legte dem schwarzhaarigen sanft eine Hand auf den Mund, um ihn zu stoppen, er wollte keine Gedanken, die diesen Moment zerstörten. Er wollte einfach ewig so stehen.

Langsam kam sein Herz wieder zur Ruhe und er ließ mutig seinen Kopf gegen Miyavi’s Brust sinken.

Ruki konnte sein Herz schlagen hören und er bildete sich ein, dass es auch unruhiger war, als es sein sollte.
 

„Das Lied vorhin …“, flüsterte er dann schwach und Miyavi brummte leise, „… war das …?“

„for you“, sagte der schwarzhaarige nur wieder und Ruki lächelte stumm.
 

Irgendwann löste sich Miyavi von ihm und grinste ihn an. Dieses Grinsen hatte Ruki so vermisst und es ließ seine Schmetterlinge Loopings fliegen. „Also … ich sollte jetzt duschen … darf ich dich die Tage dann wieder besuchen?“

Ruki’s Herz führte einen Freudentanz auf und er kam sich furchtbar albern vor. „Ja! Bitte!“

Miyavi lachte erneut und verwuschelte ihm sanft die Haare.

Alles neu

Hatten Staubsauger eine Seele?

Ruki war sich sicher das es so war und sie hassten ihn.

Zumindest sein eigener schien ihn zu hassen.
 

Der blonde Sänger war grade damit beschäftigt seine Wohnung gründlich auszumisten.

Nachdem er so viele Tage Liebeskummer hinter sich hatte fühlte er sich voller Energie und Tatendrang seine eigenen vier Wände von allem Schmutz zu befreien. Außerdem hatte Miyavi ja am Tag zuvor angekündigt, ihn im Laufe der nächsten Tage zu besuchen und da konnte er ihn ja nicht in seine müffelnde Wohnung lassen.
 

Nur leider schien sein geliebter Staubsauger das ganz anders zu sehen. Der hatte nämlich in der Mitte des Wohnzimmers röchelnd den Geist aufgegeben und egal wie oft Ruki auch dagegen trat, machte er keine Anstalten wieder anzuspringen.
 

„Dummes Ding“, fluchte Ruki und betrachtete das Stück Technik wütend. Staubsauger gehörten zusammen mit Wasserkochern zu den Dingen, die er nicht freiwillig einkaufen ging, aber leider waren Staubsauger auch nicht so leicht durch einen Topf zu ersetzten, wie Wasserkocher es waren.

Ruki grummelte stetig vor sich hin, während er den Spaßverderber von Staubsauger am Kragen packte und schwungvoll aus seiner Wohnungstür beförderte.
 

„AUA!“

Einen Moment dachte Ruki, dass er wohl nun langsam durchdrehte und Staubsauger begannen zu ihm zu sprechen, doch dann musterte er noch einmal seinen halb dunklen Flur und entdeckte einen verstört wirkenden Miyavi, der sich mit einer Hand den seitlichen Oberschenkel rieb.
 

„Staubsaugerattentat? Begrüßt du Leute immer so?“, wollte er amüsiert wissen. Der blonde starrte ihn mit offenem Mund an und ging dann besorgt einige Schritte auf ihn zu.

„Tut mir leid, hab ich dich getroffen?“

Miyavi grinste schief und verstrubbelte Ruki das Haar. „Nein, wie kommst du denn da drauf?!“, lachte er vergnügt.
 

„Wirfst du oft mit Haushaltsgegenständen?“, erkundigte sich Miyavi weiter und Ruki streckte ihm die Zunge raus.

„Nur wenn ich ungebetenen Besuch bekomme!“, konterte er und Miyavi lachte.
 

„Wie bist du eigentlich reingekommen? Und was ist das?“, fragte Ruki, als sein Blick auf einen großen Karton fiel, der neben Miyavi auf dem Boden stand.

Der schwarzhaarige grinste geheimnisvoll. „Lass mich in deine Wohnung und ich zeig’s dir“
 

Ruki hätte ihn auch ohne Bestechung liebend gern in seine Wohnung gelassen, aber dieser mysteriöse Karton zog nun doch sein Interesse auf sich, obwohl er Überraschungen ja nicht wirklich leiden konnte.

„Ähm … und was ist das jetzt?“, erkundigte er sich möglichst beiläufig, als er dem anderen dabei zusah, wie er sich auf sein Sofa fallen ließ, dass zum Glück zu dem Teil des Wohnzimmers gehörte, den er noch hatte saugen können.
 

Miyavi streckte sich gemächlich und setzte wieder sein schiefes Grinsen auf.

„Das erfährst du noch früh genug … jetzt muss ich mich erstmal erholen, immerhin hab ich die Kiste die Treppen hoch schleppen müssen …“ Er sah ihn erwartungsvoll an, als Ruki bewegungslos im Raum stehen blieb, „willst du dich nicht zu mir setzen?“
 

Was vorher kaum spürbar existent gewesen war brach nun in Ruki aus wie ein Feuerwerk.

Ihm wurde heiß und kalt gleichzeitig und sein Magen war erneut erfüllt von tausenden Schmetterlingen. Sein Blick glitt über Miyavis Arm, der auf der Sofalehne lag und er erinnerte sich daran, dass dieser Arm gestern noch um ihn geschlungen gewesen war.
 

„Ruki?“, kam es etwas amüsiert von dem schwarzhaarigen und er versuchte sich von seinen Gedanken loszureißen. Er war sicher rot im Gesicht, nein wie peinlich.

„Ähm … gleich ... willst du Tee?“

Antworten wurde eindeutig überbewertet. Ruki rauschte davon in die Küche und steckte dort seinen Kopf in den Schrank mit den Töpfen. Er war ja so ein Feigling, wie peinlich. Aber gleich würde er sich neben ihn setzten, ganz bestimmt.
 

Miyavi stand nach nur einem Tag vor seiner Wohnungstür, was hieß, dass er ihn vermisst hatte. Unwillkürlich musste er grinsen.

Ruki richtete sich auf und ließ kaltes Wasser in den Topf fließen, als sich plötzlich warme Arme um ihn schlossen und er erschreckt Luft holte.
 

„Erwischt … du entkommst mir nicht“ Rukis Arme verließ alle Kraft und der Topf sank ins Spülbecken, als Miyavi sein Kinn auf seine Schulter sinken ließ. Diese Nähe brachte ihn ganz durcheinander. Klare Gedanken zu fassen war unmöglich, wenn sich ein warmer Körper an seinen Rücken drückte und ein riesiges Feuerwerk in seinem Inneren abbrannte.

Warum fühlte sich das nur so verdammt gut an? So was müsste doch verboten werden. Ruki konnte nicht anders, als sich etwas gegen Miyavi sinken zu lassen und kurz die Augen zu schließen. Dieser Duft.
 

„Willst du immer noch wissen, was in dem Karton ist?“, flüsterte Miyavis Stimme an seinem Ohr und elektrisierte die Haut in seinem Nacken.

„Hm? … Karton?“
 

Miyavi lachte leise und ließ ihn vorsichtig los, sodass er sich noch fangen konnte und nicht haltlos nach hinten kippte. Dann griff er seine Hand und zog ihn zurück ins Wohnzimmer.

Ruki murrte leicht, als der andere seine Hand losließ, um die Kiste vom Boden aufzuheben und damit ins Arbeitszimmer zu verschwinden. Er selbst blieb planlos neben der Couch zurück, bis er ein lautes Rumpeln vernahm.
 

„Was tust du da?“, fragte er entsetzt, als er den Kopf zur Tür reinsteckte und Miyavi inmitten eines Kabelsalates entdeckte. Der schraubte doch tatsächlich an seinem geliebten lahmen Computer herum!

„Ich hab dir was Besseres gekauft, … guck mal in die Kiste!“

Äußerst widerwillig tapste Ruki auf den braunen Behälter zu, in dessen Innerem, neben Massen an Styropor, etwas Silbernes hervorblitzte.
 

„Du kaufst mir ein Notebook?“, entrüstete er sich und hörte Miyavi fröhlich glucksen.

„Gefällt es dir?“

„Nein! Ich meine Ja, ich meine … warum kaufst du mir so was Teures? Ich benutze meinen Computer fast nie!“

Miyavi schien das alles ziemlich lustig zu finden. „Du benutzt ihn nur nicht, weil der hier so lahm ist, … wir leben im 21. Jahrhundert, das Internet ist die Zukunft!“

Ruki grummelte „Das hast du doch aus irgendeiner Computerzeitschrift, oder?“

„Traust du mir so etwas Poetisches nicht zu?“

„Nein!“

Miyavi lachte laut auf und reckte sich ein Stück, wobei er mit dem Kopf scheppernd an die Tischplatte stieß.
 

Er murrte nur leicht und rieb sich die Schädeldecke, aber Ruki war schon zu ihm unter den Tisch gekrabbelt und sah ihn besorgt an.

„Alles okay?“, fragte er, während seine Finger sanft Miyavis Haar betasteten.

Seine Bewegungen stoppten, als er dem Blick des anderen begegnete, der ihn verhangen ansah.

Ruki schluckte, als sich Miyavis Gesicht langsam dem seinen nährte, ohne den Blickkontakt zu brechen.
 

„Dein Haus ist eine Todesfalle …“, murmelte er schwach, bevor er die Augen schloss und seine Lippen sanft auf die des anderen legte.

Ruki hielt die Luft an, als Miyavis Kuss ein noch heftigeres Feuerwerk in ihm auslöste. Alles kribbelte, als sich ihre Lippen wieder trennten und Miyavi ihn verschmitzt angrinste.

„Du siehst aus, wie vom Blitz getroffen“, sagte er gelassen und Ruki lächelte verlegen. Ein so kleiner Kuss brachte ihn völlig aus der Bahn.
 

„Das probieren wir gleich noch mal und dann will ich ein anderes Gesicht sehen, okay?“ Miyavis Hand strich sanft über seine Wange und im nächsten Moment spürte er erneut heiße Lippen, samt Piercing, sich gegen seinen Mund bewegen.

Rukis Augen klappten zu und er konnte ein Seufzen nicht unterdrücken, als sich die Zunge des anderen in seinen Mund schob und er konnte nicht anders, als den Kuss gierig zu erwidern.

Inzwischen hatte sich sein Verstand komplett verabschiedet und sein Körper selbstständig gemacht. Seine Hände glitten über den Stoff von Miyavis Sweatshirt und ertasteten jede Kontur, die sich darunter abzeichnete, während die Finger des anderen fahrig durch seine Haare fuhren.
 

Er wusste nicht wie viel Zeit verging, bis sie sich voneinander trennten. Ruki stellte überrascht fest, dass die Wangen des schwarzhaarigen an Farbe gewonnen hatten und er lächelte verschmitzt.

„Jetzt hast du mich vollkommen aus der Bahn geworfen …“, sagte Miyavi und kratzte sich verlegen am Hinterkopf.

„Gut“, lachte Ruki leise und hauchte ihm noch einen Kuss auf die Lippen, ehe er sich erhob und noch einen Blick auf das Notebook warf.
 

„… kann ich nicht vielleicht beide behalten? Der Computer ist bislang das einzige elektronische Gerät, das bei mir mehr als ein Jahr überlebt hat“

Miyavi warf ihm einen zweifelnden Blick zu und unterbrach kurz seine Befreiungsaktion aus den Kabeln.

Ruki bedachte ihn mit seinem besten Dackelblick und Miyavi schüttelt resignierend den Kopf.

„Dann behalt sie eben beide …“
 

Zehn Minuten später stand das neue Notebook neben dem alten Computer Bildschirm und Miyavi erhob sich schnaufend. „Gut?“

„Perfekt!“, bestätigte Ruki und grinste.

„Und wie sieht meine Belohnung aus?“, schnurrte Miyavi und wollte nach Ruki greifen, doch der war schneller und flüchtete ins Wohnzimmer.
 

„Pff, du bist aber ganz schön maßlos …“, empörte sich der blonde lachend, als Miyavi wieder auf ihn zu schlich.

„Das weißt du doch“
 

Er zog Ruki an sich und zusammen kippten sie aufs Sofa. Miyavis Körper drückte schwer auf seine Lunge und seine Haare kitzelte an seiner Stirn, aber das nahm Ruki gar nicht wirklich wahr.

Diese faszinierenden dunklen Augen bohrten sich schon wieder in seinen Verstand und trieben sein Herz weiter in Richtung Herzinfarkt.

Er spürte den warmen Atem des anderen auf seiner Oberlippe und hob leicht den Kopf an, bis sich ihre Lippen trafen. Er spürte, wie sich Miyavis Mund kurz zu einem Lächeln verzog, ehe er den Kuss erwiderte. Ruki schob seine Hände in den Nacken des anderen und wühlte haltlos mit seinen Fingern durch die schwarzen Haare.
 

„Und du sagst ich wäre maßlos“, sagte Miyavi grinsend, nachdem er sich von Ruki gelöst hatte, der darüber widerwillig brummte.

„Bist du ja auch“, entgegnete er trotzig und schmunzelte.

Miyavi richtete sich auf und ließ den Blick durch den Raum schweifen, bis er beim Fernseher zur Ruhe kam. Ruki musterte ihn einen Augenblick nachdenklich, bis ihm wieder das heutige Fernsehprogramm einfiel.
 

„Möchtest du das Spiel sehen?“, fragte er und Miyavi wandte ihm den Kopf zu. Ruki hatte noch am Vormittag gelesen, dass heute ein Spiel der japanischen Nationalmannschaft live übertragen wurde.

Der andere schüttelte lächelnd den Kopf. „Ich bin wegen dir hier und nicht zum fernsehen.“ Zwar hatte Ruki eigentlich wirklich keine Lust auf das Spiel, aber in Miyavis Gesellschaft war es vielleicht sogar erträglich.

„Aber mir macht das nichts aus … immerhin bist du ja trotzdem hier …“, versicherte Ruki und machte dabei undeutliche Handbewegungen, auf sich und auf den anderen deutend.

Miyavi lachte „Aber wenn wir knutschen bekomm ich eh nichts von dem Spiel mit!“

Ruki konnte nicht anders, als rot anzulaufen. „Das meinte ich gar nicht“, nuschelte er und Miyavi lachte laut auf.

„Na gut, lass uns fernsehen …“
 

Miyavi bestand darauf noch einmal Rukis Surroundfernbedienung ausprobieren zu dürfen und dämmte mit unverholender Begeisterung das Licht, ehe er den Fernseher einschaltete.

Bunte Punkte rannten bereits über grünen Rasen und Ruki wusste, dieses Spiel würde ihn sicher mehr langweilen, als das das er mit Miyavi besucht hatte.

Doch dann griff der schwarzhaarige seine Schulter und zog ihn an sich. Miyavis Arm lag auf seinem Rücken und seine Hand hatte sich irgendwie einen Weg an Rukis Seite gesucht und die darunter befindliche Haut begann unbändig zu kribbeln.
 

Ruki kaute nervös auf seiner Lippe, als ihm klar wurde wie sie grade aussahen; wie ein richtiges Pärchen, die abends vorm Fernseher kuschelte. Er kuschelte … mit Miyavi. Ruki kuschelte nicht!

Höchstens ein, zwei Mal in den meist sehr kurzen Beziehungen, die er mit Frauen gehabt hatte, aber zum Beispiel mit Uruha hatte er nie gekuschelt. Schon der Gedanke war abwegig, aber das hier mit Miyavi kam ihm nicht einmal abwegig vor. Es war … schön; einfach schön. Er spürte, wie ihm wieder furchtbar heiß wurde und natürlich wurde er auch wieder rot.
 

Grade dachte er darüber nach, wie peinlich es ihm wohl wäre, wenn ihn nun seine Bandmitglieder so sehen könnten, als sich Miyavi leicht räusperte.

„Und du dachtest echt Aoi würde auf mich stehen?“, fragte er ins Blaue hinein und Ruki starrte ihn entsetzt an. Wo hatte er das denn jetzt her?

„Woher …?“, begann er, doch Miyavi erahnte seine Frage.

„Aoi … naja, eigentlich eher Uruha …“, grinste er.

„Aber ich war doch gestern erst bei dir … wie …“ Er konnte fast die Räder in seinem Kopf rattern hören und dann ein leichtes Pling. „Du bist doch an dein Handy gegangen!“

Miyavi kicherte „Nein … ich wollte heute morgen kurz bei Aoi vorbei, aber der war nicht allein …“ sagte er mit diesem gewissen Unterton, der sagen wollte ´´du weißt schon´´.

„Oh …“
 

Ruki starrte auf die Mattscheibe, ohne wirklich etwas zu sehen. Eigentlich hatte er nicht gewollte, dass Miyavi wusste wie dumm er gewesen war.

„Und weil du dachtest Aoi steht auf mich wolltest du dich opfern?“, fragte Miyavi mit einem amüsierten Unterton und Ruki biss sich auf die Unterlippe.

„Mach dich nicht lustig über mich, so abwegig ist das auch wieder nicht!“, entgegnete Ruki beleidigt und verschränkte umständlich die Arme vor der Brust.

„Stimmt, wer wird bei so einem Body nicht schwach!“, polterte Miyavi und Ruki grummelte ungehalten.

„Idiot!“
 

Miyavi lachte nur wieder und zog Ruki noch ein Stück näher zu sich. „Du bist wirklich unheimlich niedlich, weißt du das?“

Ruki starrte ihn an und wurde rot, nur diesmal sah es Miyavi leider und grinste wieder schief.

„Ich bin nicht niedlich“, stritt der blonde ungehalten ab und versuchte sich aus Miyavis Griff zu befreien, doch der zog ihn nur noch näher an sich.

„Doch … so was von niedlich …“, murmelte er nur, beugte sich vor und hauchte Ruki einen Kuss auf den Hals, der ihm einen Schauer über den Rücken jagte „… und absolut heiß …“ Er knabberte an seinem Ohr und Ruki klappten die Augen zu „… einfach unwiderstehlich …“

How an elevator seems to work

Ruki wippte leicht auf seinen Füßen vor und zurück, während er vor seiner Haustür auf den Abholservice namens Uruha wartete. Immer musste der zu spät kommen, immer! Und Ruki hasste es, zu warten. Nicht nur, dass es langweilig war, er kam sich dabei auch immer furchtbar bescheuert vor. Vielleicht war es ja nur Einbildung, aber alle schienen ihn mitleidig anzustarren, wenn er alleine vor einem Haus herumstand wie bestellt und nicht abgeholt.
 

Er betrachtete das kleine Café schräg gegenüber, in dem nun, passend zur Jahreszeit, sommerlich bunte Tischtücher aufgelegt worden waren.

Es war kaum Fantasie nötig, um sich Miyavi vorzustellen, wie er da an einem Tisch saß und Kuchen aß. Was er wohl im Moment machte? Dieses angenehme Kribbeln machte sich wieder in seinem Bauch breit, wie immer, wenn er an den anderen dachte und am liebsten würde er dann immer einen kleinen Freudentanz vollführen, was natürlich viel zu albern war, um es wirklich zu tun.
 

Ob er ihn vielleicht kurz anrufen sollte? Sie telefonierten eigentlich jeden Tag und meistens endeten die Gespräche damit, dass Miyavi sich in sein Auto setzte und zu ihm kam. Ruki musste grinsen. Er fühlte sich so richtig kitschig glücklich, dass es fast abartig war.

Er hatte das Handy schon gezückt, als Uruhas Auto in Sicht kam. Na das hatte Ruki ja gern, erst zu spät kommen und dann auch noch genau zu dem Zeitpunkt auftauchen, wenn er sich eigentlich grade damit abgefunden hatte noch etwas zu warten.
 

„Hallo Kleiner!“, strahlte Uruha, als Ruki sich neben ihm auf den Beifahrersitz fallen ließ.

„Du bist zu spät“, murrte der blonde nur und Uruha zog eine seiner schmalen Brauen hoch.

„Das überrascht dich doch nicht ernsthaft … schlechte Laune?“, erkundigte er sich, während er sich wieder in den Straßenverkehr einordnete.

„Eigentlich nicht …“, sagte Ruki nur und betrachtete sein Handy, dass er noch immer in Händen hielt.

Gedankenkraft; verwandte Seelen; was auch immer, in diesem Moment vibrierte das Gerät leicht und zeigte einen blinkenden Briefumschlag auf seinem Bildschirm an.
 

"Hey! Hab grad an dich gedacht. Soll ich nachher noch vorbeikommen? xxxMyv"

Ruki lächelte verträumt sein Handy an. Er hatte auch grade an ihn gedacht, das musste doch einfach Schicksal sein.

Dann hörte er Uruha unterdrückt kichern und versuchte sein Gesicht wieder unter Kontrolle zu bringen.

„Nein wie niedlich!“, flötete der andere nun und Ruki spürte, wie er rot wurde. So ein Idiot.

„Lass das“, murrte er zurück, während er auf "antworten" drückte.

"Gern. Hab aber bis 4 Bandprobe. Ruki"
 

„Oooh, Ruki-Schatz, Ich vermisse dich ja so schrecklich … Ja, ich dich auch Miyavi-Maus …“, säuselte Uruha, wobei er sehr überzeugende Kussgeräusche von sich gab.

Ruki warf ihm einen wütenden Blick zu. „Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen!“

Uruha lachte, während seine Augen amüsiert funkelten. Ja, er liebte es andere zu ärgern, das war schon immer eins seiner Spezialgebiete gewesen.

„Also wir schreiben uns keine Liebesschwüre per Sms“, gluckste Uruha, während er vor einer roten Ampel hielt.

Ruki verschränkte die Arme vor der Brust. „Du weißt doch gar nicht, was in der Sms steht. Als würde ich Liebesschwüre schreiben … Ruki-Schatz, pff!“
 

Der Brünette gluckste wieder heiter und drückte aufs Gas. „Und, hattet ihr schon Sex?“

Ruki klappte die Kinnlade herunter und er starrte seinen besten Freund entsetzt an. Warum war er nur mit diesem sadistischen nervigen Typen gestraft, der ihm liebend gern peinliche Fragen stellte? Rukis Herz begann verräterisch schneller zu schlagen.

„Wir sind erst zwei Wochen zusammen!“, entrüstete sich Ruki und starrte mit hoch rotem Kopf stur auf die Straße.
 

„Das ist keine Antwort auf meine Frage …“, kicherte Uruha und Ruki verschränkte erneut die Arme vor der Brust.

„Ich quetsch dich ja auch nicht darüber aus, wie es mit Aoi läuft“

„Soll ich es dir sagen?“

„Nein!“, zischte Ruki und Uruha lachte amüsiert.
 

Sie bogen grade auf den Parkplatz ein, als Rukis Handy erneut vibrierte und er mit Genugtuung die Sms las.

"Prima! Bin auch grad in der PSC. Hol dich dann vor euerm Probenraum ab. Bye!"
 

Sie stiegen aus und liefen zügig über den Parkplatz, da sie wie immer, wenn Uruha fuhr, zu spät dran waren.

„Wirklich seltsam …“, sagte Uruha unvermittelt und Ruki sah ihn fragend an.

„Was?“, erkundigte er sich, als der andere schwieg. Doch dann breitete sich ein verschmitztes Grinsen auf Uruhas Gesicht aus und Ruki wünschte sich, er hätte nicht gefragt.

„Ich dachte immer Miyavi wäre flotter in solchen Sachen.“

Abgrundtief böser Blick, den hatte Uruha sich jetzt wirklich verdient.
 

Der sollte bloß aufhören sich über sein Liebesleben Gedanken zu machen! Das machte Ruki ja selbst auch nicht; fast nicht. Er hatte schon darüber nachgedacht, aber es war ja wohl nur seine und Miyavis Sache, wann sie Sex hatten. Tägliche Küsse waren für die ersten zwei Wochen doch nun wirklich zufriedenstellend. Ruki grummelte weiter vor sich hin, die ganze Bandprobe über schwirrte sein Kopf vom Thema Sex. Das war doch wirklich albern. Und alles Uruhas Schuld.
 

„Schluss für heute!“, verkündete Kai pünktlich um 4 und alle ließen Augenblicklich ihre Instrumente fallen, soweit dies möglich war.

Während Ruki seine Tasche schulterte, beobachtete er Uruha und Aoi dabei, wie sie ihre Gitarren verstauten, oder besser gesagt aneinander rumfummelten, denn die Gitarren waren wohl eher Mittel zum Zweck. Nach wenigen Augenblicken waren sie in tiefes Knutschen versunken und Ruki fragte sich unweigerlich, ob die beiden vielleicht schon … wahrscheinlich schon. Waren er und Miyavi vielleicht wirklich spät dran?
 

„Na, willst du auch?“

Er zuckte zusammen, als Miyavi seine Hände von hinten auf seinen Bauch schob. Ruki riss sich von dem Anblick der beiden Gitarristen los und drehte sich langsam, bis er Miyavi ansehen konnte. Diese warmen Augen und dieses Kribbeln in seinem Magen.

Ruki lächelte. „Hallo“, hauchte er und stellte sich auf die Zehenspitzen, um den anderen flüchtig zu küssen.
 

„Das war’s schon?“, beschwerte sich der schwarzhaarige und Ruki streckte ihm kurz grinsend die Zunge raus, ehe er sich erneut auf die Zehenspitzen erhob.

Er legte seine Hände in Miyavis Nacken, der ihn näher an sich zog und gierig seine Lippen mit seiner Zunge teilte, was Ruki ein leises Seufzen entlockte. Miyavi’s Hand schob sich unter sein Hemd und brannte wie Feuer auf seiner nackten Haut. Wäre sie jetzt bei ihm zu Hause, was würde wohl passieren?
 

„Hrm …“, Ruki vernahm ein leises Räuspern und löste sich widerwillig von dem anderen.

Uruha stand neben ihnen, seine Finger hatte er mit Aois verhakt und sah sie breit grinsend an.

„Sorry, dass ich euch unterbreche. Ich hatte nur grade eine Idee …“ Er grinste verschmitzt und Ruki zog schon mal vorsorglich eine Augenbraue hoch. „Was würdet ihr davon halten, wenn wir mal zu viert ausgehen?“
 

Der blonde Sänger starrte seinen besten Freund an, als wäre der nun endgültig übergeschnappt und das war er in seinen Augen auch. Ein Date zu viert? Was sollte das denn?

„Wieso?“, fragte Ruki unwirsch zurück, doch Miyavi übertönte ihn. „Klar, warum nicht. Ist sicher lustig.“

Uruha grinste zufrieden und zwinkerte Miyavi zu. „Super!“

Ruki sah grummelnd zwischen Miyavi und Uruha hin und er. Er war sich ganz sicher, dass beide wussten, was er davon hielt, aber das schien sie nicht zu stören.

Also sah er hilfesuchend Aoi an, aber der schien zu dem Thema gar keine Meinung zu haben, er lächelte nur entschuldigend, als sich ihre Blicke trafen und Ruki seufzte.

„Dann melden wir uns die Tage mal, ciao!“ Und mit diesen Worten zog der Brünette den anderen Gitarristen aus dem Raum.
 

Ruki verschränkte die Arme vor der Brust und funkelte Miyavi strafend an, doch der grinste nur und zog ihn an sich.

„Was hast du dagegen mit den beiden was zu machen, mein Muffelchen?“, fragte er zuckersüß und wollte den anderen küssen, doch der drehte den Kopf weg.

„Weiß nicht … ich find es komisch … so seltsames Pärchenzeug …“

Miyavi fing laut an zu lachen „Du bist wirklich niedlich“ Er drehte Ruki’s Kopf wieder in seine Richtung, hauchte ihm einen Kuss auf die Lippen und zog ihn dann auf den Flur und in Richtung Aufzug.
 

Sie schlenderten nebeneinander über den Parkplatz, aber Miyavi lief einfach an seinem Auto vorbei und weiter die Straße herunter.

„Wo willst du hin?“, erkundigte sich Ruki, als er ihn nach kurzem verwundertem Zögern wieder eingeholt hatte.

„Och, ich dachte mir grade so, wir kaufen dir endlich einen neuen Wasserkocher und wenn uns das noch nicht völlig auslastet auch noch einen Staubsauger“

Ruki grummelte nur. „Ich kann Haushaltsgeräte einkaufen nicht leiden. Ich kenn mich bei dem Zeug nicht aus und außerdem ist es langweilig …“

Miyavi lachte und ergriff seine Hand, um ihre Finger zu verhaken. „Aber ich lasse nicht zu, dass sich mein Freund dauernd seine hübschen Finger verbrennt, weil er die kranke Idee hat, dass Töpfe Wasserkochern ebenbürtig seien!“
 

Ruki strauchelte leicht und blieb dann stehen. Sein Herz raste schon wieder, als wäre er gesprintet und diese verdammten Schmetterlinge würden irgendwann noch mal dafür sorgen, dass er erstickte.

„Was ist?“, fragte Miyavi und musterte ihn besorgt, da er einfach stehen blieb.

Der blonde sah zu ihm auf und spürte, wie ihm die Hitze ins Gesicht stieg. „Du hast mich deinen Freund genannt … deinen festen Freund?“
 

Der andere legte kurz die Stirn in Falten und lächelte dann, als ihm klar wurde, worauf Ruki hinaus wollte. „Bist du das denn nicht?“

Der andere überlegte einen Moment „Doch, ich denke schon. Wir haben nur nie … darüber gesprochen“, druckste Ruki, was Miyavis Lächeln zu einem breiten Grinsen werden ließ.

„Dummerchen“, er beugte sich vor und küsste ihn zärtlich, „natürlich sind wir fest zusammen. Falls es dir noch nicht aufgefallen sein sollte, ich bin nämlich ganz verrückt nach dir“

Ruki lächelte verlegen. „Ähm … komm, lass uns weitergehen …“, sagte er dann eilig, um diesem peinlichen Moment zu entkommen, bevor er noch kitschiger wurde.
 

Ungefähr eine Stunde später hatten sie beides, Wasserkocher und Staubsauger, gefunden und bezahlt und waren nun damit auf dem Weg zu Ruki’s Wohnung.

Interessanter Weise war Ruki weder entnervt, noch in irgendeiner anderen Art gestresst, oder gelangweilt.

Eigentlich hatte diese Einkaufstour sogar halbwegs Spaß gemacht, auch wenn er die Wahl seiner neuen Haushaltsgeräte erst Miyavi überlassen hatte, was sich als Fehler herausgestellt hatte. Aber zum Glück hatte er noch rechtszeitig eingreifen können, bevor der pinkfarbene Staubsauger die Kasse passiert hatte.

Das silberne Exemplar des selben Gerätes trug Ruki nun in einer Kiste zu seiner Wohnungstür, die Miyavi für ihn öffnete, der lediglich den quietschroten Wasserkocher, den Ruki murrend akzeptiert hatte, trug.
 

„Sag mal, kann es sein, dass der Fahrstuhl wieder funktioniert?“, fragte Miyavi begeistert und deutete auf den Lift, über dessen geschlossenen Türen überraschender Weise Lampen leuchteten.

Ruki musterte das Gerät zweifelnd über den Rand seines Kartons hinweg. „Kann sein“, sagte er nur knapp und steuerte auf die Treppe zu, doch der andere hielt ihn am Arm zurück.

„Du willst doch nicht echt die Treppe steigen, wenn wir auch Fahrstuhl fahren können, oder?“

„Ähm, eigentlich schon … ich trau dem Ding nicht, nachher bleiben wir stecken und verhungern da drin“

Miyavi lachte und zog ihm seine Kiste aus den Armen. „Ach komm du kleiner Pessimist, wir werden schon nicht so schnell sterben“
 

Wirklich überzeugt war Ruki aber nicht, als sich die Türen des Fahrstuhls hinter den beiden schlossen. Miyavi stellte die Kisten vor ihnen auf den Boden und drückte auf den Knopf mit der Zahl 3. Es gab ein kurzes Rucken und Ruki spürte, wie sich die Gerätschaft in Bewegung setzte. Die 2 leuchtete auf und erlosch wieder; kurz darauf leuchtete die 3 auf und erlosch ebenfalls. Mit ihr zusammen kam der Fahrstuhl zum Stehen, allerdings öffneten sich die Türen nicht.
 

Ruki drehte sich zur Seite und sah den anderen vorwurfsvoll an. „Ganz toll!“

„Hätte ja klappen können“, entgegnete Miyavi amüsiert, während er den Knopf traktierte, der normalerweise die Tür öffnen sollte.

Ruki seufzte und ließ den Kopf gegen die Wand sinken. „Und was machen wir jetzt?“

Der schwarzhaarige musterte ihn und zuckte kurz die Achseln. „Warten?“

„Ganz toll!“, schnaubte Ruki.

„Du wiederholst dich“, sagte Miyavi gelassen und Ruki legte den Kopf schief. „Spätestens morgen holt uns eh einer hier raus …“ Wie konnte er in so einer Situation noch so lässig und gut gelaunt bleiben?

Ihn nervte so etwas immer gewaltig, immerhin wussten sie nicht einmal, wann sie hier wieder rauskommen würden.
 

„Sieh das ganze doch mal von der positiven Seite …“ Miyavi schlenderte grinsend auf ihn zu und lehnte eine Hand neben Ruki an die Fahrstuhlwand. „Jetzt sind wir absolut ungestört … Fahrstühle können auch unheimlich spannend sein.“

Rukis Herz schaltete wieder auf Hochtouren, als Miyavi sich ihm langsam näherte und ihn in einen innigen Kuss zog. Rukis Augen fielen zu und er seufzte leise, als sich ihre Zungen trafen.

Miyavis Hand strich sanft über seine Schläfe und an seinem Hals hinab, was ihm eine Gänsehaut bescherte, doch damit gab sie sich nicht zufrieden. Immer weiter hinunter wanderte die Hand, bis sie zusammen mit der anderen begann Ruki’s Hemd aufzuknöpfen.
 

Der Kuss wurde immer gieriger und Ruki hatte das Gefühl, dass sich sein Verstand langsam mit undurchsichtigem Nebel füllte. Er hatte seine Hände, wie so oft, in Miyavis Haare geschoben und wühlte ungehalten darin herum, während der andere aufreizend über die Haut seiner nackten Brust strich.

Für einen Moment löste Miyavi den Kuss, um sich über Rukis entblößten Oberkörper zu beugen und sanfte Küsse darauf zu verteilen. Seine Zunge glitt an seinem Hals empor und Ruki keuchte kurz auf, als der andere sich an der weichen Haut festsaugte.
 

„Jetzt sieht jeder, dass du mir gehörst“, sagte er feixend. Kurz überlegte Ruki empört zu murren, aber der Anblick des anderen, wie er ihn aus dunkeln Augen verführerisch ansah, war einfach nur unwiderstehlich.

Er zog Miyavi wieder an sich und schob ihm gierig seine Zunge in den Mund. Die Hände des anderen begannen erneut seinen Körper zu erkunden und als sich eine einen Weg, über seinen Rücken, in seinen Hosenbund suchte zuckte Ruki überrascht zusammen.

Miyavi drängte sich näher an ihn und als sein Oberschenkel leicht gegen Rukis Schritt drückte, spürte er keuchend, wie sich etwas verlangend regte.
 

Ein lautes Pling ertönte, aber Ruki nahm nicht sofort wahr, woher es kam. Er wollte sich nicht von Miyavi trennen, doch der schien den Laut auch gehört zu haben, denn seine Lippen lösten sich von ihm und Ruki konnte über seiner Schulter ein junges Pärchen sehen, das sie beide entsetzt anstarrte.

Die Frau flüsterte ihrem Freund etwas zu, als Miyavi, die Kisten im Arm, schweigend an ihnen vorbei ging, dicht gefolgt von Ruki, dessen Gesicht sicher tiefrot glühte. Immer noch schweigend schloss Ruki seine Wohnungstür auf und trat ein, doch Miyavi blieb im Türrahmen stehen.
 

Er lächelte entschuldigend, als Ruki ihn fragend ansah. „Willst du nicht reinkommen?“

„Na ja …“, er trat einen Schritt auf ihn zu und stellte die Kisten in die Wohnung, neben die Tür, dann sah er Ruki lächelnd an.

„Ich muss morgen leider sehr früh raus, aber es wäre wirklich sehr schön, wenn wir bald da weiter machen, wo wir eben aufgehört haben …“ Er grinste verschmitzt und küsste Ruki lang und zärtlich, was die Schmetterlinge in seinem Magen ausgiebig mit ihren Flügeln schlagen ließ.

„Musst du wirklich gehen …?“, nuschelte Ruki mit geschlossenen Augen, als sich der andere von ihm löste, aber der lachte nur schwach.
 

„Leider schon. Ich möchte auch nichts überstürzen, Ruki. Dafür bist du mir zu wichtig. Zwischen Tür und Angel ist nicht grade das, was ich mir für unser erstes Mal vorstelle …“

Ruki seufzte. Das war ihm doch egal, ob es überstürzt war oder nicht. Er wollte ihn und zwar sofort. Aber als er die Augen öffnete, sah Miyavi ihn so liebevoll und überzeugend an, dass er erneut seufzte und dann schwach nickte. Der andere lächelte und beugte sich noch einmal vor, um ihm einen sanften Kuss auf den Mund zu hauchen. „… Vergiss ja nicht, wo wir waren …“, sagte er schmunzelnd, ehe er sich umdrehte und die Treppen abwärts verschwand.
 

Wie in Zeitlupe schloss Ruki die Tür und lehnte sich seufzend dagegen. Das würde er sicher nicht vergessen. Ihm war so unglaublich heiß, dass er sich sicher war, so nicht einschlafen zu können und sein Magen war dummerweise nicht die einzige Stelle an seinem Körper, die extrem stark kribbelte. Langsam löste er sich von der Wand und trottete auf sein Badezimmer zu. Dann musste er sich eben unter der Dusche abkühlen, sonst stand ihm sicher eine schlaflose Nacht bevor.

Something new

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Kommentare zu dieser Fanfic (31)
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Von:  Kanda-Lavi
2015-09-24T17:43:33+00:00 24.09.2015 19:43
Moshi, moshi... oder so ähnlich.
Nachdem die Schule heute endlich aus ist und die Ausbildungsstätte nicht anrief, hatte ich Zeit deine Storylein von 87 Seiten zu lesen.

Punkt 1. Da ich zuletzt eine Geschichte von Jemandem gelesen habe wo es kein Lachen hab, war es eine komplette Umstellung Ruki plötzlich lachend zu... lesen. Ich mochte das.

Punkt 2. Rechtschreibung, Schreibstil, Satzbau etc.
Fangen wir bei dem erst genannten an. Deine Fehler basieren auf Flüchtigkeitsfehler. Einzig die Sache mit dem dass und das hast du manchmal verwechselt.
Dann der Stil an sich. Gefühle kamen prima rüber. Ich habe auch immer gespürt, dass du dich in die einzelnen Charas hinein versetzt hast als seist du sie und das ist sehr gut. Ansonsten ein wenig ausbauen vielleicht mehr, aber so wie es jetzt ist geht das vollkommen in Ordnung.
Satzbau gefiel mir relativ gut. Das lesen ging meistens sehr flüssig von der Hand... und joa. Ich mache weiter bei der Handlung.

Aoi. Ernsthaft. Wie der sich verhalten hat als er stinkbesoffen war. Das war amüsant und... keine Ahnung.
Und Miyavis Anhänglichkeit. Der Kerl gibt auch einfach nicht auf. Da verfolgt er Ruki bis zu ihm nach Hause und lässt sich partout nicht abschütteln. Dieser erotische Touch seitens Miyavi... war der Absicht? Diese Atmosphäre?
Aber eins ist Fakt: seine Mittel funktionieren. Das merkte man das erste Mal als er im Regen gesessen hatte.

Armer Ruki. Armer Miyavi. Da streiten sie sich, obwohl es endlich bergauf ging. Und von wegen er wisse nicht was Rukis Lieblingsgetränk war. Dafür wusste er es aber dennoch recht gut... verdammt ist mein Deutsch Scheiße manchmal.

Als Uruha bei Ruki aufschlug und im Laufe ihrer Unterhaltung wusste ich für wen Uruhas Herz in Wahrheit schlägt, auch wenn es in Watte verpackt wurde. Ich bin ja nicht blöd.

Miyavis Handlung auf der Party war mies von ihm. Klar ist er verletzt und alles, aber diese Show war nicht korrekt. Ruki hatte es doch schon eingesehen.

Ehehe. Ich fand es ja lustig nachdem Uruha Ruki mit zur Band schleppte und dann alles einfach mal ausplauderte und Aoi meinte er liebe Uruha (was ich geahnt habe). Das Beste war aber Reitas Reaktion darauf. Mit offenem Mund. Ich hätte einen Spruch von mir gegeben, das darfst du mir glauben.

Der erste Kuss war ja sowas von kitschig, aber mega sweet. Mein Herz hat höher geschlagen. Mannnnn, das grenzt an Folter.
Das Ende war gut gemacht. Vor allen wie Uruha dann meinte er gehe dann mal.
Viel Spaß noch bei den was auch immer du tun magst.
Lg
Yuki-kun
Von:  YukiMiyavit
2012-01-26T22:46:53+00:00 26.01.2012 23:46
eine wirklich echt schöne Story...nur was ich mich frage ist halt warum du nicht auch das letzte Kap hier on gestellt hattest Oo
naja auch wenn die story schon länger existiert ein super Lob an die Autorin ^^
Von: abgemeldet
2009-11-13T00:08:43+00:00 13.11.2009 01:08
*Itoshii Hito summ~ mein lieblingslied...*
der Satz es tat weh
awwwwwwww das war so niedlich
ich weiß nicht was ich sagen soll auser das alles so süß ist un einem das herz aufgehen lässt .
Von:  InspiredOfMusic
2009-09-17T14:07:37+00:00 17.09.2009 16:07
Maaan...weißt du, dass ich teiweise Tränen in den Augen hab, wenn Myv so süß ist? xDD Du hast echt Talent zum Schreiben...
Von:  -shiyuu
2009-09-08T23:09:12+00:00 09.09.2009 01:09
ahahahahaha XD
armer miyavi XDD
*rofl*
aber ist ja nur fair, dass er jetzt auch was warten darf :P
eheheheh~
oh man, das ist sooooo süß, wie die beiden miteinander umgehen und so. alles so unschuldig, hach~
bin gespannt wies weiter geht :D
Von:  -shiyuu
2009-09-08T22:37:02+00:00 09.09.2009 00:37
whoohoo XD
ein tolels kapitel, echt *________*
ich war ein wenig erstaunt dass es diesmal so schnell weiter geht und dann auch noch direkt mit 2 kapiteln *lol*
aber freu mich sehr drüber
werd mir auch gleich mal den sex zu gemüte führen *gg*

Von:  BLVCKMORAL
2009-09-05T18:59:04+00:00 05.09.2009 20:59
ich hab' garnicht bemerkt, dass es hier weiter geht! o__o
man, das Kapitel ist so süß. >_<
Ich liebe liebe liebe die beiden zusammen! XD
Von:  -shiyuu
2009-09-03T16:39:10+00:00 03.09.2009 18:39
wtf XD
wie kannst denn du da aufhören? an dieser stelle?
maaaaaaaaaaaan XD
ich will weiter lesen, aber sofort! XD
Von:  LadySnowblood
2009-09-03T13:00:24+00:00 03.09.2009 15:00
...einfach nur wunderbar.
ich weis nicht wie, aber du schaffst es,
dass man fast dahin schmiltzt, ohne dabei kitschig zu werden.
eine der bestn ffs die ich je zu diesem thema gelesn habe!
Von:  --baozi
2009-09-03T04:00:56+00:00 03.09.2009 06:00
Mir geht's wie Ruki: Meine Einrichtung hasst mich ._.''
Da bin ich mir voll sicher <.<
Selbst mein Lapi *nod*
Aber der ist meißtens brav <3
Ich finde immernoch klasse wie unterhaltsam du ihre Beziehung schilderst ^___^
Das ist so niedlich und unterhaltsam~ *_____*
Und bei mir gewitterts .____________.
*Wetter anfauch*
LG Kigo
*geht sich jetzt nämlich verkrümmeln*


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