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Happy ohne Ende?

von

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Seifenblase

Ich bleibe an dieser Stelle standhaft: Keine der in meiner Story vorkommenden Personen gehört mir und alles, was hier zu lesen ist, ist definitiv frei erfunden und entspricht zu keinem Zeitpunkt der Wahrheit.
 

Ich möchte mich ganz herzlich bei meinen wunderbaren Reviewern bedanken, ohne euch gäbe es „Happy ohne ende?“ nicht so, wie ihr es heute hier lesen könnt: Kleine Nachtelfe und Sunny.
 

Immer noch lachend lief die Wahl-Spanierin vor Per weg, der sich das natürlich nicht zweimal sagen ließ und sofort hinter ihr her jagte. Als wären sie kleine Kinder, tobten die beiden über den kleinen Trampelpfad, der das Weserstadion mit der Weserpromenade verband und auf dem sie von allen neugierigen Blicken geschützt waren. Wie nicht anders zu erwarten war, hatte der Abwehrspieler in Bremer Diensten die Blondine ohne große Anstrengung in Rekordgeschwindigkeit eingeholt und umfing sie mit beiden Armen, damit sie stehen blieb.
 

Am liebsten hätte Per sich einfach mit Lena im Arm nach hinten fallen lassen, damit die junge Frau ihm so noch näher war, doch das lies er lieber sein, schließlich war der Weg hart und dreckig und nicht gerade die typische Spielwiese für Verliebte. Oder zumindest für einen Verliebten und sein Opfer, denn genau das war Lena in gewissem Sinne ja: Ein Opfer seiner Gefühle, nur wusste sie noch nichts davon.
 

„Mit Leuten wie dir kann man gar nicht Fangen spielen, du hast viel zu lange Beine, da habe ich ja von Anfang an verloren. So macht das keinen Spaß.“
 

Lena hatte ihren Kopf soweit gedreht, dass sie problemlos zu Per hoch schauen konnte und versuchte ihn nun durch ihr Schmollen zu erweichen. Wozu wusste die junge Psychologin selbst nicht so genau, aber das war ihr auch herzlich egal. Sie hatte schon lange nicht mehr so befreit gelacht und gedankenlos Spaß gehabt, das wollte sie sich jetzt nicht verderben.
 

„Meinst du wirklich das liegt an den Beinen und nicht daran, dass ich ein trainierter Profi-Fußballer bin und du nur eine süße, kleine Psychologie-Maus?“
 

Empört versuchte Lena Per einen sanften Rippenstoß zu verpassen, der jedoch eher irgendwo in der Nierengegend endete, da die kleine Schwester des „Lutschers“ einfach nicht höher kam ohne sich irgendwie aus der Umarmung zu lösen, die sie aber als ganz angenehm empfand.
 

„Ja, das meine ich. Wären deine Beine genauso lang wie meine, dann hättest du keine Chance gegen mich gehabt.“
 

„Soso, da kann wohl wer nicht verlieren. Wahrscheinlich ist das ausgleichende Gerechtigkeit für deinen abfälligen Kommentar über uns Männer. Du weißt doch: Kleine Sünden bestraft der liebe Gott sofort.“
 

Per hatte wirklich absolut keine Ahnung, woher auf ein Mal seine Lockerheit und sein neckender Tonfall kam, aber es schien der Blondine zu gefallen, denn sie hatte sich bisher noch nicht aus seiner Umarmung gelöst und aus ihrem verunglückten Schmollen war mittlerweile schon wieder ein Grinsen geworden.
 

„Und Große erst in neun Monaten, ich weiß, du Scherzkeks.“
 

Ein wenig enttäuscht bemerkte Per, wie Lena sich aus seiner Umarmung befreite und ihn erwartungsvoll ansah. Wahrscheinlich wartete sie darauf, dass Per Anstalten machte weiter zu gehen, doch er rührte sich keinen Zentimeter. Wäre es nach dem Innenverteidiger gegangen, hätten sie wohl noch stundelang so nahe beieinander gestanden und miteinander gescherzt, aber die junge Psychologin schien andere Pläne zu haben, denn sie hatte sich schon wieder in Bewegung gesetzt und winkte Per belustigt zu, der immer noch Gedanken versunken an der selben Stelle stand.
 

„Wär’ das ein richtiges Spiel und ich der Gegner, dann hätte Tim jetzt echt ein Problem.“
 

„Wär’ das ein richtiges Spiel, hättest du dich gar nicht erst aus meiner Manndeckung befreien können. Da bist du nur raus gekommen, weil ich dich gelassen habe. Aber da das hier kein Spiel ist, können wir auch langsam machen. Ich weiß gar nicht, warum du so hetzt.“
 

Irgendwo in seinem Inneren befürchtete Per, dass Lena es eilig hatte von ihm weg zu kommen, aber eigentlich sprach ja alles, was sie sagte und alles, was sie tat, gegen diese Vermutung und ihre fröhliche Antwort zerstreute seine Bedenken auch sofort:
 

„Du hast mir Stracciatella Eis versprochen, Per, da darfst du dich nicht wundern, wenn ich so ein Tempo an den Tag lege. Ich liebe dieses Eis einfach. Außerdem können wir auf dem Rückweg noch mehr als genug trödeln. Außer du hast nachher noch was vor?“
 

Die Begeisterung, mit der sie eben noch von ihrem Stracciatella Eis geschwärmt hatte, war verschwunden und stattdessen hatte sich eine für Per vollkommen neue Unsicherheit in ihre Stimme geschlichen. Seiner Meinung nach schien sie schon fast daran zu zweifeln, ob er später noch Zeit für sie haben könnte – wie sie darauf kam, wusste der Verteidiger jedoch nicht. Er konnte sich zumindest nicht daran erinnern ihr mit irgendeinem Satz oder irgendeiner Geste das Gefühl gegeben zu haben, nur begrenzt Zeit für sie zu haben. Und genau das wollte er ihr auch gerne verständlich machen.
 

„Meinetwegen könnten wir den ganzen Tag zusammen verbringen, ich habe Zeit.“
 

Sofort hellte sich Lenas Miene wieder auf und so gingen sie vergnügt plaudernd bis zu einem der zahlreichen Eis-Cafés, an dem Lena endlich ihr Stracciatella Eis bekam und auch Per sich mit seinem Schokoladen Eis den Bauch voll schlug. Einen winzigen Augenblick lang hatte er überlegt, ob es wirklich so klug war Schokolade zu nehmen, immerhin setzte Lenas bloße Nähe schon so viele Endorphine in ihm frei, dass er vor Glück fast fliegen konnte, da wäre eine zusätzliche Ausschüttung durch die Schokolade bestimmt nicht unbedingt sinnvoll – schließlich wollte er ja nicht vor Glück davon fliegen. Trotzdem konnte Per nicht anders und bestellte seine Lieblingssorte, wahrscheinlich auch, weil Lena ihn nebenbei schon wieder so abgelenkt hatte, dass er keinen vernünftigen Gedanken mehr fassen konnte.
 

Gemeinsam schlenderten das ungleiche Paar an der Weser entlang, bis sie endlich ein geschütztes Stück Wiese gefunden hatten, auf dem sie sich bedenkenlos niederlassen konnten. Hier waren sie vor allzu neugierigen Spaziergängern und Radfahrern einigermaßen geschützt, so dass sich sowohl Lena als auch Per richtig entspannen konnten. Keiner von beiden war besonders scharf darauf ein Foto von ihnen beim gemeinsamen Eisschlecken zusammen mit einer haarsträubenden Schlagzeile am nächsten Tag in der größten deutschen Klatschzeitung zu sehen, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen.
 

Ein Weilchen saßen die beiden einfach nur schweigend nebeneinander und schleckten ihr Eis, bis Per schließlich all seinen Mut zusammen nahm und vorsichtig seinen freien linken Arm um Lena legte, die dem leichten Zug, der von Per ausging, ohne weiter darüber nachzudenken nachgab und noch ein Stückchen näher an den geborenen Pattensener heranrutschte und ihre Kopf gegen seine Schulter sinken ließ.
 

Immer noch hatte keine von beiden auch nur ein Wort gesprochen, keiner wollte die friedliche Stimmung zerstören, die sich wie eine Seifenblase um sie herum gebildet hatte. Sie genossen einfach nur die Stille und die Nähe des anderen ganz ohne das Bedürfnis unbedingt etwas sagen zu müssen. Manchmal wurde reden halt doch überbewertet und eigentlich war der Innenverteidiger ganz froh darüber, dass er nicht sprechen musste, hatte er immerhin eine größere Chance alles richtig zu machen.
 

Trotzdem konnte er nicht ganz still bleiben. Schon seit dem Augenblick, als er Lena auf dem kleinen Trampelpfad in den Armen gehalten hatte, hatte er an dieses eine, ganz spezielle Lied denken müssen und auch jetzt ging es ihm nicht aus dem Sinn, so dass er einfach leise anfing es vor sich hin zu summen. Zu singen traute er sich dann doch nicht, einerseits wäre der Text zu auffällig gewesen, andererseits wollte er Lena nicht gleich mit seinen Gesangskünsten verschrecken. Das hatte er schon einmal riskieren müssen, ein zweites Mal tat nun wirklich nicht Not.
 

„Was summst du da für ein Lied?“
 

Per Blick wanderte zu der Frau, die da so vertraut gegen ihn gelehnt saß und die Augen immer noch geschlossen hielt, so als wollte sie gar nicht aufhören zu träumen, denn das sie träumte stand außer Frage, das verriet das leichte Lächeln, das ihre Züge umspielte – und genau das war wieder eine dieser Seiten an der jungen Wahl-Spanierin, die Per so sehr faszinierte: Trotz ihres bestimmt nicht ganz leichten Lebens hatte sie nie aufgehört zu träumen und sich über Kleinigkeiten zu freuen. Welcher anderen Frau in ihrem Alter konnte ein einfaches Stracciatella Eis sonst noch so ein glückliches Lächeln aufs Gesicht zaubern?
 

„Nichts Besonderes.“
 

„Bitte Per, es hört sich schön an, als wäre es ein Lied, das man summt, wenn man glücklich ist.“
 

Im Stillen musste Per Lena zustimmen, denn es war definitiv ein Lied für glückliche Zeiten. Um nicht zu sagen für den einen, perfekten Moment, aber das konnte er ihr ja schlecht auf die Nase binden, deswegen antwortete er ausweichend:
 

„Ich hab’s bei der Europameisterschaft nach dem Halbfinale gegen die Türkei das erste Mal gehört, irgendwelche Fans haben es gespielt und ich fand es gerade irgendwie passend.“
 

Am liebsten hätte Lena näher nachgefragt um welches Lied es sich nun handelte, es interessierte sie, was für ein Lied Per in dieser Situation passend fand, doch als sie die Augen aufschlug und in Pers Gesicht sah, verkniff sie sich alle weiteren Fragen. Es war nicht wirklich wichtig. Der Verteidiger lächelte sie so niedlich und strich ihr vorsichtig eine Haarsträhne aus dem Gesicht, als Lena einfach nicht anders konnte als nach seiner Hand zu greifen und sie für einen kurzen Augenblick einfach nur zu halten. Sie hatte keine Ahnung, warum sie das getan hatte, wusste eigentlich noch nicht mal, warum sie hier so saß, wie sie saß: In Pers Arm, an seine Schulter gekuschelt, ja fast schon Händchen haltend. Sie hatte keinen Plan, wie es überhaupt dazu gekommen, von wem die Initiative ausgegangen war, aber sie hatte das Gefühl, dass es richtig so war und das war das einzige, was zählte. Darüber nachdenken konnte sie später noch, jetzt hieß es einfach nur genießen, solange wie es dauerte, denn dass es nicht ewig so bleiben würde, dessen war sich Lena gewiss. Es blieb nie so, wenn sie gerade mal glücklich war.
 

Und als hätte sie es geahnt, fing Per plötzlich an zu reden und zerstörte damit unabsichtlich ihre friedliche Seifenblase.
 

„Sag mal, was war das eigentlich in München zwischen Bojan und dir?“
 

Per wusste selbst wie selten dämlich es war diese einmalige Stimmung zwischen ihm und Lena zu zerstören, besonders mit so einer Frage, von der er wusste, dass sie Lena bestimmt traurig oder zumindest melancholisch stimmen würde, aber er konnte das alles, was sie hier hatten, einfach nicht in vollen Zügen genießen, wenn in seinem Hinterkopf da immer noch all diese anderen Sachen herumspukten.

Die anderen Fragen eben, wie sie zu Bojan stand, der unzweifelhaft in sie verliebt war, in wiefern Lionel, von dem er ja eigentlich gar nichts gewusst hätte, wenn er nicht diese Foto in ihrem Koffer gesehen hätte, ins Bild passte und ob sie immer noch ihrer ersten Liebe hinterher trauerte. Dem Mann, der ihr den Anhänger geschenkt hatte, der immer noch unverändert um ihren Hals baumelte und den sie während der letzten Stunde, die sie zusammen verbracht hatten, immer wieder gedankenverloren berührt hatte. Was das alles anging, brauchte er Klarheit, sonst würde er vermutlich wahnsinnig werden. Denn auch wenn Per sich schon jetzt rettungslos Hals über Kopf in die junge Frau neben ihn verliebt hatte, so wollte er doch sicher sein, dass Lena nicht in festen Händen war. Sollte es sein, wollte er ein Gentleman sein und das Handtuch werfen, auch wenn es ihm tierisch wehtun würde, aber er hatte sich schon vor langer Zeit vorgenommen niemals aus Egoismus eine andere Beziehung zu zerstören. So ein Mensch war er einfach nicht und so ein Mann wollte er auch niemals sein. Deswegen musste er jetzt stark sein und die Fragen stellen, auch die er eigentlich gar keine Antwort hören wollte.
 

„Weißt du Per, ich könnte die jetzt sagen, dass das alles kompliziert ist und es würde der Realität noch schmeicheln, aber ich bin mir sicher, dass du dich damit nicht zufrieden geben wirst, oder?“
 

„Nein, irgendwie nicht. Ich werde dich nicht zwingen mit mir darüber zu reden, aber bisher hatte ich immer das Gefühl, dass du die Ansicht vertrittst, dass reden hilft. Sonst wärst du vermutlich nicht Psychologin geworden, oder?“
 

Am liebsten hätte Lena leise aufgelacht, denn bisher hatte man sie noch nicht oft dazu gebracht ihre eigene Medizin schlucken zu müssen, aber innerhalb der letzten paar Wochen waren sowohl Torsten als auch Per ziemlich gut darin gewesen ihr ihre eigenen Ratschläge um die Ohren zu hauen. Die einzigen, die dieses „Talent“ bisher besessen hatten, waren Paolo und Lionel gewesen, aber selbst diese beiden waren nicht so perfekt darin gewesen wie die beiden Bremer.
 

„Ich vertrete diese Position bei allen Menschen außer mir selbst. Ich bin halt irgendwie nicht der Typ, der lang und breit über seine Probleme und Gefühle spricht. Ich mache das mit mir selbst aus und dann ist gut. Aber seit ich nach Bremen gekommen bin, scheint mir keiner zu glauben, dass es wirklich „gut“ so ist.“
 

Es war wirklich so, dass in Barcelona fast niemand daran gezweifelt hatte, dass es ihr trotz der schlimmen Vorwürfe im Grunde genommen gut ging – schließlich hatte sie ja alles, was eine Frau ihren Alters sich wünschen konnte: Ein abgeschlossenes Studium, eine eigene, renommierte Praxis, weltberühmte Patienten, loyale Freunde und sogar den ein oder anderen Verehrer. Worüber sollte sie sich also beklagen? Wieso sollte sie unglücklich sein? Nur ihre besten Freunde hatten bemerkt, wie sehr ihr diese Gerüchte und Vorwürfe zusetzten, wie sie darunter litt, dass jeder ihrer Schritte, jede ihrer Begegnungen und Berührungen haargenau dokumentiert und dann der Öffentlichkeit zum Fraß vorgeworfen wurde. Sie hatten es gesehen und ihr so gut sie eben konnten zu helfen versucht, bis sie selbst die Notbremse gezogen hatte und aus Barcelona verschwunden war.
 

Und nun war sie hier, in Bremen bei ihrer Familie, weit weg von den neugierigen Paparazzi, die ihr das Leben schier unmöglich gemacht hatten, und trotzdem schienen die Menschen, die genauer hinsahen und die sich wirklich für sie interessierten, sehen zu können, dass es ihr eben nicht gut ging. Ja, sie hatte auch schon mal besser geschauspielert, musste Lena einsehen und genau das bestätigte ihr Per auch noch einmal.
 

„Dass dir keiner glaubt, liegt wahrscheinlich an deinem traurigen Lächeln, das sich jedes Mal in dein Gesicht schleicht, wenn du glaubst, dass keiner von uns hinsieht. Dann wirkst du mit einem Mal so klein und hilflos, dass ich am liebsten zu dir laufen und dich in den Arm nehmen würde, um dich zu trösten. Aber ich weiß ja noch nicht einmal weswegen.“
 

Die Macht- und Hilflosigkeit der Situation schien den langen Innenverteidiger von Werder Bremen tatsächlich zu frustrieren, das merkte Lena sofort und es tat ihr leid, dass sie ihm mit ihrem Verhalten und vor allen Dingen mit ihrem Schweigen in so eine Situation gebracht hatte, immerhin wusste sie ja selbst nur zu gut wie es war, wenn man einem Menschen helfen, ihn trösten wollte, aber im Grunde genommen gar nicht wusste, weshalb. Mit Lionel war es ihr schon unzählige Male so gegangen, manchmal, da wirkte ihr kleiner Torbellino so niedergeschlagen und traurig, doch jeder versuch mit ihm zu reden schlug fehl, auch wenn sie sonst immer über alles sprachen, es gab etwas, was er partout nicht mit ihr teilen konnte oder wollte. Etwas, wogegen sie ihm nicht helfen konnte und das ließ sie sich genauso macht- und hilflos fühlen wie Per.
 

„Ich vermisse meine Freunde, Per. Ich vermisse die Menschen, die ich während der letzten vier Jahre fast jeden Tag gesehen habe, mit denen ich so viele verrückte Dinge erlebt und mit denen ich so viel gelacht habe. Manchmal möchte ich einfach wieder zurück in mein altes Leben, wieder stundenlang mit ihnen über irgendwelche Kleinigkeiten reden und dann glücklich in Leos Armen einschlafen mit dem sicheren Gefühl, dass jemand da sein wird, wenn ich aufwache. Jemand, der ich mich so mag, wie ich bin und für den es wirklich eine Rolle spielt, wie es mir geht. So banal es für dich auch klingen mag: Ich vermisse meine Freunde, deswegen wirke ich manchmal so abwesend und traurig. Sie fehlen mir einfach.“
 

Wenn Per gekonnt hätte, dann hätte er Lena in diesem Augenblick vermutlich angeschrieen – und sie unglaublich fest in den Arm genommen und gedrückt, damit sie sich nicht mehr so einsam fühlte. Doch er schrie nicht, hatte irgendwie gar nicht die Kraft dazu, nach dem, was Lena ihm da gerade offenbart hatte. Nicht einen Moment hatte er geglaubt, dass das Heimweh nach Barcelona so stark sein konnte. Es hatte sie ja schließlich keiner dazu gezwungen Torsten in Bremen zu besuchen, es war ihre eigene Entscheidung gewesen und wenn es doch so schlimm war ohne ihre Freunde, dann konnte sie sich doch jederzeit wieder in den Flieger setzen und zu ihnen zurückkehren – wo war da das Problem?
 

„Aber warum erklärst du das Torsten denn nicht und fliegst wieder heim? Ich bin mir sicher, dass er es verstehen würde. Er will doch nur, dass du glücklich bist.“
 

Es kostete den Verteidiger viel Überwindung diese wenigen Worte aneinander zu reihen, denn selbstverständlich wollte er nicht, dass Lena ihre Sachen packte und ging. Aber wenn es ihr dann besser ging, wenn sie dann wieder lachen konnte, dann war es vermutlich besser so. Denn wenn Per eins nicht wollte, dann war es Lena unglücklich zu sehen, das ertrug er nicht.
 

„Ach Per, ich habe dir doch gesagt, dass es kompliziert ist. Ich kann nicht einfach in den Flieger steigen und so tun, als wäre nichts passiert.“
 

„Aber wieso nicht? Liegt es an Bojan? Macht er dich dafür verantwortlich, dass ich ihn geschlagen habe? Denn wenn das so ist, dann rede ich mit ihm und klär’s.“
 

Für einen Moment hatte Per Angst, dass er dafür verantwortlich war, dass Lena nicht wieder zurück nach Hause konnte, doch ihre Hand, die erst ganz sanft über seine streichelte und dann kurz zudrückte um ihn zu beruhigen, zerstreute diesen Gedanken, zusammen mit ihrer wehmütig klingenden Antwort.
 

„Gott nein, Bojan würde mich lieber heute als morgen im Flugzeug nach Barcelona sitzen sehen, an ihm scheitert es ganz gewiss nicht.“
 

„Aber woran dann?“, murmelte Per leise.
 

Alles Unverständnis für die gesamte Situation steckte in dieser Frage und Lena konnte die Verwirrung des langen Innenverteidigers nur zu gut nachvollziehen, würde sie nicht kopfüber in diesem Schlamassel stecken, hätte sie wahrscheinlich auch kein Wort von dem verstanden, was sie da eben von sich gegen hatte.
 

„An mir. An der ganzen Situation. An allem irgendwie. Und es ist ja auch nicht so, dass ich hier in Bremen nur total unglücklich wäre, so ist das nicht. Weißt du, es gab hier auch schon Momente, in denen war ich unheimlich glücklich, da konnte ich all meine Probleme und Sorgen vergessen und einfach nur genießen.“
 

„Wirklich?“
 

Pers Augen leuchteten wie die eines kleinen Kindes vor dem Weihnachtsbaum und die Wahl-Spanierin konnte einfach nicht anders als zu lächeln. Das war eben eine der Eigenschaften, die sie sofort an Per lieb gewonnen hatte: Mit einem einzigen Blick in seine leuchtenden Augen konnte er sie zum Lächeln bringen, egal wie ihr vorher zumute gewesen war.
 

„Hmhm.“
 

„Und was waren das für Momente?“
 

Beinahe hätte die junge Psychologin losgelacht, denn Per war vor Neugierde noch etwas näher an sie heran gerutscht und schaute sie nun erwartungsvoll an, vielleicht ja sogar in der Hoffnung, dass sie auch mit ihm wenigstens für einen kleinen Augenblick glücklich gewesen war. Doch für den Moment wollte Lena den Kollegen ihres Bruders ein kleines bisschen zappeln lassen und fing erst langsam an:
 

„Wenn ich zum Beispiel mit Lena und Lisa zusammen spiele, vergesse ich ganz oft den Rest der Welt um mich und fühle mich einfach wieder wie ein Kind. Das ist befreiend. Oder wenn ich mich mit Torsten kabbele, so wie wir es früher, vor seinem Auszug, gemacht haben, dann bin ich auch absolut sorgenfrei. In diesen Augenblicken kann mir niemand etwas anhaben, weil ich ja weiß, dass Torsten da ist und die bösen Monster von mir fern hält, auch wenn er manchmal selbst einem Drachen ähnelt.“
 

An dieser Stelle konnten sich Lena und Per das Lachen nicht verkneifen, denn bereits allzu oft hatten sie sich Torsten als Feuerspuckenden Langhaardrachen vorgestellt, der den Weg zu ihrem Turmzimmer bewachte – nur damals war das für Per definitiv nichts Positives gewesen, so wie Lena es gerade dargestellt hatte.
 

Das Lachen der beiden verebbte und Per wollte seinen Blick schon traurig abwenden, als Lena stockend weitererzählte.
 

„Oder aber, wenn wir beide uns unterhalten, miteinander herumalbern oder so vertraut nebeneinander sitzen und auch einfach mal gemeinsam schweigen und die Nähe des Anderen fühlen können – dann bin ich glücklich.“
 

Und in diesem Augenblick konnte Per einfach nicht mehr anders, er musste Lena einfach küssen. Denn wenn dieser Moment nicht mehr als perfekt war, dann war es keiner.
 

To be continued
 

Eigentlich sollte dieses Kapitel vollkommen anders verlaufen, es sollte so locker und leicht bleiben wie noch zu Beginn, Lena und Per sollten scherzen und einfach ein paar schöne Stunden miteinander verbringen, aber irgendwie sind sie dann doch wieder in die melancholische Stimmung abgedriftet.

Und trotzdem finde ich es gar nicht mal so schlimm, immerhin bekommt Per so endlich Antworten auf seine Fragen, er bekommt einen Einblick in Lenas Seelenleben und kann sie jetzt vielleicht besser verstehen – und natürlich bietet es ihm die „perfekte“ Gelegenheit sie zu küssen. Hattet ihr damit am Anfang des Kapitels gerechnet? Vielleicht ja irgendwie schon, denn es hat sich ja so ein bisschen angekündigt, die Berührungen, das im-Arm-halten und diese vielen, vielen Endorphine, die bestimmt nicht nur durch das Schoko-Eis gekommen sind.

Jetzt stellt sich nur noch die Frage, ob Lena den Moment auch für so perfekt hält und den Kuss erwidert. Oder wie sie überhaupt darauf reagiert, dass Per sie so fast schon überfallmäßig küsst, ist ja schließlich sonst nicht sein Stil.

Der folgende Link ist für alle, die gerne wissen möchten, welches Lied Per so passend fand und da so leise vor sich her gesummt hat: http://www.youtube.com/watch?v=rSQpnS1pJSs. Dieses Lied lief übrigens fast in Dauerschleife, während ich dieses Kapitel geschrieben habe und es diente auch die Inspiration für das gesamte Kapitel und besonders natürlich für den letzten Satz. Vielleicht seht ihr es ja genauso wie ich.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  sunny12
2012-07-11T20:39:24+00:00 11.07.2012 22:39
Guten Abend :)
Ich liebe diese Geschichte einfach und dieses Kapitel besonders.
Es war einfach schön, zu sehen, wie locker die beiden miteinander umgehen können und dass Lena schon merkt, dass da anscheinend etwas zwischen ihr und Per ist.

Deine Beschreibungen in diesem Kapitel sind dir auch wieder sehr gut gelungen und man konnte sich alles schön vorstellen.
Vor allem die Situation ganz zu Anfang bei der Umarmung und die an der Weser hat mir besonders gut gefallen. Ich find es auch gut, dass die beiden jetzt angefangen haben, über Lenas Probleme in Barcelona zu reden. Davon wird ihre Beziehung zueinander hoffentlich noch besser. Ich hoffe auch, dass Lena nicht zu abweisend auf den vermutlich kommenden Kuss reagieren wird. Obwohl mich ja auch interessieren würde, was passiert, wenn sie nicht so positiv darauf reagiert. Aber das bleibt ja alles dir überlassen ;)
Ich lass mich dann einfach mal überraschen, was du weiter daraus machst und bin jetzt schon wieder darauf gespannt, wie es weitergeht :)
LG sunny12


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