Zum Inhalt der Seite

Happy ohne Ende?

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Anruf aus der Vergangenheit

Ich bleibe an dieser Stelle standhaft: Keine der in meiner Story vorkommenden Personen gehört mir und alles, was hier zu lesen ist, ist definitiv frei erfunden und entspricht zu keinem Zeitpunkt der Wahrheit.
 

„Hola?“
 

Nichts.
 

„Hallo?“
 

Ihre Stimme klang bei der erneuten Frage unsicher und brüchig, fast als fürchtete sie, dass der Anrufer es sich anders überlegen und wieder auflegen würde. Innerlich war sie zerrissen, ob eine Verzögerung des Gespräches nun gut oder schlecht wäre. Vermutlich irgendwie beides zur gleichen Zeit.
 

Immer noch stille. Am anderen Ende der Leitung konnte Lena leises Rascheln und tiefe Atemzüge hören. So als versuchte sich da jemand an meditativen Beruhigungsmethoden um emotionalen Stress abzubauen.
 

Das zauberte ihr ein kleines, einsames Lächeln aufs Gesicht, was jedoch nach ein paar Sekunden weiter anhaltender Stille wieder verschwand. Warum redete er nicht mit ihr? Lena hatte mittlerweile das Wohnzimmer verlassen und stand jetzt im kalten Flur an die Wand gelehnt. Sie wollte nicht, dass einer der Jungs, womöglich noch ihr Bruder, oder Petra dieses Gespräch mitbekamen, auch wenn Lena natürlich die fragenden Blicke bemerkt hatte, die sie ihr alle mehr oder minder auffällig zugeworfen hatten. Doch für beruhigende Handzeichen oder so etwas war keine Zeit gewesen. Danach stand Lena gerade auch nicht der Kopf, denn dieses Gespräch würde bestimmt nicht ruhig ablaufen. Was, wenn sie durch ihre überstürzte Flucht aus Barcelona alles kaputt gemacht hatte? Wenn er ihr nicht verzieh? Damit konnte sie nicht leben, nicht schon wieder. Nicht noch einmal. Solch einen Fehler hatte sie schon einmal vor langer Zeit gemacht und danach hatte sie sich geschworen es nie wieder zu tun. Dafür war der Preis, den sie hatte zahlen müssen, einfach viel zu hoch gewesen.
 

„Leo? Verdammt noch mal rede mit mir!“
 

Leise hauchte Lena den Namen ihres besten Freundes ins Telefon und hoffte, dass er jetzt endlich reagieren würde. Und ihr Flehen blieb nicht unbeachtet.
 

„Si, mi corazón.“
 

Mein Herz. Ja, das war der Spitzname, den er ihr vor einer gefühlten Ewigkeit gegeben hatte. Damals, als sie wie ein Häufchen Elend in Barcelona angekommen war und nicht gewusst hatte, wie sie ihr neues Leben meistern sollte. Was sie aus ihrem leben machen sollte. Desillusioniert und verzweifelt. Als Kummer, Schmerz und teilweise sogar Wut ihre Welt beherrscht hatten. Und diese unglaubliche Sehnsucht, die Lena in der ersten Zeit nie hatte vergessen können. Sehnsucht nach Mailand, Sehnsucht nach ihrer zweiten „Familie“, auch wenn ihr die Gedanken an sie oftmals Weh taten.
 

Jedes Mal, wenn Lionel sie „mi corazón“ nannte, kribbelte es in ihrem Bauch und Lena fühlte sich sonst immer besser. Besser, weil da wieder jemand war, dem sie so unendlich viel bedeutete und für den sie so wichtig war, wie sein eigenes Herz. Früher hatte er sie immer freudig so genannt, heute nicht. Seine Stimme klang traurig, verloren und ausgezehrt, da war nichts mehr übrig von dem Lionel Messi, den Lena kannte. Sonst scherzte er immer fröhlich mit ihr, lachte und lächelte ohne Ende und es gab nicht, was seinen unendlichen Optimismus hätte aufhalten können. Er war einfach ein Mensch, der die meiste Zeit des Tages glücklich und dankbar war, weil sich sein größter Traum erfüllt hatte. Und diese Freude hatte er früher zumindest fast immer mit allen geteilt. Aber jetzt klang seine Stimme fast tonlos und seine Worte waren leer.
 

„Leo, ist irgendetwas passiert? Geht es allen gut?“
 

Aus der Leitung drang nur ein unfreundliches Schnauben, was Lenas Vermutung bestätigte, dass dieses Gespräch in der Tat nicht angenehm werden würde.
 

„Bei mir ist nichts passiert, die Frage ist eher: Warum bist du bei Nacht und Nebel aus Barcelona verschwunden? Warum?!“
 

Lena schluckte und versuchte in Gedanken eine Antwort zu formulieren, die Leo nicht so sehr verletzen würde. Sein anklagender, verletzter Ton machte ihr jedoch bereits deutlich, wie schwer ihr Fehler gewesen war, einfach so zu gehen.
 

„Warum hast du mir nichts gesagt, Lena? Warum bist du einfach so gegangen, ohne ein Wort des Abschieds? Ich dachte wir könnten über alles reden. Ich dachte ich bedeute dir etwas. Aber anscheinend bin ich dir genauso egal wie der Rest deines Lebens hier.“
 

„Leo, bitte, das stimmt nicht. Du bedeutest mir unendlich viel, mi torbellino. Ich- Ich weiß, es war ein Fehler einfach so zu gehen, aber ich habe es einfach nicht mehr ausgehalten.“
 

„Weißt du Lena, das hättest du mir auch sagen können. Uns sagen können. Wir haben doch immer versucht dich zu verstehen. Immer wieder haben wir dich gefragt, wie du mit der ganzen Sache klar kommst und deine Antwort war immer, dass es dir gut geht, dass es kein Problem gibt. Du hast uns absichtlich aus deinem Leben ausgeschlossen und dich immer weiter von uns zurückgezogen seit dieser Sache. Und jetzt bist du einfach so aus meinem Leben verschwunden. Soll das alles sein?“
 

Eigentlich wollte Lena etwas erwidern, wollte bestreiten was Leo sagte, doch tief in ihrem Inneren wusste sie, dass er Recht hatte. Leo hatte absolut Recht, mit jedem einzelnen Wort, auch wenn es Lena bis ins Herz traf. Sie hatte ihre Freunde, hatte Lionel, wissentlich aus ihrem Leben ausgeschlossen, hatte ihnen Dinge verschwiegen und alles getan, damit sie sich keine Sorgen um sie machen mussten. Sie hatte sich zu einem Lächeln gezwungen und eiskalt gelogen. Ihr schlechtes Gewissen aber hatte sie so lange geplagt, bis sie ihnen fast nicht mehr ins Gesicht sehen konnte. Deswegen war sie gegangen. Um nicht noch mehr lügen zu müssen. Um nicht noch mehr Geheimnisse wahren zu müssen, wo sie Leo doch am liebsten ihr Herz ausgeschüttet hätte. Ihr war das alles zu viel geworden, es war ihr über den kopf gewachsen und sie war zu dem Menschen geflüchtet, der ihr ein Gefühl von Liebe, Geborgenheit aber vor allen Dingen auch Sicherheit geben konnte. Torsten würde nicht zulassen, dass ihr etwas geschah, dass ihr jemand Weht tat. Und dadurch würde Lena auch die Menschen beschützen können, die ihr Herz so sehnsüchtig vermisste.
 

„Wo bist du, Lena? Bist du wieder bei ihm?“
 

Da war er wieder, dieses leichte Gefühl von Schmerz, das sich jedes Mal einstellte, wenn er seinen Namen aussprach. Lionel hatte einen ganz speziellen Ton und jedes Mal, wenn sie über ihn sprachen, was nicht all zu häufig vorkam, kamen in Lena die Erinnerungen hoch. Es war nun schon einige Jahre her, doch der Schmerz war immer noch da. Unterschwellig, aber da. Da sah man wieder: Die Zeit heilte keine Wunden, man gewöhnte sich nur an den Schmerz.
 

Lena schluckte. Sie hatte gewusst, dass diese Frage kommen würde, genauso wie sie wusste, dass sie ihm nicht sagen konnte wo sie war. Er würde alles stehen und liegen lassen und zu ihr kommen. Weil nicht aufgab. Niemals aufgab. Er wollte ihr ein Freund sein, der beste Freund, den sie jemals gehabt hatte, wollte ihr helfen, für sie da sein und sie beschützen, doch das konnte Lena nicht zu lassen. Lionel Messi durfte sich unter gar keinen Umständen auf den Weg zu ihr machen. Und für sie gab es keinen Weg zurück. Nicht jetzt. Eine Lüge jedoch brachte Lena in diesem Augenblick auch nicht über die Lippen. Diesen Schmerz konnte sie Lionel nicht wissentlich antun. Das wäre grausam und würde vielleicht die letzten Reste ihrer Freundschaft zerstören, die Lena bisher noch heil gelassen hatte. Denn einen Körper sezierte man mit einem Skalpell, eine Seele mit Worten und Gedanken.
 

„Nein, Leo, bin ich nicht.“
 

„Dann sag mir wo du bist und ich komme dich holen. Ich lasse dich nicht einfach so gehen. Wir brauchen dich hier. ICH brauche dich hier.“
 

In seiner Stimme klang eine Verzweiflung mit, die Lena bis dato noch nie gehört hatte. Und es zerriss ihr fast das Herz dastehen zu müssen und diejenige zu sein, die ihn so unsagbar leiden ließ. Das hatte sie nicht gewollte, das hatte sie alles nicht gewollte. Aber jetzt war es nicht mehr zu ändern.
 

„Ich kann nicht, versteh doch.“
 

„Also bist du doch wieder bei ihm.“
 

Mit einem Mal war Lionels Stimme nicht mehr nur traurig, sondern eher wütend. Wahrscheinlich wütend auf sie, weil er sie für schwach genug hielt wieder dahin zurück zu kehren, wo man ihr das erste Mal das Herz gebrochen hatte, und wütend auf ihn, weil er nicht stark genug war so zu tun, als würde es ihn nicht interessieren.
 

„Nein, Leo, ich bin zu meinem Bruder und seiner Familie geflogen. Hier habe ich Ruhe und kann vielleicht etwas Abstand gewinnen. Außerdem kennt mich hier keiner und es würde niemand auf die Idee kommen und in mir die Psychologin, das Maskottchen und beste Freundin Lionel Messis zu sehen. Barca und die Gerüchteküche ist weit genug weg. Hier lesen die Leute keine spanischen Zeitungen. Sie wissen also von nichts.“
 

Lena hoffte inständig, dass er ihr glaubte. Dass er nicht an ihr zweifelte und sie nicht aufgab. So wie sie sich selbst im Flugzeug hierher schon beinahe aufgegeben hatte. Seine Freundschaft bedeutete Lena viel und sie wusste nicht, wie sie ohne Leo leben sollte. Er zauberte ihr ein Lächeln ins Gesicht und mit ihm konnte sie stundenlang reden ohne auch nur einmal das Gefühl zu haben, dass es ihn nicht interessierte. Leo war im Laufe der Zeit irgendwie der Mann an ihrer Seite geworden. Und sie die Frau an seiner, auch wenn sie nicht, wie die Medien so gerne spekulierten, romantisch involviert waren. Sie waren einfach nur beste Freunde und wenn Lena diese Freundschaft noch irgendwie retten wollte, dann musste sie es jetzt tun.
 

„Bist du nur wegen der Sachen in den Zeitungen gegangen? Wegen dieser Schmierschriften und diesen grässlichen Fotos? Dir ist doch bewusst, dass unsere Rechtsabteilung da schon hinter sitzt und alles und jeden verklagt, der daran beteiligt war, oder? Bald wird niemand mehr darüber sprechen und alles andere überstehen wir auch zusammen. Was wir alleine nicht schaffen, das schaffen wir dann zusammen, nicht wahr, mi corazón?“
 

„Leo, bitte, du bist einer der wichtigsten Menschen in meinem Leben und ich will dich nicht verlieren, aber im Augenblick brauche ich eine Pause. Ich kann nicht mehr, ich weiß nicht mehr wo mir der Kopf steht.“
 

„Verstehe.“
 

„Nein, du verstehst nichts. Ich bin gegangen, weil ich es nicht mehr ausgehalten habe. Das hat aber nichts mit dir oder den anderen Jungs zu tun. Ich liebe meine Arbeit und ich liebe das Team, das weißt du, aber ich muss einfach mal einen Ganz zurück schalten und etwas anderes sehen. Meinen Bruder und meine beiden kleinen Nichten habe ich schon lange nicht mehr gesehen und hier habe ich irgendwie das Gefühl angekommen zu sein. Bei ihnen kann ich meine Reserven auftanken.“
 

„Damit du dann wieder zurück kommst? Damit wir uns wieder sehen?“
 

„Genau, damit ich wieder komme und wir uns wieder sehen.“
 

Lena musste lächeln, als sie sich vor Augen führte, wie kindlich sich ihr Gespräch wohl gerade anhörte, aber das war ihr eigentlich verdammt egal. Sie fühlte, dass Lionel auf dem besten Weg war sie zu verstehen und es war unnötig zu verzeihen, wenn man verstand. Und genau das erhoffte sie sich von Leo.
 

„Dann bist du also nicht für immer gegangen?“
 

„Nein, ich kann doch meine geliebte Chaos-Truppe nicht einfach so im Stich lassen. Ihr braucht mich doch, sonst lauft ihr noch irgendwann Amok. Nee, Herr Messi, so schnell werden sie mich nicht los.“
 

Jetzt musste Lena lauter lachen und steckte Leo doch glatt damit an. So lachten sie beide eine weile in den Hörer, bis Leo sich räusperte.
 

„Auch wenn du erst einmal Abstand brauchst, darf ich dich trotzdem weiterhin anrufen? Ich vermisse deine Stimme schon nach den paar Tagen, die du fort bist und ich glaube ich werde wirklich verrückt, wenn ich über längere Zeit nicht mit dir reden kann.“
 

„Ich würde unsere Gespräche auch um keinen Preis der Welt aufgeben, mi torbellino.“
 

Beide schwiegen in den Hörer, denn jetzt waren sie an einer Stelle des Gesprächs angelangt, die sie beide vor Beginn des Gesprächs wahrscheinlich nicht für möglich gehalten hätten. Auf beiden Seiten waren da dinge, die nicht gesagt werden konnten aus dem einen oder anderen Grund, aber alles in allem waren Lena und Lionel froh, dass sie miteinander gesprochen hatten.
 

„Schlaf gut Leo und träum süß.“
 

„Du auch, mi corazón.“
 

Erschöpft aber erleichtert legte Lena auf und sackte nun regelrecht an der Wand zusammen und rutschte, bis sie den Boden berührte. Die Fliesen waren kalt, aber unter ihren warmen, schweiß nassen Handflächen machte das nichts.
 

Für einen Augenblick schloss Lena die Augen und sah Leo und sich selbst vor sich, wie sie zusammen auf einer Wiese in einem Park Barcelonas gelegen hatten. An diesem Nachmittag hatten sie ausgelassen gelacht und waren glücklich gewesen. Wunderbare Erinnerungen an vergangene Tage, die unwiderruflich vorbei waren, auch wenn sie irgendwann wieder nach Barcelona kommen würde.
 

Unmerklich fing Lena an zu weinen und sie bemerkte es erst, als die ersten Tränen sich ihren Weg über ihre Wange bahnten. Sie versuchte leise ein aufkeimendes Schluchzen zu unterdrücken und fragte leise, aber eindringlich:
 

„Wie lange stehst du schon da und lauschst?“
 


 

To be continued? Was meint ihr, was war denn nun in Barcelona?? Und wer hat sie da wohl belauscht?? Fragen über Fragen und ich hätte gerne Theorien…



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück