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In the end

It doesn't even matter
von

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Raito

Raito

Es war ein Phänomen, dass Menschen bei einem Unfall immer stehen bleiben und zusehen mussten. Aber ich hätte niemals gedacht, dass ich selbst einmal hilflos und jeglicher Macht beraubt daneben stehen würde. Nicht als Zuschauer – sondern als Betroffener.

Die raue Wolldecke kratzte am Hals und das Geschehen um mich herum glich einem Jahrmarkt. Bunte Flecken, wohin ich auch sah. Menschen, die an mir vorbei drängelten und mich zur Seite stießen. Die besorgten Stimmen der Notärzte. Doch ich konnte mich auf keinen von ihnen konzentrieren. Mein Blick – gläsern und durchnässt – ruhte auf dem verbeulten Stück Metall, das einmal mein Auto gewesen war. Tausende Linien zogen sich durch die Windschutzscheibe und gaben ihr das Aussehen eines Spinnennetzes. Noch immer schlug Qualm aus dem, was vom Motor noch übrig war. Das Auto. Unwichtigster Verlust an diesem ganzen Unfall.

Meine Aufmerksamkeit, mein Interesse, meine Angst galt dem schmalen Körper, der noch immer auf dem Beifahrersitz eingeklemmt war. Feuerwehrmänner in schwarz-gelber Uniform arbeiteten ohne Unterlass an der Tür. Schon seit Stunden, wie es mir schien, auch wenn der Unfall nicht länger als eine halbe Stunde zurückliegen konnte. Meine Finger zitterten, während ich sie fester in die Decke grub und mich zwang langsam auf das Wrack zuzugehen.

Er bewegte sich nicht. Das Spinnennetz verzerrte seinen Anblick, doch er rührte sich nicht. „Bitte, Sir, gehen Sie von dem Wagen weg“, sagte eine Stimme. Ich wollte sie nicht zuordnen, wollte nicht auf sie hören.

„Ryuzaki…“ Ich merkte nicht einmal, dass die Silben laut über meine Lippen gekommen waren.

„Sir, bitte… Gehen Sie zum Krankenwagen zurück.“

Mit einem lauten Krachen fiel die Autotür ins Gras.

„Ryuzaki!“

Zwei Männer griffen unter seine Arme und hoben den Körper vorsichtig aus den Überresten des ehemaligen BMW.

„Sir…!“

Hände versuchten mich festzuhalten, doch ich schlug sie nach hinten, stürzte über die unebene Erde zu der Trage, auf die man ihn gelegt hatte. Meine Knie schlugen hart auf dem gefrorenen Boden auf, doch es war egal, es zählte nicht. Alles, was zählte, war…

„Ryuzaki…?“ Ein schwaches Blinzeln. Seine sonst so weiße Haut war rot. Rot und zerstört.

„… Ah…“

„Nicht reden. Ryuzaki… Es wird alles gut, hörst du?“ Meine Hand schloss sich um seine Finger. Sie waren kalt. So entsetzlich kalt, doch ich ließ sie nicht los. „Ryu… zaki?“

Seine Lider waren erstarrt. Die knochige Hand zwischen meinen Fingern wurde noch kälter. Undeutlich spürte ich, wie sich meine Zähne in meine Unterlippe bohrten, ehe ich Ryuzakis Hand zu mir zog und seine Haut mit den Lippen berührte. „Sag doch etwas… Ryuzaki…“

Das blaue Licht der Einsatzfahrzeuge glitt über meinen Rücken. Ich hörte Menschen um mich herum, doch ich fühlte mich allein. Allein mit Ryuzakis Körper. Ohne seine Stimme. Ohne seine Nähe.

„Es tut mir Leid… Hörst du? Ryuzaki… Es tut mir Leid.“

Diese Menschen um uns herum. Sie sollten verschwinden. Sie sollten uns nicht ansehen.

Ryuzaki. Es war noch nicht lange her, als ich sein Leben selbst beenden wollte. Warum tat es jetzt so weh?

„Ich hätte besser aufpassen müssen… Ich…“

Ich ließ ihn nicht los, obwohl sein Körper längst kalt war. Meine Hand wühlte sich in seine dunklen Haare, fassten in das feuchte Blut.

„Es tut mir so Leid…“



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von:  shinu
2010-10-29T13:56:11+00:00 29.10.2010 15:56
Einen guten Mittag wünsche ich dir :3

Ok, meine erste Reaktion war eigentlich ein "ARGH! Wieso? Warum? Aber..."
Es ist einfach erstaunlich wie sehr die Verzweiflung, Trauer, Schuldgefühle so ein einfaches, an die richtige Stelle gesetztes "Es tut mir so Leid..." ausdrücken kann.
So eine kurze Szene, so wenig Worte und dennoch schaffst du es so viel auszudrücken. Du beschreibst nicht nur, es wirkt auf mich nicht wie eine bloße Erzählung, stattdessen kommt es mir eher wie eine Momentaufnahme oder wie ein kleiner Film vor, der sich vor meinem inneren Auge abspielt. Ich kann mir den Schock und den Schmerz so gut vorstellen. Dein flüssiger, geschmeidiger Schreibstil macht dies einfach möglich. Es sind keine Holpersteine da, die vom eigentlich Bild ablenken, das gefällt mir sehr, sehr gut.

Viele Grüße,
shinu :3
Von:  angel_of_sand
2009-06-23T14:41:56+00:00 23.06.2009 16:41
wenn ich ehrlich bin,musste ich sogar weinen Q///Q
ich liebe solche FFs >///<
Von:  mikifou
2009-03-29T19:32:01+00:00 29.03.2009 21:32
wow ÔÒ

der arme ryuzaki!
aber raito tut mir auch sooo dolle leid T_T

les schnell weiter...
Von: abgemeldet
2009-01-13T23:15:36+00:00 14.01.2009 00:15
Hm, warum kann ich keinen Kommentar zu der gesamten Fic hinterlassen?
Doof...
Na, denn halt so.

Erschütternd.
Raito, völlig ohne Kontrolle...
Das ist mal etwas völlig Neues.
In dieser Version hat er Gefühle für L, ob er sie sich bewusst war, oder nicht, spielt eigentlich keine Rolle.
Seine Hilflosigkeit ist sehr gut dargestellt.


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