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Code Geass: Messing with Time

Und weil es so schön war, gleich noch mal...
von

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Das angenommene Angebot

Das Leben ist ein kaltherziges Ding, das jenseits von Gut und Böse liegt und es dennoch vermag, innerhalb weniger Herzschläge entweder mehr Existenzen zu retten oder auszulöschen als alles andere auf dieser Welt - je nachdem, welcher Laune es gerade ist. Es ist ein gefühlloses Etwas, das dazu neigt, mit einer trügerischen Mildtätigkeit auf uns herabzulächeln, uns in eine warme Umarmung zu schließen und tröstende Worte in unser Ohr zu flüstern, nur um uns im nächsten Moment eine eisige Stahlklinge in den Rücken zu rammen und sie in unseren Eingeweiden dann noch einmal herumzudrehen, nur um sicherzugehen, dass wir auch ja nicht so einfach davonkommen.

Lelouch Lamperouge starrte auf das, was von dem einstmals stolzen Japan übriggeblieben war, und erinnerte sich zum ersten Mal in mehr als zwei Jahren dieser Tatsache, derer er sich einst bei jedem Schritt und jedem Atemzug bewusst gewesen war.

Tod und Verwüstung, genau wie damals.

Vielleicht war das das wahre Gesicht der Welt – ihr unausweichliches Schicksal, das auch durch den größten Strategen und den tapfersten Ritter unmöglich bezwungen werden konnte.
 

Ein Kichern entrang sich Lelouchs Kehle; zunächst kaum hörbar, doch es dauerte nicht lange, bis es zu einem Lachen angeschwollen war, das der Wind bis in die letzten Winkel der Einöde trug, von der er umgeben war, und das selbst dem tapfersten Krieger das Blut in den Adern hätte gefrieren lassen.

Es war absurd. Vollkommen lächerlich.

Nach allem, was sie getan hatten, um die endlose Kette von Krieg und Hass zu durchbrechen. Nach allem, was sie getan hatten, um die Welt in einen Ort zu verwandeln, an dem niemand in Angst und Schrecken leben musste, sondern zumindest eine Chance darauf hatte, glücklich zu sein.

Nach all dem Blut, das sie vergossen hatten, um ihr Ziel zu erreichen.

Niemals war es ihnen in den Sinn gekommen, dass es noch verlassene Forschungslabore aus längst vergangenen Zeiten irgendwo unter der Erde geben könnte, die eines Tages beschließen würden, einfach in die Luft zu gehen und einen halben Kontinent mit sich ins Verderben zu reißen.

Lelouch lachte so herzhaft, dass ihm die Tränen kamen.

„Lelouch?“

Er nahm sich zusammen und drehte sich zu der Frau um, die hinter ihm stand. In ihrer Stimme lag ein besorgter Unterton, der nicht zu ihr passte, und Lelouch öffnete den Mund, um ihr zu versichern, dass alles bestens war – dass er nicht kurz davor war, einen Nervenzusammenbruch zu erleiden, sondern diese grausame Ironie nur unglaublich komisch fand. Doch anstelle der Antwort, die er zu geben beabsichtigt hatte, verließ nur ein weiteres Kichern seine Lippen.

Abermals lachte er. Lachte so heftig, dass er sich die schmerzenden Seiten halten musste; so lange, bis er keine Luft mehr bekam. Und er scherte sich nicht darum, dass er trotz allem, was er in seinem verhältnismäßig kurzen Leben schon gesehen und getan hatte, niemals so wahnsinnig gewirkt haben musste wie in diesem Augenblick.

Dieser Gedanke rief eine erneute Welle von Belustigung in ihm hervor, und es kam ihm vor wie eine halbe Ewigkeit, bis der dadurch ausgelöste Kicheranfall schließlich wieder zu verebben begann. Wenige Minuten und unzählige Versuche später gelang es ihm dann endlich, Worte zu formen, ohne dass ihm ein Glucksen dabei entwich.

„Es geht mir gut“, sagte er, aber es kostete ihn so viel Mühe, als hätte jemand versucht, seine Stimmbänder mit einer heißen Klinge zu durchtrennen und es sich dann im letzten Moment anders überlegt. Selbst in seinen eigenen Ohren hörte seine Stimme sich erstickt und gebrochen an. Er hob die Hand an die Wange und merkte, dass er noch immer weinte.

Inzwischen hatten die unnatürlich gelben Augen seines Gegenübers einen warmen Ausdruck angenommen, den Lelouch in den letzten Jahren schon oft gesehen hatte, der ihn aber trotzdem jedes Mal aufs Neue verblüffte. Überrascht erkannte er, dass er das Mitleid in C.C.s Blick nicht ertragen konnte, und wandte sich ab.

O Gott, schoss es ihm durch den Kopf, während er ohne es zu merken auf die Knie fiel. Die Tränen, die ihm so erfolgreich die Kehle zugeschnürt hatten, kamen nun nicht länger unbemerkt und lautlos, und er schloss die Augen. O Gott, Suzaku, es tut mir leid. Er dachte an Nanali und Kallen und alle, die schon vor dieser Katastrophe entweder direkt oder indirekt für das Zero Requiem gestorben waren. So leid.

Aber Entschuldigungen, das wusste Lelouch, würden nichts ändern. Genauso wenig, wie seine Reue die Stadt um ihn herum wieder aufbauen würde, würde sie Milly oder Rivalz oder die chinesische Kronprinzessin zurückbringen.

Er hatte versagt, und dieses Mal gab es nichts, was er tun könnte, um seinen Fehler wieder gutzumachen.

Dieses Mal war sein Versagen endgültig, absolut, unverzeihlich.

Auf Händen und Knien hockte er auf dem staubigen Sandboden, schluchzend, den Kopf gesenkt, und fragte sich, wie er eine ganze Ewigkeit mit diesen Empfindungen überstehen sollte, hatte er doch noch nicht einmal eine Ahnung davon, wie er die nächsten Tage und Wochen hinter sich zu bringen gedachte. Er war sich sicher, dass es einzig und allein seine Unsterblichkeit war, die Trauer, Verzweiflung und Schuldgefühle daran hinderte, ihn noch an Ort und Stelle zu verschlingen.

Lelouch wusste nicht, wie lange er dort umgeben von Wüste und Ruinen sitzen blieb, abwechselnd lachte und weinte und sich darüber wunderte, dass er immer noch so viel Menschlichkeit in sich trug.

Er war der ausgestoßene Prinz, der Dämonenkönig, der die Welt zerstört hatte, um sie zu verändern. Sollte er nicht längst zu abgestumpft sein, um derart stark empfinden zu können? Aber im Grunde war er sich im klaren darüber, dass das nichts weiter als Wunschdenken war. Er war gut darin, so zu tun, als ließe ihn der Tod zahlloser Unschuldiger vollkommen kalt. Verstellung war eine Kunst, die er schon immer beherrscht und in seiner Zeit als Kaiser beinahe bis zur Perfektion gebracht hatte. Wenn es jedoch darum ging, tatsächlich das eigene Herz zu töten, dann gab es kaum jemanden, der schlechter darin war als er. Bei Gott, er hatte es oft genug versucht.

Eine sanfte Berührung an der Schulter riss ihn aus seinen ohnehin sinnlosen Reflexionen. „Lelouch?“

C.C. hatte gewartet, bis er keine Tränen mehr hatte, die er hätte vergießen können, und sowohl zu ausgelaugt als auch zu heiser war, um in einen weiteren hysterischen Lachkrampf zu verfallen. Obwohl er fand, dass es im Grunde einerlei war, wusste Lelouch ihre Geduld zu schätzen. Er war sich ziemlich sicher, dass seine sonst so gebieterische Begleiterin sich nun schon seit mehreren Stunden zurücknahm. In der Tat hatte er ihre Anwesenheit beinahe vergessen gehabt, so schweigsam und reglos hatte sie hinter ihm verharrt.
 

Er sah zu ihr auf und lächelte. Es war ein trauriges, hoffnungsloses Lächeln, das C.C. beinahe das Herz brach.

„Ich hätte es wissen müssen“, sagte Lelouch, seine Stimme kaum mehr als ein Flüstern, obwohl er sich merklich bemühte, laut und mit fester Stimme zu sprechen.

C.C. schüttelte den Kopf. „Du hast alles getan, was man nur von einem Menschen erwarten kann. Und mehr. Das hier“, sie ließ kurz den Blick schweifen, bevor sie ihre Aufmerksamkeit wieder voll und ganz auf den am Boden hockenden Jungen richtete, „ist nichts, was du hättest kommen sehen können. Du bist kein Gott.“

„Nein“, stimmte er ihr zu. Er klang noch immer heiser und erneut umspielte ein humorloses Lächeln seine Mundwinkel. „Ich bin Lelouch vi Britannia, der abtrünnige Prinz, der Zero war und das Blut Tausender vergossen hat für das, was du hier siehst.“

„Sie waren glücklich.“

„Sie sind tot.“

„Es ist nicht deine Schuld.“

Lelouch schüttelt den Kopf. „Es spielt keine Rolle mehr, oder?“ Wieder dieses Lächeln. „Es ist vorbei.“

C.C. zögerte, aber nur für den Bruchteil einer Sekunde. „Es muss nicht vorbei sein“, sagte sie in einem hintergründigen Tonfall, den sie über Jahrhunderte hinweg verfeinert hatte, und wartete Lelouchs Reaktion ab.

„Was meinst du?“ Unter anderen Umständen hätte C.C. diese Erwiderung unterhaltsam gefunden – schließlich kam es nicht oft vor, dass der große Lelouch Lamperouge Schwierigkeiten hatte, die Bedeutung eines einzelnen simplen Satzes zu entschlüsseln.

„Wir sind die einzigen verbleibenden Unsterblichen.“ Dass es sonst niemanden wie sie mehr gab, hatte C.C. in dem Augenblick gespürt, in dem Charles di Britannia gestorben war, auch wenn sie erst viel später begriffen hatte, was das bedeutete.

„Was hat das damit zu tun?“ Lelouch wirkte noch immer mitgenommen, aber sie hatte eindeutig seine Aufmerksamkeit erregt. Außer einem eher neugierig als berechnend anmutendem Interesse war auch ein Anflug von Hoffnung aus seiner Stimme herauszuhören. Offenbar ahnte er bereits, in welche Richtung diese Unterhaltung ging, und vielleicht sogar, was C.C. ihm vorzuschlagen gedachte. Oder vielleicht war er auch einfach nur so verzweifelt, dass er hastig nach dem ersten Strohhalm griff, der in seine Reichweite kam.

„Normalerweise“, begann sie sachlichen Tons ihre Erklärung, „haben wir keinen Grund, uns übermäßig in die Angelegenheiten der Sterblichen einzumischen. Würde aber dennoch einer von uns versuchen, den Lauf der Zeit zu beeinflussen, dann würden die anderen ihn aufhalten.“ Sie sah Lelouch abwartend an.

„Du willst mir sagen, dass du durch die Zeit reisen kannst?“

Wir können die Welt in einen Zustand zurückversetzen, in dem sie sich schon einmal befunden hat“, brachte sie es auf den Punkt – sehr wohl wissend, dass das unter diesen Umständen nichts weiter als Erbsenzählerei war. „Allerdings können wir nur einen Moment wählen, mit dem unser Code in direkter Verbindung steht. Da du noch nicht lange unsterblich bist, würdest du nur zu dem Augenblick zurückkehren können, in dem du deine Sterblichkeit verloren hast. Mit meiner Hilfe jedoch…“ Sie sah Lelouch eindringlich an. „Möchtest du eine zweite Chance haben, Lelouch? Möchtest du versuchen, deine Hände von dem Blut reinzuwaschen, von dem du glaubst, dass es noch immer an ihnen klebt?“

Lelouch schloss die Lider und schüttelte den Kopf. „Das Blut, das an meinen Händen klebt, lässt sich längst nicht mehr so einfach fortwaschen.“ Aber dann erhob er sich, und C.C. kannte seine Antwort, noch bevor er die Augen wieder öffnete und ihren forschenden Blick mit jener entschlossenen Intensität erwiderte, von der sie schon befürchtet hatte, dass sie sie nie wieder sehen würde. „Trotzdem würde ich gerne versuchen, einigen der Menschen, deren Leben ich auf meinem Weg zum Zero Requiem zerstört habe, ein Morgen zu geben.“

„Du wirst deine Unsterblichkeit verlieren“, ermahnte C.C. ihn, ohne auch nur für einen Moment daran zu glauben, dass das etwas ändern würde.

Lelouch streckte den Arm aus und lächelte. Dieses Mal war es ein echtes Lächeln, und C.C. konnte nicht anders, als es zu erwidern. „Wirst du an meiner Seite bleiben?“

„Natürlich.“ C.C. ergriff seine Hand. „Wir sind schließlich Komplizen.“

Und die Welt um sie herum verschwand.

Es war das zweite Mal, dass Lelouch Lamperouge eine Welt zerstört hatte, um sie neu zu erschaffen. C.C. hoffte, dass es auch das letzte Mal sein würde.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von: abgemeldet
2009-04-07T11:12:44+00:00 07.04.2009 13:12
Super Anfang
Traurig, und doch schön

JLP
Von:  lavados
2008-10-08T17:27:09+00:00 08.10.2008 19:27
Tiefgehend, traurig und doch schön.
ein würdiger Anfang für eine epische Geass-FF.


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