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Schwer erziehbar

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Ein schlechter Anfang

Schwer erziehbar
 

Kapitel 1 - Ein schlechter Anfang
 

Das San Maxwelle Internat für schwer erziehbare Jugendliche. Irgendwo mitten in der Wüste von Mexiko. Keiner wusste eigentlich wirklich, wo es war. Aber wohl auch nur, damit keiner der Schüler wirklich weg kam. Und oft versuchten die es sogar. Nur wurden sie immer wieder eingesammelt. Niemand war je von dort weg gekommen. Egal wie oft es einer versucht hatte. Viel hatte keiner zu erwarten. Was sollten sie aber auch mit einem solchen Ausreißer machen? Ein paar Schläge hatte schon jeder überlebt. Viele der Insassen hatten aber auch schon Schlimmeres überstanden. Da waren die Hiebe schon nicht mehr schlimm. Und bei den anderen wurden sie ohnehin nur angefeuert. Denn je weiter man kam, desto höher war man unter den Schülern angesehen. Deswegen waren auch Neue manchmal sogar gerne gesehen, da jeder gerne einmal wieder wissen wollte, was draußen los war. Es gab keinen Fernseher und kein Radio. So kamen Informationen über die Außenwelt schwer hier her. Selbst wenn die ganze Menschheit ausgelöscht werden würde, dann würde man hier erst ein paar Wochen später davon erfahren.
 

Sean's PoV
 

Doch genau hierher sollte jetzt ich kommen. Ohne wirklich etwas angestellt zu haben. Ein paar Mal hatte ich etwas geklaut. Meistens nur ein paar Kleinigkeiten, aber dann ziemlich oft. Jeden Tag ein paar Mal. Und das letzte Mal hatte ich aus purem Versehen jemanden niedergeschlagen. Eigentlich wollte ich das gar nicht. Doch ich hatte Panik bekommen. Meine werten Kollegen waren plötzlich weg. Hatten mich einfach stehen gelassen.
 

Jedoch hatte mir meine kleine Aktion überhaupt nichts geholfen. Ich wurde von diesen Drecksbullen erwischt. Erst mal in Sicherungsverwahrung gesteckt. Einen Anruf hätte ich tun dürfen. Doch wenn sollte ich ihn so einem Moment schon anrufen? Meinen Vater? Dann hätte ich wohl schon ganz schön irre sein müssen. Der hätte mir doch nur eine runtergehauen. Und zu Hause würde ich dann nur verprügelt werden. Also blieb ich lieber in so einer gemütlichen, kleinen Zelle hocken. Da könnte ich zumindest einmal meine Ruhe haben.
 

Aber nicht einmal die hatte ich. Verdammte Bullen-Freaks. Hatten meinen Vater doch irgendwie erreichen können.
 

"Dreckiger, kleiner Hurensohn!", hatte er mich angebrüllt. Und ich starrte nur wie gebannt auf den Boden. Sogar als er mich hinter sich herzog. Ich war damals eigentlich schon einige Tage lang nicht zu Hause gewesen. Und in der Schule hatte ich mich damals auch schon lange nicht mehr blicken lassen. Ich hatte mich eher auf einem Parkplatz herumgetrieben und mit ein paar 'Freunden' geraucht. Aber genau die hatten mich im Stich gelassen und jetzt wollte ich auch gar nichts mehr von denen wissen.
 

Mit gesenktem Blick ließ ich mich hinter meinem Vater herziehen. Immer wieder warf er mir Beleidigungen an den Kopf. Das tat er ohnehin schon viel zu oft. Weswegen ich mich zu Hause nicht mehr oft sehen ließ. Was sollte ich da aber auch groß? Mich beleidigen lassen, was ich doch für ein Nichtsnutz sei? Wäre wohl auch etwas blöd gewesen.
 

Und dennoch war saß kurz darauf wieder auf dem Sofa. Hörte wie sich meine Eltern in der Küche stritten. Viel bekam ich davon nicht mit. Ich versuchte einfach abzuschalten. Sie brüllten sich wegen mir ohnehin immer an. Ich baute nur noch Scheiße. Und dann bekamen sie sich deswegen immer in die Haare. 'Diskutierten' darüber, wer daran schuld wäre.
 

Irgendetwas von 'Internat' hatte ich gehört. Schreckte hoch. Das würden sie nicht tun! Doch da wurde ich schon von meinem Vater am Arm gepackt. "Packt deine Sachen!", fauchte er mich an, als ich schmerzhaft an der Treppe landete. Ich stapfte nach oben. Viel würde ich doch ohnehin nicht brauchen. Ich hatte aber auch kaum etwas. Das erste, was verkauft wurde, als mein werter Vater Schulden gemacht hatte, waren meine Sachen. Mehr als meine Chucks hatte ich nichts mehr recht Wertvolles. Also mussten die wohl auf alle Fälle mit.
 

Nach Minuten ließ ich mich aufs Bett fallen. Fixierte mit den Augen die Decke. Mein Koffer lag gepackt auf dem Boden. Noch immer geöffnet. Mir wurden die Lider schwer. Ich wollte eigentlich ohnehin nur schlafen. Mein Kopf sackte zur Seite. Blieb so eine ganze Weile liegen. Erst die Rufe meiner Mutter weckten mich wieder.
 

"Sean!" Immer wieder. Bis sie vor meiner Zimmertür stand. Ich rappelte mich langsam wieder auf. Ich spürte die Arme meiner Mam um meine Schultern. "Du musst heute noch nicht weg." Sie drückte mich an sich, während sie das sagte. Irgendwie hätte ich mir das aber auch schon denken können. In irgendein Internat hätte er mich wohl heute auch nicht einfach bringen können.
 

Ich seufzte. Dabei hätte ich ihm wohl alles zutrauen können. Er wollte mich doch schon immer loswerden und jetzt hatte er sogar einen Grund dafür.
 

Jamie's PoV
 

Ich saß in meinem Zimmer auf dem Bett. Den MP3-Player voll aufgedreht. Ich wollte gar nichts hören. Und erst recht niemanden sehen. War für mich auch nicht schwer. Ich hatte seit fast einem halben Jahr keinen Zimmergenossen mehr. Aber bald sollte ich wieder einen bekommen. Heute wurde ein neuer Schüler angemeldet. Hier an das San Maxwelle Internat für schwer erziehbare Jugendliche, das mitten in der Wüste von Mexiko lag. Kein Schwein kam hier jemals freiwillig raus. Mehr, als die, die einmal in der Woche die Essenrationen brachten hatte ich hier aber auch noch nie jemanden anderen gesehen, als die armseligen Schüler und die Lehrer. Plus den Hausmeister, den alten Sack durfte man natürlich nicht vergessen.
 

Ich seufzte. Mein Blick war auf meinen kleinen Digitalwecker gefallen. In einer guten halben Stunde würde es Abendessen geben. Und ich hatte Hunger. Schon viel zu lange. Mein Magen knurrte die ganze Zeit über. Und vor dem Essen gab es nie etwas. Man konnte sich nicht einmal zwischendurch etwas holen. Wenn es nicht Essenszeiten waren, dann bekam man einfach nichts. Selbst wenn man kurz vor der Hungertod war.
 

Ich raffte mich hoch. Wer wohl mein neuer Zimmerpartner sein würde? Vielleicht irgendetwas Schnuckeliges. Ich brauchte einmal wieder etwas wirklich Süßes. Am besten zum Durchvögeln. Hier litt man nur an Sexentzug und ohne einen Zimmergenossen ohnehin. Mit jemand anderen konnte man immerhin nicht. Und irgendwann stellte man sich hier sogar auf Typen um. Mädchen gab es nicht. Rein für Jungen diese nette Anstalt.
 

Ich hätte wohl doch damals lieber den Knast nehmen sollen. Auch wenn es mir da nicht um viel besser ergangen wäre. Nur das ich derjenige gewesen wäre, der sich ficken hätte lassen müssen. Das könnte ich mir schon lange vorstellen. Und darauf hätte ich keinen Bock gehabt. Ich brauchte etwas, was sich von mir nehmen ließ. Zwischen meinen Schenkeln. In den letzten drei Jahren war es mir auch wirklich egal gewesen, wenn das selbst einen Schwanz gehabt hatte. Man stellte sich einfach irgendwann um.
 

Ich machte den MP3-Player gerade aus, als ein schrilles Klingeln erklang. Das Zeichen dazu, dass es Abendessen gab. Man konnte dieses Geräusch gar nicht überhören. Zumindest etwas Gutes hier.
 

Ich stand mühsam auf. Tapste zur Tür und schlüpfte nur schnell in meine Hausschuhe. Ohne würde ich wohl schneller wieder nachsitzen können, als ich schauen konnte. Die Lehrer hier waren mit dieser Sache ziemlich streng. Obwohl es ihnen eigentlich scheißegal sein müsste, wenn einer von uns krank werden würde.
 

Gelangweilt marschierte ich den Gang entlang. Einige der anderen Schüler warfen mir zweideutige Blicke zu. Einem von ihnen zwinkerte ich sogar zu. Doch der drehte sich nur abrupt zu einem seiner Freunde um. Ich konnte mir schon vorstellen wieso. Armer kleiner Kerl. Dem hatte ich letztens einmal so richtig schön zum Schreien gebracht. Und ihm hatte es doch sogar gefallen. Ein richtig perverses Kerlchen.
 

"Hey, Jamie!" Ich bekam einen Klaps auf den Arsch - wie gesagt, einige stellten sich eben um. "Immer noch keinen Neuen bekommen." Ein dunkelhaariger Kerl legte mir einen Arm um die Taille. Drückte mich etwas an sich. "Tyler! Lass mich los." Ich gab ihm einen Stoß von mir weg, als wir den Speisesaal betraten. Ließ mich auf einen der ersten Stühle nieder. Sammelte mir gleich etwas von der kalten Platte, die auf dem Tisch stand, ein. Mehr würde es wohl gar nicht geben. Ich könnte mich damit aber auch begnügen. Selbst wenn ich danach noch Hunger haben würde.
 

"Ich krieg bald eine neuen Zimmergenossen", meinte ich, gerade als ich mir ein Stück von irgendeiner Wurst in den Mund stopfte. "Dann bete ich einfach mal für dich, dass es was Niedliches ist." Tyler grinste, was ich einfach nur ebenso erwiderte. "Ich brauch mal wirklich wieder etwas." Etwas verträumt sah ich an die Decke. Angelte mir fast wie nebenbei ein Brötchen. Schnappte mir noch etwas Wurst. Alles was ich auf meinen Teller hatte, gehörte mir. Vielleicht müsste ich dann heute Nacht doch nicht hungern.
 

"Kommst du heute noch mit in den Aufenthaltsraum?" Ich blickte auf. Hatte meine letzte Semmel gerade gegessen. Schüttelte dann nur den Kopf. "Ich hab schon eine beachtliche Anzahl an Schülern hier durchgevögelt und dann fallengelassen, wie so eine heiße Kartoffel. Also können mich genau die nicht ausstehen. Ich glaube es würde mir nicht gut bekommen, wenn ich mitkomme." Ein Lächeln bildete sich auf meinen Lippen, als ich aufstand.
 

Eigentlich wollte ich gar nicht ins Bett. Aber ich wollte meine Ruhe. In ein paar Tagen würde ich wieder einen Zimmergenossen haben. Vielleicht wirklich etwas Niedliches. Vielleicht einmal wieder etwas Blondes. Eigentlich war das einzige was mich am Äußerlichen interessierte, dass dieses Etwas ein bisschen etwas süßes an sich hatte. Sonst nichts. Denn ansonsten hätte ich nicht einmal zum Ficken Lust. Da hätte ich so lange auf Entzug sein können, wie ich wollte. Aber ich würde wohl ohnehin erst spätestens in ein paar Tagen erfahren, wie mein neuer 'Kumpel' so war.
 

-tbc-

Nerviger Zimmergenosse

Kapitel 2 - Nerviger Zimmergenosse
 

Sean's PoV
 

Ich sah dem kleinen Helikopter noch einige Sekunden hinter her, bevor mich der Wachmann hinter sich herzog. Es war doch wirklich erniedrigend. Ich war schon nicht recht groß, aber dieser Kerl war locker noch 10 cm kleiner als ich. Und von so einem durfte ich mich jetzt herumschuppsen lassen. Das Leben könnte doch nicht schöner werden.
 

Mein Blick schweifte auf das Gebäude vor mir. Es war von einer mindestens 5 m hohen Mauer umgeben und sah dennoch eigentlich recht einladend aus. Wenn wohl nicht die Wüste von Mexiko darum liegen würde. Mir wurde doch jetzt schon heiß und dann sollte ich hier auch noch weiß Gott wie lange bleiben.
 

Hinter der Mauer erkennte man die Spitzen einiger Bäume. Wie die wohl so gut wachsen konnten. Wahrscheinlich wurden die Schüler zum täglichen Gießen gezwungen. Es würde hier wohl wirklich eine richtig schöne Zeit werden. Sicherlich bekam ich auch einen ganz netten Zimmergenossen. Am Besten einen Mörder oder Entführer. Für solche Jugendliche war diese Schule auch eigentlich und nicht für einen kleinen Dieb, wie mich.
 

Etwas unwohl fühlte ich mich schon, als ich hinter dem Wachmann durch das Eingangstor marschierte. Schlagartig richteten sich die Blicke der Jungen, die in Schatten einiger Bäume im Gras saßen, auf mich. Das es überhaupt so etwas wie Gras hier gab. Doch da ließ mich schon das Geräusch einer Rasensprinkleranlage zusammen zucken. Deswegen also das ganze Grün.
 

Mein Blick schweifte noch einmal zu den Jungen - es waren ganz genau fünf - die mich immer noch unentwegt ansahen und dann auf einmal zum Tuscheln anfingen. Redeten die jetzt über mich?
 

"Mitkommen!" Mein werter Wachmann zog mich hinter sich wieder her, als ich nicht den Anschein machte weiter zu gehen.
 

Minutenlang marschierten wir nur durch die Gänge. Immer wieder starrten mich einige Jungen an. Etwas anderes gab es hier wohl schon gar nicht.
 

"Mr. Smith?" Ich blieb abrupt stehen, als ich meinen Nachnamen hörte. Drehte mich etwas verwirrt um. "Ah, dann sind Sie es wohl." Ein junger Mann mit leicht rot schimmernden Haaren grinste mich wie ein Honigkuchenpferd an. Ich hätte wohl kotzen können, wenn ich überhaupt etwas im Magen gehabt hätte.
 

Heute Morgen um kurz nach 5 Uhr hatte mich mein Vater schon zum Flughafen geschleift. Mein netter Aufpasser, den ich jetzt schon den ganzen Tag - ca. 11 Stunden - am Hals hatte, wartete schon auf mich. Irgendwie auch zu meinem Glück. So musste ich zumindest nicht meinen Vater so lange aushalten.
 

"Oh, entschuldigen Sie. Greenwald ist mein Name. Ich werde wohl ihr Klassenlehrer." Mir entfuhr ein leises Seufzen. Die besten Leute waren doch immer Lehrer und der wäre mit seiner Haarfarbe wohl sogar ganz cool. Aber so fand ich ihn jetzt nur ätzend.
 

"Ich werde den jungen Mann selbst ins Sekretariat bringen und dann auch gleich in sein Zimmer." Mr. Greenwald hatte sich an meinen Wachdienst gewendet, der nur knapp nickte und dann davon stapfte. Mir aber zuvor noch meine netten Handschellen abnahm. Die hatten schon höllisch zum Wehtun angefangen.
 

"Also Mr. Smith, ich sollte sie wohl erst einmal über die wichtigsten Regel hier an unserer Schule aufklären", begann der Lehrer, als wir wieder durch einige Gänge gingen, "erst einmal ist schon der Versuch zu flüchten nicht erlaubt. Und eigentlich schafft man es auch nicht. Zudem ist jede Art von Streit, die in Gewalt ausartet, verboten. Genauso wie sich nachts in fremden Zimmern aufzuhalten. Essen gibt es nur zu den drei Hauptessenszeiten, die werden sie dann wohl noch von ihrem Zimmergenossen erfahren. Ansonsten können sie alle anderen Regeln auch in der Hausordnung nachlesen. Da werde ich ihnen nachher am besten gleich ein Exemplar geben."
 

Ich gab ein überdeutliches Keuchen von mir. Regeln konnte ich auf den Tod nicht ausstehen. Wenn ich tun und lassen konnte, was ich wollte. Fühlte ich mich eigentlich immer noch am Wohlsten.
 

Doch da kam es mir erst richtig. "Zimmergenosse?", fragte ich etwas verwirrt. "Ja, es sind immer Zweierzimmer. So grausam sind wir hier auch nicht." Mr. Greenwald lachte knapp auf. Ganz toll. Dann durfte ich mich wohl wirklich mit sonst einem Kriminellen abgeben. Obwohl ich wohl auch nicht gerade besser dran war. Nur das die hier wohl oder übel wirklich etwas mehr angestellt hatten als ich.
 

Nachdem mich der werte Grinse-Greenwald im Sekretariat erst einmal über alles wichtige aufgeklärt hatte, was eigentlich nur darin bestand, dass ich mir die Hausordnung durchlesen sollte - ein wunderbares, 204-Seiten starkes Buch in dem es kein einziges Bild gab - lieferte er mich schließlich an meinem Zimmer ab. Nummer 143. Mein Zimmerpartner hieß Jamie Hunt - wie es zumindest an der Tür stand - und war wohl gerade nicht da. "Er wird wohl beim Unterricht sein", meinte nur Mr. Greenwald und ließ mich schließlich auch allein.
 

Ich tapste in das Zimmer. Zum Glück war mein Koffer schon da. Den hatte ich nicht einmal selbst herbringen müssen, der wurde 'angeliefert'.
 

Es war nicht gerade ein sehr großer Raum. Zwei Betten - von denen eins noch unbezogen war - und zwei völlig identische Schreibtische standen an der Wand. An der gegenüberliegenden befand sich noch ein Schrank. Ich riskierte einen Blick und stelle fest, dass sogar noch eine kleine Ecke für mich frei war. Sprich: Eines von insgesamt fünf Abteilen und genau drei Kleiderhaken von denen es eigentlich sieben gab. Gut das sich meine Klamotten ohnehin nur auf eine niedrige Anzahl begrenzten.
 

Zum Auspacken hatte ich aber eigentlich gar keine Lust. Ich zog mir nur schnell die Schuhe aus und sank auf das schon bezogene Bett. Mir war es völlig egal, ob es jetzt diesem Jamie gehörte oder nicht. Ich wollte schlafen. 12 verdammt harte Stunden war ich jetzt schon auf den Beinen. Um 4 Uhr morgens hatte mich mein Vater aber auch aus dem Bett gehauen. Und das wohl sogar fast Wort wörtlich.
 

Einen kurzen Blick warf ich noch auf den Digital-Wecker, der auf dem Nachttisch stand. Es war eigentlich erst kurz nach 9 Uhr morgens. Verdammte Zeitzonenverschiebung.
 

Binnen Sekunden war ich in fast zu süße Träume versunken. Schon lange hatte ich nicht mehr so gut geschlafen. Und so bald würde mich wohl auch niemand wecken können.
 

Jamie's PoV
 

Fünf Uhr abends ... pardon, kurz nach fünf Uhr. Genau genommen fast halb sechs. Dieser Freak von Miller musste mich ja auch unbedingt noch eine halbe Stunde bei sich behalten und mit mir über mein Verhalten gegenüber einigen der anderen Schülern diskutieren. Was konnte ich denn schon groß dafür, dass ein paar von denen einfach zu scharf waren und ich einfach momentan an Sexentzug litt. Einen Zimmergenossen hatte ich doch keinen.
 

Ich betrat mein Zimmer. Seit kurz nach acht Uhr war ich nicht mehr hier gewesen. Ließ die Tür hinter mir zuknallen. Ich war doch ohnehin alleine und keinen interessierte es, wenn ich mal ein bisschen lauter war. Mürrisch warf ich meine Bücher auf das immer noch unbezogene Bett. Mein Blick landete auf dem Koffer, der davor auf dem Boden stand. Was machte der denn da?
 

Ich drehte mich zu meinem Bett um. Und da stockte mir der Atem. Da lag doch wirklich ein blonder Typ von recht schlanker Statur auf meinem Bett. Wer hatte sich nur die Mühe gemacht und mir so einen süßen Kerl angeschleppt? Eigentlich konnte man hier auf 30 km Entfernung nichts anderes als Wüste finden und dann lag jetzt so etwas bei mir.
 

Ich kniete mich vor mein Bett. Fuhr diesem fast schon zu schnuckelig aussehenden Etwas über die Wange. Doch da schreckte er schon hoch. "Äh ... 'Tschuldigung", murmelte ich. Amüsierte mich aber Innerlich prächtig über seinen verschreckten Gesichtsausdruck.
 

"Bist du ... Jamie?", fragte er, als er wohl wieder Herr seiner Gesichtszüge geworden war. "Jupp und du bist ...?" Ich hob eine Augenbraue. Blickte ihn wohl etwas zu durchdringend an. "Ich heiße Sean und bin neu hier." Hui, mein neuer Zimmergenosse. Danke Gott, das ich so etwas Süßes bekommen hatte. Das brauchte ich schon lange einmal wieder.
 

Mein Blick wanderte zu dem unbezogenen Bett. "Hast du schon Bettzeug geholt?", fragte ich, als ich mich wieder Sean zuwendete. Er schüttelte den Kopf. "Bücher?", bohrte ich weiter. Und wieder erhielt ich nur ein Kopfschütteln als Antwort. "Deinen Koffer hast du wohl auch noch nicht ausgeräumt", meinte ich schließlich, als ich mit meinem Blick bei gerade diesem hängen blieb. "Nein", erwiderte er nur etwas schüchtern. So einen erwischte man hier aber auch nur selten. Was wirklich Blödes konnte er wohl nicht verbockt haben, weswegen sie ihn gerade hier eingebuchtet hatten. Vielleicht ein kleiner Drogendiele. Aber selbst die waren härter drauf.
 

Niedlich war er jedoch trotzdem. "Dann könnten wir das doch einmal alles holen." Wieso grinste ich jetzt eigentlich so blöd? Dümmer konnte man doch gar nicht aussehen.
 

Er senkte leicht den Kopf. "Können wir machen." Gottchen. Der war ja wirklich putzig.
 

Eigentlich hätte ich jetzt wohl lieber etwas gechillt, aber den kleinen Sean - er war wirklich nicht recht groß - konnte ich nicht alleine losschicken. Der würde sich am Ende noch verlaufen und dann könnte ich einmal mehr nachsitze. Als ob es mir etwas ausmachen würde. Nach drei Jahren hier, war einem fast alles egal.
 

"Und wo kommst du normalerweise her?", fragte ich, als wir so schön gemütlich durch die Gänge schlenderte. "Aus Maypole." Ich überlegte für einen Moment, als er das sagte. "Wo liegt das?" Klang nicht gerade Amerikanisch. "In Wales. Na ja, man kann fast sagen, England."
 

Ich blieb abrupt stehen. "Du bist Engländer?" Deswegen war er so blond. "Eigentlich Waliser. Aber wundert dich das so?" Und wie ich das tat. "Man sieht nicht einmal viel Briten in Amerika und erst recht dann nicht in Mexiko." Ein Lächeln bildete sich auf seinem Gesicht. Mein Gesichtsausdruck musste jetzt wohl sehr witzig sein. "Und woher kommst du? Bist wohl auch kein Mexikaner. "Aus L.A.", erwiderte ich nur schnippisch. "Aha, meinte er knapp. Es hatte ihn wohl nicht wirklich interessiert.
 

Das Bettzeug war schnell besorgt. Der Hausmeister ließ dort ohnehin immer die Tür offen. Neue kamen oft genug. Und genügend wurden auch 'entlassen'. Ich würde wohl dazu erst gehören, wenn ich mal meinen Abschluss hatte und dann könnten sie mich auch gleich wieder einbuchten. Gefängnis hieß es dann nur. Obwohl das hier kaum etwas anderes war.
 

Für die Bücher brauchten wir dann schon einen Schlüssel. Eigentlich. Aber Mr. Weather, der das verwaltete, war ohnehin im Lagerraum für alles Lesbare. Alles was nicht gerade in der Bibliothek war wurde dort gelagert und eben auch die Schulbücher.
 

"Bin mal wieder da", johlte ich, als ich gerade die Tür geöffnet hatte. Sean wollte nur schnell das Bettzeug draußen ablegen. Dreckig war es ohnehin. Was sauberes bekam man so einfach schon gar nicht mehr.
 

"Du weißt wo die Bücher für die 10. Klasse sind, also hol sie dir selbst", knurrte nur Mr. Weahter und ich stapfte auch gleich zu einem netten Stapel aus Biologie-Büchern. Daneben waren auch gleich die Mathebücher.
 

Ich spürte Sean hinter mir. "Wie viele sind das?", fragte er. "Nur ... sechs", erwiderte ich knapp und nahm mir von jeden eins.
 

"Mathe, Physik, Chemie, Englisch, Geschichte, Erdkunde und Biologie", zählte ich schließlich auf und drückte ihm die Bücher in die Arme. Doch schon das erste fiel nach Sekunden und bald schon hatte er nur noch drei in der Hand. "Ups", brachte er knapp heraus, als der höllisch laute Knall verhalt war. "Ich trag die", seufzte ich. Schüttelte dabei leicht den Kopf.
 

Später überzog ich das Bett, während er seinen Koffer ausräumte. Liebend gerne hatte ich diese Arbeit übernommen. Denn ich war um einiges früher fertig und so konnte ich mir ihn noch schön genüsslich eine Zeitlang ansehen. Einen netten Arsch hatte er schon einmal.
 

Ein schrilles Läuten riss mich aus meinen Gedanken. "Fuck", zischte ich, "dass das aber auch immer so laut sein muss." Sean sammelte gerade ein paar seiner Sachen ein, die ihm vor Schreck runtergefallen waren. "Was war das?", fragte er schließlich. "Es gibt nur Essen", erwiderte ich knapp, "... hoffentlich hast du Hunger, denn es gibt nie wirklich viel."
 

Sein Blick zeigte mir nur an, dass er gigantischen Hunger hatte. Hoffentlich konnte er sich etwas satt essen.

Zu Zweit in einem Bett

Kapitel 3 - Zu Zweit in einem Bett
 

Sean's PoV
 

Ich wusste gar nicht was er hatte. Die Tafel war doch Wort wörtlich reich gedeckt und wir waren auch noch mit die Ersten. Konnten wir uns doch schön gemütlich satt essen. Und genau das würde ich auch sicherlich tun. Meinem fast schon dürren Körper würde einmal etwas mehr sicherlich auch nicht schaden.
 

Genüsslich ließ ich mich auf den ersten Stuhl nieder und sammelte alles Leckere, was ich so mit den Fingern erwischte ein.
 

"Willst du nichts?", fragte ich Jamie, als ich schon zu essen angefangen hatte und er sich mir gegenüber setzte. "Hausordnung §3 Absatz 4: Es darf erst gegessen werden wenn so gut wie alle da sind." Er zog eine Augenbraue hoch und fuhr sich mit der rechten Hand durch das kurzgeschnittene, schwarze Haar. Ich schluckte den letzten Bissen hinunter, den ich noch im Mund hatte. "Daran hältst du dich?", fragte ich. "Meistens", erwiderte er knapp. Nahm sich etwas Wurst und biss ein Stückchen davon ab.
 

Binnen Minuten war dann bald der Saal voll. Ich hatte die ganze Zeit mein Essen vor der Nase. Und ich hatte wirklich Hunger. Heute Morgen hatte ich keine Zeit mehr etwas zu Essen. Mittags hatte es auch nicht besser ausgesehen. Und jetzt stand hier meine erste Mahlzeit des Tages vor mir und ich durfte nicht.
 

"Na fang doch an." Ich sah auf. Jamie grinste nur verstohlen. "Sag nicht, dass war nur ein Witz", zischte ich. Sein Grinsen wurde deswegen nur breiter. "Nicht ganz. Wir dürfen nur erst pünktlich um 19 Uhr anfangen."
 

Komplett hatte ich ihm nicht mehr zugehört. Schlang nur alles hinunter, was ich noch hatte. Also eigentlich alles. Hätte mich beinahe verschluckt. Doch das störte mich gar nicht. Ich war doch nur am Verhungern.
 

Schon nach kurzer Zeit sank ich zurück. Ließ den Kopf in den Nacken fallen. Und jetzt ein warmes Bett. Das wäre gut. Oder zumindest für eine Stunde ein Verdauungsschläfchen. Obwohl ich wohl die ganze Nacht durch schlafen könnte.
 

"Hey, Jamie!" Ein schlanker Junge schlang die Arme um mein Gegenüber. Drückte ihm einen Kuss auf die Wange. Ganz klar war ich mir nicht, ob das jetzt normal war. "Auch schon da, Tyler", meinte Jamie. Erwiderte der Kuss knapp. Ok, das war etwas unnormal.
 

Ich zwinkerte etwas verwirrt, als Jamie den anderen Jungen, der dunkelbraunes - fast schon schwarzes - Haar hatte und genauso braune Augen, wieder losließ.
 

"Das ist Sean. Mein neuer Zimmergenosse." Jamie lächelte mich etwas verlegen an. War ich ihm jetzt schon peinlich. "Haben sie dir ja ein niedliches Ding angedreht." Ich sah den, den Jamie da Tyler genannt hatte, etwas verwirrt an. Hatte der mich gerade 'niedliches Ding' genannt.
 

"Bist doch nur eingeschnappt, weil du nur mit Iven so eine Ente erwischt hast." Mein werter Zimmerpartner sah den anderen mit hochgezogener Augenbraue an. "Du bist doch ohnehin der Einzige, den ich haben will." Mir blieb der Mund offen stehen. Tyler küsste Jamie wie nebenbei.
 

Ich blickte mich verschreckt um. Nur um zu schauen, ob das jetzt jemand gesehen hatte. Einige Jungen hatten schon von ihrem Essen aufgesehen. Es schien sie aber nicht gerade zu interessieren.
 

"Manche können besser küssen", nörgelte da aber schon Jamie auf einmal und grinste gleich darauf mich breit an. Wo um alles in der Welt war ich denn hier gelandet?
 

Jamie's PoV
 

Kurz darauf marschierte ich mit Sean wieder zurück in unser Zimmer. Er sah müde aus. Stolperte auch nur noch hinter mir her. Bald würden ihm wohl die Augen zufallen. Ich spürte, wie er sich auf einmal an meine Schulter lehnte. Seltsam, dass er das jetzt plötzlich machte. Als ich Tyler geküsst hatte, schaute er noch ziemlich doof. Aber er war wohl so etwas doch schon gewohnt, sonst hätten sie ihn hier aber auch nicht hergelassen.
 

Ein großer Teil der Schülerschaft war schwul oder zumindest bi. Deswegen hatte sich auch keiner gewundert, als ich den guten Tyler geküsst hatte. Zudem wusste wohl auch jeder, dass ich nicht mit ihm zusammen war. Mit keinem hier würde ich wohl etwas festes anfangen. Ich wusste doch, dass ich nach dem Aufenthalt hier, keinen von ihnen je wiedersehen würde.
 

Sean klammerte sich an meinen Arm. "'Tschuldigung", nuschelte er. Wollte sich wieder von mir lösen. Doch ich zog ihn wieder zu mir. "Ist schon in Ordnung." Irgendwie konnte ich mir schon vorstellen, dass er auch nicht stockhetero war. Keiner hier war das wirklich. Bis auf einige der Lehrer vielleicht. Aber die waren ohnehin nicht normal. Wer würde das hier aber auch im völlig normalen Zustand hier aushalten? Jeder war eben ein bisschen krank in der Birne.
 

Ich spürte wie Sean neben mir zusammen sank. Jetzt war er wohl auch noch so eingeschlafen.
 

Ich hob ihn vorsichtig hoch. So schlafend sah er sogar noch süßer aus, als wach und schwer war er auch nicht. Das würde wohl noch eine lustige Zeit mit ihm werden. Dann sollte ich aber wohl auch nicht das Gleiche, wie mit seinen Vorgängern machen.
 

Binnen Minuten war ich in unserem Zimmer und legte ihn vorsichtig auf mein Bett. Das war ohnehin schon von ihm zerwühlt worden, dann würde er dort auch die Nacht verbringen können.
 

Ich setzte mich noch eine Weile vor das Bett. Gähnte schließlich auch herzhaft. Ich tapste zu dem anderen Bett. Streifte mir das Shirt und die Hose ab. Sank in die Kissen. Es war noch nicht einmal so spät und dennoch hatte mich sein Anblick auch müde gemacht.
 

Irgendwie war es doch wieder einmal schön so etwas Süßes auf dem Bett gegenüber von sich liegen zu haben.
 

Ich setzte mich wieder auf. Eigentlich war es doch mein Bett. So stapfte ich wieder hinüber. Schob ihn etwas weiter an die Wand und legte mich einfach neben ihn. Er war ganz mollig warm.
 

Ich schlang die Arme um seinen schmalen Körper. Ich würde mir dann wohl mit ihm wirklich einmal etwas Zeit lassen und nicht gleich wieder so umspringen, wie ich es mit meinen anderen werten Zimmergenossen tat. Bei seinem netten Gesicht hatte er das aber auch eigentlich verdient.

Der erste Morgen und er kostet schon Nerven

Kapitel 4 - Der erste Morgen und er kostet schon Nerven
 

Sean's PoV
 

Das erste Mal hatte ich einmal wieder halbwegs ruhig geschlafen. Sonst drehte ich mich jede Nacht stundenlang hin und her. Zum Schlafen kam ich meist kaum. Wieso ich so lange wach lag wusste ich gar nicht. Vielleicht hatte ich einfach vor meinem Vater Angst. Wie oft hatte er mich nur schon einfach grundlos geschlagen. Das ich wohl etwas aus der Spur geraten war, konnte wohl kaum ungewöhnlich gewesen sein.
 

Aus Not war ich irgendwann einmal abgehauen. Nur ein paar Tage war ich weg. Das hatte aber auch schon gereicht um an die falschen Leute zu geraten. Ich hatte mich bei denen gut gefühlt. Hatte die als meine Freunde angesehen. Aber das hatte ich ja gesehen. Wenn es gefährlich geworden war, hatten sie mich im Stich gelassen.
 

Jemand drückte mich an sich. Schon lange lag ich in niemandes Armen mehr. Ich spürte einen warmen Atem an meiner Wange. "Na, Sean." Ich versuchte mir zusammen zureimen, neben wem ich da überhaupt lag. Aber ich konnte die Stimme einfach niemanden zuordnen. Zaghaft hob ich die Lider ein Stück. Drückte sie aber gleich wieder zusammen, nachdem mich dieser jemand wieder an sich drückte.
 

Leicht windete ich mich. Ich wollte weg. Los von diesem Kerl. "Lass mich los", flüsterte ich. Presste die Augen krampfhaft zusammen. "Ich tu dir doch nichts, Sean." Ich konnte mir wirklich nicht vorstellen, wer das war. Wer war das jetzt?
 

"Jamie", flüsterte ich. Das ich denn vergessen hatte. Ich war doch wirklich ein Idiot. Hatte das gestern wohl nur für einen blöden Traum gehalten. Aber das was es wohl nicht. Mein Vater hatte mich Wort wörtlich einfach abgeschoben und jetzt lag ich hier neben Jamie.
 

Aber halt! Wieso war der denn hier? Neben mir?
 

Ich drückte mich von ihm weg. Irgendwie hatte ich Angst. Ich wusste viel zu gut, was Menschen tun konnten, wenn sie einem so nahe kamen.
 

"Du schaust mich gerade so an, als ob ich dich vergewaltigen wollte." Er grinste. Frech wie ein kleines Kind. Nur irgendwie verstohlener. Er berührte meine Hände. Strich leicht darüber. "Wir müssen aufstehen. In einer Stunde fängt der Unterricht an."
 

Ich rührte mich keinen Zentimeter, als er aufstand. Für eine Sekunde blieb mir scheinbar das Herz stehen. Er hatte doch wirklich nur Boxershorts an. Und so schlief der neben mir. Einen Knall hatte der doch schon. Was dachte der denn von mir? Das ich schwul war? Na ja, ganz falsch würde er damit nicht liegen. Stockhetero war ich wohl nicht. Aber dann musste der sich auch nicht so an mich ran machen.
 

Ich hörte Wasser fließen. Klang danach, als würde der Gute unter der Duschte stehen. Jedes Zimmer hatte ein Bad. Hatte mir Jamie gesagt.
 

Ich setzte mich auf. Er hatte es wohl nicht gewagt mich auszuziehen. Hätte ich aber wohl bei ihm auch nicht gemacht. Ich kannte ihn doch nicht einmal. Nicht mehr als seinen Namen und wo her herkam. Mehr wollte ich aber auch gar nicht wissen. Ich brauchte hier niemanden. Freunde waren sinnlos. Sie ließen einen nur allein, wenn es gefährlich wurde.
 

Ich tapste zum Schrank. In das bisschen was noch frei war, hatten wirklich alle meine Sachen gepasst. War aber auch nicht verwunderlich.
 

"Willst du auch duschen?" Ich spürte Jamies Hände auf meiner Hüfte. Verschreckt schrie ich auf und sprang ein Stück zur Seite. "Tut mir leid. Ich wollte dich nicht erschrecken." Er grinste. Musste der das denn andauernd machen. So ein Nervenbündel.
 

Ich nickte schließlich knapp. Machte um ihn einen - so weit es möglich war - großen Bogen. Er hatte wieder nur Boxershorts an. Und wenn ich einmal ganz ehrlich sein darf: Er sieht geil aus. Mit Bauchmuskel konnte er wirklich glänzen. Und mit seiner angebräunten Haut konnte ich mit meinem blassen, britischen Teint wohl auch nicht mithalten.
 

Ich schnappte mir nur noch ein paar frische Sachen - blauer Kapuzenpulli, eine gewöhnliche Jeans und eben Unterwäsche - und verschwand dann ins Bad. Schloss dort sofort ab. Regelrecht erschöpft sank ich auf den Boden. Blieb dort einen Moment sitzen. Ich schluckte. Einen Schrecken hatte er mir wirklich eingejagt. Aber diese Berührung fühlte sich für eine Sekunde auch gut an. Er war so vorsichtig. Das war sonst niemand mit mir. Vor allem nicht meine Eltern. Meine Mutter traute sich nicht mir zu helfen, wenn mein Vater mich schlug. Ich war doch völlig auf mich allein gestellt gewesen. Niemand hatte sich wirklich für mich interessiert. Das ich nicht in irgendeiner Form in die Drogenszene abgerutscht bin, war wohl noch ein Wunder. Es hätte aber genauso passieren können.
 

Ich raffte mich wieder hoch. Zog mich schnell aus. Eine Dusche würde mir wohl jetzt gut tuen. Doch als ich das Wasser aufdrehte, traf mich erst einmal der Schlag. Ich kreischte. "Verdammter Scheißdreck!", fluchte ich. Sprang wieder aus der Dusche.
 

"Ich hätte dich wohl warnen sollen", meinte Jamie. Er stand wohl direkt vor der Tür. "Dass das Wasser so arschkalt ist oder was meinst du?", zischte ich. Hörte ein Kichern von seiner Seite der Tür. "Tut mir leid." - Er lachte trocken - "Es wird aber nicht um viel wärmer."
 

Ich schluckte wieder. Hielt eine Hand unter den Wasserstrahl. Es war immer noch eiskalt. Einmal atmete ich noch tief durch. Stellte mich dann erneut darunter.
 

Zitternd, trocken, angezogen und wohl jetzt hell wach kam ich zurück in den Schlaf- bzw. Wohnteil. Endlich hatte es auch mein werter Zimmerpartner geschafft sich anzuziehen - leider trug er ein viel zu enges Shirt und die Hose, die er anhatte betonte auch nur seinen Arsch. Lange hätte ich diesen Anblick wohl nicht mehr überstanden.
 

"Bist du so weit?" Ich nickte knapp auf seine Frage. Gemeinsam verließen wir dann auch das Zimmer. Nachdem er mir aber noch ein paar seiner Hausschuhe gegeben hatte. Ohne würde man mir nachsitzen aufdrücken. Schöne Vorstellung.
 

Jamie's PoV
 

Himmel, hat er gekreischt. Kaltes Wasser vertrug er wohl schon mal nicht. Das könnte mir noch nützlich sein. Aber natürlich würde ich ihn damit nicht ärgern. Ich doch nicht. So gemein bin ich nicht. Wirklich.
 

"Du. Sean. Wie sieht es jetzt eigentlich mit dir aus? Bist du bi oder schwul?" Das musste ich einfach fragen. Etwas mehr wollte ich schon über den Kerl wissen mit dem ich in einem Zimmer schlief. "Wie kommst du darauf, dass ich nicht ganz aus Versehen hetero bin." Er zog eine Augenbraue hoch. Blickte mich fast schon zu durchdringend an. Dieser Blick gefiel mir.
 

Ich kicherte leicht. "Keiner hier ist stockhetero. Ein bisschen etwas schwules hat jeder an sich. Das kannst du mir schon glauben." Leicht legte ich einen Arm um seine Schultern.
 

"Dann bin ich wohl hier etwas Spezielles." Er schüttelte mich von sich ab. Ging langsam weiter. Blieb aber schon an der nächsten Kreuzung stehen. Zu niedlich sah er aus, als er sich verwirrt umsah.
 

"Wo müssen wir hin?", fragte er. Wendete sich zu mir. "Vielleicht sag ich es dir." Ich schmiegte meinen Kopf an seinen Hals. Er roch richtig gut. "Lass das!", zischte er aber nur und drückte mich von sich weg. "Wo hin?", meinte er jetzt nur noch sauer. "Zum Physiksaal ... da lang!" Ich deutete nach rechts. Am Ende des Gangs wäre der Raum, wo wir die erste Stunde hatten.
 

Mürrisch ging ich vor ihm her. Er wäre doch so niedlich. Merkte er das nicht? Er war doch ein Idiot. Seinen Sexappeal erkannte er wohl nicht einmal. Dabei starrten ihn jetzt schon die Meisten an. Die hatten sich doch längst in ihn verguckt. Das sollte ihm doch zumindest auffallen. Doch es sollte immer wieder Menschen geben, die so etwas einfach nicht merkten. Oder merken wollten.
 

Ich blieb stehen. Vielleicht sollte ich es ihm einfach sagen? Wäre doch das Einfachste. Aber große Lust hatte ich nicht darauf. Sollten sie doch über ihn herfallen. Dann würde er es wissen, wie geil sie ihn fanden.
 

Ich seufzte überdeutlich. "Was ist denn?", fragte er da aber auf einmal. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass du nicht zumindest bi bist." Etwas besseres war mir im Moment nicht eingefallen. Aber die Vorstellung, dass er ein kleiner Hetero war klang wirklich völlig unrealistisch. Niemand der so war, wurde hier her verfrachtet. Die Gefahr, dass eine von uns mit so jemand sonst etwas anstellte, war viel zu groß.
 

"Und wie ist es mit dir?" Sean ließ mich aus meinen Gedanken hochschrecken. Ich blickte ihn verwirrt an. "Hetero, schwul oder bi?", fragte er. Ich verzog mein Gesicht zu einem Grinsen. "Schwul", gab ich wie selbstverständlich zur Antwort. Konnte meine Amüsants nicht verbergen, als ihm die Gesichtszüge entglitten. "Du ... bist ... schw... schw... schwul?", stotterte er. Und ich nickte nur eifrig. "Aber ich werde dir schon nichts tun." Ich legte meine Hand an seine Wange. Es war regelrecht zu spüren, wie er unter meinen Fingern dahinschmolz. Doch er konnte sich wohl auch ziemlich schnell wieder fassen. Trat einen Schritt zurück und schüttelte leicht den Kopf.
 

"Physik also in der ersten Stunde", meinte er um irgendwie auf ein anderes Thema zu kommen. "Ich hasse dieses Fach", erwiderte ich. Irgendwie war es mir gerade auch zu wider über sexuelle Vorlieben oder ähnliches zu reden.
 

Doch mit einem konnte ich mich einfach nicht zurückhalten. Ich legte ihm wieder den Arm um die Schultern. Diesmal schüttelte er mich auch nicht einfach ab. "Könntest du das lassen?", fragte er. Etwas zu höflich nach meinem Geschmack. Oder war er einfach nur schüchtern? Würde mir jetzt im Grunde nichts ausmachen. So konnte er doch nur tierisch scharf im Bett sein. Dabei kam es mir so vor, als ob ich das so bald nicht herausfinden würde.
 

Ich ließ gefügig von ihm ab. Doch da drückte mich schon jemand an sich. "Jamie!", johlte Tyler hinter mir. Aber ich hörte schon in derselben Sekunde ein Knurren und das kam ganz bestimmt nicht von Sean. "Morgen Iven", meinte ich, als ich Tyler wieder von mir weg brachte. "Du schmeißt dich an meinen Freund", zischte aber schon Angesprochener. Warf mir einen knappen, bösen Blick zu und zog seinen 'Freund' hinter sich her an mir vorbei. "Er macht sich an mich ran!", rief ich ihm noch hinterher.
 

"Mit einem von beiden wirst du noch deine Probleme haben." Ich wendete mich zu meinem kleinen Brite, der das gesagt hatte. "Werde ich wohl", gab ich zur Erwiderung.
 

Das Frühstück verlief eigentlich einmal richtig ruhig. Bis auf die Tatsache, dass mich die Blicke, die die anderen Jungs Sean zuwarfen, eindeutig nicht passten.
 

-tbc-

Hassfach: Physik

Kapitel 5 - Hassfach: Physik
 

Sean's PoV
 

In einem waren wir uns wohl einige. Wir hassten beide Physik. Darin war ich einfach nur mies. Im letzten Jahr stand ich auf 4,5. Irgendwie hatte ich wohl damals noch Glück, dass mich mein Lehrer halbwegs mochte und es mir auch nicht so übel nahm, dass ich das halbe Schuljahr nicht zum Unterricht erschien. Wie sollte ich aber auch. Entweder kam ich vor lauter Schmerzen gar nicht aus dem Bett - obwohl ich mich meisten zumindest dazu hoch ringen konnte - oder ich trieb mich einfach irgendwo auf der Straße herum. Schule war eben meistens einfach nur das Letzte.
 

Doch momentan kam es mir so vor, als ob ich dieses Mal nicht so viel Glück haben würde. Dieser Mr. Miller hasste mich wohl jetzt schon. Vielleicht passte ihm etwas an meinem Aussehen nicht. Der Kerl sah aber auch verdammt scheiße aus. Wahrscheinlich war er eifersüchtig.
 

"Mr. Smith. Könnten sie mir die Formel für die Spezifische Wärmekapazität sagen?" Ich hob nur leicht den Kopf. Tat so, als ob ich ihn gar nicht gehört hätte. "Mr. Smith!" Nervös biss ich mir auf die Zunge. "Weiß ich nicht", nuschelte ich schließlich. Das war eigentlich unser letztes Thema gewesen an meiner alten High School gewesen. Und gerade an diesen Tagen war ich nur einmal dort gewesen. Aber auch nur um von meinem Vater wegzukommen.
 

"Smith!", zischte der Lehrer jetzt. Ich zuckte zusammen. "Ich sagte doch schon, dass ich es nicht weiß", meinte ich etwas lauter. Erwartete schon sonst etwas. Von meinem Vater hätte ich jetzt Schläge zu erwarten gehabt. Hier war ich mir da noch nicht so sicher. Es wäre aber wohl nicht ungewöhnlich, wenn man hier auch geschlagen wurde.
 

Mein Atem begann regelrecht zu rasen, als Mr. Miller direkt vor mir stand. Er seufzte. Überdeutlich. Langsam sah ich auf. "Arbeit durch Masse mal Temperaturdifferenz", sagte er nur kühl. Ich nickte langsam. Vielleicht sollte ich mir das merken? Ich schrieb es mir einfach einmal auf. Vielleicht würde ich das wirklich einmal brauchen.
 

"Und die Einheiten?" Ich blickte abrupt von meinem Blatt auf. War die Frage jetzt an mich gerichtet. Mr. Miller war wieder nach vorne an die Tafel. Sah direkt auf diese. Wendete sich dann aber schon wieder um. Fixierte mich gerade zu mit den Augen.
 

Ich schluckte. Wie war das noch? Arbeit wurde in ... In welcher verdammten Einheit wurde die denn angegeben. "Äh ..." Mehr brachte ich wirklich nicht heraus. Irgendwie spürte ich auch gerade alle Blicke auf mich gerichtet. Ein Einfall wäre jetzt wohl nicht schlecht oder zumindest irgendeine Hilfe. Ich versuchte mich an jede verfluchte physikalische Einheit zu erinnern, die ich irgendwann vielleicht einmal gehört haben könnte. Doch gerade jetzt war ich völlig planlos.
 

"Joule, Kilogramm und Kelvin bzw. Grad Celsius, Mr. Smith." Ich zog den Kopf ein. Verdammt. Mussten mich gerade alle anstarren. Das konnte ich auf den Tod nicht ausstehen. Lieber verhielt ich mich in einer Stunde schön ruhig, passte ein bisschen auf und überlebte alles ohne Peinlichkeiten. Doch gerade ging das wohl schlecht.
 

"Das packst du schon", flüsterte mir Jamie zu. Sollte ich mich jetzt für das Mitleid bedanken oder im eine runterhauen, weil er mir ja so geholfen hatte? Ich entschied mich ihm nur ein aufgesetztes Lächeln zu schenken. Aber wirklich zu interessieren schien es ihn nicht.
 

Für den Rest der Stunde wurde ich zumindest verschont. Wirklich einen Plan, was gerade durchgenommen wurde hatte ich ohnehin nicht. Wie auch? Die letzte wirkliche Physikstunde, die ich auch komplett mitbekommen hatte, hatte ich vor gut zwei Jahren und da ging es noch um Mechanik - oder wie das hieß. Das war um einiges einfacher. Auch wenn ich davon genauso wenig noch eine einzige Formel wissen würde. Für was auch? Physik würde ich doch im Leben nicht mehr brauchen.
 

Beim Gong zur zweiten Stunde sank ich erst einmal mit dem Kopf auf den Tisch vor mir. Ich hatte jetzt schon zu viel im Kopf. Aber ich konnte mich nicht einmal davon ausruhen. Denn schon zog mich Jamie hoch. "Was hältst du von Mathe?", fragte er mich. "Scheiße." Ich konnte mit Zahlen eigentlich grundsätzlich nicht viel anfangen. Und das in allen Bezügen.
 

"Dann wirst du wohl die nächste Stunde auch nicht mögen." Konnte sich der Kerl nicht einmal sein abgrundtief blödes Grinsen verkneifen. Irgendwann würde ich ihm sonst noch verdammt wehtun. Ich sah zwar nicht so aus, aber zutreten konnte ich trotzdem, wenn es drauf ankam.
 

Irgenwie hatte ich gar nicht bemerkt wie er seinen Arm um meine Schultern gelegt hatte und mich zu sich zog. "Du riechst verdammt gut." Er hatte seinen Kopf an meinem Hals und summte mir schon fast etwas zu vergnügt. Ich schluckte leicht. Er war schwul. Mehr nicht. Deswegen stand er einfach auf Kerle. Das war der einzige Grund, wieso er gerade so an mir hing.
 

Jamie's PoV
 

Er wehrte sich gar nicht gegen meine Umarmung. Eigentlich hatte ich erwartet, dass er mich einfach von sich wegdrücken würde oder es zumindest versuchen wollte. Aber nichts. Er zeterte nicht einmal.
 

Keiner war bis jetzt aber auch so lange in meinen Armen gelegen. Er wusste aber auch nicht was ich angestellt hatte, für das ich überhaupt hier war. Er konnte sich das doch nicht einmal im Ansatz vorstellen. Wer mich aber nicht kannte, wusste das auch nicht.
 

Langsam löste ich mich wieder von ihm. "Wir sollten uns beeilen. Mr. Greenwald wartet nicht gerne." Er sah zu mir auf und irgendwie wirkte es, als ob er in meinen Augen versunken wäre. Denn er konnte den Blick schon gar nicht mehr von mir lösen.
 

Ich stupste ihn an der Nase an. "Du bist nicht stockhetero", säuselte ich. Nie im Leben war er das. "Äh ..." Was für eine intelligente Antwort von ihm. Und den Gesichtsausdruck, denn er dabei machte. Goldig.
 

"Für was brauchen wir eigentlich Schulbücher?", fragte er, als wir wieder auf dem Gang waren. Wohl um irgendwie das Thema zu wechseln. "Damit uns die werten Lehrer sagen können, wann wir sie mitnehmen sollen und heute war das nicht der Fall", erwiderte ich. Keine zwei Mal in der Woche musste man eigentlich irgendwelche Bücher mitnehmen. Eigentlich reichte ein Block zum Notizen machen völlig aus.
 

"Aber jetzt gib es doch zu. Ein bisschen stehst du doch auf mich." Ich legte Sean den Arm um die Schultern. Natürlich sah er einfach weg. Traute er sich nicht mehr mich anzuschauen? Hatte er etwa ein klein wenig Angst, dass er mich wieder zu lange anstarrte und dabei am Ende noch zu sabbern begann?
 

"Du willst es also nicht zugeben. ... Das werde ich dir noch heimzahlen!" Ich lachte trocken auf. Bemerkte dabei aber, wie er leicht zusammen zuckte. Meine Racheaktionen kannte er zum Glück noch nicht. Die bestanden aber nur daraus, dass ich alles aus ihm heraus kitzeln würde. Was anderes durfte man hier doch ohnehin nicht. Die Hausordnung kannte ich immerhin langsam auswendig - zumindest die ersten 10 Seite, die durfte ich schon oft genug abschreiben. Und es war verdammt viel Arbeit. Von den Schmerzen meiner Armen Hand einmal abgesehen, wenn ich fertig war.
 

Aber wer wollte jetzt schon groß über so etwas nachdenken. Es gab viel schönere Schmerzen. Auch wenn ich die noch nie gefühlt hatte. Aber zugefügt, dass war etwas, was ich schon oft gemacht hatte. Jedes Aufschreien dieser kleinen Schlampen hatte ich jetzt noch in den Ohren. Jedes Ächzen. Und jedes Stöhnen, wenn es ihnen dann trotzdem gefiel, was ich mit ihnen machte.
 

Seans schönes Stimmchen wollte ich schon einmal hören, wenn er vor Lust keuchte. Doch ich hatte mir vorgenommen es mit ihm langsam angehen zu lassen. Er war doch einmal etwas, was man auch anschauen konnte. Also wieso zu schnell wieder vertreiben? Ein Jäger wartete doch auch erst einmal den richtigen Moment ab, bevor er eins dieser scheuen Rehe erschießt. Also würde ich das auch tun.
 

Also schön cool bleiben. Und schauen, wie es nach Mathe aussehen würde. Eigentlich konnte es nur besser werden. So wohl der Tag, als auch meine Einstellung zu Sean, was das 'Ihn erst einmal mit meiner Lust in Ruhe lassen' anging. Hoffentlich konnte ich mich da wirklich so lange zurückhalten. Immerhin musste ich noch meine Racheaktion durchführen.
 

Ich seufzte. Dann musste ich damit vielleicht auch warten. Dabei finde ich so etwas immer so lustig. Was gibt es aber auch schöneres, als auf einen Typen zu sitzen, der sich gerade zu Tode kichert und versucht die Worte 'Es tut mir leid' oder 'Ich sag doch schon' von sich zu geben? Wohl oder übel gar nichts.
 

"Wo müssen wir für Mathe hin?", fragte da auf einmal Sean. "In unser Klassenzimmer", erwiderte ich. War aber schon dabei nach seiner Hand zu suchen. Die er nur verwundert zurückzog, als ich sie endlich erwischt hätte.
 

"Schüchternes, kleines Ding", murrte ich nur, als ich schließlich doch vor ihm herging ohne ihn an der Hand festzuhalten. Ob man es mir anmerkte, dass ich eingeschnappt war. Na hoffentlich nicht. Das könnte meinen Ruf wirklich beachtlich schädigen. Ich war doch der immer fröhliche Jamie. Ich durfte gar nicht beleidigt sein. Also sollte ich das wohl jetzt wieder ändern.
 

"Bist du sauer?", fragte da aber schon auf einmal Sean. Wow, das klang sogar richtig süß. "Nein", gab ich aber trotzdem mürrisch zur Antwort. Sollte er es doch selbst bemerken. "Tut mir leid." Was war das denn jetzt auf einmal? Hatte ich ihn eingeschüchtert. Ach nö. Wie blöd war ich denn wirklich? Diesen von Gott geschickten Engel konnte ich doch nicht schon am ersten Tag schon so fertig machen.
 

"Macht doch nichts." Ich legte ihm eine Arm um die Schultern. Ein wirklich angenehmes Gefühl, wie er im ersten Moment zusammenzuckte. Davon wollte ich mehr haben. Dabei wollte ich mich doch zurückhalten. Das würde ich doch nie im Leben lange durchhalten können. Wie konnte aber auch eine einzige Person so süß sein. Nur Zucker war süßer.

Jet-Lag und die kleineren Probleme des Alltags

Kapitel 6 - Jet-Lag und die kleineren Probleme des Alltags
 

Sean's PoV
 

Physik und dann gleich Mathe. Das Leben konnte doch nicht noch schöner werden? Und was um alles in der Welt sind Parabeln? Und wieso konnten in Matheaufgaben auch Buchstaben vorkommen. Ich fühlte mich völlig verloren. Wollte am liebsten im Erdboden versinken.
 

Da spürte ich plötzlich Jamies Arm um meine Taille. Eigentlich blickte er gebannt nach vorne. Kaute dabei fast unbemerkt auf einem Kaugummi. Bis gerade eben hatte er auch noch schön von der Tafel abgeschrieben. Doch jetzt hatten sich wohl seine Finger selbstständig gemacht.
 

Er fummelte an meiner Hose herum. Versuchte sie mit einer Hand aufzubekommen. "Jamie, hör auf", flüsterte ich und wollte ihn wegdrücken. Deswegen hatte er mich also nach ganz hinten gebracht, als ich mich schon viel lieber irgendwo auf einen Platz in der Mitte des Raumes setzen wollte.
 

"Genieß es einfach", hauchte er mir ins Ohr. Da spürte ich aber schon, dass er meine Jeans wohl aufgebracht hatte. Glitt mit den Fingern einfach gleich noch unter den Stoff meiner Shorts. Oder zumindest wollte er das.
 

Ich hielt ihn am Handgelenk fest. "Lass das!", zischte ich. Presste dabei krampfhaft die Beine zusammen. Eigentlich hatte ich gedacht, er könnte vielleicht die Finger von mir lassen, nachdem er mich nach Physik so in den Arm genommen hatte. Da wirkte er noch richtig süß. Aber jetzt empfand ich ihn nur als widerwärtig.
 

"Dann eben nicht." Leicht zuckte er mit den Schultern und ließ auch gleich von mir ab. Etwas nervös sah ich mich um, während ich meine Hose wieder zu machte. So weit war er wohl gar nicht mehr gekommen.
 

Zumindest konnte ich jetzt wieder versuchen mich auf den Unterricht zu konzentrieren. Auch wenn ich wirklich gar nichts verstand. Ich schrieb nur stur von der Tafel ab. Was um alles in der Welt sollte das eigentlich alles bedeuten? Und was bedeutete Ø hinter diesem L mit dem zweiten senkrechten Strich? Das stand wohl im insgesamten kaum für Durchschnitt oder Durchmesser.
 

Verwirrt blickte ich zu Jamie. Doch der würdigte mich jetzt nicht eines Blickes mehr. Ich hatte es jetzt wohl bei ihm wortwörtlich verschissen. Aber wäre es denn besser gewesen, wenn ich ihn einfach weiter machen hätte lassen? Sicher nicht!
 

Ich drückte wieder die Beine zusammen. Leicht spürte ich, wie ich zitterte. Mir wurde auf einmal so kalt. Ein Blick aus dem Fenster deutete aber mir an, dass die Sonne immer noch erbarmungslos vom Himmel strahlte.
 

Meine Lider wurden schwer. Verdammt. Wieso war ich denn so müde?
 

"Jet-Lag?" Jamie blickte mich fragend an, als ich mich wieder zu ihm wendete. Langsam nickte ich schließlich auch. "Ich fühl mich, als ob ich eigentlich die halbe Nacht wach gewesen wäre", seufzte ich. Rieb mir schließlich auch über die Augen.
 

Doch da spürte ich schon wieder Jamies Arm um meine Taille. Dieses Mal auch nur dort. Gerade deswegen legte ich wohl auch den Kopf an seine Schulter.
 

"Im Bett wärst du wohl besser aufgehoben", hörte ich den Dunkelhaarigen noch sagen. Doch schon Sekunden darauf war ich eingenickt.
 

Jamie's PoV
 

Im ersten Moment hatte ich es gar nicht bemerkt. Doch Sean war an meiner Schulter eingeschlafen. Das bisschen Ruhe konnte er wohl brauchen. Aber eigentlich müsste er jetzt wach sein. Ich wusste, wie sauer Mr. Greenwald werden konnte, wenn man in seinem Unterricht schlief. Da konnte der Lehrer so gut aufgelegt sein, wie er wollte, so etwas passte ihm einfach nicht. Jedoch hatte der Blonde einen Grund, wieso er sich einfach nicht wach halten konnte.
 

Zaghaft meldete ich mich. Eigentlich machte ich das nicht oft. Ich kümmerte mich lieber um andere Dinge. Einfach kleinere Malereien. Sinnloses herum gezeichnet. Aber jetzt musste ich es wohl tun.

"Was ist denn, Mr. Hunt?" Dass ich ihn jetzt schon nervte, konnte man regelrecht spüren. "Ähm ... ich glaube er ist eingeschlafen." Leicht deutete ich auf Sean, der immer noch an mir lehnte.
 

Anfänglich nahm ich ein seltsames - wütendes - Funkeln in Mr. Greenwalds Augen war. Doch ich meinte nur schnell: "Ich tippe mal auf Jet-Lag." Ich vernahm ein überdeutliches Seufzen von dem rothaarigen Lehrer.
 

"Ok, bring ihn ins Bett." Ich nickte darauf nur leicht. Hob schließlich auch Sean vorsichtig hoch.
 

Die Blicke der anderen Schüler spürte ich jetzt schon. Die meisten hatten interessiert von ihren Arbeiten aufgesehen. Wie viel Beachtung sie ihm schenkten. Das war schon seltsam. Wie oft passierte es auch, dass ein Neuer so angesehen wurde? Gerade da ihn so gut wie noch niemand kannte.
 

Ich war in kürzester Zeit in unserem Zimmer. Hatte meinen süßen Briten gleich aufs Bett gelegt. Aufgewacht war er auf dem Weg hierher nicht. War wohl auch besser so. Dieses bisschen Schlaf würde ihm wohl wirklich noch richtig gut tun.
 

Ich streichelte ihm leicht über die Wange. Da rollte er sich aber auch schon von ihm weg. Grummelte irgendetwas. Ein Lächeln bildete sich auf meinen Lippen. Beugte mich vorsichtig über ihn. Er hatte immer noch die Augen geschlossen. Also schlief er wohl noch.
 

Doch da spüre ich es. Das Zittern. Er zitterte. Ich hob eine Augenbraue. Wieso fror er denn? Schnell holte ich noch eine Decke und legte sie über ihn. Es wirkte im ersten Moment nicht mehr so, als ob ihm noch kalt wäre.
 

Somit machte ich mich langsam wieder auf den Weg zum Unterricht. Doch in dem Augenblick, als ich schon kurz vor unserem Klassenzimmer war, klingelte es zur nächsten Stunde. Also würde ich schon einmal da entlang gehen.
 

Jedoch überlegte ich mir das noch einmal. Man würde mich kaum vermissen. Also könnte ich eigentlich gleich zurück zu Sean. Ich hatte zwar bemerkt, dass er nicht so gut mit dem Stoff mitkam, aber die eine Stunde würde mir auch nichts ausmachen um ihn später ein bisschen zu helfen. Dann würde er es schon schaffen.
 

Ich schlich schon fast durch die Gänge. Hoffte, dass mir kein Lehrer begegnen würde. Ich hatte keine große Lust darauf, einmal mehr in diesem Monat nachsitzen zu müssen. Vor allem da ich dann den blonden Briten allein lassen müsste.
 

Ich betrat ein weiteres Mal unser Zimmer. Der gute Sean war auch wieder wach. Blickte sich noch etwas verwirrt um. Sah mich schließlich auch so an. "Ich wollte dich nicht allein lassen", meinte ich nur und setzte mich zu ihm.
 

Ich wollte ihm eigentlich den Arm um die Schultern legen. Doch er war weggerutscht.
 

"Was sollte das gerade eben?" Dass er das nicht vergessen hatte, hätte ich mir denken können. Verlegen kratzte ich mich am Kopf. "Na ja, ich dachte einfach ... äh ... dass du vielleicht Bock drauf hättest." Es war eine billige Ausrede. Denn eigentlich war es einfach nur Langeweile. Und zudem wollte ich ihn zumindest einmal anfassen. Doch ich wollte ihn auch mit nichts bedrängen. Gerade deswegen hatte ich auch sofort wieder von ihm abgelassen.
 

Irgendwie falsch anrühren wollte ich ihn nicht. Er war ohnehin so schmächtig. Irgendwie wirkte er fast so, als könnte er bei jeder Berührung zerbrechen. Wie Porzellan. Doch es kam mir so vor, als ob er auch genauso gut schlagkräftig sein könnte.
 

Sean hatte den Kopf von mir weggedreht. "Müssten wir nicht beim Unterricht sein?" Er wollte wohl einmal wieder das Thema wechseln. "Ich durfte dich ins Bett bringen und da ich dich nicht alleine lassen will, bin ich einfach einmal da geblieben." Sanft lächelte ich ihn an. Doch er würdigte mich nicht einmal eines Blickes.
 

"Was ist denn?" Ich beugte ich über ihn. Doch er machte sich nur umso kleiner, je näher ich ihm kam.
 

"Die Fummelnummer war nicht böse gemeint", seufzte ich, "so bin ich eben." Es half aber nicht viel. Der gute Sean kauerte sich doch nur immer mehr zusammen. Sanft streichelte ich ihm über die Wange. Dass er zusammen zuckte machte mich aber auch nicht gerade glücklich.
 

Ein Seufzen verließ meine Kelle. "Ich werde wieder zurück zum Unterricht gehen. Du kommst zurecht?" Er nickte nur knapp, bevor ich mich dann auch schon zum Gehen umdrehte. Hielt aber an der Tür noch einmal kurz Inne. Da nichts von ihm aus kam, ging ich einfach. Vielleicht war er einfach wieder eingeschlafen. Würde ihm wohl wirklich gut tun.
 

Gemächlich marschierte ich durch die Gänge. Gerade als der Gong zur vierten Stunde erklang. Also auf zu Chemie. Zumindest ein Fach, das mir halbwegs gefiel. Wir durften zwar nicht oft etwas in die Luft jagen und mehr als ein bisschen Wasserstoff war - wenn überhaupt - auch nicht drin, doch zumindest etwas lustig konnte es werden. Unser Lehrer war aber auch schon etwas cooler. Mr. Daubenmerkl hieß der. Er kam aus Europa. Aus dem deutschsprachigen Teil - so weit ich es wusste.
 

Ich stapfte in den Chemiesaal. Und war prompt einer der Ersten. Demnach konnte ich mir ein Plätzchen aussuchen. Gemütlich schlenderte ich nach hinten. Warf meinen Block auf den Tisch und ließ mich auf den Stuhl nieder.
 

Mein Blick wanderte zur Tafel. Dort stand immer noch das, von unserer letzten Stunde. Irgendetwas über Alkanen. Nicht gerade das Schwierigste an der Chemie. Eigentlich sogar richtig einfach. Auf alle Fälle musste ich Sean trotzdem alles Erklären.
 

"Hey, Jamie. Wo warst du die letzte Stunde?" Ich sah auf. Ein schlaksiger Junge stand vor mir. Das rabenschwarze Haar fiel ihm immer wieder vor die grünen Augen. "Ich war noch etwas bei Sean", erwiderte ich nur knapp. Ließ den Kopf auf die Tischplatte sinken.
 

"Ähm, was ich eigentlich wollte ..." - Der Junge, Piccolo war sein Name, sah mich mit großen Augen an. - "Na ja, hast du heute Abend vielleicht mal wieder Lust. Nur so auf eine flotte Nummer."
 

Ich hob eine Augenbraue. "Du kleiner, sexabhäniger Italiener", meinte ich, als ich den Kopf wieder hob. "Hey, das letzte Mal bist du doch zu mir gekommen, also sei ganz ruhig." Der wütende Unterton war aus seiner Stimme fast überdeutlich herauszuhören. "Ja, ja, Spagetti-Fresser", seufzte ich.
 

"Wie hast du mich genannt?", zischte Piccolo da aber auf einmal. Das war wohl gerade doch etwas falsch. "'Tschuldigung", versuchte ich mich zu entschuldigen. Doch das half nicht mehr viel. "Du scheiß amerikanisches Arschloch!", fauchte er und marschierte mit vor Wut funkelnden Augen weg. Den hatte ich dann wohl auch wieder los. Dabei war er richtig gut gewesen.
 

Mr. Daubenmerkl war noch nicht da, also könnte ich mich vielleicht noch richtig entschuldigen. Kurzer Hand sprang ich auf und lief dem jungen Italiener hinterher.
 

"Hey, Picco, das war gerade nicht so gemeint." Doch da hatte ich schon eine Ohrfeige abgekommen. "Du hast es doch ohnehin nur aufs Ficken abgesehen!", schnauzte er schon. Wollte mich schon ein zweites Mal ohrfeigen. Aber ich hielt seine Hand fest. "Wenn einer schon so gut ist." Mit einen Augenaufschlag konnte ich ihn wohl wieder beruhigen.
 

"Also kommst du zu mir." Leicht fuhr er über meine Taille. Glitt bis zur Hüfte hinunter. "Sehen wir mal, wie ich Zeit habe. Meinen kleinen Briten kann ich immerhin auch nicht einfach alleine lassen." Das stimmte Piccolo jetzt wohl auch nicht gerade glücklich.
 

"Was willst du denn lieber? Einen kleinen, kalten, verregneten Briten oder lieber doch den süßen, feurigen Italiener?" Einmal eine wirklich gute Frage. "Das werden wir dann noch sehen", hauchte ich den Kleineren ins Ohr, bevor ich mich mit einer guten Tat für den Tag wieder auf meinen Platz begab.
 

Ich würde wohl wirklich erst einmal schauen, was ich heute Abend machen würde. Mit Sean wollte ich es ja eigentlich erst einmal auf der freundschaftlichen Basic versuchen, also musste ich wohl oder übel die Finger von ihm lassen. Das in Mathe war schon zu viel.
 

-tbc-

Abendliche Abenteuerchen

Kapitel 7 - Abendliche Abenteuerchen
 

Sean's PoV
 

Leicht hob ich ein Lid, als ich ein Geräusch hörte. Jamie kramte den Kleiderschrank durch. Sein Shirt lag schon auf dem Boden. "Was suchst du?", fragte ich. Setzte mich etwas auf. "Och, nur ein frisches Oberteil. Ich hab noch was vor."
 

Leicht legte ich den Kopf schief. "Wo willst du denn dann noch hin? Wenn ich fragen darf." Er zog sich gerade das neue Shirt über den Kopf. "Ein Date", erwiderte er schließlich knapp.
 

Ich hob eine Augenbraue. "Date? Mit ... einem Typen?" Verdammt dumme Frage. Mit wem Sonst. Es gab keine Mädchen und auf die Entfernung von ein paar Kilometern fand man auch keines. Also mit wem sollte er schon sonst.
 

Ein Grinsen bildete sich auf seinem Gesicht. Bis er kurz auflachte. "Date ist schon fast zu viel." Ich schluckte. Was sollte das denn jetzt wieder heißen. "Wir ficken nur", meinte er. Hatte wohl meinen verwirrten Blick bemerkt.
 

"Mehr nicht?" War er so ein Typ, der es nur darauf aushatte. So sah er gar nicht aus. Aber wie wollte ich ihn denn jetzt schon einschätzen können. Einen Tag kannte ich ihn. Da sollte ich mir noch nicht so viel einbilden.
 

"Der Kleine will gar nicht mehr von mir." - Wieder lachte er kurz auf - "Aber mehr will ich auch gar nicht von ihm."
 

Meine Augen weiteten sich. Er hatte mich heute auch schon angefasst. War ich vielleicht auch zu nicht mehr gut. Brauchte er mich nur zum Ficken. Dafür war er doch viel zu nett. Und so verdammt freundlich. Er konnte doch nicht so kalt sein.
 

"Schau mich nicht so an." - Er streichelte über meine Wange. - "Dich fass ich nicht mehr an." - Ganz nah kam er meinem Ohr. - "So lange du es nicht willst."
 

Ich zitterte. Seine warmen Finger berührten auf einmal meinen Hals. Wollte er - kaum das er es gesagt hatte - das schon wieder brechen. Doch da erhob er sich schon wieder. Kratzte sich leicht am Kopf. "Na dann geh ich mal. Ich bin kurz vor 10 Uhr wieder da. Dann krieg ich auch keinen Anpfiff." Er sah sich noch einmal langsam um.
 

"Ach ja, ich hab dir was vom Abendessen mitgebracht. Du hast wohl den ganzen Tag geschlafen", meinte er da aber auch schon und nickte knapp in Richtung Schreibtisch. "Danke", murmelte ich noch, da fiel aber schon die Zimmertür ins Schloss. War ich wohl etwas zu langsam.
 

Ich setzte mich auf die Bettkante. Seufzte. Und schon hatte er mich allein gelassen. Das war mir eigentlich am liebsten. Zumindest, wenn ich mich sicher fühlen konnte. Doch hier fühlte ich mich unwohl. Niemanden kannte ich. Nur Jamie. Vielleicht sollte ich das einfach ändern. Den Aufenthaltsraum hatte mir der junge Amerikaner schon gezeigt, da könnte ich mir ganz einfach ein paar Bekannte machen.
 

Etwas mühsam rappelte ich mich auf. Stapfte ins Bad und wusch mich schnell etwas ab und richtete mir die Haare. Mein Kopf tat etwas weh. Mir bekam wohl ganz einfach das Wetter nicht so gut.
 

Ich schlüpfte noch in ein paar Hausschuhe, dann verließ ich auch den Raum. Erst blickte ich mich nach links und rechts um. Es war so gut wie niemand auf dem Gang. Nur zwei Jungen, die eng aneinander gedrückt an der Wand standen und sich gegenseitig irgendetwas zuflüsterten. Irgendwie ein seltsames Bild.
 

Ich entschied mich einfach einmal an den beiden vorbeizugehen. Es würde sie schon nicht stören. Und das tat es dann auch nicht. Mir warf nur einer einen etwas zweideutigen Blick zu. Nicht gerade angenehm.
 

Ich fand den Aufenthaltsraum schnell wieder. Sah mich im ersten Moment nur um, bevor ich mich zu einigen Jungen, die an einem Tisch Karten spielten, setzte. Die vielsagenden Blicke, die sie mir zuwarfen, jagten mir schon fast Angst ein. Aber was sollten sie mir schon groß antun.
 

"Hi", meinte ich schließlich mit einem leichten Lächeln. Doch wieder erntete ich nur einige Blicke. Wobei ein paar sogar etwas länger auf mir hafteten.
 

"Du bist wohl Sean." Ein rothaariger Junge mit leicht dunklem Touch hatte sich an mich gewendet. Ich nickte langsam. Wieder bildete sich ein Lächeln auf meinen Lippen. "Oh, Entschuldigung, Marc." - Er hielt mir die Hand hin, die ich nur knapp nickend annahm. - "Wenn ich kurz vorstellen darf. Felix, Steve und Kenji." Marc wies nur immer auf die einzelnen Jungen. Jeder von ihnen nickte kurz.
 

"Und was spielt ihr so?", wollte ich schließlich wissen. "Nur einfaches Poker", antwortete mir da aber auch schon Steve. "Kannst du das?", wollte Marc von mir wissen. Ich schüttelte den Kopf. "Mit den Karten hab ich es nicht so." Verlegen kratze ich mich am Hinterkopf.
 

"Schade. ... Na ja, vielleicht lernst du ja noch was. Dann kannst du mal mitspielen." Das kurze Zwinkern von Seitens Felix jagte mir zuerst einen Schauer über den Rücken. Aber ich nahm es nicht weiter war. Vielleicht hatte ich es mir aber auch nur eingebildet.
 

Seltsame Blicke wurden mir ohnehin oft zugeworfen. Selbst von Kerlen, die von sich behaupteten, sie wären nicht schwul. Angeblich zog meine niedliche, zerbrechliche Gestalt Frauen wie Männer an. Etwas seltsam kam mir aber schon manchmal das Gefühl vor immer gerade aus diesen Gründen von Leuten angestarrt zu werden.
 

Jamie's PoV
 

Zimmer 342. Das von Piccolo Russo und Felix Schulz. Letzterer war mir nicht gerade freundlich gesonnen. Aber immerhin vögelte ich mit seinem Zimmergenossen. Das würde mir auch nicht passen.
 

Ich klopfte und schon ein paar Sekunden später wurde die Tür geöffnet. Von einem knapp mit einem Bademantel bekleideten Piccolo. Ich zog einen Mundwinkel hoch. "Dabei dachte ich, ich hätte was zum Auspacken", meinte ich gespielt schmollend.
 

"Belassen wir es doch einfach mit den einfachen Spielereien." Picco wanderte mit den Fingerspitzen über meine Wange, bevor er die Finger an mein Handgelenk legte und mich ins Zimmer zog.
 

Kaum war die Tür ins Schloss gefallen, begann er mich mit Küssen zu liebkosen. Ich ließ das so lange zu, bis ich aufs Bett sank.
 

"Wo ist denn Felix?" Piccolo setzte sich neben mich. Schob mein Shirt hoch und leckte erst nur über meine Brust. "Beim Pokern. Wo sonst?", meinte er, als er kurz absetzte.
 

"Aha", gab ich von mir, als ich zurück in die Kissen sank. Ließ mich schön langsam ausziehen. Bei Picco hatte ich da ja nicht viel zu tun. Also würde das für mich ziemlich langweilig werden.
 

Bei meinen Shorts half ich mir ja am liebsten selbst, aber Piccolo ließ mich da gar nicht mehr richtig ran. Wenn ich ihn nicht von mir herunter geschoben hätte und mich erst einmal über ihn - besser wohl seinen Körper - hergemacht hätte, wäre ich, spitz wie Nachbars Lumpi, auf seinem Bett gelegen, während er sich dann fast unerregt gewesen wäre.
 

"Heute mal wieder so richtig geil", keuchte der Italiener, als ich seinen Schritt knetete. "Ist doch schon lange her." Ich küsste ihn. Einfach nur ein kleiner Zungenkuss. Bevor sich Piccolo mit einem Stöhnen wieder von mir löste. Ich gab ein kurzes Kichern von mir.
 

"Schon so scharf?" Ich grinste in mich hinein, als er nickte. Löste schließlich auch langsam den Gürtel des Bademantels. Streifte ihm das sinnlose Kleidungsstück ab. Begann seinen Oberkörper zu liebkosen. Immer wieder ließ Piccolo ein überschwängliches Keuchen laut werden.
 

Ich zog mir schlussendlich auch die Shorts aus. Drückte seine Beine etwas unsanft hoch und drang abrupt in ihn ein.
 

Ich machte keine großen Anstalten sanft zu ihm zu sein. Wie er es mochte, wusste ich ohnehin schon lange. Die nette Nummer war nicht sein Ding. Also drückte ich auch gleich seine Arme über seinem Kopf zusammen. Bewegte mein Becken immer wieder auf und ab.
 

Mit meinen Lippen brach ich sein Stöhnen einfach ab. Und genauso auch das meinige. Löste meinen Mund aber gleich wieder von dem seinen. Konnte mich mit meinen Lauten kaum noch kontrollieren.
 

Als Piccolo kam, ging es mit mir auch ziemlich schnell. Schon rein sein erschöpfter Gesichtsausdruck ließ mich kommen.
 

Langsam sank ich auf ihn. Stützte mich neben ihm ab. Mein Atem raste noch. "Wow", entfuhr es ihm. Da hatte ich mich aber schon wieder aufgesetzt und sammelte meine Sachen vom Boden auf. Mehr als die kleine Nummer war auch nicht eingeplant.
 

Als ich mich angezogen hatte, wendete ich mich noch einmal zu Piccolo. "Ciao", meinte ich knapp zu ihm und verließ das Zimmer. Ging fast zu entspannt zurück zu meinem Zimmer. Wahrscheinlich wartete Sean schon längst. Oder er schlief schon wieder. Eins von beiden machte er sicherlich.
 

Doch da hatte ich mich wohl völlig geirrt. Etwas irritiert sah ich mich um, als ich auf meinem Bett saß. Da war wohl der Vogel auch ausgeflogen. Und dann hatte er nicht einmal etwas gegessen. Er würde noch umkommen vor Hunger.
 

Aber da hörte ich Wasser laufen und ein kurzes Aufquicken. Ein Kichern entfuhr mit. Zumindest konnte ich mir jetzt vorstellen, wo er war. Und das ihm das kalte Duschwasser immer noch nicht bekam.
 

Ich schnappte mir etwas von dem Abendessen, das ich Sean eigentlich mitgebracht hatten. Zum Glück gab es abends immer nichts Warmes, sonst könnte man das schon wieder wegschmeißen. Kalt schmeckte hier nichts gut. Selbst Pizza war zum Kotzen.
 

Als ich mich gerade über die zweite Semmel hermachen wollte, kam endlich mein kleiner Brite aus dem Bad. Nur mit einem Handtuch um die Hüften. Er streckte sich erst einmal ausgiebig, bevor sein Blick auf mich fiel.
 

"Du bist schon wieder da?", fragte er fast schon verwundert. Ich nickte nur. Mit vollem Mund redet man doch nicht. So oft hielt ich mich daran dann aber auch nicht.
 

"Ist was?", wollte ich wissen, als ich hinunter geschluckt hatte und er sich irgendwie so gar nicht rühren wollte. "Ähm, na ja, ...", fing er nur an. Dann kam es mir erst. "'Tschuldigung. Du willst dich anziehen. Stimmt's." Einfach so nackt vor mich hinstellen würde er sich nicht. Schade irgendwie.
 

Er nickte. Und irgendwie haftete sein Blick dabei regelrecht auf dem Boden. "Ich schau schon nicht hin." Schwul oder nicht, wenn es jemanden nicht passte, dass ich ihn so sah, dann machte mir das auch nichts aus. Und unbedingt sehen musste ich das auch nicht.
 

So betrieb ich einfach einmal etwas Wandgaffing. Ist auch mal wieder recht interessant. Gerade da die Wand nicht ganz weiß ist. Sondern eher einen gelblichen Schimmer hat. Vielleicht wurde hier einmal etwas zu viel geraucht.
 

Ich seufzte. Meine letzte Zigarette hatte ich auch vor drei Jahren gehabt. Auch irgendwie schade. Freiwillig hätte ich wohl nie aufgehört. Und hier hatte ich es jetzt gemusst. Ich hätte doch gleich in den Knast gehen sollen. Da hätte man zumindest rauchen dürfen.
 

Das Knarren des anderen Bettes ließ mich aus meinen Gedanken hochschrecken. Sean saß dort jetzt im Schneidersitz.
 

"So. Und was hast du jetzt die ganze Zeit gemacht?", fragte ich einfach so. Interessieren tat es mich zwar nicht wirklich. Aber wer weiß schon was er so angestellt hat. Man konnte mit solchen Fragen manche Menschen ja auch so leicht in Verlegenheit bringen. Vor allem wenn sie Dinge gemacht haben, die nicht so ganz den Idealen entsprechen.
 

"Ich war im Aufenthaltsraum. Hab ein paar Jungs beim Pokern zugeschaut." Ich hob eine Augenbraue bei seiner Antwort. Am liebsten hätte ich wohl etwas anderes gehört, aber musste das eben reichen. "Pokern?", dachte ich laut nach, "ach, da wird sicherlich Felix dabei gewesen sein." Ein Grinsen bildete sich auf meinen Lippen, als Sean dann auch schon nickte.
 

"Was ist mit ihm?" Auf so eine Frage hatte ich eigentlich nicht gehofft. "Nichts", erwiderte ich nur knapp. Lehnte mich an die Wand.
 

Wie es aussah kam wohl Sean alleine auch ganz gut klar. Obwohl ich mich vielleicht doch etwas besser um ihn kümmern sollte. Felix hatte schon ein paar komische Kumpels. Die konnten schon ziemlich schroff werden, wenn man nicht das machte, was sie von einem wollten.
 

Ich schreckte mich, bevor ich zur Seite sank. "Sag nicht, du willst schon schlafen." Ich hob leicht wieder den Kopf. "Und wenn es so wäre?" Mit gehobener Augenbraue sah ich Sean an. Er lächelte. Irgendwie war dieses Lächeln richtig zuckersüß.
 

"Ist ein bisschen früh dafür." Er rutschte bis an die Wand zurück und ließ den Kopf in den Nacken fallen. Ich hätte ihn so noch die ganze Zeit ansehen können.
 

Bis er schließlich herzhaft gähnte. "Hast du nicht schon lang genug geschlafen?", fragte ich grinsend. Da fiel sein Blick aber schon wieder auf mich. "Muss mich halt erst an die Zeitzone gewöhnen", murmelte Sean und sank zur Seite. Rollte sich langsam zusammen.
 

"Hey, zieh dich erst mal aus, bevor du schläfst", meinte ich noch, als ich mich aufsetzte, da war es aber schon zu spät.
 

"Kleiner Idiot", seufzte ich. Watschelte zu ihm um die Decke über ihn zu werfen. Noch einen Moment ging ich vor Seans Bett in die Hocke. Leicht wischte ich ihm eine Strähne aus dem Gesicht. Blieb noch einen Augenblick mit den Fingern an seiner Wange hängen. Wenn er überall so weiche Haut hatte, könnte ich mich schon einmal in Vorfreude sullen.
 

Leicht glitt ich noch mit den Fingerspitzen über seine Lippen. Doch abrupt zog ich die Hand zurück, als er sich auf die andere Seite drehte.
 

"Na dann gute Nacht, Sean", flüsterte ich. Ein Kuss auf seine warmen Lippen wäre zum Einschlafen wohl auch noch ganz schön gewesen, aber dafür würde ich ihn wohl nur wieder wecken. Den kleinen, süßen Briten.

Kopf trifft Wand

Kapitel 8 - Kopf trifft Wand
 

Sean's PoV
 

Ich rollte mich noch eine ganze Weile hin und her. Das Sonnenlicht hatte mich schon vor einigen Minuten wach gekitzelt. Aber ich wollte noch nicht aufstehen. Es war noch viel zu schön warm hier im Bett.
 

Ich zog den Kopf unter die Decke, doch da wurde mir gerade die auf einmal weggezogen. Sofort zog ich mich zusammen. Machte mich zu einer möglichst kleinen Kugel.
 

"Versuch es erst gar nicht. Heute wirst du denn ganzen Unterricht überstehen müssen." Ein verschlafener Jamie blickte mich an. Doch da kicherte ich schon los. Sein zerzaustes Haar sah zu lustig aus.
 

"Hör auf zu lachen", zischte da aber schon der Amerikaner, "ich geh duschen." Er schnappte sich nur noch ein paar frische Sachen. Heute Morgen war er auch nicht nur in seiner Unterwäsche unterwegs. Das vermisste ich irgendwie schon fast.
 

Ich setzte mich auf. Blickte etwas irritiert an mir herunter. Hatte er es wohl wieder nicht gewagt mich auszuziehen. Dabei wirkte er nicht, wie der Typ, der so etwas nicht einfach machte. Er wollte mich doch schon anfassen. Und da hatte ich schon nicht gedacht, dass er so einfach wieder von mir ablassen würde.
 

Langsam stand ich auf. Sammelte mir auch frische Klamotten aus dem Schrank und ließ sie auf mein Bett fallen. Schon hörte ich das Wasser in der Dusche laufen. Langsam legte ich die Hand an die Wand, die diesen Raum mit dem kleinen Badezimmer trennte.
 

Ich schluckte. Es würde sich wohl einmal wieder richtig gut anfühlen mit jemandem zu duschen. Mit meiner letzten Freundin hatte ich das einmal gemacht. Und die hatte mich sitzen gelassen. Einfach eiskalt per SMS Schluss gemacht. Damals war ich am Boden zerstört und wollte nie wieder mit jemandem etwas anfangen. Das Gefühl, wieder jemanden lieben zu wollen, kam jetzt gerade wieder zurück. Nur fühlte es sich komisch an. Anders, als früher einmal.
 

Ich sank auf den Boden. Lehnte den Kopf an die Wand. Zwei Tage hier und man dachte einmal richtig nach. Schon seltsam. Zu Hause hätte ich das wohl nie gemacht. Da hatte ich immer alles einfach kurzfristig entschlossen und ohnehin gemacht was ich wollte. Mir war so ziemlich egal, ob ich damit anderen schaden könnte. Nach mir hatte sich doch auch nie jemand gerichtet.
 

Ich ließ den Kopf langsam wieder zurück sinken und schlug ihn dann regelrecht gegen die Wand. Ein dumpfer Knall erfühlte den Raum. Es tat nicht einmal weh. Fühlte sich fast schon angenehm an.
 

Ich war immer schon ein Idiot gewesen. Und ein Egoist. Andere hatten mich nie interessiert. Aber wohl wirklich nur, weil sich um mich auch nie jemand gekümmert hatte. In der Schule hatte jeder meine blauen Flecke gesehen. Nie hatte aber jemand gefragt, was passiert sein. Nicht einmal, als ich einmal zusammen gebrochen bin.
 

Es war damals schon ein seltsamer Moment, als ich plötzlich im Krankenzimmer wach geworden war. Wer mich dort hingebracht hatte erfuhr ich nie. Keiner wollte sich dafür bekennen. Damals war ich aber schon an meiner Schule zu einem Außenseiter geworden. Viel zu oft trieb ich mich einfach mit diesen Leuten vom Parkplatz am McDonald’s herum. Ich hatte nie verstanden was an denen so schlimm sein sollte. Bis sie mich mit zu ihren kleinen Diebesaktionen genommen hatten.
 

Und ein weiteres Mal ließ ich meinen Kopf gegen die Wand knallen. Was für ein gutes Gefühl.
 

"Sean?" Langsam sah ich auf. Mit einer Kreuzung aus Schreck und Verwunderung blickte mich Jamie an. Ich legte nur den Kopf schief. Da lief irgendetwas in mein Auge. Kurz presste ich das Lid zusammen. Obwohl das gar nicht brannte, was da in mein Auge floss.
 

"Was hast du denn gemacht?" Jamie hockte sich vor mich und wischte mir über die Stirn. Blut klebte dann an seinen Fingern. Ich erwiderte nichts. Was sollte ich ihm aber auch sagen? Dass ich meinen Kopf gerne gegen Dinge schlug, wenn es mir mal nicht so gut ging? Das mich der kurze Schmerz richtig locker werden lässt? Und das es eine wirklich gute Abwehrtechnik war, wenn man nicht an Drogen geraten wollte? War wohl etwas blöd.
 

"Ich hol einen Waschlappen. Ok?" Besorgnis lag in seinen Augen, bis ich nickte.
 

Als er zurück kam und mir fürsorglich über die Stirn wischte gab ich keinen Laut von mir. Obwohl es jetzt zum Wehtun anfing. "Sieht gar nicht so schlimm aus", seufzte Jamie. Glitt noch einmal mit den Fingern über meine Stirn.
 

"Willst du auch noch unter die Dusche?", fragte er, als er mir aufhalf. Etwas zaghaft nickte ich. Stapfte zum Bett und nahm meine frischen Sachen. Doch da spürte ich schon Jamies Arme um mich. "Wenn du hier was Blödes anstellst, dann fällt das gleich auf mich mit zurück. Also lass es bleiben!"
 

Ein scharfer Unterton lag in seiner Stimme. Was dachte er denn, was ich machen könnte? Mir vielleicht die Pulsadern auf scheiden? Mich mit Tabletten zudröhnen? Oder sonst etwas? Ein bisschen Leben wollte ich schon noch. So emo war ich nur auch wieder nicht, nur weil ich meinem Kopf gerne wehtat.
 

Ich löste mich aus seinem Griff und trottete zur Badezimmertür, wo ich noch einmal kurz Inne hielt. "Ich stell schon nichts an", meinte ich nur knapp.
 

Das Duschen fiel wieder ziemlich knapp aus, auch wenn ich mich langsam an das eisige Wasser gewöhnte. Doch irgendwann würde ich mir damit wohl noch etwas abfrieren.
 

Jamie empfing mich mit einem breiten Grinsen. "Soll ich dir was warm rubbeln?", fragte er. Ich zog nur die Mundwinkel hoch. "Nein, danke", knurrte ich. Da übt man sich etwas in Head@Wall und schon war er tierisch nett zu einem. Na ja, eigentlich war er das die ganze Zeit schon zu mir.
 

Ich warf meine alten Sachen aufs Bett. "Wie lange haben wir noch Zeit?", fragte ich, während ich mich übers Bett beugte um eine Socke wieder einzusammeln, die dahinter gerutscht war. "Noch eine gute ... halbe ... Stunde." Ich richtete mich - samt Füßling - wieder auf. Wieso hatte er das Letzte denn jetzt so verdammt langsam gesagt?
 

"Aha." Ich sank auf mein Bett. Irgendwie vermisste ich gerade etwas.
 

"Wieso hast du das gerade gemacht?" Und schon war es da. Das übliche Fragen. "Was gemacht?" Ich stellte mich einfach dumm. Dann würde er sicherlich bald aufgeben. "Wieso hast du deinen Kopf gegen die Wand gehauen?" Und doch Pech gehabt. Da musste ich ihm wohl doch eine Antwort geben. "Es fühlt sich gut an." Jetzt durfte ich wohl sonst etwas erwarten. Das Letzte, was ich auf diese Antwort bekommen hatte, war, dass ich einfach nur krank sei. War wohl mit das zutreffendste.
 

"Das solltest du aber nicht mehr machen. Reagier dich doch anders ab." War das jetzt ein Tipp? So eine Art 'Hilfe'? Fühlt sich ja grässlich an, wenn man so etwas erhielt.
 

Somit zuckte ich nur knapp mit den Schultern. Dann hatte ich zumindest einmal eine andere Meinung gehört, als da übliche: 'Himmel. Bist du krank?', 'Spinner!', 'Freak!' und was sich im Laufe der Zeit noch alles so angesammelt hatte.
 

Ich spürte Jamies Hand um mein Handgelenk und wie er mich hochzog. Ein Lächeln zeichnete sich auf seinen Lippen ab. "Dann gehen wir mal." Ich nickte nur - einmal mehr - zur Antwort. Mehr konnte ich doch ohnehin nicht machen.
 

Wenige Minuten später waren wir schon auf einem der endlosen, weißen Gänge.
 

Jamie's PoV
 

Kaum zwei Tage kannte ich ihn und schon machte ich mir Sorgen um ihn. So etwas machte man doch nicht nur, weil es sich gut anfühlte. Auch wenn man viel zu oft davon hörte, dass sich jemand nur so zum Spaß am Arm herum ritzte. Eben auch nur, weil es sich gut anfühlte. Zumindest hatte ich aber solche Narben noch nicht an Sean entdeckt. Weit bin ich aber auch noch nicht mit ihm gekommen.
 

"Was haben wir in der ersten Stunde?" Sean warf mir einen kurzen, knappen Blick zu, als er das Fragte.
 

"Erst einmal frühstücken, dann können wir darüber weiterreden." Ich legte dem Blonden einen Arm um die Schultern und er machte nicht einen Zucker. Lehnte sogar den Kopf an mich.
 

Ein Lächeln bildete sich auf meinen Lippen. "Doch zumindest ein bisschen bi?", flüsterte ich. Da stieß er mich aber auf einmal von sich weg. Stolperte noch ein paar Schritte zurück. Auf seinen verschreckten Gesichtsausdruck entfuhr mir nur ein trockenes Lachen.
 

"Gib es doch zu. Niemand ist komplett hetero." Ich legte die Hände auf seine Hüfte und zog ihn zu mir zurück. Selbst sein leicht verschreckter Gesichtsausdruck machte mir gerade nichts aus. Und auch nicht das leichte Keuchen, das er von sich gab.
 

"Lass uns frühstücken", hauchte ich ihm ins Ohr. Drückte ihn für einen Moment enger an mich. Ich spürte wie er sich in meinem Griff winden wollte. Aber ich ließ ihn nicht los. "Tu dir nicht mehr mit Absicht weg", flüsterte ich. Vernahm ein zischendes Ausatmen. "Das geht dich gar nichts an." Es passte ihm wohl gar nicht, dass ich mich in seine Angelegenheiten einmischte. Aber ich konnte es doch auch nicht zu lassen, dass er sich selbst verletzte. Und das scheinbar grundlos.
 

Er riss sich von mir los und wollte schon weggehen, doch daran hinderte ich ihn. Ohne Vorwarnung drehte ich sein Handgelenk herum. Den kurzen Aufschrei seinerseits interessierte wohl auch niemand. Gut für mich.
 

"Ich mach mir doch nur um meinen kleinen, blonden Zimmergenossen Sorgen." Mein Atem glitt an seinem Ohr vorbei. Darauf zuckte er nur leicht zusammen.
 

"Dann mach dir doch um jemand anderen Sorgen." Was zuvor noch so wütend geklungen hatte, war jetzt durch einen fast schon traurigen Unterton ersetzt worden.
 

Ich löste den Griff um seine Hand. Legte einen Arm um seine schmale Taille und drückte den Kopf gegen seinen ebenso schmalen Rücken. Ganz leicht hätte ich ihn wohl so vor mir herschieben können.
 

"Aber du bist mir gerade das Wichtigste. Also wieso um jemand anderen sorgen? Du reichst mir schon."
 

Schließlich ließ ich ihn endgültig los. Es schien mir ohnehin nicht so, als ob er sich helfen lassen wollte. Oder mir auch nur im Ansatz sagen wollte, wieso er das gemacht hatte. Das es sich gut anfühlte, war doch wohl nicht der einzige Grund. Deswegen wollte ich auch gar nicht weiter bohren. Wer weiß, was für Wunden ich damit wieder aufreißen würde.
 

Sean ging einige Schritte voraus. Blieb dann wieder stehen. Zuerst dachte ich, er würde auf mich warten. Doch er glitt auf einmal mit den Fingern über seinen Nacken. Immer wieder auf und ab.
 

Ich kniff die Augen leicht zusammen. Tat ihm da vielleicht etwas weh? Eigentlich würde ich ja eher darauf tippen, dass ihm möglicherweise der Kopf schmerzen könnte. Insbesondere seine Stirn. Die Wand war immerhin ziemlich hart.
 

Doch ich wollte gar nicht weiter fragen. Ich würde schon irgendwann merken, was da war. Jetzt hatte ich zumindest erst einmal Hunger. Und das sollte Sean auch haben. Seit gestern Morgen hatte er immerhin nichts gegessen.
 

Ich schnappte mir wieder sein Handgelenk und schlief ihn einfach hinter mir her. Sein Gezeter interessierte mich einmal gar nicht. Klang ohnehin viel zu süß.

Heißer Sportunterricht

50 Kommis. ô.ô Na da ist es einmal an der Zeit etwas FanPost zu beantworten. Hat sich ja einiges angesammelt. :D 12 fleißige Schreiber und davon haben sich 10 schon wieder beim letzten Kapitel verewigt. :)
 

@ Lina90: Jamies kleines Geheimnis wird wohl noch etwas auf sich warten lassen. Aber es soll ja auch lange genug spannend bleiben.
 

@ xFinjax: Erst einmal finde ich es schön, dass dir mein Schreibstil gefällt. Der hat sich einfach einmal so entwickelt. *lach* Ist auch wohl irgendwie für Ich-PoV geeignet.

Ist auch schön, dass dir die Charas gefallen. So etwas überlege ich mir aber auch immer genau. Ist ja auch mit das Wichtigste an der ganzen Story, neben der Handlung.
 

@ _sweet-kitty_: Du darfst Jamie gerne hauen, wenn er zu über Sean herfällt. Dazu erteile ich dir die Erlaubnis. ... Aber er wird sich zurückhalten ... vorerst. :D Da werden vorher noch andere kommen.
 

@ mina_Q: Jamie wird wohl ein kleines, treues Hündchen ... oder so etwas ähnliches. Um seinen Sean wird er sich dann wohl auch öfters Sorgen machen. Wäre aber wohl besser für ihn.
 

@ fireflys: Sean wird aber nicht zu lange emo sein. Mag ich ohnehin nicht. Aber wer hat nicht schon mal aus reiner Verzweiflung seinen Kopf gegen irgendwas gehauen? ... Irgendwie kann man ihn ja verstehen.
 

@ noksu: Ja, es wird wohl noch etwas länger dauern, bis die beiden ... Matratzengymnastik machen. Aber keine Sorge, mit seinem Geschenk Gottes wird Jamie sicher noch dazukommen
 

@ Xai: Ja, es hilft einfach mal hin und wieder seinem Kopf etwas weh zutun. Kann man ja auch super Dampf ablassen ohne jemand anderes zu verletzen.
 

@ saspi: Sucht ist ja eigentlich nicht gut. Aber das ist ja eine gute Sucht. ^^ Also mach bloß keinen Entzug. D:
 

@ midoriyuki: Jamie sorgt sich um Sean und lässt sich mit ihm ganz viel~ Zeit. ... Versteh gar nicht was daran so süß sein soll ... *g*
 

@ salima-91: Favo-Einträge sind immer gut und wenn noch ein Kommi dazukommt ist es noch besser. ^^
 

@ _SchattenWolf_: Ja, das Kommi hast du versprochen. :D Schön, dass du es auch geschrieben hast. :D
 

@ Flippi: Meine kleine Dauerkommischreiberin. :DDD~ Sean-chan tut sich natürlich nichts an. Was sollte ich auch ohne ihn machen. >_>“ JamieXPiccolo? Nein, danke. Also ist es wohl schon für ihn verboten, dass er was blödes macht. ò.ó
 

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Kapitel 9 - Heißer Sportunterricht
 

Sean's PoV
 

Irgendwie kam mir gerade nachdem mir Jamie endlich gesagt hatte, was wir in der ersten Stunde - bzw. den ersten zwei Stunden - hatten, dass ich den ganzen Unterricht wohl doch nicht überstehen würde.
 

"Sport", keuchte ich, als wir uns schließlich genau dafür umgezogen hatten und uns auf den Weg nach draußen machten. "Mach dich auf ein paar Runden um den Sportplatz gefasst", meinte da aber auch schon der Amerikaner.
 

Ich blickte zu der schon viel zu hoch am Himmel stehenden Sonne. Gerade waren wir nach draußen getreten. "Das überstehe ich nie", seufzte ich. Da wurden mir aber schon links und rechts ein paar Arme um die Schultern gelegt.
 

"Hey, Sean. Was geht?" Zwei braune Augen blitzen mich unter strähnigen schwarzen Haaren an. "Yo, Sean, was geht?" Und von der anderen Seite waren es zwei grüne Augen unter ebenso schwarzen Haaren. "Morgen, Felix. Morgen Kenji", begrüßte ich die beiden Jungen. Versuchte mich aber gleichzeitig unter ihren Armen zu befreien. Jamie warf mir schon einen komischen Blick zu.
 

"Lasst ihn in Ruhe!", zischte er. Kniff die Augen zu Schlitzen zusammen. Doch er erntete nur zwei fast identische, mürrische Blicke. "Wir hängen so lange mit unserem Sean rum, wie wir wollen!", knurrte der Grünäugige.
 

Schon im selben Augenblick zog Jamie mich weg. "Sei nicht so oft bei denen!" Ich riss mich von ihm los, als er das sagte. "Ich bin bei den Leuten, bei denen ich sein will", fauchte ich. Und machte auch gleich auf den Haken kehrt. Der Kerl wollte mir doch jetzt nicht auch noch sagen, mit welchen Menschen ich zusammen sein durfte. Der war doch nicht mein Babysitter.
 

Das einzige was ihm doch auch ausmachte war, dass er mich vielleicht nicht abbekommen könnte. Die komischen Blicke, die er mir zuwarf, hatte ich doch schon bemerkt. Und auch jetzt sah er mir noch so hinterher.
 

"Hey, Jungs!" Ich lief auf Kenji und Felix zu. Bei ihnen stand noch ein Junge. Mit einem leicht dunkleren Touch als die anderen.
 

"Da bist du ja wieder. Jamie ist wohl ziemlich anhänglich." Kenji schlang die Arme um mich. Drückte mich an sich. "Er ist eben ziemlich Besitzer greifend", meinte da schon der Junge, denn ich nicht kannte. Verwirrt sah ich den an. "Oh, Entschuldigung. Piccolo." Er hielt mir die Hand hin, die ich - mich auch vorstellend - entgegen nahm.
 

Gerade in dem Moment legte Felix den Arm um Piccolo. "Du kennst dich ja mit Jamie aus. Vögeln lässt du dich von ihm ja auch, wenn ich einmal nicht bei dir bin." Der Braunäugige begann am Ohr des anderen zu knabbern. Etwas jagte mir das einen Schauer über den Rücken. Über den hinweg ich zu Jamie sah. Irgendwie vermisste ich ihn gerade, wie er auf mich aufpasste. Vielleicht hatte er doch Recht, dass man sich nicht zu sehr mit denen herum trieb. Aber Recht geben würde ich ihm jetzt noch nicht. Also würde ich wohl noch ein bisschen mit Felix, Piccolo und Kenji rum hängen.
 

"Du suchst doch nicht nach Jamie?" Kenji drehte meinen Kopf abrupt herum, indem er ihn am Kinn festhielt. Mit einem Finger glitt er über meine Lippen. Ganz leicht öffnete ich den Mund. Eigentlich wollte ich etwas sagen, doch auf einmal traute ich mich nicht.
 

"Das ist wohl ein 'Nein'." Kenji zog mich hinter sich her. Einfach zu einer kleinen Gruppe. Unter ihnen erkannte ich noch Steve und Marc von gestern. Die anderen waren mir nicht bekannt – nicht einmal vom sehen - und ich würde ihnen auch nicht vorgestellt. Vielleicht war es aber auch einfach nicht so wichtig.
 

Immer wieder ließ ich meinen Blick über die anderen Grüppchen an Schülern schweifen. Ich war mir gar nicht bewusst, dass ich nach Jamie suchte. Und doch tat ich es.
 

Ich spürte wie sich ein paar Finger um meine Taille legten. "Sieh dich nicht zu lange nach dem kleinen Ami um", hauchte mir Kenji ins Ohr. Ich schluckte kurz. Irgendwie kam es mir so vor, als ob Jamie nicht sehr beliebt war. Zumindest klang es so bei dem Grünäugigen.
 

Dessen Hände fühlte ich dann auch schon auf meiner Wange. "Sonst wehrt sich immer jeder, wenn ich ihn anfasse", hauchte mir der Schwarzhaarige ins Ohr. Ich zuckte leicht zusammen. Spürte wie mein Mund trocken wurde.
 

Eigentlich verstand ich gar nicht was er meinte. Er fasste mich ja nicht irgendwie 'falsch' an. Oder wie ich es vielleicht nicht wollte. Weiter als bis zu meiner Taille ging er ja nicht. Jamie war da wohl schon weiter gewesen.
 

Ich hatte diesen Gedanken kaum zu Ende geführt, wurde ich auf einmal von Kenji weggezogen. Binnen weniger Sekunden war ich mir klar, wer es war.
 

"Fass ihn nicht so an", zischte Jamie. Drückte mich regelrecht an sich. "Eifersüchtig. Jamie." So etwas hatte ich irgendwie noch nie in der Stimme von jemand gehörte. So viel Gleichgültigkeit. Und gleichzeitig so herablassend. Das war nichts für mich.
 

Und dennoch wollte ich mich von dem Amerikaner lösen. So sicher, wo ich sein wollte war ich mir noch nicht. Und trotzdem spürte ich mich irgendwie irgendwo hingezogen. Auch wenn ich eben noch immer nicht weiß, wohin.
 

Jamie's PoV
 

Ich spürte, dass sich Sean wieder von mir lösen wollte. Doch ich ließ ihn ganz einfach nicht los. Und von Kenji ließ ich mich genauso wenig blöd anmachen.
 

"Sei lieber ruhig, kleiner Japse", zischte ich nur. Zog schließlich den Waliser hinter mir her. Aber weit kamen wir ohnehin nicht mehr. Denn kaum hatte ich mich - samt Sean - unter eine kleine Gruppe Schüler, tauchte unser Sportlehrer auf. Mr. Townsend.
 

"Fünf Runden. Das sollte reichen", war auch schon sein erster Auftrag. Und so begannen alle auch schon zu laufen. Ich trabte immer neben Sean her. Gerade deswegen, da ich nicht wusste, wie lange er bei dem Wetter laufen könnte. Es waren jetzt schon gute 30°C. Lang hatten die Neuen Sport nie durchgehalten.
 

Die erste Runde lief für den jungen Briten noch recht einfach. Auch die zweite ging ziemlich flott. Ab der dritten wurde er langsamer. Und mit der Zeit kam er auch immer öfter ins Stolpern.
 

Für einen Moment blieb ich stehen. Zwang auch ihn dazu, in dem ich ihn festhielt. "Geht's noch?", fragte ich. Blickte ihn dabei recht besorgt an. "Ist schon alles in Ordnung." Er befreite sich aus meinem Griff. Lief dann einfach weiter. Im ersten Moment hetzte ich hinter ihm her, doch dann wurde er wieder langsamer. Bis er stehen blieb und plötzlich zusammen sank.
 

"Fuck!", stieß ich durch meine zusammen gebissenen Zähne aus. Kniete mich neben ihn und hob seinen Kopf. Noch nie hatte ein Neuer den Sportunterricht überstanden.
 

Einige Jungen standen verschreckt um mich, als ich ihn hochhob. "Sag Mr. Townsend was davon. Ich bring ihn ins Krankenzimmer." Kaum dass ich das ausgesprochen hatte, lief ich schon los.
 

Es war doch eigentlich immer wieder der größte Scheiß, dass die hier unbedingt Sport draußen machen wollten. Wenn irgendeiner der Schüler einfach irgendwann deswegen abkratzen würde, wäre es auch nicht ungewöhnlich.
 

Mit dem Fuß öffnete ich die Tür des Krankenzimmers. Stolperte etwas unbeholfen hinein. "Was schleift ihr mir denn jetzt schon wieder an", schnaufte die Krankenschwester - Sara. Neben der Köchin wohl die einzige Frau hier.
 

"Sport", meinte ich nur. Das verstand sie schon. Langsam ließ ich den Blonden auf eines der Krankenbetten sinken. Kurz ließ ich die Finger noch über seine verschwitzte Stirn gleiten.
 

"Man sollte euch bei den Temperaturen draußen überhaupt nichts machen lassen." Sara legte Sean einen kalten Waschlappen auf die Stirn. "Gerade wenn ihr so ein nette Gesicht habt", fügte sie noch hinzu. Warf da auch einmal einen Blick auf mich. Zog da aber auch schon die Augen zu Schlitzen zusammen. "Und du kümmerst dich auch besonders um deinen Zimmergenossen oder irre ich mich da?" Ich nickte nur eifrig als Antwort auf ihre Worte.
 

"Wieso sollte ich es denn anders machen?" Ich hockte mich vor das Bett und legte den Kopf darauf. Ich vernahm ein Schmunzeln. "Du hängst doch immer so sehr an deinen Zimmergenossen und dann bringst du sie dazu, dass sie schneller wieder von der Schule sind, als man schauen kann. Nicht gerade etwas Logisches." Sara kannte mich ziemlich gut. Nach drei Jahren auch nicht ungewöhnlich. Nicht viele blieben freiwillig so lange hier.
 

"Mit ihm bin ich vorsichtiger", seufzte ich nur. Strich noch einmal über die Stirn des Blonden.
 

"Eigentlich darf ich dich gar nicht hier lassen, aber da ihr wohl ohnehin 'nur' Sport habt und es draußen immer noch viel zu heiß ist ... kannst du ein bisschen hier bleiben."
 

Ich zog bei Saras Worten leicht die Mundwinkel hoch. "Danke", meinte ich knapp. Hatte kurz den Kopf gehoben und ließ ihn jetzt wieder aufs Bett sinken.
 

Seans Augenlider zuckten leicht. Erst dachte ich, er würde vielleicht wach werden. Doch dann begann er sich nur hin und her zu drehen. Wimmerte.
 

Verwirrt blickte ich zu Sara. "Halt ihn ruhig und versuch ihn zu wecken", meinte sie nur zu mir. Und ich tat es. Doch so recht half es nicht.
 

"Jamie", wimmerte er da auf einmal. Zuerst zog ich nur die Augenbrauen zusammen. Rüttelte ihn dann leicht. "Ich bin doch da", flüsterte ich. Dabei war ich mir gar nicht so sicher, ob er mich überhaupt meinte.
 

Zaghaft hob er ein Lid. Murmelte wieder meinen Namen. "Ich bin doch da", wiederholte ich. Beugte mich leicht über ihn. Da schlang er aber schon die Arme um mich. "Du nicht", flüsterte er kaum hörbar.
 

Ich drückte ihn leicht von ihm weg. Blickte ihn verwirrt an. Aber er legte nur den Kopf an meine Brust.
 

Ich ließ ihn wieder zurück sinken. "Wieder nicht den ganzen Unterricht überstanden", meinte ich mit gehobener Augenbraue. Ging auf sein Gemurmel im Schlaf gar nicht mehr ein. Doch da schluckte er schon. "Mein älterer Bruder hieß auch Jamie", erklärte er ohne dass ich überhaupt noch gefragt hätte.
 

Leicht lächelte ich. "Du magst ihn wohl sehr." Ich schnappte mir einen Stuhl und setzte mich damit neben ihn. Auf dem Boden war es etwas unbequem.
 

"Falsche Verbform. Mochte", erwiderte Sean da aber auf einmal. Das entlockte mir ein Schlucken. "Nicht mehr? Habt ihr euch gestritten?" Irgendwie war ich mir schon im Klaren, dass das nicht so ganz richtig war.

Lippenlesen für Anfänger

Kapitel 10 - Lippenlesen für Anfänger
 

Sean's PoV
 

Ich redete nicht gerne darüber. Es war auch kein Thema über das man sich mit jemand unterhielt, den man erst seit ein paar Tagen kannte. Es war einfach zu persönlich.
 

Ich zog die Beine an den Körper, als ich mich aufsetzte. Mir war noch immer etwas schwindelig.
 

Überdeutlich schluckte Jamie. "Es interessiert dich wohl", seufzte ich. Langsam begann er zu nicken. "Ich würde schon gerne erfahren, wieso du ihn nicht mehr magst. Aber ich will dich auch zu nichts drängen, wenn du darüber nicht reden möchtest." Er hatte den Kopf gesenkt und starr auf seine Hände, die in seinem Schoss lagen, gestarrt, während er das sagte. Da lag wohl ein Funken Mitgefühl in ihm, der bei so vielen damals gefehlt hatte.
 

Alle hatten sie mich einst eiskalt ausgequetscht. Ohne Rücksicht auf mich.
 

"Ist vielleicht einmal gut mit jemanden darüber zu reden", seufzte ich. Gerade hatte die Krankenschwester den Raum verlassen.
 

Ich atmete noch einmal tief durch. Blickte für einen Moment wie gebannt an die grelle Deckenbeleuchtung.
 

Langsam senkte ich schließlich den Kopf wieder. "Vor fast drei Jahren hat mein Vater ihn im Suff tot geprügelt. ... Ich bin damals von einem Freund etwas später nach Hause gekommen und deswegen war mein Dad sauer. Er wollte auf mich losgehen, aber mein Bruder ist dazwischen und dann hat mein Vater auf ihn eingeschlagen." - Mir stiegen Tränen in die Augen. - "Es hat keine fünf Minuten gedauert. Immer ... immer wieder ..."
 

Ich schluchzte und erbarmungslos lief mir das salzige Wasser über die Wangen. Da drückte mich Jamie aber schon an sich.
 

"Eigentlich müsste ich nicht mehr leben", brachte ich unter Tränen noch heraus. Hätte ich damit nur die Klappe gehalten. Er hielt mich jetzt sicher für eine Heulsuse. Wer heulte aber auch schon vor einen fast Unbekannten herum.
 

"Beruhige dich." Jamie strich über meinen Rücken. Das wirkte sogar richtig beruhigend. Ich ließ den Kopf auf die Schulter des Amerikaners sinken.
 

Doch so lange hielt das gar nicht an. Er ging zu schnell in die Tiefe. "Hör auf mich zu befummeln", zischte ich. Versuchte Jamie von mir wegzudrücken. Der kratze sich aber nur verlegen am Kopf. "Tut mir leid. Macht der Gewohnheit." Die Verlegenheit war ihm buchstäblich ins Gesicht und die schokobraunen Augen geschrieben.
 

Ich seufzte. Legte den Kopf zurück an den jungen Kalifornier. "Er war immer der Einzige, der mich verstanden hat." Ich drückte die Augen leicht zusammen. Schmiegte mich einfach immer enger an Jamie.
 

"Sind bei euch alle Jungs so anhänglich?", fragte er da auf einmal. Ich schüttelte nur langsam den Kopf. Mein Haar kitzelte ihn dabei wohl etwas. "Das merkt man aber bei dir so überhaupt nicht." Ein fast schon zu sanftes Lächeln bildete sich auf seinen Lippen. Ich sank nur noch etwas enger an ihn. Hörte seinem Gerede gar nicht zu. Ließ mich nur weiter von seinen sanften Berührungen beruhigen.
 

"So, das reicht jetzt wieder." Jamie drückte mich zurück in die Kissen. Schenkte mir noch einmal sein so unbeschwertes Grinsen. Es steckte einfach nur viel mehr Lebensfreude in ihm, als in mir. Und das zeigte er mir mit seinem Gesichtsausdruck nur überdeutlich.
 

Ich setzte mich sofort wieder auf. Herum liegen konnte ich jetzt nicht mehr. "Sean, du bist eine Sache für dich", seufzte der Dunkelhaarige. Schüttelte dabei leicht den Kopf.
 

"Wieso bist du eigentlich so verflucht nett?", fragte ich. Zog die Augenbrauen zusammen. Doch mehr als ein knappes Auflachen erhielt ich nicht als Antwort. Da lag aber schon sein Arm um meinen Nacken und er zog mich zu sich. "Ich mag einfach süße Typen", säuselte er mir ins Ohr.
 

Er war nur schwul. Das sollte ich mir in der nächsten Zeit wohl öfters ins Gedächtnis rufen. Gerade wenn er so redet. So wusste ich zumindest immer, dass es ganz normal war.
 

"Hast du sonst keinen Grund?" Eine einfache Frage, die auch eine genauso einfache Antwort erwarten würde. Irgendwie spürte ich schon, dass er etwas Komplizierteres da draus machen würde.
 

"Hm, na ja, ich bin es nicht gewohnt, dass sich ein solches Schnuffelchen, wie du es bist, mir nicht gleich an den Hals wirft und mich darum anfleht, dass ich ihn durchvögle."
 

Ich schluckte nur. Rutschte abrupt an die Wand zurück. So etwas hatte ich auf alle Fälle nicht erwartet. Vieles. Aber nicht das. So etwas sagt man wohl aber auch nicht zu jedem.
 

"Schau mich nicht so an, dass war nur ein Witz." So recht wollte ich ihm und seinem Grinsen gar nicht glauben. Das sah ziemlich seltsam aus. Vor allem in der Kombination.
 

Er stütze sich mit den Armen neben mir ab. Rieb mit seiner Nase über meine Wange. Dabei hatte er die Augen geschlossen und ich tat es ihm nach. Ließ einfach seine Hände über meinen Nacken wandern. An meinen Schultern herunter. Bis zu meiner Brust. Dort hielt er Inne. Richtete sich langsam wieder auf.
 

"Jetzt reicht es aber endgültig", seufzte er. Und trotzdem strich er noch einmal mit dem Daumen über meine Wange.
 

Ich hielt ihn an der Hand fest. Mein Atem war auf einmal schwer geworden. War regelrecht nur noch ein Stocken. Ich spürte nur noch, wie ich von ihm angezogen wurde. Wie mein Körper nach ihm verlangte.
 

Mit Mühe versuchte ich etwas zu sagen. Doch ich brachte einfach nichts heraus. Meine Lippen bewegten sich nur stumm. Doch irgendwie war ich sogar fast glücklich darüber. Jetzt musste ich nur noch hoffen, dass Jamie nicht Lippenlesen konnte.
 

Aber da hatte ich mich zu früh gefreut.
 

Jamie's PoV
 

Es war nicht schwer es von seinen Lippen abzulesen. Fast schon mühelos einfach. Aber er bewegte seinen Mund auch überdeutlich genau.
 

Ich strich über seine Brust. Bis zu seinem Bauch hinunter. Leicht zuckte er zusammen, als ich unter sein Shirt glitt. Wieder nach oben. Zu seinen Brustwarzen. Stupste sie immer wieder mit den Fingerspitzen an, bis sie langsam steif wurden.
 

Er keuchte fast lautlos auf, als ich sein Oberteil hoch schob. Es ihm schlussendlich über den Kopf zog und auf den Boden fallen ließ.
 

Sean wollte den Kopf wegdrehen. Doch ich drückte ihn zurück. Zwang ihn so mich anzusehen. Mit etwas Schwung setzte ich mich auf ihn. "Das wolltest du doch." Mit einem leichten Augenaufschlag deutete ich ihm nur an, dass ich ihn verstanden hatte. Auch wenn ich das wohl gar nicht sollte. So wie er sich zumindest unter mir wand.
 

Ich strich ihm über das verschwitze, blonde Haar. Seine blauen Augen zitterten. Jagte ich ihm Angst ein? Dann hätte er sich aber auch nur wehren müssen.
 

Ich begann seinen Oberkörper zu küssen. Spürte seine Arme um meine Schultern. Wie er mich enger zu sich zog. Seine Finger wanderten über meinen Rücken. An meinem Steiß hinunter.
 

Sein Keuchen wurde lauter. Man würde uns nun hören. Abrupt ließ ich von ihm ab. Sein Blick drückte aber nur Verwunderung aus. Ich blieb für einen Moment noch auf seinen Hüften sitzen. Fühlte aber schon, dass ich ihm wohl zu schwer wurde.
 

Langsam rutschte ich von dem blonden Briten herunter. Fuhr noch einmal mit den Händen über seinen Oberkörper. Hockte mich schließlich neben ihn auf den Boden.
 

"Du wolltest es doch so", flüsterte ich. Da schüttelte er aber schon den Kopf. Wenn ich es wohl nur von seinen Lippen ablesen konnte, wollte er es vielleicht wirklich nicht. Aber er hatte sich auch nicht gewehrt. Ließ doch meine Berührungen zu.
 

Er raffte sich langsam hoch. Ich drückte ihm sein Oberteil gegen die Brust. "Zieh dich lieber wieder an." Irgendwie versuchte ich ein Lächeln zu bilden. Doch so ganz funktionierte das nicht.
 

Gerade als er sein Shirt wieder an hatte, zog ich ihn zu mir. Schloss die Arme um seine schmalen Schultern. Wie konnte er als Junge nur so dünn und verdammt schmächtig sein. Ich hatte schon genügend vor ihm gehabt, aber selbst seine Statur war dagegen einfach nur etwas Spezielles.
 

Ich löste mich wohl keinen Moment zu spät wieder von ihm. Gerade als Sara den Raum wieder betrat, sank er zurück in die Kissen. Ich hatte noch einen Arm auf seinem Bauch.
 

Mit gehobener Augenbraue sah uns die Krankenschwester an. "Treiben könnt ihr es in euerem Zimmer", meinte sie nur knapp. Das entlockte mir sogar ein richtiges Lächeln. Und so etwas Ähnliches legte sich auch Seans Gesicht. Er erholte sich von so Einigem wohl ziemlich schnell.
 

"Jamie, du verziehst dich jetzt aber wieder." Das passte mir nicht wirklich, was Sara da sagte. "Kann ich Sean nicht einfach gleich wieder mitnehmen. Hier stört er dich doch ohnehin nur." Mit einem Dackelblick versuchte ich es einfach einmal. Probieren konnte man doch alles einmal.
 

Doch die Krankenschwester warf den Briten noch einen prüfenden Blick zu. Berührte noch einmal seine Stirn, die noch vor einigen Minuten richtig warm war. So wie ich das aber bemerkt hatte, war das schon anders geworden.
 

"Wenn du anständig auf ihn aufpasst." Ich begann sofort eifrig zu nicken. Zog behutsam Sean hoch. Der sich im ersten Moment zwar noch etwas wehrte. Dann aber ohne weitere Gegenwehr einfach mit mir mitkam.
 

"Mit dir verpasse sogar ich den halben Unterrichtstag. Bist dann wohl auch für etwas nützlich", meinte ich auf dem fast schon zu kargen, weißen Gang, durch den wir marschierten.
 

Die ganze Zeit hatte ich seine Hand nicht mehr losgelassen. So ging er mir zum Einem nicht verloren und zum Anderen konnte ihm wohl so nichts passieren. Irgendwie hatte ich es doch versprochen.
 

"Was hätten wir denn jetzt noch?", fragte er da schon. Ich wendete mich zu ihm. Sein Blick haftete auf dem Boden. "Englisch", seufzte ich. Einmal etwas, was ich konnte. Doch ich hörte ihn schon seufzen. "Was ist denn?", fragte ich. Legte ihm einen Arm um die Schultern. Für eine Sekunde lehnte er sich an mich. Ich nahm jedes Pulsieren seines Körpers war. Ein richtig molliges Gefühl bildete sich dadurch um mich. "Ich hab gar keine Lust auf Unterricht."
 

Noch einen Moment legte er seinen Kopf an meine Schulter. Kurz wuschelte ich ihm durchs Haar. "Wirst du schon noch überstehen." Für einen Augenblick sah er mich aus diesen blauen Augen an, als ob es nichts anderes geben würde, als mich.
 

"Also Englisch", seufzte er. Löste sich zaghaft von mir und marschierte dann mit den Armen hinter dem Kopf verschränkt vor mir her. So konnte wohl mein Blickfeld gar nicht besser werden.
 

Ich schlag die Arme um seine Schultern. "Geh lieber ein bisschen schneller." Zärtlich gab ich ihm einen Stoß mit dem Knie.

Fass ihn nicht mehr an!

Schwer erziehbar
 

Kapitel 11 – Fass ihn nicht mehr an!
 

Sean's PoV
 

Es war mir ein richtiges Rätsel, wie ich die nächsten Tage überleben konnte. Ein Blickewirrwarr wurde da auf mich niedergelassen, dass ich so wirklich noch nie erlebt hatte. Marc hatte zu mir gemeint, dass die nur auf mein Aussehen eifersüchtig wären. Aber das waren doch irgendwie keine eifersüchtigen Blicke. Die drückten für mich etwas anderes aus.
 

Natürlich hatte ich nicht auf Jamie gehört. Einmal mehr. Ich trieb mich immer noch mit diesen Jungs herum. Auch wenn ich mich gelegentlich etwas unwohl fühlte. Gerade gegenüber Steve. So weit ich es von Felix wusste, war er mit seinem Zimmerpartner zerstritten. Was ich nicht ganz verstand. Er war eigentlich ganz nett, wenn man eben von seinen kleinen Komplexen, jeden einfach ohne Vorwarnung zu knuddeln, einmal absah.
 

"Sean!" Und da stürzte sich Steve auch schon auf mich. Riss mich sogar fast zu Boden. "Hat dir Jamie diese Nacht auch nicht wehgetan?" Eine Frage, die er mir jeden Morgen stellte, wenn er mich sah. Langsam kam mir das schon seltsam vor. Der Amerikaner war weder irgendwie aggressiv noch wirkte er wirklich gewalttätig. Es sah doch eigentlich ganz normal aus. Ein ganz normaler Typ. Kein Hip Hopper, die ich nicht ausstehen konnte. Kein Nazi. Einfach normal.
 

Ich nickte langsam, als der gute Steve seinen Kopf noch einen Moment an mir rieb. Verlegen blickte ich mich um. Das war etwas, was mir jeden Morgen einfach nur komisch vorkam.
 

"Steve?" Eine fast schon mädchenhaft klingende Stimme halte durch den Gang. Verwirrt drehte sich einige Jungen in die Richtung um. Wie ich von den meisten aber wusste, hieß keiner von ihnen Steve. Doch der, der mich da immer noch etwas an sich drückte verzog nur missmutig das Gesicht. "Was ist, Martin?", zischte er, als er sich von mir löste.
 

Ein rothaariger Junge kam auf uns zu. Seine türkisfarbenen Augen funkelten mich nur böse an. Mit etwas Schwung brachte er sein rotes Haar, das sich über sein linkes Auge gelegt hatte, dazu das es für einen Moment hinter seinem Ohr hängen blieb, aber gleich wieder nach vorne rutschte.
 

"Was treibst du hier?", fragte der Junge, den Steven Martin genannt hatte. "Geht dich doch nichts an", knurrte da schon mein hellhaariger Freund. Und Steves Haar war wirklich hell. Fast schon weiß.
 

Da packte er mich aber schon an der Hand und schlief mich hinter sich her. Ich versuchte mich mühsam loszureißen. Doch wirklich schaffen tat ich es nicht.
 

In einem leeren Klassenzimmer ließ Steve mich wieder los. Drückte mich dort auf einen Tisch. "Was wird das?" Aber ich erhielt keine Antwort. Zumindest nicht die, die ich erwartet hätte.
 

Steve presste mich zurück. "Du bist verdammt schön", flüsterte er mir ins Ohr. Vor Schreck riss ich die Augen auf. Versuchte ihn von mir herunter zu stoßen.
 

"Lass mich los!" Ich versuchte um mich zu treten. Doch für Steve war es ein Leichtes mich festzuhalten und mich von jeder Gegenwehr abzuhalten.
 

„Jamie hat dich gar nicht verdient“, flüsterte er mir ins Ohr. Das schlug doch dem Fass jetzt den Boden aus. „Ich will von ihm auch gar nichts. Und er nicht von mir!“, zischte ich. Bekam aber nur ein knappes Auflachen zu hören.
 

„Von was träumst du denn nachts?“, fragte der Weißhaarige. Schob noch im selben Moment langsam mein Shirt hoch. Begann meinen Oberkörper zu küssen.
 

Wieder find ich an zu zetern. Doch ich lag wie eine hilflose Schildkröte auf diesem Tisch. Bekam nicht einmal die Arme los.
 

Tränen stiegen mir in die Augen. Es wäre wohl wirklich besser gewesen, wenn ich auf Jamie gehört hätte. Aber ich musste meinen eigenen Kopf durchsetzen. Einfach nicht auf diesen Kerl hören. Und jetzt hatte er auch noch Recht. Ich hätte mich nicht mit diesen Typen abgeben sollen. Wer hätte aber auch gedacht, dass mir gleich so etwas passieren könnte?
 

Ich spürte, wie meine Jeans auf den Boden glitt. Fühlte Steves Finger zwischen meinen Beinen. Und schon in der nächsten Sekunde unter dem Stoff meiner Retros.
 

„Hör auf!“, brachte ich heraus. Kaum lauter, als ein Flüstern. Meine Kehle war wie zugeschnürt. Gerade in dem Moment, als ich auch meine Unterwäsche, als letzten Schutz, verlor.
 

Jeder meiner Muskeln zitterte. Mein Atem begann zu rasen. Wie konnte ich nur so ein Idiot sein? Ein einziges Mal hätte ich einmal auf jemanden hören müssen und dann tat ich es nicht.
 

„Na komm schon, Sean. Spiel ein bisschen mit.“ So liebreizend klang seine Stimme. Und dennoch widerte sie mich nur an.
 

Ich hörte das Klappern seines Gürtels. Nein! Vergewaltigen wollte ich mich jetzt nicht lassen.
 

Doch je mehr ich mich wand, desto mehr Druck übte Steve auf mich auf. „Sean.“ Ich spürte Lippen auf meinem Hals. Wieder eine Hand zwischen meinen Beinen.
 

„Nimm deine dreckigen Fingern von ihm!“, zischte da aber auf einmal jemand. Für einen Moment hielt der Weißhaarige über mir Inne.
 

„Da ist ja schon der größte Wichser der ganzen Schule“, grummelte Steve, als er langsam von mir abließ.
 

Ich presste die Augen zusammen. Konnte mich aber sonst keinen Zentimeter bewegen. Mein Körper wollte nicht.
 

Jamie’s PoV
 

Dass Steve ein Arschloch war, wusste ich eigentlich schon lange. Aber dass er ein so großes Arschloch war, hätte ich nicht einmal von ihm gedacht.
 

„Willst du etwa irgendetwas?“, zischte da aber schon der Hellhaarige. Ich zog die Augen zu Schlitzen zusammen. Packte Steve am Kragen. „Lass nur deine dreckigen Finger von ihm“, fauchte ich.
 

Doch das breite Grinsen des Silberhaarigen ließ mich nur noch mehr kochen. Ich zog ihn endgültig von Sean weg.
 

„Wenn du ihn noch einmal anrührst …“, fauchte ich. Erntete aber nur ein Kichern. „Was dann?“ Krampfhaft biss ich mir auf die Zunge. „Dann gnade dir Gott!“, zischte ich nur, bevor ich Steve vor die Tür bugsierte. Lange konnte ich sein blödes Grinsen ohnehin nicht ausstehen.
 

Mit einem Knall ließ ich die Tür ins Schloss fallen.
 

Etwas zaghaft wendete ich mich an Sean, der sich endlich wieder aufgesetzt hatte. Etwas seltsam drückte er dabei die Beine zusammen.
 

„Geht es dir gut?“, fragte ich. Er nickte nur sofort. Weit war Steve wohl nicht gekommen. War wohl auch besser so. Sonst hätte ich den Hellhaarigen jetzt schon den Hals umgedreht.
 

„Zieh dich erst mal wieder an.“ Ich machte auf den Haken kehrt. Verschränkte die Arme hinter dem Kopf. Schon ein paar Minuten später spürte ich Seans Arme um meinen Bauch. „Danke“, hauchte er.
 

Er zitterte. Wenn er nur wüsste. Eigentlich hatte ich doch nicht mehr, als Steve, vor. Nur das ich es nicht mehr so machen würde. Ich würde nicht einfach eiskalt über ihn herfallen. Ich würde es nur tun, wenn er es auch wollte. Selbst wenn ich dafür vielleicht ewig warten musste.
 

Seine Umarmung wurde langsam enger und er drückte den Kopf gegen meinen Rücken. Er seufzte. „Da hattest du wohl doch recht“, flüsterte der Blonde. Ließ mich zaghaft wieder los.
 

Leicht schluckte ich. Nahm ihn zärtlich an der Hand. „Kommst du mit?“, fragte ich. Mit einem vorsichtigen Lächeln nickte er schließlich auch.
 

Es wäre aber wohl besser gewesen, wenn er gar nicht mehr aus dem Zimmer gegangen wäre, denn vor der Tür wartete nur noch immer Steve. Blickte mich mit einem wütenden Blick an.
 

Sean drückte sich an mich. Völlig verängstigt. „Arschloch“, zischte ich nur, als ich den Blonden hinter mir herzog. Steve keines Blickes mehr würdigte.
 

Der blonde Brite wich den ganzen Tag nicht mehr von meiner Seite. Nicht mal aufs Klo traute er sich alleine. Das kam mir aber auch nur recht. So konnte ich mich ihm etwas annähern. Vielleicht könnte ich für mich trotzdem noch irgendetwas heraus schlagen. Auch wenn es wohl so bald nicht auf eine Bettgeschichte hinauslaufen würde.
 

Seufzend und fertig kamen wir abends wieder in unserem Zimmer an. Jetzt müsste er nur noch das Abendessen überstehen, dann könnte er ohnehin machen, was er wollte. Es sah aber nicht so aus, als ob er überhaupt noch etwas machen wollte.
 

Er war aufs Bett gesunken und hatte sich zu Wand gedreht. Völlig zusammengekauert. So ganz wusste ich nicht, was ich tun sollte. Vielleicht wollte er es ja einfach alleine überstehen. Steven war auch nicht so weit gekommen. Er hat ihn nur angefasst und ausgezogen. Doch möglicherweise machte ihn das schon viel zu fertig.
 

Ich ging vor seinem Bett in die Hocke. Wartete einen Moment. „Kann ich dir irgendwie helfen?“, fragte ich. Er drehte sich zu mir herum. Schlang die Arme um meinen Hals. Sollte dass ein Ja sein?
 

Zaghaft erwiderte ich die Umarmung. Strich ihm vorsichtig über den Rücken.
 

„Ich schätze mal, du wirst keinen Hunger haben“, meinte ich, als ich mich wieder von ihm löste. Er wollte mich schon gar nicht mehr loslassen.
 

Er schüttelte unsicher den Kopf. Ein Seufzen verließ meine Kehle. „Dann bleib ich auch hier.“ Knapp warf ich Sean noch einen Blick zu, bevor ich mich auf einen der Stühle, die an einem der beiden Schreibtischen standen, nieder ließ.
 

Der Blonde hatte sich ohnehin schon wieder zur Wand gedreht. So recht wusste ich aber auch nicht, was ich machen sollte. Wieder kam mir nur ein Seufzen über die Lippen.
 

„Wenn du willst, kannst du mich schon alleine lassen“, kam da auf einmal von Sean, „ich brauch keinen Aufpasser.“ Ich schluckte. „Ich bin aber gerne bei dir.“ Man konnte es schon fast sehen, wie er zusammen zuckte. Wie gerne würde ich jetzt wissen, was er dachte. Aber Gedankenlesen gehörte zu den Dingen, die ich nicht konnte.
 

Er setzte sich langsam wieder auf. Blickte mich mit großen Augen an. „Das sagst du doch nur so.“ Irgendetwas in seiner Stimme machte mir Angst. Es wirkte schon fast, als ob er sich selbst nichts Wert wäre.
 

„Ich glaube, ich mag dich“, widersprach ich ihm mit einem Grinsen. So etwas, wie ein Lächeln, konnte ich ihm dann wohl auch entlocken. Doch das verflog auch gleich wieder. Betrübt senkte er den Kopf. Fixierte wie gebannt mit den Augen den Holzboden. „Ist der so interessant?“, fragte ich und folgte seinem Blick. „Nicht wirklich“, bekam ich auch gleich zur Antwort.
 

„Dann solltest du aufhören ihn anzustarren. Manche Böden werden darauf aggressive.“ Leicht kicherte ich. Das ging aber dieses Mal auf Sean nicht über. Er zog die Füße an den Körper. Schlang die Arme darum und bettete den Kopf auf seine Knie.
 

„Hör auf mit dem deprimierenden Getue. Das nervt“, meinte ich gespielt eingeschnappt. Gab ihn einen sanften Stoß zurück. „Lass mich doch in Ruhe“, zischte er aber nur. Stand schnaubend auf und verschwand ins Bad.
 

Alleine blieb ich sitzen. Hob nur etwas die Augenbraue. Ich sollte wohl etwas aufpassen, was ich zu ihm das nächste Mal sage.

Haustieralarm!

Kapitel 12 – Haustieralarm!
 

Sean’s PoV
 

Ein Schlucken verließ meine Kehle. Dieses Ding, das da vor mir auf dem Badezimmerboden entlang lief, war nicht gerade schön anzusehen. Und es sah auch nicht gerade ungefährlich aus. Das deuteten mir nur die langen, haarigen, orange-schwarzen Beine an, von denen dieses Etwas auch noch acht hatte.
 

Es kam immer näher auf mich zu. So etwas Ekliges lief bei uns in Wales ganz bestimmt nicht herum. Zumindest hatte ich so etwas dort noch nie gesehen.
 

Nur noch zwei oder drei Meter lagen zwischen mir und diesem verdammten Tier. Erst jetzt brachte ich wieder einen Ton heraus. Ich schrie einfach. Doch dieses eklige, langbeinige Vieh machte nicht einmal im Ansatz kehrt. Es lief einfach nur immer weiter auf mich zu.
 

Ich ließ einen zweiten Schrei los. „Was ist denn?“, fragte Jamie von draußen. „Eine … eine Spi … Spi … Spinne!“
 

Die Angst musste mir buchstäblich ins Gesicht geschrieben sein. Doch ich wagte es auch nicht, mich zu bewegen. „Lass bloß Tinka in Ruhe!“, zischte da aber auf einmal Jamie. Ich hob verwundert eine Augenbraue, als ich mich langsam wieder hoch kämpfte.
 

„Was heißt hier, ich soll sie in Ruhe lassen? Sie greift doch mich an!“ Ich vernahm ein Seufzen von der anderen Seite der Tür, als ich das sagte. „Lass mich rein!“ Der mürrische Unterton war in der Stimme des Amerikaners deutlich zu hören.
 

Zaghaft sah ich noch einmal zu ‚Tinka’. Schloss dann langsam die Tür auf und öffnete sie in fast genau der gleichen Geschwindigkeit. Doch da hatte ich sie auch schon gegen den Kopf geschlagen bekommen.
 

„Sie tut dir doch gar nichts!“, murrte Jamie. Stapfte an mir vorbei auf das grässliche Spinnentier zu und nahm sie doch auch wirklich auch auf die Hand.
 

Ich rieb mir die schmerzende Stirn. „Sagst du das auch noch, wenn sie mich gebissen hat und ich tot bin?“, fragte ich. Genauso eingeschnappt, wie der Dunkelhaarige. „Sie. Tut. Dir. Nichts!“ Er hielt mir die Spinne direkt unter die Nase. Da schrie ich aber auch schon wieder auf. Jamie kicherte auch gleich los.
 

„Du wirst doch nicht vor einer kleinen Vogelspinne Angst haben?“, fragte er mit einem so gemeinen Unterton. „Doch habe ich! Und wenn du mich hier noch lange haben willst, dann gib ihr eine schöne Seemannsbestattung!“, zischte ich nur als Antwort. Doch das passte Jamie wohl gar nicht. „Ich werde sie doch nicht einfach umbringen. Bist du irre?“
 

Ich zog die Augen zu Schlitzen zusammen. „Ich werde aber nicht mit einer Spinne im Bad leben!“, knurrte ich. Gekonnt konterte Jamie da aber auch schon drauf kontern. „Dann zieh du doch ins Bad und Tinka in dein Bett!“ „Ganz bestimmt nicht!“, fauchte ich.
 

Behutsam setzte Jamie das Tier auf den Toilettendeckel. Kam dann wieder zu mir zurück. „Hör mir mal ganz genau zu. Tinka kommt ganz bestimmt nicht weg. Und wenn es dir nicht passt, ist das dein Problem“, meinte er nur gekonnt kühl, als er sich mit den Armen neben mir an der Wand abstützte.
 

Ich rutschte leicht an den Fliesen hinunter. Versuchte mich klein zu machen. Doch da zog er mich schon wieder hoch. „Du wirst dich hier jetzt nicht verkrümeln!“, hauchte er. Mir begannen die Knie zu zittern. Und es wurde nur schlimmer, je näher er mir kam.
 

Doch da viel mein Blick auf seine Schulter. Ich riss nur die Augen auf. „Spinne“, flüsterte ich. Da fing aber Jamie schon wieder an zu kichern. „Tinka tut dir wirklich nichts. Da musst du auf Felix’ Izayoi und Niki mehr aufpassen. Die sind aber auch Ratten. Und das wortwörtlich!“
 

Er nahm sich das grässliche Tier von der Schulter herunter. „Und du ärgerst Sean nicht mehr“, meinte er auch gleich zu der Spinne. Es kam mir nicht gerade so vor, als ob es ihn verstehen würde.
 

Ich schluckte nur. Wie konnte man nur so ein hässliches Vieh als Haustier halten?
 

„Willst du sie mal streicheln?“, fragte auf einmal Jamie. Hielt mir dieses Spinnentier wieder unter die Nase. Verängstigt blickte ich erst darauf und dann zu ihm. „Du spinnst doch!“, zischte ich. Aber er kicherte darauf nur. „Das macht nicht mal sie.“ Er nickte auf seine Tinka. Die es sich irgendwie auf seiner Hand gemütlich machte.
 

Als ich nichts mehr sagte, zuckte Jamie nur mit den Schultern. „Na dann eben nicht.“ Er drehte sich dann einfach um. Sah sich etwas verwirrt um. Es schien aber, als ob er bald das gefunden hätte nach dem er gesucht hatte. Und zwar hinter dem kleinen Badezimmerschrank. Es war nur eine kleine Schachtel mit einigen Löchern im Deckel. Da lebte wohl seine Spinne.
 

Jedoch wollte ich es gar nicht wissen. Verließ endlich wieder das Bad. Wo so ein Tierchen lebte, wollte ich aber auch nicht lange bleiben.
 

Ich setze mich aufs Bett. Sank langsam zurück. Wieso passierte eigentlich nur mir so ein Mist? Gerade bei so einem musste ich aber auch landen.
 

„Na, Angsthase“, hörte ich aber da schon wieder Jamie sagen. Ich hob leicht den Kopf und blickte gleich in seine Augen. Schluckte leicht. So nah war er mir eigentlich noch nie. Nur noch ein paar Zentimeter lagen zwischen unseren Lippen. Nur ein Stück nach vorne und ich würde seine berühren. Doch das könnte ich wohl kaum tun. Von Vielen bekam man deswegen nur eine in die Fresse. Auf so etwas wollte ich es nicht anlegen lassen.
 

Ich spürte seinen warmen Atem auf meinem Gesicht. Nur noch ein paar Millimeter. Kam er mir etwa näher?
 

Ich drehte den Kopf weg, bevor er mir zu weit auf die Pelle rückte. Aber da spürte ich schon seine Lippen auf meiner Wange. Krampfhaft kniff ich die Augen zusammen. Das tat er jetzt ganz einfach nicht. Das alles war nur ein Traum. Genauso wie die Spinne im Badezimmer. Das war alles gar nicht echt.
 

„Sorry, ich konnte es mir einfach nicht verkneifen.“ Ein leichtes Lächeln umspielte seine Lippen.
 

Ich spürte, wie er sich auf mich setzte. Und er war nicht gerade leicht. „Geh von mir runter“, keuchte ich. Aber da beugte er sich schon wieder über mich. Ließ auf einmal den Kopf auf meine Brust sinken. Und rutschte schließlich auch langsam von mir herunter aufs Bett.
 

„Was wird das?“, fragte ich. Erst nach ein paar Minuten, als es nicht so aussah, als ob er wieder aufstehen wollte.
 

„Es wird doch nachts öfters kalt. Ich dachte mir, du könntest vielleicht frieren. Wie es bei euch in Wales ist, weiß ich ja nicht.“ Ich schluckte nur leicht. „Kalt ist es da auch öfters“, gab ich einfach knapp zur Antwort. Er wirkte ohnehin, als ob er dachte, dass ich mich nicht selbst auch wärmen könnte.
 

Ich zuckte zusammen, als ich seine Finger unter meinem Shirt spürte. Wollte er jetzt etwa auch?
 

Jamie’s PoV
 

Ich hatte meine Finger nicht mehr ganz unter Kontrolle. Glitt aber auch nur ganz leicht über seinen Bauch. Er war ganz warm.
 

Ich wagte mich zaghaft etwas nach oben. Er zuckte auch nur leicht zusammen. Vielleicht durfte ich ja sogar. Auch wenn ich mir das fast nicht vorstellen konnte. Steve hätte ihn heute schon fast vergewaltigt, da würde er so bald niemanden mehr richtig an sich ranlassen. Auch wenn das hier eigentlich das Gegenteil bewies.
 

Er rollte sich zu mir herum. Legte seine Arme um meine Schultern.
 

Ganz vorsichtig machte ich mich also einfach wieder über seinen Körper her. Er war so verdammt weich. Nur an einer Stelle nicht mehr. Ein Grinsen zeichnete sich auf meinen Lippen ab.
 

„Das stockhetero kannst du jetzt wohl streichen“, hauchte ich Sean ins Ohr. Doch als Antwort bekam ich nichts. Dazu wollte er jetzt wohl nichts mehr sagen.
 

Ich verzog leicht das Gesicht. Suchte mit meinen Lippen seinen Hals ab. An einer Stelle, an der ich mir sicher sein konnte, dass man es nicht sehen würde. Saugte daran. Ich spürte, wie er sich komplett versteifte. Konnte mir sogar seinen Blick vorstellen.
 

„Jamie“, flüsterte er auf einmal. Ich blickte auf. Legte den Kopf leicht schief. „Was ist denn?“, fragte ich. Obwohl ich mir schon bewusst war, was er wollte. „Hör … bitte … auf“, gab er kaum hörbar von sich.
 

Ich sah an ihm herunter. Er war doch schon steif. Wieso wollte er denn dann nicht? War es vielleicht einfach zu früh für ihn? Oder lag es einfach nur daran, dass er möglicherweise doch nicht auf Kerle stand und dass nur eine einfache Reaktion seines Körpers auf meine Berührungen war?
 

Ich wanderte wieder mit meinen Blicken an ihm hoch. Bemerkte erst jetzt, dass er seine Finger in mein Shirt gekrallt hatte. Er zitterte. Wieder einmal. Das wollte ich eigentlich nicht bei ihm auslösen. Ganz bestimmt nicht.
 

„Beruhig dich“, flüsterte ich. Löste seine Hände aus meinem Oberteil. Doch so zitterte er nur noch mehr. Etwas unsicher blickte ich mich um, bevor ich ihn einfach wieder in den Arm nahm. So wurde er sogar wirklich ruhiger. Nur dass er sich jetzt an mich kuschelte, störte mich etwas. Gerade eben wollte er doch noch, dass ich ihn los ließ und jetzt so etwas.
 

„Du änderst deine Meinung wohl auch ganz schön schnell.“ Leicht hob ich eine Augenbraue und wartete auf eine Antwort. Aber die kam nicht. Seltsamerweise.
 

„Hey. Sean?“ Immer noch keine Erwiderung. Der kleine, blonde Brite schlief doch nicht schon. Ich grinste nur. So was Verpenntes.
 

Ich strich ihm über das helle Haar. Ließ die einzelnen Strähnen durch meine Finger gleiten. Ich konnte mir gar nicht vorstellen, dass er überhaupt mit mir noch eine Nacht in einem Bett verbringen wollte. Aber einfach gehen konnte ich jetzt auch nicht.
 

Vorsichtig machte ich mir an seiner Hose zu schaffen. Die war auch noch leicht aufzubekommen. An seinem Shirt würde ich mich jetzt aber nicht vergreifen. Wer weiß, was er sonst von mir denken würde.
 

Achtlos ließ ich seine Jeans auf den Boden fallen. Versuchte mich schließlich auch von meiner eigenen zu befreien. Kein leichtes Unterfangen, wenn ich ihn nicht wecken wollte.
 

Ein paar Minuten später konnte ich es mir auch wieder etwas gemütlicher machen. Rollte mich auf den Rücken und bettete seinen Kopf auf meine Brust. Vorsichtig strich ich wieder über sein helles Haar. Der kleine Brite konnte wohl ganz schön viel schlafen. Ein Lächeln bildete sich noch auf meinem Gesicht, bevor ich auch in süße Träume versank.

Vortäuschungen und Lügen

Kapitel 13 – Vortäuschungen und Lügen
 

Sean’s PoV
 

Ich spürte ihn ganz deutlich neben mir, als ich aufwachte. Nur störte es mich nicht. Er war so verdammt warm. Und jede seiner Berührungen jagte nur einen angenehmen Schauer durch meinen Körper.
 

„Jamie“, flüsterte ich und der wurde wohl auch gerade wach. „Na du?“, meinte er nur knapp. Schlang die Arme noch etwas enger um mich. Wie verdammt gut sich das doch anfühlte. Aber das durfte es gar nicht. Ich durfte mich bei niemandem so gut fühlen. Das hatte mein Vater mal gesagt. Eine Missgeburt, wie ich, musste sich immer genauso mies fühlen, wie sie war.
 

Zärtlich küsste mich Jamie auf die Stirn. Nervös biss ich mir dabei auf die Zunge. Was machte er denn?
 

Gerade wollte er aufstehen, als ich mich wieder an ihn klammerte. Mehr von dieser Wärme wollte ich haben. Sonst nichts. Nur ein bisschen mehr davon. „Na lässt du mich los.“ Wie konnte er denn so liebevoll reden?
 

Ich spürte, wie sich Tränen in meinen Augen sammelten. Mir langsam über die Wange lief und von meinem Kinn aus auf das weiße Lacken tropften.
 

„Was heulst du denn hier herum?“ Der Amerikaner wischte mir mit dem Daumen das salzige Wasser aus dem Gesicht. Hockte sich für einen Moment vor mich auf den Boden. Wieso lächelte er denn so nett? Machte es ihm Spaß mich so anzusehen?
 

Ich schlang auf einmal die Arme um ihn. Atmete ein paar Mal tief durch, bevor ich mich hoch drückte. Aufstehen. Etwas anderes wollte ich gar nicht. Aber ich kam gar nicht so weit. Ich sank einfach wieder zurück aufs Bett. Blickte verwirrt auf meine Beine. Was war denn los?
 

Meine Knie zitterten, wie Espenlaub. Dabei war mir gar nicht kalt. Doch erst jetzt bemerkte ich auch, dass ich eigentlich nur in meinen Shorts und einem Shirt auf der Bettkante saß. Etwas verwirrt blickte ich mich nach der Jeans um, die ich noch am Vortag anhatte.
 

Da spürte ich aber schon Jamies Hand an der meinen und wie er mich behutsam hochzog. Ich stützte mich leicht schwankend an ihm ab. „Willst du vielleicht heute einmal im Bett bleiben?“, fragte er mich da auf einmal und ich schüttelte auch gleich den Kopf. „Alleine nicht“, erwiderte ich. Die Angst war wohl sogar in meiner Stimme zu hören.
 

„Da bleiben soll ich aber auch nicht.“ Er seufzte. Drückte mich aber gleichzeitig wieder zärtlich aufs Bett.
 

Natürlich wollte er nicht bei mir bleiben. Das wollte noch nie jemand wirklich. So oft war ich schon allein gelassen worden. Meist wenn ich jemanden gerade so sehr gebraucht hätte.
 

Wie jetzt. Ich wollte doch nur, dass er mich festhielt. Sonst würde ich nur versinken.
 

Bedrückt blickte ich ihn an. Wie konnte er das nur so locker erwidern. Und dann auch noch mit so einem Blick. Er sah nicht mal im Ansatz Mitleid zeigend aus. Wollte er mich den wirklich hier zurück lassen? Was wäre denn wenn er wiederkommt? Wenn er wieder über mich herfällt? Dann wäre ich alleine. Mir könnte niemand helfen. Und wehren konnte ich mich wohl auch nicht. Das hatte man gestern schon gesehen. Ich war einfach nur zu schwach dafür. Mein Körper wollte auch gar nicht. Lieber ließ der sich quälen, als irgendetwas dagegen zu tun. Nur war wohl mein Kopf da etwas anderer Meinung. Ich wollte nicht, dass mich jemand nahm, wie er mich brauchen konnte und mich dann fallen ließ, wie so eine heiße Kartoffel. Nein! Das wollte ich wirklich nicht.
 

Wieder seufzte Jamie. „Aber wer weiß was passiert, wenn ich dich alleine lasse.“ Sein Blick schweifte nach unten ab. Leicht zog er dabei die Augenbrauen zusammen. Zaghaft sah er wieder auf. Ich zwinkerte nur zweimal etwas verwirrt. Das hatte er jetzt ganz bestimmt nicht gesagt. Ich träumte nur. Ganz einfach. Ich war wieder eingeschlafen und träumte. Dann wollte ich aber auch sofort wieder aufwachen und sehen, dass er gar nicht da war.
 

Er gab mir einen leichten Stoß, sodass ich wieder in den Kissen landete. Schob mich auch gleich ein Stück in Richtung Wand. Bevor ich eigentlich richtig verstand, was er mit mir machte, lagen auch schon wieder seine Arme um meine Taille.
 

Wie aus einem Reflex heraus, legte ich den Kopf an seine Brust. Hörte seinem schlagenden Herz zu. Jedes Pochen ließ mich müder werden. Aber ich wollte gar nicht schlafen. Nicht jetzt. Nicht in seinen Armen.
 

Apropos. Er hatte den anderen Arm auch um mich gelegt und mich noch etwas enger an sich gedrückt. Doch das war es nicht, was mich wieder richtig wach werden ließ.
 

„Nimm … deine Hände … von … meinem … Arsch“, zischte ich. Ganz leicht hatte er einfach angefangen mir über den Hintern zu streicheln. Gestern hatte ich mich noch einfach von ihm anfassen lassen. Doch jetzt hielt ich es einfach nicht aus. Ich ertrug diese Berührungen einfach nicht.
 

Seine Finger glitten an meinem Rücken nach oben. „Besser so?“, hauchte er mir ins Ohr. Ich nickte einfach schnell.
 

„In ein paar Minuten wird hier ein Lehrer aufkreuzen um zu schauen, ob wir krank sind oder sonst was. Also sehe ich krank auf?“ Jamie blickte mich erst fragend an. Dann änderte sich sein Gesichtsausdruck eher in etwas leicht Verzerrtes. Fast, als hätte er Bauchschmerzen. Zumindest erinnerte er mich jetzt daran.
 

„Denke schon.“ Leicht kuschelte ich mich an ihn, nachdem ich das gesagt hatte. „Ich dachte immer, Briten stellen sich nur gerne an. Das ihr auch so gerne rumkuschelt.“ Jamie hob eine Augenbraue, als ich aufsah.
 

Ich drückte mich von ihm weg. „War nur ein Versehen und immerhin bin ich eigentlich Waliser“, nuschelte ich. Doch da zog er mich schon wieder zu sich zurück. „Macht doch nichts. Ich bin gerne dein Teddybär.“ - Er legte ein breites Grinsen auf. - „Wusstest du eigentlich, dass Bären auch lecken können?“ Meine Augen weiteten sich. Sollte das eine Anspielung auf etwas sein? „Nicht das ich auf etwas hinaus wollen würde.“ Er zog die Lippen zusammen und zwinkerte. Irgendwie erinnerte mich das gerade an diesen Dschinn aus dieser einen Fernsehserie. Wie hieß die nochmal? Bezaubernde Jeannie?
 

„Was grübelst du denn?“ Jamie riss mich aus meinen Gedanken. Er hatte mich noch etwas enger an sich gedrückt. Gab mir kaum noch Raum um mich überhaupt zu bewegen.
 

„Du erdrückst mich“, keuchte ich. Mir wurde es wirklich zu eng. Bekam kaum Luft. Da ließ er aber den Griff um mich schon wieder etwas lockerer.
 

„Tut mir leid. Du hast dich aber doch an mich gekuschelt.“ Verlegen sah ich weg. Sonst machte ich das eigentlich nicht. Ganz echt. Es gehörte nicht zu meiner Art mich einfach so an jemanden anzuschmiegen, den ich eigentlich kaum kannte. Doch Jamie zog mich gerade zu an mit seiner offenen Art, die er gerade so einfach zeigte.
 

Jamie's PoV
 

Er kuschelte sich also gern an mich, aber ich durfte das nicht. Sean war schon ein komischer Kauz. Eigentlich wirkte er so zurückhaltend, aber dann war er doch wieder so anhänglich, wie eine Klette. Irgendwie kam es mir fast schon so vor, als ob er nur etwas Sicherheit suchte. Und die könnte er wohl auch brauchen.
 

Ich seufzte. „Dann spiel ich jetzt mal ein bisschen krank“, meinte ich schließlich auch, als ich den Blick auf den kleinen Digitalwecker hatte schweifen lassen. Es war jetzt kurz nach viertel zehn. Somit könnte jeden Moment jemand vorbei kommen, der unsere grässlichen Krankheiten überprüfen wollte.
 

Ich schwang die Beine aus dem Bett nachdem ich mich endgültig von Sean gelöst hatte. Tapste in Richtung Bad. Doch Sean hielt mich für einen Moment noch auf.
 

„Wo willst du hin?“ Es klang fast so, als ob er Angst hätte, dass ich ihn einfach allein lassen würde. So einfach würde ich das aber wohl nicht machen.
 

Knapp wendete ich mich zu ihm um. „Ich werde eine Magenverstimmung vortäuschen“, meinte ich grinsend. Doch das wurde nur noch breiter, als ich sein verdattertes Gesicht sah. Verdammt sah er süß aus. „Also spätestens, wenn der Lehrer weg ist, bin ich wieder da.“
 

Ich spürte noch seinen Mitleid erregenden Blick, als ich mich abwendete und im Bad verschwand. Ein paar Geräusche, die klangen, als ob ich mich übergeben würde, bekam ich sicher noch hin.
 

Doch ich bewegte mich im ersten Moment nicht von der geschlossenen Badezimmertür weg. Legte nur ein Ohr daran und wartete.
 

Schon nach wenigen Minuten hörte ich ein Klopfen und wie die Zimmertür geöffnet wurde. Die Stimme des Lehrers erkannte ich erst nicht. Vielleicht raste nur auf einmal einfach mein Herz zu schnell. Weiß Gott wieso.
 

Ich ging einige Schritte zurück, als ich Sean reden höre. Er erklärt fast schon etwas zu fantasievoll, wieso wir nicht zum Unterricht gekommen waren. Aber scheinbar glaubte ihm der Lehrer, denn ich mittlerweile als unseren Biologielehrer Mr. Bourdon erkannt hatte.
 

Als ich Schritte hörte, die sich in Richtung Badezimmer bewegten, überlegte ich gar nicht mehr lange. Wenn er nicht sehen würde, wie ich reihernd über der Kloschüssel hin, könnte ich wohl gleich so mitgehen. Bourden war ein Typ Mensch, der etwas nicht glaubte, wenn er es nicht wirklich sah.
 

Ich steckte mir einfach den Finger in den Hals, als ich vor dem Klo kniete. Der Würgreiz ließ auch keinen Moment zu lange auf sich warten.
 

Als die Tür aufging hob ich leicht den Kopf. Kalter Speichel tropfte mir am Kinn hinunter. Ein Schauer war mir durch den ganzen Körper gelaufen. Dass es doch wirklich Menschen gab, die so etwas freiwillig machten. Irgendwie fühlte ich mich gerade wirklich fast gut, dass ich nicht so irre war.
 

Mir den Bauch haltend tapste ich an dem Lehrer vorbei, der mir nur einen völlig irritierten Blick zuwarf. War aber auch kein Wunder. Ich musste gerade wie eine Leiche aussehen. Das war jetzt auf alle Fälle die dümmste Idee gewesen, die ich je hatte. Aber zumindest ging es mir jetzt so richtig schön mies. Musste ich zumindest nichts mehr vortäuschen.
 

Ich ließ mich aufs Bett fallen. Kauerte mich zusammen. Immer noch lag der Geschmack von Galle und Magensäure in meinem Mund. Das fühlte sich so grässlich an.
 

Ich sah zu Sean, der saß auf seinem Bett. Hatte die Beine an den Körper gezogen und die Arme darum geschlungen.. Besorgt blickte er mich an. Mühsam lächelte ich. Konnte ihn wohl so etwas beruhigen.
 

„Ich werde euch dann mal die Krankenschwester vorbei schicken“, meinte Mr. Bourdon. Ließ noch einmal den Blick über mich und den kleinen, blonden Briten schweifen. Bevor er schließlich auch wieder unser Zimmer verließ.
 

Ich setzte mich mühsam wieder auf. Mein Magen verkrampfte sich auf einmal. Ächzend rollte ich mich wieder auf die Seite. Es war wohl wirklich eine verdammt blöde Idee.
 

„Geht es dir gut?“ Den besorgten Unterton lag in Seans Stimme. Ich nickte zaghaft. Es kam mir fast so vor, als ob ich nicht sehr glaubwürdig aussah.
 

Der Brite rappelte sich auf. Schwankte zu mir herüber und setzte sich neben mich aufs Bett. Vorsichtig strich er über mein Haar. Sein leicht geöffneter Mund lud gerade so zum Küssen ein. Abrupt biss ich mir auf die Unterlippe.
 

„Verflucht!“, zischte ich, als ich den kupfernen Blutgeschmack im Mund schmeckte. Da entfuhr Sean aber schon ein Kichern. Unterdrückte es wohl sogar anfangs krampfhaft.
 

„Tut mir leid“, murmelte er. Berührte meine Lippe mit dem Daumen und wischte behutsam das Blut davon weg. Leckte es sich schließlich auch ab.
 

„Mit soviel Rot im Gesicht siehst du gar nicht gut aus“, meinte er leicht lächelnd. Ich rappelte mich wieder hoch. Hielt seine Hand fest, als er zurückweichen wollte. Schlagartig begann Sean zu zittern.
 

Langsam zog ich ihn näher zu mir. Doch er wollte mich von sich wegdrücken. Wollte mich wohl von sich weg haben. Langsam ließ ich den Griff um sein Handgelenk lockerer werden.
 

„Tut mir leid“, meinte ich und ließ mich wieder zurück in die Kissen sinken. Er blieb neben mir sitzen. Zog schließlich wieder die Beine an den Körper. Schlang die Arme darum. Er wirkte so hilflos, als er auch noch den Kopf an seine Knie drückte.
 

Ich konnte ihn so gar nicht sehen.
 

„Ähm ... wieso ist dein Vater damals nicht ins Gefängnis gekommen?“ Irgendwie versuchte ich ein Gespräch aufzubauen. Auch wenn das wohl kein gerade angenehmes Thema für ihn war. „Weil er betrunken war. Und ... weil er irgendwie den Polizisten weiß machen konnte, dass mein Bruder auf ihn losgegangen wäre.“ Sein Blick schweifte zu mir. Irgendwie konnte er ein Lächeln auf seinen Lippen bilden.
 

„Spiel mir nichts vor.“ Ich rappelte mich hoch. Legte die Arme um seine Schultern. Drückte ihn leicht an mich. Er begann zu schluchzen. Konnte sich aber wohl schon in den nächsten Minuten wieder fassen.
 

„Er hat mich immer verstanden und war wohl auch der Einzige, der mir überhaupt zugehört hatte. Selbst als ich ...“ Er brach ab. Drückte den Kopf gegen meine Brust. Leicht hob ich eine Augenbraue. „Als du was?“, wollte ich wissen. Sean schluckte. Atmete einmal tief durch.
 

„Als ich ... meinen Eltern gestanden hatte, dass ich ... bi wäre.“ Mir stockte wirklich der Atem, als er das sagte. Dann war wohl wirklich das ganze Gefasel, von wegen hetero, also nur eine winzig kleine Lüge.
 

„Dann hab ich ja noch eine schöne, kleine Chance.“ Es war wahrscheinlich momentan der falsche Moment um sich darüber zu freuen.
 

„Nur er hat zu mir gehalten“, flüsterte Sean ohne überhaupt auf meinen Kommentar zu achten. Und ich beließ es auch damit. Da fing er schon an mir so etwas zu erzählen, da musste ich nicht auch noch mit so dummen Bemerkungen daher kommen.
 

Ich zog ihn noch etwas näher zu mir, als er wieder zu schluchzen begann, es aber versuchte zu unterdrücken. „Lass es ruhig raus“, hauchte ich ihm ins Ohr. Und schon liefen ihm die Tränen ungehemmt über die Wangen.
 

Ich strich ihm langsam immer wieder am Rücken auf und ab. „Darf ich noch etwas schlafen?“, fragte er, als es aussah, als ob er sich wieder beruhigt hätte. Ich nickte. „Da musst du mich doch nicht fragen.“ Ich gab ein leichtes Auflachen von mir. Doch scheinbar wollte er gar nicht von mir weichen.
 

Aber ich schob ihn von mir weg. Legte ihn behutsam auf mein Bett. Warf sogar die Decke über ihn. Er sah mir hinterher, während ich mich auf einen der beiden Stühle setzte und den Kopf auf eine der Schreibtischplatten legte. Andächtig sah ich ihm dabei zu, wie er langsam einschlief. Vielleicht wäre das auch noch etwas für mich. Doch ich wollte jetzt nicht alleine schlafen.
 

Mühevoll raffte ich mich hoch. Tapste zu meinem Bett hinüber, in dem ja immer noch Sean lag. Vorsichtig strich ich ihm einmal über die Stirn. Machte dann auf den Haken kehrt. Er sollte lieber auch in Frieden aufwachen. Ohne das ich wieder neben ihm lag. Und vielleicht würde ich mich dann auch wieder etwas mehr zurückhalten können.

Was du willst

Kapitel 14 – Was du willst
 

Sean's PoV
 

Es war dunkel, als ich aufwachte und langsam die Lider hob. Zaghaft hob ich den Kopf. Konnte kaum etwas in der Finsternis erkennen. Ein leises Schnarchen ließ mich zum Schreibtisch sehen. Angedeutet konnte ich dort eine Gestalt erahnen.
 

„Jamie?“, flüsterte ich. Eigentlich konnte ich mir sicher sein, dass er es war. Wer sollte dort aber auch sonst sitzen. Es gab doch sonst keinen.
 

Ein weiteres Mal gab ich seinen Namen von mir. Dieses Mal etwas lauter. Doch er wurde nicht wach. Vielleicht wäre es auch noch besser für mich, mich einfach noch einmal hinzulegen.
 

Und dennoch raffte ich mich hoch. Blieb aber auf der Bettkante sitzen und legte den Kopf schief. Mit der Zeit gewöhnten sich meine Augen an die Dunkelheit.
 

Mein Blick haftete an Jamie. Er hätte sich wirklich einen bequemeren Schlaf suchen können. So würde er nur einen steifen Hals bekommen.
 

Etwas mühsam stand ich auf. Tapste auf den Dunkelhaarigen zu. Zaghaft legte ich ihm eine Hand auf die breiten Schultern. Dass man sich an die wirklich gut anlehnen konnte, hatte ich jetzt ja auch schon bemerkt.
 

„Hey; Jamie!“ Leicht rüttelte ich ihn wach. Doch es dauerte immer noch eine ganze Weile, bis er wach wurde.
 

„Sean, du schläfst ja gar nicht mehr.“ Zwar sah ich es nicht so ganz genau, aber er strahlte. Irgendwie hörte ich das.
 

Langsam nickte ich. Setzte mich dabei auf den Tisch. Suchte mit einer Hand gleichzeitig die Schreibtischlampe, die schon Sekunden, nachdem ich sie gefunden hatte, den Raum erhellte.
 

Ich hielt mir eine Hand leicht vor die Augen, da mich jetzt das Licht blendete. Da berührte aber Jamie auf einmal meine Oberschenkel. Völlig abrupt zuckte ich zusammen. Beinahe wäre ich vor Schreck vom Tisch gefallen.
 

„Tut mir leid“, kicherte der Kalifornier, „es hat mich nur irgendwie richtig gereizt, wie du so vor mir sitzt.“ Eigentlich hätte ich es mir denken können. Mehr als meine Shorts und das T-Shirt hatte ich immer noch nicht an. Verlegen sah ich also einfach weg.
 

Auf einmal zog mich Jamie auf seinen Schoss. Ließ die Hände immer noch auf meiner Hüfte. Mein Atem begann zu rasen. Ich zitterte, als er mich noch enger zu sich zog. Jedoch legte er nur die Arme um mich.
 

„Geht es dir wieder gut?“, fragte der Dunkelhaarige, als er mich leicht von sich wegdrückte. Ich nickte langsam. Hatte er mich deswegen auf seinen Schoss geholt? Nur um mich das zu fragen? Das konnte doch kaum alles sein!
 

Aber ich hatte mich wohl etwas zu früh über die leichte Umarmung gefreut. Denn auf einmal spürte ich seine Finger auf der nackten Haut meiner Taille. Er streichelte nur leicht darüber, doch es ließ mir trotzdem eine Gänsehaut auflaufen.
 

Jamie schob mein Shirt immer höher. Drückte seinen Kopf erst nur gegen meine kurze Zeit darauf aufblitzende Brust. „Entspann dich einfach, Sean, und lass mich machen“, flüsterte der Amerikaner. Hob mich wieder auf den Tisch und entledigte mich nur Sekunden darauf meines Shirts.
 

Ich zog meine Beine zurück und setzte an. Ich würde einfach zu treten, wenn er mich falsch anfassen würde. Und eigentlich könnte ich mir vorstellen, dass er das machen wollte.
 

„Was willst du denn mit denen anstellen?“, fragte er gekonnt grinsend, als er über meine Schenkel streichelte. Eigentlich wollte ich jetzt schon ausschlagen. Doch etwas hinderte mich daran. Es war so, als ob ich innerlich wusste, dass er nichts tun würde, was ich nicht wollte.
 

Jamie wanderte von meinen Beinen weg. Legte seine Finger an meinen Hals. Streichelte nur ganz leicht darüber.
 

Er beugte sich über meine Brust. Berührte meine linke Brustwarze ganz leicht mit den Lippen. Stupste sie nur zaghaft an. Er wartete regelrecht auf meine Reaktion. Doch ich konnte keine zeigen. Zumindest keine positiv. Ich zitterte vor Angst.
 

Jamie legte den Kopf auf meinen Schoss. Sah zu mir auf und schob die Unterlippe nach vorne. „Das wird wohl nichts“, meinte er. Seufzte dabei. Langsam legte er wieder die Arme um meine Taille.
 

Ich schluckte nur. Blickte auf ihn, wie er sich zaghaft an mich kuschelte. Das er so etwas doch wirklich einfach machte.
 

Langsam rutschte ich wieder vom Tisch. Schob ihn dabei unweigerlich von meinem Schoss und landete selbst auf dem seinen. Drückte meinen Kopf an seine Brust. Schmiegte mich einfach so eng wie möglich an ihn.
 

„Du willst wohl noch etwas schlafen“, hörte ich da Jamie sagen und nickte einfach langsam. An ihn gelehnt könnte ich wohl ohnehin am besten meine Ruhe finden. Doch da hob er mich auf einmal hoch. Ich blickte ihn verwirrt an. „Ich bring dich nur wieder ins Bett“, erwiderte er auf meinen Blick.
 

„Ich ...“ Eigentlich wollte ich noch etwas sagen. Jedoch hatte er mich da schon wieder auf eins der Betten fallen lassen. Es war seines. Da hatte ich schon die ganze Zeit geschlafen. Deswegen war es wohl auch immer noch etwas warm.
 

Ich schluckte. „Bleibst du noch etwas hier?“ So etwas fragte wohl eigentlich nur ein kleines Kind. Also war ich eigentlich viel zu alt dafür.
 

Ich hörte Jamie schlucken. Schon eine Minute später saß er neben mir. „Eigentlich bin ich ja auch noch hundemüde.“ Er massierte sich den Nasenbeinansatz.
 

Ich hatte mich derweilen etwas zusammen gerollt. Irgendwie wurde mir gerade kalt. Und gleichzeitig auch verdammt heiß.
 

Jamie blickte mich an. Dafür hatte ich nicht einmal aufsehen müssen. Den Blick spürte ich auch so. „Ach auf das willst du hinaus“, meinte er leicht kichernd. Und schon eine Sekunde später lag er neben mir.
 

„Das wolltest du doch?“, fragte er breit grinsend. Doch ich war weiter an die Wand zurück gerutscht. Hatte es wirklich geklungen, als ob ich auf das hinaus wollte?
 

Jamie's PoV
 

Das wollte er doch. Oder? Das ich mich noch etwas zu ihm legen würde. Doch jetzt rutschte er von mir weg. Wieso? Hatte er denn Angst? Vor mir? Ich würde nie etwas machen, was er nicht wollte. Würde mich nie zu schnell einfach an ihn annähern. Auch wenn ich vielleicht manchmal etwas schroff und voreilig war. Ich würde nicht mehr einfach so über jemanden herfallen. Zumindest nicht über ihn. So könnte ich mich schon zurück halten. Wenn ich mir das nur immer wieder sagen würde.
 

Ich rollte mich auf die Seite, sodass ich ihn ansehen konnte. Verlegenheit lag in seinen Blick und wohl oder übel schwamm auch etwas Angst mit. Die sollte er aber vor mir eigentlich nicht haben.
 

Behutsam legte ich die Arme um seine blanken Schultern. Vielleicht hätte ich ihm zumindest sein Shirt geben sollen. Denn es kam mir so vor, als ob er geringstenfalls etwas frieren würde.
 

Doch auf einmal kuschelte er sich an mich. „Mir ist kalt“, flüsterte er. Hatte ich mir doch irgendwie gedacht. „Dann ist es wohl hier doch etwas kälter in der Nacht, als in deinem schönen Wales.“ Er krallte nur die Finger in mein Shirt, anstatt zu antworten. Irgendwie reichte mir das auch schon.
 

„Wolltest du nicht schlafen?“, fragte ich, als er sich immer enger an mich kuschelte. Darauf schüttelte er aber nur gleich den Kopf. „Nicht mehr“, hauchte der Blonde. „Da änderst du deine Meinung aber ziemlich schnell.“ Ich konnte mir das leichte Grinsen nicht verkneifen.
 

„Dann können wir ja auch gleich ...“ Es sollte nur ein Witz sein, aber als einen solchen empfand es Sean wohl gar nicht. Er stieß mich weg. „Idiot“, knurrte er noch. Drehte sich auf die andere Seite. Verschränkte wohl sogar wütend die Arme vor der Brust. Oder war es nur Trotz? Der Trotz mir gegenüber?
 

„Hey, war doch nur ein Scherz. Wirklich!“ Ich legte die Hände auf seine Schultern um ihn wieder zu mir herumzudrehen. Doch er wollte wohl gar nicht. War wohl immer noch zu sauer.
 

„Jetzt komm, sei nicht so eine Zicke“, seufzte ich. Damit konnte ich aber wohl seine Stimmung auch nicht wieder aufhellen. „Du denkst doch nur an das Eine“, fauchte er. Regelrecht wie ein kleines Kätzchen, dem man auf den Schwanz getreten war.
 

„Und wenn es so ist?“ Ich spürte es, wie er zusammenzuckte. So eine Erwiderung hatte er wohl gar nicht erwartet. „Dann ... dann ... ... dann ...“, stotterte er. Brachte aber sonst nichts heraus.
 

„Dir fällt wohl nichts ein“, hauchte ich ihm ins Ohr. Verängstigt sog er die Luft ein. Stieß sie in einem ähnlichen Ton wieder aus.
 

Ich berührte seinen Nacken mit den Lippen. „Bleib ganz ruhig“, flüsterte ich, „ich werde nichts machen, was du nicht willst. Das verspreche ich.“ Mit meinen Fingern glitt ich an seiner Brust hinunter. Berührte ganz vorsichtig seine Brustwarzen. Leicht keuchte Sean auf.
 

„Hast du schon mal ... mit einem ... Jungen?“, fragte ich. Knetete leicht seine Brustwarzen. Wieder entfuhr ihm ein Keuchen. Dann schüttelte er auch schon den Kopf. „Aber mit einem Mädchen schon. Oder?“ Vorsichtig küsste ich seinen Hals, als er zaghaft nickte. Das war doch schon einmal etwas.
 

„Und wie sieht es jetzt aus?“ Zärtlich berührte ich seine Wange. Streichelte darüber. Er zuckte nur für einen Moment zusammen. Drückte langsam meine Hände weg. „Das ist wohl ein Nein“, meinte ich.
 

Und trotzdem legte ich einen Arm um seine Schultern. Zog ihn enger zu mir. Das er überhaupt so bei mir liegen blieb, nachdem was ich jetzt schon gemacht hatte.
 

„Wir könnten jetzt eigentlich auch mal ... in Ruhe ... reden“, flüsterte auf einmal Sean. Ich lachte nur kurz auf. Das meinte er doch jetzt nicht ernst. „Scheiß Typen“, zischte er da aber auch schon. „Du bist auch einer“
 

Ich drückte meinen Kopf gegen seinen Rücken. „Wäre wohl besser, wenn du doch noch etwas schlafen würdest“, meinte ich ruhig, aber bestimmend. Da drehte sich Sean aber endlich wieder zu mir herum. Schüttelte langsam den Kopf. „Darf ich nicht noch etwas so neben dir liegen?“ Er krallte die Finger wieder in mein Shirt.
 

Ein Seufzen verließ meine Kehle. „Wenn du willst.“ - Unsicher legte ich die Arme wieder um ihn. - „Darf dann ich zumindest noch etwas schlafen?“ Ich gähnte. Eigentlich schlief ich um diese Zeit. Meistens zumindest. Manchmal hing ich noch bei irgendeinem meiner kleinen 'Freunde' herum und durfte sie noch beglücken. Kam aber irgendwie, seit ich Sean hatte, auch nicht mehr so oft vor.
 

Es sah fast so aus, als ob der kleine Brite seine Meinung geändert hatte übers Schlafen, nachdem ich mich auf den Rücken gerollt hatte und er seinen Kopf auf meine Brust legte. Denn schon binnen weniger Sekunden war er in süße Träume versunken. Vielleicht sollte ich es ihm gleich tun.
 

Ich verschränkte die Arme hinter dem Kopf. Starrte an die Decke. Während Sean es sich sichtlich neben mir – bzw. auf mir – bequem machte. Immer weiter rutschte er zu mir. Fast unbemerkt legte er auch seine Arme um mich.
 

„Ach Sean, du bist ja doch zu anhänglich. Dabei willst du das doch gar nicht sein“, seufzte ich. Strich ihm noch einmal über die Wange. Er hatte doch wirklich verdammt weiche Haut.
 

Ich seufzte. Machte es mir mühsam etwas bequemer. Hörte noch eine ganze Weile seinem ruhigen Atem zu. Bis ich schließlich auch einschlief.

Dusch-Tag

Kapitel 15 – Dusch-Tag
 

Sean's PoV
 

Ich hatte wieder neben ihm geschlafen. Distanz war einfach etwas, das ich nicht lange aufrecht halten konnte. Wenn mir meistens jemand zu nahe gekommen war, dann kam ich viel zu oft von dieser Person auch nicht mehr weg. Und genauso war es jetzt auch bei Jamie.
 

Ich war auf ihm gelegen, als ich aufwachte. Dass ihn das gar nicht gestört hatte. Aber eigentlich war ich auch nicht schwer. Vielleicht sogar viel zu leicht für meine Größe.
 

Vorsichtig glitt ich mit den Fingern über Jamies Wange, nachdem ich mich aufgesetzt hatte. Jetzt immer noch auf seinem Becken saß. Ganz leicht kitzelten mich einzelne Härchen. Vielleicht sollte er es mal mit einer kleinen Rasur probieren.
 

„Sean, hör auf“, murmelte er da auf einmal. Ich zog meine Hand zurück. War er jetzt wach oder hatte er nur im Schlaf geredet? Meine Frage wurde aber schnell geklärt, als Jamie leicht ein Lid hob. Ich schluckte. Es würde ihm sicherlich stören, wo ich saß.
 

Ich rutschte immer weiter zurück. Bis fast zu seinen Knien. Dann hielt er mich fest. „Was rückst du denn weg? Hab ich etwa gesagt, dass es mich stört, dass du auf mir sitzt? Du solltest doch nur aufhören an meiner Wange rumzufummeln.“ Er grinste. Fast schon zu breit.
 

Ich drehte den Kopf weg. Mir stieg wohl langsam das Blut in den Kopf. Vielleicht könnte ich sogar eine Tomate Konkurrenz machen.
 

„Och, was wirst du denn jetzt rot?“ Jamie zog mich wieder zu sich herunter. Schlang die Arme um meine schmalen Schultern. Drückte mich einfach so an sich. Ich legte den Kopf auf seine Brust. Beinahe wäre ich wohl durch den Klang seines Herzens wieder eingeschlafen, wenn Jamie mich nicht abrupt von sich herunter gestoßen hätte und ich auf dem Bauch auf dem Bett liegen blieb.
 

„Mit der Zeit wirst du doch schwer“, nörgelte er gespielt und raffte sich auf. Streckte sich erst einmal ausgiebig, als er stand. Ich legte meinen Kopf auf meine verschränkten Arme, sah ihm eine ganze Weile lang zu, wie er durchs Zimmer wuselte und nach irgendetwas suchte.
 

Scheinbar hatte er es hinter dem rechten Schreibtisch gefunden. Schon eine Minute später landete ein Shirt auf meinem Kopf. Mein Shirt! Zog es nur knapp neben mich aufs Kissen.
 

„Das wirst du wohl wieder haben wollen“, meinte Jamie grinsend. Ich nickte nur teilnahmslos. Blieb aber sonst regungslos liegen. Bemerkte gerade deswegen auch gar nicht, wie er sich wieder zu mir setzte. Mir langsam übers Haar strich. Erst, als er mir ganz leicht den Nacken kraulte, zuckte ich zusammen.
 

„Sorry“, entfuhr es ihm. Legte aber auch gleich wieder sein breites Grinsen auf. Doch schon in der nächsten Sekunde berührte er wieder meinen Hals. Seine Finger glühten regelrecht, als ob sie nur so von Blut durchströmt werden würden.
 

Ich gab mich einfach ganz der Berührung hin. Ließ nur gelegentlich ein Seufzen laut werden.
 

Er setzte sich auf einmal auf mich. Ließ seine heißen Finger bis zu meinen Schultern gleiten. Massierte mich vorsichtig. „Du bist ja ganz verspannt“, hauchte er mir ins Ohr, als er sich kurz einmal zu mir herunter gebeugt hatte.
 

Ich hab ein leichtes Aufkeuchen von mir, als er einmal etwas zu fest zudrückte. „Du klingst gerade so, als ob du etwas ganz anderes erwartest.“ Jamie kicherte. Rutschte schließlich auch langsam wieder von mir herunter. „Was hätte ich denn sonst wollen sollen?“, zischte ich. Ein kleines Flittchen, das es mit jedem trieb war ich ganz sicher nicht, da musste er sich gar keine Hoffnungen machen.
 

„Na ja, vielleicht hätte ich weiter unten etwas massieren sollen.“ Er hatte wohl einfach meinen wütenden Unterton überhört. Hatte einfach sein breites Grinsen wieder aufgelegt. Irgendwie nervte das langsam.
 

„Och, schau doch nicht so sauer, da kriegst du nur Falten.“ Ich hörte aber gar nicht auf ihn. Verzog das Gesicht nur mehr und mehr.
 

„Sean! Wenn du weiter so böse schaust, kann ich für nichts garantieren!“, drohte er mir doch da wirklich. Natürlich hellte sich dadurch mein Gesichtsausdruck auch nicht mehr auf.
 

Da stürzte er sich aber auf einmal auf mich. Und das wortwörtlich. Mühelos drehte er mich auf den Rücken und begann mich zu … kitzeln. Einfach so. Ohne Vorwarnung. Ich konnte das Lachen natürlich nicht zurück halten. Kitzlig war ich schon immer gewesen und würde das wohl auch nie loswerden. Aber dass das jemand mal als Waffe gegen mich einsetzen könnte. Nein. Darauf wäre ich nie gekommen.
 

„Jamie, hör auf!“, brauchte ich irgendwann atemlos heraus. „Hörst du dann auch auf zu schmollen?“, fragte der Dunkelhaarige auch gleich. Ich nickte. Was sollte ich auch anderes tun, als ihm einfach zustimmen?
 

„Dann ist es ja gut!“ Triumphierend blieb er auf mir sitzen. Machte nicht einmal im Ansatz Anstalten von mir herunterzugehen.
 

„Du bist schwer!“, keuchte ich. Versuchte einen Mitleid erregenden Blick aufzulegen. Viel half das aber wohl nicht. „Du bist aber eindeutig die bequemste Stelle im ganzen Raum“, bekam ich nämlich nur als Erwiderung zurück.
 

„Jamie, bitte!“, flehte ich. Obwohl ich doch das nicht so oft tat. Eigentlich fast nie. Ich wollte niemanden wegen irgendetwas anbetteln. Das war einfach nicht meine Art. Aber jetzt ging es nicht anders.
 

„Wenn du sogar ‚Bitte’ sagst, muss ich es wohl machen.“ Mit einem Satz landete er vor dem Bett. Streckte sich wieder so ausgiebig, wie schon Minuten zu vor. Und ich sah ihm wieder nur andächtig dabei zu.
 

„Willst du zuerst duschen oder kann ich?“, fragte er da auf einmal. Riss mich dabei aus meinen Gedanken. In die ich aber am liebsten wieder versunken wäre. Oder wohl gleich irgendwo anders.
 

„Wie wäre es … wenn wir … zusammen duschen?“, murmelte ich. Es war nur ein wirklich lang gehegter Wunsch, das einmal wieder mit jemand zu tun. Doch eigentlich wollte ich das nur mit jemanden machen, denn ich auch wirklich liebte. Bei Jamie war das ja nicht wirklich so.
 

„Ähm, wenn du willst.“ Mit gehobener Augenbraue sah er mich an. Erst jetzt nahm ich überhaupt richtig war, dass ich das wirklich laut gesagt hatte. Etwas unbeholfen stand ich auf. Tapste hinter Jamie her ins Bad.
 

Dort angekommen klebte mein Blick gerade zu an den Fliesen. Ganz ohne Scharm zog sich der Amerikaner vor mir aus. Ich wartete nur darauf, dass er mich mit einem Lachen aus dem Badezimmer warf. Aber das kam nicht. Er kam nur zu mir.
 

„So kannst du aber nicht duschen“, meinte er nur. Abrupt hatte ich den Kopf hochgerissen. Mein Blick wäre nämlich auf etwas gefallen, was ich eigentlich nur zu oft bei mir selbst sah, aber nie von jemand anderem.
 

Gerade, als er mit den Fingern am Saum meiner Shorts ansetzen wollte, machte ich auf den Haken kehrt. „Das war eine verdammt blöde Idee“, meinte ich nur und wollte schon einfach verschwinden. Da hielt mich Jamie aber schon fest. Mit den Händen auf meiner Taille.
 

„Wieso denn?“, säuselte er mir ins Ohr und fügte noch hinzu: „Wir sollten uns ohnehin etwas besser kennen lernen.“ Ganz sicher, ob wir das auf dieser Ebene auch sollten, war ich mir da aber nicht.
 

„Ich dusch aber trotzdem lieber alleine.“ Krampfhaft versuchte ich mich aus seinen Griff zu befreien. Aber irgendwie ging das nicht.
 

„Ich werd’ dir schon nichts wegschauen“, meinte Jamie nur kichernd und zog mir abrupt meine Shorts herunter. Auf einmal fühlte ich mich ihm so schutzlos ausgeliefert. Er könnte jetzt alles mit mir machen. Sogar einfach hier in der Dusche vergewaltigen. Einfach so. Wundern würde es mich gar nicht. Wer weiß, was er überhaupt angestellt hatte, das er hier war. Wenn er es mir nicht sagen wollte, musste es ja wohl etwas Schlimmes gewesen sein.
 

Ich zitterte, als er mich wieder zu sich herumdrehte. Doch da ließ er mich aber auch schon einfach los. Ging geradewegs an mir vorbei zur Dusche. Wirklich einfach so. Ich sah ihm auch nicht hinterher. Lieber nicht.
 

Mein Blick schweifte zu der kleinen Schachtel mit den Löchern im Deckel, die auf dem Boden hinter dem Badezimmerschrank hervorspitzte. „Wie geht’s Tinka?“, fragte ich wie nebenbei, als ich das Wasser laufen hörte. „Ganz gut“, erwiderte Jamie sofort.
 

Es klang, als würde der Wasserfluss von etwas unterbrochen werden. Vielleicht von Jamies Körper? Ich spürte, wie mich die Erregung packte. Kaltes Wasser, das über seine Schultern floss. Über seine Brust hinweg, bis zu seinem Bauch. Und vielleicht sogar über seinen … Meine Gedanken würden abrupt unterbrochen.
 

„Du wolltest doch mit mir duschen.“ Jamies Finger lagen auf meinen Schultern. Sie waren nass. Ein Schauer durchfuhr meine Körper. Verdammt. Das war wirklich eine verflucht blöde Idee gewesen.
 

Mühelos drückte mich der Kalifornier in die Duschkabine. Das eisige Wasser umspielte jetzt auch meinen schmalen Körper, der nur das genaue Gegenteil von Jamies sein konnte. Er hatte zumindest ein paar Muskeln. Ich dagegen gar keine.
 

„Soll ich dir die Haare waschen?“, fragte der Amerikaner auf einmal, als ich schon wirklich gut durchgefroren war. Ich nickte sofort. Eigentlich war es mir egal, was er machte. Solange er nicht irgendetwas Falsches tat.
 

Genüsslich langsam ließ sich Jamie etwas Shampoo auf die Hand laufen. Verteilte es dann aber auch nur auf meinem Kopf. Aber nicht ohne vorsichtig etwas zu kneten. Ein leichtes erregtes Aufseufzen konnte ich mir gar nicht verkneifen.
 

Jamie’s PoV
 

Ich wusste nicht ganz, was blöder war. Seine Idee oder die Tatsache, dass ich darauf eingegangen war. Wohl im Grunde beides ein bisschen.
 

Nervös biss ich mir auf die Unterlippe, während ich das Shampoo ganz vorsichtig auf seinem Kopf verteilte. Mein Blick schweifte immer wieder an seinem Körper hinunter. Einen süßen Arsch hatte er ja. Und eine perfekte Figur. Damit konnte er wirklich glänzen.
 

Ich zuckte zurück, als er sich umdrehte. „Ich glaube, dass reicht“, meinte er ohne auch nur die kleinste Gefühlsregung in seiner Stimme zu zeigen.
 

Das kalte Wasser floss über seinen schmalen Körper. Wusch den Schaum langsam wieder aus seinem Haar. Das weiße Zeug lief über seine - vereinzelt zu sehenden – Muskeln. Zeichnete sie leicht nach.
 

Ich biss mir auf die Zungenspitze. Er wagte es gar nicht sich an mir vorbeizuquetschen. Blieb nur wie angefroren – was auch nicht ungewöhnlich wäre – vor mir stehen und starrte gerade zu ins Nichts.
 

Ich beugte mich über ihn hinweg um das Wasser abzudrehen. Langsam wurde es mir auch zu kalt und abfrieren wollte ich mir ganz bestimmt nichts. „Na dann trocknen wir uns mal ab“, meinte ich und nahm seine Hand. Zog ihn ganz einfach hinter mir her aus der Duschkabine raus.
 

Erst als ich ihm ein Handtuch geben wollte, bemerkte ich überhaupt, wie er zitterte. Vorsichtig rubbelte ich ihn trocken. Nur an die unteren Regionen wagte ich mich nicht heran. Auch wenn ich es mir nicht verkneifen konnte, da einmal etwas genauer hinzuschauen. Was er gerade eben nur auf einmal gehabt hat? Schämen musste er sich ja wegen seines besten Stückes sicher nicht.
 

„Wird dir schon etwas wärmer?“, fragte ich, als ich alles für mich legale abgetrocknet hatte. „Etwas“, bekam ich knapp zur Antwort. Da hatte er mir aber auch schon das Handtuch abgenommen und wickelte es sich um die Hüfte.
 

Schon eine Minute später hatte er sich aus dem Bad verzogen. Der Zug, den er mit dem Schließen der Tür erzeugte, zeigte mir dann auch nur an, dass ich mich vielleicht auch einmal abtrocknen sollte.

Abbekommen oder eher abhanden gekommen

Kapitel 16 – Abbekommen oder eher abhanden gekommen
 

Sean’s PoV
 

Kaum das ich mich angezogen hatte, verkroch ich mich in meinem Bett. Das Handtuch lag noch auf dem Boden, als auch endlich Jamie aus dem Bad kam. Etwas zu langsam hob er es auf. Blickte zu mir, als ob ich irgendein verletztes Tier wäre.
 

Ein Lächeln bildete sich auf seinen Lippen. „Irgendwie hast du Glück, dass heute Samstag ist.“ Er warf das Handtuch über den Schreibtischstuhl. Bevor er sich noch eine Hose aus dem Schrank holte. Eine kurze. Sie ging ihm kaum bis über die Knie. Ich schluckte nur. Der tiefschwarze Stoff wirkte an Jamie richtig sexy.
 

„Pass auf, dass du nicht blind wirst“, scherzte der Amerikaner da aber auch schon und ließ sich neben mir aufs Bett fallen. „Du solltest heute mal wieder raus.“ Herzhaft streckte sich Jamie, als er das sagte. Rollte sich schließlich langsam auf den Rücken.
 

„Dreh doch mal eine Runde auf dem Gelände. Vielleicht begegnest du noch einem besseren Typen, als Steve.“ Ich zuckte bei dem Namen des Weißhaarigen zusammen. Nickte schließlich aber trotzdem langsam.
 

„Willst du mitkommen?“, fragte ich, als ich schon aufgestanden und schon zur Tür gehen wollte, aber noch einmal wegen meinen Hausschuhen umdrehen musste. „Ich komm nach“, erwiderte Jamie nur. Streckte sich noch einmal.
 

„Dann bis später“, murmelte ich noch, bevor ich auf den Gang hinaustrat und die Tür auch schon eine Sekunde später ins Schloss fallen ließ.
 

Samstagmorgen – nicht einmal so früh – und niemand war auf den Fluren, als ich hindurch ging um zum Aufenthaltsraum zu gelangen. Vielleicht würde ich ja dort jemanden treffen. Doch als ich dort eintragt, herrschte auch nicht mehr, als gähnende Leere.
 

Ich wollte schon auf den Haken kehrt machen, als ich meinen Namen hörte. Aus einer Ecke winkte mir Felix zu. Neben ihm saß Piccolo, der mich mit einem nicht gerade freundlichen Blick musterte.
 

„Hey, Sean!“ Freudig lief der Schwarzhaarige zu mir. Schlang die Arme um meine Schultern. „Hat dich Jamie endlich einmal wieder alleine raus gelassen.“ Felix drückte seine Wange gegen die meine, als ich nickte.
 

Der schwarzhaarige Deutsche drückte mich neben Piccolo auf die Bank, wo sie beide kurz zuvor noch zusammen gesessen hatten. „Jetzt könnt ihr beide euch mal etwas anfreunden.“ Und schon ließ Felix uns einfach allein. Ich ließ meinen Unmut sofort laut heraus. „Idiot“, fauchte ich.
 

Piccolo verschränkte nur mürrisch die Arme vor der Brust und sah in eine andere Richtung. Doch dann seufzte er auf einmal. „Wieso wart ihr gestern nicht beim Unterricht?“ Ich schluckte zuerst nur. „Äh, Jamie hatte eine Magenverstimmung und mir ging es auch nicht so gut“, erwiderte ich schließlich kleinlaut. Es stimmte ja eigentlich nur zur Hälfte. Immerhin ging es nur mir nicht gut.
 

„Jamie … krank.“ – Piccolo hob eine Augenbraue- – „Das war er ja schon lange nicht mehr. In den ganzen zwei Jahren – in denen ich ihn kenne – vielleicht einmal.“ Ungläubig blickte er jetzt zu mir.
 

„Hat wohl was Falsches gegessen.“ Ich lachte trocken auf. Doch dadurch wurde das wohl auch nicht glaubwürdiger.
 

Ich schluckte. Geschwänzt hatten wir doch in dem Sinne auch nicht. Ein Lehrer hatte es doch gewusst, dass wir nicht beim Unterricht waren.
 

„Im Höchstfall warst doch du krank. Und Jamie wollte dich nicht alleine lassen. Hm? Stimmt doch. Oder?“ Ich antwortete nichts. Schaute nur verlegen weg.
 

„Da hatte ich wohl Recht. Wahrscheinlich ist die Krankenschwester auch nicht mehr bei euch aufgekreuzt … Hattet ihr zumindest euren Spaß?“ Ich zuckte zusammen, als Piccolo seinen Arm um meine Schultern legte.
 

Wieder lachte ich knapp trocken auf. An was dachte der nur? „Ihr hab nicht das Bett zum Quietschen gebracht? Kann ich mir bei Jamie ja kaum vorstellen.“ Ich verkrampfte völlig. Das dachte er doch jetzt nicht wirklich.
 

„Jamie ist ja sonst immer so ein Tiger im Bett.“ Ich rutschte ein Stück von Piccolo weg. Blickte ihn geschockt an. „Was faselst du eigentlich?“, zischte ich. Legte einen möglichst scharfen Unterton auf.
 

„Erzähl mir nicht, dass ihr es noch nicht miteinander getrieben habt?“ Piccolo verwirrte es wohl ganz schön, als ich den Kopf schüttelte. Was war aber daran denn so ungewöhnlich? Ich und Jamie kannten uns doch kaum. Wieso sollten wir da einfach miteinander schlafen?
 

„Wow, sonst ist er nicht so zurückhaltend. … Hm, vielleicht hast du ihn auch nur einfach gezähmt.“ Ich stutzte jetzt nur noch mehr. Was sollte das denn heißen?
 

„Ich hab nichts mit ihm“, erklärte ich eiskalt. „Du lügst doch. Jamie kriegt jeden irgendwie dazu rum, dass er auf ihn steht. Solang er auch nur das erste Mal sein Zimmer betritt.“ Das klang gerade so, als wäre Jamie hier eine Art Weiberheld.
 

Ich sah wohl zu verwirrt aus, um zu lügen. „Dann hat er dich bis jetzt noch nicht irgendwie angemacht?“ Piccolos Blick spiegelten ein gewisses Interesse wieder. „Na ja, ein bisschen. Er hat mal etwas gefummelt.“ Die Augen des Italieners wurden sichtlich weiter. „Mehr nicht. Verdammt, was hast du mit ihm gemacht?“
 

Es sah nicht gerade so aus, als ob er überhaupt eine Antwort auf seien Frage erwartete. Dennoch zuckte ich leicht mit den Schultern. „Du hast meinen Jamie versaut.“ Ein Seufzen verließ Piccolos Kehle. Die Tatsache, dass ich noch nicht mit dem Kalifornier geschlafen hatte, traf ihn wohl ganz schön.
 

„Bist du denn nicht mit Felix zusammen?“, fragte ich, als wir uns einige Zeitlang anschwiegen. „Eigentlich schon, aber … er wird irgendwann langweilig. … Und er hat keinen Humor. Typisch Deutsch“, seufzte der Italiener. Fast schon herzzerreißend.
 

Ich hob nur irritiert die Augenbraue. Wieso hatte er dann überhaupt etwas mit ihm? „Aber er ist eine Rakete im Bett.“ Und schon war ich aufgeklärt.
 

Ich drehte nur den Kopf weg. Hatten es hier eigentlich alle nur auf Sex aus? War ich denn als kleiner Waliser der Einzige, der nicht ficken wollte? Das waren wohl Fragen, die die Welt bewegten.
 

Ich seufzte. Wahrscheinlich traf es ohnehin zu und ich war hier wirklich ganz alleine mit der Tatsache, dass ich mit keinem Schlafen wollte. Eigentlich waren die Typen hier fast schon das Paradebeispiel, wie man sich einen Schwulen vorstellte. Nur Sex in der Birne. Das war ja gerade zu erniedrigend. Irgendwie war ich sogar einmal glücklich bi zu sein. Musste ich mich mit denen zumindest nicht vergleichen.
 

„Wie sieht es dann mit dir und Jamie aus? Da muss doch eigentlich schon mehr, als ein bisschen Fummeln gewesen sein!“ Piccolo hob eine Augenbraue. Sah mich irgendwie etwas zweideutig an. „Nein, es war nichts!“
 

Ich zog die Augen zu Schlitzen zusammen. Das konnte doch nicht sein, dass dieser kleine Italiener wirklich dachte, dass ich mit dem Erstbesten, den ich sah, gleich rummachte. Ich war doch keine Schlampe.
 

„Stimm, du bist viel zu süß dafür.“ Mit stockte der Atem. Das hatte er jetzt nicht gesagt. „Was soll das denn heißen?“, zischte ich. Piccolo atmete einmal tief durch. Schaute gerade so aus, als ob er überlegen würde. „Ist dir aufgefallen, dass dir ein paar der Jungs hier, komische Blicke zuwerfen.“ – Ich nickte sofort leicht, als er das sagte. – „Weißt du auch warum?“ – Dieses Mal schüttelte ich den Kopf. – „Dann bist du ein bisschen rückständig.“
 

Piccolo stand langsam auf. Warf mir noch einen kurzen Blick zu, bevor er gehen wollte. „Und wieso jetzt?“, fragte ich. Erntete nur einen Moment noch einen Blick von ihm. „Dann solltest du vielleicht einmal ein bisschen besser aufpassen.“
 

Damit ließ er mich einfach allein. Irgendwie wusste ich jetzt genauso viel, wie zuvor. Na ja, bis vielleicht das Jamie wohl wirklich ein richtiger kleiner Rumtreiber war, der sich gerne durch fremde Betten vögelte.
 

Ich zog die Augen zu Schlitzen zusammen. Und so einen hätte ich fast ran gelassen. Wie irre war ich denn eigentlich? Der würde mich doch schon mit dem nächst Besten betrügen.
 

Ich zog die Beine an den Körper. Schlang die Arme darum und legte meine Kopf auf die Knie. Aber die Dusche heute Morgen war … schön. Einmal richtig entspannend, dass mir jemand anderes die Haare wusch.
 

Ich versank nur so in meinen Gedanken.
 

Es hatte sich gut angefühlt, wie er mich berührte. Selbst seine Blicke taten mir regelrecht gut. Aber … er trieb es doch mit jedem. Wahrscheinlich war er nicht nur zu mir so gut. Vielleicht machte er das bei allen. Nicht nur mit mir.
 

Ich bemerkte gar nicht, wie jemand auf mich zukam.
 

Ich seufzte. Ach, eigentlich könnte ich es doch zumindest einmal mit ihm versuchen. Auch wenn es wohl nicht gut wäre, sich hier irgendwelche Ex-Freunde zu suchen. Immerhin würde ich noch eine ganze Weile mit ihm zusammen sein müssen. Überall anderes könnte ich ihm aus dem Weg gehen. Hier nicht.
 

Arme legten sich um mich. Drückten mich an jemanden.
 

„Hey!“, zischte ich. Wollte diesen Kerl wieder von mir wegstoßen, doch ich kam nicht mehr los. Auf einmal kam es wieder hoch. Das was Steve mit mir machen wollte. Ich schlug um mich. Reine Angst überkam mich.
 

„Hey, Sean, hör auf!“ Fast erleichtert atmete ich auf, als ich Felix’ Stimme hörte. Zumindest nicht Steve. Den hätte ich jetzt nicht aushalten könne. Nein. Wohl eher hätte ich die blanke Panik gepackt.
 

Fröhlich lächelte mich Felix an. „Wo ist Picco?“ Ich zuckte nur mit den Schultern. „Ist eben einfach weg“, meinte ich noch. Da ließ sich der Deutsche aber schon neben mir nieder.
 

„Habt ihr euch schön unterhalten?“, fragte er. „Hat mir einiges über Jamie erzählt“, erwiderte ich tonlos. Ließ meine Beine langsam wieder auf den Boden sinken.
 

„Was er für ein Wichser ist oder was meinst du?“, wollte da Felix aber schon wissen. „Äh, na ja, er hat nur angedeutet, dass er wohl … na ja …“ Da unterbrach mich der Schwarzhaarige aber auch schon: „Das er mit allem fickt, was nicht bei Drei auf den Bäumen ist.“ Ich nickte nur zustimmend. So hart hätte ich es wohl nur nicht ausgedrückt.
 

„Und wahrscheinlich hat er dir auch erzählt, dass er es nur mit ihm treibt, weil ich ihm zu langweilig werden. Richtig?“ Wieder nickte ich. Da wusste er wohl mehr - als ich - über seinen Zimmergenossen.
 

„Italiener“, seufzte Felix da aber schon. Sah aber gleich zu mir. Mit einem richtig netten Lächeln wieder. „Du bist da sicher ganz anders“, meinte er. Verlegen blickte ich weg. Es klang nach einen Kompliment und irgendwie fühlte es sich genauso an.
 

„Du bist irgendwie süß.“ Jetzt würde ich wohl auch noch rot werden. Verdammt.
 

Felix drehte meinen Kopf wieder zu sich. Ich schluckte. Er war mir verflucht nahe gekommen. Mein Herz raste. Nur noch ein paar Zentimeter lagen doch da zwischen unseren Lippen. Verflucht. Nein. Ich riss mich los und sprang auf. Was sollte das eigentlich werden?
 

„Bist du sauer?“ Kaum hatte er das letzte Wort ausgesprochen wirbelte ich zu ihm herum. „Nein! Ich bin nicht sauer!“, fauchte ich. Darauf grinste Felix aber nur irgendwie … doof.
 

„Ach komm schon. Was regst du dich denn so auf?“ Er legte einfach seine Hände auf meine Schultern und zog mich zu sich zurück. Rümpfte dabei leicht die Nase.
 

„Du bist wirklich zu süß“, seufzte er, „aber auch verdammt zickig.“ Das musste ich mir jetzt wirklich nicht anhören. Ich löste mich einfach von ihm und wollte gehen. Leider kam ich nicht weit.
 

Wieder hielt er mich fest. „Willst du mit in mein Zimmer kommen? Picco wird wohl auch nicht da sein.“ Ich schluckte. Ganz allein mit ihm? Da wäre es mir wohl mit dem Italiener noch sicherer gewesen. Und trotzdem stimmte ich zu. Vielleicht war es eine dumme Idee.
 

Jamie’s PoV
 

Ich seufzte herzzerreißend, als ich nach über einer Stunde es auch endlich aus unserem Zimmer schaffte. Ich hätte mich wohl einfach nicht mehr hinlegen sollen. Dann wäre ich vielleicht auch nicht mehr eingeschlafen. Da war es gerade zu gemütlich geworden. Aber ich hatte doch zu Sean gesagt, dass ich noch nachkommen würde. Weiter als bis zum Aufenthaltsraum würde er schon nicht gekommen sein. Zu irgendjemand ins Zimmer ging er aber sicher nicht mit. Nicht nach dem, was ihm mit Steve passiert war. Ich konnte mir eigentlich kaum vorstellen, dass er einem der anderen Jungs überhaupt noch vertraute.
 

Doch dann war ich im Aufenthaltsraum und es sah nicht gerade so aus, als ob mein kleiner Waliser hier wäre. Nur ein paar Jungs saßen vor dem Fernseher und zockten, wie es aussah PlayStation. War ja auch eine schöne Beschäftigung. Auch wenn es nie wirklich anständige Spiele gab. Das Höchste der Gefühle war Need for Speed Underground.
 

Ich setzte mich für einen Moment zu ihnen, aber auch nur, weil ich sie alle kannte und mir sicher sein konnte, dass ich es weder mit einem von ihnen noch mit ihrem Zimmergenossen bis jetzt getrieben hatte.
 

„Hey, Jamie. Kann es sein, dass du jemanden suchst?“, fragte da auf einmal einer. „Hey, Tyler, ja, ich such jemanden“, erwiderte ich, als ich den Jungen erkannt hatte. Auch wenn ich gerade keine große Lust hatte, mich mit ihm zu unterhalten.
 

„Sean vielleicht?“, bohrte er da aber schon weiter. „Jupp“, kam meine knappe Antwort. „Der ist bei Felix.“ Ich riss den Kopf zu dem Braunhaarigen herum. „Er ist wo?“, stieß ich aus, als ich aufsprang. War wohl auch deswegen daran schuld, dass gerade der silberne Audi TT mit den giftgrünen Unterbodenbeleuchtung und dem blauen Blitzen an den Seiten auf dem Fernsehbildschirm eindeutig von der Fahrbahn abkam und sich überschlug. „Jamie, du verdammter Motherfucker!“, brüllte der blonde Junge, der gerade das JoyPad in der Hand gehabt hatte. Es kam mir irgendwie so vor, als ob er gleich in Tränen ausbrechen würde. „Sorry“, erwiderte ich nur, als ich dabei zusah, wie das 1st ganz oben in der Ecke sich langsam in ein 6th umwandelte.
 

Doch ich wendete mich schon in der nächsten Sekunde wieder Tyler zu. Packte diesen sofort an der Schulter und zog ihn aus dem Raum.
 

„Das war jetzt gerade nur ein Witz!“, zischte ich. Aber der andere schüttelte nur den Kopf. „Er ist vor guten 10 Minuten mit Felix mitgegangen.“ Tyler machte sich daraus wohl nichts. War ja nichts ungewöhnliches, das zwei Jungs zusammen hier durch die Gänge liefen.
 

Aber ich war mir da schon ganz anderen Dingen bewusst. Felix war sicher stinksauer, dass ich mich einfach so an Piccolo ranschmiss. Er würde sicherlich die Finger nicht still halten können, wenn er mit Sean alleine war. Den kleinen Briten konnte man doch wirklich nirgends ohne Aufsicht hingehen lassen. Die fielen hier nur alle, wie die wilden Tiere über ihn her.
 

„Weißt du wo sie hin sind?“ Kaum hatte ich die Frage ausgesprochen schüttelte Tyler auch schon den Kopf. „Was machst du überhaupt für eine Panik. Felix wird deinem Sean schon nicht den Hals umdrehen.“
 

Das wohl nicht. Aber er könnte ihm wohl mehr wehtun.

Italien hilft

Kapitel 17 – Italien hilft
 

Sean's PoV
 

Eigentlich hätte ich es mir denken können. Jedes Zimmer in diesem Internat sah gleich aus. Zumindest war es gerade so beim Zimmer von Felix und Piccolo. Der gleiche grässliche Holzfußboden, wie bei mir und Jamie. Die gleichen steinalten Schreibtische – nur das auf dem ein Käfig mit zwei Ratten darin stand. Der gleiche Schrank. Und natürlich die gleichen quietschenden Betten. Da nahm doch die Floskel 'Das Bett zum Quietschen bringen' eine ganz andere Bedeutung an.
 

Ich seufzte, als ich auf eins der Betten sank. Eigentlich wusste ich gar nicht, ob es das von Felix oder das von Piccolo war. Aber so recht, war das mir momentan egal. Ich wollte mich nur einmal richtig ausstrecken.
 

Genüsslich kuschelte ich mich in das Kissen. Beachtete den Schwarzhaarigen fast gar nicht mehr. Ich wollte mich nur noch etwas entspannen. Mehr nicht. Vielleicht auch ein bisschen nachdenken. Da hatte ich ja durch Piccolo wieder etwas dazu bekommen.
 

Jamie trieb es also mit jedem hier - oder fast jedem. Deswegen hing er sich also an mich so ran. Wahrscheinlich wollte er mich nur rumkriegen. Nur damit ich mit ihm in die Kiste stieg und mich auch noch schön von ihm durchvögeln ließ. Dieser Dreckssack. Wahrscheinlich tat er auch noch nur deswegen so nett mit mir.
 

Er war nur ein Arschloch. Mehr nicht. Ein verdammtes, sexabhängiges Arschloch.
 

Ich schlang die Arme enger um das Kissen. Da riss mich aber Felix auf einmal aus meinen Gedanken. „Mach es nicht kaputt“, meinte er lächelnd.
 

Langsam ließ ich das Kopfkissen wieder los. Setzte mich etwas mühsam auf. Blickte zu Felix auf. Er stand direkt vor mir. Lächelte so herzhaft. Das war ein richtig ehrliches Lächeln. So eines hatte Jamie auch so oft aufgelegt. Vielleicht war es bei ihm nur gestellt.
 

Ich schluckte, als sich der Deutsche neben mich setzte. „Nimm es Jamie nicht so übel, dass er es einfach mit jedem treibt. Er ist eben so.“ Da wurde ich schon hellhörig. „Und wieso?“, wollte ich wissen. Wartete schon richtig gespannt auf Felix' Antwort. „Weil er schon eine ganze Weile hier ist. Drei Jahre müssten es ungefähr sein.“ Ich hm-te jetzt nur als Antwort. Das war nicht gerade etwas, was ich erwartet hatte.
 

„Und immerhin wird er noch eine ganze Weile hier bleiben. Aber kein Wunder bei dem was er angestellt hatte.“ Wieder hörte ich auf. „Was hat er überhaupt gemacht?“, fragte ich. Das hatte mir immerhin Jamie bis jetzt noch nicht gesagt. Musste wohl schon etwas wirklich Hartes gewesen sein.
 

„Er hat es dir noch nicht erzählt?“ - Ich schüttelte sofort den Kopf. - „Dann sollte man dich vielleicht endlich mal aufklären, immerhin bist du jetzt schon mehr als drei Wochen hier.“ - Einmal atmete Felix tief durch, bevor er weiter redete. - „Es heißt ... er hat einen Kerl erschossen.“
 

Mein Atem stockte. Das war sicher nicht wahr. Sicher nur ein Gerücht. Die gab es hier sicherlich für jeden. Möglicherweise ging sogar von mir schon eins um. Es würde mich nicht wundern.
 

Aber so ein Gerücht sollte nicht weiter verbreitet werden. Das war doch eigentlich nur unfair gegen über den, dem das Gerücht galt.
 

Ich seufzte. Aber wer verbreitet schon nicht gerne solche Geschichtchen über irgendjemanden. Es war doch eigentlich das Schönste auf der Welt. Ich war da jedoch einfach nicht so. Vielleicht, weil ich früher oft wegen so etwas ziemlich in die Mangel genommen wurde. Einfach weil solche Geschichten mir galten. Weil über mich irgendwelcher Unfug verbreitet wurde. Viel zu oft.
 

„Das stimmt doch nicht“, meinte ich und lachte trocken auf. Aber ich bekam keine Antwort mehr. Felix drückte mich zurück aufs Bett. Was sollte das denn jetzt werden?
 

„Geh von mir runter“, kicherte ich erst. Konnte die Lage gar nicht so richtig erfassen. Es kam mir fast so vor, als ob er mit mir nur etwas rangeln wollte. Nur weil wir schon 16 oder 17 Jahre alt waren, mussten wir das doch nicht unbedingt nicht tun dürfen. Oder?
 

Doch da wurde er ruppiger zu mir. Drückte mich aufs Bett. Immer fester. Im ersten Moment kicherte ich noch. Aber dann begann es weh zutun.
 

„Felix, lass mich los!“, bat ich. Jedoch machte er das nicht. Zwang mir auf einmal seine Lippen auf. Drückte seine Zunge gegen meine Lippen. Verlangte Einlass. Doch ich wagte es nicht meinen Mund auch nur einen Millimeter zu öffnen. Drehte nur abrupt den Kopf weg.
 

„Lass. Mich. Los!“, knurrte ich. Doch sein Griff wurde nur noch fester. „Komm schon, Sean-Baby. Du willst es doch auch.“ Ein Grinsen bildete sich auf seinen Lippen. Auf einmal war es so dreckig und so verdammt eklig. Es widerte mich an. Wieso änderten sich so viele Menschen in meiner Gegenwart oder verstellen sich? Konnte denn niemand so sein, wie er wirklich war? Auch zu mir?
 

„Verdammt! Lass mich los!“, zischte ich. Wie gerne hätte ich um mich geschlagen oder getreten. Aber solange Felix auf mir saß und mich festhielt, ging keines von beiden.
 

„Du willst es! Du bist doch so eine kleine Schlampe! Genauso wie Piccolo! Ihr süßen Typen seid doch immer so.“ Er zwang mir wieder seine Lippen auf. Drang dieses Mal mit seiner Zunge in meinen Mund ein. Drückte die meine gewaltsam zurück.
 

Ich keuchte, als er wieder von mir abließ. Nicht aus Lust. Aus Angst. Verdammt. Ich war ein kleiner Hasenfuß. Hatte immer gleich vor jedem Panik, wenn er mich nur falsch anrührt. Aber wer würde auch etwas anderes gegenüber so jemanden empfinden. Nur traf mich so etwas, wie Angst, immer ziemlich hart. Und ich konnte mich nicht einmal mehr wehren. Ließ dann einfach alles über mich ergehen. Ich Idiot.
 

Wieder verließ ein Keuchen meine Kehle. Den Grund kannte ich nicht wirklich. Vielleicht, weil Felix angefangen hatte mich zu streicheln. Zumindest ging er nicht so schnell ran, wie Steve. Aber trotzdem war mir das alles zu schnell. Ich wollte doch gar nicht.
 

„Da willst du ja doch.“ Für einen Moment ließ der Schwarzhaarige von mir ab. Ob er es bemerkte, dass sich Tränen in meinen Augen sammelten? Ob er die Angst in meinem Blick sah? Vielleicht würde er aufhören, wenn er es bemerkte.
 

Ich wollte nicht. Nein. Überhaupt nicht. Was dachte er denn von mir? Nur weil ich etwas keuchte. Wenn er mich aber schon so anfasst? Wie sollte ich denn sonst reagieren?
 

„Bitte, hör auf.“ Meinte Stimme war zu einen Flüstern geworden. Verflucht. Was war ich denn für eine Memme.
 

„Tu doch nicht so. Du stehst doch hundertprozentig auf SM.“ Ich hielt für einen Moment die Luft an, als er das sagte. Wie kam der denn auf so eine Idee? Ich und Sadomaso? Der spinnte doch!
 

„Lass ... mich ... los!“ Meine Stimme wurde wieder fester. Etwas zumindest. Da hatte ich mir aber schon eine Ohrfeige eingefangen. „Also Picco findet das geil“, hauchte er mir ins Ohr.
 

„Ach ja, ich finde das geil.“ Diese Stimme kannte ich doch. „Piccolo“, flüsterte ich. Atmete fast schon erleichtert auf.
 

„Was willst du denn jetzt hier? Du wolltest doch zu deinem Jamie und dich mal wieder von ihm durchvögeln lassen!“, zischte Felix. Stand auf und ging einfach auf Piccolo zu. Baute sich vor ihm auf.
 

Ich blieb regungslos auf dem Bett liegen. Wagte es nicht mich zu bewegen. Zumindest für einen Moment.
 

„Ich kann es nicht ausstehen, wenn du einfach so über irgendjemanden herfällst. Zumindest fragen, ob der will, könntest du.“ Der Italiener sagte das einfach so. Drückte sich auch gleich an Felix vorbei zu mir. Hielt mir die Hand hin um mir hoch zu helfen. Die ich dann auch gleich dankend annahm. Erst als ich stand merkte ich meine weichen Knie.
 

„Du bist wohl besser bei unserem Jamie aufgehoben.“ Immer noch hatte Piccolo meine Hand umklammert. Ließ sie gar nicht mehr los. Auch nicht, als er mich an Felix vorbei nach draußen zog. Er würdigte ihm keines Blickes.
 

„Er meint es nicht so. ... Nur seit ich eben mit Jamie schlafe ... kriegt er nicht mehr sehr oft etwas von mir ab“, erklärte mir Piccolo, als wir den Gang entlang gingen, der jetzt schon von Scharen von Schülern gefüllt waren. Nach draußen ging wohl niemand sehr gerne. Obwohl es hier drin wohl auch nicht gerade kühler war. Eher durch die stickige Luft sogar noch heißer.
 

„Und wie passt das Jamie? Er weiß doch, dass du nicht ihm gehörst.“ Der Italiener blieb stehen, als ich das fragte. Atmete einmal tief durch. „Darüber will ich hier gar nicht reden. Ich sag dir das ein andermal. Ok?“ Er blickte mich fragend an. Bis ich nickte.
 

„Das Einzige, was ich dir sagen kann, ist, dass wir das schon geregelt haben“, meinte er nur, als wir weitergingen. Immer noch umschlossen seine Finger meine Hand fest. Jedem, der mich auch nur komisch ansah, warf er einen bösen Blick zu. Irgendwie fühlte ich mich bei Piccolo gerade zu sicher. Ihn machte wohl keiner blöd an.
 

Auf einmal löste er den Griff um meine Hand. Ich hatte schon Angst, dass er mich hier jetzt einfach stehen lassen wollte. Ich sog die Luft mit einem leichten Zischen ein. Da legte er mir aber schon den Arm um die Schultern. „Ich denke mal, Jamie ist nicht so ... grässlich, wie du vielleicht jetzt von ihm denkst. ... Eigentlich ... ist er ganz handzahm. Man muss ihn nur kennen.“ Ich nickte, nur um zu zeigen, dass ich ihm zuhörte.
 

Jamie's PoV
 

Ich war zu erst zum Zimmer von Piccolo und Felix gelaufen, wo ich aber nur noch Letzteren antraf, der mir auch nur wütend sagte, dass doch dieses kleine, italienische Arschloch den süßen Briten schon wieder geholt hätte – so sagte er er es zumindest fast wörtlich. Er klang schon nicht glücklich darüber, dass ich vor ihm stand. Aber über die Tatsache, dass Piccolo ihm sein Spielzeug einfach so mitgenommen hatte, war er wohl auch nicht besser gestimmt worden.
 

Ich wartete gar nicht darauf, dass er mir jetzt vielleicht noch ein paar Beleidigungen an den Kopf warf. Lieber machte ich mich auf dem kürzesten Weg zurück zu unserem Zimmer. Himmel. Jetzt nannte ich mich und Sean schon 'uns'. Das würde ihn wohl nicht passen. Aber egal. Wie sollte ich es denn sonst nennen?
 

Schon, als ich vor meiner und Seans – das klingt verdammt doof – ankam hörte ich von drinnen Stimmen. Fast schon fröhliche. Eine erkannte ich sofort, als die des Blonden. Der andere war wohl Piccolo. Wer sollte es aber sonst sein?
 

Ohne anzuklopfen – war doch auch mein Zimmer – betrat ich den Raum. Sofort brach das Gelächter der beiden Jungen ab. „Hey, Jamie“, begrüßte mich Piccolo, wohingegen mich Sean nicht einmal ansah.
 

„Der kleine Rumtreiber ist also auch wieder da“, gab ich nur von mir. Das animierte den Waliser aber auch nicht gerade dazu, zu mir zu sehen. „Du lässt ihn aber auch einfach so allein.“ Picco warf mir einen ziemlich zweideutigen Blick zu und trotzdem verstand ich nicht, was er meinte.
 

„Was ist denn passiert?“, wollte ich wissen. Blickte zwischen den beiden hin und her. Wobei Sean immer noch in die genau andere Richtung sah. „Würde es dir reichen, wenn ich sage, dass sich Felix an deinem Kleinen vergreifen wollte.“ Das reichte mir wirklich voll und ganz aus. Wenn ich ihm nur gerade eben gleich eine in die Fresse gehauen hätte.
 

„Na dann lass ich euch das jetzt wohl alleine ausdiskutieren.“ Und mit diesen Worten stand Picco auch schon auf und marschierte an mir vorbei. Aber nicht ohne mir einen Klaps auf den Hinterkopf zu geben und mit bestimmenden Unterton zu sagen: „Lass ihn nicht mehr allein.
 

Kaum war Piccolo weg, ging ich zu Sean. Er wollte mich wohl gar nicht ansehen. Und trotzdem legte ich ihm behutsam einen Arm um die Schultern. Zog ihn etwas zu mir.
 

„Hat er dir wehgetan?“, war das erste, was ich ihn fragte. „Nein“, bekam ich auch gleich als Antwort. Etwas gereizt klang es.
 

Ich legte meinen Kopf an seine Schulter. Rieb ihn leicht daran. Nur eine Minute später sah ich auf. Ich spürte gerade zu seinen Blick auf mir lasten. Und es fühlte sich nicht im Ansatz gut an.
 

„Stimmt es, dass du jemanden erschossen hast?“, fragte er da auf einmal. Leicht biss ich mir auf die Unterlippe. Nickte dann. „Es ist aber nicht so, wie es sich vielleicht anhört.“ Es war eine blöde Ausrede. Aber ich hatte diesen Kerl nicht einfach so getötet. Es war mehr oder weniger ein Versehen.
 

„Wieso hast du mir das nicht gesagt?“ Ich schreckte aus meinem Gedanken hoch. „Weil ... weil du nicht gefragt hast“, antwortete ich abrupt. Das war wohl das Dümmste, was man darauf sagen konnte.
 

Ich atmete einmal tief durch. „Hast du dir als Kind nie überlegt, einfach mal auf böser Räuber zu machen?“, wollte ich wissen. Er schüttelte darauf nur den Kopf. „Ich und meine Freunde wollen das immer einmal machen. Und wir haben es getan. ... Wir wollten eine Bank überfallen. ... Dafür hatte ich sogar die Waffe meines Vaters geklaut. ... Es ist alles glatt gelaufen, bis dieser verdammte Typ am ... dritten Schalter auf einmal den Alarm ausgelöst hatte. ... Da hatte ich Panik bekommen. Und irgendwie ist ein Schuss losgegangen. ... Den Rest kannst du dir wohl denken.“
 

Ich legte meinen Kopf wieder an seine Schulter. Eine angenehme Wärme umgab mich, als er seinen Arm vorsichtig um mich legte.
 

„Hat Felix dir wirklich nicht wehgetan?“, fragte ich erneut. Nur um irgendwie das Thema wechseln zu können. „Er hat mich nur etwas auf ein Bett gedrückt. Mehr nicht“, gab er jetzt von sich.
 

„Wollte er ... na ja, wollte er mit dir schlafen?“, wollte ich wissen. Da nickte er auch schon. Dafür würde er bezahlen. Steve hatte ich nicht mehr erwischt. Der traute sich nicht einmal mir auf dem Gang entgegen zu kommen. Gerade eben hatte ich ihn gesehen und da war er geradewegs abgebogen. Aber Felix würde ich schon zwischen die Finger bekommen. Und dann würde ich ihm persönlich eine in die Fresse hauen.
 

Niemand – außer mir – würde Sean anrühren. Solange er etwas nicht freiwillig tat. Jeder, der ihn zu etwas zwang, was er nicht wollte, würde ich höchstpersönlich auf die Krankenstation prügeln. Darauf könnte derjenige Gift nehmen.

Prügelbrüder

Kapitel 18 – Prügelbrüder
 

Sean's PoV
 

Jamie ließ mich kein einziges Mal mehr aus den Augen. Keine Sekunden. Den ganzen Tag über. Immer wieder umklammerte er meine Hand. Ließ mich gar nicht mehr los. Selbst als wir zusammen im Aufenthaltsraum saßen, konnte er sich nicht von mir lösen. Immer wieder drückte er mich nur an sich, während wir den paar Jungs beim PS2 spielen zusahen. Das Game kannte ich nicht. Sah aber ziemlich einfach aus.
 

„Willst du auch mal?“, fragte mich da aber schon einer der Jungen. „Äh, na ja, ... eigentlich schon“, antwortete ich zaghaft. Mühsam bildete ich ein Lächeln. Da drückte mir der Braunhaarige aber auch schon das JoyPad in die Hand. Einige der anderen begannen zu kichern. „Kaum packst du es nicht mehr, schon lässt du den Neuen ran. Oder wie sieht das jetzt aus, Edward?“, fragte ein Schwarzhaariger. Jamie hatte ihn mir kurz zuvor als Sebastian vorgestellt. Er ging in eine der niedrigeren Klassen. „Halt die Klappe, Kleiner“, zischte Edward. Stand mürrisch auf und verzog sich auf eine der Bänke in der Ecke, wo noch einige andere Jungs ein Plätzchen gefunden hatte.
 

Ich atmete einmal tief durch. Das konnte ja wirklich nicht so schwer sein. Man musste nur auf einem Snowboard einen verschneiten Hang hinunterrauschen und sich dabei nicht von der Bergwacht erwischen lassen. Am besten noch mit ein paar Stunts so viele Punkte, wie möglich bekommen, damit man andere Strecken freischalten konnte. Einfach. Oder?
 

Schon nach ein paar Minuten hatte ich es wirklich drauf. Da hatte sich auch Edward wieder zu uns gesellt. Die meisten kicherten, kaum dass er sich neben mich setzte. „Er ist besser, als du!“, meinte ein dunkelhaariger Junge und lachte schon im nächsten Moment los.
 

Edwards Augen blitzten böse auf. Da wollte ich es mal nicht auf mehr ankommen lassen. Drückte ihm das JoyPad wieder in die Hand. „Kannst wieder“, meinte ich nur.
 

Selbst die paar Minuten war mir Jamie keine Sekunde von der Seite gewichen. Nicht den kleinsten Moment lang. Und jetzt zog er mich zu sich zurück. Ich blieb auf seinem Schoss sitzen. Seine Arme schlangen sich um meine Taille.
 

Ich lehnte mich leicht zurück. Kuschelte mich an Jamie. Er war aber auch wirklich richtig warm. Obwohl es schon heiß genug war. Er war trotzdem richtig angenehm.
 

„Geht's dir auch wirklich gut?“, flüsterte er mir ins Ohr. Ich nickte langsam. Sog seinen Duft in mich auf. Der wirkte fast wie ein Betäubungsmittel. Chloroform war geradezu ein Dreck dagegen. Mir wurde richtig schwummrig. Zum Glück viel es hier nicht gerade zu groß auf, wenn ich mich zu sehr an ihn kuschelte. War doch ohnehin normal.
 

Ich spürte Jamies Finger auf meinem Schritt. Wie ein sanfter Schauer durchfuhr es meinen Körper. Ließ mich leicht zusammenfahren. Aber die Entspannung kam auch genauso schnell wieder. Da hatte der Amerikaner seine Hände jedoch schon längst wieder zurückgezogen. „Sorry“, nuschelte er.
 

Tat es ihm wirklich leid? Tat ihm alles leid? Jede zu tief gehende Berührung? Momentan kam es mir so vor. Er wollte mich nur im Arm halten. Vielleicht sogar beschützen. Obwohl ich ihn dafür viel zu wenig kannte. Und dennoch kam es mir in machen Momenten gerade so vor, als ob ich ihn schon jahrelang bei niemand anderem wäre.
 

„Gehen wir uns etwas die Füße vertreten, bevor du einschläfst.“ Jamie riss mich aus meiner kurzen Schlaftrunkenheit. „Können wir machen“, meinte ich nur und raffte mich schon im nächsten Moment auf.
 

Sofort legte Jamie mir den Arm um die Taille, als ob er andeuten wollte, dass sich ja keiner zu uns hertrauen sollte und sich erst recht niemand an mich heran wagen sollte. Das gab mir Sicherheit. Es fühlte sich richtig gut an, dass ich jemand hatte, der mich so schützte.
 

Wir schlenderten nur so die Gänge entlang. Fest umklammerte er meine Hand. Glitt immer wieder mit dem Daumen über meine Finger. Ich ließ ein leises Seufzen laut werden, als wir an der Eingangstür vorbei gingen. „Willst du raus?“, fragte da schon Jamie. Ich nickte zaghaft.
 

Schon eine Minute später lagen wir in dem weichen, grünen Gras. Blickten in den Himmel in dem sich keine einzige Wolke abzeichnete. Gerade deswegen brannte eigentlich die Sonne erbarmungslos auf uns herunter. Ich wusste, dass ich leicht einen Sonnenbrand bekam. Aber in den Schatten wollte ich deswegen auch nicht.
 

„Du wirst noch krebsrot“, meinte auf einmal Jamie. Er blickte mich prüfend an. „Wie kommst du darauf?“, fragte ich auch gleich. Da lachte er nur. „Weil ihr in eurem schönen Großbritannien doch 12 Monate mehr oder weniger in einer Tropfsteinhöhle lebt.“ Er grinste und genau das erwiderte ich so.
 

„Es scheint auch manchmal die Sonne.“ Er tat richtig überrascht, als ich das sagte. „Ach echt, kann ich mir kaum vorstellen.“ Ich begann zu kichern. So überzeugend musste er das auch nicht machen.
 

Da zog er mich aber auch schon hoch. „Gehen wir lieber in den Schatten. Ich will nicht verantwortlich dafür sein, dass du dir einen Sonnenbrand holst. Das könnte aber wohl deiner Schönheit gar keine Abbruch tun.“
 

Das ich wohl jetzt schon etwas rot wurde – was aber sicher nicht an der Sonne lag -, konnte man sich wohl vorstellen. Dass ich so etwas, wie 'Schönheit' besaß, hatte mir auch noch nie jemand so ungezwungen gesagt. Natürlich hörte man das oft von seine Eltern, auch wenn es mir nur gesagt worden war, als ich noch klein war – mit sechs oder sieben Jahren das letzte Mal -, aber es fühlte sich natürlich bei jemanden, der nicht mit einem verwandt war, ganz anders an.
 

Konnte es vielleicht sein, dass da etwas tieferes zwischen mir und Jamie anfing aufzublühen. Eigentlich ging das nicht. Nicht nach drei Wochen. Ich kannte ihn doch wirklich kaum.
 

Gemeinsam setzten wir uns unter eine Baum. Jamie lehnte sich an den Stamm. Seine Augen schweiften zur Krone hinauf. Da bildete sich auch schon ein Lächeln auf seinem Gesicht. „Die Kirschen reifen schon.“ - Aus dem Lächeln wurde ein Grinsen. - „Willst du ein paar?“ „Gerne“, kam viel zu schnell meine Antwort. Wie wollte er die den runter holen? Dafür müsste er doch raufklettern.
 

Und genau das tat er. So schnell konnte ich gar nicht schauen, saß Jamie schon auf einem der unteren Äste, die aber locker zwei Meter vom Boden entfernt lagen.
 

„Tu dir nicht weh!“ Ich war aufgesprungen und blickte zu ihm hinauf, wie er sich wie eine Katze durch die Zweige kämpfte. Immer wieder ein Stückchen höher. „Hier oben war ich schon oft“, erhielt ich nach einigen Sekunden, als Antwort.
 

Und nur ein paar Minuten später stand er schon wieder neben mir. Ohne sein T-Shirt. In dem hatte er seine Kirschen gesammelt, von denen er mir großzügigerweise welche anbot. Immerhin hatte er sie doch auch für mich geholt.
 

„Lass es dir schmecken“, säuselte er, als er mir eine der roten Früchte in den Mund schob. Mir dabei einen Arm um die Taille legte und seine Kopf gegen meine Schulter drückte. Vor Schreck schluckte ich gleich den Kern mit hinunter.
 

„Hast du jetzt den Stiel auch mitgegessen?“ Mit gehobener Augenbraue blickte Jamie mich an, als ich langsam nickte. „Dann verhungerst du zumindest einmal nicht.“
 

Sein Kopf landete wieder ein meiner Schulter. Und seine Arme schlangen sich enger um meine Taille. Eigentlich wollte ich ja noch ein paar der süßen Kirschen essen. Aber die lagen gerade etwas zu weit von mir weg. Auch wenn es nur knappe 30 cm waren, doch durch Jamie konnte ich mich kaum bewegen.
 

Sein Griff wurde spürbar enger. Wollte er mich vielleicht erdrücken? Oder war ich ihm einfach etwas wert, dass er mich deswegen nicht loslassen wollte?
 

Je fester seine Umarmung wurde, je unangenehmer fühlte es sich irgendwie für ich an. Zum Glück hatte er sich aber zumindest sein Shirt wieder angezogen.
 

„Der Motherfucker und seine Schlampe!“, rief da aber auf einmal jemand. Bei der Stimme zuckte ich nur zusammen.
 

Jamie's PoV
 

Eigentlich kam er ja ungelegen. Ich hatte gerade Sean so schön im Arm, auch wenn der irgendwie etwas keuchte. Vielleicht drückte ich etwas zu sehr zu.
 

Aber ich hatte auch wirklich große Lust diesem Dreckssack so richtig eine in die Fresse zu hauen. Verdient hätte er es ja.
 

Abrupt ließ ich Sean los, der mir im ersten Moment nur verwirrt hinterher sah, als ich auf Felix zuging und genüsslich die Fingergelenker knacksen ließ. Es war zwar verboten sich zu prügeln, aber das Nachsitzen würde ich dann auch genießen. Mit der festen Annahme, dass ich Felix zumindest die Nase gebrochen hatte. Und das würde ich jetzt auf alle Fälle schon einmal vorbereiten.
 

Ich baute mich vor dem Deutschen auf, der mich nur völlig desinteressiert ansah. „Willst du was?“, zischte er.
 

Ich stieß ihn ein Stück von mir weg. „Verzieh dich und lass deine dreckigen Finger von Sean.“ Ich sagte es fast schon ruhig. Dabei kochte ich. Felix konnte ich mit seiner Art noch nie ausstehen. Er war mir manchmal viel zu überheblich. Dachte immer, er wäre etwas besseres, als alle anderen. Dabei wäre er doch auch beinahe im Knast gelandet. Genauso, wie die meisten hier. Er war keinen Funken besser.
 

„Und was wenn ich es doch tue?“ Ein wütender Unterton lag ich seiner Stimmen. Der passte mir noch weniger, als das kurze Aufblitzen seiner Augen.
 

Ich packte ihn am Shirt. „Dann macht dich auf eine Abreibung gefasst“, knurrte ich. War nur noch ein paar Zentimeter von seinem Gesicht entfernt.
 

Doch Felix riss sich einfach von mir los. Marschierte genüsslich an mir vorbei. Blieb schließlich vor Sean stehen, der schon längst aufgesprungen war und immer weiter zurückging. Aber irgendwann erstarrte er regelrecht.
 

Felix streckte die Hand nach ihm aus und streichelte über seine Wange. Mit einen Grinsen wendete sich der Deutsche wieder zu mir. „Oh, ich hab ihn angefasst“, meinte er hämisch. Da platze mir der Kragen. Ich stürzte mich einfach auf ihn. Schlug ihn mit den Fäusten ins Gesicht, als ich ihn zu Böden gedrückt hatte.
 

Auf einmal hielt mich aber jemand am Arm fest. „Jamie, hör auf“, wimmerte Sean. Ich hätte ihn beinahe einfach weggestoßen. Konnte mich nur gerade so zurückhalten, es nicht einfach zu tun und weiter auf Felix, auf dessen Hüfte ich saß, einzuprügeln.
 

Ich atmete einmal tief durch, bevor ich wieder aufstand. Mit einem wütenden Knurren – und eine blutigen Nase – rutschte der Schwarzhaarige von mir weg. „Du ... du ... Freak!“, fauchte er. Mehr kam aber schon nicht. Große Klappe, aber nichts dahinter?
 

„Hunt! Schulz! Nachsitzen!“, ertönte da aber schon eine gereizte Stimme. Ich begann nervös auf meiner Unterlippe zu kauen. Das konnte ja noch lustig werden. Mr. Miller hasste mich doch ohnehin schon. Und dann musste der mich auch noch erwischen.
 

„Smith, Sie können gehen!“, schnauzte er Sean an, der im ersten Moment nur zu mir aufsah. „Geh!“, formte ich stumm mit den Lippen. Und da machte er schon auf den Haken kehrt. Vielleicht würde er Picco begegnen. Der würde schon auf ihn aufpassen.
 

Erst als Sean außer Hör- und Sehweite war, wendete sich Mr. Miller wieder an mich und Felix. „Welches Pferd hat Sie beide eigentlich getreten, dass Sie sich hier prügeln?“, fauchte er.
 

Nebeneinander standen wir vor ihm. Beide den Blick auf den Boden gerichtet. Keiner wagte es etwas zu sagen. Immer wieder blickten wir uns nur wütend aus den Augenwinkel an. Dann schluckte ich. „Er hat Sean blöd angemacht“, meinte ich. Spürte schon wieder den giftigen Blick von Felix Seite.
 

„Und dann stürzen Sie sich gleich auf ihm und schlagen ihm die Nase blutig, Hunt?“ Ich schluckte wieder. Was sollte ich denn darauf sagen? Kaum die Wahrheit. Ich war keine Petzte. Wollte ich nie sein.
 

„Sie, Schulz, gehen ins Krankenzimmer und lassen sich das einmal anschauen und Sie, Hunt, kommen gleich mit mir mit. Dann können wir mal wieder einen Termin ausmachen, den sie gerne ihren Prügelfreund sagen können.“ Ich nickte nur. Mit Felix wollte ich gar nicht nachsitzen. Diesen Dreckssack würde ich viel lieber die nächsten Tage nicht einmal auf 100 Kilometern begegnen.

Noch eine zweite blutige Nase

Kapitel 19 – Noch eine zweite blutige Nase
 

Sean's PoV
 

Ich war nur bis in die Eingangshalle gegangen. Weiter wollte ich nicht. Konnte ich gar nicht. Meine Füße bewegten sich keinen Meter mehr irgendwo hin. Und einen großen Drang, jetzt irgendwo hin zu gehen, hatte ich auch nicht. Ich sollte wohl hier lieber auf Jamie warten. Einen Versuch war es wert.
 

Ich setzte mich auf eine Bank. Immer wieder wuselten einige Jungen – manchmal einzeln, gelegentlich auch in kleineren Grüppchen an mir vorbei. Gelegentlich begannen ein paar zu tuscheln, wenn sie mich sahen. Die redeten wohl über mich. Und das noch nach über drei Wochen. So interessant war ich doch auch nicht mehr. Langsam musste es ihnen doch langweilig werden.
 

Langsam zog ich die Beine mit auf die Sitzfläche. Schlang die Arme darum und legte den Kopf auf die Knie. Sah ein paar Jüngeren dabei zu, wie sie wohl angestrengt über etwas diskutierten. Gelegentlich warf mir einer von ihnen einen Blick zu. Wendete den aber schon in der nächsten Sekunde wieder ab. Ich könnte gelegentlich schwören, dass der ein oder andere rot wurde. Aber aus der Entfernung – gut 10 Meter – bildete ich mir das sicher nur ein.
 

Ein Seufzen verließ meine Kehle. Es war doch nur meine Schuld. Nur weil ich ... was eigentlich? Was hatte ich gemacht? Eigentlich doch nur Felix und Steve zu nah an mich heran gelassen. Wenn ich es doch nur gleich nicht darauf angelegt hätte mir Freunde zu suchen. Sie verletzten einen doch nur alle irgendwann. Das hatte ich doch jetzt schon gesehen. Ich kam aber auch immer an die falschen Leute. Es war doch nur mein persönliches Pech. Und dagegen konnte ich eigentlich nichts. Nur Jamie sollte ich da wohl raushalten.
 

„Hi.“ Einer der Jungen, die gerade noch in einiger Entfernung von mir diskutiert hatten, stand jetzt vor mir. Zaghaft lächelte er, als ich aufsah und die Füße wieder von der Sitzfläche gleiten lasse.
 

„Hi“, erwiderte ich nur und ließ den Kopf wieder sinken. Doch der Jüngere ging nicht wieder weg. Langsam hob ich meinen Blick wieder. „Willst du irgend etwas?“, fragte ich. Der andere fuhr sich durch das etwas längere schwarze Haar, das mit leichten roten Strähnen durchzogen war.
 

„Ähm, ich wollte dich was fragen“, meinte er schüchtern. Leicht drückte er seine dünnen Finger zusammen. War er denn nervös? Was wollte er denn dann nur wissen? Musste ja etwas wirklich peinliches sein.
 

„Ja?“, meinte ich nur. Spielte gekonnt interessiert. Immerhin sah er kaum älter als 14 Jahre aus. Da musste ich ja nicht unbedingt überdeutlich zeigen, dass er mich gerade eigentlich nervte.
 

„Ähm ... ich wollte wissen, ob du ... ob du mit mir ... gehen ... willst?“ Mir blieb der Mund offen stehen. Was bildete der sich ein, mich so etwas zu fragen? Er war sich doch im Klaren darüber, dass ich älter war als er.
 

Mir viel wirklich nicht ein was ich sagen sollte. Ja sicherlich nicht. Dafür war er zu jung. Und ich hatte auf so etwas wirklich keine Lust. Ich brauchte gerade jetzt jemanden, der mich beschützen konnte. Und da sah er ziemlich ungeeignet aus, mit seiner genauso schmalen Gestalt, wie ich.
 

„Ich kenne dich doch nicht einmal“, brachte ich nach über einer Minute endlich heraus. Der Jüngere blickte mich nur traurig an. Hatte das jetzt wohl als ein Nein abgetan. So sollte es aber eigentlich nicht klingen. Zwar würde ich wohl nicht einmal mit ihm zusammen kommen, wenn ich mit ihm befreundet wäre. Sein dunkles Haar, das ihm über das linke Auge hing, gefiel mir schon einmal überhaupt nicht. Und die mit schwarzem Kajal umrandeten Augen fand ich einfach nur seltsam. Zwar wirkte so die blaue Farbe der Iris richtig schön, aber es war mir zu ... girlyhaft.
 

„Ok“, gab der Jüngere betrübt von sich und zog schon in der nächsten Sekunde wieder ab. Leicht verwirrt sah ich ihm hinterher. War das jetzt ernst gemeint? So ganz echt? So wie er aber mir aber angesehen hatte, war es wohl kein Scherz gewesen.
 

Ein erneutes Seufzen verließ meine Kehle. Leicht ließ ich meine Beine vor und zurück schaukeln. Immer noch nicht war Jamie oder Felix hier vorbeigekommen. Es konnte doch gar nicht so lange dauern.
 

Mein Blick schweifte zur Tür. Durch die Glasscheibe konnte man die Sonne noch sehen. Langsam ging sie unter. Kam dem Horizont immer näher. Mein Blick wanderte in die andere Richtung. Hier drinnen war es überall so sterilweiß. Das war doch regelrecht eklig. Etwas Farbe wäre eindeutig einmal gut.
 

Ich stand langsam wieder auf. Es hatte wohl gar keinen Sinn noch länger zu warten. Langsam tapste ich die Gänge der höheren Klassenstufen entlang. Kaum war ich wieder ohne Jamie unterwegs, hagelte es regelrecht Blicke.
 

Aber das erste Mal fielen mir auch die paar Jungs – fünf oder sechs - auf, die nicht gerade so aussahen, als ob sie sich gegenseitig befummelten.. Die fassten sich sicher nicht einfach so an. Nicht bei den weite Shirts und Hosen. Fast jeder hatte ein Basecap auf. Und das jeder von ihnen die gleichen rot-weißen Sneekers trug wäre wohl jedem aufgefallen.
 

Ich konnte mir das leichte Grinsen nicht verkneifen, als ich an ihnen vorbei ging. Eigentlich könnten die mir wohl dafür den Hals um drehen. Aber was nicht ging, ging nicht.
 

„Ey, was grinst du so, Pussy!“, zischte mir einer hinterher. Ich blieb stehen. Wendete mich leicht wieder zu den Hip Hopper, was sollten die auch anderes sein, um. „Redest du mit mir?“, fragte ich. Regelrecht höflich.
 

„Genau mit dir rede ich, du kleiner Motherfucker!“, fauchte ein groß gewachsener Kerl mit tiefschwarzen Haar. Irgendwie sah es so aus, als ob er da etwas zu viel Haargel rein bekommen hätte.
 

Und wieder konnte ich mir ein Grinsen nicht verkneifen. Das ging einfach nicht. Doch jetzt hatte ich wohl Pech. Riesen Pech. Mein übliches persönliches Pech eben.
 

„Tut mir Leid ... ich ...“ Gerade wollte ich noch die Arme hochreißen um mich vor dem ersten Schlag zu schützen. Da hatte mich der aber schon längst im Gesicht erwischt und schon gleich darauf der zweite. Ich stolpere ein paar Schritte zurück und sank zu Boden.
 

Einige andere Schüler blieben stehen um sich das Schauspiel anzusehen. Aber keiner hielt diese Kerle zurück, wie sich mich blutig schlugen.
 

„Jetzt darfst du gehen, Pussy!“ Wie weit war fies grinsen eigentlich legal?
 

Ich wischte mir etwas Blut von der Lippe. Toll. Jetzt sah ich auch noch aus, als ob ich eine Klippe hinunter gestürzt wäre. Von dem blauen Auge, das ich wohl kriegen würde, einmal ganz abgesehen. Aber irgendwie hatte ich das doch jetzt verdient. Wieso musste ich auch so sau dumm grinsen.
 

Ich raffte mich hoch, als die fünf Typen um die nächste Ecke gebogen waren. Erst jetzt kamen ein paar der anderen Jungs zu mir und halfen mir auf. Wollten sie zumindest. Aber ich ließ mir gar nicht erst helfen. Jetzt war das ohnehin unnötig.
 

„Sean?“ Ich wirbelte herum. Blickte in die besorgten Augen von Piccolo. Es wurde nur noch besser. Jetzt sah der mich auch noch so. „Himmel. Was haben sie mit dir angestellt?“ Vorsichtig berührte er meine Schläfe. Glitt daran herunter.
 

„Ist nicht so schlimm, wie es aussieht“, murmelte ich. Doch Überzeugung lag nicht wirklich in meinem Blick. „Auf dein Auge sollte man Eis legen. Vielleicht wird es dann nicht ganz so blau.“ Scheinbar hatte er mir gar nicht zugehört. Ich nickte langsam.
 

„Wo ist Jamie?“, fragte er, als er mich zum Krankenzimmer schlief. Wieder einmal hatte er meine Hand fest mit der seinen umschlossen. Dadurch fühlte ich mich ein weiteres Mal richtig sicher.
 

„Bei Mr. Miller.“ Abrupt blieb Piccolo stehen, als ich das sagte. „Was hat er angestellt?“, kam da schon die nächste Frage. Etwas fester drückte er meine Hand. So sehr, dass es fast wehtat.
 

„Er hat sich – mehr oder weniger – mit Felix geprügelt.“ Überdeutlich seufzte der Italiener bei meiner Antwort. „Immer wieder das Gleiche mit den beiden. Sie können sich einfach nicht ausstehen. ... Ging es darum, dass Felix dich angefasst hat?“ Ich nickte nur. Es reichte auch völlig als Antwort.
 

Ein oder zwei Minuten standen wir so mitten im Gang. Zwei Jungen rannten uns sogar fast über den Haufen. Erst als uns der dritte schon fast anrempelte zog mich Piccolo weiter.
 

Erst als wir vor der Tür des Krankenzimmers standen kam es mir. Felix hatte eine blutige Nase gehabt. Der würde doch nicht auch hier sein.
 

Jamie's PoV
 

Ich marschierte hinter Mr. Miller her. Sein Büro oder genauer genommen sein Zimmer in dem er jedes Jahr wohnte war in der hintersten Ecke des gesamten Gebäudes. Und ich war wohl diesen Weg schon oft genug hinter ihm hergegangen. Gelegentlich kam er mir länger vor.
 

„Wieso haben Sie sich wirklich mit Schulz geprügelt?“, fragte der Lehrer, als er die Zimmertür aufschloss. Ich sah weg und begann leicht auf meiner Unterlippe zu kauen.
 

„Bekomme ich einmal eine Antwort?“ Mr. Miller stieß die Tür auf. Ging aber nicht hinein. Er wartete wohl wirklich noch darauf, dass ich etwas erwiderte. Einmal atmete ich tief durch. „Weil er ... weil er Sean gestern versucht hat zu vergewaltigen“, flüsterte ich. Kaum hörbar. Aber wie es aussah verstand es der junge Lehrer. Fuhr sich mit der Hand durch das tiefschwarze Haar.
 

„So etwas hab ich mir schon gedacht“, meinte er da. Wies mich dazu an, den Raum zu betreten, was ich schließlich auch tat. Wartete aber vor dem Schreibtisch aus dunklen Ebenholz darauf, dass ich mich setzen sollte.
 

Mr. Miller sank aufs Bett. Blieb auf der Kante sitzen und massierte sich die Schläfe. „Was soll man nur noch mit dir machen?“, seufzte er. Das war das erste Mal, dass er mich duzte. Fühlte sich wirklich seltsam an. Es war normal, dass hier alle Schüler – egal wie alt sie waren – gesiezt wurden.
 

Ich stützte mich auf der Tischplatte ab. Jeder wusste, dass ich manchmal einfach leicht ausrastete und dann einfach auf jemanden einprügelte. Genauso, wie das ich wohl wirklich mit der halben Schülerschaft schon in der Kiste war.
 

„Schmeißen sie mich doch einfach raus. Dann lande ich eben im Knast“, gab ich zur Antwort. Obwohl ich mir sicher war, dass er eher mit sich selbst, als mit mir, gesprochen hatte. Ein Seufzen kam mir über die Lippen.
 

„Das werden wir sicher nicht machen!“ Schroff und bestimmend. Genau so klang es.
 

Jetzt ließ ich mich trotzdem einfach auf den Stuhl fallen. Sank mit dem Kopf auf den Tisch. Es wäre doch wirklich besser, wenn sie mich einfach rausschmeißen würden. Dann könnte ich zumindest nicht mehr so viel Mist anstellen, den ich jetzt gerade verbockte.
 

„Entschuldige dich bei Schulz.“ Ich schreckte hoch. Das war doch nur eine akustische Halluzination. Etwas anderes ging doch gar nicht. „Das werde ich nicht machen!“ - Ich sprang auf. Bei nahe wäre dabei auch der Stuhl umgefallen. - „Dieses Arschloch wollte Sean vergewaltigen!“
 

Ich würde wohl vieles mit Felix anstellen. Aber entschuldigen? Niemals! „Lassen Sie mich meinetwegen mit ihm nachsitzen, aber ein Entschuldigung bringe ich bei dem nicht über die Lippen!“
 

Der Lehrer raffte sich wieder auf. „Drei Wochen. Jeden Montag und Donnerstag nach dem Unterricht im Zimmer 104. Kein Abendessen“, brachte er nach einem Seufzen über die Lippen, „sag es Schulz auch.“ Ich nickte nur knapp, bevor ich das Zimmer wieder verließ. Die Tür vorsichtig hinter mir schloss.
 

Für einen Moment blieb ich stocksteif im Gang stehen. Hier war um die Zeit normalerweise niemand. Schüler sowieso nicht. Und Lehrer achteten darauf, dass wir lieben Schüler nichts anstellten. Und doch kam es oft genug vor.
 

Ich wäre jetzt wohl auch einfach das Beste, wenn ich erst einmal zum Krankenzimmer gehen würde. Wenn Felix zum Nachsitzen nicht aufkreuzte, würde nur ich meinen Anpfiff bekommen. Auf alle Fälle, wenn rauskommen würde, dass ich es ihm nicht gesagt hätte. Obwohl mir ja ohnehin nicht mehr viel passieren könnte.

Da wird etwas zurückbleiben

Kapitel 20 – Da wird etwas zurückbleiben
 

Sean's PoV
 

Natürlich saß Felix auf einem der Krankenbetten. Seine Nase blutete wohl schon länger nicht mehr. Mit großen Augen blickte er mich und Piccolo an. Der warf ihm aber nicht einmal den kleinsten Blick zu.
 

„Wo ist Sara?“, fragte der Italiener erst, als er die Krankenschwester nirgends entdecken konnte. „Musste weg. Es ist wohl wieder einer beim Sport zusammengeklappt“, erwiderte sein Zimmergenosse. Die beiden konnten sich wohl gerade überhaupt nicht riechen. Und der Grund war wohl ich.
 

„Na dann mach ich das eben. Mit Felix durfte ich hier ja auch schon oft genug rumhängen um seine Nase richten zu lassen.“ Es kam mir gar nicht so vor, als ob er den Deutschen überhaupt so recht wahrnehmen wollte. Piccolo drehte meinen Kopf nur zu sich herum. Ganz leicht berührte er meine Nase. Da zuckte ich aber auch schon zusammen. Gab einen Schmerz verzerrten Laut von mir. Auch der Italiener zog seine Hand zurück.
 

„Ich hol gleich was Kaltes, das wir dir in den Nacken legen können.“ Leicht nickte ich nur. Während Piccolo nach etwas Eis oder ähnlichem suchte, setzte ich mich auf das vordere Bett. Felix saß auf dem hinteren. Ein eisiger Schauer jagte mir über den Rücken. Er sah mich an. Das spürte ich überdeutlich. Aber ich wollte mich nicht umdrehen.
 

Piccolo kam aber auch schon wieder zu mir zurück. Kniete sich vor mich hin. Er hatte nicht nur einen Waschlappen in den er Eis aus der kleinen Gefriertruhe gefüllt hatte, auch noch einen zweiten Lappen dabei um mir die Nase abzutupfen, legte ihn dann zusammen und drückte ihn leicht über mein Auge. Doch im ersten Moment wurde es gar nicht richtig besser.
 

„Tut es sehr weh?“, fragte Piccolo. Dabei glitt er mir mit den Fingern über meine Wange, wo auch ein paar kleinere Schrammen waren.
 

Zaghaft schüttelte ich den Kopf. So etwas war ich doch immerhin gewohnt. Wie oft hatte nicht mein Vater auf mich eingeschlagen? Wie oft blutig geprügelt? Alle paar Tage. Einfach so. Meistens wenn er betrunken war. Und ich hatte es immer über mich ergehen lassen. Weil ich immer unfähig war mich zu wehren.
 

Besorgt blickte Piccolo mich an. Glitt noch einmal mit seinen Fingern über meine Wange, bevor er sich wieder aufrichtete. Er blickte über meine Schulter hinweg zu Felix. Der Blick des jungen Italiener verfinsterte sich. Doch schon im nächsten Moment setzte er sich neben mich. Etwas zaghaft lehnte ich mich an ihn.
 

„Die Krankenschwester müsste ja eigentlich bald wieder kommen“, hörte ich da auf einmal Felix sagen. Drückte mich schlagartig noch enger an Piccolo. „Halt die Klappe, Felix“, zischte er da aber schon. Drückte mich etwas fester an sich.
 

Es vergingen noch einige Minuten, bis endlich einmal die Tür aufging. Doch es war nicht die erhoffte Krankenschwester. Nein. Es war Jamie. Verwirrt sah er mich an. „Dich hab ich hier jetzt überhaupt nicht erwartet“, meinte er. Versuchte wohl sogar lustig zu klingen.
 

„Was machst du hier überhaupt?“, fragte der Amerikaner, als er schon an mir vorbei gehen wollte. „Klein Sean hat sich mit den Hoppern angelegt“, antwortete da schon Piccolo für mich.
 

Sichtlich geschockt wendete sich Jamie zu mir. „Du hast was?“ Er beute sich über das Bett und legte die Arme um meinen Oberkörper. Zog mich etwas zurück. Dabei viel auch der Waschlappen mit dem Eis darin herunter. Landete wohl direkt vor Jamie auf dem Bett und färbte das Laken dunkel.
 

Durchdringend blickte er mich an. Soviel Sorge lag in seinen Augen. „Jetzt haben sie dir auch noch dein schönes Gesicht so ... verunstaltet“, seufzte er schließlich. Ließ mich langsam wieder los. Ich rutschte zurück zu Piccolo.
 

Nur halb hörte ich dabei zu, was Jamie zu Felix sagte. Kuschelte mich nur leicht an den Italiener, den das gar nicht zu stören schien.
 

„Das wird aber unserem Jamie nicht passen“, flüsterte mir Piccolo ins Ohr. Drückte mich ganz vorsichtig von sich weg. Ein sanftes Lächeln zeichnete sich auf seinen Lippen an. Über meine Schultern hinweg sah er zu Jamie und Felix, die sich schon wieder angifteten. Ihr gemütliches Gespräch war damit wohl schon beendet.
 

Mürrisch stapfte der Deutsche an mir und Piccolo vorbei. „Wir sehen uns dann später!“ Ich war mir nicht sicher, ob er das jetzt zu mir oder dem Italiener sagte, der immer noch neben mir auf dem Bett saß. Aber wohl eher zu Picco. Wenn er mich wohl noch einmal anrühren würde, könnte Jamie sicherlich für nichts mehr garantieren.
 

„Gehen wir auch wieder?“, fragte da aber schon der Kalifornier. Ich nickte langsam. Stand schon etwas zaghaft auf. Mein Blick schweifte zu Piccolo, der sich auch schon erhob. „Dann komm ich mit euch mit.“ Ein Grinsen bildete sich auf seinem Gesicht.
 

Und kaum stand er, lag seine Hand schon wieder um die meine. Schon fühlte ich mich wieder richtig sicher.
 

Den missmutigen Blick von Jamie bemerkte ich gar nicht, aber Piccolo wohl. Denn abrupt ließ er meine Hand wieder los. Verwirrt sah ich zu ihm. „Ich glaube, ich geh trotzdem gleich in mein Zimmer.“
 

So schnell konnte ich gar nicht schauen, war er an Jamie vorbei und aus dem Krankenzimmer. Jetzt war ich mit dem Amerikaner allein. Vorsichtig berührte er meine Nase. Ich zuckte zusammen. Sog die Luft zischend ein. „Tut es sehr weh?“, fragte Jamie. Er klang richtig besorgt.
 

„Nicht so sehr. Nur wenn jemand drankommt.“ Leicht kicherte ich. Sah zaghaft zu dem Kalifornier auf, der mich aber nur besorgt anblickte. Schon verschwand mein fröhlicher Gesichtsausdruck. „Es ist wirklich nicht so schlimm“, versuchte ich ihn zu beruhigen.
 

„Hätte ich nicht so eine scheiße Gebaut, wärst du nicht alleine gewesen.“ Überdeutlich hörte ich die Reue in seiner Stimme. Das war doch nicht der Jamie, der jemanden erschossen hatte, als er 14 war. Ging das überhaupt?
 

Vorsichtig wanderten die Finger des Amerikaners an meiner Wange hinauf. Berührte meine Schläfe. „Wir wollten gehen“, meinte ich. Doch er hm-te nur. Bewegte sich aber kein Stück. „Jamie, komm!“
 

Jamie's PoV
 

Seans – für einen Jungen – recht langen Finger hatten sich um die meinen gelegt. „Gehen wir?“, fragte er schüchtern. Langsam nickte ich schließlich auch. Zog den Blonden aber schon im nächsten Moment in meine Arme. Drückte ihn leicht an mich. Sog auch Seans süßlichen Geruch in mich auf.
 

„Tut mir leid“, flüsterte ich. „Für was entschuldigst du dich denn?“ Mühevoll konnte sich der Brite etwas aus meinem Griff befreien.
 

„Ich hätte auf dich aufpassen müssen“, murmelte ich. Presste Sean wieder an mich.
 

„Lass uns endlich gehen.“ Seine Stimme zitterte. Genauso wie er selbst. Vorsichtig legte ich die Finger an sein Kinn. Hob es leicht an.
 

„Das gibt wohl einige blaue Flecken“, meinte ich. Strich vorsichtig über seine Wange. Fragte aber auch gleich noch: „Weißt du wie die geheißen haben, die dich so ver... so zugerichtet haben?“
 

Es schien so, als ob er einen Moment überlegen würde, bis er zaghaft den Kopf schüttelte. Eigentlich hätte ich es mir denken können. Sean hatte sich nur mit ein paar Jungs, die mit uns die gleichen Kurse besuchten, angefreundet. Und von den meisten anderen interessierten ihn die Namen schon gar nicht. Genauso wie er sich in nächster Zeit auch nicht mehr mit Steve, Felix, Martin, Kenji und Marc herumtrieb. Wohl vor allem wegen den ersten beiden. Auch wenn es zuerst nur an Steve lag. Felix hatte dem ganzen nur den Rest gegeben.
 

Und diese Kerle, die ihn einfach so geschlagen hatten, würde ich auch schon noch in die Finger bekommen. „Du musst mich nicht rächen.“ Es klang so, als ob er meine Gedanken regelrecht gelesen hätte.
 

„Äh? Was?“ Verwirrt blickte ich ihn an. „Du hast doch daran gedacht, dass du diese Kerle, die das gemacht haben“ - Er deutete auf sein Auge. - „auch irgendwas ... antun willst. ... Das musst du nicht. ... Wahr ohnehin meine Schuld.“
 

Ganz leicht lächelte er. Schlang die Arme um mich und drückte sich leicht an mich.
 

„Lass uns doch jetzt endlich gehen.“ Wieder löste er sich zaghaft von mir. Wagte es aber nicht einen Schritt zu weit wegzugehen. Er hatte die Finger in den Ärmelstoff meines Shirts gekrallt. So würde der Blonde sicherlich nicht verloren gehen. Und passieren könnte ihm wohl auch nichts. Das war mir mit das Wichtigste. Immerhin sollte ich doch auf ihn acht geben. Bis jetzt hatte ich das ja noch nicht so gut gemacht.
 

Das sollte ich jetzt aber wohl langsam einmal ändern. Zärtlich nahm ich Sean noch einmal in den Arm, bevor wir die Umarmung abrupt lösen mussten.
 

„Du schon wieder!“, maulte Sara mich an und ich nickte nur. Zog Sean schließlich ohne ein Wort an der jungen Krankenschwester vorbei nach draußen.
 

Fast synchron atmeten wir auf dem Gang – kaum dass die Tür ins Schloss gefallen war – erleichtert aus. Und kicherten auch schon in der nächsten Sekunde los.
 

„Gehen wir. Vielleicht erwischen wir ja noch Picco.“ Ich fuhr Sean durch das blonde Haar. Für einen Augenblick sahen wir uns in die Augen – um sein linkes bildete sich schon ein leichtes Blau -, bis er schließlich nickte. Ein Lächeln zeichnete sich so gleich auf seinen Lippen ab. So sah er irgendwie naiv aus. Wie ein kleines Kind. So zuckersüß.
 

Vor uns hin schweigend marschierten wir schon wenig später durch die Gänge. Wir hatten uns wohl nicht wirklich viel zu sagen. Aber unter dem Getümmel an Jungen, die jetzt schon unterwegs waren, wollte schon eher er gar nichts von sich erzählen. Und ich im Grunde auch nicht.
 

Doch da brach er endlich das Eis. „Und was stellen wir jetzt an? Picco haben wir scheinbar längst verloren.“ Etwas geradezu Fröhliches schwamm in seiner Stimme mit. Und auch der Blick mit dem er mich ansah drückte so etwas in der Art aus.
 

„Poppen?“ Hätte ich nur eine Sekunde überlegt, dann wäre mir die schallende Ohrfeige erspart geblieben.
 

„War doch nur ein Witz!“, versuchte ich Sean zu besänftigen, als er schon wütend von mir weg ging. Ich schlang die Arme um seinen schlanken Körper, als ich ihn wieder eingeholt hatte.
 

„War doch nur ein Witz“, wiederholte ich. Langsam ließ er den Kopf hängen. „Du denkst doch nur an das Eine“, murmelte er. Fast schon etwas zu unverständlich.
 

Ich schmiegte mich leicht an ihn. „Ist vielleicht so“, flüsterte ich. Spürte, wie er zusammen zuckte.
 

Ich fuhr ihm noch einmal über das helle Haar, bevor ich ihn wieder losließ. Da schlang aber schon plötzlich jemand seine Arme um mich.
 

„Jamie!“, schallte es mir ins Ohr und ich hatte schon Angst einen Hörsturz zu erleiden. „Hi, ... Tyler“, meinte ich, als ich mich umdrehte.
 

„Weißt du schon das Neueste, Schatz?“, fragte mich der Braunhaarige. Er strahlte schon fast übers ganze Gesicht. „Nein ... und nenn mich nicht 'Schatz'“, erwiderte ich nur. Leicht sah ich mich schon nach Iven um. Wenn der das hören würde. Ich könnte einpacken.
 

„Ja, Jamie Spatz.“ - Es war doch zum aus der Haut fahren. - „Wir bekommen aber angeblich drei Neue.“ - Er wendete sich an Sean, der nur schweigend neben mir stand. - „Dann bist du nicht mehr der Neue.“ - Ein Grinsen bildete sich auf Tylers Gesicht. - „Vielleicht ist ja auch mal wieder was für dich dabei.“
 

Tyler glitt mit einem Finger über meine Brust. Sah leicht zu mir auf und zwinkerte. Ich konnte mir vorstellen, was er wollte.
 

„Ich hab heute keine Zeit!“, meinte ich knapp. Schnell packte ich auch Sean an der Hand und zog ihn weg. Doch Tyler hielt ihn fest.
 

„Was habt ihr denn heute so vor? Etwas Gymnastik?“
 

Ich verzog das Gesicht. „Das würde dich nichts angehen.
 

Verwirrt sah Sean zwischen mir und Tyler hin und her. „Wieso denn gerade 'Gymnastik'?“, fragte er. Den Blick, den er aufgelegt hatte, war ja eigentlich goldig.
 

„Matratzengymnastik“, meinte Tyler. Wieder grinste er. Scheinbar verstand jetzt auch Sean. Er zog die Augenbrauen zusammen. „Ich bin keine Schlampe!“, fauchte der Brite.
 

Tyler wuschelte ihm durchs Haar. „Das sind die meisten hier nicht und trotzdem vögeln sie mit so einigen herum.“ Er lächelte leicht. Es war ein richtig dreckiges. Aber wohl eher nur so gestellt.
 

Sean gab ein Knurren von sich. Selbst er konnte wohl sogar sauer werden. Doch ich legte ihm gleich einen Arm um die Schultern. So würde er sich schon wieder beruhigen.
 

„Was macht ihr dann heute Abend?“, fragte ich. Es war wohl das, auf das Tyler gewartet hatte. „Ein bisschen Party!“, erwiderte er strahlend. Ich hob eine Augenbraue. „Und die Erlaubnis eines Lehrers habt ihr dieses Jahr schon eingeholt?“
 

Im letzten Jahr hatten sie es immer und immer wieder vergessen. Jedes Mal wurde die halbe Schülerschaft zum Nachsitzen abkommandiert. Keine schöne Angelegenheit. Aber vor allem für den Lehrer, der Aufsicht hatte.
 

„Dieses Mal haben wir daran gedacht! Wenn ihr doch nichts zu tun habt, könnt ihr ja mal vorbeischauen. Zum Saufen wird es genügend geben.“

Let's Party-Time oder nicht?

Kapitel 21 – Let's Party-Time oder nicht?
 

Sean's PoV
 

Schon seit einigen Minuten stand ich vor dem Spiegel im Bad und richtete mir die Haare. Eigentlich lohnte es sich gar nicht hier noch wie festgewachsen zu stehen. Durch das angelaufene Glas konnte ich überhaupt nichts erkennen. Aber vielleicht war gerade das auch besser so. Immerhin duschte Jamie hinter mir. Ich wagte es nicht mich umzudrehen.
 

„Bist du fertig?“ Jamie beugte sich über mich um sich ein Handtuch zu angeln. Wasser tropfte auf meine Schulter und ein kalter Schauer jagte über meinen Rücken.
 

Langsam nickte ich. Wie konnte er denn jetzt so hinter mir stehen? Das war so gemein. Zu was wollte er mich denn treiben? Dass ich mich ihm an den Hals warf, wie so ein tollwütiges Tier?
 

„Könntest du mir frische Klamotten holen?“, hauchte mir Jamie ins Ohr. Sofort nickte ich. So würde ich endlich hier raus kommen.
 

Meine Freunde verflog jedoch gleich wieder, als ich vor dem Kleiderschrank stand. Zu 'frischen Klamotten' gehörte doch wohl: Shirt, Hose und ... Unterwäsche.
 

Die ersten beiden Dinge waren wohl noch einfach. Doch meine Finger wollten nicht einmal in die Nähe von Jamies Boxershorts. Sie sträubten sich regelrecht dagegen.
 

Ich atmete schließlich einmal tief durch. Fischte dann ein Paar rote Shorts aus der Schublade. Fasste sie aber dennoch nur mit spitzen Fingern an.
 

Ich wollte den Schub schon zuschieben, als ich bemerkte, dass da noch etwas anderes drin war. Unter den Boxershorts. Ich legte die Klamotten aufs Bett. Zog das etwas aus der Schublade.
 

Mir blieb fast das Herz stehen. 'Playgirl' stand da in großen Lettern auf der Titelseite des Magazins. Vor Schreck ließ ich es aber auch schon fallen.
 

Ich muss das Heft gar nicht durchblättern um zu wissen, was drin war. Das konnte ich mir gut und gerne vorstellen.
 

„Sean. Was brauchst du denn so lange?“ Mit einem Handtuch um die Hüften stand Jamie auf einmal vor mir. Leicht glitzerte Wasser in seinem dunklen Haar. Einzelne Tropfen flossen über seine Brust. Umspielten seine Bauchmuskeln. Zeichneten sie regelrecht nach.
 

Schnell schnappte ich mir die Sachen von Jamie und hielt sie ihm hin. Er warf nur einen knappen Blick darauf, dann wanderten seine Augen zu dem am Boden liegenden Magazin. Ein Lächeln bildete sich auf seinen Lippen.
 

„Wenn du was zum Antörnen brauchst, hättest du nur etwas sagen müssen.“ Er nahm mir die Kleider, die ich ihm hinhielt, ab. Trat noch einen Schritt näher auf mich zu, als er ohnehin schon war. „Ich ... ich hab das da nur ... gefunden“, stotterte ich. Jamie nickte nur leicht. „Klar“, hauchte er mir ins Ohr.
 

Ich stieß ihn von mir weg. „Kann doch ich nichts dafür, dass du so was brauchst!“, fauchte ich. Wie, als hätte er mich gar nicht gehört, strich er mir über die Wange. Für eine Sekunde hielt ich den Atem an. Wich darauf einen Schritt zurück.
 

„Wenn ich mich jetzt hier anziehe, stirbst du wohl daran, dass dir das ganze Blut in den Kopf schießt.“ Kaum dass er das ausgesprochen hatte, machte er auf den Haken kehrt. Tapste zurück ins Bad und ließ mich damit hier allein.
 

Ich sank aufs Bett. Glitt mit den Finger einmal über mein Augenlid. Ein kurzer, zudem schwacher Schmerz durchzog mich. Das würde wohl noch lange wehtun. Zu meinem Glück sah man aber nicht zu sehr, das es etwas blau wurde. Picco hatte mir zudem aber auch etwas Make-up gegeben um es zu überdecken.
 

Ich ließ den Kopf hängen und wartete. Irgendwie hoffte ich, dass Jamie es sich doch anders überlegen würde und hier bleiben wollte. Dann würde er mich auch nicht weg lassen. Wir wären wahrscheinlich die Einzigen im ganzen Haus. Ganz alleine. Bis vielleicht noch auf die Lehrer.
 

Irgendwie reizte mich das gerade regelrecht. Leicht lehnte ich mich zurück an die Wand. Versank in ein paar kleinen Tagträumen. So konnte ich zumindest einen Moment von der Realität abstand nehmen. Einfach in etwas Schönem versinken.
 

„Hey, Sean? Schläfst du?“

Verschreckt schlug ich die Augen auf. Blickte direkt in die von Jamie. Er saß doch wirklich auf mir und ich hatte es nicht einmal bemerkt. Nicht einmal seinen Atem. Dabei berührten sich fast unsere Nasenspitzen.
 

Leicht schluckte ich. „Könntest ... könntest du von mir runter gehen?“ Keinen Moment konnte ich den Blick von Jamie abwenden. Mein Blick klebte ja geradezu an ihm. Dieses eng anliegende, dunkle Shirt hatte doch nicht wirklich ich ihm rausgesucht. Genauso wenig, wie dir perfekt dazu passende Jeans.
 

Jamie schaute mich etwas verwundert an. „Was ist denn? Die Klamotten hast doch du mir gegeben.“ Leicht hob er eine Augenbraue. Musterte mich etwas zu genau. Doch schon im nächsten Moment zog er mich hoch.
 

„Lass uns gehen.“
 

Ein kurzes Lächeln bildete sich auch auf meinem Gesicht. Ein Partytier war ich zwar nicht. Aber immer wieder einmal mochte ich es dann doch.
 

„Trinkst du?“, fragte da auf einmal Jamie. Die ganze Zeit hatte er mich nur durch die Gänge gelotst. Aber auch nur, weil er der einzige von uns war, wo mir eigentlich hin mussten.
 

„Eigentlich nicht“, erwiderte ich schließlich auf seine Frage. Versuchte ein weiteres Mal meine Mundwinkel etwas hochzuziehen.
 

„Dann solltest du dich wohl vor der Bar in Acht nehmen.“ Kurz lachte der Amerikaner auf. War das jetzt nur als Witz gedacht?
 

„Äh. Wieso?“ Fragen kostete doch nichts. Oder? Also könnte ich es doch einfach machen. Eine blöde Antwort würde ich schon nicht bekommen.
 

„Gelegentlich mischen die Jungs etwas hart. Ich will dich nur nicht heute Nacht irgendwo im Koma aufgabeln“, erwiderte er etwas besorgt. Könnte es sein, dass er sich wirklich um mich Sorgen machte?
 

Leicht drückte ich seine Hand, wodurch er für einen winzigen Augenblick stehen blieb. „Ich pass schon auf mich auf.“ Leicht lächelte ich. Erntete von ihm ebenso etwas als Erwiderung. Irgendwie wurde es mir so sogar richtig warm.
 

Einige Minuten später fand ich mich unter einer ganzen Schar Schüler draußen hinter dem Hauptgebäude. In der ganzen Zeit, in der ich hier war, hatte ich mich hier noch gar nicht umgesehen.
 

So hatte ich auch noch gar nicht die Schwimmhalle gesehen. Nicht gerade etwas, was ich aber brauchen könnte. Schwimmen konnte ich ohnehin nicht recht gut. Hoffentlich würden wir da nie wegen Sport hinmüssen.
 

„Komm Sean!“ Jamie zog mich einfach hinter sich her. Drückte sich ganz ungezwungen durch die Menge. Das es überhaupt so viele Schüler hier gab. Das mussten Hunderte sein. Wenn nicht sogar mehr.
 

Der Amerikaner hatte mich bis zur Bar gebracht. Besorgt mir sogar ganz einfach etwas. Zu Hause hätte ich wohl nie so einfach etwas bekommen. Und hier müsste das doch eigentlich genauso sein, dass an Minderjährige gar kein Alkohol ausgeschenkt werden dürfte. Doch die, die da die Drinks verkauften, waren kaum älter als ich und Lehrer waren, wie es schien, gar keine anwesend. Somit würde es niemanden stören.
 

Ich spürte auf einmal, wie mich jemand auf die Wange küsste. Wirbelte verschreckt herum. Erkannte aber schon Picco.
 

„Darf ich deinen Kleinen einfach mitnehmen?“, fragte der Italiener ganz nett Jamie, der nur knappt nickte. „Dann kommt er zumindest mal unter anständige Leute“, meinte er noch.
 

Schon ein paar Minuten später war ich mit Piccolo in der Menge verschwunden. Nur tanzen wollte der. Eng aneinander. War doch eigentlich recht lustig. So würde ich doch sogar meinen Spaß haben.
 

Jamie's PoV
 

Ich hatte mich auch einfach einmal unter die Leute gemischt. So hatte ich einmal wieder Zeit mich mit ein paar Typen zu unterhalten, die ich schon eine ganze Weile nicht mehr gesehen hatte.
 

Doch ich hatte immer noch irgendwie ein flaues Gefühl im Magen, dass Tyler doch nicht ganz die Wahrheit gesagt hatte. Im letzten Jahr hatten sie die Genehmigung eines Lehrers regelmäßig vergessen. Noch mehr Nachsitzen konnte ich wirklich nicht mehr gebrauchen. Sean würde doch als Neuer ja ohnehin noch mit einem sprichwörtlichen blauen Auge davon kommen und zu lange wollte ich ihn nicht allein lassen. Die sechs Tage in den nächsten drei Wochen passten mir schon nicht so recht.
 

Obwohl ja eigentlich Picco auf ihn aufpassen könnte. Nur nicht, wenn der auch mit eine schöne Strafarbeit aufgebrummt kam.
 

„Jamie, hey, dich sieht man in letzter Zeit auch nicht mehr.“ Ein Arm legte sich um meine Schultern. „Dich ja auch nicht, Max“, erwiderte ich. Den Blonden hatte ich doch gleich erkannt, auch wenn ich ihn schon lange nicht mehr gesehen hatte. Vor einem Jahr ging er noch in meine Klasse, dann hatten sie ihn einfach in eine andere gesteckt. Angeblich, weil er mit mir andauernd die anderen Schüler störte. Das war mir nie so vorgekommen.
 

„Stimmt es, dass du einen Neuen bekommen hast?“ Max Augen strahlen eine Wissbegierde aus. Und so nickte ich nur.
 

„Wirklich? Wie sieht er aus?“ Den blonden Jungen, der ein gute 10 Zentimeter größer war als ich, interessierte es wohl wirklich. Zumindest drückte sein Blick so etwas aus.
 

„Süß“, erwiderte ich nur knapp. Mit Max hatte ich immer über eine Zimmergenossen oder Bettgeschichten gereden. War eigentlich richtig schade, dass wir uns so lange nicht gesehen hatten.
 

„Ok, komm. Werd' mal ein bisschen genauer!“ Ein Schmollen legte sich auf das Gesicht des Größeren.
 

„Wenn du mir einen ausgibst“, werfe ich da nur ein. Und das würde ich durchziehen.
 

„Du bist so verdammt fies.“ Max' Kehle verließ ein Seufzen. - „Ok, was willst du?“
 

Ich grinse, wegen dieser Reaktion. „Wodka-Tonic, bitte“, erwiderte ich höflich und schon machte der Blonde auch auf den Haken kehrt. Stapfte in Richtung Bar. Ich folgte ihm auch gleich. So musste er es mir nicht auch noch hertragen.
 

„Ok, jetzt spuck aus! Wie sieht er aus?“, meinte Max nur, als er mir mein Getränk in die Hand drück.
 

„Hm. Schönes blondes Haar, richtig meerblaue Augen“ - Ich überlegte einen Moment. - „Einen geilen Arsch.“
 

Mein alter Freund lachte auf. „An etwas anderes denkst du doch gar nicht. Nur wie der Arsch ist. Mann, Jamie!“
 

„Jamie!“, schallte mir da aber schon auf einmal mein Name entgegen. Und zwei schlanke Arme schlangen sich um meine Schultern. Mir stieg ein extremer Geruch von Alkohol in die Nase. Und der kam nicht von meinem Wodka. So sehr roch der auch wieder nicht.
 

„Picco! Was hast du mit ihm gemacht?“, zischte ich. Doch der Italiener umarmte mich da auch schon. Nur von der anderen Seite.
 

„Seany-Baby hat ein bisschel zu viel gedrungen“, lallte der Angesprochene nur und hickste auf, während Sean seinen Kopf an meiner Schulter rieb.
 

„Also das ist er?“, fragte Max und deutete auf den jungen Briten, der regelrecht an mir klebte. Ich nickte nur langsam. Gerade sah er wohl nicht so süß aus, wie sonst.
 

„Der verträgt wohl nicht recht viel.“ Max kicherte auch schon los. Doch da mischte sich ganz einfach der Italiener ein. „Wenn du eine halbe Flaschä Martini lääärst bist du auch nicht määr ganz so nüschtern.“
 

Ich zog wegen diesem Kommentar nur die Augenbrauen zusammen. Zwei Stunden hatte ich Sean bei ihm gelassen und schon war dieser sturzbetrunken.
 

Der Brite schwankte neben mir gefährlich, als er einen Schritt zurück ging, sich dann aber auch gleich wieder an mich klammerte. Scheinbar stellte er sich sogar auf die Zehenspitzen, denn er wollte mir etwas ins Ohr flüstern.
 

„Figg mig!“
 

Ganz so recht traute ich gerade meinem Gehör nicht. Schluckte nur verschreckt. Mein Blick schweifte zu Max und Picco, die sich über irgendetwas stritten. Wie konnte man sich denn mit einem Betrunkenen streiten?
 

Langsam sah ich wieder zu Sean. Immer noch hing er regelrecht an meinem Arm. Lasziv leckte er sich leicht über die Oberlippe. Ich hatte mich also nicht verhört?
 

Ich lachte kurz trocken auf. Es war weder gut, sich mit einem Betrunkenen zu streiten, noch etwas zu tun, was ein solcher sagte. Und ich würde es sicher auch nicht machen.
 

„Was ischt jetzt?“ Der Blonde sah mich mit großen, glasigen Augen an. Ließ meinen Arm langsam los und legte die seinigen um mich. Schmiegte sich ganz vorsichtig an mich. Seine Finger wanderten an meiner Taille entlang. Fanden sich schließlich an meinem Arsch wieder.
 

Es hätte mir wohl nichts ausgemacht, wenn ich mir nicht fast sicher sein hätte können, dass er sich am nächsten Tag nicht mehr daran erinnern könnte. So wäre es doch sinnlos, wenn ich ihn verwöhnen würde. Nur damit ich es noch wüsste? Was brachte es mir denn schon?
 

„Piccolo!“, fauchte auf einmal Max. Der Italiener umarmte und schmiegte sich an ihn. Ich konnte mir trotz meiner eigenen etwas seltsamen Situation ein Lachen nicht verkneifen. Doch da spürte ich schon Seans Kopf, den er gegen meine Brust drückte. Ich strich ihm übers Haar. Da sah der Blonde schon auf. Sein Atem war schwer. Stockte immer wieder.
 

Eine Sekunde schweifte mein Blick noch mal zu Max und Piccolo. Etwas eingeschnappt sah der Blonde der beiden zur Seite. „Ist wohl etwas blöd, wenn man nicht so auf Jungs steht“, meinte ich. Bevor mein alter Freund antwortete, hob ich schnell Sean hoch, auch wenn der sich zuerst etwas wehrte. Es dann aber auch aufgab.
 

„Kann doch nicht jeder schwul oder bi sein.“ Den Seitenblick, den Max auf Picco warf, war schon auffällig. Aber eher auffällig genervt, als etwas anderes war.
 

„Ich bring mal den Kleinen hier ins Bett.“ Max nickte nur knapp, als ich mich schon umwenden wollte. Doch da meinte er nur: „Dein Hase ist im Bett ohnehin besser aufgehoben.“
 

Ich drehte mich noch einmal zu ihm um.
 

„Nenn ihn nicht 'Hase'“, meinte ich. Es klang vielleicht etwas eingeschnappt, aber eigentlich war alles mit einem Lächeln unterlegt. Max verstand das schon.

Wenn ich es wollte ...?

Kapitel 22 – Wenn ich es wollte ...?
 

Sean's PoV
 

Ein Schmerz durchzuckte meinen Kopf, als ich aufwachte. Mühsam öffnete ich schließlich auch meine Augen. Erst jetzt hörte ich dieses Pochen an meinem Ohr. Irgendwie konnte ich es nirgends zuordnen. Es klang so fremd.
 

Jemand oder etwas strich mir über das blonde Haar. Half aber nicht gerade etwas gegen diese bestialischen Kopfschmerzen. Deswegen rollte ich mich auch zusammen. Mein Magen verbündete sich wohl gerade mit meinem Schädel. Mir wurde so verdammt schlecht.
 

„Der Martini ist dir wohl nicht gut bekommen.“ Es schien, als ob der, der das gesagt hatte, sich gerade ein Lachen verkneifen musste.
 

Langsam blickte ich auf. Erkannte sogar Jamie. Eng an eng lag ich an ihm und ich schmiegte mich noch fester an den Amerikaner. Nur merkte ich da, wie rauer Stoff an meinen Schenkeln rieb. Ich wollte nach unten sehen, aber der Kalifornier zog mich zu sich. Seine Finger lagen auf meiner nackten Haut.
 

„Jamie? Was hast du gemacht?“
 

Mein Atem begann zu rasen. Es waren nicht nur meine Schenkel, die nackt waren. Nein. Ich hatte gar nichts an. Vor Schreck rutschte ich von ihm weg. Bis ich die Wand im Rücken spürte.
 

„Etwas anderes, als du gestern Nacht wolltest.“ Ohne irgendwie auf meine Reaktion zu achten, kuschelte sich Jamie wieder an mich.
 

Was hatte ich denn gestern gewollt? Und was hatte er jetzt gemacht?
 

„Jamie! Was hast du gemacht?“, zischte ich und schob ihn von mir weg. Ihm so schutzlos ausgeliefert fühlte ich mich schon genug.
 

Verschlafen sah mich der Dunkelhaarige an. „Was ich gemacht habe?“, wiederholt er meine Frage. Sein Blick wandert nach unten.
 

„Ich habe nicht mit dir geschlafen, falls du das denkst.“ Er wagt es kaum mich anzusehen, als er das sagte. „Und ... und was hast du ... dann gemacht?“ Ich schluckte. Wirklich hören wollte ich die Antwort ja eigentlich nicht und trotzdem hatte ich gefragt.
 

Jamie schlang die Arme um meine Schultern und zog mich zu sich. „Nur einen geblasen“, hauchte er.
 

Mir stockte der Atem. Nein. Das konnte doch nicht sein. Wie konnte er das machen? Nur weil ich betrunken war? Das er das so eiskalt ausnützen würde. Das hätte ich wirklich nicht von ihm gedacht. Er hatte mich vor Steve beschützt und sich wegen mir mit Felix geprügelt und dann machte er so etwas.
 

„Nimm die Finger von mir!“ Ich gab Jamie einen Stoß. Weit brachte ich ihn dadurch aber nicht von mir weg.
 

Mit großen, traurigen Augen blickte er mich an. Wie konnte er das denn jetzt einfach so machen? Dieser verfluchte Idiot!
 

„Schau ... schau mich nicht so ... an“, flüsterte ich. Da kam er aber schon wieder näher zu mir. Legte seine Hände auf meine Taille. Mein Atem, der sich schon fast wieder beruhigt hatte, begann wieder schneller zu werden.
 

Ich war restlos eingeengt. Wegkommen würde ich nicht ohne dass er bekommen hätte, was er wollte.
 

Aber wie es aussah hatte ich ihn etwas falsch eingeschätzt. Er kuschelte sich nur erneut an mich.
 

„Lass uns doch noch etwas schlafen“, murmelte Jamie. Dass ich eigentlich gerade noch verdammte Panik wegen ihm gehabt hatte, interessierte den Guten gar nicht. Er schmiegte sich nur an mich und das bekam mir gerade nicht sehr gut.
 

„Jamie, könnte ... könnte ich mir zuerst einmal wieder ... etwas anziehen?“, fragte ich. So fühlte ich mich nur unwohl neben ihm. Aber wem würde es schon nicht so gehen?
 

Leicht stupste ich den Amerikaner an, als er nicht reagierte. Aber auch so rührte er sich nicht mehr. Er war doch wirklich einfach wieder eingeschlafen. Das könnte ich jetzt wohl nicht mehr ganz so leicht. Ich war jetzt schon unruhig genug. Wenn er sich nur schlafend stellen würde, könnte er doch mit mir machen, was er wollte, wenn ich selbst wieder in – vielleicht – süße Träume versinken würde.
 

Aber eigentlich hätte er dafür schon die ganze Nacht zeigt gehabt und mir schien es wohl noch gut genug zu gehen, als das er irgendetwas anderes mit mir gemacht hätte, als das, was er zugegeben hatte.
 

Ich schloss für einen Moment die Augen. Der Schmerz in meinen Kopf war für den Bruchteil einer Sekunde schlimmer geworden, aber auch genauso wieder auf das davor liege Stechen zurück gegangen.
 

Mit etwas Mühe konnte ich mich noch grob an das erinnern, was gestern passiert war. Ich hatte mit Picco getrunken. Martini, wenn ich mich nicht ganz irrte. Mit der Zeit war ich auch immer heiterer geworden, wie es eben üblich war bei Alkohol. Torkelnd hatte ich mich noch einmal mit dem Italiener unter die Menge gemischt. Unsere Flasche hatte der Schwarzhaarige auch immer dabei.
 

Dann war irgendwann alles weg. Ich konnte mich doch wirklich an nichts erinnern. Nicht einmal, wie ich überhaupt in mein Bett gekommen war. Es hätte sein können, dass ich zusammen gebrochen sein könnte. Aber dafür müsste mir doch zumindest irgendetwas wehtun. Sonst merkte ich es doch auch immer, wenn ich mich auch nur irgendwo etwas gestoßen hatte. Aber nichts. Gar nichts.
 

Wenn ich doch zumindest noch wüsste, was ich letzte Nacht wollte. Davon hatte doch Jamie geredet. Irgendwie, dass er das nicht gemacht hatte. Aber was denn? Was hatte ich denn von ihm verlangt, dass er tut? Das er mit mir Sex haben sollte?
 

Unbewusst kuschelte ich mich an Jamie. Wie warm er doch war. So angenehm.
 

Mir wurden doch langsam die Lider schwer. Schlaf wäre wohl wirklich besser für mich.
 

Jamie`s PoV
 

Ich hatte ihn noch immer im Arm, als ich aufwachte. Sein zarter Körper zitterte, wie Espenlaub, dabei müsste ihm doch wirklich warm werden, meinem Sean.
 

Vielleicht hatte ich ihm aber auch einfach einen riesen Schrecken eingejagt. Mit der Aktion von gestern hätte ich einfach die Klappe halten sollen. Obwohl es doch fast nicht meine Schuld war, dass es überhaupt passiert war.
 

~Flashback~
 

„Sean, lass mich los!“
 

Der junge Brite klammerte sich in seinem Rausch an mich, nachdem ich ihn auf sein Bett gelegt hatte. Immer wieder wiederholte er diesen einen Satz. Diesen einen verfluchten Satz. Er wollte in seinem Suff doch wirklich, dass ich mit ihm schlief.
 

Mühsam löste ich mich aus Seans Griff und verkrümelte mich noch einmal kurz ins Bad. Musste einmal für kleine Königstiger. Hätte ich es aber nur bleiben lassen.
 

Als ich zurück kam rekelte sich der Blonde schon auf dem Bett. Nackt! Es kam mir gerade so vor, als ob mein Herz für eine Sekunde aussetzen würde.
 

Er streichelte sich ganz langsam über den Oberschenkel und leckte sich lasziv über die Oberlippe.
 

„Komm schon häär suuu mir, Jamie-Spatz“, säuselte er. Wie er mich dabei ansah. Keine Nutte würde so schauen können. Nie im Leben. Nicht so. Auch wenn ich Prostituierten ja so einiges zutrauen würde.
 

Ich wusste gar nicht so recht, wieso ich dann wirklich zu ihm aufs Bett gekrochen war. Ganz vorsichtig strich ich über seine Taille und fuhr bis zu seiner Brust hinauf. Zu diesem süßen Brustwarzen.
 

Vorsichtig knetete ich sie. Entlockte ihm schon bald ein leichtes Aufkeuchen. Doch recht weiter wagte ich mich nicht. Wenn ich schon mit ihm Sex hatte, dann sollte er voll bei Sinnen sein und es auch dann noch wollen. Und Letzteres würde wohl so bald nicht passieren.
 

„Jamie, mach schon!“, zischte er auf einmal. Dass er das in seinem Rausch noch so verständlich hin bekam. „Und was, wenn ich nicht will?“, flüsterte ich ihm ins Ohr.
 

Es schien fast so, als ob er überlegen würde. In seinem Zustand etwas schwer. Doch dann hauchte er einfach: „Figg mig einfach.“ Eigentlich klang es so überzeugend und trotzdem konnte ich es einfach nicht tun.
 

Ich schüttelte langsam den Kopf. Für einen Augenblick verzog er das Gesicht zu einem Schmollen. Setzte dann aber wieder seine Bitte fort: „Bring misch sum Stöööhnäään.“
 

Noch im selben Moment, in dem er das sagte, schlang er die Arme um meine Schultern und zog mich enger zu sich, bis nur noch Millimeter zwischen unseren Lippen lagen. Wie gebannt blickte er in meine Augen.
 

Wenn ich wohl nicht auch angetrunken gewesen wäre, hätte ich das nie gemacht. Zuerst küsste ich ihn zärtlich. Nur für den Bruchteil einer Sekunde. Dann löste ich mich aus seine Umarmung und kroch nach untern.
 

~Flashback/Ende~
 

Ich hätte mich ja eigentlich nur zusammenreißen müssen. Aber als er sagte, dass ich ihn zum Stöhnen bringen sollte, ging das nicht mehr so ganz. Sein zartes Stimmchen wollte ich eigentlich in reinster Ekstase schon lange einmal hören. Aber im Grunde nicht so. Jetzt konnte ich es aber auch nicht mehr ändern. Ich hätte einfach zuerst nachdenken sollen und es dann tun.
 

Vorsichtig schmiege ich mich an Sean. Wie er doch so schön friedlich schlief und das auch immer noch in meinen Armen. Das hätte ich mir eigentlich nicht gedacht, dass er so hier liegen bleiben würde. Er war schon etwas hysterisch gewesen. Eigentlich hätte ich mir noch eine Ohrfeige von ihm erwartet, aber die blieb zu meinem Glück ja aus. Bis jetzt.
 

„Jamie?“

Ich zuckte leicht zusammen. Jetzt würde ich wohl noch meine richtige Abreibung bekommen. Doch er kuschelte sich nur an mich. Alles hätte ich jetzt erwartet, aber nicht das.
 

„Wenn ich es wirklich in meinem Rausch gewollt hatte…“, seufzte er. Ersparte ich mir nur deswegen gerade, dass er mich ohrfeigte oder sonst was mit mir anstellte. Nicht das es meinem 'Klein-Jamie' leid tun würde, dass er nicht irgendetwas Schmerzhaftes macht. Nach mir treten oder etwas ähnliches.
 

Aber irgendwie glaubte ich es nicht, dass er das so einfach hinnahm. Ich würde meinen Anschiss schon noch bekommen. Wahrscheinlich so unterläufig. So kleine, aber feine Racheaktionen von ihm.
 

Sean drückte seinen Kopf gegen meine Brust und kniff dabei die Augen zusammen.

„Was ist denn?“, fragte ich etwas verwundert. „Kopfschmerzen“, nuschelte er nur. Nicht gerade ein Grund um sich vom Unterricht zu drücken.
 

Aprops Unterricht. Mein Blick schweifte zu meinem Digitalwecker. Vor Schreck wäre ich dann wohl auch beinahe aus dem Bett gefallen. Kurz vor neun Uhr war es.
 

„Was schaust du denn so?“, fragte da Sean. Immer noch mit einem etwas schmerzverzerrten Gesichtsausdruck. „Es ist nur kurz vor neun. Pünktlich zum Unterricht werden wir wohl nicht mehr kommen“, erwiderte ich. „Dann bleiben wir eben liegen“, meinte der Blonde aber auch nur. Drückte sich enger an mich.
 

Da kämpfte ich mich aber trotzdem aus dem Bett hoch. Etwas verwirrt sah der kleine Brite mir hinterher, als ich durch den Raum wuselte. Ich suchte etwas ganz Bestimmtes und das fand ich auch bald.
 

„Brauchst du die?“, fragte ich und fächerte mit seinen Shorts vor seiner Nase herum. Langsam nickte Sean. Irgendwie hatte er dabei einen Blick aufgelegt, wie ein kleines Hündchen, dem man etwas Leckeres zum Fressen vor die Schnauze hielt. Doch genauso schnappte er sich seine Boxershorts. Und blickte mich wieder, wie so ein süßer Welpe, an.
 

Mir entfuhr nur ein Kichern. „Zieh dich an.“ Dieser Blick von ihm war einfach nur zum Anbeißen. Oder wohl eher zum Ablecken. Er sah so zuckersüß aus.
 

„Du willst doch nicht wirklich noch zum Unterricht?“, fragte der blonde Waliser, als ich mich gerade zum Schrank umwendete um mir ein paar Klamotten zum Anziehen zu nehmen. „Wenn es sein müsste. Immerhin haben wir Miller in der ersten Stunde“, erwiderte ich knapp.
 

„Was hat das denn mit dem zu tun?“, wollte Sean jedoch schon wissen. Ich seufzte. „Miller hat einen Leitspruch. Wer am Wochenende feiern kann, der kann auch am Montag zum Unterricht erscheinen. Also wird er hier ohnehin aufkreuzen.“
 

Ich war mir nicht sicher, ob er es sah, dass ich mir frische Shorts anzog, da ich das eigentlich perfekt durch das Bett tarnen konnte. Doch als ich mich zu ihm umdrehte konnte ich so ziemlich erkennen, dass er etwas gesehen hatte, so rot wie er geworden war.
 

„Willst du dir nicht auch etwas frisches anziehen?“, meinte ich zu ihm mit gehobener Augenbraue. Als Antwort schluckte er erst nur überdeutlich. Erwiderte dann aber: „Nicht wenn du zusiehst.“
 

Da beugte ich mich aber nur über ihn. „Schämen muss du dich vor mir jetzt ja wirklich nicht mehr.“ Leicht zog ich einen Mundwinkel hoch.
 

„Da war ich betrunken ...“ „Geduscht haben wir zusammen auch schon“, unterbrach ich ihn einfach. Darauf fiel ihm aber auch schon nichts mehr ein. Er sah nur weg, als ob er mich gar nicht erst gehört hätte. Deswegen zog ich mich einfach weiter an.
 

„Apropos 'betrunken': Wie geht’s dir jetzt?“, fragte ich schließlich. Sean fuhr sich durch das blonde Haar, bevor er sich wieder mir zuwendete. „Geht schon. Mir ist zwar etwas schlecht und ich hab höllische Kopfschmerzen, ... aber sonst ist alles O.K.“ Leicht versucht er sogar zu lächeln. Gelang ihm nur nicht ganz. Möglicherweise tat ihm die Birne doch etwas mehr weh.
 

Prüfend blickte ich ihn an. „Es geht mir wirklich gut“, meinte er da aber schon bestimmend. Ich zuckte nur leicht mit den Schultern. „Wenn du meinst.“
 

Während Sean sich anzog, rollte ich mich noch einmal im anderen Bett zusammen. Und je länger er brauchte, je weniger Lust hatte ich noch zum Unterricht zu gehen. Wahrscheinlich ging es mir aber ganz einfach auch nicht wirklich so gut. Dabei konnte ich – im Gegensatz zu Sean – zumindest gestern noch senkrecht gehen.
 

„Hab ich dich mit meinem Kater angesteckt?“ Sean beugte sich über mich und strich mir behutsam über die Stirn. Etwas besorgt sah er mich zudem auch noch an.
 

„Bin nur wohl doch noch etwas müde“, erwiderte ich. Da klopfte es aber auf einmal. Wir sahen uns etwas verwirrt an. „Miller“, murmelte ich schließlich, als die Tür geöffnet wurde.
 

„Wollten wohl gerade auch aufkreuzen?“, meinte der Lehrer etwas mürrisch. Ich raffte mich nur noch schnell hoch. Verzog aber gleich das Gesicht. Wie konnte man nur zu so einer Uhrzeit so verdammt sauer aussehen.
 

Als ich aufstand bemerkte ich jedoch, wie wackelig ich eigentlich auf den Knien war. Und da stolperte ich auch schon einige Schritte nach vorne. Direkt in die Arme von Miller. Ich hätte mir dafür wohl alles Mögliche antun können.
 

„Geht es ihnen gut?“, fragte da der Physiklehrer. Wirklich besorgt hatte ich ihn noch nie gehört. Aber genau so klang es gerade.
 

Etwas zaghaft nickte ich. Biss mir aber im selben Moment auf die Unterlippe. Der wollte doch nur nett tun, aber nachher im Unterricht würde er wieder das größte Arschloch zu mir sein.
 

„Kommen sie?“, zischte Mr. Miller da auch schon. Ich wendete mich zu Sean um, der sich die Schläfe massierte. Kater-Kopfschmerzen waren schon das Schlimmste.

Keine Affäre?

Kapitel 23 – Keine Affäre?
 

Sean's PoV
 

Irgendwie hing ich die ganze Stunde über nur an Jamie. Wir ging es wohl trotzdem schlechter, als ich dachte. Hätte ich mir aber auch irgendwie denken können, so wie mir der Kopf wehtat. Einen Kater hatte ich ja bis jetzt noch nie, aber ich war auch noch nie betrunken. Alkohol war auch eigentlich nicht so mein Ding. Genauso wenig wie Partys. Dafür war ich wohl einfach zu ruhig und vielleicht auch ein bisschen zu schüchtern um mich auf so etwas überhaupt herumzutreiben. Wieso hatte ich dann das gestern überhaupt gemacht? War wohl reine Dummheit.
 

„Du gehörst eigentlich ins Bett“, flüsterte mir Jamie zu, als er einen Arm um meine Taille legte und seine Hand auf meinen Bauch, der rumorte auch ganz schön.
 

„Würde Miller aber wohl nicht passen“, murmelte ich nur, als auf einmal ein Stück Kreide auf unserem Tisch zerschlug. „Hunt! Smith! Halten sie die Klappe!“, fauchte uns der Lehrer an, „Sonntag saufen können und nicht aus dem Bett kommen, aber dann hier quatschen können! Das hab ich ja am liebsten.“
 

Jamie zog die Augen zu Schlitzen zusammen. Dabei hatte Mr. Miller doch Recht. Irgendwie. Ein bisschen zumindest. Wenn wir uns nicht gestern betrunken hätten, würde es mir auf alle Fälle besser gehen und wir wären pünktlich gewesen. Aber das klang jetzt wohl etwas nach Streber.
 

Missmutig drehte sich der Physiklehrer um und zeichnete etwas an die Tafel. In den letzten paar Wochen hatte ich sogar im Ansatz verstanden um was es überhaupt ging. Ohm´sches Gesetz nannte sich das Zeug und war eigentlich fast nur blindes Formeleinsetzen. Etwas wirklich Einfaches für mich. Denn dann musste man alles ohnehin nur noch ausrechnen. Und für was gab es denn Taschenrechner?
 

Ich lehnte mich leicht an Jamie. Mein Kopf dröhnte einfach immer noch. Wie scheiße sich das anfühlte. Wenn ich mich nur von dem Martini ferngehalten hätte. Oder gleich ganz vom Alkohol.
 

Aber zum Glück ging es nicht nur mir nach dieser Nacht so mies. Einige aus unserer Klasse hingen genauso rum. Regelrecht wie so ein Tropfen Wasser in der Kurve. Zumindest schämen, dass ich nichts vertrug, musste ich mich nicht.
 

Die Stunde verging fast im Flug. Vielleicht würde das mit dem Rest des Tages auch so schnell gehen. Ich wollte ins Bett und meine Ruhe. Einfach schlafen. Doch als wir gerade zur Tür hinaus wollten, wurde Jamie noch von Miller aufgehalten. Ich wartete draußen an die Wand gelehnt auf ihn.
 

„Hey, Sean.“ Edward kam auf mich zu. Den konnte ich irgendwie nicht vergessen. „Hi“, meinte ich nur knapp zu ihm und dachte eigentlich schon, er würde gleich wieder verschwinden. Aber es war nicht so.
 

„Warst gestern ja ganz schön besoffen.“ Ein Grinsen zeichnete sich auf dem, wie ich wusste, gebürtigen Engländer ab. Mit seiner Familie lebte er jetzt eigentlich in China. Das musste wohl ein ganz schöner Unterschied zu Britannien sein.
 

Ich nickte nur. Mein Kopf ließ ohnehin nicht unbedingt um viel mehr zu.
 

„Was ich eigentlich fragen wollte. Willst du heute Abend mit uns bisschen PlayStation zocken?“, fragte Edward, als er wohl merkte, dass nicht mehr viel mehr von mir kam. „Nein, danke, mir geht’s nicht so gut“, erwiderte ich und deutete ihm an, dass ich Kopfschmerzen hatte. Leicht verzog er das Gesicht zu etwas, was ein bisschen nach einem Schmollen aussah. „Dann nicht. Na ja, man sieht sich“, meinte er und stapfte davon.
 

Es dauerte eine ganze Weile, bis Jamie endlich kam.
 

„Daubenmerkl war, glaub' ich, gestern auch mal kurz da, wenn ich mich nicht irre“, meinte er kichernd, als wir zu Chemie gingen. „Kann schon sein.“ Denn hatte ich auf alle Fälle nicht gesehen. Vielleicht aber auch einfach nur übersehen.
 

„Also ich liebe Chemie“, säuselte Jamie mir auf einmal ins Ohr, „Elektronen, Protonen, Neutronen, Atome, Moleküle, ...“ „Und so weiter“, unterbrach ich seine kleine Aufzählung. Denn das bereitete mir nur noch mehr Kopfschmerzen.
 

„Armer Seany“, murmelte er. Ich hob nur etwas verwundert eine Augenbraue. „Hast du mich 'Seany' genannt?“ Zuerst erhielt ich als Antwort nur ein Auflachen. „Hat Picco gestern auch gemacht“, erklärte er mir schließlich.
 

„Ich darf das auch!“, zischte da aber auf einmal jemand hinter uns, der sich auch gleich zwischen mich und Jamie quetschte und jedem von uns einen Arm um die Schultern legte.
 

„Morgen, Picco“, meinte ich mit einem etwas verzogenen Lächeln auf den Lippen. „Mein Baby hat einen Kater“, gab der Angesprochene nur mitfühlend von sich und schob auch gleich Jamie ganz von mir weg und mich drückte er leicht an die Wand. Küsste mich zärtlich auf die Stirn. „Jetzt wird es sicher besser.“ Er strahlte regelrecht, als er das sagte. „Sicher“, erwiderte ich nur verlegen.
 

„Was habt ihr beide eigentlich für eine Affäre?“ In dem Moment dachten wohl ich und Picco das Gleiche. „Gar keine!“, zischten wir Jamie nur an.
 

„Kommt aber nicht so rüber.“ Er legte die Arme um die Schultern des Italieners und blickte mich etwas prüfend an. „Du spinnst doch.“ Piccolo schüttelte Jamie von sich ab. „Ciao“, meinte er, als er mich noch einmal drückte, „ich muss zur nächsten Stunden.“
 

„Und wir müssen auch los.“ Ich spürte Jamies Finger um mein Handgelenk. Wieso konnte er denn nicht einfach meine Hand nehmen? Picco machte das doch auch. Verdammt, Jamie!
 

Ich schüttelte leicht den Kopf. Dieses ewige Stechen machte mich doch jetzt wirklich irre. Was dachte ich denn da überhaupt?
 

„Geht's dir wirklich gut?“ Wie viel Besorgnis konnte denn in diesen braunen Augen liegen? Ich schluckte und nickte schließlich langsam. Doch er wendete sich nicht zum Gehen ab.
 

„Nimm meine Hand“, flüsterte ich. Vielleicht würde er es ja nicht einmal verstehen. Sein Blick wanderte nach unten. Sein Griff um mein Handgelenk lockerte sich. Seine Finger wanderten an meinem Handrücken entlang und umschlossen schließlich die meinigen.
 

„Besser so?“ Ich nickte langsam.
 

Irgendwie fühlte es sich anders an, als bei Piccolo. Bei dem fühlte ich mich sicher und geborgen, wenn er meine Hand nahm. Aber jetzt? Es war ungewohnt. Der Italiener war irgendwie auf meiner Wellenlänge. Jamie eigentlich nicht. Er war anders. Man konnte ihn aber nicht wirklich beschreiben. Ruhig und doch stürmisch. Wie der Wind.
 

„Sean?“

Ich schreckte aus meinen Gedanken doch und blickte in die verwunderten Augen des Amerikaners. Wie verdammt braun die doch waren. Wie die eines Hundes.
 

„Ich dachte schon, du wärst ihm gehen eingeschlafen“, kicherte Jamie. Er löste seine Hand um die meine und legte mir den Arm um die Schultern. So fühlte ich mich irgendwie, wie ein richtig guter Kumpel von ihm. Nur wollte ich das gerade gar nicht sein. Ich wollte mehr sein.
 

Jamie's PoV
 

Er sah mich richtig süß an. Deswegen huschte wohl sogar ein Lächeln über meine Lippen. Da drehte Sean aber auch schon den Kopf weg. Hatte ich da vielleicht einen leichten Rotschimmer auf seinem Gesicht gesehen.
 

„Gut das Daubenmerkl immer zu spät kommt“, meinte ich um irgendwie wieder ein Gespräch aufzubauen. Doch er nickte nur langsam. Wir schwiegen bis zum Chemiesaal nur vor uns hin. So recht wusste nicht einmal ich, was ich sagen sollte.
 

Wir setzten uns in die letzte Reihe und waren auch welche der Letzten. Wieder lehnte sich Sean an mich. Es schien ihm zwar wieder besser zu gehen. Aber ganz war er wohl noch nicht von seinem Kater kuriert.
 

„Ach ja, ich bin heute Abend nicht da. Am besten gehst du mit Picco zum Abendessen.“ So recht interessierte ihn das wohl gar nicht. Sollte mir dann auch recht sein. Aber dann fragte er: „Musst du nachsitzen, weil du dich wegen mir geprügelt hast?“ Ich nickte nur.
 

„Hast du gesagt, wieso du es gemacht hast?“ Ich überlegte erst. Dann schüttelte ich aber den Kopf. Ganz so recht wusste ich nicht, wieso ich nicht die Wahrheit sagte. Möglicherweise weil Miller nichts deswegen gesagt hatte. Es schien so, als ob es ihm egal wäre. Ihm interessierte so etwas meistens aber ohnehin nicht. Nur was er sah, konnte er bestrafen. Das sagte dieser Idiot so oft und es regte mich auf.
 

„Ist vielleicht besser so.“ Sean kuschelte sich noch enger an mich. Leicht zuckte ich zusammen. Was war denn heute nur in ihn gefahren. Er klammerte sich regelrecht an mich.
 

Bis zur Mittagspause verflog die Zeit wie im Flug. Ich würde mich auf alle Fälle so richtig vollfressen. Dann könnte mir das fehlende Abendessen nicht so viel ausmachen.
 

„Du tuest ja gerade so, als ob du heute nicht mehr bekommst.“ Als ich von meinem Teller aufsah erkannte ich Picco. „Tu' ich auch nicht“, erwiderte ich knapp und widmete mich lieber wieder meinem Essen.
 

„Stimmt, du und Felix bekommt heute wegen eurem tollen Nachsitzen kein Abendessen.“ Ich zuckte beim Namen dieses verdammten Deutschen zusammen. „Passt du auf Sean auf?“, fragte ich einfach. Ein leichtes Lächeln bildete sich auf dem Gesicht des Italieners. „Mach ich doch gerne.“
 

Er sank auf den Stuhl neben Sean und legte diesem den Arm um. „Wir werden schon unseren Spaß heute haben. Ein bisschen lästern über die nervigen Zimmergenossen kann man immer.“ Picco fuhr dem Blonden durchs Haar.
 

„Dann könnt ihr eure kleine, süße Affäre ja auch weiter pflegen“, meinte ich scherzhaft zwischen zwei Bissen. Doch es war wohl nicht für jeden so witzig. Denn ich erntete von den beiden nur böse Blicke.
 

„Wir haben keine ...“, wollte Sean ansetzten Da hielt ihm Piccolo aber schon den Mund zu. „Er findet sich nur irre witzig damit. Wenn du dich aufregst, freut er sich nur.“ Ich zog eine Schnute. „Hast du meinen Plan aufgedeckt“, murmelte ich. Aber da schien weder den jungen Waliser, noch den Italiener zu interessieren.
 

„Klar, beachtet mich einfach nicht“, murrte ich gespielt eingeschnappt. Aber sowohl Sean, als auch Picco, nahmen das dann wohl doch etwas zu ernst.
 

„Wir beachten dich doch immer“, meinte der Blonde und sah mich wieder so süß an, wie vor Chemie. „Genau, du bist doch unser kleiner, großer Jamie.“ Picco beugte sich über den Tisch zu mir und küsste mich zärtlich. Als er sich wieder von mir löste, bemerkte ich, wie uns der Britte verschreckt ansah. Man konnte es ihm von der Nasenspitze ablesen, dass ihm gerade der Hunger vergangen war.
 

Im selben Moment klingelte es aber auch schon. Schluss mit Essen. Und ehrlich gesagt, wollte ich auch gar nicht mehr.
 

„Du passt dann auf Seany auf“, wendete ich mich noch einmal kurz an Piccolo, der auch gleich nickte.
 

Langsam stand ich auf. „Kommst du?“, fragte ich. Der Blonde sah langsam zu mir auf. Immer noch lag irgendetwas in seinen Augen, was mir nicht so recht passte. Eifersucht war es aber sicher nicht. So kindisch konnte er gar nicht sein. Sean doch nicht.
 

„Was haben wir jetzt?“, fragte er ohne die kleinste Gefühlsregung in der Stimme, als wir auf dem Weg zur nächsten Unterrichtsstunde waren. Die vierte Woche und er konnte sich unseren Stundenplan immer noch nicht merken. Vielleicht wollte er es aber auch gar nicht.
 

„Erdkunde“, erwiderte ich. Irgendwie war es mir nicht geheuer, dass er so gefühlskalt wirkte. Das war doch gar nicht seine Art. War er doch wegen diesem Kuss sauer? Dann war er aber wirklich kindisch. An ihn ran machen sollte ich mich nicht, aber wegen so etwas eifersüchtig sein. Da soll einmal einer aus ihm schlau werden.
 

„Bei Mr. Franklin. Oder?“, wollte Sean wissen und blickte sogar zu mir auf. Seine blauen Augen drückten sogar einmal wieder irgendetwas aus. Auch wenn es nur seine Süßheit war. Sozusagen sein Zuckergehalt. Ok. Es war eigentlich Unwissenheit. Aber er sah gerade deswegen zum Anbeißen aus.
 

„Du schaust mich gerade so an, als ob du mich fressen wolltest.“ Er marschierte vor mir her. Die Arme hinter dem Rücken verschränkt. Ein paar Meter von mir entfernt blieb er stehen und drehte sich leicht zu mir.
 

„Kommst du?“, fragte er. Mir war es gar nicht aufgefallen, dass ich hier wohl stocksteif herumstand. Immer wieder wuselten andere Schüler an mir vorbei. Einige schüttelten nur herablassend den Kopf.
 

Ich nickte Sean zu und lief hinter ihm her. In Geographie war er besser als ich. Um längen. Wahrscheinlich kannte er sich einfach in der Welt aus. Dabei sah er nicht einmal so aus, als ob er schon weit herumgekommen war. Vielleicht interessierte es ihn aber auch einfach nur. Alles was mich einfach nur langweilte. Von anderen Ländern angefangen, bis hin zu irgendwelchen Planeten. Es war einfach kein Interesse da.
 

Dagegen bei Sean im Überfluss. Wie ein junger Welpe sah er Mr. Franklin manchmal an. So wissbegierig. Wenn er noch mit dem Schwanz wedeln könnte, würde er es wohl tun. Und den Anblick könnte ich mir auch nicht ersparen.
 

Ich nahm wieder seine Hand und drückte sie behutsam. Erst wollte er sie zurückziehen, doch dann tat er es nicht. Schaute nur verlegen zu mir auf. Wie ein junges Reh. Man konnte den guten Sean doch wirklich mit fast jedem kleinen, unschuldigen Tier vergleichen und es würde wohl zutreffen.

Sieh den Vorteil darin

Kapitel 24 – Sieh den Vorteil darin
 

Sean's PoV
 

Aber fünf Uhr abends war ich dann allein. Jamie musste zu Mr. Miller. Ich hoffte einmal er würde sich nicht wieder mit Felix anlegen. Sonst könnte er nur noch länger Nachsitzen. Mir reichte es jetzt schon. Einsamkeit hasste ich. Gerade jetzt.
 

Ich rollte mich auf dem Bett zusammen. Vielleicht hätte ich einfach zu Picco gehen sollen. Bei meinem Pech würde ich aber wohl nicht einmal so weit kommen.
 

Und dennoch raffte ich mich hoch. Stapfte mit hängenden Schultern bis zur Tür, aber da machte ich schon wieder auf den Haken kehrt. Tapste zurück zum Bett und sank wieder darauf. Schlang auch gleich die Arme um mein Kissen.
 

Eigentlich sollte doch Picco vorbeikommen. Also könnte ich genauso gut warten. Im Grunde wollte ich ohnehin etwas meine Ruhe, auch wenn es meinem Kopf schon um einiges besser ging, als heute morgen.
 

Langsam rollte ich mich wieder zusammen und presste die Augen zusammen. Doch irgendwie sah ich immer nur eins. Wie sie sich küssten. Picco und Jamie. Ich wollte es mir zwar nicht eingestehen, aber ich war eifersüchtig. Und zwar ganz schön. Nur war ich mir nicht sicher auf wen.
 

Ich drehte mich auf den Rücken und blickte zur weißen Decke. Irgendwie hatte ich auf dieses Sterile keine Lust mehr. War doch ekelig. Irgendwas gehörte da noch hin.
 

Mit einem Satz landete ich auf den Füßen. Irgendetwas zum Aufhängen hatte ich ja nicht. Keine Bilder und keine Poster.
 

Unsicher blickte ich mich um. Eine große Auswahl zur Verzierung hatte ich nicht. Da viel mein Blick auf ein paar Blätter Papier auf dem Schreibtisch. Einen Bleistift könnte ich doch wohl auch noch auftreiben.
 

Ich konnte nicht gut zeichnen, aber es würde schon ausreichen. Im Schneidersitz setze ich mich aufs Bett. Begann einfach mit ein paar Strichen. So sicher war ich mir nicht, was daraus wurde.
 

Durch ein Klopfen an der Tür wurde ich aber aus meinem Tun hoch geschreckt. Wie gebannt blickte ich auf die Klinke, als diese hinunter gedrückt wurde.
 

„Na, Seany“ Piccolo grinste mich an. Richtig erleichtert atmete ich auf. Auch wenn es mir wohl besser gefallen hätte, wenn es Jamie schon wäre. Doch den könnte ich sicherlich bis nach dem Abendessen nicht mehr sehen. Wahrscheinlich würde er auch eine ganze Weile danach noch nicht zurückkommen.
 

„Du bist früh dran“, meinte ich und legte den Kopf leicht schief. „Ich wollte dich nur nicht zu lange alleine lassen. Jamie macht sich doch ohnehin Sorgen.“ Ein Lächeln umspielte die Lippen des Italieners, als er auf mich zu kam und sich schließlich neben mich aufs Bett fallen ließ.
 

Sein Blick schweifte auf das Blatt Papier vor mir. „Netter Vogel.“ „Hm“, gab ich nur als Kommentar darauf zurück. Doch da schlang er schon die Arme um meine Schultern. Unbewusst schmiegte ich mich an ihn.
 

Was würde es jetzt groß ausmachen, wenn ich hier ein bisschen mit Piccolo kuscheln würde? So aus reinem Spaß? Auf etwas Ernstes würde ich es ohnehin nicht hinauslaufen lassen. So weit war ich mit meinen 17 Jahren noch nicht. Klar, ein kindlicher Gedanke. Eigentlich sollte ich schon längst meine erste Liebe hinter mir haben. Aber im Grunde hatte ich mich da doch in etwas viel Schlimmeres verbissen. Ich hatte mir die einzige Person zum Lieben gesucht, bei der ich das nicht durfte.
 

Langsam sah ich zu dem Italiener auf. Er biss sich leicht auf die Zunge, gerade so, als ob er etwas sagen wollte, das er aber besser nicht aussprechen sollte.
 

„Was?“, fragte ich verwirrt. Einmal atmete Picco tief durch. „Bist du gut zu ... vögeln?“ Ich zwinkerte bei dieser Frage irritiert. Der Zweideutigkeit war ich mir im ersten Moment gar nicht so bewusst. Aber gerade als ich antworten wollte, verstand ich.
 

Ich verpasste dem Schwarzhaarigen einen Klaps auf den Hinterkopf. „Idiot!“, meinte ich gespielt sauer. Doch er kicherte nur. „Hast du es doch noch gerafft“, kicherte er. „Bin doch auch nicht doof!“
 

Ich drückte ihn aufs Bett zurück. Irgendwie ging das viel zu leicht. „Wehr dich doch!“, meinte ich, als ich mich zu ihm hinunter beugte. „Wirklich?“
 

Keine zwei Sekunden später saß er auf meinem Becken und blickte mich triumphierend an. Es war wirklich viel zu einfach gewesen. Hätte ich mir doch gleich denken können. Niemand ließ sich einfach so von mir festnageln.
 

„Du bist zu süß.“ Damit riss er mich aus meinen Gedanken. Irritiert blickte ich zu Picco auf. Der Blick, den er aufgelegt hatte, jagte mir etwas Angst ein. Er wirkte so Lust getränkt.
 

Ein kalter Schauer jagte mir über den Rücken, als er meinem Gesicht mit dem seinen immer Näher kam. Ich begann zu zittern. Und ich fing an zu beten. Nicht Picco auch.
 

„Man bist du ein süßes Engelchen.“ Seine Lippen berührten meine Wange. Auf einmal löste sich die ganze Anspannung wieder in mir auf.
 

„Engelchen?“, wiederholte ich kaum hörbar. Doch das Ohr des Italieners war meinem Mund viel zu nahe, als das er es überhört hätte. „Genau das bist du. Aber ... Jamies Engelchen.“
 

Leicht drehte ich den Kopf in Richtung des Schwarzhaarigen, als der den Namen des Amerikaners aussprach. Was sollte das heißen? Wieso sollte ich denn der von Jamie sein?
 

Picco richtete sich langsam wieder auf. „Er ist doch regelrecht vernarrt in dich.“ Er kniff die Augen zu Schlitzen zusammen. Doch als er zu mir sah, lockerte sich das wieder. „Böse könnte ich aber auf dich deswegen nicht sein.“ Ich schluckte, als er das so sagte. Irgendwie schwamm etwas Liebliches in seiner Stimme mit.
 

Er beugte sich wieder etwas tiefer über mich. „Bist du jetzt gut zu vögeln?“, fragte er. Ich blickte ihn leicht verängstigt an. Was sollte denn die blöde Frage jetzt wieder? Das erste Mal war sie noch witzig. Aber jetzt?
 

„Was ... was meinst du ... damit?“, fragte ich. Wieder kam er mir mit seinem Gesicht ein Stückchen näher. „Was hältst du davon, wenn ich dir ein bisschen etwas auf die schöne Art beibringe?“ Das beantwortete nicht wirklich meine Frage. Machte mir nur nur noch mehr Angst.
 

„Picco, hör auf! Das ist nicht mehr lustig.“ Doch da verschloss er schon meine Lippen mit den seinen zu einem leidenschaftlichen Kuss.
 

Ich hätte ihn einfach von mir weg drücken können. Aber ich wollte gar nicht. Gab mich nur der Berührung hin.
 

Zärtlich strich der Italiener mir über den Oberkörper, als er sich wieder leicht von mir löste. Ich ließ den Kopf zurück sinken und versuchte mich zu entspannen. Das gelang mir nur nicht ganz. Zu viel zehrte noch an mir, was mich das nicht genießen ließ.
 

Scheinbar bemerkte das sogar Piccolo. „Armer Seany.“ Zärtlich küsste er noch einmal meine Wange. Rutschte dann auch wieder von mir herunter und legte sich neben mich. Wobei er auch gleich die Arme um mich schlang. Ich kuschelte mich sofort an ihn.
 

„Bei Felix hättest du jetzt Angst oder?“, fragte er. Ich nickte nur hastig, weil ich mich einfach von solchen Fragen nicht stören lassen wollte. „Und wieso bei mir nicht?“
 

Für einen Moment überlegte ich. Blickte dann langsam zu. Piccolo auf. „Weil ich dich mag.“ Auf eine billigere Antwort hätte ich doch jetzt eigentlich gar nicht mehr kommen können. Auch wenn es stimmte.
 

„Mehr nicht?“ Der Italiener klang nicht gerade glücklich über meine Antwort. „Ich liebe einen anderen“, erwiderte ich nach kurzer Überlegung. „Jamie?“, kam es gleich von Piccolo. Doch ich schüttelte den Kopf. „Nicht den ...“ In Gedanken setzte ich meine Antwort noch mit: „... Jamie“ fort.
 

„Dann hast du schon jemanden? ... Da wird unser guter Jamie sich aber nicht freuen.“ Zärtlich drückte mich Picco etwas an sich. „Wird wohl so sein.“
 

Nie war ich von meiner ersten Liebe losgekommen. Nicht einmal jetzt. Ich spürte wieder, wie ich ihn vermisste. Den Einzigen, den ich überhaupt je wirklich geliebt hatte. Aber er würde nicht mehr zu mir zurückkommen. Nie mehr.
 

„Sean?“ - Piccolo riss mich aus meinen Gedanken. - „Bei mir ist es wohl etwas mehr, als nur 'mögen'.“ Seine Stimmte zitterte.
 

War das dieses mehr, das ich dachte?
 

Jamie's PoV
 

Sonst nahm man das Ticken der Uhr wohl nie so genau wahr. Nur wenn es so still war. Genauso, wie gerade jetzt. Nur ein gelegentliches Kratzen mit einem Stift auf Papier unterbrach diese erdrückende Stille.
 

Wir hatten keine Aufgabe von Mr. Miller bekommen und trotzdem war unsere Strafe klar. Kein Abendessen. Mein Magen hatte schon längst zu knurren begonnen. Diese Bestrafung war wohl wirklich die schlimmste.
 

Ich ließ den Kopf auf die Tischplatte fallen und drehte ihn so, dass ich trotzdem noch aus dem Fenster sehen konnte. Ich hatte es mir ohnehin schon in der ersten Reihe gemütlich machen müssen, dann wollte ich zumindest nicht Felix anstarren müssen, der an der Wandseite saß.
 

Aber dafür war das Pult direkt vor mir. Samt Miller. Es kam mir so vor, als ob er gelegentlich von seiner Arbeit aufsehen würde und mich anstarrte. War aber wohl nur Einbildung. Sicherlich achtete er einfach nur darauf, dass weder ich noch Felix irgendetwas anstellten.
 

Die Sonne ging gerade langsam unter. Am Horizont zeichnete sich ein Farbenspiel aus allen möglichen Rottönen ab.
 

Ein Seufzen verließ meine Kehle. Es würde eindeutig noch ein langer Abend werden. Lieber wäre ich jetzt wohl im Bett in meine Decke gekuschelt und vielleicht noch Sean im Arm.
 

Obwohl. Der sah etwas eifersüchtig aus, als mich Piccolo in der Mittagspause geküsst hatte. Vielleicht hatte ich mir das aber auch nur eingebildet. Dafür hatte er doch auch gar keinen Grund. Zumindest keinen, den ich wüsste.
 

Ich hob leicht den Kopf. Im selben Moment wie Mr. Miller. Für einen Augenblick starrten wir uns regelrecht an. Dann wanderte mein Blick auf die Tischplatte. Ließ den Kopf dann auch wieder darauf sinken.
 

Mit der Zeit wurde ich dann auch noch müde.

„Hunt“, fauchte mich der Physiklehrer da aber auf einmal an. „Was?“ Ich blickte ihn verschlafen an. Doch bei diesem wütenden Gesichtsausdruck hätte ich den Kopf gleich wieder hängen lassen können.
 

„Sie kommen nochmal mit mir mit!“ Ich nickte langsam. Mein Blick schweifte zu dem Platz, auf dem Felix gesessen hatte. Aber der war wohl schon längst nicht mehr da. Verdammtes Glück hatte der doch wirklich. Eigentlich hätten sie ihn schon längst rausschmeißen können. Rein für das, was er mit Sean machen wollte.
 

Ich stapfte hinter Miller her. Was wollte der jetzt nur noch von mir. Eigentlich hätte er mich auch gleich gehen lassen können. Mein kleiner Brite war wahrscheinlich schon längst alleine.
 

„Könnten sie mich nicht in mein Zimmer gehen lassen?“, fragte ich, als wir scheinbar vor Millers Räumlichkeiten angelangt waren. Es würde doch jetzt Schöneres geben, als hier rumzuhängen.
 

Da spürte ich auf einmal die Finger des Lehrers auf meinem Bauch. Er streichelte ganz leicht darüber. „Was soll das werden?“, flüsterte ich. So eine zärtliche Ader hatte Miller doch nicht. Der würde doch immer dieses verdammte Physiklehrer-Arschloch bleiben.
 

„Du machst doch mit jedem rum.“ Schon alleine das 'Du' klang in meinen Ohren komisch. Aber den Rest konnte man wohl auch nicht als normal ansehen. „Sie wissen schon, dass das nicht erlaubt ist?“
 

Leicht wendete ich mich zu ihm um. „Als ob du dich je wirklich an die Regeln halten würdest“, erwiderte er gelassen und strich mir sanft über die Wange.
 

„Es wäre ja wirklich blamabel für mich, wenn ich es mit ihnen treiben würde. Tse.“ Etwas mühsam konnte ich mich von Miller lösen. „Dave“, meinte der da aber nur zu mir. Ich blickte ihn verwirrt an. „Du kannst mich duzen.“
 

„Äh ... wenn ... wenn ich darf.“ Das per Du von einem Lehrer angeboten zu bekommen war ja nicht gerade üblich. Dann meinte er es aber wohl ernst.
 

„Jetzt komm endlich.“ Er legte meine Hand auf seinen Hals. Leicht biss ich mir auf die Unterlippe. Ich stellte oft Mist an, aber das war doch jetzt wirklich krank.
 

„Seit wann tragen sie eigentlich eine Brille?“, fragte ich um irgendwie auf ein anderes Thema zu kommen und dann vielleicht auch aus dieser blöden Lage.
 

„Mir sind nur die Kontaktlinsen ausgegangen.“ Ein Lächeln zeichnete sich auf Daves Lippen ab. „Steht ihnen“, erwiderte ich nur und sah etwas verlegen weg. „Sag endlich du zu mir“, säuselte er und drückte mich gegen die gegenüberliegende Wand. Hier draußen auf dem Gang würde uns noch jemand hören. Obwohl die Wände insgesamt schon nicht recht dick waren.
 

„Mr. Miller. Bitte! Hören sie auf!“, flehte ich. Irgendwie hasste ich es, so herum zu winseln. Doch er tat es nicht. Drückte mich nur noch enger an die Wand.
 

Ich atmete einmal tief durch. Man könnte es ja eigentlich einmal darauf ankommen lassen. „Wenn s... du willst ... Aber nicht hier“, meinte ich und kniff die Augen zusammen.
 

Ein kalter Schauer jagte durch meinen Körper, als er mein Handgelenk umschloss und mich einfach hinter sich herzog. Es war doch eine blöde Idee.
 

„Was krieg ich dafür, wenn ich das jetzt mache?“, fragte ich, als ich mich auf das Bett meines Lehrers sinken ließ, während er noch die Zimmertür abschloss und den Schlüssel auch gleich wegsteckte. Das könnte wohl heiter werden.
 

„Was hältst du davon, dass ich dir dein Nachsitzen erlasse?“ Er setzte sich auf meinen Schoss und begann, bevor ich überhaupt etwas erwidern konnte, meinen Hals zu küssen. Ich nickte schließlich nur.
 

Doch was würde Felix denken? Der wüsste doch schon auf Anhieb, dass da dann was nicht stimmte. So blöd war er nicht. Manchmal könnte man ihn sogar als eiskalten Strategen bezeichnen. Er überdachte alles und fand das meiste auch heraus.
 

„Über Schulz musst du nicht nachdenken!“ - Ich zuckte zusammen. Konnte Miller Gedanken lesen? - „Der wird sowieso bald fliegen!“ - Verwirrt blickte ich ihn an. Da verzog sich seine Mine aber nur zu einem frechen Grinsen. - „Du beschäftigst dich wohl zu viel mit deinem kleinen Sean um irgendwas zu erfahren.“ - Verwundert hob ich eine Augenbraue. - „Es geht doch schon seit einer oder zwei Wochen um, dass Schulz abhauen will. Wenn wir ihn wieder einsammeln wird er raus geschmissen! Und wenn nicht ist er ohnehin weg.“
 

Er wollte abhauen? Davon hatte ich ja wirklich noch nichts gehört. Es gab doch so viele Tratschtanten an dieser Schule, wie konnte da denn nichts bis zu mir durchdringen, wenn es doch sogar schon einer der Lehrer wusste?
 

Aber wenn Felix rausfliegen würde, dann landete er wieder im Knast. Eigentlich müsste er das ohnehin wegen Körperverletzung. Sogar schwerer. Doch das könnte mich ja einen feuchten Dreck interessieren. Solange er weg war und somit sich auch nicht mehr an Sean ranschmeißen konnte.
 

„Aber jetzt lass uns doch nicht über den dummen, kleinen Schulz reden.“ Ich hm-te nur als Antwort.
 

Wenn es schon etwas gab, durch das man sein Nachsitzen abwenden konnte, dann musste man das wohl auch durchziehen. Auch wenn es so etwas war. Zumindest Piccolo müsste ich nicht mehr damit belasten, dass er auf Sean aufpasst.

Jedem das Seine

Kapitel 25 – Jedem das Seine
 

Sean's PoV
 

„Picco, hör auf!“

Mein Atem raste, als ich die Finger in das Shirt des Italieners krallte. Sie zitterten. Ich hätte es gar nicht so weit kommen lassen sollen. Aber trotzdem war es passiert. Rein aus dem Vertrauen heraus, dass ich gegenüber Piccolos hatte.
 

Er hatte aber auch so schön angefangen mich zu streicheln und war nicht so ruppig an mich ran, wie Felix oder Steve. Aber zumindest hatte ich recht mit meiner Annahme, was er mit 'mehr als nur mögen' meinte.
 

„Er ist doch schon steif, also bring ich es auch zu Ende.“ Dass ich nur ein Stöhnen zur Erwiderung gab, interessierte den Schwarzhaarigen gar nicht. Er küsste nur zärtlich meinen Hals. „Entspann dich doch zumindest ein bisschen“, hauchte er mir ins Ohr. Ich hatte gar nicht bemerkt, wie ich verkrampfte. Aber ich konnte mich einfach nicht entspannen.
 

Es ging nicht. Ich hatte Angst. Die Angst verletzt zu werden. Nicht physisch. Das würde mir nichts ausmachen. Schläge. Tritte. Das konnte ich alles überstehen. Aber psychisch ertrug ich nichts. Alles was meine Seele an kratzte, ließ mich brechen. Immer wieder.
 

Und gerade so etwas konnte mein Innerstes bersten. Es gab doch eigentlich auch gar keine schlimmeren Qualen. Jede Wunde, jeder Kratzer würden irgendwann wieder verheilen. Nur nicht die, die der Seele zugefügt wurden. Bis zu seinem Lebensende konnte man die mit sich herumschleppen. Nur die wenigsten fanden auch das Balsam für solche Verletzungen. Und ich hatte das meinige noch längst nicht gefunden. Vielleicht war es mir aber auch näher, als ich dachte.
 

„Sean. Ich werd' dir nicht wehtun!“ Ich blicke nur zu Piccolo auf. Besorgnis lag in seinem Blick.
 

Ich versuchte mühsam ein Lächeln aufzulegen. „Mach doch einfach weiter.“ Eigentlich war es mir gar nicht aufgefallen, dass er schon längst von mir abgelassen hatte. Seine Arme lagen nur noch locker um meine Schultern.
 

„Willst du denn, dass ich dir wehtue?“, fragte er irritiert. Für den Bruchteil einer Sekunde überlegte ich und schüttelte dann nur den Kopf, den ich im nächsten Moment aber auch schon an Piccolos Brust drückte. Der seufzte nur überdeutlich.
 

„Ich wollte gar nicht so über dich herfallen“, flüsterte er. „Bist du doch gar nicht“, erwiderte ich gleich in einem eben so leisen Ton. Viel zu sanft war er doch zu mir gewesen, als das er 'über mich hergefallen wäre'. Er hatte doch weder Felix noch Steve erlebt. Die hatten sich auf mich gestürzt und wollten mich zu etwas zwingen, was ich nicht wollte.
 

Aber war es mir denn recht, was er tun wollte? Wieso war ich denn so versteift? Sicher nicht, weil ich es wollte. Dann wäre ich locker geblieben und hätte es geschehen lassen.
 

Und trotzdem. Er hatte es tun sollen. Einmal war es mit meinem Kopf und meinem Körper anderes herum. Sonst ließ der Körper immer alles zu und der Kopf wollte es nicht. Das erste Mal genau umgekehrt.
 

Ich rieb die Wange am Oberkörper des Italieners. Suchte etwas Geborgenheit. Die, die ich so selten von meinen Eltern erfahren hatte, aber dafür um so öfters von meinem Bruder. Nur viel zu kurz. Wie konnte er denn einfach so sterben? Mich einfach allein lassen? Ich hatte ihn doch geliebt. Über alles.
 

„Hey, Sean.“ - Piccolo strich mir übers Haar, als ich mich etwas mehr an ihn schmiegte. - „Soll ich vielleicht doch weiter machen?“
 

Ich sah an mir herunter. Eine deutliche Beule war immer noch unter dem Stoff meiner Jeans zu erkennen. Und doch schüttelte ich den Kopf. „Du bist aber immer noch ganz schön ... spitz.“
 

Langsam sah ich auf. Piccolo grinste doch wirklich übers ganze Gesicht. „Geht schon“, erwiderte ich und setzte wieder so ein mühevolles Lächeln auf.
 

„Willst du denn nicht lieber dieses geile Gefühl eines Orgasmus erleben, als mit diesem Druck zwischen den Beinen zu leben?“ Leicht hob er eine Augenbraue und blickte mich prüfend an.
 

„Das geht doch auch von alleine weg“, murmelte ich und kuschelte mich erneut an ihn. Doch er schob mich etwas von sich weg. „Das ist keine gute Lösung!“ Er zog die Augenbrauen zusammen. Sollte das autoritär wirken. Wahrscheinlich eher nicht, denn ich konnte nur kichern.
 

„Findest du das so lustig?“ Ich konnte gar nicht antworten, denn da küsste er mich schon zärtlich. Da wollte ich danach schon erst recht nichts mehr erwidern.
 

„Sean? Bist du eingeschnappt?“ Ich schüttelte langsam den Kopf. „Könntest du aufhören mich zu küssen?“, fragte ich kaum hörbar. Dabei wagte ich es nicht Piccolo in die Augen zu sehen.
 

„Oh, stimmt ja, du liebst ja schon jemanden. Tut mir leid.“ Darauf wollte ich eigentlich gar nicht hinaus. Ich wollte nur einfach nicht, dass er mich küsste. Dabei fühlte ich mich so unwohl. Nicht dass ich jemanden betrügen würde damit – ging ohnehin nicht – aber irgendwie kam ich mir so schmutzig danach vor.
 

„Wir waren gar nicht beim Abendessen“, seufzte auf einmal der Italiener. Das hatte ich aber auch vollkommen vergessen. Ich wollte auch eigentlich Jamie etwas mitbringen, doch jetzt würde es zu spät sein noch zu gehen.
 

„Ist doch egal. Weder Jamie noch Felix werden verhungern, wenn sie einmal nichts bekommen und wir wohl auch nicht.“
 

Ich vernahm ein Knurren von Picco, als ich das gesagt hatte. „Felix hätte ich ohnehin nichts mitgebracht!“, zischte er. Hätte ich mir eigentlich auch denken können. Immerhin hätte ich das auch nicht getan.
 

„Ich sollte lieber gehen. Ist schon spät.“ Der Schwarzhaarige wollte aufstehen, doch ich hielt ihn fest. „Bleib doch zumindest noch so lange, bis Jamie da ist“, flehte ich und Piccolo ließ sich sogar wieder zurück in die Kissen sinken.
 

„Da ich es versprochen habe auf dich aufzupassen, sollte ich das wohl tun. Obwohl ich wohl so bald nicht mehr auf die Gänge sollte.“ Er seufzte und ich hob etwas verwirrt eine Augenbraue.
 

„Die Gänge überprüfen die Lehrer schon jede Nacht ein paar Mal. Nur die Zimmer nicht“, erklärte er mir. So würde es auch mir einleuchten, wieso ich hier drinnen erst zwei Mal überhaupt einen Pädagogen gesehen hatte.
 

„Dann fällt es wohl auch nicht auf, wenn ich die Nacht über hier bleibe.“ Ein zuckersüßes Lächeln zeichnete sich auf seinem Gesicht ab. Ich nickte nur und kuschelte mich auch schon bald wieder an ihn. Hoffentlich würde aber auch Jamie bald kommen.
 

Jamie's PoV
 

Ich konnte nicht schlafen. Nicht jetzt. Nicht nach dieser Aktion.
 

Mit dem Kopf lag ich auf Daves Brust und lauschte dem stetig wiederkehrenden Geräusch seines Herzens, das ruhig vor sich hin schlug, während der Physiklehrer schlief. Das sollte ich eigentlich auch schon längst tun. Eigentlich müsste ich völlig erschöpft sein. Aber ich konnte einfach nicht einschlafen. Ein Zwiespalt tat sich schon die ganze Zeit auf.
 

Es war doch richtig gewesen, dass ich etwas tat, damit ich mich vor diesem verdammten Nachsitzen drücken konnte. Aber es war einfach nur falsch, dass ich dafür mit einem Lehrer vögelte. Nicht das es mir keinen Spaß gemacht hätte. Doch jetzt – danach – fühlte ich mich einfach nur noch dreckig. So elendig versaut.
 

„Schläfst du noch immer nicht?“ Ich zuckte zusammen, als Dave mir übers Haar strich. Ein besorgter Unterton hatte in seiner Stimme gelegen. So etwas hörte man wirklich nicht sehr oft von ihm. Er war doch sonst immer so eiskalt. Der könnte jeden fertig machen.
 

Ich schüttelte langsam den Kopf. Lieber wollte ich nichts sagen. Irgendwie kam ich mir ohnehin heiser vor. Mein Hals war so trocken. Eigentlich müsste ich nur noch krächzen können, wie so eine Krähe.
 

„Komm, du musst ein bisschen schlafen.“ Er streichelte mir über den Hals. Jetzt packte mich ein gewisser Würgreiz.
 

„Sie müssen nicht so nett tun, nur weil wir miteinander geschlafen haben.“ Meine Stimme klang fester, als ich gedacht hatte.
 

„Haben wir uns nicht auf ein Du geeinigt?“, fragte der Lehrer nur, als ob er meinen gereizten Tonfall völlig überhört hätte.
 

„Oh, Entschuldigung. ... Du musst nicht so nett tun, nur weil wir miteinander geschlafen haben“, zischte ich. Hatte er mich denn nicht im Grunde nur ausgenommen? Der hätte doch ohnehin jeden genommen. Ich war eben gerade da gewesen.
 

„Was bist du denn so sauer, Jamie? Hat es dir etwa nicht gefallen?“

Ich blickte auf und sah dann aber nur in zwei etwas traurige blaue Augen. Jetzt konnte ich ihn einfach nicht mehr anschnauzen. So konnte ich nur wegsehen. Ich war nicht im Stande so einen Blick lange auszuhalten.
 

Minuten des Schweigens. Und keiner wollte sie brechen. Ich zumindest ganz bestimmt nicht. Lieber blieb ich für den Rest der Nacht ruhig. Vielleicht könnte ich dann auch endlich schlafen. Zwar wusste ich nicht, wie spät es war, aber es war sicherlich nicht mehr sieben oder acht Uhr.
 

„Willst du die Nacht über hier bleiben?“, fragte da auf einmal Dave. Ich wollte schon fast nicken, doch dann kam mir nur wieder, dass wohl Sean alleine war. Wenn nicht Picco bei ihm geblieben war. Aber dafür würde der wohl auch nicht gerade große Lust gehabt haben.
 

„Ich geh lieber auf mein Zimmer“, antwortete ich schließlich und wollte mich schon hoch raffen, aber da hielt mich Mr. Miller auf einmal am Handgelenk fest. Ich wendete mich noch einmal zu ihm und blickte ihn fragend an.
 

„Eigentlich dachte ich, dass du hier bleiben würdest“, meinte er und versuchte etwas mühsam leicht zu lächeln. Doch da löste ich mich schon aus dem Griff des Lehrers und stand endgültig aus.
 

„Sean wird sich Sorgen machen“, murmelte ich nur und sammelte meine Sachen auf, die auf dem Boden verteilt lagen.
 

„Du hast einen hübschen Arsch“, hörte ich da auf einmal Miller sagen, als ich mir gerade das Shirt über den Kopf zog. „Und sie … äh … du siehst mit der Brille süß aus.“ Ein Grinsen umspielte meine Lippen, als ich mich noch einmal zu ihm drehte. Sein Blick lag auf der Brille, die auf dem Tisch lag. „Dabei sind mir doch nur die Kontaktlinsen ausgegangen.“
 

Ich lachte nur kurz auf, bevor ich mich knapp verabschiedete. Von seinem Gesichtsausdruck her hatte Mr. Miller wohl etwas anderes erwartet. Aber jetzt war mir das gänzlich egal.
 

Als ich an der Tür stand, fiel mir erst wieder ein, dass die abgeschlossen war. Ich wendete mich noch einmal zu Miller um. Da warf mir der aber auch schon den Schlüssel zu.
 

Ich stapfte die dunklen Gänge entlang. Bei jedem kleinsten Geräusch zuckte ich zusammen und konnte mich erst wieder entspannen, wenn nicht in den nächsten paar Minuten ein Lehrer vor mir stand.
 

Aber jetzt wollte ich nur zu Sean. Der Kleine würde sich doch alleine nur zu Tode fürchten. Aber vielleicht war auch Piccolo lange genug bei ihm. Irgendwie hatten die beiden einen guten Draht zu einander. Sie waren wohl genau auf einer Wellenlänge.
 

Das wäre ich wohl auch zu gerne mit ein paar meiner anderen Zimmergenossen gewesen. Aber mehr als zum Vögeln hatte ich sie oft nicht ausgenutzt. Da bestand keine wirklich innige Beziehung zwischen einander. Es war mehr oder weniger nur einen Zweckgemeinschaft, bei der ich die meisten Vorteile hatte. Jemand anderes war mir aber auch so lange egal.
 

Für mich hatte sich aber früher auch so selten jemand gekümmert. Meine Mutter verließ meine Familie schon früh.. Da war ich kaum sechs Jahre alt und mein Vater war ab dann nicht mehr gerade nett zu mir. Für ihn war ich dafür verantwortlich, dass meine Mam abgehauen war. Zumindest am Anfang.
 

Und zu Gleichaltrigen hatte ich auch nie wirklich eine gute Beziehung. Da konnte ich nicht wirklich etwas aufbauen. Zumindest, als ich noch klein war. Später wurde es etwas besser. Nur hier ging dann die Sache wieder ganz schön bergab. Ich hatte keine Lust mich irgendwo richtig ein- oder unterzuordnen. Picco, Tyler und Max. Das waren die einzigen richtigen Freunde. Mit allen anderen verstand ich mich recht gut, solange ich sie nicht unbedingt schon durchgenommen hatte oder irgendeinen festen Freund von jemanden.
 

Das machte einem eben ganz schön oft eher Feinde, als etwas anderes. Einen gewissen Trotz zeigte ich dann auch noch gegenüber von Lehrern. Ärger wollte gerade hier niemand mehr. So war ich dann für ein paar schon eher lästig. Nur hatte mich das irgendwie so gar nicht interessiert.
 

Es dauerte gar nicht lang, da stand ich schon vor der Tür meines Zimmers. Leise drückte ich die Klinke hinunter. Sean wollte ich nicht wecken, falls er schon schlief.

Zu dritt oder italienische Flüche

Kapitel 26 – Zu dritt oder italienische Flüche
 

Sean’s PoV
 

Ich hatte gehört, wie die Tür aufging. Nicht gerade deutlich. Aber sie war geöffnet worden. Leicht hob ich ein Lid, konnte jedoch überhaupt nichts erkennen. Nur Piccos Shirt. Dessen Arme lagen immer noch um mich.
 

Ich wollte mich nicht aufrichten. Dafür war ich nicht zu müde, aber mich hinderte noch etwas daran, es einfach zu tun.
 

„Du bist ja endlich wieder da, Jamie“, hörte ich da aber auf einmal Piccolo sagen. Er raffte sich auch langsam hoch und gähnte herzhaft. Ich dagegen rührte mich gar nicht erst. Kniff nur wieder die Augen zusammen.
 

„Sean schläft wohl schon.“ Die Stimme des Amerikaners klang so bedrückt. „Wenn du auch bis …“ – Scheinbar blickte Piccolo auf den Wecker. – „… bis kurz vor zwei Uhr morgens weg bleibst!“
 

Ich krallte die Finger in Piccos Shirt, als ich gerade das andere Bett knarren hörte. Da hatte sich wohl Jamie hingesetzt. „Du willst doch da jetzt nicht alleine schlafen?“ Man konnte fast das sanfte Lächeln auf den Lippen des Italieners mit aus seiner Stimme heraus hören.
 

Wieder durchfuhr ein Knarren die Stille. „Bei euch ist doch kein Platz mehr.“ So ein enttäuschter Tonfall lag in Jamies Stimme. „Ach komm. Du passt hier auch noch rein.“ Piccolo zog mich enger zu sich. So könnte sich wirklich Jamie noch hinter mich ins Bett quetschen. Auch wenn mir zu Dritt in einem Bett etwas eng vorkam.
 

„Bevor wir Sean zerquetschen lieber nicht.“ Leicht ließ mich der Italiener los, als Jamie das sagte, und stand auf. Ich hob jetzt etwas wieder ein Lid.
 

Piccolo hatte die Arme und die Schultern des Amerikaners gelegt. Mehr sah ich nicht wirklich. Nur irgendwie hörte es sich so an, als ob sie sich küssen würden.
 

Ich zog die Augen zu Schlitzen zusammen. Könnten die beiden einmal vielleicht daran denken, dass ich möglicherweise wach sein könnte und das hier alles mitbekam?
 

„Kommst du jetzt mit ins Bett?“, fragte Picco, als er sich wieder zu mir umdrehte. Ich drückte sofort die Augen wieder zusammen. Er würde schon nicht bemerkt haben. „Wenn du einen so überzeugst. Aber du gehst nach hinten!“ „Wenn du willst.“
 

Ich spürte, wie die Matratze leicht ab sank und jemand über mich drüber stieg. Sich dann auch hinter mir nieder ließ. Zwei Arme schlangen sich noch fast im gleichen Augenblick um meine Schultern und zogen mich etwas zurück. „Müsste genügend Platz für dich sein.“ Piccolos Stimme klang ganz nah an meinem Ohr.
 

„Wird schon reichen.“ Auch vor mir sank jetzt das Bett etwas ein. Schon im nächsten Moment lag ich in einer zweiten Umarmung. Irgendwie kam ich mir gerade vor, wie in einem Sandwich und ich war der Belag umgeben von einem Piccolo- und einem Jamie-Toastbrot.
 

Langsam öffnete ich die Augen. Jamie war schon längst eingeschlafen und von Picco bemerkte ich auch nicht mehr viel, dass er wach sein könnte. Also müsste ich mich ja eigentlich gar nicht mehr so unwohl fühlen. Aber ich tat es trotzdem. Zwischen zwei solchen Jungs zu liegen war eigentlich nicht so meine Sache. Gerade auch noch zwischen zwei!
 

Leicht drückte ich den Kopf an Jamies Brust. So hatte ich es früher bei meinem Bruder auch oft getan. Irgendwie waren sie sich nicht nur vom Namen her ähnlich. Mein großer Bruder hatte mich auch immer verteidigt und wollte mich beschützen. Genauso oft, wie der Amerikaner, hatte er es aber dann auch geschafft. Viel zu oft war ich einfach irgendwo rein geraten. Und dann auch noch meistens selbst verschuldet.
 

Ich seufzte leise.

Wegen mir war er doch auch tot. Wenn er noch leben würde, dann wäre ich nicht hier. Ich hätte nie diese Idioten kennen gelernt, die wenn es gefährlich wurde den Schwanz einzogen. Vielleicht hätte mein Vater nicht einmal angefangen mich zu schlagen. Er hätte möglicherweise irgendwann verstanden, dass ich eben auch auf Jungs stand. Was doch alles gewesen sein könnte.
 

Aber ich hätte auch nie Piccolo und Jamie kennen gelernt. Niemand hätte meinem Bruder je Konkurrenz machen können. Das ging aber jetzt ja auch noch nicht. Ich hing noch immer an ihm. Obwohl er schon drei Jahre lang nicht mehr lebte.
 

Es war eigentlich krank. Ich war krank! Nur weil ich ihn liebte. Und das durfte ich nicht. Er war mein Bruder. Mein einziger. Wenn ich nur adoptiert gewesen wäre, so wie mich mein Vater so oft geschimpft hatte, dann hätte ich es gedurft. Nur war ich das nicht. Blutsverwandt waren wir. Deswegen war verboten, was ich mir eigentlich wünschte. Aber auch nur moralisch.
 

Ich drückte mich noch etwas enger an Jamie. Irgendwann würde der noch wegen mir aus dem Bett fallen. Dann würde ich aber da wohl auch landen, so wie er mich regelrecht umklammerte.
 

Mit der Zeit wurde ich müde. Doch bevor mir die Augen zufielen, spürte ich, wie sich jemand an meiner Jeans zu schaffen machte. Ich hatte sie nicht ausgezogen.
 

„Jamie würde sich sicher freuen, wenn wir das machen“, hauchte mir Piccolo ins Ohr. Ob er sich im Klaren darüber war, dass ich nicht schlief. Sonst würde er aber wohl nicht jetzt damit anfangen.
 

„Hör auf“, zischte ich nur. Zärtlich küsste Piccolo meinen Hals. „Willst du Jamie keine Freude machen?“, fragte er, gerade so, als ob wir dem Amerikaner das Zimmer aufräumen würden, statt dass er mich befummelte.
 

Ich blickte langsam zu Jamie auf. Der schlief doch wirklich immer noch ganz friedlich. „Wenn du erst mal loslegst, wird er schon wach“, flüsterte mir da Picco schon ins Ohr. Er hatte wohl bemerkt, wohin mein Blick gewandert sein musste. Von seiner Position her war das aber auch etwas schwer zu sehen.
 

Gerade noch spürte ich, wie der Italiener meine Hose aufbekommen hatte, da drückte ich schon die Beine zusammen. „Ich hab gesagt, du sollst aufhören“, knurrte ich. „Fauch nur, Kätzchen“, meinte der Schwarzhaarige aber nur als spöttisch Erwiderung.
 

„Piccolo!“, gab ich wütend von mir, dann verstand er wohl endlich. „Musst doch nicht gleich so sauer werden.“ So einen missmutigen Unterton hatte ich – so weit ich wusste – noch nie von Picco gehört.
 

„Du weißt, was Felix machen wollte“, flüsterte ich nur. Der Kopf des Italieners landete an meinem Rücken und drückte leicht dagegen. „Tut mir leid“, murmelte er kaum hörbar. Behutsam schlang er die Arme wieder um mich und wollte mich etwas von Jamie wegziehen. Doch selbst im Schlaf hatte er eine ganz schöne Kraft.
 

„Der steht doch wirklich voll auf dich.“ Der Italiener hatte seine Wange an die meine gedrückt. So konnte ich aus dem Augenwinkel leicht sehen, wie er grinste. Irgendwie sah das etwas fies aus.
 

„Er will doch gar nichts von mir“, meinte ich. Jedoch ließ das ihn nur kurz auflachen. „Jamie steht auf dich, aber so was von!“ Sofort schüttelte ich den Kopf. „Das denkst doch nur du.“
 

Picco gab mir einen kurzen Kuss auf die Backe. „Wenn er nicht wirklich irgendwie in dich verknallt wäre, dann wärst du schon längst unter ihm gelegen.“ Ich drehte mich, so weit es mir möglich war, zu ihm. „Was soll das denn heißen?“, fragte ich verwirrt.
 

„Sonst hat er jeden innerhalb einer Woche rumgekriegt. Nur dich nicht. Er hat es scheinbar nicht einmal versucht.“ Der Italiener hob leicht eine Augenbraue. „Na ja“, erwiderte ich kurz und wohl etwas zu knapp.
 

„Was ‚Na ja’? Sag mir jetzt nicht ihr hattet irgendwas in der letzten Nacht und du hast es mir nicht erzählt. … Also Sean. Wir sind doch Freunde! So was musst du mir sagen!“ Wie vorwurfsvoll er doch klang. Irgendwie süß.
 

„Nur … na ja, er hat … ähm ...“ Ich führte mich auf, wie ein kleines Schulmädchen, für das Sex etwas Dreckiges war, dass man besser nicht aussprach.
 

„Hat er dir einen runter geholt?“, fragte Piccolo scheinbar auf Gutglück. Sofort schüttelte ich den Kopf. „Hm? … Dann könnte er … Aber das macht Jamie eigentlich nicht.“ „Was?“, wollte ich wissen, bevor der Italiener überhaupt zum weiter Überlegen kam. „… Das er dir einen geblasen hat, aber das tut er nicht. So erniedrigen will er sich nicht. …“ „Hat er aber.“
 

Ich spürte, wie Piccolo vor Schreck zusammen zuckte. „Er hatte seine Lippen zwischen deinen zarten Schenkeln?“ Ich nickte nur langsam.
 

Der Italiener drehte mich einfach endgültig zu sich herum ohne darauf zu achten, ob er Jamie damit wecken könnte. „Hör auf mich anzulügen!“ Er dachte das doch wirklich.
 

„Ich lüge nicht!“ Leicht zog ich die Augenbrauen zusammen. Er musste mir doch glauben.
 

„Erzähl keinen Mist. Wieso sollte er denn das machen?“ Ich zuckte auf diese Frage nur mit den Schultern. „Irgendwas anderes wollte er nicht machen.“
 

Es kam mir gerade so vor, als ob Piccolo mir gar nicht zuhören würde. „Letzte Nacht … da warst du betrunken“, überlegte er laut. „Er hat aber gesagt, dass er es gemacht hat“, beschwerte ich mich auch gleich.
 

Der Italiener hob misstrauisch eine Augenbraue. „Damit hat er dich wohl verarscht.“ Mürrisch kniff ich die Augen zusammen. „Er hat mich nicht verarscht!“, fauchte ich.
 

Plötzlich wurde die Umarmung von Jamie um mich enger. „Könnt ihr euch nicht irgendwann anderes streiten“, murrte der Amerikaner und legte seinen Kopf auf meine Schulter.
 

„Wenn wir Jamie schon wegen so etwas wecken, dann könnten wir ihn doch gleich selbst fragen.“ Ich spürte, wie der Größte von uns Dreien dieser Aussage von Piccolo leicht den Kopf hob. „Was fragen?“, wollte er auch schon wissen.
 

Ich blickte den Italiener nur böse an. Aber er sprach es trotzdem aus. „Hast du Sean einen geblasen?“
 

Ich drehte meinen Kopf leicht zu Jamie und sah wie der rot wurde. Jeder Tomate hätte er Konkurrenz machen können. Da entfuhr Piccolo aber schon ein Kichern. „Dann hat der Kleine ja wirklich nicht gelogen.“ Mürrisch zog ich die Augen zu Schlitzen zusammen. „Ich bin nicht klein.“
 

„Bist du doch!“ Für einen Moment löste der Kalifornier die Umarmung um mich. Aber auch nur um mir kurz durchs Haar zu fahren. Schon in der nächsten Sekunde drückte er mich wieder an sich.
 

Doch auf einmal spürte ich, wie sich wieder einer der beiden an meiner Jeans zu schaffen machte. Sicher sein, welcher es von ihnen war, konnte ich mir nicht einmal. Piccolo hatte sich auch wieder an mich gedrückt.
 

Ich würde doch nicht einmal gegen einen von ihnen ankommen. Wieso mussten sie sich denn jetzt schon zusammenschließen?
 

Aber da bemerkte ich nur, wie mir die Hose langsam heruntergezogen wurde. „Mit der kannst du doch nicht richtig schlafen“, flüsterte mir Jamie ins Ohr. Leise atmete ich erleichtert auf. Mit einem dumpfen Geräusch landete das Kleidungsstück auf dem Fußboden.
 

„Hilfst du mir auch?“, fragte da auf einmal Piccolo. Er stützte sich leicht auf mir ab und blickte Jamie mit selbst in der Dunkelheit noch scheinbar aufblitzenden Augen an. „Das kannst du ruhig selber machen“, murrte der Amerikaner aber auch nur und kuschelte sich etwas enger an mich. Ging eigentlich schon fast gar nicht mehr.
 

Ich wendete mich leicht zu Jamie. Nur spürte ich da schon den Blick des Italieners auf mir lasten. So drehte ich mich wieder zu dem.
 

„Hilfst du mir?“, wollte er wissen und nur ein paar Minuten später fand auch Piccolos Hose ihren Weg auf den Boden vor dem Bett.
 

Kurz darauf war ich auch wieder in süße Träume versunken. Irgendwie konnte ich zwischen den beiden dann doch recht gut schlafen.
 

Jamie's PoV
 

Das wir doch wirklich zu Dritt in einem Bett Platz hatten. Irgendwie hatte das wohl heute Nacht doch geklappt, ohne dass einer von uns zerquetscht oder ich aus dem Bett gefallen war. Und eigentlich hatte es sogar etwas Gutes gehabt. Ich konnte mich ungehindert einfach etwas an Sean schmiegen. Irgendwie war er schon ein süßes Ding.
 

Ich rieb gerade meinen Kopf an seinem Rücken, als ich bemerkte, dass da wohl noch einer wach geworden war. „Kannst wohl auch nicht mehr schlafen, Jamie“, murmelte Piccolo und gähnte schon kurz darauf herzhaft.
 

„Solange unser Kleiner noch nicht wach geworden ist“, meinte ich nur. Und so war es doch auch. Sean schlief noch genüsslich zwischen uns. Irgendwie wollte ich ihn auch gar nicht wecken.
 

„Wie spät ist es?“, wollte da schon der Italiener wissen. Ich hob nur leicht den Kopf. „Weiß ich doch nicht“, erwiderte ich schließlich und schmiegte mich wieder etwas mehr an den blonden Briten.
 

Der Schwarzhaarige beugte sich über Sean und küsste mich vorsichtig auf die Wange. Leicht schob ich ihn zurück. „Lass das“, murrte ich. Gerade jetzt konnte ich ihn so anhänglich irgendwie nicht brauchen.
 

„Ein bisschen zu sehr bist du schon auf Seany fixiert.“ Ich zog bei dieser Aussage zuerst nur die Augenbrauen zusammen. „Du etwa nicht?“, meinte ich dann.
 

Er war es doch genauso. Zwar sollte er auf ihn aufpassen, aber so lange nun auch wieder nicht. Das er so lange bei ihm bleiben würde, bis ich wieder zurück kam, hätte ich ohnehin nicht gedacht. Und jetzt war er immerhin auch noch da.
 

„Er ist süß ... find ich“, flüsterte Piccolo, „und irgendwie ... mag ich ihn.“ Ich hob langsam den Kopf. Wie weit würde bei ihm dieses 'Mögen' wohl gehen. So wie ich ihn kannte, war das nicht mehr das gewöhnliche. Es ging so oft bei ihm über ein bisschen Kuscheln hinaus. Und es sich nehmen lassen, einen zu befummeln, hatte er sich noch nie. Er war der Typ von Mensch, der das liebend gerne auch einmal etwas weiter nach unten gehen ließ.
 

„Jamie? Was hältst du von Duschen?“, fragte da der Italiener auf einmal. „Mit dir?“, wollte ich nur mit hochgezogener Augenbraue wissen. „Mit wem denn sonst? Sean schläft doch noch, da könnten wir uns auch so richtig austoben!“
 

Picco beugte sich vorsichtig über den kleinen Briten zu mir. Leicht hing ihm das zerzauste Haar ins Gesicht. Etwas zaghaft strich ich ihm eine solche Strähne hinters Ohr.
 

„Ist das jetzt ein Ja, dass du mitkommen willst?“ Er blickte mich mit großen, fragenden Augen an. Doch dann schüttelte ich langsam den Kopf.

„Hab keine Lust“, murmelte ich nur noch, bevor ich Sean wieder etwas zu mir zog.
 

Verwirrt blickte mich der Italiener an. „Du hast keine Lust?“ Damit hatte ich ihn jetzt wohl ganz schön geschockt.
 

„Sag mir bitte was Miller dir gestern geben hat!“ „Dave“, murmelte ich aber auch schon. Es war nur ein Versehen. Eins, das Piccolo aber gehört hatte.
 

„Wer ist Dave?“, fragte er und zog verwundert die Augenbrauen zusammen. „So heißt Miller mit Vornamen“, erwiderte ich knapp und legte den Kopf auf Seans Schulter ab. Dass der Kleine überhaupt noch schlief.
 

„Wieso sollte er dir den sagen?“ Es wäre wohl am Besten, wenn ich auf diese Frage nicht mehr antworten würde. Auch wenn der Italiener es wohl aus mir heraus quetschen könnte, wenn er wollte.
 

„Jamie! Spuck's aus!“, zischte er da schon. Scheu sah ich zu ihm auf. Wie er doch irgendwie richtig süß mit den zu Schlitzen zusammengekniffenen Augen wirkte.
 

„Er hat mir Nachsitzen erlassen und mir seinen Vornamen gesagt nur weil ich mit ihm ... na ja, ... ich hab mit ihm ...“ Ich brachte es nicht heraus. Beim bloßen Gedanken daran fühlte ich mich aber auch schon irgendwie dreckig. Wieso hatte ich das eigentlich getan? Nur weil ich für die sechs Tage in den nächsten drei Wochen abends lieber bei Sean sein wollte? Oder weil mich der Kick einen Lehrer zu vögeln gepackt hatte?
 

„Wenn du es so nicht sagst, dann werde ich es aus dir raus ... blasen!“, zischte Piccolo. Doch darauf konnte ich jetzt nur lachen. Was sollte das denn für eine Drohung sein?
 

„Mit einem schönen Gummi vorne am Schwanz!“ Ich schluckte. Das saß jetzt auf alle Fälle.
 

„Hatten wir das nicht schon mal?“, fragte ich und erhoffte mir irgendwie ein Nein. „Du hast es bei mir mal ausprobiert! ... Da konnte ich nicht richtig kommen!“ - Irgendwie klang er wütend. - „ ... also sag mir, was du mit Miller gemacht hast, dann müssen wir das mit dir nicht auch noch ausprobieren.“ Bei dem letzten Satz schwamm aus irgendeinem Grund ein wirklich fieser Unterton mit.
 

Langsam richtete ich mich auf. „Aber nicht hier.“ Ich tapste in Richtung Bad, blieb aber auf halbem Weg stehen, da Piccolo mir nicht wirklich folgte.
 

„Ist es denn so schlimm, dass du Angst hast, dass es Sean hören könnte?“ Ich nickte nur langsam als Erwiderung.
 

Nur ein paar Minuten später lehnte ich an der Badezimmertür und Piccolo stand mit den Armen hinter dem Kopf verschränkt vor mir. „Was ist jetzt?“, fragte er.
 

Mein Blick schweifte nach unten. Fliesenfugen waren aber auch so etwas Interessantes.
 

„Jamie. So schlimm kann es doch nicht sein.“ - Der Italiener legte seine Arme um meine Schultern. - „Was kannst du auch schon großmächtig gemacht haben?“
 

Er lächelte ganz leicht. Das würde ich ihm ganz leicht wieder aus dem Gesicht fegen können.
 

„Ich ... ich hab mit ihm geschlafen“, flüsterte ich kaum hörbar. Und wie ich es erwartet hatte entglitten Piccolo regelrecht die Gesichtszüge.
 

„Du hast ... Nein!“ Glauben wollte er es wohl auch nicht. „Dafür hat er mir mein Nachsitzen erlassen.“ Ich hielt ihn am Handgelenk fest, da er schon zurückweichen wollte.
 

„Puttana!“, zischte er da auf einmal mit einem scharfen italienischen Akzent ohne den er sonst fast immer schon sprach. Nur wenn er anfing zu fluchen, stach er wieder heraus. Aber auch nur, weil es das immer – wirklich immer – nur in seiner Muttersprache tat. Anders hörte es sich jedoch manchmal auch fast schon lächerlich an.
 

„Sonst fängst du doch nur mit Italienisch an, wenn du richtig in Ekstase bist beim Sex.“ Leicht hob ich eine Augenbraue.
 

„Chiuda in su![1]“, fauchte er da aber auch schon. Machte ihn das wirklich so sauer. „Hör wieder auf. Ist doch auch nicht deine Angelegenheit mit wem ich ficke!“ Ich erntete darauf nur einen bösen Blick.
 

„Puttana!“, knurrte er dann einfach wieder. Das musste ich mir nicht mehr gefallen lassen. Mit Leichtigkeit änderte ich unsere Positionen und drückte ihn gegen die Tür. „Nenn mich nicht Hure!“
 

Wenn man beim Sex gelegentlich wirklich in einer anderen Sprache beschimpft wurde, fragte man auch einmal was es bedeutete. So hatte ich mir auch mit der Zeit eine kleine Anzahl an italienischen Schimpfwörtern angesammelt.
 

„Wenn du doch eine bist!“ Unweigerlich drückte ich ihn deswegen noch etwas fester gegen die Tür. Da gab er aber schon einen Schmerz verzerrten Laut von sich. Jeder solche Ton, den er von sich gab, machte mich normalerweise nur geil auf ihn.

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[1] Halt den Mund!/die Klappe!/die Fresse!

Doch noch unschuldig?

Kapitel 27 – Doch noch unschuldig?
 

Sean's PoV
 

Ich war durch einen Knall wach geworden auf den ein leichter Aufschrei folgte.
 

Langsam öffnete ich die Augen und blickte starr an die Decke. Etwas zaghaft sah ich nach links und rechts, wo aber nichts war. Weder Jamie noch Piccolo. Ließen die mich jetzt hier einfach alleine?
 

Ich rollte mich zu einer Kugel zusammen. Da hörte ich aber auf einmal ein Stöhnen. Abrupt fuhr ich hoch. Das kam aus dem Bad.
 

Ein weiteres Stöhnen durchfuhr die Stille. „Più duro!“ Ich zuckte zusammen. Das war doch Piccolo. Oder irrte ich mich da? Und was flehte er da? Und vor allem wen flehte er an?
 

„Più velocemente!“ Schlagartig verkrampfte ich. Jamie war doch auch nicht da, als war er das. Brachte er da Piccolo so zum Betteln. Obwohl ich ihn nicht einmal verstand. Nur klang es so, als ob er Schmerzen hätte.
 

Ich stand zaghaft auf und tapste in Richtung Badezimmertür. Immer wieder ließ mich aber ein weiteres Stöhnen stehen bleiben. Er klang so verletzt. Was tat Jamie ihm denn an?
 

„Ich komme!“ Wenn er jetzt wieder etwas für mich Verständliches von sich gab, hörte es sich sogar einmal wieder wirklich lustvoll an.
 

Leicht biss ich mir auf die Unterlippe. Ein Stöhnen durchzuckte ein weiteres Mal die Stille. Aber jetzt kam das nicht von Piccolo. „Picco … ah … ah …“ Meine Augen weiteten sich. Das war Jamie. Da war ich mir ganz sicher.
 

„Ah … ah … AH!“ Sie mussten im selben Moment gekommen sein. Zumindest klang es so für mich.
 

Leicht stolperte ich einige Schritte zurück und drückte mich dann gegen die Wand, an die ich unweigerlich stieß und daran herunter zu Boden rutschte. Waren sie sich denn nicht einmal darüber im Klaren, dass ich sie hören würde? Oder … Nein, dafür hatte es sich für mich zu sehr so angehört, als ob es Picco gefallen hätte und Jamie würde das doch nie tun.
 

Oder vielleicht doch? Eigentlich kannte ich ihn doch gar nicht. Weniger zumindest, als ich es eigentlich wollte. Drei Wochen waren auch nicht gerade viel um jemanden wirklich richtig kennen zu lernen.
 

Ich zuckte zusammen, als auf einmal die Klinke der Badezimmertür hinunter gedrückt wurde. Etwas mühsam raffte ich mich wieder hoch. Doch kaum stand ich blickte ich schon in Jamies braune Augen. Nur in Boxershorts stand er vor mir.
 

„Sean?“, murmelte der Amerikaner, da wollte ich mich aber schon in Richtung Zimmertür aus dem Staub machen. Gerade war es mir völlig egal, dass ich nicht gerade viel anhatte.
 

Jamie war aber schneller. Er schlang die Arme um mich. „Lass mich los!“, fauchte ich wütend. Aber das tat er natürlich nicht. Seine Umarmung wurde nur noch enger.
 

„Du sollst mich los lassen“, flüsterte ich. Mir lief salziges Wasser über die Wangen. Was war ich denn für ein verheulter Typ. Jamie hätte es doch bei mir auch nur auf das Eine aus. Mehr nicht und auch nicht weniger. Was nahm es mich denn dann so mit, dass er es mit Picco trieb?
 

Die Finger des Amerikaners wanderten über meine Wange. Sie zitterten. Das meine das machen würden, wären ja für meine Verhältnisse nichts Ungewöhnliches gewesen. Aber seine?
 

Ich wanderte mit meiner Hand an seinem Oberarm entlang, bis er sich wieder entspannte und er seinen Kopf auf meine Schulter legte. Da vernahm ich auf einmal ein Seufzen. Das kam auch nicht von Jamie.
 

„Ihr seid zu süß“, meinte Piccolo. Abrupt ließ mich auch der Kalifornier wieder los. Ich blieb nur stocksteif stehen. Umdrehen war wohl jetzt auch nicht drin. Sie küssten sich. Das spürte ich in jeder Faser meines Körpers. Das musste ich dann einfach nicht sehen.
 

Erst als ich spürte, wie mich jemand am Handgelenk zurückzog, wendete ich mich um. Blickte auch gleich in Piccolos Gesicht. Es war völlig ausdruckslos. Wie zu Eis erstarrt. Ganz langsam kam er mir immer näher.
 

„Wenn er jemanden lieben würde, dann wärst du das“, hauchte er mir da aber nur ins Ohr, bevor er mich wieder los ließ und aus dem Zimmer verschwinden wollte.
 

„Was soll das heißen?“, fragte ich da aber noch. Der Italiener hielt Inne. Drehte sich dann sogar noch einmal zu mir. „Du denkst doch nicht, dass er mich liebt?“
 

Piccolo ließ mich gar nicht mehr antworten. Als ich überhaupt ansetzen wollte, fiel schon die Zimmertür ins Schloss.
 

Ich schluckte. Er würde mich lieben? Wirklich vorstellen könnte ich mir das nicht. Wer wollte mich denn schon wirklich haben? Mehr, als diese eine feste Freundin vor Jahren hatte ich noch nie.
 

Und mein Bruder? Was hätte er schon mehr für mich empfinden können, als ich es eigentlich für ihn gemusst hätte? Ich war doch immer nur sein Seany. Sein kleines Brüderchen, das er immer in den Arm genommen hatte, wenn es wieder einmal eine Ohrfeige vom werten Vater bekommen hatte oder vielleicht gleich von ihm einmal mehr regelrecht verprügelt wurde.
 

Er hat mich doch wirklich gehasst. Ich war nichts mehr für ihn wert, seit ich einfach einmal beim Abendessen gesagt hatte, dass ich bi wäre. Nebenbei wurde ich zum Schwarzen Schaf der Familie ernannt. Und weil er wohl ohnehin nichts Besseres zu tun hatte, als zu saufen, einfach auch gleich als irre abgestempelt.
 

Man musste für meinem Vater aber auch wirklich exakt der Norm entsprechen um auch wirklich als vollkommen normal angesehen zu werden. Jeder der nicht so war – egal ob wegen Behinderung, einem ausgefallenen Lebensstil oder sonst etwas – wie er es sich vorstellte, war abnormal. Irgendetwas Ekliges. Schwul oder bi war da nur mit an der Spitze.
 

Er konnte es einfach nicht verstehen, dass man als Kerl nicht unbedingt nur auf Frauen stehen musste. Das es eben auch welche gab, die sich für das eigene Geschlecht interessierten oder sogar für beide. So wie ich. Er hielt das für widerwärtig.
 

„Sean?“ - Jamie legte seine Arme um meine Taille. - „Bist du eifersüchtig?“

Ich schloss für einen Moment die Augen. War ich das vielleicht? Aber auf wenn von beiden? Auf Picco, weil er von Jamie so angefasst wurde? Oder auf Jamie, weil er Picco so berühren durfte? Ich geriet immer mehr ins Wanken zwischen den beiden. Irgendwie spürte ich doch bei jedem von den Zweien ein gewisses Kribbeln.
 

Langsam schüttelte ich den Kopf. Der Amerikaner musste nicht unbedingt so genau wissen, was in mir vorging. Eigentlich ging es ihn gar nichts an. Mein Gefühlsleben war ganz allein meine Sache. Damit wollte ich selbst fertig werden.
 

„Willst du dann nochmal mit ins Bett kommen? Ist erst kurz vor sechs Uhr morgens.“

Für einen Moment überlegte ich. Alleine mit ihm in einem Bett? War doch eigentlich nichts Ungewöhnliches. Ich lag doch schon oft genug neben ihm. Er war auch jemand, der mich nicht abwies.
 

Zaghaft nickte ich und löste mich schließlich langsam aus seiner Umarmung um mich zu ihm zu drehen. Leicht drückte ich meinen Kopf gegen seine Brust. Jamies Finger legten sich auf meine Taille. Ganz leicht fuhr er darüber.
 

„Na dann komm, Kleiner.“ Ich spürte seinen heißen Atem an meinem Ohr. Ein Kribbeln durchzuckte meinen Körper. Mir wurden die Knie weich.
 

Jamie schlang die Arme erneut um mich. Abrupt kniff ich die Augen zusammen. Es kam mir vor, wie früher bei meinem Bruder. Wie er mich immer getröstet hatte. So oft, war es so gewesen, wenn es mir schlecht ging.
 

Mir ging es häufig damals aber um etwas ganz anderes. Ich wollte nur, dass er mir über den Rücken strich. Eigentlich wollte ich sogar von ihm gestreichelt werden.
 

„Na jetzt komm, du frierst doch.“ Unsanft riss mich der Amerikaner aus meinen Gedanken. Etwas zaghaft sah ich zu ihm auf. In seine braunen Augen. Mein Bruder hatte auch solche. In denen war ich immer versunken. Das Auftauchen wurde mir dann aber leider viel zu einfach gemacht. Genauso auch jetzt.
 

Etwas ruppig zog mich Jamie hinter sich her. Gab mir dann auch einen leicht unsanften Stoß in Richtung Bett. Dennoch kroch ich sofort unter die Decke und spitze schließlich leicht unter dieser hervor. Wartete.
 

Jamie's PoV
 

Er blickte mich aus seinen blauen Augen an. Mehr nicht. Nur weil er auf mich wartete. Aber ich konnte gerade nicht mehr zu ihm. Wenn mir noch einmal so etwas passieren würde, wie von Sonntag auf Montag. Und wenn er es dieses Mal nicht wollen würde. Ich könnte mir das nie verzeihen.
 

„Komm doch zu mir“, flüsterte Sean. Eigentlich hatte er doch richtige Kulleraugen. Wie so ein kleiner Teddy. Nur das seine nicht braun waren.
 

Unweigerlich musste ich einfach zu ihm ins Bett kriechen. Schloss schließlich auch ganz behutsam die Arme um seinen schmalen Körper. Binnen weniger Sekunden hatte er sich an mich gekuschelt.
 

„Du bist meinem Bruder so ähnlich“, meinte er da auf einmal. Ein Lächeln huschte über meine Lippen. „Du musst ihn sehr gemocht haben.“ „Ich hab ihn geliebt!“ Ein weiteres Mal zog ich die Mundwinkel leicht hoch. So eine innige Bindung zwischen Geschwistern musste schon etwas schönes sein.
 

Ich wollte eigentlich auch immer einen Bruder. Nur blieb mir das immer verwehrt. Ich musste alles alleine überstehen. Vielleicht wäre ich nie so geworden, wenn ich die Trennung meiner Eltern mit jemanden verkraften hätte können.
 

„Ich hab ihn zu sehr geliebt.“ - Er drückte sich enger an mich. - „Und du bist ihm wirklich verdammt ähnlich.“ Ich vernahm ein leises Schluchzen. Scheinbar unterdrückte er auch krampfhaft seine Tränen.
 

Ich strich ihm über das weiche, blonde Haar. Irgendwie musste ich ihn doch beruhigen, bevor er wieder zum Weinen anfing. So konnte ich ihn gar nicht ertragen. Er konnte doch sein süßes Gesicht nicht mit Tränen verunstalten.
 

„Meinst du das ernst?“, fragte ich schließlich und er nickte nur. „Er war der Einzige, der mich gewollt hätte. Aber meine Gefühle hat er einfach nicht erkannt.“ Ein Seufzen verließ Seans Kehle, bevor er sich noch etwas mehr an mich schmiegte.
 

Leicht strich ich über den Rücken des Blonden. Doch das half auch nicht, dass er hemmungslos zu schluchzen begann. Es dauerte keine zwei Minuten, da war meine Haut schon mit salzigem Wasser benässt.
 

Wie innig konnte denn schon seine Liebe zu seinem Bruder gewesen sein? Mehr als gewöhnliche Geschwisterliebe? Mit seinem 'zu sehr geliebt' konnte ich nicht wirklich etwas anfangen. Wie weit konnte man auch schon bei so eine Zuneigung gehen?
 

„Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie weit ich am liebsten gegangen wäre.“ Seans schlanke Finger wanderten an meinem Arm entlang nach oben. Bis zu meinen Schultern, worum er langsam die Arme schlang.
 

„Wie weit denn?“ Ich sollte eigentlich aufhören zu bohren. Damit würde ich nur vielleicht längst verheilte seelische Wunden aufreißen lassen. Aber der Blonde schüttelte ohnehin schon den Kopf.
 

„Du würdest mich für irre halten.“ Seine Stimme zitterte. Leicht hob ich eine Augenbraue. Wie weit könnte er denn wirklich mit so einer Liebe gegangen sein? Oder wie weit wollte er gehen? Sie waren doch immer noch Brüder. Oder hatte ich da jetzt etwas falsch verstanden.
 

„Kann ja nicht so schlimm gewesen sein“, murmelte ich und glitt mit meinen Fingern über seine Taille. Etwas fuhr er zusammen. Drückte dann aber seinen Kopf gegen meine Brust.
 

„Ist es nicht schlimm, dass ich mir nur von ihm meine Unschuld rauben lassen wollte?“, flüsterte er da auf einmal. Verwirrt zog ich die Augenbrauen zusammen. Das wollte er doch nicht?
 

„Du wolltest dich also für ihn aufheben ...“ Ich hielt Inne. Sein Bruder war tot und er wollte es nur von ihm, also ... hatte er es nicht mehr tun können. Zu mir hatte er aber doch gesagt, dass er zumindest schon einmal mit einem Mädchen geschlafen hätte, dann wäre er aber nicht mehr jungfräulich.
 

Aber das war mir gerade egal. Er wollte nur seinen Bruder und ich war dem ähnlich. Vielleicht könnte ich ihn ja für Sean ersetzen. Aber auch nur wenn er es wollte. Dafür müsste er mich wohl aber erst einmal lieben können. Und das bezweifelte ich, dass überhaupt je passieren könnte. Und genau dafür müsste ich doch selbst bereit sein.
 

Ich rollte mich auf den Rücken und der Brite bettete seinen Kopf auf meine Brust. Das es ihn gar nicht störte, dass ich doch eigentlich nur Shorts anhatte. So war er doch sonst nicht. Er lief sonst eigentlich immer rot an, wenn er auch nur ein bisschen zu viel Haut von mir sah.
 

Sein warmer Atem berührte meine regelrecht ausgekühlte Haut und heizte sie auf. Brachte meinen Körper zum Glühen. Seine Finger legten sich auf meinen Bauch. Ein Kribbeln jagte durch meinen ganzen Körper. Er konnte doch sogar richtig zärtlich sein. Hätte ich nicht wirklich von ihm erwartet. Eigentlich wirkte er schon gar nicht so, als ob er je richtig Fürsorge erfahren hätte.
 

Vorsichtig strich ich ihm über die Wange. „Du solltest noch etwas schlafen.“ Etwas zaghaft blickte Sean zu mir auf und nickte dann ganz langsam. Im nächsten Moment kuschelte er sich schon wieder ganz eng an mich.
 

Ich war mir nicht sicher, wie lange ich jetzt noch wach lag, zumindest würde ich noch genügend Schlaf abbekommen. Zumindest konnte ich es hoffte.

Ein gewisses Gefühlschaos

Kapitel 28 - Ein gewisses Gefühlschaos
 

Sean's PoV
 

Mein Kopf lag auf seiner Brust und das Geräusch seines Herzschlages halte in meinem Kopf wider. Langsam öffnete ich die Augen. Jamie hatte einen Arm um meine Taille gelegt und mich dadurch leicht an sich gedrückt. Ich spürte seinen warmen Atem, der durch mein Haar wehte und es etwas in Bewegung brachte.
 

Zaghaft kuschelte ich mich an ihn. Seine Haut war so weich. Und meine Fingerspitzen kribbelten, als ich über seine Brust glitt. Ganz leicht streifte ich eine seiner Brustwarzen. Nur aus Versehen. Da gab er aber schon ein leises, erregtes Seufzen von sich.
 

Ich zuckte zusammen und zog meine Hand zurück. Noch in derselben Sekunde schwang mein Blick zu Jamies Gesicht. Hatte ich ihn geweckt? Bitte nicht. Wegen so etwas sollte ich ihn wohl nicht aus dem Schlaf reißen.
 

Nur konnte ich mich nicht zurück halten. Glitt noch einmal über seine Brust und auch wieder über eine seiner Brustwarzen. Sie war ganz zart. Langsam beugte ich mich über den Kalifornier. Er hatte keinen Zucker mehr gemacht. Schlief nur friedlich.
 

Ganz klar war ich mir nicht, was ich eigentlich tat. Kam nur seinen Lippen mit den meinen immer näher. Bis sie aufeinander lag. Nur für wenige Sekunden. Ich schreckte schlagartig wieder zurück. Fiel vor Schreck sogar aus dem Bett und landete schmerzhaft auf dem Rücken auf dem Boden. Ich quiekte kurz vor Schmerz auf.
 

„Sean? Was machst du denn?“, verschlafen blickte mich der Amerikaner an. Gequält lächelte ich. „Zu viel hin- und hergerollt“, murmelte ich nur und richtete mich langsam wieder auf. Da hatte sich Jamie aber schon längst herumgedreht. Er würde wohl wieder einschlafen, wenn er nicht auch aufstehen würde.
 

„Jamie? Ich geh duschen. Steh schon mal auf, bis ich fertig bin.“ Es kam nur ein Hm als Antwort. Er würde wieder in süße Träume versinken, da war ich mir jetzt schon sicher, aber hetzen wollte ich ihn jetzt auch nicht.
 

Kurz darauf floss schon das eisige Wasser über meinen Körper. Je länger es auf mich nieder prasselte, je mehr überkam meine Muskeln eine Art Taubheit. Ich lehnte mich an die kalten Fliesen und rutschte schließlich daran herunter.
 

Ich fühlte mich so dreckig. So verflucht schmutzig. Und nicht einmal das Wasser half, dass ich mich anderes fühlte. Irgendwie verstärkte es dieses Gefühl nur.
 

Ich zog die Beine an den Körper und schlang die Arme darum. Meinen Kopf legte ich auf meine Knie. Ob er es wohl nicht bemerkt hatte? Wäre besser für mich.
 

Wieso hatte ich ihn den überhaupt geküsst? Ich hatte es einfach getan ohne darüber nachzudenken. Man könnte es nicht einmal mehr als dumme Idee bezeichnen. Dazu war es einfach zu unüberlegt.
 

Ich kauerte mich weiter zusammen. Langsam verblasste jedes tiefe Gefühl, das ich einmal gegen meinen Bruder gehegt hatte. Statt deswegen empfand ich sie für Jamie. Und nicht nur für den. Piccolo war mir doch fast genauso wichtig. Sie passten beide auf mich auf. Oder versuchten es zumindest so gut es ging.
 

Langsam raffte ich mich hoch und drehte das Wasser ab. Mit der Zeit begann ich ohnehin zu frieren. Und vielleicht wollte Jamie auch noch duschen. Wenn er überhaupt schon wach war.
 

Ich trocknete mich schnell ab und zog mich dann auch gleich an. Einen Moment verharrte ich noch an der Tür, bevor ich die Klinke hinunter drückte.
 

Jamie war natürlich wieder eingeschlafen. Es hätte gar nicht anders sein können. Leicht stupste ich ihn an. „Noch fünf Minuten“, murmelte er nur und rollte sich mehr und mehr zusammen.
 

„Jamie, steh auf!“ Ein weiteres Mal gab ich ihm einen Stoß. Doch wieder kam nur die gleiche Erwiderung.
 

Ich seufzte laut. Das könnte doch noch was werden. Außer ich würde es mir einfach machen. Nur ob ich so gemein sein könnte.
 

Ich überlegte gar nicht mehr. Zog ihm einfach die Decke weg. Jamie schreckte hoch. „Sean! Was soll das?“, zischte er. Eigentlich war er doch gar nicht sauer. Das konnte er doch überhaupt nicht werden.
 

„Aufstehen“, meinte ich nur und sank auf das andere Bett. Etwas irritiert blickte mich der Kalifornier an. „Dir geht`s aber auch gut“, seufzte er schließlich überdeutlich und fuhr sich leicht unbeholfen durch das zerzauste Haar.
 

Niedlich hätte ich jetzt wirklich gerne gesagt, doch irgendwie kam es mir nicht über die Lippen. Stattdessen wanderte mein Blick auf den Fußboden. Irgendwie wurde mir warm.
 

„Sean?“ – Ich riss den Kopf wieder hoch. – „Wieso läufst du denn so rot an?“ Mit gehobener Augenbraue blickte mich Jamie an. Abrupt drehte ich den Kopf weg. „Das bildest du dir sicher nur ein“, nuschelte ich schließlich und stand etwas mühsam auf.
 

„Hm. Wenn du meinst.“ Jamie zuckte nur mit den Schultern und verzog sich ins Bad. Ich sank wieder zurück aufs Bett und ließ mich zurück fallen.
 

Als ich das Wasser der Dusche hörte, rollte ich mich auf die Seite und blickte an die Wand. Ein leises Seufzen gab ich von mir und raffte mich wieder hoch. Nervös marschierte ich durchs Zimmer. Hoffentlich beeilte er sich.
 

Und trotzdem brauchte er noch lange. Fast schon zu lange für mich.
 

„Sean, wann hast du eigentlich Geburtstag?“ Ich zuckte zusammen und blickte langsam zu dem Größeren auf. Und so was fragte er jetzt vor Physik?
 

„Am 20. Februar“, erwiderte ich schließlich, als wir schon den Fachraum betraten. Beinahe als die Letzten. Nur noch … Steve war hinter uns.
 

Verwirrt blickte ich den Weißhaarigen an, als ich mich neben Jamie setzte. Der ging doch gar nicht in unsere Klasse. Eigentlich hatte er hier gar nichts zu suchen. Im Höchstfall hatten wir Sport zusammen – da wurden einfach alle 10. zusammengeworfen. Und dann kam er jetzt auch noch auf mich zu.
 

Ich schluckte. Unbewusst krallte ich die Finger der rechten Hand in das Shirt des Amerikaners, der aber schon drauf und dran war den anderen anzuschnauzen.
 

„Atme einmal tief durch, Hunt“, knurrte Steve aber auch nur und wendete sich schon an mich: „Ich wollte mich wegen letzte Woche entschuldigen.“
 

Ganz sicher, ob ich mich freuen oder ihm eine verpassen sollte, war ich mir nicht. Zumindest so sicher, dass Jamie sich nicht mehr lange beherrschen könnte, war ich mir aber.
 

„Eine Entschuldigung hilft da wohl auch nicht mehr viel“, erwiderte ich schließlich kühl und blickte zu Steve auf. Mühsam versuchte er zu lächeln, aber das gelang jetzt überhaupt nicht mehr.
 

„Hast du wohl Recht.“ Er biss sich auf die Unterlippe.
 

„Marrison! Raus hier!“

Ich zog den Kopf ein. Selbst wenn er sich nicht an einen selbst wendete, fühlte man sich angewidert, wenn Miller etwas von sich gab.
 

Steve machte sofort auf den Haken kehrt.
 

„Hefte und Bücher weg!“, erklang da aber schon wieder Millers Stimme durch den Raum, kaum dass der Weißhaarige die Tür hinter sich geschlossen hatte. Ein Raunen ging durch den Raum.
 

Irgendwie musste das doch jetzt noch kommen.
 

Jamie’s PoV
 

„Der erwischt da aber auch immer genau so einen Tag“, murrte ich, als ich mit Sean zur nächsten Stunde ging.
 

„Dann hoff' mal darauf, dass da jetzt in Erdkunde nicht noch was kommt“, erwiderte der Blonde nur. Irgendwie hatte er dabei sogar noch ein freches Grinsen aufgelegt.
 

„Du weißt doch was, was ich nicht weiß“, meinte ich und blickte den Briten prüfend an. „Kann schon sein“, erwiderte der aber nur. Immer noch grinste er. Da gab ich ihm aber schon einen Stoß.
 

„Spuck’s aus!“, murrte ich. „Nö“, kam es da aber auch gleich zurück. „Ich weiß nicht einmal mehr, was wir das letzte Mal gemacht haben.“ Einen bittenden Blick legte ich auf. Da musste er doch reden.
 

„So fies, wie Miller, ist Mr. Franklin sicherlich nicht. Heute kommt noch keine Ex.“ Woher wusste er das nur so genau?
 

Leicht legte ich den Kopf schief. Aber ohne auf mich zu achten, marschierte Sean einfach weiter, also konnte ich nur hinter ihm her hetzen.
 

„Kleiner, woher weißt du das?“, fragte ich also einfach. Mürrisch rammte mir da aber der Blonde seinen Ellenbogen in die Seite. „Ich bin nicht klein!“, maulte er. „Und wie du das bist!“
 

Ich wuschelte ihm durchs Haar. Da knurrte er aber auch nur. „Kleiner, als ich“, hauchte ich ihm noch ins Ohr.
 

Zumindest hatte er aber Recht. Es kam nicht wieder etwas, auf das ich überhaupt nicht gelernt hatte. Physik war schon verdammt mies. Das war aber ohnehin von Miller absichtlich gemacht. Gestern waren doch alle noch völlig fertig gewesen, da hatte er heute schon so was machen können.
 

Obwohl er doch gar nicht so fies war. Nein. Er war doch eigentlich richtig nett. Man müsste ihn nur kennen.
 

„Jamie, hör auf mit den Tagträumen“, riss mich da aber Sean schon wieder aus meinen Gedanken. „Ich hab keinen Bock gerade zu Mathe zu spät zu kommen“, murmelte er und ich erhob mich langsam.
 

Natürlich hatte er darauf keinen Bock. So oft wie er sich verrechnete. Für Greenwald war er jetzt schon der schlechteste Schüler, den er je hatte. Dabei machte der Kleine doch meistens nur Leichtsinnsfehler, die er vermeiden könnte, wenn er sich einmal richtig konzentrieren würde.
 

Aber er hörte ja nicht auf mich, obwohl ich ihm das schon so oft gesagt hatte. Man musste aber natürlich nicht auf mich hören. Ich war ja nur Jamie.
 

Ja. Nur Jamie. Der Kerl, der so stark tat und es gar nicht war. Man müsste nur mal meine Verwandten fragen oder gleich meinen Vater. Die könnten einem sagen, wie schwach ich eigentlich war. Wie zerbrechlich.
 

„Jamie?“ - Ich blickte zu dem Blonden, der mich besorgt ansah. – „Wir müssen da lang.“ Er deutete nach rechts, wo ein Gang entlang ging in dem sich schon ein Großteil unserer Klasse sammelte.
 

Ich selbst wäre fast einfach gerade aus weiter gegangen so versunken, wie ich in meinen Gedanken war.
 

„Oh ja. … Bin wohl nicht ganz bei mir“, meinte ich nur und kratzte mich etwas verlegen am Hinterkopf.
 

Sean zog nur leicht die Augenbrauen zusammen. Wollte er wirklich damit irgendwie ernst schauen? Gelang ihm ja nicht wirklich.
 

Mir entfuhr ein Kichern.
 

„Was ist denn so lustig?“ Jetzt hatte er wieder diesen verwunderten Gesichtsausdruck aufgelegt. Den, den ich eigentlich von ihm gewohnt war.
 

„Du“, meinte ich, als ich ihm den Arm um die schmalen Schultern legte. Abrupt verzog er das Gesicht zu einem Schmollen. Ein Seufzen verließ deswegen seine Kehle.
 

„Nicht eingeschnappt sein“, gab ich mit einem kindlichen Ton von mir. Leicht drückte ich meine Wange gegen die seinige. Vielleicht könnte ich ihn damit zum Lächeln bringen?
 

Doch da löste er sich schon von mir und stapfte ein Stück weg und blieb schließlich stehen. Einmal atmete er tief durch, bevor er sich wieder zu mir herum drehte. Mit einem Lächeln auf den Lippen. Ging doch.
 

Aber irgendwie erwartete man doch so etwas von ihm. So naiv wie er manchmal war. Ein richtiges kleines Dummerchen. Machte aber nicht gerade das ihn niedlich. Und ließ auch nicht genau das ihn so hilflos wirken.
 

War er es denn wirklich? So hilflos? Brauchte er mich eigentlich?
 

Ich machte auf einmal auf den Hacken kehrt. Jetzt würde ich Mathe nicht aushalten!
 

„Wo willst du hin?“ Sean lief mir hinterher und hielt mich fest.
 

„Ich mach blau“, erwiderte ich nur kühl und löste mich von ihm. Scheinbar überlegte er, ob er mit kommen sollte oder nicht. Zumindest schaute er sich genau so um, als ich mich kurz noch einmal zu ihm wendete.
 

Meinetwegen könnte er machen, was er wollte. Er musste auch nicht unbedingt mit mir mitkommen. Vielleicht sollte er auch besser lernen auf sich selbst aufzupassen. Wäre einmal etwas, was ihm gut bekommen würde.
 

Doch da hörte ich schon wieder seine Schritte hinter mir.
 

„Ich komm mit“, meinte er und ohne auf meine Erwiderung zu warten schnappte er sich mein Handgelenk und zog mich hinter sich her.

Anmache oder Annäherung?

Kapitel 29 – Anmache oder Annäherung?
 

Sean’s PoV
 

Hinter dem Hauptgebäude saßen wir im Gras. Hier war man nicht unbedingt so extrem in der Sonne. Also war es auch nicht ganz so heiß. Eigentlich gerade schön zum Aushalten.
 

Nur schien es so, als ob es Jamie nicht passen würde, dass ich hier war. Vielleicht wollte er eigentlich allein sein?
 

Hätte ich mir aber doch eigentlich denken können. Er hatte mich ja auch nicht gefragt, ob ich mit blau machen wollte. War ich denn nicht einfach mit?
 

Möglicherweise wäre es das Beste gewesen, wenn ich einfach zum Unterricht gegangen wäre. Aber jetzt war es auch schon zu spät. Wir saßen doch schon hier zusammen. Und dann auch noch ganz allein.
 

„Und was machen wir jetzt?“, fragte ich. Früher schwänzte ich zwar oft, aber da hatte ich immer irgendetwas mit meinen 'Freunden' gemacht. Geraucht, auch mal einen Joint gezogen. Oder auch einfach nur rumgehangen. Nur hier war es jetzt irgendwie anders.
 

„Weiß nicht so genau“, murmelte da auf einmal Jamie. Auf dem Bauch lag er im Gras und eigentlich dachte ich schon, er wäre längst eingenickt. Es hätte mir zumindest gefallen, wenn es so gewesen wäre. Dann hätte ich ihn zumindest die ganze Zeit einfach ansehen können.
 

„Wie war dein Bruder so?“, fragte er auf einmal und setzte sich etwas mühsam auf.
 

Ich ließ den Kopf in den Nacken fallen und legte die ausgestreckten Arme auf meine angewinkelten Beine. Die Unterarme knapp auf Kniehöhe.
 

„Wie er so war?“, wiederholte ich leise. Eine ganze Weile überlegte ich. Wie es aussah machte das Jamie auch gar nichts aus. Geduldig wartete er auf meine Antwort.
 

„Na ja.“ - Ich sank komplett zurück ins weiche Gras - „Ich konnte ihm immer alles erzählen, er hatte mir immer zugehört, egal wie sehr ich damit jemand anderen vielleicht genervt hätte. Und wenn es mir nicht gut ging, hatte er mich in den Arm genommen und getröstet. Er war ohnehin der Einzige, der sich überhaupt um mich gekümmert hatte, als ich klein war. Mein Vater hat nur gesoffen und macht das immer noch. Und meine Mam, na ja, die war nicht oft zu Hause. Wahrscheinlich hatte sie vor meinem Dad Angst. Wenn sie mal wirklich daheim war, hat er sie ohnehin nur geschlagen. Wenn es Jamie nicht gegeben hätte, dann wäre mir das wohl auch öfters passiert, als es ohnehin vorgekommen ist.“
 

Ich schloss für einen Moment die Augen. Zu gerne würde ich wohl nur einmal noch bei ihm sein. Mich einmal wieder in seinen Armen ausheulen und von ihm trösten lassen.
 

Ich öffnete langsam wieder die Augen und blickte in die von Jamie. Der Amerikaner hatte sich über mich gebeugt.
 

„Was ist?“, wollte ich wissen und blickte ihn leicht verwirrt an. „Das ... war nicht gerade aufschlussreich“, meinte er nur und raffte sich langsam hoch, bevor er sich einfach auf mein Becken setzte.
 

„Jamie“, fauchte ich, „geh' von mir 'runter.“ Doch das machte er nicht. Lieber wippte der Schwarzhaarige leicht auf mir auf und ab.
 

„Jamie! Du bist schwer!“, zeterte ich weiter und versuchte ihn von mir herunter zuschieben. Da gab er aber schon selbst nach und ließ sich von mir ins Gras drücken.
 

Ich schluckte, als ich noch einige Sekunden so über ihn blieb und dann dennoch zurück schreckte. Irgend etwas hatte ich gehört. Auch Jamie blickte sich alarmiert um.
 

Er leichtert atmeten wir aber auf, als nur Marc um die Hausecke bog. „Schwänzer“, meinte er kichernd. „Und was machst du hier?“, fragte schon Jamie mit leicht zusammengezogenen Augenbrauen.
 

„Nach meinem Hanfanbaugebiet schauen“, erwiderte der Rothaarige gelassen und marschierte an uns vorbei.
 

Hatte ich das jetzt richtig gehört? „Hanf?“ Verwirrt blickte ich Jamie an. „Irgendwo hier bunkert er den“, meinte der aber nur darauf. Gerade so, als ob es das Normalste wäre, was es überhaupt gibt.
 

„Hanf!“, wiederhole ich mit Nachdruck. Dieses Mal blickt mich der Amerikaner etwas irritiert an. „Ja, Hanf. Mit Picco hat er so eine Art 'Geschäft'.“ Der deutete Anführungsstriche mit den Fingern an.
 

„Wieso denn das?“, fragte ich. Eigentlich eine etwas dumme Frage. Für was brauchte man schon Cannabis? Nur konnte ich mir nicht vorstellen, dass Piccolo so etwas rauchen würde.
 

„Gelegentlich verkauft er es an die Jungs.“ - Jamie streckte sich ausgiebig, bevor er wieder zurück ins weiche Gras sank. - „Müssen schon einige dabei sein, die das gerne dann auch annehmen.“ Ein leises Kichern gab er von sich. Das muss ja wirklich lustig sein.
 

Schweigend blieb ich neben Jamie sitzen. Er hatte die Augen geschlossen. Es könnte gut und gerne sein, dass er eingeschlafen war. Leise rutschte ich etwas näher zu ihm. Immer wieder ein kleines Stückchen. Bis nur noch Millimeter zwischen und lagen.
 

Ich hatte die Füße nah an den Körper gezogen und den Kopf auf meine Knie gelegt. Unentwegt blickte ich den Kalifornier an. Da ließ der aber schon den Kopf zur Seite sinken. Vor Schreck rutsche ich ein ganze Stück von ihm weg. War er doch wach?
 

Vorsichtig beugte ich mich etwas über ihn. Nein. Er schlief eindeutig.
 

„Mach Jamie nicht an!“ Verschreckt richtete ich mich abrupt wieder auf und wirbelte herum. Marc stand grinsend vor mir mit zwei Blumentöpfen – jeweils einen in einer Hand. Die Pflänzchen, die darin heranwuchsen hatte ich in Natura noch nie wirklich gesehen, aber ich konnte mir vorstellen was das waren.
 

„Sind schon ganz hübsch gewachsen“, meinte der Rothaarige und ließ sich neben mich ins Gras sinken. Behutsam stellte er seine Gewächse nahe an sich ab. Langsam nickte ich nur. Dass es keinem auffiel, dass er so etwas heranzüchtete.
 

„Die kleinen Junkies auf Entzug bedanken sich immer herzlich bei mir, wenn ich ihnen ein bisschen etwas abgebe.“ Marc ließ ein Kichern laut werden. Es brachte wohl auch etwas an Geld ein.
 

„Ihr beide werdet hier wohl noch etwas eure Ruhe haben wollen.“ Mit einem Zwinkern erhob sich der Rothaarige – samt seinen Pflänzchen – wieder und marschierte von Dannen. Irgendwie konnte man ihm doch nur Glück wünschen, dass er nicht erwischt wurde. Gelegentlich würden wohl auch einige Lehrer während den Stunden auf den Gängen sein. Zumindest hatte sich Jamie so aufgeführt, als wir uns nach draußen geschlichen hatten.
 

Ich legte mich neben den Amerikaner. Ganz nah. Den Kopf ließ ich zu ihm sinken, so konnte ich ihn zumindest ansehen. Es lag schon ein süßer Ausdruck auf seinem Gesicht, wenn er so schlief.
 

Vorsichtig angelte ich mir seine Hand und drückte sie leicht. Vielleicht würde er aufwachen und mich in den Arm nehmen. Es wäre zu schön.
 

Ich hatte nicht einmal richtig bemerkt, wie ich eingeschlafen war.
 

Ich schlug nur meine Augen in meinem Bett zu Hause in Maypole auf. Etwas verwirrt sah ich mich um. Auf der Bettkante saß ein blonder, junger Mann, der seinen Blick langsam zu mir wendet.
 

„Na, Sean. Bist du wieder zu Hause.“ Mein Bruder lächelte mich freudig an. Wie lange hatte ich nur dieses Gesicht nicht mehr gesehen.
 

Ich schlang die Arme um seine Schultern und drücke ihn an mich. Tränen sammelten sich in meinen Augen und ich begann zu schluchzen.
 

„Hey, Brüderchen? Was ist denn? So lange warst du doch jetzt auch nicht weg, dass du mich so vermissen könntest.“ Er klang so, als ob ich nur schnell einmal Einkaufen gewesen wäre. Aber er war doch eigentlich tot seit drei Jahren.
 

„Jamie“, flüsterte ich. Da spürte ich auf einmal, wie sich mein Bruder auflöste. In Asche. Meine Finger waren davon bedeckt und es wollte nicht weggehen.
 

„Ich bin schuld“, murmelte ich. Immer wieder. Bis ich zu schluchzen begann und meine Stimme dadurch erstickt wurde.
 

„Sean, wach auf!“

Die Stimme klang so weit weg. Wer rief mich denn da überhaupt?
 

Ich wurde gerüttelt und schlug auch abrupt die Augen auf. Besorgt blickte mich Jamie an. Mein Zimmergenosse und nicht mehr mein Bruder.
 

„Mann, was träumst du denn?“, fragte er mich und legte leicht den Kopf schief, als ich mich mühsam aufsetzte.
 

„Wieso?“, erwiderte ich und tat so, als ob ich nicht wüsste von was er redete. „Tu' doch nicht so. Du hast die ganze Zeit meinen Namen gemurmelt.“
 

Jamie's PoV
 

Wenn er nicht so laut gewimmert hätte, wäre ich gar nicht erst wach geworden und hätte nicht mitbekommen, wie er meinen Namen immer wieder im Schlaf vor sich hingesagt hatte. Träumte er schon von mir?
 

Er drehte den Kopf leicht von mir weg, als er aufstand. So ein trauriger Ausdruck lag auf seinem Gesicht.
 

„Ich hab nicht von dir geträumt“, flüsterte er und ich hob irritiert eine Augenbraue. Da kam es mir aber auch erst wieder. Sein Bruder hieß doch auch Jamie. Dann war er es also, von dem er geträumt hatte.
 

„Ach so“, gab ich nur kaum hörbar von mir und senkte den Kopf. Dann verfolgte sein großer Bruder ihn also sogar bis in seine Träume. Vielleicht entjungferte er ihn ja sogar in denen. So würde zumindest die Last von Sean abfallen.
 

Der Blonde hatte sich wieder vor mich gesetzt und schlang die Arme jetzt um meine Schultern. Ich rührte mich nicht. Ließ ihn einfach machen.
 

Die Finger des Waliser glitten über meinen Rücken und krallten sich schließlich in den Stoff meines Shirts. Leicht drückte Sean seinen Kopf gegen meine Brust. So verharrte er. Und ich hielt weiter still.
 

Selbst als der Gong zur nächsten Stunde erklang. Doch da wurde mir langsam der Hals steif. Leicht biss ich mir auf die Unterlippe. Für einen Moment überlegte ich und ließ mich schließlich – samt dem etwas verschreckten Sean – ins Gras zurück fallen.
 

„So ist es doch bequemer“, meinte ich nur. Etwas unsicher nickte der Kleinere schließlich auch. Er wagte es irgendwie gar nicht etwas zu sagen. Blickte nur starr gerade aus. Ob ich einen Fleck auf dem Shirt hatte, der so hoch interessant war? Vielleicht sah er ja aus, wie die heilige Jungfrau?
 

Da setzte er sich aber auf einmal wieder auf und schlang die Arme um die angewinkelten Beine.
 

„Wir sollten wieder rein“, flüsterte er. Nur hatte ich dazu noch keine rechte Lust. Es waren noch mindestens vier Stunden bis es vielleicht Abendessen geben würde. Dann hätten wir den Tag überstanden. Und dann wäre es den Lehrern ohnehin egal sein, wenn wir geschwänzt hätten. Dadurch, dass uns niemand erwischt hatte, konnten sie uns nicht einmal zum Nachsitzen verdonnern. Und davon war ich doch erst losgekommen.
 

„Was ist?“, fragte Sean. Etwas irritiert blickte er mich an, da ich keine Anstalten machte aufzustehen. Dafür war ich ohnehin viel zu faul. Wir könnten uns doch hier noch etwas entspannen.
 

Ich zog den Blonden wieder zurück zu mir nach unten und drückte ihn leicht an mich. Zuerst versuchte er sich von mir zu befreien, gab es aber bald schon auf. Aus meinen Griff kam er so bald nicht los.
 

„Lass uns doch lieber noch etwas schlafen“, murmelte ich und schloss die Augen. Gerade noch spürte ich, wie er sich leicht an meinen Arm klammerte, bevor ich in süße Träume versank. Mit Sean an meiner Seite nicht gerade schwer.

Eifersucht

Kapitel 30 – Eifersucht
 

Sean's PoV
 

Jamie hatte gesagt, dass wir doch einfach noch etwas schlafen sollten. Das hatte ich getan. Obwohl ich es zuerst gar nicht konnte. Irgendwie fühlte ich mich unwohl. Ganz plötzlich. Seine Nähe war schön, aber gleichzeitig auch richtig unheimlich. Ich konnte mich nicht damit abfinden, dass ich ihm vielleicht etwas wert sein könnte. Sonst würde er mich aber doch nicht so in den Arm nehmen.
 

Jetzt klang sein Herzschlag wieder ganz nah neben meinem Ohr. Ganz friedlich.
 

Ich kuschelte mich mehr und mehr an ihn. Da spürte ich, wie sanftes Sonnenlicht auf mich fiel. Etwas mühsam befreite ich mich aus Jamies Umarmung und setzte mich auf. Ich blickte gen Western – zumindest dachte ich, dass es diese Himmelsrichtung war –, wo sich ein roter Schimmer über der Mauer, die das ganze Gelände der Anstalt umgab, abzeichnete.
 

Ein Lächeln bildete sich auf meinen Lippen. Der Sonnenuntergang war doch ein schöner Anblick und ich liebte ihn. Früher sah ich ihn mir fast jeden Abend an. Nur war das letzte Mal wohl schon gut drei Jahre her.
 

Ich stupste leicht Jamie an. Der rollte sich aber nur auf die Seite. Ich wollte das jetzt mit ihm genießen. Aber so bald würde ich ihn wohl nicht wach bekommen. Vielleicht morgen? Da war doch auch noch ein Tag.
 

So wartete ich eben alleine darauf, bis der Abend sein Schauspiel aus diesem roten Farbenspiel beendet hatte. Dabei könnte ich es wohl den ganzen Tag ansehen. Auch wenn das fast schon zu langwierig war.
 

„Magst du den Sonnenuntergang?“ - Jamie schlang auf einmal die Arme von hinten um mich und legte seinen Kopf auf meine Schulter. - „Denn ich liebe ihn.“
 

Ein Seufzen verließ seine Kehle, als er sich langsam an mir hoch drückte und sich schließlich auch herzhaft schreckte.
 

Ich ließ den Kopf in den Nacken fallen. Scheinbar wollte er jetzt rein gehen. Nur ich nicht. Nun könnte ich auch die ganze Nacht hier draußen verbringen. Nur war das nicht Jamies Absicht.
 

Er zog mich hoch. „Jetzt können wir gehen. Also komm oder willst du das Abendessen ausfallen lassen?“
 

Unwissend zuckte ich mit den Schultern. Im Grunde hatte ich keinen Hunger. Wirklich brauchen würde ich also jetzt nichts.
 

„Könnte es sein, dass du noch etwas hier bleiben willst?“

Zärtlich strich er mir über die Wange und blickte mich mitleidig an. Ich begann zaghaft zu nicken.
 

„Aber ich nicht“, meinte da nur Jamie und zerrte mich hinter sich her.
 

Jetzt wollte er mich wohl auf einmal wieder bei sich haben. Vor Mathe sah das ja nicht so aus. Da war es ihm lieber, dass er allein sein konnte. Aber jetzt wurde es ja auch schon langsam Abend. Vielleicht wollte er nur jemanden mit dem er kuscheln konnte. Da war ich natürlich, als der arme, kleine, naive Sean ganz recht.
 

Ich löste mich aus seinem Griff und sank zurück ins weiche Gras. „Ich bleib noch etwas hier“, meinte ich und lehnte mich leicht nach hinten. Etwas irritiert blickte mich der Dunkelhaarige an. War es so seltsam, dass ich etwas einmal selbst bestimmte?
 

Meinem großen Bruder kam das auch gelegentlich ziemlich merkwürdig vor. Oft hielt der es aber nur für Trotz, da ich häufig immer gegen Dinge war, die er machen wollte, obwohl ich sie so gerne tat und mich schlussendlich ohnehin jedes Mal von ihm überzeugen ließ.
 

Langsam drehte ich den Kopf wieder Richtung Sonnenuntergang. Nicht mehr lange und es wäre zu Ende. So wollte ich es noch etwas genießen. Nur einen kleinen Moment noch.
 

Da spürte ich aber auf einmal Jamies Arm um meine Schultern. Ganz leicht lehnte ich mich an ihn. Könnte es sein, dass dieser Augenblick gerade romantisch wurde? Ein Lächeln huschte über meine Lippen. Das wäre doch viel zu schön.
 

Kaum hatte sich das letzte Fünkchen Licht hinter die Mauer verkrochen und das Farbenspiel aus den wohl schönsten Rottönen verzogen raffte ich mich hoch. Irgendwie wurde es jetzt kalt.
 

„Wenn du willst, können wir morgen wieder hier raus gehen“, meinte da auf einmal Jamie von unten. Er hockte immer noch im Gras. Gefiel es ihm jetzt?
 

„Wenn wir Zeit haben“, erwiderte ich nur knapp. Jetzt wollte ich eigentlich lieber nach drinnen, denn ohne die Wärme der Sonne war es wohl selbst in Mexiko zu kalt. Konnte es in der Wüste nachts nicht sogar -40°C erreichen? Oder wie war das?
 

Schon ein paar Minuten später saßen wir beim Abendessen. Scheinbar hatte uns niemand vermisst. Und trotzdem sah ich mich etwas unsicher um. Dabei viel mein Blick auch auf Picco. Sonst kam er immer zu mir, wenn er mich auch nur sah. Nur heute war er bei einem blonden Jungen. Irritiert hob ich eine Augenbraue.
 

„Wer ist das?“, fragte ich Jamie und deutete auf den Großgewachsenen, der könnte vielleicht sogar den Kalifornier noch überragen.
 

„Max. Wieso fragst du?“ Leicht verwirrt blickte der Dunkelhaarige jetzt auch zu dem Jungen und erkannte wohl auch auf Anhieb Picco neben diesem.
 

Ich legte etwas den Kopf schief. Immer wieder fuhr sich der Italiener dezent durchs Haar und blickte Max kaum an. Eher war sein Blick etwas schüchtern auf die Tischplatte gerichtet. So kannte ich ihn ja gar nicht.
 

„Hm. Da hat sich der Spagetti-Fresser ja wohl verliebt“, meinte auf einmal Jamie. Knapp warf ich ihm aber nur einen bösen Blick zu. Doch das hinderte den Amerikaner gar nicht daran weiter zu reden. „Die beiden haben sich letztens auf der Party kennen gelernt. Dass sich Picco daran überhaupt noch erinnert. Der war doch so besoffen wie du.“
 

Jamie hob leicht eine Augenbraue und sah mich prüfend an. Musste der mich denn jetzt gerade daran erinnern. Es war mir ja schon peinlich, dass ich überhaupt so viel Alkohol getrunken hatte, aber das er mich danach auch noch deswegen so richtig schön befriedigt hatte – ohne das ich überhaupt etwas mitbekam – passte mir noch weniger.
 

Aber was mir jetzt noch mehr gegen den Strich ging, war Max. Wie konnte er nur aus Picco so ein graues Mäuschen machen. So schüchtern und süß.
 

„Oh, Sean, du schaust ja ganz eifersüchtig“, kicherte da auf einmal Jamie los. „Mach ich gar nicht!“, brüllte ich ihn an und sprang auf. Auf einmal waren die Jungen im gesamten Essraum zum Schweigen gebracht.
 

Ich lief rot wie eine Tomate an, bevor ich mich wieder ganz langsam hinsetzte. Na toll. Jetzt hatten die mich auch noch alle angestarrt. Da viel es mir aber erst auf. Die ganze Aufmerksamkeit, die mir die anderen Jungen zu Anfang meines Aufenthalts hier geschenkt hatten, war schon lange nicht mehr so schlimm, wie zu beginn. Eigentlich beachtete mich schon fast gar niemand mehr. So wie früher an meiner alten Schule. Das fühlte sich richtig gut an.
 

Jamie's PoV
 

Er war wohl wirklich eifersüchtig auf Max. Aber wieso denn? Weil Picco so komisch wegen ihm war. Wirklich schüchtern hatte ich den Italiener auch noch nie gesehen. Da konnte er sich ja nur in den Blonden verliebt haben. Würde ihm sicher auch gut bekommen, obwohl Max nie im Leben etwas mit ihm anfangen würde. Max war hetero und würde das auch bleiben. Armer Picco. Kaum verliebte er sich einmal, ging es nicht.
 

Da ließ sich auf einmal ein rothaariger Junge neben mir nieder und stocherte etwas mit der Gabel in seinem Essen. Sah nicht so aus, als ob er sehr großen Hunger hätte.
 

„Willst du das noch, Martin?“, fragte ich und legte leicht den Kopf schief. Da schob mir der Deutsche auch schon seinen Teller zu. „Bedien dich“, meinte er nur knapp und stützte seinen Kopf auf den Händen ab. Ein Seufzen verließ überdeutlich seine Kehle.
 

„Ist irgendwas?“, wollte Sean wissen. Wenn der wüsste. „Steve hat endgültig Schluss gemacht“, gab Martin nur zur Erwiderung. Da verzog der Waliser aber schon das Gesicht. Mit dem guten Steve hatte er es ja nicht so. Genauso wenig wie ich.
 

Diese Entschuldigungsaktion von ihm war schon wirklich recht blöd gewesen. Für so dumm, dass das jetzt nicht mehr sehr viel bringen würde, hatte ich ihn eigentlich nicht gehalten. Aber zumindest hatte er überhaupt etwas getan. Felix ließ sich ja, wie es aussah, nicht mehr bei Sean blicken. Wahrscheinlich hatte der Gute einfach Angst, dass ich ihm wieder eine auf die Fresse hauen würde. Große Lust dazu hätte ich sicherlich.
 

„Dabei hab' ich ihn so geliebt“, flüsterte der Rothaarige auf einmal. Steve geliebt und mit mir gefickt. Hm. Schöne Liebe. Nicht?
 

„Und du hast ihn betrogen“, meinte ich nur spöttisch. Dafür erntete ich aber natürlich einen bösen Blick. Nicht nur von Martin. „Na und? Deswegen hat er mir ja verziehen und trotzdem macht er einfach so Schluss.“
 

Der Deutsche war wohl schon fast den Tränen nahe. Trösten würde ich ihn aber sicher nicht. Das mit uns war nur eine einmalige Angelegenheit. Ein kleiner One-Night-Stand. Nur ficken, mehr nicht. Da waren keine tieferen Gefühle im Spiel. Und darüber war er sich auch bewusst gewesen.
 

„Hey, das wird schon wieder“, hörte ich da aber auf einmal Sean sagen. Den kleinen Sean. Zuerst meinte ich schon fast, ich würde mir das einbilden. Aber es war leider nicht so. Er versuchte doch jetzt wirklich den Ex des Typen zu trösten, der versucht hatte ihn zu vergewaltigen.
 

„Steve ist ein Arschloch. Das kannst du mir glauben.“

Welch wahre Worte von meinem blonden Briten.
 

„Das weiß ich doch, aber... Kennst du das nicht, wenn Frauen bei ihren Ehemännern bleiben und sie lieben, obwohl sie von ihnen geschlagen und misshandelt werden? So ist es wohl bei mir auch“, erwiderte Martin aber nur.
 

Man müsste wohl eigentlich ein richtiger Idiot sein, wenn man bei für so jemanden wie Steve überhaupt auch nur das kleinste Gefühl haben konnte.
 

„Na ja, ich geh' dann mal“, meinte Martin aber auf einmal, „vielleicht kann ich ja noch was retten.“

Er lächelte, ganz klar. Hatte Sean jetzt auch noch jemanden glücklich gemacht, der nicht ich war. Jetzt durfte aber ich eifersüchtig sein. Oder?
 

Ich grummelte etwas mürrisch vor mich hin, als auf einmal Sean von Picco umarmt wurde. „Na mein kleiner Hase“, meinte er zu dem Blonden, der das nur eben so erwiderte. Jetzt waren sie schon Hasen füreinander. Ob sie sich auch gegenseitig braten würden?
 

„Was hast du mit Max geredet?“, fragte der Brite, als Picco sich neben ihn setzte und sich erst einmal ausgiebig streckte.
 

„Wann er meine Sachen holt“, erwiderte der Italiener nur und ich und Sean hoben wohl synchron die Augenbraue.
 

„Wer den Unterricht schwänzt bekommt auch nichts mit“, meinte der Schwarzhaarige schnippisch und grinste fies. „Kannst du es nicht zumindest dem kleinen Sean sagen?“, fragte da schon der Waliser mit einem zuckersüßen Lächeln auf den Lippen und legte einen Arm um die Schultern des Italieners.
 

„Felix ist heute Nacht abgehauen und deswegen soll ich mir mit Max ein Zimmerteilen.“ Als er das sagte wurde Picco ganz leicht rot um die Nase. Es gefiel ihm wohl mit meinem alten Kumpel in einem Raum zu schlafen. Er musste doch einfach auf ihn stehen.
 

„Und du hast dich in den guten Max natürlich gleich verschossen“, meinte ich spöttisch. Sollte er mir doch dafür eine Ohrfeige geben. War mir den Spaß wert.
 

„Er ist eine Hete. Da käme ich ja bei ihm nie durch“, kam aber nur die knappe Antwort. Er war sich wohl darüber bewusst, dass er nicht der Typ Mensch für Max war. Vorher müsste er erst einmal zur Frau werden und sein Schwanz war Piccolo heilig.
 

Er lehnte sich leicht an Sean. „Aber süß ist er trotzdem“, murmelte er da und der anfänglich richtig glückliche Gesichtsausdruck des Blonden kehrte sich auf einmal fast schon ins Gegenteil um. Lag da auch noch irgendetwas Tieferes zu Grunde? Könnte es denn sein, dass Sean doch ein bisschen auf Max eifersüchtig war. Von seiner Reaktion zu schließen, als ich ihn darauf angesprochen hab – wenn man es so nennen wollte – könnte das doch ein klares Ja sein. Und das jetzt erst recht.
 

„Freust du dich auch so auf Morgen?“, fragte da auf einmal der Italiener, als er sich etwas von Sean löste. „Wieso?“, irritiert blickte der Waliser Piccolo an. „Schwimmen“, erwiderte der aber nur knapp und hob leicht eine Augenbraue. Fast im selben Moment entglitten Seans Gesichtszüge endgültig.

Fast wäre nichts daraus geworden

Kapitel 31 – Fast wäre nichts daraus geworden
 

Sean's PoV
 

Schwimmen. Wieso schwimmen? Ich würde absaufen. Einfach ertrinken.
 

Immer wieder rollte ich mich hin und her. Eigentlich wollte ich schlafen. Nur gelang mir das nicht so.
 

Sie würden sich alle über mich lustig machen. Wer konnte auch in meinem Alter noch nicht richtig schwimmen. Es war so verflucht peinlich. Zumindest kam es mir jetzt schon so vor.
 

Ich rollte mich auf den Rücken und verschränkte die Arme hinter dem Kopf. Das Morgen würde ich doch nicht überleben. Vor allem wenn ich mich vor dem Schwimmunterricht nicht drücken konnte.
 

Da schoss ich hoch. „Ich hab gar keine Badehose“, rief ich überglücklich. Doch da murrte schon jemand auf dem anderen Bett.

„Danke für den Tinitus.“
 

Jamie hatte ich irgendwie völlig vergessen. Zumindest in diesem einen kurzen Moment.

„Tut mir leid“, flüsterte ich, als sich der Amerikaner auch schon aufgesetzt hatte. Obwohl ich in der Dunkelheit nur seine Umrisse erkennen konnte. Vielleicht war es auch besser so. Denn er hatte nicht mehr, als Boxershorts an. Das hatte ich noch besehen, bevor er unter seine Bettdecke gekrochen war.
 

„Kann es sein, dass du dich durch deine nicht vorhandene Badehose vor dem Schwimmen morgen drücken willst?“, fragte Jamie. Sicherlich hob er gerade eine Augenbraue und blickte mich ganz prüfend an.
 

„Eigentlich dachte ich das“, gab ich kleinlaut zu. Irgendwie schien es, als ob das nicht helfen würde. „Ich hab noch eine zweite und normalerweise sind unter den Fundsachen auch welche. Ich denke aber nicht, dass du die unbedingt willst.“
 

Ich verzog demonstrativ das Gesicht, als der Kalifornier das sagte. Nur würde er das ohnehin nicht sehen. War auch egal. Mir zumindest.
 

„Wieso willst du nicht mit schwimmen?“, wollte der Dunkelhaarige da auf einmal wissen. Ich murmelte nur etwas vor mich hin. Da hörte ich ganz deutlich das Bett des Amerikaners knarren. Nein! Er sollte jetzt bloß nicht zu mir rüberkommen.
 

„Kannst du das nochmal wiederholen.“ Seine Finger lagen auf meinem Oberschenkel und ein Schauer jagte durch meinen Körper.
 

„Ich kann nicht schwimmen“, flüsterte ich.

Am ganzen Leib zitternd blickte ich ihn an. Mir kam es so vor, als ob ich das Braun seiner Augen selbst in der Finsternis sehen könnte.
 

Da spürte ich auf einmal seinen warmen Atem auf meinem Gesicht. Ganz leicht streifte seine Nasenspitze die meinige. Es mussten also nur noch ein paar Zentimeter zwischen unseren Lippen liegen.
 

Vor schreck weiteten sich meine Augen. Ich könnte den winzigen Abstand zwischen uns ganz einfach aufheben und ihn küssen. Ihn richtig küssen. Nicht so wie heute Morgen. Das wäre nichts dagegen.
 

Nur traute ich mich nicht. Nicht solange er wach war. Wenn er schlief, war es ganz einfach gewesen. Einfach die Lippen auf seine legen. Es war aber so kurz gewesen. Nur ein Augenblick. Und trotzdem war es jetzt so, als ob ich sie spüren würde. Seine weichen Lippen. Es war natürlich nicht wirklich so.
 

Seine Wange berührte die meine und mir lief eine Gänsehaut auf. Entweder aus Kälte oder aus dem Schrecken heraus.
 

„Das lernst du schon“, hauchte mir Jamie ins Ohr und tapste schließlich wieder zurück zu seinem Bett. Ich verfolgte gebannt, wie sich seine Silhouette in der Dunkelheit bewegte.
 

Als er sich wieder hinlegte, sank ich auch endlich wieder langsam zurück. Vielleicht sollte ich jetzt schlafen. Es wäre doch besser für mich.
 

Zaghaft kuschelte ich mich in meine Decke und schloss die Augen. Möglicherweise würde ich ja in einen süßen Traum versinken, aus dem ich nie wieder aufwachte.
 

Doch natürlich blieb mir das verwehrt. Jamie wollte unbedingt auf Frühaufsteher machen und zog mir schon gegen – wie ich meinte – halb acht Uhr morgens die Decke einfach weg. Sonst quälte er sich selbst kaum vor halb neun aus dem Bett.
 

„Was soll das?“, murrte ich eingeschnappt und rollte mich zusammen. Vielleicht würde mir so noch etwas warm werden.
 

„Wie du mir, so ich dir“, kommentierte der Amerikaner aber nur knapp und bewarf mich auch schon mit seinem Kissen.
 

„Jamie!“

Noch regelrecht schlaftrunken fuhr ich hoch. Musste das jetzt schon sein?
 

„Gestern hast du mich doch so geweckt, also beschwer dich nicht, sondern geh duschen. Ich bin schon fertig.“ Herzhaft schreckte sich der Dunkelhaarige, bevor er mich am Arm packte und mit einem Ruck hochzog.
 

Da ich jetzt ohnehin schon stand, wurde wohl aus Schlafen nichts mehr. Noch immer im Halbschlaf stapfte ich ins Bad. Ich hatte heute Morgen nicht einmal große Lust zum Duschen. Aber irgendwie musste ich doch wach werden.
 

Zehn Minuten später tapste ich – kaum wacher – wieder ins Zimmer. Jamie lief etwas nervös auf und ab. Als er mich bemerkte warf er mir nur stumm eine Badehose zu. Hatte er also seine zweite gefunden.
 

„Ich würde dir empfehlen, die gleich anzuziehen. Eigentlich reicht es, wenn sie einen danach beim Anziehen begaffen“, meinte er nur knapp.
 

Zuerst wollte ich es schon gleich tun, aber dann kam mir erst, dass er mich wohl auch nur anstarren würde. So verzog ich mich noch einmal kurz ins Bad.
 

Nach dem Frühstück machten wir uns gleich auf dem Weg zur Schwimmhalle. Ein paar Jungen in unserem Alter machten das wohl auch schon jetzt. Dabei waren wir wohl mindestens eine Stunde zu früh. Das wir überhaupt schon etwas zum Essen bekommen hatten, war ein Wunder.
 

Vor den Umkleideräumen mussten wir dann trotzdem warten. Da durfte man nicht ohne Lehrer rein.
 

„Jamie, Schatz!“, schallte es da aber auf einmal durch die Gänge und Tyler stürzte sich auf den Amerikaner. Hinter ihm hing Iven mit einem etwas miesen Gesichtsausdruck. Irgendwann würde das noch böse enden.
 

„Hi Tyler“, nuschelte Jamie etwas kleinlaut. Wie es aussah merkte er auch, dass der Russe einmal mehr nicht gerade über seinen Anblick glücklich war.
 

„Lass meinen Freund los!“, zischte der da aber auch schon, als der Kalifornier versuchte Tyler von sich weg zudrücken. „Sag du ihm doch mal, dass er sich nicht immer gleich so an mich hängen soll, wenn er mich sieht“, erwiderte aber Jamie schon mit einem wütenden Unterton. Die wären doch noch im Stande und würden sich hier jetzt prügeln.
 

„Schnauze! Ami!“, brülle da der Russe aber auch schon. Man kam sich gerade so vor, wie im Krieg. West gegen Ost. Irgendwie war es kein Wunder, dass sich Iven und Jamie wortwörtlich nicht riechen konnten. Es war doch schon fast ihre Pflicht ihrem Vaterland gegenüber.
 

Etwas unsicher verkrümelte ich mich mehr und mehr zu Tyler, den wohl die Zankereien der anderen beiden auch etwas unsicher machten.
 

„Jedes Mal das Gleiche“, murmelte Ivens Zimmergenosse und senkte den Kopf. Er musste es wohl schon um einiges länger mit ansehen, als ich.
 

„Könntet ihr wieder aufhören“, meinte er, als sich Jamie und Iven schon Beleidigungen in einer Ausführung, die man nicht wirklich beschreiben wollte, an den Kopf warfen. Ihnen viel wirklich auf das Wort des anderen jeweils etwas noch Schlimmeres ein.
 

Ich dachte zuerst schon, sie würden nicht auf Tyler hören, aber zu unserem Glück kreuzte endlich Mr. Townsend auf. Sonst wäre hier aber wohl auch noch Blut geflossen.
 

Jamie's PoV
 

Ich konnte doch wirklich nichts dafür, dass sich dieser verfluchte Russe immer gleich so aufregte, wenn sich sein werter Zimmergenosse mir an den Hals schmiss. Es war damals ja auch nicht mein Fehler gewesen, dass Tyler zu mir gekommen war, weil Iven es im Bett einfach nicht brachte.
 

Aber es war auch nur ein Mal. Dann hatten wir uns geschworen, dass es kein weiteres Mal geben würde. Nur Tyler konnte es dennoch nicht lassen, mich immer wieder zu umarmen und so fröhlich zu begrüßen, obwohl er immer den Russen dabei hatte.
 

Der klebte doch an ihm, wie eine Klette, seit wir miteinander geschlafen hatten. Als ob er verhindern wollte, dass sein kleiner Tyler sich nochmal in ein fremdest – und wohl vor allem in mein Bett – verirrte.
 

War aber doch sein Pech, wenn er zu blöd war um den kleinen Braunhaarigen zu befriedigen.
 

Sean lehnte etwas nervös an der Wand, als ich fertig wurde. Es gab nur Gruppenumkleiden. Somit wurde man oft genug von den anderen Jungs angesehen. Deswegen war es immer ziemlich klar, wer was mit seinem Körper machte. Ob man sich ritzte oder vergewaltigt wurde. Jeder konnte es sehen. Von ein paar, von denen die schmächtiger wirkten, hatte ich schon gesehen, dass sie wirklich Druckstellen an den Innenseiten der Schenkel hatten. Nicht oft und meistens auch nicht so schlimm.
 

Aber immer wieder war vereinzelt einmal einer dabei, der wirklich schlimm aussah. Mr. Townsend sah das sicherlich auch, aber es interessierte ihn wohl nicht oder er wartete einfach darauf, dass sie zu ihm oder einen anderen Lehrer gingen. Wenn sie selbst den Mund nicht aufbekamen, dann konnte man ihnen aber auch oft nicht helfen.
 

„Komm!“

Ich zog Sean nach draußen auf den gefliesten Gang, der zu den Duschen und zum Schwimmbecken führte. So war er für den Anfang mal vor diesen ekligen Blicken sicher, das sie ihn nervös machten, merkte doch selbst ich überdeutlich.
 

Ich stapfte mit ihm am Beckenrand entlang zu einer der beheizten Bände, wo sich schon ein Großteil der anderen sammelte.
 

Nur Sport hatten die 10. Klassen zusammen und Chemie hatten zwei Klassen zusammen. Wir mit der 10 C. Somit waren das die einzigen Schulstunden, die ich mit Picco hatte. Und somit auch Sean.
 

Momentan vertrugen sich die beiden schon fast zu gut. Sie hatten doch sogar in einem Bett geschlafen, als ich den Blonden allein gelassen hatte. Mich machte das regelrecht nervös. Und irgendwie kam es mir auch vor, dass ich wohl eifersüchtig wurde. Nur ein bisschen. Ein ganz, ganz kleines bisschen.
 

„Wie weit kommst du normalerweise?“, fragte ich schließlich, als wir uns neben ein paar wild diskutierenden Jungs auf eine der Bänke nieder ließen.
 

Zuerst blickte Sean mich etwas verwirrt an, bis er dann wohl verstand. „Na ja, vielleicht so 25 Meter.“ Jetzt hob ich irritiert eine Augenbraue.
 

„Und wie viel Yard sind das?“, wollte ich wissen. Mit europäischen Längen kannte ich mich nicht so gut aus. Auch wenn ich durch Mr. Townsend da ein bisschen etwas gelernt hatte. Der gab alles nur in Metern und Kilometern an und nicht in Yard und Meilen.
 

„Äh ... ich glaube ungefähr 27“, erwiderte der Blonde schließlich. Jetzt konnte ich mir das zumindest ungefähr auch abschätzen.
 

„Bisschen mehr als 109 Yard lässt und Townsend immer schwimmen. Na ja, er sagt immer 100 Meter. Müssten vier Bahnen oder so sein.“ Ich lächelte ihn leicht an, während ihm die Gesichtszüge entglitten. War das so viel? Oder hatte er irgendetwas gesehen?
 

Ich drehte mich kurz um. Aber hinter mir war doch niemand, der ihn so erschrecken könnte. Irritiert wendete ich mich wieder zu ihm.
 

„Das schaffst du schon“, versuchte ich ihm mit einem leichten Klaps auf die Schulter Mut zu machen. Vielleicht würde es ja helfen. Auch wenn er gerade nicht so aussah. Ertrinken würde er aber auch schon nicht. Dafür hatten wir doch Mr. Townsend. Der würde ihn schon wieder aus dem Wasser ziehen oder ich.

Unter der Dusche

Kapitel 32 – Unter der Dusche
 

Sean's PoV
 

Wenn ich ganz viel Glück hatte könnte ich mit Picco oder Edward die 100 Meter schwimmen. Aber es kam mir jetzt schon so vor, als ob ich das nicht haben würde.
 

Gerade zu fasziniert sah ich Jamie zu. An zweiter Stelle. Der Erste in seiner Gruppe war aber noch ein ganzes Stück vor ihm. Denn würde er nicht mehr einholen. Und es war auch nur noch eine Bahn. Vier mussten wir schwimmen um die 100 Meter zusammen zu bekommen. Und das auch noch gleich auf Zeit. Noten wurden auch gleich gemacht. Wenn ich es auf eine Vier schaffen würde, wäre ich wohl auf alle Fälle schon glücklich.
 

Ein Seufzen verließ meine Kehle, als Picco seinen Arm um mich legte und ich mich leicht an ihn lehnte. So fühlte ich mich momentan zumindest halbwegs wohl.
 

„Jamie fischt dich schon aus dem Wasser, wenn du drohst abzusaufen. Oder Mr. Townsend. Aber bei dem wäre die Gefahr zu groß, dass er dich befummelt“, hauchte mir der Italiener ins Ohr. Ich blickte etwas verwirrt zu ihm auf.
 

„Das darf er doch gar nicht. Wäre doch sexuelle Belästigung oder sogar sexueller Missbrauch ... äh ... Schutzbefohlener.“ Ich hob leicht eine Augenbraue, als ich das sagte. Picco zuckte nur mit den Schultern. „Interessiert den recht wenig. ... Na ja, gut aussehen tut er doch.“
 

Ich warf nur einen kurzen Blick auf den Lehrer. Was immer der Schwarzhaarige auch mit 'gut aussehen' meinte, mir kam es nicht so vor. Es gab besseres.
 

„Du bist viel hübscher“, flüsterte ich, als mein Blick wieder zum Becken schweifte. Jamie war gerade fertig geworden. Keuchend hielt er sich am Rand fest. Wenn er schon außer Puste war, wie würde es dann erst mir ergehen.
 

„Ich weiß.“

Leicht drückte Piccolo meinen Kopf an seinen Hals. Leise summte ich. Machte ich in den letzten Tagen wohl gelegentlich, wenn ich mich wohl fühlte. Und das tat ich eigentlich bei dem Italiener.
 

„Na ihr Turteltauben.“

Erschöpft sank Jamie neben uns. Sein Atem raste regelrecht noch.
 

„Wer ist dran?“, fragte Picco und ließ mich langsam wieder los.
 

Leicht zog Jamie die Augenbrauen zusammen. „Ähm... Idon, Jorker, Köhl, Kreuzer, Mark und Marrison ... Glaube ich zumindest.“
 

Sechs immer auf einmal, vielleicht hatte ich wirklich die Chance mit Picco zu schwimmen. Von denen mit R war er normaler weiße einer der Letzten. Von S her war ich nur so ziemlich in der Mitte. Zumindest war es an meiner alten Schule immer so gewesen. Und da waren es eindeutig weniger Schüler. Sport hatten schon gar keine Klassen zusammen. Aber dafür Jungen und Mädchen. War hier etwas schwer, so ganz ohne Mädels.
 

Eigentlich waren dadurch meine Chancen vielleicht sogar ein ganz kleines bisschen größer. Mit fünf fremden Jungs hatte ich keine Lust diese grässlichen 100 Meter zu schwimmen. Lieber mit Picco.
 

Leicht lehnte ich mich auch schon an diesen. Er war so mollig weich. Doch da vernahm ich ein Knurren. Etwas zaghaft sah ich zu Jamie, der auf einmal seine Haare ausschüttelte.
 

Vor Schreck rutschten ich und der Italiener auseinander. „Danke“, meinte der Amerikaner nur trocken und setzte sich zwischen uns. Fiesling.
 

Aber anstatt mich jetzt aufzuregen, lehnte ich mich eben an ihn. Und wie es schien Picco von der anderen Seite auch.
 

„Bin ich euer Kissen“, murrte Jamie mürrisch und fast synchron bejahten wir es. Stimmte doch auch irgendwie.
 

Zu meinem Glück irgendwie verging die Zeit schneller als ich dachte. Schon bald wurde Picco aufgerufen und gleich darauf ich. Zusammen schwimmen.
 

Nur verflog meine Freude schon wieder, als ich im Wasser war. Mir wurde die Länge der Bahn erst jetzt so richtig bewusst. Von außen sah das so kurz aus. Und jetzt? Ich würde doch kaum eine schaffen. Und dann musste ich auch noch vier zusammen bekommen.
 

Als Mr. Townsend das Startzeichen gab, schwamm ich einfach los. Die erste Bahn war noch richtig einfach. Die zweite auch. Ab der dritten wurde ich langsamer. Fiel hinter den anderen immer weiter zurück. Am Anfang der vierten Bahn hielt ich erst kurz inne und stieß mich dann erst vom Rand ab.
 

Gegen Hälfte der Strecke konnte ich mich auf einmal nicht mehr über Wasser halten. Tauchen konnte ich eigentlich erst recht nicht.
 

Mit der Stirn schlug ich irgendwann am Beckenrand an. Ich riss den Kopf hoch. Wie irre keuchte ich. Beinahe hätte ich gedacht, ich würde wirklich noch absaufen.
 

„Sean!“ – Picco schlang völlig verzweifelt die Arme um mich. – „Ich hätte beinahe gemeint, du säufst ab. Was stellst du nur an?“
 

Leicht zuckte ich mit den Schultern. Im Grunde wusste ich das doch so genau nun auch wieder nicht. Aber über was ich mir ganz sicher war, das war, dass ich jetzt unter die Dusche wollte, mich anziehen und erst einmal ins Bett. Zum Glück würde das hier jetzt die ersten vier Stunden einnehmen – hatte zumindest Jamie gesagt –, also hätte ich noch mindestens eineinhalb Stunden um mich von diesem Mist zu erholen.
 

„Wollt ihr da drinnen vergammeln“, murrte uns auf einmal Mr. Townsend an. Da zog mich Picco aber schon aus dem Wasser und auch gleich zu Jamie. Der drückte mich auch erst einmal an sich. Hatten sie sich denn wirklich solche Sorgen gemacht? War doch nicht so schlimm. Überstanden hatten wir es.
 

„Können wir schon gehen?“, fragte ich, als sich der Amerikaner endlich von mir löste. Etwas unwissend blickte der aber nur zu Picco. „Ich werde fragen. Da du halb ertrunken bist, wirst du aber sicher schon gehen dürfen“, meinte der schließlich und lief schon wieder zurück zum Lehrer und kam ein paar Minuten mit einer positiven Antwort zurück.
 

So gingen ich und Picco schon mal duschen. Jamie wollte gleich nachkommen. Und als mich der Italiener so hinter sich herzog, fiel es mir erst auf.
 

„Sind das Engelsflügel?“, wollte ich wissen. Der Schwarzhaarige blickte mich etwas verwirrt an. „Das Tattoo.“ Ich wies auf seinem Rücken, da er mit diesem zu mir vor mir stand. „Ach so, ja. Gefallen sie dir?“
 

Langsam nickte ich als Erwiderung. Sie waren schön. Viel zu schön. Und verdammt realistisch.
 

Vorsichtig glitt ich mit den Fingern darüber. Es schien schon fast, als könnte er gleich damit schlagen und vielleicht sogar fliegen.
 

Abrupt drehte sich der Italiener zu mir um und hielt meine Hand fest, die ich gerade noch zurückziehen wollte.
 

„Ich komme auf dumme Gedanken, wenn man mich so anfasst“, murmelte er und bevor ich überhaupt richtig merkte, was los war, lagen seine Lippen auf den meinen. Zuerst nur ganz kurz. Denn für einen Moment löste er sich von mir und blickte nach unten und sah schließlich über meine Schulter hinweg zur Tür, die zum Becken hinausführte. Ich wollte mich schon umdrehen, aber da verschloss er wieder meinen Mund und hintere mich dadurch auch mich umzusehen.
 

Während wir in einen innigen Kuss versunken waren, spürte ich, wie sich seine Finger unter dem Stoff von meiner – oder wohl eigentlich Jamies – Badehose um mein Glied legten. Noch im gleichen Moment nahm ich war, wie jemand seine Hand auf meinen Oberschenkel legte. Von hinten!
 

Ich zuckte zusammen und wollte hinter mich greifen, aber Picco hielt auch meine andere Hand fest.
 

Wehrlos hing ich zwischen den beiden Jungen, von denen ich nicht mal wusste, wer der zweite war. Bis dieser die Lippen auf meinen Hals legte und schließlich ganz leise flüsterte: „Das gefällt dir wohl.“
 

„Jamie“, murmelte ich. Wieso denn gerade er jetzt?
 

Jamie's PoV
 

Das sich doch Picco so leicht an ihn ranmachen würde und mich dann jetzt auch noch, so zusagen, mitspielen ließ. Sonst war er doch ziemlich egoistisch und wollte eigentlich nichts teilen von dem er überzeugt war, das es nur ihm gehörte. Aber wie es aussah war das bei Sean ja nicht so.
 

Ich übersäte den Hals und die Schulter des Blonden nur so mit Küssen und glitt mit meinen Fingern immer wieder seinen Oberschenkel auf und ab. Der Italiener hatte sich wohl schon längst am Schritt des Kleineren vergriffen. Leicht verließ immer wieder ein Keuchen die Kehle des Walisers. Irgendwie wartete ich schon darauf, dass er sich ergießen würde.
 

Sein Stöhnen wurde lauter. Ob ihn schon jemand hörte? Hoffentlich nicht. Ich wollte nicht gerade in so einer Situation erwischt werden. Das wäre viel zu peinlich.
 

Auf einmal drückte er die Stirn gegen Piccolos Brust. Wieder verließ ein Stöhnen seine zarten Lippen. Dieses Mal viel lauter, als das letzte. Ein Grinsen zeichnete sich im Gesicht des Italieners ab, als er zu mir sah und mir schließlich seine Hand hinhält.
 

Auch ich begann zu grinsen, bevor ich dem Schwarzhaarigen die Finger ableckte. Sean klammert sich nur krampfhaft an den Italiener. Seine Knie zittern. Das hatte er wohl so noch nicht erlebt. Armes Ding.
 

Behutsam nahm ich ihn doch, als er drohte zusammenzusacken. Die Fließen waren hart. Da hätte er sich nur sein süßes Köpfchen gestoßen.
 


 

Binnen weniger Minuten hatten wir uns angezogen. Die Haare mussten wir uns ja nicht unbedingt föhnen. Bei den Temperaturen draußen, würden sie ohnehin von selber schon bald trocken werden.
 

Sean hatte keinen Ton mehr von sich gegeben. Traute er sich nicht? Oder schämte er sich nur, dass er sich so von uns überrumpeln hatte lassen?
 

Es war nicht abgesprochen, aber als ich in die Dusche gekommen war und sah, wie Picco schon an dem Kleinen hing, konnte ich nicht anders. Ein innerer Trieb brachte mich einfach dazu mitzumachen. So wie er aber gestöhnt hatte, musste es ja Sean gefallen haben. War er doch irgendwie schon wieder ganz schön versaut.
 

Leicht drückte ich meinen Kopf an seine Wange, während wir zurück zu unserem Zimmer gingen. Picco hatte seine Hand genommen. Nur zur Sicherheit. Sean könnte ja trotzdem noch zusammenklappen. Zutrauen könnte man es ihm.
 

„Was hältst du mal von einem richtigen Dreier“, flüsterte ich dem Blonden ins Ohr, „ich fick dich und Picco bläst dir einen.“ Ich spürte wie Sean zusammenzuckte. Antworten traute er sich jetzt wohl nichts.
 

„Ich will aber auch meinen Spaß daran haben“, murrte da auf einmal der Italiener los. Eigentlich dachte ich, der würde mich gar nicht hören.
 

„Du kannst dir ja einen runter holen lassen“, erwiderte ich mürrisch. Mir war gerade Picco etwas egal. Im Grunde wollte ich, dass nur Sean wirklich Spaß daran hatte. Nicht einmal ich müsste kommen.
 

„Pah“, gab der Schwarzhaarige eingeschnappt. Natürlich passte es ihm nicht, dass ich ihn da jetzt einfach für einen einfachen Blowjob ausnutzen würde. Ich wäre wohl auch sauer, wenn er das mit mir machen würde. Aber es war doch für Sean. Möglicherweise wollte aber Picco es ja gar nicht. Könnte das auch sein?
 

„Denk doch an unseren kleinen Blondie“, meinte ich trotzdem und versuchte ihn mit einem Lächeln wieder auf zu heiter. Doch da mischte sich der gute Waliser auch endlich einmal ein.
 

„Du weißt doch gar nicht, ob ich das überhaupt will!“

Etwas mühsam löste er sich von mir und drückte sich leicht an Picco. Sein Blick drückte regelrecht Angst aus. Hatte er die?
 

„Ich hätte doch nie etwas gemacht, was du nicht wollen würdest!“

Zärtlich berührte ich die Wange des Blonden mit den Lippen. Ich würde ihn nie falsch anfassen. Nicht ihn. Nicht meinen Sean.

Die Neuen

Kapitel 33 – Die Neuen
 

Sean's PoV
 

Ich fühlte mich sicherer, dass Picco hier blieb. Vorsichtig schmiegte ich mich an ihn, als er sich zu mir auf mein Bett legte. Ein bisschen schlafen sollte ich, hatte die beiden gesagt. Aber so recht konnte ich das nicht.
 

Jetzt drückte ich mich also viel lieber an den Italiener, der mir vorsichtig übers Haar strich. Jamie saß im Schneidersitz auf dem anderen Bett und blickte uns etwas prüfend an. Was passte ihm wohl weniger? Dass Picco mich angefasst hatte oder dass ich jetzt bei ihm lag?
 

Hätte er sich vielleicht etwas beeilt, wäre es anders. Aber jetzt lag der Italiener schon neben mir. Zu spät für Jamie.
 

Das Schweigen, das zwischen uns herrschte, war erdrückend und zog sich immer länger. Irgendwie musste man es doch brechen können. Aber da klopfte es auf einmal.
 

Sich streckend stand der Amerikaner auf und tapste lustlos zur Tür. Etwas enger schmiegte ich mich an Piccolo. Jetzt könnte es ja Jamie nicht mehr stören. Etwas zaghaft schloss ich auch die Augen und schlief eigentlich schon fast ein, als ich die Stimme des Amerikaners hörte.
 

„Picco ist hier“, meinte er und irgendwie schwamm da ein fröhlicher Unterton mit.
 

Der Italiener schob mich vorsichtig von sich weg und stand selbst auf. Ich blieb liegen und wartete. Sie würden beide schon wieder kommen. Doch schlussendlich war es nur Jamie, den ich wieder zu Gesicht bekam.
 

„Wo ist Picco?“, wollte ich wissen, als der Amerikaner aufs andere Bett sank. „Max wollte mit ihm seine Sachen ins andere Zimmer bringen“, erwiderte er. Mit einem durchdringenden Blick sah er mich an. Deswegen lief mir ein regelrechter Schauer über den Rücken. Was wollte er denn jetzt von mir?
 

„Willst du wieder etwas raus gehen und vielleicht sogar schwänzen?“, fragte der Dunkelhaarige schließlich um wohl irgendwie die wieder aufkommende Stille zu unterbinden.
 

Ich nickte langsam und setzte mich schlussendlich auf. Erst jetzt bemerkte ich richtig, wie weich meine Knie waren. Könnte es sein, dass ich langsam wirklich ein wenig Angst so ganz allein mit Jamie bekam.
 

Doch der Lächelte mich nur an. Wie ein kleiner Junge. Er könnte mir doch gar nichts tun. Immerhin versuchte er mich doch auch zu beschützen. So gut es eben ging.
 

„Kommst du jetzt?“

Er nahm meine Hand. Freiwillig. Und zog mich langsam hoch. Stocksteif blieb ich vor ihm stehen, bevor ich die Arme um seine Schultern schlang. Ohne Gegenwehr ließ er mich gewähren.
 

Ich schmiegte mich leicht an ihn und zog genüsslich seinen Duft in mir auf. Ganz leicht roch er nach Schweiß und irgendeinem Deo. Gemischt war das richtig angenehm für die Nase.
 

„Willst du mich noch weiter beschnüffeln?“, fragte da aber auf einmal Jamie und riss mich regelrecht aus meiner Trance. Gerade wurde es so schön.
 

Meine Finger glitten über seine Schultern bis auf seine Brust. Immer wieder hob und senkte sich sein Brustkorb. Etwas spürte ich auch seinen Herzschlag. Nur noch einen Moment länger wollte ich das genießen.
 

Zaghaft blickte ich zu ihm auf.

„Dann gehen wir mal“, meinte ich lächelnd und nahm seine Hand. Er zog sie nicht einmal zurück. Dabei hätte ich genau das erwartet. Er war doch kein Typ, der sich einfach so an der Hand nehmen ließ.
 

„Nur mal kurz raus oder wieder schwänzen?“, hauchte er mir da auf einmal ins Ohr. Durch seinen Atem lief mir kurz eine Gänsehaut auf. Meine Knie begannen auch leicht zu zittern. Verflucht!
 

„Nur mal kurz raus“, erwiderte ich schließlich. Es war kaum mehr, als ein Flüstern und wenn es wohl nicht so still gewesen wäre, auch gar nicht hörbar.
 

Da löste er seine Hand auf einmal aus meinen Griff und legte mir den Arm um die Schultern. Ich konnte nicht zu ihm sehen. Auch nicht, als er mich etwas zu sich zog.
 

„Wie Ihr wünscht, Meister.“

Ihm entfuhr ein Kichern. Musste er mich jetzt so verarschen? Aber das kurze Auflachen konnte ich mir trotzdem nicht verkneifen. Irgendwie war er doch ein Idiot.
 

„Sammeln wir noch Picco ein?“, wollte ich wissen, als wir schon fast beim Haupteingang waren. Jamie verzog als Erwiderung nur das Gesicht. Also nein? Sollte es wahrscheinlich heißen.
 

Nur komisch, dass es ihm nicht passte. Sonst hatte er doch den Italiener so gerne an seiner Seite. Hatten sie nicht gestern sogar noch Sex? Und das eben unter der Duschen?
 

Ich ließ den Kopf hängen, als wir nach draußen treten und mir ein angenehmer, aber etwas warmer Wind entgegen wehte. An das Klima hier würde ich mich wohl nie richtig gewöhnen. Wales war wirklich etwas ganz anderes.
 

Heute verzogen wir uns nicht hinter das Hauptgebäude, sondern lieber wieder unter den Kirschbaum. Immer wieder brachte ein wohltuendes Lüftchen mein Haar in Bewegung, als ich ins Gras sank und mich an den Stamm lehnte. Der Amerikaner setzte sich auch gleich direkt neben mich. Ich sollte es genießen so lange ich konnte.
 

Zaghaft legte ich den Kopf an Jamies Schulter. So konnte ich sogar richtig gut entspannen. Ich wollte jetzt nur ihn und die Natur wahrnehmen. Alles andere einfach einmal vergessen. Vergangenheit und Zukunft für einen Moment als egal ansehen. Nur das hier und jetzt war wichtig.
 

Leise hörte ich Jamie seufzen.

„Ist was?“, wollte ich wissen. Vielleicht störte es ihn, dass ich mich so an ihn lehnte. Ihm würde deswegen sicherlich auch warm werden. Die Temperatur alleine war schon nicht angenehm, wenn man sie nicht gewohnt war.
 

Obwohl. Mir war es so auch ganz lieb. Im Schatten war es ja auch nicht so heiß.
 

„Beeilt euch einmal!“, keifte da auf einmal eine mir irgendwie bekannt vorkommende Stimme. Interessiert hob ich den Kopf und blickte zum Eingangstor. Dort standen drei Jungen. Zwei schwarzhaarige – einer hatte von den beiden hatte blonde Strähnen – und der dritte hatte fast so helles Haar wie Steve. Vielleicht nicht ganz so extrem.
 

„Sieht aus als wären das die Neuen von denen Tyler letztens geredet hat“, meinte Jamie und hatte seinen Kopf auf meine Schultern gelegt. Zaghaft schmiegte er seine Wange an die meinige. Störte ich ihn wohl doch nicht. Zumindest konnte ich mich so noch ganz gut fühlen.
 

„Wollen wir ihnen hallo sagen?“, fragte ich und schob ihn leicht von mir weg. „Lieber nicht, die sehen irgendwie nicht recht nett aus“, murmelte der Amerikaner nur als Erwiderung.
 

Jamie’s PoV
 

Die drei Jungen wirkten wirklich irgendwie seltsam. Der Blonde hatte ein seltsames fieses Grinsen aufgelegt, während der Schwarzhaarige so aussah, als ob er den mit den hellen Strähnen vor dem anderen beschützen wollte. Zumindest hatte er so einen Gesichtsausdruck aufgelegt.
 

„Hey ihr beiden, kommt mal her“, rief mir und Sean da auf einmal der Wachmann zu, der bei den drei Neuankömmlingen stand und sie dazu anspornen wollte weiter zu gehen.
 

Etwas irritiert sah ich zuerst den Waliser an, bevor der sich langsam erhob und zaghaft auf den Mann zutapste. Ich hinter ihm.
 

„Was ist?“, murrte ich. Lieber wäre ich jetzt noch etwas da im Gras gesessen. Wäre schöner gewesen. Und zumindest hätte ich mich noch etwas entspannen können.
 

„Könntet ihr Janis Noir“ – Die Wache deutete auf den Schwarzhaarigen. – „zu Mr. Franklin bringen?“

Ich blickte den Jungen erst etwas prüfend an, bevor ich bejahte.
 

„Er weiß schon, was mit ihm ist.“

„Ich werde Killian ganz bestimmt nicht mit diesem Irren alleine lassen!“, zeterte der Junge da aber auch schon los. Der andere, der wohl Killian war, klammerte sich auch gleich verängstigt an ihn. „Bruder“, flüsterte der.
 

Ich wusste gar nicht, dass Geschwister hier auch herkommen konnten. Sonst wurden die meistens getrennt. Martins älterer Bruder kam auch in ein anderes Internat.
 

„Besser als dein Kumpel bist du ja auch nicht!“ Der Wachmann trennte die beiden Geschwister voneinander und drückte den komplett Schwarzhaarigen von beiden zu uns. Etwas ruppig hielt ich ihn an der Schulter fest, während die Wache mit den anderen beiden einfach weiter ging.
 

„Lass mich los!“, keifte der Neue schließlich los und versuchte von mir los zu kommen. Aber das ließ ich mal nicht so weit kommen.
 

„Kumpel, beruhig' dich. Deinen kleinen Bruder wirst du schon wieder sehen“, meinte ich kühl und schob den Schwarzhaarigen etwas an. Franklin würde sich wohl freuen, wenn er so einen abbekam.
 

„Er ist nicht mein kleiner Bruder!“, knurrte der Janis. Etwas irritiert hob ich eine Augenbraue, eigentlich hatte Killian – oder wie er hieß – jünger ausgesehen. „Er ist zwei Minuten älter als ich!“
 

„Ihr seid Zwillinge? Zweieiige?“, wollte da Sean schon wissen. „Ja“, bekam er aber nur wütend zur Antwort.
 

„Sei nicht so zickig.“ Wieder gab ich dem Schwarzhaarigen einen Stoß weiter in Richtung Eingang. Mit der Zeit lief er dann auch freiwillig.
 

Schweigend marschierten wir durch die Gänge. Selbst Sean war auf einmal ruhig. Jemanden, der so mürrisch war, wollte er wohl auch nichts fragen. Recht hatte er.
 

Doch irgendwann traute er sich doch wieder. Oder auf ihn wirkte die Stille genauso erdrückend, wie auf mich.
 

„Was habt ihr angestellt?“, fragte der Blonde zaghaft. Erntete aber nur erst einen wütenden Blick und dann fauchte der Schwarzhaarige noch: „Geht dich gar nichts an! Blondie!“
 

Irgendwie meinte ich bei Janis einen französischen Akzent herauszuhören. Hoffentlich bildete ich mir das aber nur ein. Irgendwie mochte ich keine Franzosen, die hatten gelegentlich so etwas Tuntiges an sich.
 

„So, da wären wir. Mr. Franklins Gemächlichkeiten. Vielleicht hast du Glück und er ist hier“, meinte ich, als wir vor dem Zimmer des Lehrers angekommen waren. Sean war natürlich gleich so frei und klopfte an. Nur ein paar Minuten später wurde uns auch von dem jungen Pädagogen die Tür geöffnet. Er wirkte etwas verschlafen und nicht, so wie sonst, perfekt gestylt.
 

„Was wollt ihr denn?“, meinte Mr. Franklin gähnend. Der musste doch bis gerade eben noch geschlafen haben.
 

„Einen Schüler“, erwiderte Sean nur knapp und deutete auf Janis, der immer noch einen recht mürrischen Blick aufgelegt hatte. Der würde sich wohl auch noch ändern. Hoffen konnte man es. Denn sonst würde den hier lange niemand aushalten können.
 

„Oh. Janis … äh … Janis Noir. Richtig?“

Langsam nickte der angesprochene und zischte etwas mir Unverständliches. Etwas Französisches vielleicht? Irgendwie hätte ich das vielleicht auf der Middle-School doch als Wahlfach nehmen sollen. Dann hätte ich ihn verstanden. War aber jetzt auch zu spät.
 

„Ihr könnt gehen“, meinte der Lehrer noch zu uns und nach einer kurzen Verabschiedung stapften wir schon davon.
 

„Ich mag den nicht“, murmelte Sean, als wir außer Sicht- und Hörweite waren. „Ebenfalls“, erwiderte ich kühl. Dieser Janis nervte mich jetzt schon. Hoffentlich waren die anderen beide nicht auch so. Sonst Amen. Na ja, vielleicht würden wir ja nicht einmal in eine Klasse kommen. Aber so einen wollte ich wirklich nicht am Hals haben.

Ein Kuss mit Folgen

Kapitel 34 – Ein Kuss mit Folgen
 

Sean’s PoV
 

Ich stapfte ein ganzes Stück vor Jamie her. Dieser Janis war doch wirklich ein Ekel. Da fragte man ihn etwas und der machte einen nur blöd an. Sein kleiner – eigentlich ja großer – Bruder tat mir irgendwie richtig leid. Musste der es mit einem solchen aushalten. Da war wohl der andere von den Dreien vielleicht sogar noch netter.
 

Ich bog um die nächste Ecke und achtete schon gar nicht mehr, ob Jamie mir überhaupt noch folgte. Doch da blieb ich auf einmal stocksteif stehen. Vor mir an die Wand gelehnt stand Picco. Vor ihm Max. Nein, schon eher drückte dieser sich an den Schwarzhaarigen. Und wohl seine Lippen auf die des Italieners.
 

Es war so, als ob ich mit einem dumpfen Geräusch den Aufprall meines Kinnladen auf dem Boden hören konnte. Aber als mein Blick einen winzigen Augenblick auf den Boden schweifte, war das nicht so.
 

Ich sah wieder auf. Immer noch lagen sie sich in den Armen und küssten sich. Hatte Jamie nicht gesagt, dass Max eine Hete war. Wieso machte er das dann jetzt? Hatte ihn Picco so leicht rumgekriegt? Wäre ja nicht verwunderlich. Mich hatte er doch auch so einfach überrumpelt.
 

Ich spürte nicht, wie mir die Tränen über die Wangen liefen. Nicht wie sie von meinem Kinn aus auf den Boden tropfte. Erst mein Schluchzen riss mich aus meiner Trance. Und wohl auch Picco aus seinem Tun.
 

Er sah zu mir. Man konnte gerade zu dabei zusehen, wie ihm die Gesichtszüge entglitten. Ganz langsam bildete er meinen Namen mit den Lippen. Aber es kam kein Ton aus seinem Mund. Hatte es ihm die Sprache verschlagen.
 

Ich machte auf den Hacken kehrt und lief weg. Einfach nur weg hier. Fast hätte ich sogar Jamie über den Haufen gerannt, der mir nur verwirrt hinterher sah. Sollte ihm doch sein ach so toller Italiener sagen, was los war.
 

Ich wusste nicht wohin ich rannte. Und wie lange überhaupt.

Nur irgendwann stand ich vor dem Aufenthaltsraum. Hier würde jetzt wohl niemand sein. Und so weit ich wusste, könnte ich vielleicht noch eine halbe Stunde meine Ruhe haben. Erst dann müsste ich wieder beim Unterricht sein.
 

Leise betrat ich den Raum und schlurfte zu einer der Bänke, auf die ich erschöpft sank. Weitere Tränen hatte ich die ganze Zeit mit Mühe und Not unterdrücken könnten. Doch jetzt brachen sie wieder durch.
 

Ich schluchzte und kauerte mich zusammen. Wie konnte er nur? Zuerst mir in der Dusche mit Jamie einen runterholen und dann jetzt mit Max rumknutschen. Dieses blöde Arschloch. Ich hasste ihn.
 

„Was hat dich denn gestochen?“, hörte ich da auf einmal jemanden sagen.
 

Zaghaft blickte ich auf und wischte mir erst einmal die Tränen aus dem Gesicht, als ich Kenji vor mir stehen sah. Leicht hob er eine Augenbraue.
 

„Geht dich doch nichts an.“

Ich wendete den Blick ab. Gerade wollte ich nicht darüber reden. Es hatte auch gar niemanden zu interessieren. Das war jetzt wirklich mein Problem.
 

„Hat dir das Wetter wohl in den letzten Wochen das Blut zum Kochen gebracht oder was?“, grummelte der Japaner und sank neben mich.
 

Was machte der hier eigentlich? Müsste der nicht normalerweise noch beim Sportunterricht sein. Wäre doch sicherlich erst dran. Mit T fing doch sein Nachname an. Tokoyama oder so.
 

Langsam wendete ich den Blick zu Kenji. Er hatte eine Hand auf den Bauch gelegt und strich immer wieder darüber. Irgendwie erinnerte er mich etwas an eine Schwangere. Machten die nicht auch manchmal so was?
 

Da huschte ein Lächeln über die Lippen des Japaners. „Würdest du auch mal gerne das Gefühl kennen, ein Kind in dir zu tragen?“, fragte er mich auf einmal. Irritiert hob ich eine Augenbraue.
 

„Nicht wirklich. Wird ja ohnehin nur schmerzhaft“, erwiderte ich trocken. Da sprach der Schwarzhaarige aber schon weiter.
 

„Ich würde das gerne einmal.“

Grinsend blickte er zu mir. Ich konnte nur etwas verwirrt zwinkern. Etwas irre war er doch schon?
 

„Es muss ein wunderbares Gefühl sein, wenn Leben in einem entsteht. Frauen haben da schon eine schöne Gabe.“

Sein Blick schweifte wieder zu seinem Bauch auf dem immer noch seine Hand ruhte. Ganz langsam vergrub er seine Finger im Stoff seines Shirts.

„Dafür würde ich sogar wirklich gerne eine Frau werden.“
 

Ich dachte, ich hätte nicht richtig gehört. Aber wahrscheinlich war es doch so. Ich wüsste auch nicht, wieso ich mir so etwas einbilden sollte. Oder war ich vielleicht doch bei meinem kleinen Schwimmgang ertrunken und man versuchte mich gerade wiederzubeleben? Dann wäre das wohl jetzt nur eine Ausgeburt meines Unterbewusstseins. Nur wieso gerade Kenji?
 

„Nur in der Yakuza muss man so etwas nicht sagen. Da ist man dann gleich eine Memme.“

Ein Seufzen verließ Kenjis Kehle, als er langsam seine Aufmerksamkeit wieder mir zuwendete.
 

„Ich kenn' mich da – ehrlich gesagt – nicht aus“, murmelte ich nur und blickte ihn die andere Richtung. Das war sicher nicht nur irgendein dummer Traum, den ich hatte, weil ich gerade kurz vorm Verrecken war.
 

„Ich dafür umso besser. Deswegen bin ich überhaupt hier“, erwiderte der Japaner leise. Als ob wir erwischt werden würden, wenn er lauter redete.
 

„Du warst bei der Yakuza?“, wollte ich da schon wissen. Irgendwie ein blöder Themawechsel.
 

Langsam nickte Kenji. „Und als sich so eine Spruch losgelassen hab, bin ich auf einmal bei einem kleinen Auftrag von den Bullen erwischt worden. Komisch. Nicht?“

Wieder bildete sich ein Lächeln auf seinen Lippen.
 

Dann wurde er also von Freunden an die Polizei verpfiffen. Das war natürlich eine tolle Freundschaft. Fast so gut, wie die, die ich einmal hatte.
 

„Sind Geschlechtsumwandlungen in Japan überhaupt erlaubt?“, wollte ich wissen. Das war das Einzige, was mir noch einfiel. Eigentlich wollte ich hier ja auch gar nicht sitzen und mich mit Kenji unterhalten.
 

Er zuckte mit den Schultern. „Kann schon sein... Vielleicht auch nicht“, erwiderte er schließlich. Zaghaft zog er erneut die Mundwinkel etwas hoch.
 

„Und wieso sitzt du hier heulend herum?“, fragte er ruhig. So konnte ich mich wohl gar nicht aufregen.
 

„Liebeskummer“, gab ich knapp zur Antwort zurück. Und es reichte wohl auch.
 

„Vögelt Jamie also wieder mit anderen Typen rum... Der kann aber auch überhaupt nicht treu bleiben. Tse.“

Wie kam er nur darauf, dass ich gerade über den Kalifornier redete.
 

„Ich meine nicht Jamie“, murmelte ich mürrisch. War mir egal, wenn das jetzt zickig klang. Er könnte mich ja für eine halten.
 

„Hm... Dann hast du dir also hinter seinem Rücken einen anderen gesucht. Guter Junge! Endlich mal einer, der sich nicht gleich von ihm um den Finger wickeln und sich durchnehmen lässt.“
 

Kenji lachte auf. War das wirklich so gut? Immerhin hing ich trotzdem ganz schön an Jamie. Zumindest etwas. Aber was regte ich mich dann überhaupt auf, wenn Picco Max küsste? Oder war es umgekehrt? Hat der Blonde vielleicht ihn geküsst und ich war gerade grundlos auf den Italiener sauer?
 

Aber eigentlich sah es ja so aus, als ob es beide gewollt hätten. War es also doch gerecht, dass ich wütend war.
 

„Mann, Sean. Da bist du!“

Hechelnd betrat Jamie den Aufenthaltsraum. Hinter ihm Picco, der reumütig den Kopf gesenkt hatte. Aber kein Max in Sicht. Hatte er den einfach stehen gelassen.
 

Etwas unsanft zog mich der Amerikaner hoch. Doch ich riss mich gleich los und trat auf den Italiener zu.
 

„Es war nicht so, wie es ausgesehen hat“, flüsterte er, „Max wollte mir nur einen Gefallen tun.“
 

Ich schritt an ihm vorbei, ohne ihm überhaupt richtig zuzuhören. Was sollte das schon groß für ein Gefallen gewesen sein? Einmal knutschen umsonst? Das konnte er sich dann ja immer von Max holen. Mich brauchte er dann ja nicht.
 

Jamie's PoV
 

Verwirrt blickte ich zu Kenji – der nur unwissend mit den Schultern zuckte – dann zu Picco und zu guter Letzt zu Sean. Der aber fast schon wieder draußen auf dem Gang war. Er hielt nur kurz noch an der Tür inne und wandte sich zu mir. Irgendetwas Trauriges lag in seinen Augen.
 

Piccolo hatte doch nur Max geküsst? Na und? Sollte er ihm doch sein Glück lassen. Irgendjemand Richtigen brauchte der Italiener auch einmal. Er konnte sich ja immerhin nicht an ihn klammern.
 

Ein weiteres Mal blickte ich irritiert in die Runde, bevor ich langsam zu Sean tapste und ihm die Arme um die Schultern legte.
 

„Was ist denn los?“, fragte ich ruhig. Doch ich bekam keine Antwort. Hätte mich auch gewundert, wenn es anderes gewesen wäre.
 

Leicht gab ich dem Waliser einen Stoß, so dass er schließlich draußen auf dem Gang stand. Knapp zog ich die Tür hinter mir zu und blickte Sean prüfend an. Der hatte seine ganze Aufmerksamkeit dem Boden geschenkt. Wahrscheinlich machte er eine Art Kaffeesatzlesung mit dem Dreck, der sich dort befand. Hoffentlich stand etwas Schönes in seiner Zukunft.
 

„Wieso bist du jetzt heulend weggerannt?“, wollte ich schließlich wissen und drängte ihn leicht zurück. So dass er sogar einen Moment zu mir aufsah.
 

„Geht dich gar nichts an“, grummelte er aber nur.

Ich gab ihm noch einen Stoß weiter in Richtung Wand und drückte ihn leicht dagegen. Wehtun wollte ich ihm nicht.
 

„Sag schon!“, zischte ich. Jedoch senkte er nur den Blick. Er wollte wohl wirklich nicht reden?
 

Vorsichtig nahm ich seinen Kopf zwischen die Hände und drückte ihn leicht hoch. So dass ich ihn zwang mich anzusehen.
 

Wieder lag so ein trauriger Ausdruck in seinen Augen. Hatte ihn dieser dumme Kuss zwischen Max und Piccolo wirklich so mitgenommen.
 

„Hey, Kleiner.“ - zärtlich nahm ich ihn in den Arm. - „Schau doch nicht so. Sei lieber froh darüber, dass er auch jemanden gefunden hat.“

Ich wusste, dass er verstand über wenn ich redete. Sean war nicht dumm. Vielleicht etwas naiv, aber sicher nicht dumm.
 

„Und was ist mit mir?“, flüsterte er und klammerte sich an mich. Seine Finger krallten sich in den Stoff meines Shirts. Behutsam löste ich ihn wieder davon.
 

„Du hast doch mich. Den süßen, großen Jamie.“

Leicht lächelte ich, während ich seine Arme um meine Taille legte. Vorsichtig und zaghaft drückte er sich etwas an mich. Doch auf einmal stemmte er sich ein Stück von mir weg und blickte zu mir auf.
 

Langsam hob er eine Hand und glitt mit den Fingerspitzen über meine Lippen. Es kribbelte richtig angenehm. Doch gerade in dem Moment halt der Gong durch die Gänge. Wieso musste der denn diesen Augenblich zerstören?
 

„Wir müssen noch unsere Schreibsachen holen und dann zu Physik“, murmelte ich, als ich etwas perplex zwei Schritte zurück ging. Für einen winzigen Augenblick hatte sich alles in meinem Kopf gedreht.
 

„Oh... ja“, meinte Sean nur und tapste an mir vorbei. So sicher war ich mir nicht, ob er ganz bei sich war. Dieser Kuss nahm ihn wohl doch ziemlich mit.
 

Ich lief ihm hinterher und hielt ihn schließlich am Handgelenk fest. Abrupt blieb er auch stehen und wandte sich langsam zu mir um.
 

„Ist was?“, fragte er und blickte zu mir auf. Einen Moment dachte ich, dass keine Gefühl in seinem Gesicht liegen würde. Oder bildete ich mir das nur ein?
 

„Geht's dir gut?“, wollte ich unsicher wissen. Da nickte er aber schon und ganz kurz kam es mir sogar so vor, als ob er lächeln würde. Irgendwie war er komisch.
 

War er jetzt auf einmal doch über die Sache mit Picco und Max hinweg? Machte es ihm möglicherweise doch nicht so viel aus? Nein. Das ging doch gar nicht. Gerade eben hatte er noch deswegen geheult. Er konnte nicht darüber hinweg sein. Nicht einmal mir würde das plötzlich so leicht fallen. War war nur los mit ihm?

Glücklich sein für andere

Kapitel 35 – Glücklich sein für andere
 

Sean’s PoV
 

Sonst mochte er kein Physik, doch auf einmal wollte er ja gerade zu dahin. Er schlief mich ja jetzt fast schon hin sich her. Hatte ich irgendetwas verpasst?
 

Leise seufzte ich, als wir im Physiksaal ankamen, wo noch überhaupt niemand war. Nicht einmal ein einziger Schüler. Wie ich es eigentlich hasste irgendwo der Erste zu sein. Man konnte sich irgendwie so nach niemand richten. Ein kleiner Mitläufer war ich manchmal ja schon.
 

„Miller ist noch gar nicht da“, verkündete da Jamie auf einmal. Als ob mir das noch nicht aufgefallen wäre. Immerhin trudelten auch gerade erst die ersten anderen Schüler ein.
 

Etwas unsicher rutschte ich auf dem Stuhl, auf dem ich saß, leicht hin und her. Jamie wirkte so fröhlich. Gerade so, als ob er sich auf Miller freuen würde. Langsam drehte er ja durch? Lag das vielleicht daran, dass Picco jemanden für sich gefunden hatte? Interessierte ihn deswegen vielleicht sogar mein Befinden nicht mehr? Danke, für den Blumentopf!
 

Ich betete den Kopf auf die Tischplatte, während der Amerikaner scheinbar immer hibbeliger wurde. Gleich würde er weg springen, wie so ein Flummi. Zumindest kam es mir so vor. Irgendwie kam er mir aber auch als richtig nervös vor. Die ganze Zeit warf er immer wieder einen Blick zur Tür.
 

„Er ist schon über fünf Minuten zu spät“, murmelte er auf einmal. Verwirrt blickte ich ihn an.

„Wer?“, wollte ich wissen. Doch er antwortete nicht. Hatte er mich überhaupt gehört?
 

„Wer?“, wiederholte ich lauter. Und sofort schweifte sein Blick zu mir. „Miller“, erwiderte er aber nur knapp und sah wieder zur Tür, die gerade geöffnet wurde. Aber es war nicht der erwartete Lehrer, der herein kam, sondern ein anderer. Unser Biologielehrer Mr. Bourdon.
 

Auf Anhieb entglitten Jamie die Gesichtszüge. Irritiert hob ich eine Augenbraue. So etwas hätte ich jetzt nicht von ihm erwartet.
 

„Mr. Miller ist leider erkältet, deswegen werde ich ihn vertreten. Aber Biologie.“
 

Ich seufzte. In Bio nahmen wir gerade eigentlich ein wirklich stinklangweiliges Thema durch. Gene. Etwas, was weniger interessant war, gab es doch gar nicht. Und dann mussten wir das jetzt auch noch machen. Immerhin hätten wir Biologie heute nochmal.
 

„Er ist krank“, murmelte Jamie auf einmal. Wieder blickte ich ihn etwas verwirrt an. Das hatte gerade so geklungen, als ob er sich Sorgen machen würde. Das wäre aber nicht seine Art. Nicht gegenüber von Mr. Miller.
 

„Was hast du denn?“, flüsterte ich ihm zu. Doch er blickte nur kurz zu mir und drehte seinen Kopf dann schon wieder weg. Seine Augen hafteten starr auf die Tafel gerichtet. Wahrscheinlich war aber nur irgendetwas beim Nachsitzen am Montag gewesen. Vielleicht konnte er sich ja einmal mit dem Lehrer richtig unterhalten und sie hatten sich etwas angefreundet.
 

Das wäre ja sogar gut gewesen. Vielleicht würden sie ja dann andauernd halbwegs miteinander klar kommen. Denn so sah das manchmal nicht aus.
 

Ein Seufzen verließ meine Kehle. Er hatte mir von diesem Abend gar nichts erzählt. Nicht was sie machen musste. Was geredet wurde. Einfach gar nichts. Irgendwie fühlte ich mich etwas ausgeschlossen von ihm.
 

Vielleicht durften sie aber auch nicht. Es gab ja eigentlich bei so etwas eine Art Schweigepflicht. Möglicherweise wollte Miller ja, dass sie sich vertrugen und mit einander über ihr Problem redeten.
 

Ob er aber gesagt hatte, wieso er Felix geschlagen hatte? Oder ob er über die versuchte Vergewaltigung etwas erzählt hatte? Interessieren würde mich das schon. Aber ich würde ihn deswegen nicht ausquetschen.
 

Obwohl ich es möglicherweise doch tun könnte. Doch nicht jetzt. Vielleicht auch nicht heute. Aber sich er irgendwann. Nur eben – möglicherweise – nicht in nächster Zeit.
 

Die Stunde verging schon fast im Schneckentempo. Dass ich hier nicht vor Langeweile starb, war so etwas wie ein Wunder.
 

Mit dem Kopf lag ich die ganze Zeit nur auf dem Tisch. Wir mussten aber auch erst in der anderen Stunde dann mitschreiben. Jetzt wäre aber wohl für mich besser gewesen. Dann wäre ich nicht auch kurz vorm dahindösen gewesen.
 

„Kommst du, Sean?“, meinte Jamie nur irgendwann. Er wirkte richtig geknickt. Nahm es ihn so sehr mit, dass Mr. Miller krank war? Ungewöhnlich.
 

Etwas mühsam raffte ich mich hoch. Zu meinem Glück hatten wir jetzt Chemie. Das einzige explosive Fach. Und das wortwörtlich.
 

Doch leider wurden wir noch kurz aufgehalten.

„Hunt! Ich soll Ihnen von Mr. Miller ausrichten, dass er das Nachsitzen gleich auf heute verschieben will und Sie kurz vor dem Abendessen bei ihm sein sollen“, teilte Mr. Bourdon Jamie nämlich noch mit, als wir gerade den Raum – als welche die Letzten – verlassen wollten.
 

Es war dem Amerikaner anzusehen, dass er sich freute und seine Laune besserte sich schlagartig auf. Lag das jetzt nur an der Information, dass er den Miller heute noch sehen würde? Aber gerade wegen dem Physiklehrer? Sonst konnte er ihn doch schon eher nicht ausstehen. Irgendwie war es so, als hätte sich das seit Montag geändert. Seit er beim Nachsitzen war.
 

Langsam stapfte ich neben dem Schwarzhaarigen her. Ja. Er strahlte übers ganze Gesicht. Es machte ihn wirklich glücklich. So sah er so… so… hübsch aus. Doch das klang irgendwie selbst für mich dumm. Wie konnte ich ihn schon so bezeichnen. Er war doch eigentlich viel mehr.
 

Ein Lächeln huschte über meine Lippen, da legte Jamie auf einmal seinen Arm um meine Schultern.
 

Jamie`s PoV
 

“Picco wirst du wohl momentan nicht haben wollen...”, flüsterte ich. Sean erwiderte erst gar nichts, sondern schüttelte mich nur von sich ab und ging einen Schritt schneller. Ich konnte zwar leicht mit ihm mithalten, aber der Ausdruck in seinem Gesicht deutete mir an, dass ich am besten die Klappe halten sollte.
 

„Sei doch glücklich für ihn“, traute ich mich dann trotzdem irgendwann sagen. Doch da blieb Sean schon abrupt stehen.
 

„Glücklich sein für ihn“, fauchte er mich an, „und was ist mit mir? An mich denkt er doch auch nicht!“ Das Letzte konnte ich kaum noch verstehen, da es von einem Schluchzen fast schon übertönt wurde.
 

„Ich hab doch gesagt, dass du mich hast!“

Zärtlich legte ich die Arme um ihn. Er krallte die Finger in mein Shirt und zog sich näher zu mir. Sein Jammern wurde nur noch lauter.
 

Vorsichtig nahm ich seinen Kopf zwischen die Hände und blickte ihn prüfend ins Gesicht. Immer noch liefen Tränen über seine Wangen. Wie konnte er nur sein schönes Antlitz damit verunstalten?
 

Zaghaft wischte ich etwas von dem salzigen Wasser weg. Schlagartig hörte er auch auf zu weinen. So war es doch schon viel besser.
 

„Na, geht’s wieder?“, fragte ich, als ich ihn langsam wieder los ließ. Unsicher nickte er nur und angelte sich dann meine Hand. Ganz vorsichtig drückte er sie, bis ich zu ihm blickte. Er lächelte etwas zaghaft.
 

„Dass noch nie einer auf die Idee gekommen ist, dass wir ein Paar sein könnten…“, murmelte ich, als wir um die letzte Ecke zum Chemiesaal gebogen waren.
 

„Vielleicht hoffen einfach ein paar, dass es nicht so ist… weil sie dich wollen.“

Er löst sich langsam von mir und ging wieder etwas schneller. Auf einmal wollte er sich wohl beeilen. Doch da sah ich schon den Grund für seine Eile.
 

Am anderen Ende des Ganges stand Picco. Mit Max. Ich seufzte einmal. Von Mr. Daubenmerkl war noch nichts zu sehen. Deswegen lief ich noch zu ihnen.
 

Ruppig packte ich Picco am Kragen und zog ihn ein Stück zurück. „Was ist denn?“, knurrte er mürrisch. Ich atmete einmal tief durch, bevor ich antwortete.
 

„Weißt du eigentlich, wie du ihm das Herz gebrochen hast?“, zischte ich wütend, als sich der Italiener schon wieder von mir befreit hatte.
 

„Der Kuss“, murmelte er kleinlaut und blickte langsam zu Max, der nur stumm bei uns stand. Er wollte wohl gar nichts dazu sagen.
 

„Es war nur, damit er es spürt…“, meinte da aber auf einmal der Blonde. Ich blickte ihn verwirrt an. Er wendete schon wieder den Blick leicht ab und richtete ihn starr auf den Boden.
 

„Er wollte nur wissen… ob seine Liebe echt ist“, erklärte Max und sah mich wieder direkt an. Doch ich hatte mich schon zu Piccolo gewand. Der fing gerade langsam an zu nicken.
 

„Und es ist so. Sag das bitte Sean. Mit mir wird er wohl momentan nicht reden wollen“, bat mich da schon der Italiener. Leise bejahte ich und machte auf den Hacken kehrt.
 

Ich war mir nicht sicher, ob sie mir folgten. Es interessierte mich aber auch schon wieder nicht, als ich den Chemiesaal betreten hatte und mich langsam nach Sean umsah. Er saß zwischen Martin und Edward. Scheinbar unterhielt er sich auch ziemlich angeregt mit den beiden.
 

Etwas zaghaft sah ich mich weiter um. Einer der wenigen freien Plätze war neben Steve frei, der hatte mir aber schon beim Reinkommen einen Blick zugeworfen, der ausdrückte, dass ich mich ja nicht zu ihm setzten sollte. Jetzt tat ich es trotzdem.
 

Zuerst wandte ich mich nicht einmal an ihn. Doch dann drehte ich mich trotzdem kurz zu ihm und versuchte mir ein leichtes Lächeln abzumühen.
 

„Grins nicht so dämlich!“, fauchte mich der Engländer da aber auch schon an. Scheu zog ich die Schultern hoch. Eigentlich wollte ich ja nur einmal nett sein. Oder sollte nicht eher er das sein?
 

Da hörte ich aber schon ein Murmeln von dem mit dem hellgebleichtem Haar. Zaghaft wandte ich mich wieder zu ihm. Er hatte den Kopf auf die Tischplatte vor sich gelegt und ließ ein Seufzen laut werden.
 

„Was… was ist denn?“, fragte ich und hob etwas irritiert eine Augenbraue.
 

„Könntest du Sean ausrichten, dass es mir wirklich Leid tut… Ich wusste nicht was über mich kam, aber… Na ja, zumindest tut es mir leid“, flüsterte er, aber ich verstand es gut genug.
 

Langsam nickte. „Mach ich“, gab ich schließlich leise von mir. Er sah wirklich so aus, als ob er es ernst meinen würde. Noch einmal versuchen über Sean herzufallen, würde er aber wohl auch nicht. Er wollte sich doch eigentlich ohnehin nur an mir rächen.
 

Dass war wohl das erste Mal, dass ich wirklich die gesamte Stunde aufpasste. Sonst ließ ich mich ja viel zu leicht von irgendetwas ablenken. Doch einmal passierte es nicht so. Ich machte sogar richtige Notizen und nicht nur so sinnloses Gekritzel. Vielleicht sollte ich öfters neben Steve sitzen?… Möglicherweise aber auch lieber nicht.
 

„Sagst du es ihm?“, fragte mich der Hellhaarige, als ich meine Sachen gerade einsammelte. Vorsichtig nickte ich nur und blickte mich dann auch schon wieder nach Sean um. Nur konnte ich den Waliser einfach nicht entdecken.
 

„Sean ist schon mit Edward und Martin raus“, meinte da auf einmal Steve zu mir. Ich bedankte mich knapp bei ihm und lief dann auch aus dem Raum.
 

Zu Biologie musste ich. Da war ich mir sicher. Doch auf dem ganzen Weg bis dahin lief mir Sean nicht über den Weg. Dabei rannte ich.
 

Verwirrt blickte ich mich um, als ich den Biologieraum betrat. Das waren doch keine Zehnklässler. Die gingen doch kaum in die Achte. Hatte ich mich jetzt doch verrannt? Hatten wir gar kein Biologie?
 

Da fiel es mir erst ein. Es war doch erst Mittwoch. In der sechsten Stunde hatten wir da Mathe. Irgendwie war ich auf Donnerstag. Wieso nur?
 

So schnell wie möglich versuchte ich jetzt da hinzukommen. Doch ich kam zu spät. Erst einmal wurde ich von Mr. Greenwald angeschnauzt. Nur weil ich nicht pünktlich war. Mit der Ausrede, dass ich die Tage vertauscht hatte, kam ich bei ihm auch nicht durch.
 

Mit hängenden Schultern verzog ich mich auf den einzigen noch freien Platz in der ersten Reihe. Verdammt. Erst verlief ich mich gerade zu und dann auch noch in Mathe vorne sitzen. Das war ja grausam.
 

Sean saß bei Martin. Irgendwo hinten. Soweit ich es gesehen hatte. Er konnte ja wirklich nur sauer sein. Auf mich? Dann sollte ich ihm wohl in nächster Zeit nicht zu Nahe kommen. Am besten würde ich mich gleich nach dem Unterricht zu Dave verziehen. Vielleicht könnte ich mit dem reden. So jemanden könnte ich jetzt zumindest brauchen.

Sorgen machen, bringt nicht immer etwas

Kapitel 36 – Sorgen machen, bringt nicht immer etwas
 

Sean’s PoV
 

Ich hatte ihn da einfach stehen gelassen, weil ich sauer war. Wieso sollte ich mich denn für Picco freuen? Natürlich, er hätte Max. Aber was half das mir? Ich würde dafür allein bleiben. Klang das jetzt egoistisch? Dachte ich gerade nur an mich? Wahrscheinlich. Ich war ein kleiner Egoist. Mein eigenes Wohl ging mir doch eigentlich über alles. Dabei wollte ich doch auch wirklich, dass Piccolo glücklich war, aber könnte ich da nicht vielleicht auch eine Rolle spielen? Könnte nicht ich derjenige sein, der von ihm geliebt wurde und nicht Max.
 

Ein Seufzen verließ meine Kehle, als ich mich an Martin lehnte. Wir saßen im Aufenthaltsraum und sahen Edward zu. Der Kerl war wirklich gut. Zumindest bei Need for Speed Underground 2. Dieses Snowboardspiel konnte er nicht so gut. Dark Summit oder wie das hieß. Da wollte er immer nicht gegen mich fahren. Einen gewissen Stolz hatte er schon.
 

„Na, Kleiner.“

Zärtlich strich mir Martin übers Haar und blickte mich prüfend an, als ich zu ihm aufsah und schließlich langsam den Kopf etwas schief legte. Da wendete er sich aber schon an Edward.
 

„Zockerface“, zischte er, „wie lange willst du denn noch dein armes Auto demolieren? Du packst das Rennen doch ohnehin nicht. Der Typ mit dem Corsa wird immer schneller sein als du.“
 

Edward warf ihm nur einen bösen Blick zu und grummelte: „Ich lass mich doch nicht von einem Opel-Fahrer fertig machen!“

Machte er das aber nicht schon die letzte halbe Stunde über? Jedes Mal auf der letzten langen Gerade zog dieser kleine, silberne Corsa mit der giftgrünen Unterbodenbeleuchtung wie ein Pfeil an ihm vorbei und er kam nicht mehr hinterher. Bis dahin hatte er auch meistens sein gesamtes Nitro leer gefahren.
 

Und jetzt schon wieder. Aus seinem Windschatten zog der Corsa hervor und überholte ihn einfach und wie die letzten Male kam er nicht hinterher. Mazda vs. Opel... Und Opel gewann. Wie blamabel.
 

Mir entfuhr nur ein Kichern. Sein wütendes Gezeter war einfach nur zu süß. Dabei sollte das sicher lich nicht so rüberkommen.
 

„Lass uns doch was anderes zocken“, murrte ich, da hatte sich aber unser allerliebstes Zockerface schon erhoben und kramte die anderen Spiele durch.
 

„O.K. Was will der Herr denn: Street Fighter, Naruto oder Sonic?“

Wirklich begeistert klang er bei keinem der Spiele und ich auch nicht wirklich.
 

„Street Fighter!“, rief da aber auch schon der Rothaarige neben mir, an dessen Schulter ich mich jetzt am Liebsten wieder lehnen würde.
 

„Ich nehm’ Ryu!“, fügte Martin auch schon hinzu, als Edward sich die Schachtel des Spiels geangelt hatte.
 

„Jetzt warte doch erst einmal“, murmelte er nur. Doch da stieg ich in die Wahl des Fight-Charakters auch schon ein: „Und ich Chun-Li!“
 

„Solange ihr euch nicht an Vega vergreift“, grummelte der Blauhaarige und setzte sich gerade wieder neben mich und Martin. Mir hatte er das zweite Joypad gegeben.
 

„Chun-Li gegen Vega“, kicherte ich nur. Das würde lustig werden. Nur leider nicht für mich, wie ich in ein paar Minuten feststellen musste.
 

„Du Idiot hast geübt!“, fauchte ich und drückte Martin das Joypad in die Hand.
 

„Ich bin nur besser als du und deine China-Tussi!“, lachte mich Edward schon aus, während sich der Rothaarige seinen Charakter aussuchte.
 

„Rache für die sexy Braut.“

Ein fieses Grinsen hatte Martin aufgelegt. Der würde doch nie im Leben mit Ryu jetzt gegen Vega kämpfen? Oder etwa doch.
 

Etwas irritiert hob Edward eine Augenbraue. „Dhalsim“, murmelte er und blickte den Rothaarigen verwirrt an.
 

„Genau. Yoga gegen Ninjakünste! Das wird jetzt richtig lustig…“

Martin streckte dem Zockerface doch jetzt wirklich die Zunge heraus. Kindisch wie sonst was.
 

„Spiel. Satz. Und Sieg!“, triumphierte Martin schließlich, nachdem die Zeit abgelaufen war.

„Das war so knapp. Ein Schlag mehr und du wärst Geschichte gewesen!“, fauchte ihn aber Edward auch schon an.

„Du kannst doch nur nicht verlieren“, kommentierte ich dagegen gelassen. Und irgendwie war es doch auch so. Edward verlor nie wirklich gerne und wenn es doch einmal so war, dann regte er sich auf.
 

Irgendetwas grummelte der Blauhaarige noch vor sich hin, als er aufstand und zur Tür gehen wollte.
 

„Sag jetzt bloß nicht, du bist sauer?“

Ungläubig blickte ich ihn hinterher, als er sich schon wieder leicht zu mir umwandte.

„Nö, nur verdammt müde“, erwiderte Edward noch und verließ den Aufenthaltsraum.
 

Ich lehnte mich wieder leicht an Martin, der gerade herzzerreißend seufzte und mir schließlich einen Arm um die Schultern legte, bevor er gähnte.
 

„Ich glaube, ich verzieh mich auch ins Bett. Kannst ja noch etwas hier bleiben.“

Mit diesen Worten ließ er mich schlussendlich auch zurück.
 

Leicht blickte ich mich um, als ich mich selbst erhob und erst einmal die PlayStation ausschaltete. Alleine hatte ich darauf ohnehin keine Lust.
 

Ich sank wieder auf die Couch und machte mich erst einmal darauf breit. War ohnehin sonst niemand mehr hier. Eigentlich könnte ich mir genauso gut einen runterholen und keiner würde es mitbekommen. Aber wieso sich so einen Spaß erlauben und damit den Aufenthaltsraum versauen?
 

Langsam sank ich zur Seite und rollte mich auf dem alten Sofa zusammen. Es war ja eigentlich recht gemütlich hier. Nur gerade recht einsam. Vielleicht sollte ich einfach in mein Zimmer gehen. Möglicherweise war ja sogar Jamie schon wieder da. Und es könnte ja sogar sein, dass er nicht einmal sauer auf mich war.
 

Mühsam raffte ich mich so wieder hoch, tapste zur Tür und schließlich auf den Gang hinaus. Wie spät es wohl war? Denn es war niemand mehr auf dem Flur. Hoffentlich nicht nach 10 Uhr abends, sonst hätte ich wirklich Pech, wenn mich ein Lehrer erwischt.
 

Ich beschleunigte meinen Schritt. Versuchte aber trotzdem so leise wie möglich zu sein. Hören sollte mich wohl am besten auch niemand.
 

Binnen weniger Minuten war ich dann auch – ohne erwischt zu werden – wieder in meinem Zimmer. Doch es war keiner da. Nur ein Zettel auf meinem Bett.
 

Ich bin so früh wie möglich wieder da. Mach dir keine Sorgen.

Jamie
 

So früh wie möglich? Mein Blick schweifte zum Wecker. Es war schon kurz nach halb zwölf. Hatte ich ja wirklich Glück, dass mir keiner der Lehrer über den Weg gelaufen war.
 

Aber trotzdem war Jamie noch nicht da. Ob er noch bei Miller war? Letztes Mal wurde es doch auch so spät. Was stellte der bloß mit ihm an?
 

Ein Seufzen verließ meine Kehle. Vielleicht sollte ich ja einfach einmal vorbei schauen. Ich könnte ja einfach sagen, dass ich mir doch Sorgen gemacht hatte, als er so spät noch nicht zurück war. Dann könnte er mir auch keine Strafe aufbrummen.
 

Jamie’s PoV
 

Er saß auf meinem Becken und küsste mich. Immer wieder ganz kurz. Aber zärtlich. Nur deswegen wehrte ich mich nicht. Wie damals.
 

Langsam schloss ich die Augen. Daran wollte ich gar nicht denken. Nein. Das sollte ich lieber vergessen. Es wäre besser für mich. Besser, wenn ich einfach so tun würde, als ob das damals nicht passiert ist.
 

„Hey? Was ist denn?“

Vorsichtig berührt Dave wieder mit seinen Lippen die meinigen, als ich zaghaft die Lider wieder hob.
 

War ich deswegen so scharf darauf mit ihm zu schlafen? Nur weil ich so etwas Ähnliches schon einmal erlebt hatte? Und wieder war es nicht meine Schuld! Wieder lag es an dem anderen.
 

„Nichts“, flüsterte ich und stemmte mich etwas hoch um die Zärtlichkeiten zu erwidern und gleichzeitig unsere Position etwas zu ändern. Mit der Zeit tat mir nämlich der Rücken weh. Dabei war ich doch noch so jung.
 

Ich hatte noch meine Boxershorts an, genauso wie er. So weit waren wir heute noch nicht gegangen. Bis jetzt bestand alles nur aus küssen und streicheln. Einfach zärtlich zu einander sein. Und das jetzt schon seit Stunden. Ich wusste nicht einmal, wie spät es war. Nur dass ich eigentlich wohl schon längst nicht mehr hier sein sollte.
 

Da kuschelte ich mich aber schon an den Älteren. Wenn wir sonst nichts mehr machten, könnte ich doch gehen. Immerhin war ich auch schon hundemüde und er doch eigentlich krank. Von der Erkältung bekam man sogar im Ansatz etwas mit. Immer wieder schniefte er. Vom Niesen einmal ganz abzusehen.
 

„Du willst wohl zu deinem Sean“, flüsterte mir der Lehrer ins Ohr. Ich erwiderte nichts. Schüttelte auch nicht den Kopf oder nickte. Blieb einfach nur still liegen.
 

„Du kannst schon gehen, wenn du willst“, hauchte er kaum hörbar. Da drückte ich mich aber schon noch enger an ihn. Verwirrt blickte er mich an, als ich langsam zu ihm aufsah.
 

Fast mühelos presste ich ihn im nächsten Moment aufs Bett und hielt seine Arme über seinem Kopf zusammen, während ich ihm mit der anderen Hand diese verfluchten Shorts auszog. Ich spürte, wie er mich angrinste und hob schließlich zaghaft wieder meinen Blick.
 

„Das willst du also noch… Die Jugend“, murmelte er, da verschloss ich schon seine Lippen mit den meinen.
 

„Halt die Klappe!“, zischte ich, als ich mich wieder von ihm löste und mir gerade selbst meine Shorts auszog.
 

Ich sah an mir herunter. Verflucht. Er war nicht einmal steif. Eigentlich dachte ich, dieses ganze Gefummel hätte meinen werten allerbesten Freund zumindest dazu gebracht.
 

Ein leises Kichern vernahm ich von Miller. Hatte er es also auch schon bemerkt.
 

„Soll ich dir etwas dabei helfen?“, wollte er wissen und setzte sich gerade auf um meinen nicht vorhandenen Ständer näher zu begutachten. Toll. Litt ich jetzt schon unter Erektionsproblemen?
 

„Du bist nur etwas zu sehr angespannt“, meinte der Ältere, als ob er bemerkt hätte über was ich nachgedacht hatte. War aber wohl auch nicht zu schwer zu bemerken.
 

Vorsichtig nahm er mich in den Arm. So etwas hatte ich wohl all die Jahre hier vermisst. Jemanden der mich einmal festhielt. Andauernd musste ich es bei anderen machen. Aber keiner kümmerte sich so recht um mich. Ich war einfach nur der Kerl, der sich durch fremde Betten vögelte. Dem würde es schon gut gehen. Wie oft hatte ich das nur schon gehört, wenn andere getuschelt hatten. Ob sie über mich geredet hatten, wusste ich gar nicht, aber es kam mir immer wieder so vor.
 

„Wir müssen ja heute nicht unbedingt. Ich wollte ohnehin nur, dass du hier bist.“

Der letzte Teil seines Satzes halte regelrecht in meinem Kopf wider. ‚… dass du hier bist.’ Es klang so komisch in meinen Ohren. So unwirklich.
 

War aber wohl auch ganz normal für mich, da niemand wohl wirklich über mich freute. Wollte das ich bei ihm war. Nein, mich würde hier doch auch kaum jemand vermissen. Sean vielleicht. Aber wer sonst? Niemand. Gar niemand.
 

Minutenlang herrschte schließlich ein erdrückendes Schweigen zwischen mir und Dave, bis plötzlich ein Klopfen die Stille durchbrach.
 

Der Ältere schob mich behutsam von sich weg, stand auf und zog sich die Shorts und ein Shirt an, während ich regungslos auf dem Bett liegen blieb. Ich bekam kaum mit wer da überhaupt an der Tür war, bis ich meinen Namen hörte. Verwundert hob ich den Kopf.
 

„Ist er wirklich nicht mehr hier?“

Das klang nach Sean. Könnte es sein, dass er sich Sorgen macht.

„Äh... wirklich, Jamie ist schon vor einer Weile weg...“

Nein. Er sollte den Kleinen nicht anlügen. Nicht wegen mir.
 

Mühsam raffte ich mich hoch und tapste zur Tür, nachdem ich mir meine Boxershorts wieder übergestreift hatte. Der Waliser sah mich sofort und das, was wohl zuerst völlig besorgt war, schlug jetzt in Wut um. Ich hatte ja immer noch nur Shorts an.
 

„Was machst du hier?“, flüsterte er, doch er ließ mich gar nicht mehr antworten, sondern lief weg. Ich wäre ihm fast einfach so hinterher, nur Dave hielt mich noch zurück.
 

„Zieh dich erst einmal an. Jetzt wird er ohnehin noch zu aufgebracht sein.“

Er hörte sich so sanft an. Vielleicht auch nur richtig fürsorglich.
 

Ich zog mich schnell an, bevor ich mich verabschiedete und schließlich Sean suchte. Immerhin musste ich mich bei ihm entschuldigen. Ich hätte ihm etwas davon sagen sollen. Oder zumindest pünktlich zurückkommen sollen, wenn er niemanden hatte.
 

Ich war aber auch ein Idiot. Er wäre doch so oder so zuerst zu Miller gegangen. Aber wieso hab ich mich auch noch aufmerksam machen müssen. Wäre ich nur liegen geblieben, dann hätte sich Sean zwar weiter Sorgen gemacht, aber er wäre nicht sauer geworden und wohl jetzt auch nicht weggelaufen.
 

Fast schon panisch lief ich durch die Gänge. Doch bis jetzt konnte ich ihn nicht finden. Vielleicht wäre er sogar raus gelaufen. Dann würde ich ihn nur heute nie im Leben finden.
 

Verdammt. Sean!

Irre sein

Kapitel 37 – Irre sein
 

Sean's PoV
 

Schluchzend sank ich an der Wand herunter. Wie konnte er nur so etwas tun? Und dann auch noch gerade jetzt? Er wusste doch, dass ich wegen Piccolo schon völlig fertig war. Da sollte ich an den Italiener denken und mich für ihn freuen und dann machte Jamie so etwas. Dachte er denn dann an mich? Achtete er auch nur im Ansatz auf meine Gefühle? Er spürte es doch nicht einmal. Bekam es nicht mit.
 

Ich kauerte mich zusammen. Wie gerne wäre ich jetzt zu Hause. Dann könnte ich mich in meinem Zimmer verkriechen und niemanden an mich heran lassen. Hier könnte das wohl etwas schwer werden. Ich müsste ihn noch wochenlang sehen. Wenn nicht gar monatelang oder jahrelang. Tag für Tag würde ich ihn sehen. Und ich könnte nicht weg.
 

Und dann hinterging er mich so. Aber was regte ich mich überhaupt auf? Ich hatte mich doch nicht einmal getraut, es ihm zusagen, was ich für ihn empfand. Hätte ich ihn doch letzte Nacht einfach geküsst. Wäre ich doch nur über meinen eigenen Schatten gesprungen und hätte es einfach getan. Dann wäre das hier nicht passiert. Er wäre nicht mehr zu Miller. Nein! Er hätte mich doch gar nicht allein gelassen.
 

Ich raffte mich mühsam hoch und stolperte einige Schritte nach vorne. Ich stand mitten in einer Gabelung der Gänge. Links von mir eine Ecke und rechts von mir. Die lachten mich doch gerade zu an.
 

Eigentlich hatte ich doch Jamie gesagt, dass ich es nie wieder tun würde. Aber anders würde ich mit dem hier wohl jetzt nicht klar kommen. Ich tapste langsam auf die linke Ecke zu. Der Gang der vor mir lag führte zum Physiksaal. War doch irgendwie perfekt. Hier könnte ich mir wehtun.
 

Einmal atmete ich tief durch. Das würde sich jetzt sicher besser anfühlen, als der ekelhafte Schmerz in meinem Herzen. Es würde mich nicht so sehr zerfressen. Mich nicht von innen heraus zerstören.
 

Nur einmal schlug ich meinen Kopf dagegen. Es tat nicht weh. Könnte ich es doch noch einmal aushalten. Doch ich unterdrückte es. Unterdrückte den Drank und machte nach rechts kehrt. Stapfte den Flur entlang. Vielleicht sollte ich etwas frische Luft schnappen. Aber ich könnte draußen genauso gut zu dieser Tageszeit erfrieren.
 

Ich merkte aber auch viel zu spät, dass ich in die völlig falsche Richtung lief um nach draußen gelangen zu können. Und bald wurde mir auch klar, dass ich mich völlig verlaufen hatte. Verwirrt sah ich mich um, bevor ich wieder zu Boden sank. Da lief mir gerade etwas ins Auge. Verdammt. Hatte ich doch zu fest zugeschlagen. Sonst würde ich jetzt aber wohl auch nicht bluten. Eigentlich gehörte ich wohl in die Psychiatrie, statt hier her. Ich war doch krank und normalerweise gehörte man wegen autoaggressiven Verhalten doch schon längst zumindest zu einem Psychiater.
 

„Hi“, meinte da aber auf einmal jemand zu mir. Verwirrt blickte ich auf. Der neue Junge mit dem schwarzen Haar und der blonden Strähne stand vor mir. Etwas schüchtern blickte er mich an.
 

„Kann ich mich zu dir gesellen?“, fragte er unsicher, als ich aber schon nickte. Zaghaft sank er neben mich und kauerte sich – wie ich – etwas zusammen. Selbst hier drinnen war es doch um diese Zeit kalt.
 

„Und wieso rennst du hier noch herum?“, wollte ich nach einiger Zeit wissen, doch der Junge zuckte nur leicht mit den Schultern.
 

„Wollte wohl nur etwas meine Ruhe haben“, flüsterte er dann aber doch noch, „und du?“

„Bin mir gar nicht so sicher“, erwiderte ich leise.
 

Und im Grunde war es auch so. Ich wusste nicht ganz, wieso ich nicht einfach zurück in mein Zimmer war, dann würde ich aber auch nicht hier in der Kälte sitzen. Ich hätte mein warmes Bett und könnte vielleicht sogar schon schlafen. Dann müsste ich Jamie auch bis morgen früh nicht sehen.
 

„Darf ich mich etwas an dich lehnen“, fragte der Schwarzhaarige und zog sich die Ärmel der viel zu großen schwarzen Sweatshirtjacke, die er anhatte, noch etwas weiter über die Hände. So sah er fast so aus, wie ein kleiner Junge. Durch das etwas zu kindliche Gesicht wirkte er aber auch schon fast so.
 

Ich nickte langsam, da lag aber auch schon sein Kopf an meiner Schulter. Zuvor hatte er mir noch das Blut von der Stirn gewischt. Er fragte nicht, was ich angestellt hatte. Starrte mich deswegen auch nicht an. Richtig nett.
 

Vorsichtig – und wohl auch etwas zaghaft – legte ich einen Arm um seine Taille, um ihn etwas zu mir zu ziehen. So könnten wir uns wohl gegenseitig warm halten und musste nicht unbedingt frieren.
 

„Du heißt Killian. Richtig?“, fragte ich unsicher. „Ja“, flüsterte der Kleinere – zumindest war er das um ein paar Zentimeter auf alle Fälle.
 

„Bei welchen der beiden Jungs, mit denen du angekommen bist, bist du im Zimmer?“, wollte ich wissen.
 

„Bei Marlon. Aber eigentlich wäre ich viel lieber bei meinem Bruder.“

Ein leises Seufzen verließ Killians Kehle, als er sich etwas enger an mich drückte.
 

Eigentlich hätte er doch jetzt nur zu ihm gehen müssen. Oder wusste er vielleicht nicht, wo das Zimmer seines Bruders war? Das wäre wohl eine Möglichkeit, wieso er jetzt nicht bei ihm war. Es könnte auch einfach sein, dass er sich auch verlaufen hatte. Auskennen tat er sich sicher noch nicht wirklich gut.
 

Ich drückte mich näher an Killian. Mit der Zeit wurde ich müde. In einem warmen Bett wäre es jetzt aber viel besser. Und vor allem auch gemütlicher. Der Boden war genauso kalt wie die Wand. Ich würde mich noch erkälten.
 

Auf einmal sank der Kopf des Schwarzhaarigen auf meinen Schoß. Scheinbar war er eingeschlafen. Jetzt hatte ich nur nichts mehr um mich anzulehnen. So landete schon bald mein Haupt auf dem Boden.
 

Würde ich eben einmal hier nicht in einem Bett schlafen. Zumindest müsste ich dann morgen früh auch nicht unbedingt Jamie sehen. Ich wollte ihn gerade gar nicht unter die Augen treten. Wahrscheinlich würde ich ihm ohnehin nur Vorwürfe machen. Das wäre nicht das Richtige, was man kurz nach dem Aufstehen tun sollte.
 

Jamie's PoV
 

Schnaufend lehnte ich an einer Wand. Wo konnte er denn nur hin sein? Ich müsste ihn doch finden. So weit konnte er doch auch gar nicht gekommen sein. Sportlich war er doch nicht wirklich. Nicht bei seiner schmalen Statur. Und das Schwimmen hatte er doch auch nur gerade so überstanden.
 

Ich hatte auch schon fast alles abgesucht. Bis auf die Gänge, in denen die Lehrerzimmer lagen. Die hatte ich bis jetzt komplett ausgelassen. Aber wieso sollte er auch gerade da hin? Konnte doch gar nicht sein. Außer wenn er sich in seiner Wut verlaufen hatte. Dann wäre es möglich gewesen.
 

Schließlich machte ich mich doch auf den Weg dort hin. Es war ohnehin nicht mehr so viel, was ich da durchstreifen musste. Obwohl wir eigentlich schon gut 20 oder 25 Lehrer hatten. Die brauchten auch Platz.
 

Langsam schwankte ich die Flure entlang – ich wurde wohl müde -, als ich etwas am Boden liegen sah. Ganz nah an die Wand gedrückt. Könnte das Sean sein? Bitte!
 

Zaghaft trat ich darauf zu. Es war nicht nur der kleine Waliser, sondern auch einer der Neuankömmlinge. So wie es aussah der Bruder von Janis. Sie schliefen beide ganz eng aneinander gekuschelt.
 

Vorsichtig tippte ich zuerst den Neuen an, der sofort verschreckt hochfuhr und mich verängstigt ansah. Ich legte einen Zeigefinger auf die Lippen und deutete ihm an ruhig zu sein. Was er auch tat.
 

Behutsam hob ich Sean hoch. Er wachte nicht auf. War auch besser so. Er würde doch nur herum zetern und sich aufregen. Wahrscheinlich würde er mich sogar beschimpfen. Dabei hätte er aber auch Recht.
 

„In welches Zimmer musst du?“, fragte ich Killian – so hieß doch der Kleine? -, als ich mich wieder zu ihm wandte.
 

„Nummer 253“, erwiderte er leise. Etwas schüchtern wirkte er dazu auch. So wie sich sein Bruder aufgeführt hatte, passte er wohl normalerweise immer auf den Kleinen auf. Oder sie hatten einfach nur ein wirklich gutes Verhältnis zueinander. Vielleicht so eines, wie Sean unbedingt zu seinem Bruder haben wollte. Ich reimte mir doch hier gerade wirklich einen Irrsinn zusammen.
 

„Da kann ich dich noch hinbringen“, meinte ich und marschierte los. Dicht gefolgt von dem Schwarzhaarigen, der keinen Ton mehr von sich gab, bis wir vor seinem Zimmer ankamen. Komischerweise war sein Name noch nicht einmal auf das Schild an der Tür geschrieben worden. Nur sein Bruder – Janis Noir – stand darauf. Würde schon stimmen.
 

Kurz verabschiedete ich mich und tapste mit Sean auf dem Arm weiter. Die ganze Zeit, bis wir zu unserem Zimmer ankamen, schlief er friedlich. Erst als ich ihn auf sein Bett legte, wurde er wach. Er spürte wohl, dass jetzt etwas Weiches unter ihm war.
 

Zaghaft hob er die Lider und blickte schließlich mich an. Es lag kein Gefühl in seinen Augen. Er sagte nichts. Starrte mich nur ausdruckslos an.
 

„Tut mir leid“, flüsterte ich, als ich auf mein Bett sank und den Blick zum Boden richtete. Ich konnte ihm nicht in die Augen sehen. Dazu hatte ich wohl einfach doch zu wenig Mumm. Von außen wirkte ich so stark und dann war ich innerlich doch so schwach.
 

Er erwiderte nichts. Rollte sich aber demonstrativ auf die andere Seite. Natürlich wollte er mich auch nicht die ganze Zeit so anblicken. Hätte ich auch nicht ausgehalten.
 

Als ich mich gerade ausgezogen hatte um mich auch schlafen zu legen, viel auch seine Hose zu Boden. In der konnte er wohl auch nicht schlafen.
 

Doch kaum dass ich das Licht ausgemacht hatte, begann er auf einmal zu schluchzen. Ich rührte mich nicht. Er würde nicht wollen, dass ich ihn tröstete. Dafür war ich ihm momentan zu wider.
 

Langsam setzte ich mich jedoch wieder auf und blickte zu ihm. Sein Schluchzen wollte wohl kein Ende nehmen. Vielleicht sollte ich trotzdem zu ihm gehen. Selbst wenn er mich anfauchen würde und mich nicht haben wollte. Einen Versuch sollte ich zumindest wagen.
 

„Sean?“, flüsterte ich. Sichtlich zuckte er zusammen. Doch er erwiderte nichts. So stand ich zaghaft auf und tapste zu ihm hinüber.
 

Für einen Moment hatte er aufgehört zu wimmern. Gerade als ich direkt vor seinem Bett stand. Gleich würde es wieder losgehen. Ich wartete doch nur auf dieses herzzerreißende Geräusch. Nur blieb es aus.
 

„Hau doch ab!“, hörte ich Sean zischen. So etwas hätte ich doch erwartet. Aber ich würde jetzt nicht zurück unter meine Decke kriegen. Ich ging nur etwas zaghaft in die Hocke und streichelte ihm übers Haar. Es spürte es sicherlich. Auch wenn ich nur gerade zu darüber glitt.
 

Da schlug er aber schon meine Hand weg.

„Verzieh dich!“, fauchte er mich an. Wie seine Augen vor Wut funkelten konnte ich aber irgendwie nicht sehen. Nur hören, wie er erneut zu schluchzen begann. Wie konnte er nur so einen traurigen Laut von sich geben.
 

Ich schlang die Arme um seine schmalen Schultern. Er wehrte sich nicht. Wimmerte nur immer weiter. Konnte er nicht aufhören.
 

„Du bist ein Idiot!“, flüsterte er tränenerstickt. Langsam nickte ich nur als Erwiderung. Wie Recht er doch hatte. Wieso stieg ich auch mit einem Lehrer ins Bett? Gerade mit Miller. Was war denn so besonders an ihm? Weil er älter war als ich?
 

Ich kniff die Augen zusammen. Ich spürte sie wieder. Die Finger meines Vaters. Wie er mich streichelt und ich es zuließ. Mehr verlange. Es wollte.
 

Krampfhaft drückte ich Sean an mich, bis der einen schmerzverzerrten Laut von sich gibt. „Du erdrückst mich“, gab er von sich. Da löste ich meinen Griff um ihn aber schon wieder etwas.
 

Mein Atem war schneller geworden. Raste schon fast. Nur diese eine kleine Erinnerung löste doch nicht so etwas in mir aus?
 

„Was ist denn los?“

Der kleine Waliser klang richtig besorgt, als er seine Finger über meine Wange gleiten ließ.
 

„Du bist ja ganz warm.“

Das war das Letzte, was ich noch mitbekam. Danach war ich weg. Zusammengebrochen. Das war mir wirklich noch nie passiert.

Angesteckt werden

Kapitel 38 – Angesteckt werden
 

Sean's PoV
 

Gerade war ich noch so wütend auf ihn und jetzt machte ich mir Sorgen. Um ihn. Das war doch mehr als nur völlig idiotisch! Aber irgendwie auch typisch für mich.
 

Aber auf einmal war Jamie einfach zusammengeklappt. Ohne wirklichen Grund. Nur das er warm war. Etwas zu warm. Fieber?
 

Mit etwas Mühe bekam ich ihn auf mein Bett und deckte ihn behutsam zu. Sein Kopf lag schließlich auf meinen Schoß und ich strich ihm immer wieder die Strähnen aus dem Gesicht. Wie ich, wollten die ohnehin nicht. Im Grunde hätte ich es doch schon längst aufgeben könnten.
 

Was hatte er sich da nur eingefangen? Sicherlich hatte er sich aber bei Miller angesteckt. Der war doch auch erkältet. Laut Mr. Bourdon. Wo sollte es auch sonst gewesen sein. Er hatte doch nur noch Shorts an, als ich ihn dort getroffen hatte. Weiß Gott wie nah die sich gekommen waren.
 

Mich packte wieder die Wut.
 

Vielleicht waren sie davor nackt? Hatten miteinander geschlafen? Sich gegenseitig einen runtergeholt? Wer weiß, was sie gemacht hatten...? Zumindest bestand die ganze Aktion sicher nicht aus gewöhnlichem Nachsitzen. Dafür war das ja wohl etwas zu freizügig. Obwohl ich das dem Amerikaner wirklich nicht zugetraut hätte. Gerade mit einem Lehrer. Was erhoffte er sich denn deswegen?
 

Ich legte die Hände auf Jamies Schultern. Ganz leicht spürte ich, dass er etwas zitterte, deswegen zog ich ihm die Decke noch etwas weiter über. Er tat mir wohl trotzdem leid. Und immerhin war da noch dieses andere Gefühl in mir, das mich doch gerade zu dazu zwang, dass ich mich um ihn kümmerte.
 

Ich lehnte mich leicht an die Wand. Eigentlich wollte ich auch schlafen. Doch so ging das nicht so recht. Im Sitzen blieb ich einfach wach, außer ich war wirklich völlig erschöpft oder hatte etwas Anständiges zum Anlehnen. Die kalte Wand war das nicht so recht.
 

Leise seufzte ich und strich Jamie noch einmal übers Haar, bevor ich ihn von meinem Schoß schob und ebenfalls unter die Decke kroch. Vielleicht hätte ich ja so die Chance etwas zu schlafen.
 

Jamie hatte sich gerade auf die Seite gerollt. Vorsichtig glitt ich über seine Wange. Die Temperatur war immer noch nicht runtergegangen, aber scheinbar auch nicht zu sehr gestiegen.
 

Ich schluckte. Sein Mund war ganz leicht offen. Das lud doch gerade zu zum Küssen ein? Vorsichtig kam ich ihm mit meinem Gesicht näher. Nur noch Millimeter zwischen unseren Lippen. Ich spürte seinen heißen Atem auf meinem Gesicht.
 

Vorsichtig küsste ich ihn. Wieder nur ganz kurz. Doch kaum das ich mich von seinen Lippen wieder gelöst hatte, vermisste ich sie schon wieder. Sie waren so schön weich und es fühlte sie wunderbar an, sie auf meinen zu spüren.
 

Ein Schauer durchfuhr meinen Körper, als er mich auf einmal umarmte. Im ersten Moment war ich mir nicht einmal sicher, ob er wach war oder noch schlief. Insgeheim hoffte ich Letzteres. Er musste einfach nicht wissen, dass ich ihn küsste, wenn er nicht wach war.
 

„Dad? Mam ist weg und kommt nie wieder. Richtig?“, murmelte er da auf einmal. Ich blickte ihn etwas verwirrt an. Was träumte er wohl? Von seinem Vater sicherlich, so wie es klang. Hatte seine Mutter sie verlassen? Lebte sie vielleicht gar nicht mehr?
 

Ich senkte den Kopf. Und da heulte ich ihm etwas vor, weil mein Bruder tot war. Er hatte seine Mutter verloren. War das nicht eigentlich schlimmer? Natürlich hatte ich meinen großen Bruder geliebt, aber was war es denn schon wert, wenn ein Elternteil nicht mehr am Leben war.
 

Zaghaft schmiegte ich mich an ihn. Eigentlich müsste ich noch wütend sein. Im Grunde sollte ich ihn hier einfach liegen lassen und in das andere Bett gehen. Dort alleine schlafen. Nur konnte ich nicht. Weder sauer sein, noch einfach gehen. Es ging einfach nicht. So kalt konnte ich nicht sein. Dafür war ich einfach zu nett.
 

„Bist du nicht mehr sauer?“, flüsterte da auf einmal Jamie. Ich zuckte leicht zusammen. Er war wach? Und wie lange? Hatte er meinen Kuss bemerkt?
 

„Hätte ich dich liegen lassen sollen?“, murmelte ich schließlich. Hätte ich etwas anderes tun sollen? Vielleicht wäre wohl wirklich das Beste gewesen, wenn ich mich ins andere Bett verzogen hätte. Aber jetzt lag ich hier schon und es gab wohl auch nicht wirklich eine Möglichkeit hier wegzukommen. Viel zu eng lagen die Arme des Größeren um meine Schultern.
 

„Na ja, ich dachte eigentlich, dass du das sogar machst... Und dann einfach abhaust. Du warst immerhin ganz schön sauer... Dachte ich zumindest.“ Er sah richtig verlegen aus.

Aber was hielt er eigentlich von mir? Ich hätte ihn doch nicht liegen lassen, wenn er bewusstlos zusammen sackte. War ich denn ein Unmensch? Davon hatte ich zumindest noch nichts mitbekommen!
 

„Jeder andere hätte es zumindest gemacht“, gab der Amerikaner da auf einmal von sich. Etwas - fast schon - Weinerliches lag in seiner Stimme. Gerade so, als ob er schon öfters allein gelassen worden war, wenn er Hilfe gebraucht hätte.
 

Leise seufzte er, bevor er seinen Kopf gegen meine Brust presste. Es war nicht recht fest und dennoch drückte er mich ein Stück zurück. Was für ein Schwächling ich doch war.
 

Ich blickte mich irritiert um. Er schmiegte sich immer enger an mich. Noch vor einiger Zeit hatte er mich wahrscheinlich völlig vergessen gehabt und sich Miller hingegeben. War ich jetzt wieder gut genug? Konnte er mich wieder brauchen?
 

Ich kniff leicht die Augen zusammen und versuchte wieder etwas wütend auszusehen. Doch als Jamie zu mir aufsah, lächelte er nur. Da schmolz mein böser Gesichtsausdruck schon dahin und wurde durch eine verdutzten ersetzt. Verdammt!
 

So leicht würde ich mich nicht weich kochen lassen. Jetzt nicht mehr! Ich musste doch sauer sein! Immerhin trieb er es mit Miller, obwohl ich ihn doch... Nein. Das war kein Grund, um es ihm zu verbieten. Gesagt hatte ich es ihm doch auch noch nicht.
 

Ich drückte ihn von mir weg und stand schließlich auf. Etwas wackelig blieb ich auf dem Bett stehen, bevor ich über ihn drüber stieg. Zu meinem Pech verpasste ich die Bettkante und rutschte schwungvoll zu Boden. Mit dem Kopf traf ich die gerade eben noch perfekt verpasste Kante.
 

„Was sollte das denn werden?“, wollte da schon Jamie wissen und blickte mich prüfend an, als ich mich wieder aufrichtete und mich noch kurz zu ihm wandte. Ohne zu antworten presste ich ihn zurück ins Bett. Sein Gesicht glühte ja fast in der Dunkelheit. Fieber hatte er also immer noch.
 

„Liegen bleiben, schlafen und gesund werden!“, trug ich ihm auf, bevor ich zum anderen Bett stapfte und mir dabei den schmerzenden Hinterkopf rieb. Das musste ja irre peinlich ausgesehen haben.
 

„Ohne dich?“, flüsterte der Amerikaner. Deswegen blieb ich stehen. Wieder lag so etwas Weinerliches in seiner Stimme. Wenn er jetzt zu heulen anfangen würde, könnte man mich wohl einliefern lassen. Denn das hätte ich von ihm nicht erwartet. Sonst tat er doch auch so stark. War er das vielleicht gar nicht?
 

Ich drehte mich erneut zu ihm um. Natürlich musste sich Mr. Ich-bin-so-stark wieder aufsetzen. Bedrohlich wankte sein Oberkörper leicht hin und her. Ich schluckte. Er würde noch einmal zusammenklappen!
 

Ich atmete einmal tief durch, bevor sich meine Beine, fast wie von selbst, zurück zu Jamie bewegten. Ich ging vor ihm in die Hocke und blickte in seine braunen Augen. Nur durch den Mondschein, der ganz leicht ins Zimmer fiel, konnte ich die doch überhaupt erkennen.
 

Vorsichtig legte ich meine Hand auf seine Wange und er schmiegte sich daran. Wie vermutet hatte er immer noch erhöhte Temperatur. Nur fühlte es sich dieses Mal so an, als ob sie jetzt doch etwas gestiegen war.
 

Da nieste er aber auch schon. Ein leises Kichern konnte ich mir nicht verkneifen. Wie süß er die Augen zusammenkniff.
 

„Ich hab doch gesagt, du sollst dich hinlegen“, grummelte ich dann aber trotzdem. Merken sollte er nicht, dass ich mir Sorgen um ihn machte.
 

„Bleibst du dann auch wieder hier?“, fragte jedoch schon Jamie und schlang die Arme um meine Schultern. Mühelos konnte er mich aufs Bett ziehen. Er war doch krank. Wie konnte er da noch so eine Kraft haben?
 

„Ich bleib ja schon hier“, murmelte ich, als ich mich aus seinem Griff wieder befreit hatte.
 

Er rutschte etwas weiter an die Wand, sodass ich auch noch Platz hatte. Ansonsten wären es wohl nur ein paar Zentimeter gewesen oder ich hätte es mir auf ihm bequem machen müssen.
 

Ihm entfuhr wieder ein Niesen, was mich aus meinen Gedanken riss. Immer wieder schniefte er jetzt. Wenn er so weiter machte, dann würde er morgen nur mit tierischen Kopfschmerzen aufwachen.
 

Suchend blickte ich mich um. Taschentücher hatten wir hier normalerweise keine, deswegen stand ich erneut auf und spürte auch sofort Jamies Blick im Nacken.
 

„Bin gleich wieder da“, meinte ich, bevor ich ins Bad verschwand. Mehr als etwas Toilettenpapier könnte ich ihm wohl nicht bringen, damit er sich die Nase putzen konnte. Da musste ich aber auch schon das erste Mal niesen. Hatte mich jetzt nur etwas in der Nase gekitzelt oder Jamie mich angesteckt? Ich hoffte inständig Ersteres!
 

Ich stapfte zurück zu dem Amerikaner, der sich jetzt schon etwas in die Decke eingerollt hatte. Fast schon mühsam setzte er sich auf, als er mich wohl hörte und ich ihm die paar Blätter Toilettenpapier hinhielt. Ein schwaches Danke murmelte er, als er sie entgegen nahm und sich schnäuzte.
 

Ich setzte mich schließlich auf die Bettkante und atmete einmal tief durch. Wieder zu ihm oder nicht? Ich würde doch nur auch krank werden.
 

Da schlang aber Jamie auch schon die Arme um mich und nahm mir die Entscheidung ab. Ohne Gegenwehr ließ ich mich wieder ins Bett ziehen. Er kuschelte sich an mich, als ob ich der letzte Mensch auf Erden wäre und er mich ganz dringen brauchte, weil es so kalt wäre.
 

„Schläfst du?“, fragte ich nach einiger Zeit. Es kam keine Antwort, dann war es wohl so.
 

Jamie's PoV
 

Mir war heiß und trotzdem wollte ich nicht von ihm weg. Viel zu sehr sehnte ich mich danach, einfach nur so neben ihm liegen zu können.
 

Ganz leise hörte ich, wie er fragte, ob ich schlafen würde. Aber meine Kehle war wie ausgetrocknet. So gab ich es gleich auf zu antworten. Würde jetzt ohnehin nur die Ruhe stören.
 

Vorsichtig drückte ich mich noch etwas mehr an ihn, da glitten seine Finger über mein Haar. Ich hielt inne und wartete, was er noch tun würde.
 

„Armer Jamie“, hörte ich ihn flüstern. War er nicht noch vor ein paar Minuten – Oder war es länger? - sauer auf mich gewesen? Hatte er da nicht sogar regelrecht vor Wut geheult? Wieso sollte er auch sonst. Er wollte ja nicht einmal, dass ich ihn tröstete. Ich war doch daran schuld!
 

Er drückte sich enger an mich.
 

„Jetzt wo du schläfst, könnte ich dir alles sagen“, murmelte er auf einmal. Da wurde ich auch hellhörig. Was wollte er mir denn erzählen?
 

„Ich bin mir nicht so wirklich sicher, aber ich glaube... ich glaube... ich... lie...“

Er brach ab und schüttelte leicht den Kopf.
 

„Wie kann das denn so schwer sein?“, fauchte er. War er jetzt auf sich selbst wütend? Nur weil er das nicht heraus brachte. War doch nicht so wichtig!
 

Ich zog ihn etwas näher zu mir. Sicherlich würde ich ihn anstecken. Morgen läge er hier auch mit Fieber und das würde er doch nicht aushalten. Sein kleiner, zerbrechlicher Körper ginge daran zu Grunde.
 

„Och, Jamie“, flüsterte er. Bekam er eigentlich mit, dass ich nicht schief und nur die Augen zu gemacht hatte. Langsam hob ich ein Lid. Sein Kopf lag an meine Brust gepresst. Das hatte ich auch gespürt, genauso wie, dass sich seine Finger in meinem Shirt vergraben hatten. Er wollte mich wohl gar nicht loslassen.
 

Mit etwas Mühe konnte ich mich wach halten, obwohl mein Körper nach Schlaf ächzte. Aber zum Schlafen hätte ich morgen genügend Zeit. In meinem Zustand kam ich doch nie im Leben zum Unterricht. Das letzte Mal, als ich krank war, hatte ich Lungenentzündung, und jetzt zog mich eine kleine Erkältung schon so runter. Was war ich denn für eine Memme.
 

„Brüderchen“, hörte ich da auf einmal Sean murmeln. Sein Bruder verfolgte ihn wohl immer noch bis in seine Träume. So wichtig würde ich ihm wohl nie werden. Aber ich wollte es. Nur einmal etwas Besonderes für jemanden sein.
 

Mir wurden doch mit der Zeit die Lider schwer und ich nickte ein und versank in einem wirren Traum, der eigentlich genauso gut auch Realität hätte sein können. Eine, die schon längst vergangen war. Die eigentlich hinter mir lag und die ich doch überwunden hatte. Oder doch nicht? Würde es noch einmal passieren. Dafür müsste er mich hier aber erst besuchen und das hatte er in den letzten drei Jahren kein einziges Mal gemacht. Ich war es ihm wohl nicht wert.

Richtig krank

Kapitel 39 – Richtig krank
 

Sean’s PoV
 

Durch ein Wimmern wurde ich wach. Abrupt schlug ich die Augen auf. Jamie hatte sich neben mir zusammen gekauert und gab diese kläglichen Laute von sich. Doch er schlief noch. Hatte er einen Albtraum?
 

Vorsichtig rüttelte ich ihn. Aber er wurde einfach nicht wach. Da tat ich das Einzige, was mir noch einfiel und ohrfeigte ihn. Das hatte mein Bruder auch immer gemacht, wenn ich gar nicht aufgewachen wollte.
 

Verschreckt schlug der Amerikaner die Augen auf. Panik lag noch darin und sein Atem war viel zu schnell. Was hatte er nur Grausames geträumt?
 

„Beruhig' dich“, flüsterte ich ihm zu, als ich ihm eine Hand auf die Wange legte. Erst jetzt nahm er mich wohl überhaupt war und dennoch sah er mich an, als ob er mich gar nicht kennen würde.
 

„Sean“, murmelte er schließlich. Abrupt schlang er die Arme um mich und zog mich zu sich. Ich konnte gar nicht schnell genug reagieren, um mich zu wehren.
 

„Was ist denn los?“, fragte ich, als ich halbwegs wieder Luft bekam. Etwas stürmisch war er jetzt schon geworden. Fast hatte ich auch schon Angst, dass er mich einfach erdrücken würde.
 

„Nichts“, flüsterte Jamie nur. Das hatte aber gar nicht so ausgesehen. Gerade so, als wäre mir etwas in seinem Traum passiert. Was wohl? Es würde mich schon interessieren. Von seiner Reaktion ausgehen, musste es etwas Schlimmes gewesen sein. Etwas, was man sich wohl gar nicht ausmalen wollte.
 

„Geht's dir zumindest gut?“, wollte ich schließlich wissen, als er sich wieder an mich kuschelte. Das passte mir zwar eigentlich gerade gar nicht, aber er hatte es ohnehin die ganze Zeit gemacht, als wir geschlafen hatten.
 

„Mir ist nur etwas heiß.“

Überdeutlich keuchte er, um wohl seine Aussage noch zu verstärken. Ich nickte nur. Wirklich viel mehr fiel mir dazu nicht ein. Was sollte ich aber auch sonst sagen? Ich konnte ihm ja nicht einmal helfen. Zu Sara müsste ich. Aber jetzt? Ein kurzer Blick auf den Wecker sagte mir, dass es erst halb vier Uhr morgens war. Müsste er wohl noch etwas durchhalten.
 

„Wenn du dich weiter so an mich schmiegst, wirst du mich noch anstecken“, meinte ich irgendwann, obwohl ich mir nicht einmal so sicher war, ob er überhaupt noch wach war. Und scheinbar war er es nicht mehr.
 

Vorsichtig strich ich ihm übers Haar. Es war nicht wirklich weich, lag aber wohl einfach daran, dass er momentan schwitzte wie Hölle. Das Fieber war wohl nur bedingt runtergegangen.
 

Ich rollte mich etwas mühsam auf den Rücken und zog den Größeren näher zu mir, sodass sein Kopf auf meiner Brust lag. Ich konnte mich nicht so recht daran erinnern, dass mir schon einmal – bis auf heute Nacht – so neben einander im Bett waren. Sonst schmiegte ich mich doch immer an ihn.
 

Leise seufzte ich. Es wäre möglicherweise doch besser gewesen, wenn ich einfach in mein eigenes Bett wäre und ihn sich hier selbst überlassen hätte. Jetzt nutzte er mich doch im Grunde auch nur dafür aus, dass ich mich etwas um ihn kümmerte. Wenn ich es nicht getan hätte, dann wäre ich ihm vielleicht einmal zumindest wichtig geworden und er hätte gemerkt, dass er mich brauchte. So war ich wieder ganz normal für ihn.
 

Auf einmal schlang er aber die Arme um mich. Stocksteif blieb ich liegen. Jetzt auf einmal fühlte es sich seltsam an, dass er so nah bei mir war. Es war richtig ungewohnt.
 

„Könntest du nicht zumindest noch etwas sauer sein?“, fragte er heiser. Eigentlich klang er sogar richtig gequält. Wahrscheinlich fehlte ihm im Grunde dir Kraft zum Sprechen und trotzdem tat er es.
 

Vorsichtig strich ich ihm wieder übers Haar und langsam sah er auch zu mir auf. Ich versuchte etwas mühsam zu lächeln, bevor ich ihn auch umarmte. Spürbar zuckte er zusammen. Das hatte er wohl kaum erwartet.
 

„Es ist doch dein Leben“, murmelte ich nur. Normalerweise ging es mich doch gar nichts an, mit wem er es trieb. Und wenn es eben Miller war, müsste es mir eigentlich egal sein. Es war seine Angelegenheit. Im Grunde könnten sie auch ihm gar nichts anhaben, wenn sie erwischt werden. Momentan wäre es immer noch Missbrauch. Hoffentlich auch in Mexiko.
 

„Und dir hab' ich genauso das Herz gebrochen, wie es Piccolo gemacht hat... Irgendwie waren die Vorwürfe, die ich ihm gemacht hab' ja gar nicht gerechtfertigt...“

Ein Seufzen verließ seine Kehle, als er das gesagt hatte. Immer noch hörte er sich viel zu geschwächt an. Sollte er doch lieber noch etwas schlafen. Das wäre besser. Um einiges!
 

Ich glitt ihm über die Wange, als er reumütig den Kopf wieder gesenkt hatte. Wie kam er denn überhaupt darauf, dass er mir das Herz gebrochen hätte? Er wusste doch gar nichts davon. Nichts von meinen Gefühlen, die jetzt langsam doch anfingen sich einzupendeln. Sie fixierten sich immer mehr auf ihn.
 

Mühsam raffte er sich hoch, um sich über mich beugen zu können. Ich spürte seinen heißen Atem auf meinen Gesicht, der meine Haut kribbeln ließ. Nur ein paar Zentimeter lagen zwischen unseren Lippen, ich müsste mich nur hochstemmen. Dann... Ja, dann könnte ich ihn küssen. Nur traute ich mich nicht. Könnte nicht er endlich einmal die Ruder in die Hand nehmen?
 

Er sank wieder über mir zusammen. Scheinbar hatte ihn die Kraft doch verlassen. Ganz nah klang sein Keuchen neben meinem Kopf, wo wohl der seinige lag.
 

„Jamie, könntest du von mir runter gehen? Du bist schwer.“

Fast schon hörte sich der Laut, den ich von mir gab, so an wie die, die von ihm ausgingen. Nur waren meine nicht ganz so gequält.
 

Langsam rutschte er schließlich von mir herunter und blieb direkt neben mir liegen. Es konnte ihm ja gar nicht besser gehen.
 

Etwas zaghaft rollte ich mich zu ihm herum und berührte vorsichtig seine Stirn. Eigentlich hatte ich es schon gerade eben bemerkt, aber jetzt war ich mir ganz sicher. Immer noch hatte er Fieber und gesunken war das ganz bestimmt nicht.
 

Ich atmete einmal tief durch, bevor ich aufstand. Beinahe schon zu fürsorglich deckte ich Jamie wieder anständig zu und tapste schließlich ins Bad, wo ich nur schnell einen Waschlappen nass machte.
 

Jamie's PoV
 

Ich dachte im ersten Moment, dass Sean jetzt einfach abhauen wollte und mich zurückließ. Doch dann kam er trotzdem wieder und legte mir etwas Kaltes auf die Stirn.
 

„Wenn wir warmes Wasser hätten, könnte ich dir noch Wadenwickel machen“, murmelte er kaum so laut, dass ich es hören konnte.
 

Ich ließ den Kopf zur Seite sinken, wodurch der Waschlappen – War es doch? - von meiner Stirn herunterrutschte. Ich musste nicht einmal etwas sagen, da hatte ihn mir Sean schon wieder drauf gelegt. Er musste sich wirklich Sorgen machen. Rein von seinem Blick schon.
 

Überdeutlich schluckte ich, als er sich wieder aufrichtete. Ging er jetzt trotzdem? Das könnte er doch gar nicht tun. Ich brauchte ihn doch. Gerade jetzt!
 

Suchend blickte er sich dann aber nur um. Was war denn los? Vermisste er irgendetwas? Aber was könnte denn jetzt schon so unglaublich wichtig sein?
 

„Sean, komm wieder her“, flüsterte ich. Immerhin wollte ich ihn bei mir haben. Er war mir doch so wichtig. Ich brauchte ihn.
 

Langsam wandte sich der Blonde wieder zu mir um. Ein wenig mitleidig sah er mich schon an. Ob er das wirklich empfand? Mitleid gegenüber mir? Ich könnte ehrlich zugeben, dass ich es nicht glaubte. Aber so fürsorglich, wie er mich umsorgt hat. Wer hätte das schon sonst gemacht?
 

Geräuschvoll atmete der Kleinere aus, als ich mich versuchte aufzusetzte. Seufzend kam er schließlich auch auf mich zu und legte auf einmal einen Arm um mich.
 

„Jetzt willst du wieder, dass ich bei dir bin“, flüsterte er, „und gestern hast du es mit Miller getrieben... Du bist unlogisch!“

Leicht senkte ich den Kopf. Wie recht er doch hatte. Was quengelte ich hier überhaupt herum, dass er bei mir bleiben sollte? Wieso war er mir auf einmal so wichtig? Im Grunde nutzte ich ihn doch nur aus, weil es mir gerade so scheiße ging.
 

„Dann geh' ruhig“, murmelte ich und drückte Sean leicht von mir weg. Als ich zu ihm aufsah blickte er mich nur verwirrt an. Hatte er das jetzt auch nicht erwartet?
 

„Ich kann dich doch hier nicht einfach krank liegen lassen...“

Ganz vorsichtig legte er die Arme um mich und drückte mich leicht an sich. Es fühlte sich sogar noch besser an, als bei Miller. Den seine Umarmung hatte mich an meinen Vater erinnert. Den seine Zärtlichkeiten.
 

Ich schmiegte mich an den Kleineren.

„Meine Mutter hat meinen Dad und mich verlassen, da war ich sechs Jahre alt“, flüsterte ich. Eigentlich war ich mir gar nicht so sicher, ob Sean mich gehört hatte. Ich wollte es nur einmal los werden. Nicht viel, aber es reichte schon für den Anfang. Aber wenn er mich verstanden hatte, dann müssen ihm doch jetzt irgendwelche Fragen einfallen.
 

„Und? Was willst du mir damit sagen?“, fragte der Blonde schließlich, als er mich etwas mühsam dazu zwang mich wieder hinzulegen.

„Na ja...“, murmelte ich nur und wandte mich leicht ab. Was sollte ich jetzt sagen, eigentlich hatte ich ja von ihm etwas mehr erwartet.
 

„Willst du drüber reden, was dann war? Ich meine, ab dem Tag, als sie weg war...“, wollte Sean wissen. So etwas hatte ich schon eher erwartet. Menschen wollte immer alles wissen. Oder? Lag es nicht in unserer Natur?
 

„Ich bin mir nicht so sicher, ob das was für dich ist... Er hat etwas getan, was nicht unbedingt ein Vater mit seinem Sohn tun sollte...“, erwiderte ich nur leise und schmiegte mich noch etwas enger an den Kleineren, der nur irritiert eine Augenbraue hob.
 

„Hat er dich... geschlagen?“, fragte Sean scheu. Doch ich schüttelte nur sofort den Kopf. So etwas hätte wohl mein Dad nie mit mir gemacht. Eigentlich hatte er doch immer nur das Beste für mich gewollt... Leider ging das ziemlich in die Hose.
 

„Was denn dann?“

Er klang so freundlich. Irgendwas musste Sean wirklich an mir liegen, sonst wäre er wohl kaum so nett.
 

Ich drückte leicht meinen Kopf an seine schmale Brust, wodurch er leicht keuchte. Abrupt rückte ich ein Stück zurück. Hatte ich ihm weg getan? Doch er zog mich wieder zu sich.
 

„Sag es mir doch...“, hauchte er und sein heißer Atem schreifte mein Ohr. Abrupt lief mir eine Gänsehaut auf, dass lag aber sicher nur daran, dass ich immer noch Fieber hatte. Etwas anderes konnte es gar nicht sein.
 

„Er hat sich fast jeden Abend einen runtergeholt... Nur weil sie weg war... Oft hab ich ihn schluchzen hören...“

Leicht drückte ich mich an Sean und nahm nicht ganz so seinen verwirrten Gesichtsausdruck wahr. Richtig interessieren tat es mich ohnehin nicht, wie er schaute.
 

„Und weiter? Das klingt ja nicht unbedingt schlimm für dich...“

Dieses Mal antwortete ich aber nicht mehr, sondern schüttelte nur leicht den Kopf und murmelte: „Das ist nichts für dich... Ich hätte gar nicht damit anfangen sollen...“
 

Eigentlich konnte ich mir gar nicht vorstellen, dass er sich so leicht abwimmeln ließ und trotzdem schwieg er, nahm mich nur schließlich etwas unbeholfen in den Arm. Doch anstatt dass ich mich wieder schön gemütlich an ihn drücken konnte, drehte er unser kleines Spielchen um und konnte mich fast mühelos auf den Rücken pressen, bevor er seinen Kopf auf meine Brust betete.
 

Erst jetzt viel es mir richtig auf. Vielleicht lag es daran, dass die ersten Sonnenstrahlen durchs Fenster fielen und ich es davor gar nicht richtig sehen konnte, aber er war eindeutig etwas rot im Gesicht. Keines, als wäre ihm irgendwie die Schamesröte ins Gesicht gestiegen. Nein. Es wirkte fast, als ob er auch krank wäre.
 

Vorsichtig legte ich eine Hand auf seine Stirn.

„Da könnte man ja Spiegeleier drauf braten“, flüsterte ich, als er meine Hand schon wegschlug.

„Mir geht’s gut“, kommentierte er nur knapp und drückte sich etwas enger an mich. Leicht zog ich eine Braue hoch.

„Fühlt sich aber gar nicht so an...“, murmelte ich, doch das wurde schon von einem kurzen bösen Blick des Blonden bestraft. Wenn er meinte, dann würde es wohl schon so sein.
 

Ich schob ihn mühsam von mir herunter. So wie er an mir hin und wie es mir ging nicht gerade verwunderlich, dass es nicht einfach war. Schließlich rollte ich mich auf die Seite und versuchte noch etwas zu schlafen. Wäre besser für mich, auch wenn ich so bald nicht gesund werden würde.
 

Doch bevor ich wirklich in süße Träume versinken konnte, suchte ich noch den Waschlappen, den er mir gebracht hatte. Der war mir wieder von der Stirn gerutscht. Doch als ich ihn gefunden hatte, legte ich ihn nicht auf meine Stirn, sondern auf seine.

Etwas Ruhe

Kapitel 40 – Etwas Ruhe
 

Sean's PoV
 

Durch ein Klopfen wurde ich wach. Doch den Drang aufzustehen, hatte ich nicht wirklich. Mein ganzer Körper fühlte sich heiß an und mein Hals war trocken. Jetzt hatte ich mich wohl wirklich bei Jamie angesteckt, anders konnte es ja gar nicht sein.
 

Ein weiteres Klopfen erfühlte die Stille und langsam regte sich auch der Schwarzhaarige. Seine Finger vergruben sich in meinem Haar. Etwas unsicher versuchte ich mich von ihm zu befreien, als sich der jemand vor der Tür wieder bemerkbar machte.
 

Ich stolperte in Richtung Tür, nachdem ich etwas mühsam aufgestanden war. Meine Knie zitterten, vielleicht wäre es besser gewesen, ich wäre einfach im Bett geblieben und hätte diesen Kerl einfach auf dem Gang draußen stehen lassen.
 

„Guten Morgen... Mr. Miller“, murmelte ich, als mich der Lehrer schon etwas missmutig begrüßt hatte und einfach den Raum betrat. Sein Blick war kurz zu Jamie geschweift, der sich immer noch im Bett hin und her rollte. Scheinbar war er wieder eingeschlafen, nur wohl in etwas unruhige Träume.
 

„Es geht ihm wohl nicht gut.“ - Miller wandte sich wieder an mich. - „Und Ihnen wohl auch nicht, Smith.“

Ich nickte nur langsam, als ich auf das andere Bett sank. Ich wollte mich gerade nicht wieder zu Jamie legen. Vor meinen Augen begann mit der Zeit alles zu verschwimmen. So recht nahm ich nicht einmal wahr, wie der Lehrer auf mich zu kam und mir die Hand auf die Stirn legte.
 

„Sie haben etwas Fieber. Vielleicht sollten Sie sich auch noch etwas hinlegen. Ich werde es schon melden, dass Sie beide krank sind...“

Irgendwie meinte ich etwas Mitfühltendes in seinem Blick zu erkennen. Möglicherweise bildete ich mir das aber einfach nur ein. Ich trieb wahrscheinlich schon längst im Fieberwahn.
 

Vorsichtig strich Miller mir über die Wange, als ich mich in die Decke eingerollt hatte.

„Ich werde die Krankenschwester bei euch vorbei schicken und dieses Mal soll sie auch wirklich kommen. O.K.?“

Ich nickte wieder langsam. Sogar schon fast etwas zaghaft. Vielleicht lag es einfach nur an meinem Fieber. Es konnte ja gar nicht anders sein.
 

Ich bekam nicht mit, wie uns der Lehrer wieder verließ. Viel eher versank ich in einem völlig wirren Traum in dem Jamie mich umwarb. Mehr sogar noch. Er verwöhnte und küsste mich. Immer wieder. Es kribbelte, wenn seine warmen Lippen meine Haut berührten.
 

Langsam hatte er mich ausgezogen, bis ich nackt vor ihm lag. Auf einem riesigen Bett sank ich in die schneeweißen Kissen. Er beugte sich über mich und begann meinen Oberkörper zu verwöhnen. Fast liebevoll biss er in meine Brustwarzen und ich keuchte auf. Versuchte es aber mühsam zu unterdrücken.
 

Mein ganzer Körper entspannte sich, als er mit seinen Küssen nach unten wanderte. Ich blickte zu ihm, als er mit der Zunge meinen Bauchnabel umspielte. Seine Finger lagen irgendwo zwischen meinen Beinen. Ganz langsam rieb er mein Glied. Mein überschwängliches Keuchen konnte ich jetzt nicht mehr verhindern.
 

Jedes weitere Streicheln von ihm, entlockte mir erneut einen lustvollen Laut. Bis er wieder zu mir nach oben kroch und mich küsste.
 

Zaghaft schlang ich die Arme um den Amerikaner, als der langsam in mich eindrang. Vorsichtig begann er sich zu bewegen. Mein Keuchen wurde dadurch nur abrupt lauter.
 

Doch bevor ich kam, schreckte ich hoch. Mein Atem raste. Alles war nur ein Traum und ich hatte es in jeder Sekunde gewusst. Und trotzdem sehnte ich mich nach diesen paar kurzen Momenten der Erregung. Vermisste das Gefühl der Lust.
 

Mein Blick schweifte zu Jamie, der jetzt wohl endlich friedlich schlief. So zärtlich verwöhnen würde er mich doch nie. Piccolo war doch eher sein Typ der gab sich ihm einfach hin, aber doch nicht ich. Nur war der Italiener jetzt selbst verliebt. In Max.
 

Ich seufzte leise. Wie leicht wäre es, wenn ich mich von ihn auch so einfach verwöhnen lassen würde und mich nicht immer dagegen wehren würde, wenn er einmal zärtlich zu mir sein wollte. Nur weil ich darin einfach nicht wirklich gut war.
 

Etwas mühsam raffte ich mich hoch. Scheinbar ging es mir auch wieder etwas besser. Unsicher tapste ich zu Jamie hinüber. Was sollte ich sagen, wieso ich jetzt wieder zu ihm ins Bett kroch? Weil ich wollte, dass er mich einfach streicheln soll? Es wäre ein Anfang.
 

Vorsichtig umschloss ich seine Taille mit den Händen, nachdem ich mich zu ihm gelegt hatte. Die Tatsache, das er nur Shorts an hatte, machte die ganze Sache irgendwie noch etwas schöner. Und wohl oder übel auch heißer.
 

Langsam wanderten meine Finger über seinen Hintern. Zu hundertprozent knackig war der auch nicht. Aber war nicht eigentlich gerade das Unperfekte so perfekt?
 

Ich spürte, wie er mich etwas zaghaft umarmte. Unsicher schloss ich die Augen und versuchte – wie ich es mir vorgenommen hatte – es zu genießen. Auch wenn es mir schwer fiel.
 

Er strich an meiner Taille entlang und glitt unter mein Shirt. Seine Hände waren ganz warm, als er über meine Brust streichelte. Meine Brustwarzen wurden binnen weniger Augenblicke steif, als seine Fingerspitzen sich darüber bewegten. Leise keuchte ich und wünschte mir schon im nächsten Augenblick, dass ich es mir verkniffen hätte.
 

Jamie's PoV
 

Leicht hob ich ein Lid, als ich diesen erregten Laut gehört hatte. Sean lag vor mir und ließ sich von mir verwöhnen. Auf einmal? Sonst war er ja nicht gerade so offen dafür, dass ich ihn so anfassen durfte.
 

Er versuchte wohl krampfhaft sein Keuchen zu unterdrücken, als ich vorsichtig über seinen Oberkörper strich. Scheinbar war es für ihn regelrecht eine Qual das hier jetzt auszuhalten. Zuerst schluckte ich nur und wollte noch ein bisschen meine Verwöhnung fortsetzen, dann ließ ich es doch bleiben und legte nur behutsam die Arme um die Schultern des Kleineren. Er selbst legte etwas zaghaft seinen Kopf an meine Brust, während ich langsam an seinem Rücken auf und ab strich.
 

Wieso war er überhaupt bei mir geblieben? Eigentlich hätte ich eher erwartet, dass er irgendwann einfach in mein Bett gehen würde und mich hier allein ließ. Im Grunde war es doch schon ein Wunder, dass er sich gerade so sehr an mich schmiegte.
 

„Du riechst so geil“, flüsterte Sean auf einmal. Etwas irritiert hob ich eine Augenbraue. Welcher Geruch konnte denn schon so toll gerade an mir sein? Ich hatte die ganze Nacht geschwitzt. Wirklich gut riechen konnte ich ja gar nicht. Eher schon etwas ungepflegt. Eine heiße Dusche wäre mir jetzt fast schon am liebsten. Nein. Lieber ein Bad.
 

Wenn sich das warme Wasser sanft um den Körper legte und jeden Zentimeter Haut ganz zärtlich verwöhnte, war es doch am schönsten. Und man konnte sich auch noch immer am besten entspannen, wenn man sich einfach hinlegen konnte.
 

Langsam schloss ich die Augen und schmiegte mich vorsichtig selbst etwas an den Blonden. So sicher war ich mir gerade nicht, ob er noch wach war. Vielleicht wäre es aber auch für ihn besser, wenn er noch etwas schlief. So ganz hatte er nicht gesund ausgesehen, obwohl das ja auch nicht ungewöhnlich wäre, wenn er die ganze Nacht bei mir geblieben war. Und auch jetzt würde meine Nähe seiner Vitalität nicht unbedingt gut tun.
 

Ich war schon fast wieder eingeschlafen, als mich ein Klopfen an der Tür wieder hochschreckte. Etwas unbeholfen kletterte ich über Sean drüber und stolperte an die Tür. Ein einfaches Herein hätte vielleicht schon gereicht, aber wieso sich nicht auch bewegen.
 

„Morgen, Sara“, murmelte ich, als ich die Tür öffnete, da hatte mich aber schon die Krankenschwester zurück gedrückt und mich gerade zu ins Bett schleifte.
 

„Eigentlich hatte ich gehört, ihr beide seid krank. Aber du kannst ja noch ziemlich gut herumlaufen“, schnauzte sie mich an. Doch das störte mich gar nicht, eher dass sie damit vielleicht den Kleinen wecken könnte.
 

Fast schon zu behutsam legte Sara ihre Hand auf meine Stirn. Leicht wackelte sie mit der Nase hin und her, bevor sie murmelte: „Fieber hast du und der Kleine wohl dann auch... Zumindest wenn du ihn angesteckt hast.“
 

Nach einigen Minuten waren wir dann wieder allein. Sara war kurz darauf nur noch einmal kurz bei uns gewesen, um uns eine Medizin zu bringen. Danach hätten wir wohl für den ganzen restlichen Tag unsere Ruhe. Nur hatte ich da nicht mit Dave gerechnet.
 

Sean war gerade wieder eingeschlafen, als der bei uns aufkreuzte. Er wollte sich nur etwas zu uns gesellen, weil er die nächsten zwei Stunden frei hätte. Sein Tonfall klang für mich eher so, als ob er sich mit mir vergnügen wollte. Aber hier? Sean würde doch wach werden.
 

In meine Decke gerollt hatte ich mich aufgesetzt und leicht an den Älteren gelehnt. Vielleicht hatte er es ja doch nicht auf eine schnelle Nummer angelegt, denn bis jetzt hatte er mich noch nicht angerührt. Nur ganz vorsichtig einen Arm um meine Schultern gelegt. So etwas konnte ich doch wirklich gelegentlich einmal brauchen.
 

„Ich hätte jetzt richtig Spaß daran, dich zu ficken“, flüsterte da auf einmal Dave und küsste meinen Hals. Irgendwie ließ mich das aber regelrecht zusammen zucken. Er klang fast wie mein Vater nach dieser ersten Nacht. Eigentlich hatte der damals etwas ganz ähnliches gesagt, als wir damals am nächsten Tag abends zusammen auf dem Sofa saßen.
 

„Das wollte ich eigentlich nie wieder...“, murmelte ich und versuchte mich etwas von dem Älteren zu lösen. Doch der hielt mich etwas zu fest und so kam ich gar nicht richtig weg. Das war mir dann schon unangenehm. Meine Freiheit brauchte ich immerhin.
 

Immer wieder küsste Dave meinen Hals, während sich seine Hände selbstständig machten und sich ihren Weg über meinen Körper bahnten. Bis sie sich auf meinen Arsch legten. Da stieß ich ihn aber abrupt von mir weg. Weiter sollte er nicht gehen. In dieser letzten Nacht vor fast vier Jahren hatte ich mir vorgenommen, mich nie wieder ficken zu lassen. Lieber würde ich das selber tun.
 

„Was hast du denn, Jamie?“, wollte der Ältere auf einmal wissen, als ich mich wieder in meinem Bett zusammenkauerte. Etwas scheu beugte er sich schließlich auch über mich und legte seine Lippen auf die meinen. Nur für einen Moment. Aber das reichte auch schon aus, damit ich mich entspannen konnte.
 

Mein Kopf sank zur Seite, so dass ich den schlafenden Sean sah. Er bekam gar nichts mit und trotzdem machte ich mir immer noch Sorgen, dass wir ihn wecken könnten. Und immerhin würde er doch dann wieder stinksauer sein. Viel lieber würde ich wollen, dass er sich noch einmal so an mich schmiegte. Das war so schön.
 

Langsam sank Dave irgendwann auf mich. So recht bemerkte ich erst jetzt, wie schwer er war. Etwas irritiert zwinkerte ich, als ich mich wieder zu ihm wandte.
 

„Was wird das?“, wollte ich schließlich wissen, da raffte sich der Ältere aber schon hoch und suchte irgendwas in seiner Hosentasche. Leise seufzte ich. Was sollte das denn jetzt wieder werden? Doch schon einen Moment später landete ein Schlüssel auf meiner Bettdecke. Etwas misstrauisch betrachtete ich ihn, bevor ich mich an Dave wandte.
 

„Für was ist der?“, fragte ich und legte den Kopf leicht schief.

„Für das Lehrerbad... Da könnt ihr euch mal so richtig schön entspannen...“

Ein leichtes Lächeln hatte sich auf Daves Gesicht gebildet, als er das sagte. Etwas irritiert blickte ich zu ihm auf. Was sollte denn daran besser sein?
 

„Schau nicht so... Es wird sogar dir gefallen!“ - Leicht streckte er sich. - „Ab halb sechs hätte ich eineinhalb Stunden heute. Die könnt ihr haben. Mir reicht duschen ohnehin aus.“
 

Mühsam setzte ich mich wieder auf und schlang die Arme um den Älteren, der mich jetzt etwas verwirrt ansah.

„Willst du dich so bedanken?“, wollte er schließlich wissen. Ich nickte nur langsam als Erwiderung. Zu mehr war ich gerade irgendwie nicht im Stande.
 

„Ich bin so hundemüde“, murmelte ich irgendwann. Da drückte mich Dave aber auch schon wieder zurück.

„Dann solltest du lieber etwas schlafen. Bis um halb sechs wirst du schon wieder fit sein... Oder zumindest etwas.“
 

Leise seufzte ich, bevor ich mich wieder etwas zusammen rollte. Den Schlüssel umklammerte ich fest mit den Fingern, gerade so, als ob er das Wichtigste auf dem Planeten wäre. Dabei lag das doch in dem anderen Bett. Eigentlich.
 

„Ich geh dann mal wieder.“

Vorsichtig beugte sich Dave wieder zu mir herunter, doch dieses Mal drückte ich ihn gleich weg.
 

„Lass das bitte...“, flüsterte ich und klang so unsicher, wie schon lange nicht mehr. Doch irgendwie fand das der Ältere wohl sehr lustig, da sich ein Grinsen auf seinen Lippen bildete.
 

„Du willst wohl dem Kleinen jetzt treu sein...“

Er wandte den Kopf zu Sean und sein fast schon hinterhältiges Grinsen wurde zu einem sanften Lächeln, bevor er wieder zu mir blickte und mir einen kurzen Kuss auf die Stirn drückte.
 

„Genießt nachher das Bad“, meinte er noch, bevor er ging. Ich war mir eigentlich gar nicht so sicher, ob die zwei Stunden schon um waren. Eigentlich wohl eher nicht. Aber vielleicht wollte er uns ja nur in Ruhe lassen.

Wahrheit

Kapitel 41 - Wahrheit
 

Sean's PoV
 

Vorsichtig wurde ich von Jamie geweckt, doch ich wollte jetzt nicht aufstehen und rollte mich deswegen einfach wieder in meine warme Decke ein und tat so, als ob ich gar nicht wach war, obwohl ich für einen winzigen Augenblick die Augen schon offen gehabt hatte. Der Amerikaner glaubte es aber wohl auch nicht mehr.
 

„Komm Sean!“, meinte er nur und zog mir einfach meine ach so schön warme Decke weg. Etwas mürrisch rollte ich mich dann doch noch hin und her, bevor ich mich aufsetzte und zu zittern begann.
 

„Wenn wir uns beeilen, bemerkt uns nicht einmal jemand.“

Breit grinste er, als er das sagte und mich schließlich auch hochzog. Er schnappte sich schnell noch ein paar Klamotten – wenn ich mich nicht irrte, waren da auch welche von mir dabei – bevor er schon zur Tür marschierte. Etwas unsicher stand ich noch vor meinen Bett, bevor ich langsam hinter ihm her tapste. Dabei war ich aber noch ziemlich unsicher auf den Beinen. Irgendwie fühlte ich mich noch gar nicht so gesund.
 

„Wo willst du mich hinbringen?“, fragte ich, als wir schon eine ganze Weile durch die Gänge geschlendert waren. Ich folgte ihm nur, ohne zu wissen, wo wir überhaupt hingingen. Leicht wandte er sich nun zu mir um und grinste. Wieder.
 

„Ins Lehrerbad“, meinte er dann aber schließlich. Etwas verwirrt hob ich eine Augenbraue. Was sollte daran so interessant sein? Das konnte kaum anders sein, als das unsere, dass wir im Zimmer hatten. Arschkaltes Wasser und eine Dusche. Dafür müsste ich nicht laufen.
 

„Da haben sie warmes Wasser. Das würde dir sicher gut tun...“

Ich hörte fast überdeutlich aus seiner Stimme heraus, dass er lächelte, obwohl er gar nicht zu mir sah.
 

„Wirklich?“, wollte ich leise wissen und der Größere begann auch gleich zu nicken, als er in einer Hand unsere Sachen balancierte und mit der anderen mich am Handgelenk nahm und mich hinter sich herzog.
 

Einige Zeit später standen wir dann vor einer verschlossenen Tür, neben der ein Schildchen hing. „Lehrerbad“ stand dort in großen Lettern. Aber wie wollte er da rein kommen, es war doch abgeschlossen. Doch ich konnte meinen Gedanken gar nicht ganz zu ende bringen, da drückte mir Jamie schon unsere Klamotten in die Hand und suchte irgendetwas in seiner Hose, was sich nur einen Moment später als ein Schlüssel offenbarte mit dem er die Tür aufschließen konnte.
 

„Darf ich den jungen Herren bitte?“, fragte er mit einer angedeuteten Verbeugung und ich betrat als Erster den Raum. Da wurde mir aber auch schon richtig warm. Hier drinnen musste doch – wie in der Schwimmhalle – die Heizung an seinen.
 

Langsam sah ich mich um. Ein paar Bänke waren an der linken Wand, wo man sich wohl umziehen und seine Sachen ablegen konnte. Rechts und links befanden sich jeweils eine Tür. Dann gab es hier also mindestens zwei Bäder. Ich trippelte schon nervös mit den Zehen, während Jamie hinter uns die Tür wieder abschloss.
 

„Zieh dich aus“, meinte er auf einmal und legte seine Arme um meinen Oberkörper. Ganz kurz zuckte ich zusammen, als seine Finger sich über meine noch unter dem Stoff liegenden Brustwarzen bewegen und ich ließ ein leises Keuchen laut werden. Verdammt.
 

Etwas zaghaft entledigte ich mir schließlich meiner Kleider. Jamie war derweilen in einen der anderen Räume und so wie es sich anhörte, ließ er Wasser in wohl eine Badewanne ein. Ich stellte es mir schon als wunderbar vor, endlich einmal wieder im warmen Nass zu liegen und sich zu entspannen.
 

Doch da kam mir der bittere Gedanke, dass Jamie ja auch immer noch da war. Ich wollte mich gerade nicht vor ihm ausziehen, aber jetzt stand ich hier doch auch schon nur noch in Shorts herum.
 

Mein Blick schweifte zur Tür. Der Schlüssel steckte nicht, also hatte er ihn noch und ich würde hier nicht wegkommen.
 

„Sean? Das Wasser wäre jetzt perfekt.“

Der Amerikaner blickte mich an, als ob ich sein Herr wäre und er mir dienen müsste. Aber so fühlte ich mich gerade ganz und gar nicht. Eher, als würde er mich einfach einsperren. Tat er ja ohnehin.
 

„Du musst die noch ausziehen!“

Ohne Vorwarnung legte er einfach die Hände auf den Saum meiner Shorts und wollte sie mir herunter ziehen. Doch ich drückte ihn leicht von mir weg.
 

„Lass das“, gab ich leise von mir. Meine Finger zitterten, das musste sogar er mitbekommen. Hatte ich denn wirklich Angst? Zaghaft sah ich trotzdem zu ihm auf, auch wenn ich mir über die Antwort nicht zu sicher war.
 

Verwirrt blickte mich Jamie an, da lag aber auf einmal seine Hand schon auf meiner Stirn. Ich zuckte abrupt zusammen, doch nur einen Moment später spürte ich wieder, wie warm mir überhaupt war. Nein. Warm war gar kein Ausdruck. Mir war heiß und das lag sicher nicht an Jamie.
 

„Na jetzt komm. Das Bad wird dir gut tun!“

Der Amerikaner klang so fürsorglich, als ob er noch nie irgendetwas angestellt hätte. Gerade so, als wäre er immer so nett.
 

Langsam stolperte ich dann an ihm vorbei, als er mich losgelassen hatte. Die Shorts zog ich mir dann erst kurz bevor ich in die Wanne stieg aus. Dass Jamie mir hinterher gegangen war, bemerkte ich auch erst, als ich schon lag und ihn in der Tür stehen sah. Leicht tauchte ich unter, so dass ich bis kurz unter der Nase unter Wasser war.
 

„Wir haben eineinhalb Stunden Zeit… Kann ich gleich mit rein?“, fragte er da auf einmal. Langsam tauchte ich etwas auf und schluckte. Sollte ich einfach ja sagen und ihn mit zu mir rein lassen? Was würde er dann tun? Egal was er vorhatte, an mich ranlassen, würde ich nicht!
 

„Unter einer Bedingung!“, meinte ich schließlich und wartete auf seine Erwiderung, ob er es überhaupt annehmen würde.
 

„Und die wäre?“, wollte er dann wissen und wandte den Blick leicht ab. So recht wollte er wohl nichts tun. Dabei wäre es ganz einfach.
 

„Sag mir, wieso du das mit Miller gemacht hast.“

Ich wollte es nur wissen, damit ich mir im Klaren darüber war, was denn ich falsch machte, dass er nicht zu mir kam, um seine Lust auszuleben. Mich ließ er ja immerhin ganz schön außen vor. Mit Piccolo und Miller schlief er einfach so. Nur nicht mit mir, dabei hatte er schon oft genug die Möglichkeit dazu.
 

Ein Lächeln bildete sich auf seinen Lippen, bevor er meinte: „Kann ich zuerst mit rein kommen?“

Langsam nickte er und nur ein paar Minuten hatte er sich ausgezogen und glitt dann auch schon zu mir mit in die Wanne. Meine Beine legte er sich leicht um die Taille. Ungefähr genauso lagen seine. Leicht schluckte ich, als mein Blick ein Stück zu weit nach unten wanderte. Doch ich hob ihn auch gleich wieder.
 

„Was ist jetzt?“, fragte ich etwas schroff. Wahrscheinlich klang ich sogar etwas zu sehr nach Befehlsgeber. Das war ja schon für mich richtig eklig.
 

„Da müsste ich ja ganz schön ausholen…“, seufzte er schließlich, noch im selben Moment zog ich die Augen zu Schlitzen zusammen. Nur dafür, dass er es sagte, durfte er doch überhaupt mit rein. Wenn er jetzt schweigen wollte, dann würde ich ihn rausschmeißen!
 

Jamie’s PoV
 

Wieso wollte er nur gerade so etwas wissen. Ich hatte über dieses Thema bis jetzt nur mit Piccolo geredet und nicht mal dem hatte ich alles erzählt. Es war einfach nichts, über das man so gerne redete. Und gerade ich nicht.
 

Langsam lehnte ich mich etwas zurück und versuchte die ganzen Erinnerungen halbwegs zu sortieren. Ich wusste wo der Anfang und das Ende waren. Nur das dazwischen drin, war etwas wirr, immerhin versuchte ich es alles mit Mühe und Not zu vergessen, aber mehr als verdrängen war bis jetzt noch nicht daraus geworden. Jetzt kam es wieder hoch.
 

Einmal atmete ich tief durch, bevor ich zu reden anfing.

„Ich hab dir doch gesagt, dass meine Mutter so früh abgehauen ist… Und dass mein Vater sich deswegen ziemlich oft masturbiert hat…“ – Der Kleinere nickte und lief etwas rot an. Peinlich war ihm das wohl jetzt schon etwas, aber das würde schon verfliegen. – „Na ja, er hat sich in all den Jahren nie jemand anderen gesucht, weil er dachte, dass sie irgendwann zurückkommen würde. Ist nur nie so gewesen… Zumindest hab ich mit der Zeit verstanden, was er da jede Nacht im Schlafzimmer meiner Eltern machte… Und… na ja, zu der Zeit hatte ich auch bemerkt, dass ich nicht auf Mädchen stehe, sondern auf Jungs…“
 

Ich setzte kurz ab und blickte zu Sean. Leicht verwirrt sah er mich an, er verstand wohl noch nicht, was das jetzt alles sollte. Immerhin wollte er nicht meine ganze Lebensgeschichte hören, sondern nur den Teil, der dazu beitrug, dass ich es mit Miller trieb. Dabei hatte er doch gar nichts davon mitbekommen.
 

„Ähm… Ich hab eben irgendwann angefangen ihm durchs Schlüsselloch zuzusehen und bald hab ich ihn nachgemacht und stand vor der Tür und hab mir einen runtergeholt… Eines Abends hat er mich erwischt…“
 

Wieder stockte ich und starrte starr auf die Wasseroberfläche. Ich wusste nicht, ob ich überhaupt weiter erzählen sollte. Mit Piccolo war ich damals auch nur noch eine Stück weiter gegangen, es ihm zu sagen. Und der Italiener war schon geschockt gewesen, was wäre dann erst Sean?
 

„War’s das?“, wollte der Waliser da auf einmal wissen. Sofort schüttelte ich den Kopf und versuchte weiter zu reden. Doch es ging nicht. Es war für mich damals nicht schlimm, aber trotzdem nahm es mich jetzt ganz schön mit. Ich atmete noch einmal tief durch.
 

„Er hat mich also erwischt und zurück gedrückt, bis ich die Wand im Rücken spürte. Da hab ich ihn schon ganz panisch angeschaut und hab keinen Ton herausgebracht, obwohl ich mich entschuldigen wollte… Aber auf einmal hat er mich einfach umarmt. Ich wusste gar nicht, was los war… Eigentlich dachte ich, er würde ausrasten… Aber…“
 

Ich setzte ab und sah zu Sean hinüber. Etwas verwirrt blickte er immer noch drein. Ich war ja auch so überhaupt nicht aufschlussreich. Wirklich nicht. Mir würde es aber so wohl auch noch nicht viel helfen.
 

Ich schloss für einen Moment die Augen und stellte mir diese Szene von damals noch einmal vor. Jede Sekunde könnte ich mir wohl bildlich vorstellen. Es hatte sich in mein Gedächtnis eingebrannt und nur ganz langsam war es mir ja möglich gewesen es etwas zu verdrängen.
 

„Er hat mich dann in sein Bett getragen und sich zu mir gelegt… Ganz langsam streichelte er über meinen Bauch und eben auch weiter unten… Ich hatte es nicht gewagt, auch nur einen Ton von mir zu geben. Irgendwie hatte ich Angst… In der Nacht darauf… hat er… mit mir… ge… ge… geschlafen…“
 

Ich spürte, wie ich es selbst fast nicht glaubte, hätte ich es doch selbst nicht erlebt. Aber eigentlich hatte ich es mir als schwerer vorgestellt, zu sagen. Piccolo hatte ich nicht erzählt, was in dieser zweiten Nacht passiert war. Er wusste nur, dass mein Vater mich angefasst hatte.
 

Sean blickte mich geschockt an und gab keinen Laut von sich. Er wusste wohl gar nicht, was er jetzt sagen sollte. Mir würde aber wohl auch nichts einfallen. Langsam schüttelte er schließlich den Kopf und legte einen ernsten Gesichtsausdruck auf.

„Und jetzt bitte die Wahrheit!“
 

Ich konnte es nicht glauben. Er dachte wirklich, ich würde lügen. Meinte er denn wirklich, so etwas könnte ich mir ausdenken? Wie sollte mir das denn möglich sein?
 

„Das ist die Wahrheit!“

Ich versuchte sicher auszusehen. Doch ich war es ja gar nicht. Überdeutlich spürte ich, dass er mir gleich Vorwürfe machen würde. Das hätte ich ihm wohl schon viel früher erzählen sollen. Aber es überhaupt über die Lippen zu bringen, war viel zu schwer. Wenn ich es nicht einmal ganz bei Piccolo geschafft hatte, bei dem war es damals aber einfacher. Er wollte es ja nicht unbedingt wissen, ich hatte es ihm aus freien Zügen erzählt. Einfach weil ich es loswerden wollte.
 

Auf einmal spürte ich, wie sich Sean über mich beugte. Sein nackter Körper rieb leicht an dem meinen, dabei hatte er nur die Arme gerade um mich gelegt. Glaubte er mir jetzt etwa?
 

„Sorry“, murmelte der Kleinere und setzte sich auf mein Becken. Merkte er eigentlich, dass da etwas unter ihm war. Und das dieses Ding durch seine Aktion vielleicht ein wenig aktiv werden könnte. Ich hoffte es ja einmal.
 

Scheu sah der Blonde an sich herunter. Jetzt musste er es auf alle Fälle merken und ehrlich gesagt, war ich gerade nicht in der Stimmung irgendwie befriedigt zu werden. Sean war da aber wohl ungefähr der gleichen Meinung. Zaghaft rutschte er nämlich wieder etwas zurück und mein Schwanz bekam wieder mehr Luft. Wenn man das so ausdrücken konnte.
 

„Und deswegen… machst du es mit Miller“, murmelte Sean und redete wohl mehr mit sich selbst, als mit mir. Trotzdem nickte ich langsam. Irgendwie wollte ich doch eine Reaktion zeigen.
 

Der Kleinere ließ den Kopf hängen, es nahm ihn wohl ganz schön mit. Wahrscheinlich mochte er mich mehr, als ich dachte. Dabei gefiel es mir so, wie es jetzt war, ganz gut. Ich war bis jetzt noch nicht einfach über ihn hergefallen. Also hatte ich das eingehalten, was ich mir vorgenommen hatte.
 

Ganz in meine Gedanken versunken, bemerkte ich nicht einmal, wie mir Sean immer näher kam. Erst als nur noch Millimeter zwischen unseren Lippen lagen, merkte ich es. Da war es aber auch schon zu spät. Der Waliser küsste mich.

Annäherungsversuche

Kapitel 42 – Annäherungsversuche
 

Sean’s PoV
 

Es dauert einen Moment, bis ich selbst überhaupt verstand, was ich selbst tat und einen weiteren, bis Jamie auf den Kuss einging und mich ganz langsam und zärtlich zurück drückte. Ich ließ es einfach geschehen und spüre, wie er vorsichtig über meine Taille glitt. Dann fuhr er hoch und sein Keuchen erfühlte für einen Augenblick den Raum. Ich blieb starr liegen.
 

Abrupt stand der Größere auf und sammelte seine Sachen vom Boden auf, bevor er sich noch ein Handtuch von der Stange nahm, die an der Wand befestigt war. Nur eine Sekunde später hatte er den Raum verlassen und mich zurück gelassen.
 

Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Hatte ich ihn damit überrumpelt, dass ich ihn einfach küsste? Gerade jetzt, wo er mir das erzählt hatte? Obwohl ich es immer noch nicht glauben konnte. Mehr oder weniger wurde er von seinem eigenen Vater missbraucht. Bis jetzt hatte es aber nicht so ausgesehen, als ob Jamie das auch so wahrnehmen würde.
 

Leise seufzte ich. Eigentlich war es mir so vorgekommen, als würde er es seinem Vater nicht einmal übel nehmen, was er mit ihm gemacht hatte. Aber konnte die Liebe eines Sohns zu seinem Vater wirklich so weit gehen? Ich war mir da gar nicht so sicher.
 

Langsam stand ich nun auch auf und angelte mir auch ein Handtuch, um mich abzutrocknen und noch kurz darauf in dem kleinen Vorraum zu gehen, damit ich mich anziehen konnte. Jamie saß dort, die Beine an den Körper gezogen und einen Arm darauf liegend. Als er mich bemerkte, hob er zaghaft den Kopf, ließ ihn aber auch gleich wieder sinken.
 

Etwas unsicher setzte ich mich neben ihn, als ich mich wieder angezogen hatte. Keinen Moment hatte er mich angesehen. Das er sich den Anblick entgehen ließ? Aber gerade jetzt, hätte ich es auch nicht gekonnt, wenn ich so wäre wie er.
 

„Ich hätte das nicht tun sollen“, flüsterte ich schließlich, da ich ohnehin erwartete, dass er mich heute noch irgendwann deswegen anschnauzen würde. Sicher war er sauer auf ich, weil ich ihn einfach geküsst hatte. Das machte man ja auch nicht. Wenn er erst herausfand, dass ich das schon öfters gemacht hatte, wenn er geschlafen hatte.
 

„Natürlich musstest du das tun!“, meinte er da aber auf einmal so sicher und blickte zu mir. Verwirrt sah ich ihn an. Er war gar nicht sauer? Aber wieso ist er dann gerade eben weggelaufen? Hatte ich ihn womöglich nur verunsichert? So ungewöhnlich wäre es nun ja auch nicht.
 

„Wenn ich es schon nicht durchziehe, dann musst du es eben tun...“

Ein Lächeln hatte sich auf den Lippen des Größeren gebildete und das entlockte nun auch mir eines.
 

Da legte Jamie auf einmal einen Arm um mich und zog mich etwas näher zu sich.

„Wir sollten wieder gehen... Du gehörst ja auch auf alle Fälle wieder ins Bett. So gut siehst du nämlich noch gar nicht aus“, murmelte er und stand schließlich auf, bevor er mich auch mit hochzog. Ich stolperte einige Schritt nach vorne und landete in seinen Armen, die er auch gleich behutsam um mich schloss. Schlagartig fühlte ich mich geborgen, dabei hatte er mich doch eigentlich so hintergangen. Ich schüttelte ganz leicht den Kopf. Er hatte doch nicht gewusst, was ich für ihn empfand und selbst war ich mir dabei doch auch gar nicht im Klaren gewesen. Also durfte ich ihm gar keine Vorwürfe machen.
 

„Du bist doch fertig. Oder? Dann können wir doch gehen...“

Abrupt zuckten wir jedoch beide zusammen, als es plötzlich jemand leise an der Tür klopfte. Weder Jamie noch ich wagten es sich zu bewegen und erst recht sagte keiner etwas. Wer wusste denn alles, dass wir hier waren? Eigentlich nur Miller. Sonst würde doch dann keiner klopfen. Oder?
 

Langsam schob mich Jamie von sich weg und gefügig setzte ich mich wieder zurück auf die Bank, während der Schwarzhaariger etwas zaghaft die Tür aufschloss. Doch als er diese geöffnet hatte, atmeten wir beide auf.
 

„Himmel... Jag' mir nie wieder so einen Schrecken ein“, seufzte Jamie und fiel Miller ja gerade zu um den Hals. Eindeutig schmiegte er sich ja sogar an ihn und mich packte wieder die Eifersucht. Wütend verzog ich das Gesicht. Hatte er schon wieder vergessen, dass ich ihn geküsst hatte?
 

„Wir wollten gerade gehen“, meinte der Größere, als er sich wieder von dem Lehrer löste und sich zu mir umwandte. Das Erste, was ihm wohl auffiel, war mein böser Blick. Na hoffentlich.
 

„Tut mir leid, Kleiner“, flüsterte er mir ins Ohr, bevor er mich wieder hochzog. Ich konnte mir so wenig vorstellen, dass es ihm wirklich leid tat. Vielleicht log er mich ja gerade jetzt an, nur damit ich nicht noch wütender wurde. Wäre das denn sein Niveau?
 

„Wollte nur vorsichtshalber vorbei schauen...“, meinte Miller, als ich schon wieder leicht in Jamies Armen zusammengesunken war. Es war nicht die Schwäche, die mich überkam. Nein. Ich wollte einfach nur etwas näher bei ihm sein, jetzt, wo ich es zumindest geschafft hatte, ihn richtig zu küssen.
 

„Na ja, wir sind dann mal weg...“, murmelte der Größere noch und schon einen Moment später waren wir wieder alleine auf den Gängen. Wahrscheinlich waren die anderen Schüler gerade beim Abendessen. Hunger hatte ich nicht wirklich, eine Kleinigkeit wäre mir aber dann doch recht.
 

Trotzdem machten wir es uns dann erst einmal in unserem Zimmer gemütlich. Nur traute sich keiner wirklich an den anderen heran. Wir hatten uns aber auch so weit, wie es nur ging, auseinander gesetzt. Dabei juckte es mir in den Fingern, mich an ihn zu kuscheln. Trotzdem wagte ich es nicht, aufzustehen und einfach zu ihm zu gehen. Irgendwie waren mir dafür die Knie etwas zu weich.
 

Leise seufzte ich und zog damit die Aufmerksam des anderen wieder auf mich, der mich jetzt ganz interessiert ansah. Leicht begann ich zu lächeln. Vielleicht könnte ich ihn ja so anlocken und müsste mich demnach nicht selbst bewegen, doch er rührte sich auch nicht. Waren wir doch Memmen.
 

Etwas unbeholfen rollte ich mich in meine Decke ein. Vielleicht sollte ich einfach noch etwas schlafen, mir würde es auf alle Fälle gut tun. Da hörte ich aber auch schon, dass Jamie wohl aufstand und schon im nächsten Moment beugte er sich über mich. Ganz zärtlich küsste er mich auf die Wange.
 

„Ich geh' zum Abendessen. Soll ich dir was mitbringen?“

Langsam begann ich zu nicken. Zumindest dachte er an mich.
 

Jamie's PoV
 

Zum ersten Mal seit Jahren war ich einmal wieder unsicher, als ich den Esssaal betrat und mich langsam umsah. Einen Platz würde ich wohl keinen mehr bekommen, dann sollte ich mir einfach irgendwo etwas zusammen sammeln und wieder zurück zu Sean ins Zimmer gehen. Dann können wir zumindest zusammen essen.
 

„Mr. Hunt? Ich dachte Sie sind krank“, hörte ich da auf einmal Greenwald hinter mir sagen. Scheu wandte ich mich um und musste den fertigen Gesichtsausdruck nicht einmal vortäuschen, den machte ich ohnehin.
 

„Bin ich auch...“, murmelte ich und drehte mich wieder um. Immer noch auf der Suche nach einem Plätzchen. Da bemerkte ich erst Piccolo, der wie will mit den Armen in der Luft herumfächerte. Meinte der mich?
 

Ich blickte noch einmal kurz zu Greenwald, bevor ich dann doch zu dem Italiener lief. Mehr oder weniger.
 

„Setz' dich... Sean ist wohl noch im Bett“, meinte Picco, als ich mich schon neben ihm nieder ließ. Max, dachte ich, hätte ich gerade auch noch gesehen, aber jetzt war er nicht mehr hier.
 

Da lehnte sich der Europäer aber schon auf einmal an mich und seufzte überdeutlich.

„Ich glaube, Max liebt mich nicht“, murmelte er mit einem überdeutlich traurigem Tonfall. Armer Kleiner.
 

„Ist eben eine Hete. Da kannst du nichts dafür.“

Er tat mir leid. So unglücklich verliebt war er sicher noch nie. Felix hatte seine Gefühle erwidert und ich auch. Zumindest teilweise. So ganz fest waren wir ja nie zusammen. Irgendwie war es immer nur eine – mehr oder minder – Affäre, was wir da hatten.
 

Vorsichtig glitt der Kleinere über meine Finger, während er sich etwas mehr an mich drückte. Ein paar warfen uns schon komische Blicke zu. Könnte es vielleicht sein, dass Piccolo so an Max hing?
 

„Du siehst schwer verliebt aus“, meinte ich, da löste er sich aber abrupt von mir. War das jetzt falsch?
 

„Du bist ja wieder da“, freute sich da nur plötzlich Piccolo. Abrupt sah ich auf. Vor mir stand Max mit einem Teller voll beladen mit den leckeren Sachen, die man eigentlich sonst nie erwischte.
 

„Für dich und den kleinen Sean.“

Der Größere hielt mir den Teller hin, den ich gleich dankend annahm. Ob er wohl gesehen hatte, wie Piccolo an mir gehangen hatte? Ich wollte ganz sicher nicht dafür verantwortlich sein, dass der Italiener gar nicht mehr mit ihm zusammenkam. Das hätte er nicht verdient.
 

Knapp verabschiedete ich mich von den beiden, bevor ich mich auf den Weg zurück zu Sean machte. Eine Stärkung wäre für den Kleinen sicher gut. Er sah ja noch etwas schlechter aus, als ich.
 

„Bin wieder da“, rief ich, als ich wieder in unserem Zimmer war. Doch ich bekam keine Antwort. War aber auch kein Wunder. Sean lag immer noch – oder schon wieder – auf seinem Bett und scheinbar schlief er.
 

Ich stellte den Teller auf einen der beiden Schreibtische und setzte mich einen Moment später vorsichtig neben Sean. Abrupt rollte er sich zu mir herum und kuschelte sich an mich. Ich war mir nicht ganz so sicher, ob er wach war. Aber so recht interessierte es mich nicht, da es gerade viel zu schön war, dass er mir so nah war.
 

Da sah ich aber erst, dass er leicht die Augen geöffnet hatte. Schlafen tat er demnach nicht mehr, aber zumindest kuschelte er sich dann bewusst so an mich. So wohl fühlen würde ich mich immerhin auch nicht, wenn ich wüsste, dass er das nur aus irgendeinem Reflex im Schlaf tun würde.
 

„Hast du keinen Hunger“, murmelte ich und sah dabei zur Seite. Wieso lag er überhaupt so bei mir? Sein Blick im Lehrerbad hatte mir einen Schauer über den Rücken gejagt. Wie wütend musste er da nur gewesen sein, dass ich Miller wieder so um den Hals fiel, dabei hatte er mich da Minuten zuvor geküsst.
 

Langsam schüttelte er schließlich den Kopf, als er sich zu mir hochraffte. Für einen Moment legte er seine Hände auf meine Brust. Überdeutlich spürte ich, wie er zitterte. Was war denn los? Auf einmal atmete er auch extrem laut aus, als er seinen Kopf abwandte. Es klang ja fast schon wie ein Keuchen.
 

„Stimmt was nicht?“

Ich blickte ihn etwas besorgt an, doch wieder schüttelte er nur den Kopf. Irgendetwas war doch los, darauf könnte ich wetten. Aber er würde wohl nicht mit der Sprache heraus rücken.
 

„Könnte ich doch etwas zu Essen haben?“, fragte er da auf einmal. Ich nickte sofort und holte ihm den Teller, damit er sich selbst etwas nehmen konnte.
 

Kurz darauf saßen wir schon zusammen auf seinem Bett und schlemmten etwas. Zumindest der Hunger war ihm nicht wegen mir vergangen. Er lachte ja sogar gelegentlich. Ja, man konnte sagen, wir unterhielten uns recht gut. Es war auch gut, dass er nicht auf das kam, von dem ich ihm heute erst erzählt hatte. Ich wollte nie gerne darüber reden, irgendwie ekelte ich mich selbst davor und vor allem war es wohl so, weil ich selbst nie etwas dagegen getan hatte. Wochenlang ließ ich mit mir machen, was mein Vater von mir wollte. Irgendwann bin ich sogar ein oder zwei Mal freiwillig zu ihm gegangen, weil ich es wollte. Nein, eigentlich hätte er nie etwas getan, was mir nicht recht gewesen wäre.
 

Sean schmiegte sich mit der Zeit immer enger an mich und manchmal kam es mir schon fast so vor, als ob er eingeschlafen wäre, aber dann war es wieder nicht so. Sein Kopf lag nur an meine Schulter gedrückt und die Augen hatte er halb geschlossen, trotzdem war er wach.
 

Ich zog die Decke etwas über ihn, nachdem ich den Teller auf den Boden gestellt hatte und er sich für einen Moment von mir lösen musste. Vorsichtig ließ er sich schließlich auch von mir zudecken, nur gehen ließ er mich dann nicht. Ich sollte bei ihm bleiben. Wieso wollte er denn das? Was lag ihm denn so sehr an mir? War ich ihm wirklich so wichtig?
 

Auf einmal fühlte ich mich neben ihm überhaupt nicht mehr so wohl. Vielleicht hätte ich es gleich so machen sollen, wie Felix, einfach abhauen. Leichter wäre es für mich sicher gewesen, als jetzt noch bei Sean zu sein.
 

Da setzte sich der Kleinere auf einmal auf und legte mir eine Hand auf die Stirn. Stimmte etwas nicht?
 

„Du bist etwas warm...“, murmelte er da aber auch schon und zog mich zu sich. Ich konnte mich gar nicht daran erinnern, dass ich schon einmal in seinen Armen gelegen war, aber so ging es mir auch gut. Es war sogar angenehm.
 

Vorsichtig drückte ich mich etwas enger an den blonden Waliser, der mich scheinbar gar nicht mehr loslassen wollte. Sollte ich vielleicht einfach nicht wieder gehen und mich mit einem anderen vergnügen? Ich könnte ja gut und gerne wieder auf die Idee kommen, mich zu Miller zu verkrümmeln. Aber jetzt? Nein!

Freude eines doch glücklichen Pärchens

Kapitel 43 – Freude eines doch glücklichen Pärchens
 

Sean's PoV
 

Mein Fieber war in der letzten Woche wieder gestiegen, aber dann auch irgendwann gesunken. Bei Jamie hatte es auch nicht besser ausgesehen. So etwas wie ein anständiges Immunsystem hatten wir wohl beide nicht so recht. Aber hier brauchte man es vielleicht auch nicht wirklich. Na ja, etwas wäre wohl immer gut.
 

Wir hatten die ganzen sieben Tage über geredet, wenn ich nicht gerade geschlafen hatte. Die Müdigkeit überkam mich aber auch recht oft, da war es mir dann manchmal schon fast egal, dass mir Jamie etwas für ihn wichtiges erzählen wollte.
 

Vor allem über seinen Vater hat er viel geredet. Wie sehr er ihn eigentlich mochte, wurde mir auch erst da bewusst. Vielleicht hatte er sich ja deswegen einfach nicht gegen ihn gewehrt. Trotzdem hatte ich öfters erwähnt, dass es eigentlich Missbrauch war. Jamie wollte das gar nicht hören. Mir hätte es ja eigentlich klar sein müssen.
 

Auch heute saßen wir wieder zusammen. Ich an Jamie gelehnt und er einen Arm um mich gelegt. Wie die letzten Tage über. Ich genoss dieses Unbeschwerte zwischen uns richtig, keiner verheimlichte mehr wirklich etwas vor dem anderen. Dadurch musste aber auch ich auspacken.
 

Wie ich mir damals ein Mädchen angelacht hatte, nur damit ich meinen Bruder vergessen konnte, als er auf einmal nicht mehr da war und wie es eigentlich gar nichts geholfen hatte. Ich konnte dieses Mädchen nicht einmal küssen, ohne an ihn zu denken, von Sex ganz zu schweigen. Da lief gar nichts. Natürlich wollte ich, aber es ging einfach nicht. Immer schwirrte nur er in meinem Kopf herum. Manchmal kam es mir so vor, als ob das heute noch so wäre. War es wohl auch.
 

„Willst du noch etwas schlafen?“, fragte da auf einmal Jamie. Ich legte den Kopf in den Nacken, um zu ihm aufzusehen, bevor ich dann doch nickte und mich etwas enger an ihn schmiegte. So recht wusste ich gar nicht, was da jetzt zwischen uns herrschte. War das noch Freundschaft oder schon ein kleines bisschen mehr?
 

Obwohl, so ganz hatte ich ihm ja die Sache mit Miller noch nicht verziehen. Aber in den letzten Tagen war er auch nicht mehr zu ihm. Dann lag ihm wohl doch etwas an mir und dadurch konnte sogar ich mich gut fühlen.
 

Zärtlich bewegt er seine Finger über mein Haar, als ich die Augen geschlossen hatte. Langsam wanderten sie über meinen Nacken und glitten über die ersten Rückenwirbel, bevor er seine Hände zurückzog und dann einmal tief durchatmet. Schließlich schob er mich langsam von sich weg und stand auf. Verwirrt blickte ich ihm hinterher, nachdem ich die Lider wieder gehoben hatte. Was hatte ich getan, dass er jetzt ging?
 

Ein Gefühl von unglaublicher Leere in meinem Inneren breitete sich aus, als Jamie die Tür hinter sich schloss und demnach den Raum verlassen hatte. Lief er jetzt doch wieder zu unserem Physiklehrer und ließ mich einfach allein? Wieso nur?
 

Leise wurde die Tür geöffnet, als ich mich alleine in meinem Bett zusammen gerollt hatten. Den Kopf wollte ich gar nicht heben, um zu sehen, wer da gekommen war. Konnte ja eigentlich ohnehin nur Jamie sein. Wer würde hier sonst so einfach reinplatzen?
 

Doch so bemerkte ich auch gar nicht, wer sich da überhaupt neben mich setzte. Denn es war ganz und gar nicht der junge Amerikaner.
 

„Hey, Sean? Bist du wach?“

Verwirrt hob ich den Kopf und erkannte erst jetzt Piccolo, der übers ganze Gesicht strahlte. War der radioaktiv verseucht? Eigentlich war aber er ja auch niemand, denn ich unbedingt sehen wollte. Zwar hatte mir Jamie gesagt, was es mit dem Kuss auf sich gehabt hatte, trotzdem war ich darüber nicht so begeistert.
 

Ich wandte den Kopf ab und sah wohl oder übel etwas eingeschnappt aus. Eigentlich wollte ich das gar nicht, aber jetzt war es schon so. Der Italiener senkte leicht den Blick. Es wirkte gerade so, als ob er sich selbst auch Vorwürfe machte, weil er mich verletzte.
 

„Jamie hat es dir doch gesagt, wieso... Also wieso bist du noch so wütend?“

Nur einen Moment blickte ich zu dem Schwarzhaarigen, dessen Blick jetzt wieder sicherer war. Das jagte mir gerade zu einen Schauer über den Rücken.
 

Doch auf einmal schlang Picco die Arme um meine Schultern.

„Ist ja egal. Eigentlich wollte ich dir aber ja etwas viel Schöneres erzählen!“ - Vorsichtig schmiegte er sich enger an mich. - „Wir haben es gestern getan.“
 

Sein schmaler Körper drückte sich mehr und mehr an mich. Dabei merkte er auch gar nicht, wie er mich mit seiner Aussage schockte. Getan? Hatten sie miteinander... geschlafen? Ich meine, er und Max?
 

„War es schön?“, fragte ich und versuchte nicht so zu klingen, als ob es mich stören würde. Er sollte sich wegen mir nicht mehr zurückhalten, irgendetwas mit Max zu tun, was mich vielleicht wieder so treffen könnte. Und schon gar nicht wollte ich, dass er sich Vorwürfe macht.
 

„Ich glaub', er hat sich zuerst gar nicht getraut... Aber dann... Ja, es war schön.“

Leicht drückte er sich von mir weg. Wieso musste er das eigentlich gerade mir erzählen? Wieso ich?
 

Mühsam versuchte ich zu lächeln, als auch er es tat. Irgendwie musste ich mich doch wirklich für ihn freuen. Er hatte mit dem geschlafen, den er liebte. Hoffentlich erwiderte Max das auch. Er sollte Piccolo nicht wehtun. Nein. Das durfte er gar nicht.
 

„Und du? Wie geht’s dir? Ich hab ja nur gehört, dass du Fieber hast...“

Fast schon besorgt blickte mich der Italiener an. Ob er es wohl wirklich war? Eigentlich könnte man es ihm ja zutrauen.
 

„Es geht schon...“, murmelte ich und sank wieder in seine Arme. Wenn Jamie schon nicht da war, dann könnten wir doch wieder einmal etwas kuscheln. Es fühlte sich immer so gut an, weil ich manchmal meinte, dass Piccolo mich verstehen könnte, wie ich fühlte.
 

„Und mit Jamie?“, fragte er da auf einmal. Ich schüttelte nur leicht den Kopf und meinte dann: „Er merkt es einfach nicht.“

Vorsichtig legte der Italiener wieder die Arme um mich.

„Irgendwann wird er schon merken, dass du ihn... liebst... Selbst muss er es ja bei dir auch schon tun.“
 

Langsam nickte ich. Er hatte wohl recht. Wenn er so gar nichts für mich empfinden würde, dann hätte er mich aber wohl auch schon in der ersten Nacht flachgelegt. Hatte Piccolo nicht so etwas Ähnliches mal gesagt?
 

Ich seufzte leise. Wie lange würde er aber nur brauchen, bis er merken würde, was ich für ihn empfand. Könnte er das nicht gleich tun? Denn dann hätte ich zumindest ein Problem los. Ich wollte doch ohnehin nur, dass Jamie mich liebte!
 

„Ich könnte dir etwas sagen, mit dem du ihn auf alle Fälle rumkriegst!“, meinte da aber auf einmal der Italiener und ich wurde hellhörig.
 

Jamie's PoV
 

Ich machte einen ganz großen Bogen um den Lehrertrakt. Da hatte ich jetzt wirklich nichts zu suchen und Miller wollte ich ohnehin nicht über den Weg laufen. Nicht heute. Im Unterricht vielleicht wieder, aber auch nur dann.
 

Sean hatte etwas von Missbrauch gefaselt, was mein Vater mit mir gemacht hatte. Missbrauch? Ich hatte das doch alles gewollt. Immerhin wollte ich ihm damals nur über diese Zeit hinweghelfen. Er sollte wieder glücklich werden. Was war daran Missbrauch? Er verstand doch nicht was es bedeutete, wenn die Mutter plötzlich weg ist und nie wieder kommt. Wie wollte er sich nur in meine Lage versetzten und das alles als Missbrauch abstempeln? Wie?
 

Ich lehnte mich an die Wand und massierte mir leicht die Schläfe. Scharen von Schülern wuselten immer wieder an mir vorbei. Klar, es war Samstag, da hatte jeder Zeit und musste sich nicht um die Schule kümmern. Obwohl das Leben hier ja ohne Unterricht fast schon langweilig werden konnte. Wir kamen ja von hier nicht weg und manche hingen hier – wie ich – über Jahre hinweg. Sean hielt es ja gerade einmal fünf Wochen aus, bald würde es ihm sicher auch langweilig werden und vor allem ich würde nicht mehr so interessant für ihn sein.
 

„Komm mal mit!“

Ich wurde auf einmal von jemandem am Arm gepackt, der mich ruppig hinter sich herzog. Einen Moment brauchte ich schon, bis ich merkte, wer mich da überhaupt herumschleifte und ich grummelte dann auch gleich wütend: „Max, was wird das?“

Doch der Größere erwiderte erst etwas, als wir alleine in einem Gang standen und er sich noch einmal umgesehen hatte, dass sich das auch nicht so schnell ändern würde.
 

„Was ist jetzt?“, fragte ich und verschränkte die Arme trotzig vor der Brust. Langsam wollte ich meine Antwort, wenn er mich schon so einfach mit sich zog. Doch der Blonde atmete erst noch einmal tief durch und antwortete erst dann. Und jetzt auch noch etwas scheu.
 

„Auf was steht Picco so...? Ich meine beim Sex...“

Beinahe meinte ich, dass ich den Rotstich, den ich um die Nase bekam, spüren konnte. Wieso fragte er jetzt gerade mich so etwas? War es denn nicht möglich, dass er den Italiener selbst fragte? Wieso ich?
 

„Äh... ich weiß nicht...“, erwiderte ich schließlich etwas stockend. Da hob aber Max auch schon eine Augenbraue und gab mir einen Stoß gegen die Schulter, bevor er genervt seufzte.
 

„Du hast es doch lange genug mit ihm getrieben, dass du das weißt! Also spuck schon aus!“

War das jetzt ein Befehl? Wollte er mir etwas befehlen? Pah! Das könnte er sich abschminken, jetzt war erst einmal ich mit bohren dran!
 

„Wies willst du das überhaupt wissen?“

Leicht zog ich die Augen zu Schlitzen zusammen und blickte den Größeren prüfend an, der aber nur abrupt den Blick abwandte. Hui. Wurde er jetzt auch rot? So hatte ich ihn ja noch gar nicht gesehen, dass ich das noch erleben durfte. Danke, Gott!
 

„Was ist jetzt? Wenn du deine Infos haben willst, dann solltest du reden...“

Jetzt konnte ich es mir wirklich nicht verkneifen fies zu grinsen. Wenn er es nicht sagen wollte, dann würde ich auch keinen Ton von mir geben. Eine Gegenleistung für das, was ich für ihn machte, wollte ich doch nur. Nicht mehr.
 

„Ok“, meinte da Max auf einmal und lehnte sich an die Wand, an der er jedoch nur einen Moment später zu Boden glitt. Etwas irritiert hob ich eine Augenbraue, bevor ich mich neben ihn setzte und jetzt auf seine weitere Antwort wartete.
 

„Wir haben... gestern miteinander geschlafen... Und ich war wohl nicht gerade gut...“

Ein Seufzen verließ seine Kehle, um wohl seine Unmut noch zu verstärken. Mir dagegen zeichnete es ein Lächeln auf die Lippen und ich schlang abrupt die Arme um den Blonden. Etwas hilflos hing er dann in meiner Umarmung und wollte sich mit der Zeit befreien, aber ich ließ einfach nicht locker.
 

„Und ich dachte schon, du willst wirklich hier ewig als Hete durchgehen“, flüsterte ich ihm schließlich ins Ohr, bevor ich meinen Griff lockerte und er wieder von mir wegkam. Verwirrt sah er mich dann an und hob leicht eine Braue.
 

„Und jetzt will ich meine Infos...“, meinte er schließlich und richtete sich etwas seine Sachen, die ich so ziemlich durcheinander gebracht hatte. Das er überhaupt auf einmal so ordentlich war, würde ihm bei Piccolo auch nicht viel helfen.
 

„Hm... Willst du das wirklich wissen?“, fragte ich dann noch einmal nach und sofort nickte er energisch. Ok. Wenn er es so haben wollte, dann würde ich mal nicht so sein und könnte ihm ja alles, was ich über die Spezies Piccolo Russo so in Erfahrung gebracht hatte, erzählen.
 

„Ähm... ja, wo fang ich an...?“

Jetzt wusste ich trotzdem nicht, was ich sagen sollte. So recht wusste ich ja auch nicht, was dem Italiener wirklich gefallen hatte und was nicht. Geredet hatten wir häufig danach nicht recht viel, immerhin ging es uns beiden doch meisten nur um den Sex.
 

„So weit ich weiß, mag er es, wenn man ihn richtig rannimmt... Also sei nicht allzu vorsichtig, er hält schon was aus, auch wenn er nicht so aussieht...“ - Ich machte eine kurze Pause um weiter zu überlegen und wie es aussah, störte das auch Max nicht. - „Lass am besten die Finger von seiner Knospe.“ - Leise kicherte ich. - „Picco kann es auf den Tod nicht ausstehen, wenn man da rumfummelt...“

Und schon war mein Wissen ausgeschöpft. Das war jetzt mehr als peinlich. So kratzte ich mich verlegen am Kopf und versuchte mir krampfhaft etwas zu überlegen, was ich jetzt noch ausplaudern könnte.
 

„Welche Stellungen mag er?“, kam da aber auf einmal von Max, knapp wandte ich mich zu ihm und lächelte leicht. So hatte er mich wohl doch noch gerettet.
 

„Alles außer Doggy-Stil... Da muss er sich unterwerfen.“

Wieder kicherte ich. Ja, das hatte er wirklich gehasst, wenn ich ihn immer einfach so von hinten genommen und ihm gezeigt hatte, wer der Chef von uns beiden war.
 

„Ok...“, murmelte Max und es jagte mir einen Schauer durch den Körper, als er seinen Kopf für einen Moment an meine Schulter legte. Gut konnte ich mich noch daran erinnern, wenn ich das bei ihm gemacht hatte. Aber er bei mir? Noch nie!
 

„Sonst noch irgendwas Wichtiges?“, fragte der Blonde, als er sich wieder von mir löste und langsam kamen meine kleinen Erfahrungen zurück.
 

„An den Brustwarzen lecken und saugen, aber nicht reinbeißen. Sie sind ihm so was wie heilig... Ähm... Blasen macht er nicht, aber er steht drauf, wenn man es bei ihm macht. Massagen auch nur in den unteren Gegenden... Aber nie bei jemanden anderen. Im Allgemeinen lässt er sich recht gerne verwöhnen, auch wenn er eben gerne etwas härter genommen werden will...“
 

„War's das?“, fragte Max und wollte gerade aufstehen, da fiel mir noch etwas ein.

„Du darfst zwar nicht mit den Fingern an sein süßes, kleines Arschloch... Aber mit der Zunge...“

Ich konnte den Schock regelrecht im Gesicht des Größeren aufblühen sehen. Erwartete man so etwas nicht von Piccolo? Klar, er wirkte wie ein Engel, der noch nie etwas Schlechtes getan hatte, aber wenn man ihn etwas kannte, dann lernte man seine wahre Natur kennen. Zwar konnte er wirklich nett und zuvorkommend sein, doch genauso gut auch hinterhältig wie eine Schlange. Immer tat er nur das, was ihm zum Vorteil verhelfen würde, außer er mochte jemanden sehr, gegen über so jemanden tat er nie etwas, was für den schlecht sein könnte.
 

„Red nicht so einen Scheiß“, meinte der Größere auf einmal und versuchte alles mit einem Lächeln zu überdecken und wohl auch, dass er nicht so recht wusste, ob meine Aussage jetzt ein Witz war oder nicht.
 

„Das meine ich aber ernst. Er steht drauf... Wenn du es richtig machst, könnte er sogar kommen. Ist zwar nicht so gut für die Haare, wenn sein ganzer Saft da drin klebt, aber er stöhnt mördermäßig geil dabei...“
 

Himmel, Max' Blick war gerade Gold wert. Ich wusste eigentlich gar nicht, dass er so verdutzt schauen konnte. Zu süß. Nicht, dass ich jetzt was mit ihm anfangen würde, er war im Grunde so gar nicht mein Typ. Viel zu groß und muskulös. Nein, danke.
 

„Ich geh dann mal wieder... Äh... Danke.“

Mit so einem Gesichtsausdruck hatte ich Max noch nie gesehen, man konnte regelrecht sehen, wie glücklich er war.
 

„Du, Max, bist du verliebt?“, rief ich ihm noch hinterher, als er schon ein ganzes Stück von mir entfernt war und ich mich auch langsam wieder aufgerichtet hatte. Der Blonde blieb abrupt stehen und wandte sich noch einmal zu mir um, bevor er lächelnd nickte. Doch im nächsten Moment hatte er sich schon wieder weg gedreht und lief weg. Irgendwie hatte er schon Glück mit Piccolo.
 

~~~
 

Wer die BenachrichtigunsENS zum neuen Kapitel erhalten hat, wird es schon wissen. Für alle anderen hier noch:

Mein geliebtes Kind, abgemeldet läd zur Zeit einen Kurzdojinshi von Schwer Erziehbar hoch (in Verbindung mit ihrer kleinen Kurzgeschichtensammlung) und ich würde mich freuen, wenn ihr ihr dafür ein paar Kommentare und/oder Favo-Einträge verschafft.

Hier der Link:

http://animexx.onlinewelten.com/doujinshi/zeichner/205072/output/42117/
 

Hier auch einmal der Hinweis an alle Zeichner:

Ich freue mich immer sehr über FanArts, also wenn ihr was zeichnen wollt, dann könnt ihr das gerne tun. ^^

Befriedigung

Kapitel 44 - Befriedigung
 

Sean's PoV
 

Einfach nackt aufs Bett legen, dann würde er schon kommen, hatte Piccolo gesagt. So weit hatte ich mich nur nicht getraut. Jetzt saß ich hier im Schneidersitz nur in Shorts herum. Himmel war mir das peinlich, dabei sollte ich eigentlich gar nichts anhaben. Aber so weit konnte ich einfach nicht gehen, dafür hatte ich einfach zu viel Schamgefühl. Immer noch.
 

Abrupt ließ ich mich zurückfallen und machte mich auf Jamies Bett lang. Hier fühlte ich mich irgendwie am wohlsten und ein kleines bisschen meinte ich manchmal, dass wenn ich mich in seine Bettdecke kuschelte, dass ich seine Geruch wahrnahm. Das war zu schön.
 

Doch jetzt lag ich hier nur langgestreckt und lauschte. Leider war aber wirklich gar nichts zu hören, dass seine Rückkehr ankündigen konnte. Wo blieb er nur? Langsam rollte ich mich vor Nervosität hin und her. Heute würde es passieren, ganz sicher. Wir würden es tun und ich könnte ihm dann meine Liebe gestehen. Endlich. Aber dafür müsste er ja erst einmal wieder kommen und bis jetzt schien es ja nicht so, als ob das passieren würde.
 

Ich blieb wieder auf dem Rücken liegen und starrte an die Decke. Mein Körper kribbelte und langsam überkam mich das Gefühl es mir einfach selbst zu machen, wenn er nicht kommen wollte. Dieser erste richtig – und auch wahrgenommene – Orgasmus, den mir Piccolo verschafft hatte, hatte einen Schalter in mir umgelegt, durch den ich dieses Gefühl öfters haben wollte.
 

Vorsichtig strich ich mir über die Innenseite meines rechten Oberschenkels. Dort wurde das Kribbeln jetzt intensiver und ich wollte mehr davon. Langsam bewegten sich meine Finger weiter nach oben und über meine Shorts. Im selben Moment ließ ich den Kopf in den Nacken fallen, irgendwie wollte ich nicht sehen, was ich überhaupt mit mir selbst machte.
 

Ganz langsam schob ich meine Hand unter den Stoff meiner Unterwäsche und glitt zuerst nur über mein vereinzelt sprießendes Schamhaar. Mit so etwas war ich einfach nicht gesegnet und so wie ich es früher mitbekommen hatte, mein Bruder auch nicht. Ich schlug die Augen wieder auf. Die ganze Woche über hatte ich nicht mehr an ihn gedacht. Irgendwie seltsam und gerade in einem solchen Moment kam die Erinnerung zurück.
 

Leicht schüttelte ich den Kopf, als ob ich den Gedanken abschütteln wollte. Es half sogar etwas und so schloss ich die Augen wieder und atmete einmal tief durch. Vorsichtig schob ich meine Finger weiter nach unten, bis ich den Ansatz meines Gliedes spürte. Ab da konnte ich nicht mehr. Meine Hand wollte sich einfach nicht weiter bewegen, sie zitterte nur.
 

Ich schlug die Augen wieder auf und versuchte meinen rasenden Atem wieder unter Kontrolle zu bringen. Da hatte ich mich noch nicht einmal richtig angefasst und dann so was.
 

Noch einmal atmete ich tief durch und schob meine Finger dann wieder ein Stück weiter, bis sie sich um mein Glied legten und ich langsam anfing zu reiben. Ich versuchte mich etwas zu entspannen, bis ich spürte, dass mein Schwanz langsam steif wurde. Ab da begann es gut zu tun. Jedes Auf und Ab entlockte mir ein erregtes Seufzen, bis es langsam in ein leises Keuchen überging.
 

Auf einmal spürte ich, dass sich jemand vor mich aufs Bett gesetzt hatte – zumindest nahm ich das Gewicht war, wodurch die Matratze leicht nach unten gedrückt wurde – und hob leicht ein Lid, doch so erkannte ich nur verschwommen, wer sich vor mir nieder gelassen hatte.
 

Unentwegt rieb ich weiter, ohne wirklich darüber nachzudenken, wer mir zusah. Sollte derjenige doch, vielleicht könnte er mir ja auch ein wenig helfen. Doch da nahm ich schon wahr, dass mir die Person langsam die Shorts auszog und mein erregtes Glied freilegte. Meine Hand wurde abrupt weg gedrückt und etwas Warmes und Feuchtes legte sich um meine Erektion. Ich riss die Augen auf und drückte mein Becken ein Stück nach oben. So bohrte ich wohl meinen Schwanz in irgendjemandens Rachen. Auch egal.
 

Gerade wollte ich ein erstes Stöhnen von mir geben, als mir dieser Idiot eine Hand auf den Mund presste und seinen eigenen von meinem Glied etwas entfernte.
 

„Sei ruhig...!“, hörte ich Jamie zischen und blickte ihn das erste Mal richtig an. Von seinem Kinn tropfte Speichel und traf die Stelle zwischen meinem Glied und dem linken Schenkel, da beugte er sich aber schon wieder tiefer über meine Erregung und begann daran zu lecken. Seine Zunge bewegte sich flink über meine Eichel und es kam mir fast so vor, als ob er mich nur ärgern wollte, wenn nicht schon längst wieder eine Stöhnen aus meinen Lippen entweichen wollte. Aber ich konnte nicht, immer noch drückte der Schwarzhaarige seine Hand auf meinen Mund. So war ich fast gezwungen zu schweigen, aber leise konnte ich trotzdem – zu meinem Glück – meine Laute von mir geben.
 

Immer wieder versuchte ich den Namen des Größeren von mir zu geben, während er jetzt schon wieder die Spitze meines Gliedes im Mund hatte und ganz leicht daran saugte. Seine Zunge strich immer wieder der Länge nach auf und ab, für ein paar Sekunden hielt sie auch oben an der Eichel inne und strich darüber. Meine Erregung konnte ich nicht unterdrücken und vergrub meine Finger in den Haaren des Amerikaners, der seine Kopf langsam senkte, bevor er ihn in der gleichen Geschwindigkeit wieder nach oben bewegte. Nur um mich zu triezen?
 

Abrupt ging er noch ein Stück höher, sodass nur noch ein dünner, silberglänzender Faden Speichel seine Zunge mit mir verband. Deutlich sah ich, wie sein eigener Atem raste. Zudem bemerkte ich jetzt auch, wo hin sich seine andere Hand verirrt hatte. Sie lag zwischen seinen eigene Beine und massierte die Beule, die überdeutlich durch den Stoff zu erkennen war.
 

Langsam wanderte sein Blick zu seinem Schritt hinunter. Dachte er vielleicht gerade das Gleiche wie ich? Das er sich jetzt einfach auszog und wir es dann tun würden? Bitte, bitte tu' es!
 

Aber dann wandte er sich doch nur wieder mit seinem Mund meinem Schwanz zu und leckte wieder daran. Das Gefühl seiner feuchten Zunge und seiner Lippen trieb mich in den Wahnsinn. Ich wollte ihn spüren. In mir!
 

„Jamie“, brachte ich – auch trotz seiner Hand aus meinem Mund – endlich heraus. Abrupt sah er auch auf und blickte in meine bittenden Augen, aber er verstand nicht. Lieber beugte er sich wieder über mich und lutschte weiter an meinem Glied.
 

Ich spürte, dass ich bald kommen würde, als er anfing meine Hoden zu kraulen. Wieso hatte er überhaupt die Hand frei? Die lag doch noch gerade eben auf seinem Schritt und bearbeitete seine ach so schöne Beule.
 

Auf einmal ließ er auch von meinem Mund ab und legte seine Finger um mein Glied. Mit dem Kopf war er jetzt hochgegangen und während er meine Erektion rieb, stöhnte ich hemmungslos.
 

„Jamie, ich komme...“, wimmerte ich immer wieder fast gequält und dann endlich. Ich spürte es. Wie ein Blitz ging es durch meinen Körper. Ich bäumte meine Oberkörper auf und gab ein letztes Stöhnen von mir, bevor ich vor Erschöpfung zusammen sank.
 

Nur langsam konnte ich meine Blick zu dem Größeren wenden, der erleichtert lächelte, dabei klebte etwas Weißes in seinem Gesicht. War das mein Sperma? Hatte ich voll in sein Gesicht gespritzt? Ich spürte, wie das Blut mir ins Gesicht stieg. Hatte ich überhaupt noch welches, dass gerade Zeit hatte, irgendwo hin zu kommen. Immerhin musste da auch eine ganze Menge in meinem Schwanz noch sein.
 

Jamies Blick schweifte zu mir, als er sich schon über mich beugte und mich küsste. War er denn wirklich so glücklich?
 

Jamie's PoV
 

Ich sackte über ihm zusammen, während sich meine Lippen wieder von den seinen gelöst hatten und ich krampfhaft versuchte meinen Atem wieder unter Kontrolle zu bringen. Aber dennoch konnte ich die Luft immer nur schroff einziehen und genauso auch wieder ausstoßen. Meine Brust schmerzte deswegen schon.
 

Langsam stemmte ich mich hoch und blickte den unter mir Liegenden an. Ein sanftes Lächeln hatte sich auf seinen Lippen gebildet, obwohl er auch kaum richtig atmen kann. Ganz rot war er im Gesicht und ein Schweißfilm hatte sich auf seiner Stirn gebildet. Richtig glücklich wirkte er. Ob er es auch wirklich war?
 

Vorsichtig legte er seine Arme um mich und zog mich wieder zu sich hinunter. Der Stoff meiner Kleidung rieb an seiner nackten Haut und es schien ihm gar nicht zu stören. Beinahe meinte ich sogar, dass es ihm gefiel.
 

Ich konnte mich mit Mühe und Not wieder von ihm befreien und setzte mich schließlich auf. Unsicher wischte ich mir über die Wange und spürte die klebrige Substanz, die dort immer noch war. Jetzt widerte es mich fast an, aber gerade, als es dort landete, wo es jetzt war, hatte es mich auch zu meinem Höhepunkt gebracht. Sean hatte es wahrscheinlich gar nicht gehört, wie ich gestöhnt hatte. Viel zu tief war er in seiner Ekstase versunken gewesen.
 

Auf einmal spürte ich, wie mir der Kleinere übers Gesicht strich und etwas von seinem Saft dabei wegwischte. Leicht angewidert blickte er auf seine Hand, doch da hatte ich seine zarten Finger schon in den Mund genommen und leckte jeden Tropfen wieder ab, der daran klebte.
 

Zuerst war ich drauf und dran gewesen, dass ich ihn einfach in meinem Mund kommen lassen würde und es dann alles hinunterschluckte, aber dann packte mich der Drang, dass er sich in meinem Gesicht ergießen sollte. Rein um mich unterwürfig zu zeigen. Wie ich es früher immer war.
 

Vorsichtig hatte Sean seine Hand von meinen Lippen wieder befreit und wollte mir nun wieder über die Wange wischen, doch dieses Mal hielt ich ihn auf und schlug seine Hand weg. Nur einen Moment später stand ich auf und lief ins Bad, um es mir selbst abzuwaschen.
 

Kaum dass ich fertig war, legten sich auf einmal zwei Arme um mich. Der Kleinere, der wohl oder übel hinter mir stand, drückte seinen Kopf gegen meinen Rücken und murmelte irgendetwas. Ich verstand es nicht. Wollte es nicht verstehen. Aber dann wiederholte er es.
 

„Ich liebe dich...“

Und genau das, wollte ich nicht hören. Er durfte mich einfach nicht lieben! Immerhin war ich ein kleiner Perverser, der darauf stand, wenn er mit einem älteren Kerl ficken durfte oder wenn es ihm sogar sein eigener Vater besorgte.
 

Abrupt begann ich zu schluchzen und Tränen liefen mir über die Wange. Das wollte ich doch alles vergessen. Nie wieder daran denken. Es sollte einfach weggehen.
 

Erst jetzt wurde ich mir bewusst, was ich damals schon alles verdrängt hatte. Ich hatte immer alles nur für ihn getan und nie an mich selbst gedachte, hatte verlangt, dass er weiter machen sollte, obwohl es mir wehtat. Ich wollte immer nur, dass es ihm gut ging. Für mich selbst interessierte ich mich gar nicht. Nur meinen geliebten Papa wollte ich glücklich machen, weil er meine Mama, die ich so sehr gebraucht hätte, nicht mehr hatte. Nur deswegen.
 

Kraftlos sank ich zu Boden und riss Sean mit mir nach unten, wie schwach er doch war. Und ich erst. Ja, ich war verdammt schwach, genauso wie jetzt immer noch. Wieso hatte ich nur nie etwas gesagt? Nie gewollt, dass er aufhörte? Wieso?
 

„Beruhig' dich, Jamie“, flüsterte mir der Kleinere ins Ohr und wiegte mich leicht hin und her, wie als ob ich ein Kind wäre. Ein dummes, kleines Kind. Das, was ich nicht mehr sein wollte. Nie wieder.
 

Ich lehnte mich zurück und presste meinen Körper immer näher an den von Sean. Erst jetzt nahm ich wahr, dass er immer noch nackt war und leicht zitterte. Hier drinnen war es aber auch nicht recht warm.
 

„Geht's wieder?“, fragt er und klang dabei so fürsorglich. Vorsichtig begann ich zu nicken und erhob mich schließlich auch wieder. Nur langsam wagte ich es mich umzudrehen und ihn anzusehen, wie er jetzt noch vor mir saß. Nackt. Als schön hatte ich ihn ja schon immer irgendwie wahrgenommen, aber nicht als so schön.
 

Leicht kniff er die Beine zusammen, als ich ihm die Hand reichen wollte, um ihm aufzuhelfen. Er dachte doch nicht, dass ich noch einmal so etwas, wie gerade eben, mit ihm machen würde? Oder etwa doch?
 

Danken ließ er sich dann aber trotzdem hoch helfen und blickte mich etwas scheu an, wohingegen ich mich etwas verlegen hinterm Ohr kratzte.
 

„Ähm... Du solltest dir wieder was anziehen“, murmelte ich schließlich nur und etwas unsicher nickte er dann auch, trotzdem blieb er noch einen Moment vor mir stehen, bevor er auf den Hacken kehrt machte und vor mir hertapste.
 

Ich sank seufzend aufs Bett, während er seine Klamotten einsammelte, die sich auf dem Boden verteilten. Als ich das schon gesehen hatte, war ich mir bewusst, was mich erwarten würde. Da hatte ich ihn noch nicht einmal richtig gehört.
 

„Sean“, meinte ich, als er wieder angezogen war, „kommst du zu mir?“

Er wandte sich langsam zu mir um und sah mich verwirrt an, da rutschte ich aber auch schon ein Stück weiter zur Wand zurück. Nur einen Moment später lag er wirklich neben mir und kuschelte sich leicht an mich.

Beunruhigende Erkenntnisse und Erfahrungen

Kapitel 45 – Beunruhigende Erkenntnisse und Erfahrungen
 

Sean's PoV
 

Behutsam hatte ich Jamie in den Arm genommen und strich ihm vorsichtig immer wieder über den Kopf. Hemmungslos hatte er zu schluchzen begonnen und jetzt wollte es wohl gar kein Ende nehmen. Mit der Zeit wusste ich einfach nicht mehr, was ich noch tun sollte, damit er aufhörte.
 

„Jamie... Beruhig' dich doch...“, flüsterte ich immer wieder und ließ meine Finger über seine Wange gleiten. Es war für mich weder ein angenehmer noch ein gewohnter Anblick ihn so zu sehen. Die rotunterlaufenen Augen standen ihm aber auch schon überhaupt nicht.
 

„Sorry, dass ich hier so rumflenne...“, murmelte der Amerikaner und berührte meine Wange mit seinen Lippen, bevor er mit der Zunge weiter nach hinten wanderte und meine Ohrmuschel umspielte. Das leise erregte Seufzen konnte ich nicht unterdrücken und für einen Moment gab ich mich ihm einfach hin.
 

„Ich glaube mal, dass das reicht.“

Es dauerte keine Minute, da ließ er mich wieder alleine auf dem Bett liegen. Wollte er jetzt einfach wieder abhauen? Nicht noch einmal wollte ich jetzt hier auf ihn warten müssen, doch es sah so aus, als ob ich das wohl doch tun müsste.
 

Leise seufzte ich, als ich mich nun aufsetzte und sah den etwas verpeilt mitten im Raum stehenden Jamie an. So recht wusste er wohl nicht, was er tun wollte und was nicht. In seiner süßen Birne lief wohl gerade einiges ganz schön durcheinander.
 

Langsam stand ich schließlich auf und ging zu ihm, um ihm die Arme um die Schultern zu legen und schließlich vorsichtig seinen Hals zu küssen, bevor ich flüsterte: „Du brauchst etwas frische Luft, also komm mit.“
 

Behutsam nahm ich seine Hand und zog ihn hinter mir her. Gefügig ließ er es sogar zu und so traten wir nur wenige Minuten später in die Hitze des Tages hinaus. Zaghaft marschierte Jamie hinter mir her, während ich über den Rasen schlenderte. Wo ich hin wollte, wusste ich ja. Da wo ich mit Jamie schon bei unserem ersten Mal schwänzen war. Dort hätte wir wohl unsere Ruhe. Die, die wir nicht hatten, wenn wir uns zu den Schülern setzten würde, die sich unter dem Kirschbaum angesammelt hatten.
 

Doch auch hinter dem Hauptgebäude waren wir nicht alleine, denn dort saßen zwei unser drei Neuen. Es waren die beiden Brüder, Killian und Janis. Der Kleinere lag in den Armen des anderen und döste wohl etwas dahin. Etwas entfernt von den beiden setzte ich mich mit Jamie ins Gras und nahm ihn ähnlich in die Arme, wie Janis seinen Bruder.
 

Ich ließ meine Finger über Jamies Brust gleiten und sah dabei zu, wie er wohl auch langsam einschlief. Oder zumindest meinte ich, dass es so wäre. Irgendwie hoffte ich ja, dass er jetzt etwas einnickte, da es ihn sicherlich gut tat. Fertig war er eindeutig ganz schön.
 

Mein Blick schweifte zu den beiden Brüdern hinüber, wobei der Kleinere sich gerade leicht hin und her wiegen ließ, wie es aussah schlief Killian ja doch nicht. Kurz schweifte Janis Blick zu mir herüber und beinahe würde ich meinen, dass er lächelte. Selbst nickte ich ihm nur zu und erwiderte die nette Geste zaghaft.
 

„Wenn ich es nicht besser wüsste, dann würde ich sagen, dass ihr ein Liebespaar seit...“, meinte ich irgendwann und lachte nur einen Moment später kurz auf. Einen recht verwirrten Blick warf mir der Größere der beiden Brüder zu und sah dann Killian an, der sich nun langsam in seinen Armen aufrichtete. Zärtlich schmiegte er sich an den anderen und wandte sich dann an mich.
 

Sie waren nur Brüder, da konnte ja kaum etwas zwischen ihnen laufen, auch wenn sie so aneinander hingen. Man konnte nicht das Glück haben, dass sich auch der andere in einen verliebte, wenn man es selbst tat, darüber war ich mir bewusst.
 

„Nur weil ihr hier alle schwul seid, müssen das ja nicht andere auch sein!“, fuhr mich da aber auf einmal Janis an und zog seine Bruder hoch, nachdem er selbst aufgestanden war. Jetzt hatte er wohl verstanden, was ich gemeint hatte. Dann war das wohl wirklich nur gewöhnliche Bruderliebe zwischen ihnen. Ganz gewöhnlich.
 

Mit gehobener Nase und den Kleineren hinter sich herziehend, stolzierte der Schwarzhaarige an mir und Jamie vorbei. Aufgetakelt war der ja gar nicht. Meine Aussage war ja eigentlich überhaupt nicht so ernst gemeint, sie sahen eben so aus, wenn sie so beieinander lagen und darüber sollte er sich eben auch im Klaren sein.
 

„Schau nicht so böse...“

Mit einem verschlafenen Ausdruck im Gesicht rappelte sich der Amerikaner vor mir wieder auf und wollte nun wohl auch wieder aufstehen, doch ich hielt ihn fest und nahm ihn wieder behutsam in den Arm, bevor ich ihn langsam hin und her wiegte. Irgendwie begann es mir zu gefallen.
 

„Ja, ja, mein kleiner, viel zu dominanter Sean...“, murmelte Jamie und genoss wohl meine Berührung.

„Ich bin nicht dominant, nur zärtlich“, erwiderte ich schließlich, bevor ich ihm einen Kuss auf die Wange gab.
 

„Du verstehst mich nicht“, hauchte mir da der Größere ins Ohr und etwas verwirrt hob ich eine Augenbraue. Dann sollte er eben erklären, wenn er so klug war. Aber ich konnte ja auch immerhin nicht riechen, was er mit jeder seiner Aussagen meinte.
 

„Dominant in einem anderen Sinn...“

Ein Grinsen schlich sich auf seinem Gesicht ein, wodurch meine Verwirrung nur noch größer war. In welchem Sinne denn dann? Oder was sollte es da überhaupt noch geben. Blass konnte ich mich daran erinnern, dass in dem Fremdwörterbuch, dass wir zu Hause hatten, zu Dominanz nur Vorherrschaft drin stand und irgendwas Biologisches. Also was könnte der werte Herr denn noch meinen.
 

„Dann verrat doch mal deinen Sinn.“

Leicht neigte ich den Kopf zur Seite und versuchte ganz interessiert zu schauen, vielleicht rückte er dann ja mit der Sprache raus. Doch zuerst stand er sich leicht hinter dem Ohr kratzend auf.
 

Jamie's PoV
 

Irgendwie lockerte mich der Gesichtsausdruck des Kleinen ja richtig auf und ich war schon drauf und dran ihn das wirklich zu erklären, was ich meinte, aber dann verkniff ich es mir doch.
 

„Frag Picco einfach mal danach... Und wenn du gerade dabei bist, kannst du ihn auch gleich darüber ausquetschen, was devot für ihn bedeutet.“

Ich beugte mich zu ihm hinunter und gab ihm einen zärtlichen Kuss, als ich mich wieder von ihm löste, war er rot angelaufen.
 

„Dir geht’s wohl wieder gut“, nuschelte er leise und ich nickte auch gleich eifrig.

„Das heulen hat wohl ganz schön geholfen, mal ein wenig was abzulassen...“, murmelte ich und küsste ihn ein weiteres Mal. Nachdem, was ich mit ihm gemacht hatte, ging das ganz einfach, auch wenn ich ihm noch nicht einmal auf sein „Ich liebe dich“ geantwortet hatte. Vielleicht war mein Liebesbeweis aber auch schon mein kleiner Blow-Job gewesen. Und trotzdem müsste ich es ihm wohl irgendwann auch einmal sagen.
 

Ich wollte gerade wieder von ihm ablassen, dass biss er einfach in meine Unterlippe und zog leicht daran. Vor Schreck fuhr ich selbst zurück, doch das brachte ihn leider nicht dazu, dass er los ließ. Erst als ich mich wieder gefangen hatte, ließ er von mir ab.
 

„Spinnst du?“, maulte ich los und sank vor ihm im Schneidersitz ins Gras und verschränkte auch trotzig die Arme. Irgendwie kam ich mir gerade vor, wie er. Toll. Devot wollte ich nicht sein. Nein. Ich war kein passiv Typ. Zum Kotzen fand ich das gerade.
 

Da kicherte Sean aber auch schon und kroch langsam auf mich zu.

„Sorry, Baby. Wollte ich nicht... Aber... du siehst einfach zum Anbeißen aus...“

Jetzt war ich derjenige, der rot wurde. Ja, ich fühlte mich hier gerade nicht so ganz, wie der Dominante von uns beiden. Ganz und gar nicht. Sean übernahm ja wohl langsam die Überhand und wenn es so weiter gehen würde, dann wäre ich hier bald der Unterwürfige kleine Bottom, der sich ficken ließ. Bei Sean sollte ich mich aber wohl nicht so tief herablassen.
 

Leise summte ich, als mich der Kleinere wieder zurück drückte und sich schließlich auf meinem Becken niederließ. Auf was wollte er denn hinaus?
 

„Sag es!“, meinte er da aber auf einmal schroff und glitt mit den Fingern über meine Brust. Etwas verwirrt blickte ich ihn an. Was sollte ich sagen? Ich verstand nicht so recht. Kurz lachte der Blonde auf und beugte sich dann zu mir herunter. Bittend verzog ich das Gesicht, vielleicht gab er mir ja so einen Tipp.
 

„Sag, dass du mich auch liebst“, hauchte er mich dann ins Ohr und berührte für einen Moment mein Ohrläppchen mit der Zunge, bevor er mit dem Oberkörper wieder hochging. Meine Hände legte ich auf die Hüfte des Engländers und atmete einmal tief durch. So recht hatte ich diese drei kleinen Worte noch nie über die Lippen bringen müsse. Niemand hatte es aber bis jetzt auch von mir verlangt, deswegen würde es mir jetzt wohl ziemlich schwer fallen.
 

Mein Blick schweifte zaghaft zu Sean hinauf, der mich erwartungsvoll anblickte. Jetzt sollte ich es wohl tun.
 

„Ich... na ja... ich liebe... dich.“

War ja dann doch gar nicht so schwer und ich bekam sogar als Belohnung einen Kuss, aber da hob Sean auf einmal schon wieder den Kopf und blickte jemand anderes fragend an.
 

„Hunt soll zu Mr. Greenwald kommen. Sofort!“, hörte ich nur einen Schüler sagen und schob schon im nächsten Moment den Kleineren von mir herunter. Was wollte unser Lehrer von mir? Musste ja etwas Wichtiges sein, wenn ich gleich kommen musste.
 

„Ich bin so schnell wie möglich wieder hier... Warte also.“

Kurz hauchte ich noch Sean einen Kuss auf die Stirn, bevor ich dem anderen Schüler hinterher lief. Er war einer der Älteren und hatte deshalb wohl mit die Pflicht uns Jüngere – auch wenn er höchstens ein Jahr älter war als ich – gehorsam zu den Lehrer zu trommeln, falls es nötig war.
 

„Hat Greenwald was gesagt, wieso er mich sehen will? Ich hab ja nichts angestellt...“, wollte ich wissen, als wir schon durch den Lehrertrakt marschierten. Doch der andere zuckte auch nur mit den Schultern und meinte dann: „Er hat nur gesagt, dass ich dich holen soll... War ja auch nicht gerade einfach euch da draußen zu finden. Wenn ihr vom Unterricht befreit seit, habt ihr eigentlich die Pflicht auf eurem Zimmer zu bleiben...“, murmelte der Ältere nur und das reichte mir auch, um wieder die Klappe zu halten. Das war wohl einer, der es eigentlich ganz genau nahm.
 

Einige Zeit später waren wir vor Greenwalds Zimmer und der Ältere zog auch gleich ab, als mir der Lehrer die Tür geöffnet hatte. Jetzt würde ich schon erfahren, was los war.
 

Gelangweilt sank ich auf das Bett von Greenwald, obwohl mir der schon einen Stuhl anbieten wollte, aber auf so was steifen konnte ich jetzt wirklich nicht sitzen. Durch das wütende Schnauben des Lehrers tat ich es dann aber doch. Der war ja heute wieder gut drauf.
 

Er ließ sich mir gegenüber nieder und blätterte auch schon durch eine vor ihm liegende Akte. Sah ja scharf nach meiner aus, von der Dicke her. Etwas nervös sah ich mich deswegen langsam um. Es hieß nie etwas Gutes, wenn man seine Schülerakte zu Gesicht bekam.
 

Leise seufzte Greenwald und riss mich damit schlagartig aus meinen Gedanken.

„Was ist jetzt?“, wollte ich schließlich wissen, immerhin hatte ich nicht wirklich viel Zeit. Ich wollte doch zurück zu Sean, der wartete immerhin noch draußen auf mich.
 

„Sie hatten in den letzten drei Jahren überhaupt keinen Besuch...“, murmelte da endlich einmal Greenwald. Und dann hatte er auch noch so etwas so gut erkannt. Rein aus Höflichkeit nickte ich aber. Der Einzige, der mich besuchen hätte können, hatte das ja die ganze Zeit nicht gemacht und sich auch nicht bei mir gemeldet, obwohl ich ihm zu Anfangszeiten sogar gelegentlich noch Briefe geschrieben hatte. Ohne Antwort.
 

„Dann müssen wir uns ja zumindest keine Sorgen machen, dass es nicht genehmigt worden ist“, fuhr der Lehrer seinen Monolog fort und ließ mich mit meiner Verwirrung alleine. Wer wollte denn dann kommen? Doch nicht etwa er?
 

„Sie wollen mir jetzt nicht sagen, dass mein Vater vorbeikommen will?“, fragte ich etwas scheu und hoffte – nein – betete nach einem Nein. Er sollte jetzt ja nicht zustimmen.
 

„Doch. Er hat vor einer Woche angerufen, dass er endlich einmal sein Besuchsrecht nutzen will...“

Irgendetwas wollte der Lehrer noch sagen, da war ich aber schon aufgesprungen und räumte den Stuhl auch gleich mit um.

„Ich... ich will diesen Drecksack aber nicht sehen!“, fauchte ich und erhielt zuerst nur einen bösen Blick von Greenwald, bevor dieser mich zu Recht wies.

„Hüten Sie hier ja Ihre Zunge!“
 

Mit mehr wollte er mich jetzt etwa nicht abfertigen? Nur das ich eben so nicht reden sollte? Das würde nicht reichen!
 

„Sie können mich doch nicht dazu zwingen, dass ich mit ihm reden muss“, knurrte ich und wollte schon auf den Hacken kehrt machen. Da hatte sich aber wohl Greenwald dazu entschlossen, dass er auch mal motorisch eingriff. Obwohl er mich auch nur an der Schulter festhielt.
 

„Sie werden doch wohl genügend haben, über das Sie mit ihm reden können.“

Ich biss mir auf die Unterlippe. Natürlich würde es jetzt Dinge geben, über die ich reden wollte. Aber nicht hier und auch nicht, wenn er direkt vor mir stand. Ein gewisses Angstgefühl ließ das schon gar nicht zu.
 

„Ok... Wann kommt er?“, murmelte ich. Nur weil er kam, hieß das ja noch nicht, dass ich hingehen würde.

„In zwei oder drei Tagen. Sie werden es schon erfahren.“

Ich hab nur noch ein leises Hm von mir, bevor ich mich wohl ein wenig zu knapp verabschiedete.
 

Langsam schlurfte ich schließlich den Gang entlang und wartete schon darauf, dass mich irgendjemand blöd anquatschte, da mir gelegentlich einer einen etwas seltsamen Blick zuwarf. Aber das sollten sie sich jetzt besser verkneifen, ich war nicht in der Stimmung mich mit jemand zu streiten.
 

Statt wieder zu Sean nach draußen zu gehen, verzog ich mich gleich in unser Zimmer. Dann könnte sich jetzt der Kleine zumindest auch noch etwas amüsieren, statt sich um mich zu kümmern. Obwohl er ja damit irgendwie süß war.

Mein Dad kommt

Kapitel 46 – Mein Dad kommt
 

Sean's PoV
 

Eigentlich wollte er ja wiederkommen und sogar beeilen, doch jetzt saß ich hier über zwei Stunden alleine herum und der Einzige, der gekommen war, war Piccolo. Konnte ich den zumindest mal wegen diesen „Dominant“ ausquetschen. Die Antwort kam auch prompt und wenn man es so nahm, dann dachte da ja Jamie etwas – um es einfach auszudrücken – Komisches.
 

„Und dann auch noch von dir...“, kicherte der Italiener, während er mir einen Arm um die Schulter legte. Dahingegen zog ich nur eine Schnute. War es so ungewöhnlich, dass ich das tun würde? Zumindest würde ich es machen, wenn ich damit Jamie glücklich machen könnte. Und trotzdem zweifelte ich schon ganz schön, ob ich das wirklich tun könnte. Was, wenn ich ihm wehtat?
 

„Ach komm schon, Sean. Du bist dafür wirklich nicht der Typ... Aber wenn Jamie dich schon als dominant bezeichnet, dann hat das eigentlich was zu sagen...“

Es schien, als würde der andere krampfhaft überlegen, bevor er sich an mich lehnte und mich dadurch fast umwarf.
 

„Eigentlich wäre die Vorstellung ja mal richtig scharf, dass Jamie von jemand genommen wird... Ja, das wäre einmal ein Anblick.“

Nachdem Picco das gesagt hatte, seufzte er herzzerreißend. Himmel. Wäre das so etwas Besonderes? Jamie hatte ihm doch sicher auch etwas von seinem Vater erzählt, zumindest konnte ich mir kaum vorstellen, dass er ihm die Sache verheimlicht hat.
 

„Oh ja, Jamie, der unter jemand liegt und nach mehr wimmert... Gott, dann müsste er ja göttlich aussehen...“

Das konnte ich mir jetzt nicht mehr anhören. Ruppig stieß ich Piccolo weg und knurrte: „Das ist doch widerwärtig...“

Etwas verwirrt sah mich der Italiener an und hob dann auch etwas langsam eine Augenbraue. Was denn? Passte ihm etwas nicht?
 

„Hui... da wirst du ja richtig sauer. Wenn ich nicht meinen Max hätte, dann würde ich mich jetzt auf dich stürzen, Sean“, murmelte der Schwarzhaarige und machte sich im Gras lang. Ich dagegen marschierte – immer noch wütend – zurück ins Gebäude. Vielleicht würde ich ja da Jamie finden, so weit konnte er nicht gekommen sein.
 

In unserem Zimmer fand ich ihn dann, wie ein Häufchen Elend hatte er sich auf seinem Bett zusammengerollt. Musste ja was Schlimmes sein, was er erfahren hatte.
 

„Hey, Jamie.“

Vorsichtig legte ich mich zu ihm und glitt mit meinen Fingern über seine Taille. Irgendwie war es seltsam, dass ich ihn so berühren durfte und das doch eigentlich nur, wegen diesen drei Worten, die ich von mir gegeben hatte und er meine Gefühle erwiderte. Ja, es lag doch eigentlich nur daran und dann fühlte es sich auch noch so gut an. Verflucht gut.
 

„Hi... Sean...“

Es war kaum mehr als ein Flüstern, was er da von sich gab und dadurch wurde mir auch nur elend. Was war denn passiert? Irgendjemand gestorben? Ich schmiegte mich vorsichtig an ihn, um ihm zu zeigen, dass ich für ihn da war. Am Ende dachte er noch, dass er jetzt mit seinen Problemen ganz alleine war. Momentan meinte ich ja selbst schon fast, dass er sich das einbilden würde.
 

„Was ist denn passiert?“, wollte ich nun endlich wissen, bekam aber nur ein herzzerreißendes Seufzen zu Antwort. Half mir ja wirklich ganz viel. Geräuschvoll atmete ich aus und streichelte vorsichtig über den Bauch des Größeren, der aber abrupt versuchte von mir wegzukommen. Irgendetwas stimmte wirklich nicht mit ihm, sonst würde er ja nicht so reagieren.
 

„Sag schon, was los ist“, flüsterte ich und berührte für eine Sekunde seine Wange mit den Lippen, wodurch er sich spürbar entspannte und auf einmal lächelte er sogar. Zwar nur etwas zaghaft, aber immerhin war es etwas. Vielleicht war es ja doch nicht so schlimm.
 

„Ich krieg in den nächsten Tagen Besuch...“, erwiderte er schließlich und kuschelte sich nun auch wieder an mich. Selbst stemmte ich mich etwas hoch und strich ihm vereinzelte Strähnen aus dem Gesicht, bevor ich fragte: „Und was ist daran so schlimm?“

Das hatte ich nun immer noch nicht verstanden. Besuch war doch gut oder hatte sich da in den letzten paar Wochen etwas geändert?
 

„Rate mal, wer es sein wird...“, flüsterte er da auf einmal, nachdem er sich endlich zu mir herumgedreht hatte. Es dauerte nicht den Bruchteil einer Sekunde, bis ich wusste, wer es wäre. Es konnte ja nur einen geben, durch den er in so ein Tief absinken könnte.
 

„Der wird ja wohl kaum auf dumme Gedanken kommen.“

Ich hob leicht eine Augenbraue, während Jamie leicht mit den Schultern zuckte. Das er es nicht wusste, war mir klar. Aber er hielt wohl seine Vater doch für unberechenbar, sonst würde er sein Elendsgewand hier nicht so perfekt auflegen.
 

Vorsichtig schmiegte ich mich an ihn. Es wäre jetzt wohl das Beste, wenn ich einfach für ihn da war und wenn ich mal unser Gespräch auf ein anderes Thema bringen würde. So huschte nun ein kurzes Lächeln über meine Lippen.
 

„Ich hab' Piccolo draußen getroffen und ihn auch gleich mal gefragt. Du weist schon, wegen was“, hauchte ich dem Amerikaner ins Ohr. Im ersten Moment war er sich wohl nicht mehr ganz so sicher, was ich meinte.
 

„Oh“, gab er dann aber trotzdem knapp von sich, während ich meine Wange an der seinen rieb.

„Willst du es wirklich so?“, fragte ich schließlich und könnte mir die Antwort schon denken. Wenn Picco so reagiert hatte, müsste es ja Jamie völlig abtörnen, wenn er es wirklich so machen musste.
 

„Nicht wirklich“, antwortete er auch irgendwann und es überraschte mich auch nicht mehr. „Aber es wäre mit dir sicherlich so schön...“, fügte er jedoch noch hinzu. Dass ich etwas verwirrt war, konnte man sich wohl gut und gerne vorstellen und auch Jamie war sich sicherlich darüber bewusst.
 

„Dann willst du, dass ich... äh... Das kann ich nicht. Ich würde dir nur wehtun...“

Völlig perplex sah ich ihn an, bevor er mich zärtlich küsste. Himmel, dieses Gefühl. Beinahe fühlte ich mich, wie in meinem Fieberwahn, über die letzte Woche hinweg. Aber trotzdem war es um einiges besser.
 

Seine Zunge schob sich langsam in meinen Mund und begann die meine zu umgarnen. Ganz allmählich breitete sich ein Geschmack in meinem Rachen aus, der nur so darauf schließen ließ, dass sich da etwas Falsches in mir befand. Doch es störte mich nicht. Ich wollte mehr davon.
 

Ein dünner Faden Speichel verband mich noch mit dem Größeren, als dieser sich von mir löstet. Vorsichtig biss ich diese – eigentlich – eklige Substanz ab und nahm das in mir auf, was einmal Jamie gehörte. Wahrscheinlich grinste ich gerade wie bekifft, aber das war mir ziemlich egal.
 

„Du kannst sicher noch mehr mit deiner Zunge“, raunte mir Jamie ins Ohr und im nächsten Moment umspielte die seinige meine Ohrmuschel. Hilfe, was sollte das jetzt werden? Mich vielleicht wahnsinnig machen, durch das, was er gerade tat? Wirken tat es auf alle Fälle schon!
 

Jamie's PoV
 

Es war ein verdammt idiotischer Gedanke, dass wir dieses Spielchen, dass ich seit Seans ersten Tag hier ganz anders geplant hatte, jetzt umdrehen würde. Ich konnte es mir nicht mehr vorstellen, dass mich jemand fickte und nicht umgekehrt. So recht konnte ich mich ja nicht einmal mehr an das Gefühl erinnern, dass etwas in mir war und ich dadurch zu meinem Höhepunkt kam.
 

Da glitten aber auf einmal Seans Finger an meiner Wirbelsäule entlang und glitten von hinten in meine Jeans. Überdeutlich spürte ich eine seine Fingerkuppen, als sie sich ihren Weg zwischen den Spalt meiner Arschbacken hindurch bahnte. Nur einen Moment später gab ich ein regelrecht erregtes Seufzen von mir. Leider verschreckte ich damit auch Sean. Er war doch süßer als Zucker.
 

Der kleine Waliser rutschte auf einmal ein ganzes Stück zurück und blickte mich verängstigt an. Ich beugte mich vorsichtig zu ihm und berührte seine Nase mit der meinen. Spürte er so, wie sehr es mir gefiel was er tat. Zu meinem Pech schüttelte er aber auf einmal langsam den Kopf. Wohl doch nicht.
 

„Nicht heute und nicht so“, hauchte er mir ins Ohr und stand langsam auf, bevor er ins Bad wankte. Hatte ihn jetzt seine eigene Tat so aufgewühlt? Es könnte ja eigentlich gut und gerne sein, immerhin war er doch komplett ungeübt. Eigentlich wusste er nicht einmal, wie es ging. Aber Übung machte doch bekanntlich den Meister.
 

Viel zu gut konnte ich mich noch daran erinnern, als ich es das erste Mal so getan hatte. Am Anfang war ich völlig in Panik, dass ich dem anderen wehtun könnte und nur zitternd konnte ich ihn überhaupt streicheln. Damals war es mein erster Zimmergenosse hier. Ein Bottom durch und durch. Erst als er mir gesagt hatte, dass ich ihm gar nicht nicht verletzten könnte, wurde ich sicherer und hatte mich getraut. Damals wurde es sogar noch schön.
 

Das könnte ja mit Sean auch nur so werden. Wenn er wollte. Ich würde ihn sicher nicht dazu zwingen und wenn er es wirklich ganz und gar nicht so machen wollte, sondern das ich eben, dann würde ich es auch tun. Aber auch nur vorsichtig. Das arme Ding war doch noch nie rangenommen worden.
 

Ein Lächeln huschte mir übers Gesicht. Ja, ich würde ihn entjungfern und dann wäre es mit seiner Unschuld dahin. Das was ihn süß machte, würde ich zerstören damit. Langsam senkte ich den Blick. Vielleicht sollte ich es ganz bleiben lassen. Im Grunde hatte Sean mich doch gar nicht verdient, er würde etwas besseres brauchen.
 

Ein Seufzen verließ meine Kehle, als sich zwei Arme um meine Schultern schlangen und zwei Lippen ihren Weg auf die meinen fanden. Das erste Mal war es der kleine Waliser, der richtig ran ging und zum ersten Mal spürte ich auch seine Zunge in meinem Mund, statt umgekehrt.
 

Leicht stupsten sich unsere Zungen an, als sich unsere Lippen schon längst wieder voneinander getrennt hatten, doch er zog die seinige bald schon wieder zurück, bevor er sich wieder zu mir setzte und seine Hand zärtlich über meine Taille glitt. Das er doch wirklich so viel Zuneigung zeigen konnte.
 

Da gab aber er auf einmal so einen kläglichen Laut von sich und wandte sich ab. Stimmte etwas nicht? War ich es vielleicht sogar? Ich setzte mich auf, wobei ich den Kopf – reumütig wie ein junger Hund – gesenkt hatte. Doch da lächelte mich Sean schon wieder zärtlich an.
 

„Zucker.“

Etwas anderes viel mir nicht bei seinem süßen Anblick ein. Dafür aber meinem Atem, er wurde schneller und mein Herzschlag erst. Ob er es hörte, wie es pochte. So oft war ich ihm schon so nah gewesen und erst jetzt zeigte mein Körper solche Reaktionen bei ihm. Lag es an dem 'Ich liebe dich'? Konnte es daran liegen?
 

„Och, Jamie...“

Zärtlich drückte er seine Lippen auf meine Nasenspitze. Schlagartig beschleunigte sich noch einmal mein Atem. Ich würde doch noch wahnsinnig werden. Leider nahm Sean meine Reaktion wohl so recht nicht war. Oder sogar etwas zu deutlich?
 

Seine Finger glitten über meine Taille, während er einige Küsse auf meinem Hals verewigte. In mir stieg die Hitze an und meine Hände begannen zu zittern. Hilfe! Jetzt drehte ich wirklich durch.
 

„Zu mir würdest du jetzt wohl sagen, dass ich locker bleiben soll“, flüsterte mir der Kleine ins Ohr, bevor er mir knapp darunter einen Kuss gab. Nur eine Sekunde später lagen meine Arme um seine schmalen Schultern und er kicherte leise. Doch abrupt löste ich mich wieder und Sean blickte mich etwas irritiert an.
 

„Ich dreh noch eine Runde...“

Kurz fuhr ich mir durchs Haar und stand schon einen Moment darauf auf den Beinen, um nach draußen zu gehen, doch der Kleinere hielt mich auf. So schnell konnte ich nicht einmal schauen, wie er aufgesprungen war und sich an meinen Arm klammerte.
 

„Jetzt bleib schon hier!“, maulte er und zog mich wieder zurück aufs Bett. Wirklich wehren wollte ich mich auch nicht, weswegen ich es einfach zuließ, dabei hätte ich gerne noch etwas meine Ruhe, immerhin lief momentan alles ein wenig falsch in meiner Birne. Das Gefühlschaos war auf alle Fälle perfekt.
 

Zärtlich nahm mich Sean in den Arm und binnen weniger Minuten nickte ich ein wenig ein. So entging mir nur fast, was sich der Waliser erlaubte. Wurde er jetzt doch mal endlich richtig offen?

Ihn treffen oder nicht?

Kapitel 47 – Ihn treffen oder nicht?
 

Sean's PoV
 

Ich konnte es mir nicht verkneifen und immerhin musste ich ihm doch irgendwie wieder das zurückgeben, was er mir heute schon gegeben hatte. Dieses wunderbare Gefühl. Nur drückte er da meine Hände von seinem Schritt weg. Was war denn?
 

„Hör bitte auf...“, flüsterte er und klang so unsicher und verletzlich. Dadurch, dass sein Vater in den nächsten Tagen kommen würde, war er wohl ganz schön durch den Wind. Wäre ich wohl auch und wahrscheinlich sogar noch extremer als er, vor allem wenn er das Gleiche mit mir gemacht hätte, wie Jamies mit ihm.
 

Ich wiegte den Größeren leicht in meinen Armen hin und her, nur damit er wieder einschlafen konnte. Die Ruhe würde ihm sicherlich etwas gut tun. Und immerhin müssten wir morgen wieder zum Unterricht, nach einer Woche hätten wir wohl viel verpasst, auch wenn zumindest Piccolo uns gelegentlich mal etwas vorbei brachte. Er schnorrte sich ein bisschen bei unseren Mitschülern durch, damit er den Stoff der Stunden bekam. Irgendwie nett von ihm, gerade da er ja wohl auch genügend selbst zu tun hätte, gerade mit Max.
 

Ein Lächeln schlich sich auf meine Lippen. Die beiden hatten doch wirklich Glück miteinander und wie es aussah, erwiderte Max doch sogar die Gefühle des Italieners. Sonst hätte er ja auch nicht mit ihm geschlafen und Piccolo wäre wohl auch nicht so glücklich gewesen. Im Grunde war er die pure Freude gewesen.
 

„Ich liebe dich...“, murmelte da auf einmal Jamie, bevor er sich eng an mich kuschelte und scheinbar schon einen Moment später in süße Träume versunken war. Hoffentlich waren sie auch wirklich süß, denn einen Albtraum könnte er jetzt wirklich nicht gebrauchen.
 

Vorsichtig schmiegte ich mich auch etwas an ihn, aber auch nur, um auch etwas schlafen zu können. Jamie war aber auch besser als jeder Teddybär, denn die waren nicht so mollig warm und sie hatten keinen Atem, der mein Haar so angenehm in Bewegung versetzten konnte. Wohl oder übel waren sie – seelisch – auch nicht so verletzlich wie Jamie. Ich hätte mir ja eigentlich nie träumen können, dass er so zerbrechlich war.
 

Da hörte ich nur, wie die Zimmertür geöffnet wurde und ich richtete mich langsam auf.

„Bleiben Sie nur liegen“, meinte Mr. Greenwald zu mir und verstärkte seine Aussage nur noch mit einer knappen Handbewegung. Etwas zaghaft nickte ich. Was wollte er denn jetzt? Mit Jamie hatte er doch sicherlich schon genug geredet.
 

Da schlang auch schon der seine Arme um meine Hüfte und zog sich – wohl oder übel im Schlaf – wieder etwas näher zu mir. Kurz blickte ich zu ihm und ein Lächeln huschte über meine Lippen, bevor ich mich wieder an den Lehrer wandte.
 

„Ich wollte nur einmal nach Ihnen beiden sehen... Scheint ja, als ob es mit dem Unterricht morgen wieder klappen würde.“

Langsam nickte ich nur, bevor ich Jamie vorsichtig über die Wange strich. Und deswegen störte er uns also, war ja wunderbar.
 

„Sie wissen von Hunts Besuch?“

Damit wurde ich wieder aus meinen Gedanken gerissen und hob langsam den Blick wieder, bevor ich leise bejahte. Eigentlich wollte ich gar nichts davon wissen, denn dadurch war ich mir nur darüber ihm klaren, was ihn so fertig machte.
 

„Er hatte ziemlich gereizt reagiert, als ich es ihm gesagt hatte. Wissen Sie vielleicht wieso?“

Verwirrt blickte ich den Lehrer an, als er das sagte. Toll, sollte ich jetzt etwas ausplaudern oder nicht? Was wäre wohl besser für Jamie? Zaghaft sah ich wieder zu ihm hinunter und strich ihm vorsichtig eine Strähne aus dem Gesicht, dann schüttelte ich schließlich den Kopf. Der Amerikaner würde es sicher nicht wollen, wenn ich so etwas erzählte.
 

Dennoch wurde ich von Greenwald recht misstrauisch angeblickt. Wusste er, dass ich nicht die Wahrheit sagte? Woher sollte er das aber wissen?
 

„Smith, reden Sie schon! Ich arbeite hier lange genug, um zu wissen, wann die Schüler lügen. Also, könnten Sie jetzt!“

Toll, hatte er es also wirklich etwas bemerkt, dass hätte ich mir ja denken können. Trotzdem schüttelte ich langsam den Kopf, darüber durfte ich nicht reden. Nicht ohne Jamies Erlaubnis. Ich wollte es auch jetzt nicht mehr darauf anlegen, dass er mich wegen so etwas hassen könnte, nur weil ich die Klappe nicht halten konnte.
 

„Zwingen kann ich Sie wohl nicht dazu. Aber könnten Sie ihn nicht vielleicht dazu bringen, dass er hingeht. Es wäre wohl sicherlich gut, wenn er sich einmal wieder mit seinem Vater unterhält. Drei Jahre sind eine lange Zeit.“
 

Ich senkte den Kopf und murmelte: „Nicht lang genug, um etwas zu vergessen...“

Ob er es gehört hatte, wusste ich nicht, aber es sah nicht so aus, als ob es so gewesen wäre. Zumindest erwiderte er nichts, dann musste ich mich aber zumindest auch nicht rechtfertigen, was ich damit meinte. Denn dann müsste ich wohl etwas erzählen von dem, was ich nicht durfte.
 

„Sie beide wollen wohl noch etwas Ruhe.“

Langsam stand der Lehrer auf.

„Und bitte versuchen Sie ihn davon zu überzeugen“, meinte er noch, bevor er uns wirklich zufrieden ließ. Leise seufzte ich und legte mich schließlich wieder neben Jamie. Ich war ein braver Junge gewesen und hatte nichts erzählt, ob ich dafür irgendwann eine Belohnung kriegen würde.
 

Ich schlang die Arme um den Größeren und irgendwie war es gerade zu verwunderlich, dass er nicht wach wurde. Sonst merkte ich es aber auch nicht, dass er so einen tiefen Schlaf hatte. Obwohl, durch meine flüchtigen Küsse war er ja auch nicht wach geworden. Vielleicht war ich aber auch viel zu vorsichtig, viel zu zaghaft.
 

Ganz langsam näherte ich mich wieder mit meinen Lippen den seinigen. Erneut vereinigte ich sie zu einem Kuss und bemerkte schon bald, wie sich seine Zunge in meinen Mund schob. Dann hatte ich ihn also geweckt, doch es störte mich sogar nicht. Mehr war es mir wichtig, dass er den Kuss erwiderte.
 

Abrupt spürte ich, wie seine Hände unter mein Shirt glitten und leicht über meinen Oberkörper fuhren. Zaghaft löste ich mich von ihm und sah an mir herunter. Scheinbar verstand er auch bald, dass er doch bitte aufhören sollte, mir ging das alles auf einmal alles etwas zu schnell. Lieber wollte ich das alles etwas langsamer.
 

Vorsichtig legte der Größere die Arme um mich, bevor er sich dann aber schon einen Moment später von mir löste und aufstand. Und jetzt? Etwas hilflos stand er einmal mehr an diesem Tag mitten im Zimmer. Irgendwie passte es gar nicht zu ihm, wie er gerade aussah.
 

Leise seufzte ich.

„Du willst also dann nicht hingehen, wenn er wirklich kommt?“

Als Erwiderung schüttelte Jamie nur den Kopf und das auch noch ohne sich zu mir umzuwenden. War ich es dann nicht einmal mehr wert, dass er mich ansah? Wahrscheinlich war es so.
 

Langsam stand ich nun auch auf und legte vorsichtig die Arme um den Amerikaner.
 

Jamie's PoV
 

Wieso sollte ich mit meinem Vater reden wollen? Was hätte ich schon für einen Grund? Er hatte sich die letzten Jahre über doch auch nicht für mich interessiert und jetzt, wo es mir wohl mit Sean gut gehen würde, kam er wieder an und wollte mich besuchen. Pah, sollte er doch bleiben wo der Pfeffer wächst.
 

In mir kochte alles, nur von außen her wirkte ich dagegen wohl völlig aufgewühlt. Und das war ich auch. So recht wusste ich gar nicht, was ich davon halten sollte, dass er jetzt hier aufkreuzen wollte. Könnte es sein, dass ich mit heim kommen sollte? Das könnte er sich sicherlich abschminken! So bald ging ich nicht mehr von Sean weg. Nicht jetzt gerade!
 

Abrupt sackte ich zusammen und riss Sean mit zu Boden. Was war denn jetzt los?

„Ist nur der Stress...“, hauchte mir der Kleinere ins Ohr, bevor er mich zärtlich auf die Wange küsste.
 

Es war sicher nur mein Stress. Innerlich lachte ich mich aus. Natürlich, ich und Stress. So etwas kannte ich ja gar nicht, dafür ging ich doch alles viel zu locker und gelassen an. Ja, ob irgendetwas fertig wurde in einer vorgegebenen Zeit war mir doch eigentlich meistens wirklich schnurz egal. Sollten doch andere wegen mir länger arbeiten.
 

Der Engländer legte mir eine Hand auf die Backe, weswegen ich sofort zu ihm sah. Prüfend blickte er mich an. Was war denn?
 

„Ich hoffe mal, du kriegst nicht wieder Fieber“, murmelte er auf einmal und erhob sich wieder. Nur einen Moment später half er auch mir hoch. Ich fühlte mich so ziemlich gesund, also müsste er sich sicherlich keine Sorgen machen. Stark war ich doch. Obwohl, eigentlich ja nicht. Aber egal. Sean half mir doch.
 

„Leg dich bitte noch etwas hin“, trug mir der Kleine auf, „du willst doch morgen wieder fit sein.“

Etwas zaghaft nickte ich und zog die Augen leicht zusammen, bevor ich auf den Hacken kehrt machte und ganz brav gehorchte.
 

Konnte es sein, dass wir wirklich die Rollen getauscht hatten. Sonst war doch ich immer der gewesen, der sich ganz fürsorglich um ihn gekümmert hatte und mir Sorgen machte und jetzt kam es mir auf einmal so vor, als ob er das komplett übernommen hatte. Immerhin wirkte er auch plötzlich um so viel stärker als ich. Zwar nicht körperlich, aber auf alle Fälle seelisch.
 

Leise seufzte ich, als ich wieder auf mein Bett sank und mich dort leicht zusammenrollte. So recht wusste ich nicht, was ich tun sollte. Wäre es vielleicht doch gut, wenn ich mit ihm redete? Möglicherweise hatte er sich ja geändert und wollte sich sogar bei mir für diese ganze Sache damals entschuldigen. Nein, dass würde er nicht, immerhin war er sich darüber gar nicht im Klaren, dass er mir damals wehgetan hatte.
 

Ich machte mich noch kleiner, da setzte sich Sean neben mich und strich mir vorsichtig übers Haar, so konnte sogar ich mir ein kurzes Lächeln entlocken. Zaghaft drehte ich mich auf den Rücken und blickte zu dem Kleineren auf, der mich mitleidig ansah.
 

„Hör auf, so zu schauen.“

Ich schlag die Arme um seinen Hals und zog ihn zu mir herunter, um ihn vorsichtig zu küssen, doch abrupt löste er sich wieder von mir. Kurz zog er die Mundwinkel hoch, bevor er meinte: „Erst musst du dich mal richtig beruhigen.“
 

„Du bist der Tod jedes Diabetikers, Sean“, murmelte ich und drückte den Blonden noch etwas mehr an mich. Man konnte ihn ja nur als verdammt süß bezeichnen, wie er jetzt so in meinen Armen lag und sich einfach so etwas umschnurren ließ. Gerade da ich genau das tat. Immer wieder gab ich leise dieses Geräusch von mir, das eine Katze von sich gab, wenn ihr etwas gefiel.
 

„Na, Mitze“, säuselte mir Sean ins Ohr und berührte für einen Moment meine Wange mit seinen Lippen, da wurde es mir schon um ein paar Grad heißer. Ich spürte seinen warmen Atem auf meiner Haut und dort begann es ganz leicht zu prickeln. Am liebsten wäre es mir, dass es nie enden würde. Auf ewig so bei dem kleinen Engländer liege.
 

Auf einmal krallten sich seine Finger in mein Shirt und seine Lippen berührten den Stoff auf Höhe meiner Brustwarzen. Ich spürte, wie mein Oberteil leicht nass wurde, als seine Zunge es berührte. Da schob ich ihn aber auf einmal ein Stück weg und blickte ihn durchdringend an.

„Du wolltest so was doch auch nicht“, murmelte ich und kuschelte mich im nächsten Moment schon etwas an ihn. Mehr war mir gerade einfach nicht wichtig.
 

„Ich fühl mich gerade richtig wohl...“, murmelte ich und küsste den Kleineren kurz, bevor ich ihm vorsichtig über den Rücken glitt. Irgendwie war der viel zu schmal, so könnte er sich doch nie verteidigen. Müsste ich das vielleicht für immer tun? Gerne machte ich es aber trotzdem.
 

„Da bist du nicht der Einzige“, hauchte mir Sean ins Ohr, dabei klang seine Stimme noch reiner, als sie sonst sowieso war. Leise kicherte ich. Konnte es sein, dass ich schwer verliebt war? Irgendwie etwas richtig Neues für mich. Ich kannte dieses Gefühl so recht gar nicht, bis jetzt gab es das einfach nicht in meinem Leben. War ich noch nie verliebt? Könnte das sein? In den letzten drei Jahren hatte ich doch mit so viel Sex und nie hatte ich dabei etwas empfunden. War es so? Fast war es so, als ob es mir erst jetzt klar werden würde. Aber hatte ich denn nicht einmal bei Piccolo etwas gespürt? Süß fand ich ihn ja schon, doch sonst war irgendwie nie etwas. Er war nur ein Freund, einer mit dem ich es eben getrieben habe. Mehr war er nie für mich gewesen.
 

„Geht's dir gut?“, fragte Sean und wieder sah er so besorgt aus. Was sollte ich jetzt sagen? Das alles okay wäre? Nein, ich wollte ihm nichts vormachen oder gar anlügen. Langsam schüttelte ich deswegen den Kopf. Aber was jetzt? Er wollte sicher wissen, was los war, womöglich hätte ich doch nicht die Wahrheit sagen sollen.
 

Aber dann fragte er doch nicht weiter, sondern wiegte mich nur leicht im Arm, wodurch ich mich wieder so wohl fühlte. Es war, als ob Tausende von Schmetterlingen in meinem Bauch herumfliege würden und sie schlugen immer wieder mit ihren Flügeln gegen meine Magenwand, wodurch es ganz leicht in meiner Körpermitte kribbelte. Und es war gut.
 

„Schlaf noch ein wenig“, meinte der Engländer und gehorsam machte ich es mir etwas bequemer und schloss die Lider. Doch ich konnte nicht einschlafen, irgendetwas hielt mich wach. Nur wusste ich nicht, was es war.
 

Leicht öffnete ich die Augen wieder und kuschelte mich eng an Sean. Was hatte sich eigentlich an unserer Beziehung seit dem geändert, dass ich 'Ich liebe dich' gesagt habe? War es mehr, als dass er jetzt wirklich die aktive Rolle übernommen hatte? Aber ich wollte nicht passiv sein. Ganz bestimmt nicht. Sich ficken lassen gehörte zu keiner meiner Optionen.
 

Zaghaft legte ich die Arme um den Kleine und sog seinen Duft tief in mich auf. Leichter Schweiß und das Aroma eine Deos, irgendwas Kirschiges, passte zu ihm.

„Jamie, lass deine Nase von meinem Hals! Das kitzelt!“, murrte da der Blonde aber schon mehr oder weniger im Halbschlaf. Zu süß. Ob ich es jetzt wagen sollte und würde er es zulassen? Dann wohl lieber nicht.
 

„Mach ich doch schon“, flüsterte ich ihm ins Ohr und schmiegte mich auch nur einen Moment später an ihn, bevor ich auch nur einen Augenblick darauf eingenickt war. Dadurch, dass Sean auch einschlief, verpassten wir das Abendessen, aber so recht interessierte es uns nicht, als wir irgendwann gegen acht Uhr abends aufwachten.

Zusammen?

Kapitel 48 – Zusammen?
 

Sean's PoV
 

„Na, heute wieder Unterricht“, meinte ich gerade zu freudig, die letzte Woche war langweilig, anders konnte man es nicht ausdrücken. Auch wenn wir eben recht viel geredet hatten, über Sachen, die wir sonst nicht erzählen würden. Aber trotzdem ging uns manchmal der Gesprächsstoff aus und dann lagen wir nur beieinander und schwiegen uns an. Jetzt würde sich das ja auf alle Fälle wieder ändern, wir durften wieder zum Unterricht gehen.
 

„Ich hab keine Lust“, war jedoch die knappe – und recht gereizt klingende – Antwort des Amerikaners, der sich in seinem Bett – in dem ich noch vor einem Moment mit gelegen hatte – wieder zusammen rollte und jetzt wohl schmollte. Was war denn los? Lag es etwa immer noch an der Tatsache, dass er jetzt Besuch von seinem Vater bekam, den er gar nicht haben wollte? Nicht einmal Jamie konnte so kindisch sein.
 

„Komm, steh auf! Ein bisschen Lernen bringt dich auf andere Gedanken.“

Ich zog ihn etwas mühsam am Arm hoch und wurde auch gleich von einem traurigen Gesichtsausdruck empfangen.

„Lass uns doch noch mal blau machen... Fällt doch keinem auf.“

Wenn er jemanden zu etwas überreden wollte, dann redete er immer mit so einem süßen Tonfall, als ob er ein Engel wäre. Vielleicht war er so einer auch irgendwann einmal. Nur jetzt nicht mehr.
 

„Lohnt sich doch nicht.“

Mit einem Lächeln wollte ich übermalen, dass er mir Leid tat. Sein Blick war der eines geprügelten Hundes, anders konnte man ihn gar nicht beschreiben.
 

Vorsichtig schmiegte ich mich etwas an den Größeren, der sofort die Arme um mich schlang und gerade zu an mir Halt suchte. Die ganzen Wochen über, hatte er immer so stark getan und jetzt bemerkte ich erst, wie schwach und zerbrechlich er war. Seine Seele war schon längst bis an das Maximum gequält worden und eigentlich konnte es doch gar nicht mehr schlimmer werden.
 

Ziemlich unbeholfen löste ich mich wieder von ihm.

„Ich geh schnell duschen. Okay?“

Nur langsam nickte er auf meine Frage und setzte sich nun auch endlich komplett auf. Fast schon verwirrt wanderte sein Blick durchs Zimmer. Man könnte meinen, er wüsste nicht, wo er war.
 

Ich verzog mich schließlich ins Bad und nachdem ich mich entkleidet hatte, stellte ich mich auch gleich unter die Dusche. Wenn ich immer so eng bei Jamie schlief, schwitze ich nachts wie ein Tier. Eigentlich konnte es bei ihm gar nicht anders sein.
 

Wirklich mitbekommen tat ich es nicht, wie jemand noch in den Raum kam, erst als ich sanft umarmt wurde, nahm ich es wahr. Mit zitternden Fingern liebkoste Jamie meine Brustwarzen, da legte ich aber schon meine Hände auf die seinen. Abrupt verharrte er in seinem Tun und legte seinen Kopf auf meine Schulter. Zaghaft drückte er sich an mich, wodurch mir ein kalter Schauer über den Rücken jagte.
 

Seine starke Brust drückte gegen meinen schmalen Rücken und ich meinte fast, dass ich jeden seiner Muskeln spüren könnte, jeden Zentimeter seiner Haut. Seine Arme schlangen sich auf einmal um mich und drückten mich enger an ihn. Nie wieder wollte er mich loslassen, genau so fühlte es sich für mich an.
 

Scharf sog ich die Luft ein, als seine Lippen meinen Hals berührten und er nur einen Moment später heftig daran saugte. Als sich seine Finger auf meinen Brustwarzen wieder fanden, konnte ich mir ein leises Keuchen nicht verkneifen. Was sollte ich jetzt tun? Alles über mich ergehen lassen? Ich wusste ja nicht einmal, was er überhaupt vorhatte. Nur ein wenig Fummeln oder mehr?
 

„Sean…“, flüsterte er auf einmal, „du bist süß…“

Ein Lächeln huschte über meine Lippen. Also würde es wohl nicht mehr werden, nur ein Knutschfleck, den ich wohl nicht einmal verstehen würde. Jeder sollte ihn sehen, war ja auch an einer recht sichtbaren Stelle.
 

Abrupt schlang Jamie die Arme um meine Taille und zog mich zu sich. Leicht – kaum spürbar – zitterte er. Dann war wohl das kalte Wasser für ihn eigentlich auch nicht wirklich etwas. Leicht biss ich mir auf die Zungenspitze, bevor ich mich langsam zu ihm herum drehte. Zaghaft wanderte mein Blick an ihm hinauf, bis wir uns ansahen und ich mühsam versuchte zu lächeln. Da tat er es aber auch schon ganz leicht, wodurch es mir auch nicht mehr schwer fiel.
 

„Lass uns, uns abtrocknen und dann zum Unterricht gehen… Frühstück können wir ja ausfallen lassen. Oder hast du Hunger?“

Er schüttelte sofort den Kopf und machte auch schon einen Moment später auf den Hacken kehrt, nachdem er mich wieder losgelassen hatte.
 

Binnen weniger Minuten waren wir fertig zum Gehen, doch wir hätten eigentlich noch Zeit. Aber jetzt trieb Jamie, er wollte wohl doch endlich mal wieder raus aus der Bude. Die Langeweile plagte ihn wohl schon – War bei mir auf alle Fälle so.
 

Sein rechter Arm lag um meine Taille, mein linker um seine Schultern. Wenn gerade wohl nicht so gut wie alle beim morgendlichen Essen gewesen wären, dann hätte es einige mehr verwunderte Blicke gegeben. Was war aber denn schon so ungewöhnlich an uns?
 

„Ich will dich ja nicht in Verlegenheit bringen“, hauchte mir da Jamie auf einmal ins Ohr und löste sich wieder von mir. Mich überkam eine bedrückende Leere und ein Gefühl breitete sich in mir aus, als ob er gar nicht mehr in meiner Nähe wäre. Mein Gesicht verzog ich, als hätte ich Angst. Trotzdem kam er nicht wieder näher zu mir. Was war denn los?
 

Die ersten paar Stunden verbrachte ich fast komplett geistig abwesend. Mein Blick war über eine ganze Weile aus dem Fenster gerichtet oder gelegentlich auch mal auf die Tafel. Doch ich las nicht was gerade von unserem Lehrer darauf geschrieben wurde, sondern blickte gerade zu hindurch. Unterricht war wohl doch nicht das Richtige für uns – oder eher für mich.
 

Missmutig stand ich später im Speisesaal und betrachtete mein Mittagessen. Ob das wohl immer so unappetitlich ausgesehen hatte? Ich war mir da ja nicht so sicher.
 

„Hey, Kleiner! Auch mal wieder da? Wo hast du deinen Jamie gelassen, die alte Rennsau?“

Ich konnte gar nicht so schnell schalten, wie mich da auf einmal jemand zu sich zog und es war nicht einmal Picco. Von dem hätte ich ja so etwas gerade noch erwartet. Mühsam konnte ich mich von dem jemand wieder befreien und erst einmal schauen wer es war.
 

Verwundert zog ich die Augenbrauen zusammen.

„Hi… Kenji…“, murmelte ich und war wieder genauso schlecht drauf, wie noch vor wenigen Sekunden. Irritiert hob der Japaner eine Augenbraue und blickte mich nun prüfend an. Und jetzt? Was dürfte ich mir anhören?
 

„Recht fit siehst du ja noch nicht aus.“ – Vorsichtig legte er mir eine Hand auf die Stirn. – „Bist aber überhaupt nicht warm. Na ja…“

Eine tiefe Furche bildete sich auf seiner Stirn und es sah so aus, als ob er angestrengt nachdenken würde.
 

Da sank auf einmal Jamie geben über von mir und seufzte auch schon herzzerreißend. Kenjis Blick schweifte auch abrupt zu ihm.

„Der Unterricht ist so was von scheiße“, grummelte Jamie, als ich mich gerade dazu entschlossen hatte, dass ich doch zum Essen anfangen könnte.
 

„Hui… Du bist ja heute mal gut drauf.“

Kenji machte es sich auf seinem Stuhl etwas bequemer und blickte Jamie etwas – wie sollte man es ausdrücken – spitzbübisch an.
 

Jamie’s PoV
 

Dieser… Arsch. Musste der mich gerade jetzt nerven? Ich war nicht in der Stimmung mich mit Kenji herumzuschlagen.
 

„Komm, schau nicht so böse… Ich bin ja schon wieder weg. Wollte ja nur mal schnell Sean Hallo sagen.“

Zum Glück hielt er sein Versprechen und verzog sich. Somit war ich mit Sean alleine, sicherlich lag es an mir, dass sich keiner zu uns setzen wollte. Ich war ja so ein gemeines Monster.
 

Gelangweilt stützte ich meinen Kopf auf einen Arm. Wieso um alles in der Welt hatte ich mir überhaupt etwas zum Essen geholt? Richtig Hunger hatte ich nicht, dabei müsste ich. Gestern Mittag – oder so – hatte ich das letzte Mal etwas gegessen und auch da war es nicht wirklich viel. Eigentlich sollte ich sterben vor Hunger.
 

„Jamie, komm schon, iss was.“

Langsam hob ich den Blick zu Sean, irgendetwas stimmte nicht mit ihm. Seine Finger glitten über den Tisch zu meiner Hand und zog sie leicht zu sich hin. Lustlos begann ich schließlich zu essen, irgendwas musste ich wohl doch im Magen haben. Zusammen klappen wollte ich ja nun auch nicht wieder. So oft würde mir das wohl nicht gut bekommen.
 

Der Unterricht war trotzdem weiterhin bescheiden. Das erste Mal wieder seit Jahren kam es mir sinnlos vor, dass ich überhaupt noch versuchte etwas zu lernen. Mir kam gerade alles so ziemlich nutzlos vor, nur eines war noch etwas wehrt und das kuschelte sich gerade an mich.
 

„Du bist schön warm“, summte Sean und drückte mich behutsam ins weiche Gras. Zumindest hatten wir ja noch etwas Freizeit und konnten es uns da gut gehen lassen. Wie weit man es eben als gut bezeichnen konnte. Was konnten wir auch viel machen? Wenn man uns gleich eingesperrt hätte, wäre es wohl das Gleiche, da würden wir auch nicht um viel mehr als den Gefängnishof zu sehen bekommen, wenn wir mal raus durften.
 

Ich raffte mich hoch, als ich Sean von mir herunter geschoben hatte. Verwirrt sah er mich an und so recht war ich mir auch nicht im Klaren, was ich jetzt tun wollte. Langsam wanderte mein Blick wieder zu dem Kleineren.
 

„Na bleib hier, wir haben noch eine ganze Weile heute Zeit.“

Ja, heute würden wir noch etwas Zeit haben, etwas, was wir sonst nicht hatten. Aber die Temperaturen waren wohl gestiegen und dafür wurde der Unterricht etwas früher beendet. Hitzefrei sozusagen. Leider musste es dafür wirklich heiß werden. So oft kam das eben nicht vor, auch wenn wir mitten in der Wüste waren.
 

Langsam sank ich wieder neben Sean zusammen, da kuschelte dieser sich aber auch schon wieder an mich. Was doch so eine Woche ausmachte in der wir nur uns zwei hatten. Ich genoss seine Nähe und Fürsorge, je länger er bei mir war, umso besser fühlte es sich für mich an.
 

Leicht streichelte ich den Kleineren am Hals, während dieser es sich neben mir gut gehen ließ. Butterweiche Haut musste er haben, so fühlte sie sich für mich an. Was hatte er nur gemacht, dass sie so angenehm wurde?
 

Vorsichtig drückte ich Sean etwas von mir weg und drehte ihn dann noch auf den Rücken. Etwas verwirrt blickte er mich an, als ich mich über ihn beugte. Millimeter für Millimeter kam ich seinen Lippen mit den meinigen näher, doch ich wagte es nicht ihn zu küssen. Zu so etwas war ich doch wirklich nicht in der Lage.
 

„Tu es einfach“, flüsterte da auf einmal Sean und schlang die Arme um meine Schultern, wodurch ich abrupt ein Stück weiter nach unten gezogen worden war. Meine Lippen lagen auf den seinen und er hatte ganz leicht den Mund offen, das spürte ich. Vorsichtig schob ich meine Zunge in seinen Mund um seine zärtlich zu verwöhnen. Seine Finger vergruben sich in meinen Haaren.
 

Zaghaft löste ich mich schließlich wieder von ihm. Sein Blick wirkte etwas vernebelt, als ob er getrunken hätte. Vielleicht war das gerade ja auch wie Alkohol für ihn. Zärtlich berührte ich noch einmal kurz seine Lippen, bevor ich mich wieder aufsetzte und er es mir dann nach wenigen Minuten auch gleich tat. Nur einen Moment später lag sein Kopf an meiner Schulter. Ein tiefes Seufzen verließ seine Kehle und sofort hob ich eine Augenbraue. Was war denn los?
 

„Sind wir jetzt zusammen oder so was ähnliches?“, fragte er und blickte scheu zu mir auf.

„Liebst du mich?“, antwortete ich mit einer Gegenfrage. Es dauerte einen Augenblick, bevor er zaghaft nickte und sich schließlich wieder an mich schmiegte.

„Dann sind wir wohl… zusammen…“, hauchte ich.
 

Lang war es her, dass ich so etwas zu jemand gesagt hatte. Irgendwann vor Jahren das letzte Mal, zu einem, den ich nicht einmal richtig liebte. Bei Sean war es anders, zumindest hoffte ich das. Ich war mir noch nie sicher, ob ich wirklich für jemand etwas empfinden konnte, was man als Liebe bezeichnete. Meine Gefühle einem anderen gegenüber hatten sich in den letzten paar Jahren ziemlich aufgelöst. Ich konnte es einfach nicht oder war mir nicht sicher, ob es wirklich genau dieses Gefühl war.
 

Vorsichtig nahm ich Sean in den Arm und drückte ihn behutsam an mich. Zumindest er hegte eine Empfindung gegenüber mir. Gerade gegenüber mir, dem, der sich hier durch fremde Betten fickte. Und wieso? Weil ich etwas suchte. Etwas, das ich bei Sean gefunden hatte. Wäre er nur früher schon zu mir gekommen.

Viel zu kurz

Kapitel 49 – Viel zu kurz
 

Sean’s PoV
 

Das Klopfen an der Tür riss uns wohl beide aus dem Schlaf und anfänglich hielt mich auch Jamie zurück aufzustehen. Irgendwann hatte ich mich dann doch von ihm befreit. Kurz schweifte mein Blich auf den Wecker. Kurz vor acht. Wir müssten ohnehin gleich aufstehen.
 

Langsam schlurfte ich zur Tür und musste dann feststellen, dass uns da Mr. Greenwald geweckt hatte. Ich wollte gar nicht wissen, was er wollte. Viel lieber wäre mir das Bett mit Jamie.
 

„Ist Mr. Hunt auch hier?“, fragte der Lehrer, als er mich etwas knapp begrüßt hatte. Ich wandte mich um und wollte schon Jamie rufen, doch er stand längst hinter mir und legte gerade die Arme um meine Schultern. Er war ja gerade zu kuschelwütig. Eigentlich wollte ich mich aus seiner Umarmung wieder befreien, doch er ließ mich einfach nicht los.
 

„Komm, lass mich los“, hauchte ich und endlich ließ er von mir ab. So konnte ich mich wieder zu dem Lehrer umwenden.

„Ist anwesend“, meinte ich, wobei ich auch schon wieder spürte, wie Jamie seine Arme um meinen Bauch legte und ich mir erst jetzt bewusst wurde, was wir überhaupt anhatten. Nicht mehr als Shorts. Die Schamesröte stieg in mir hoch. Shit.
 

„Ihr Vater...“

Es reichte völlig aus, um zu wissen, was los war. Abrupt machte Jamie auf den Hacken kehrt und ich hörte nur noch, wie er sich wieder in sein – oder war das jetzt schon unser – Bett verkroch. Könnte jetzt sicher dauern, bis der da wieder raus kommen würde.
 

Überdeutlich seufzte Mr. Greenwald. Wenn Jamie ihn jetzt zur Weißglut treiben wollte, dann hätte er das sicher bald geschafft. Eigentlich war es auch nicht schwer gerade unseren Mathelehrer sauer zu machen.
 

„Ich schau mal nach ihm...“, murmelte ich und tapste auch nach hinten. Jamie hatte sich die Decke über den Kopf gezogen und zusammen gekauert. Könnte wohl wirklich länger dauern, bis man ihn da wieder raus kriegen würde.
 

„Hey, du wolltest doch hingehen. Oder?“

Leicht stupste ich den Größeren an, doch ich bekam keine Reaktion. Nicht einmal der kleinste Zucker. Leise seufzte ich und zog nun etwas ruppig an der Bettdecke.
 

„Du wolltest!“, zischte ich, half nur nichts. Und jetzt? Ich setzte mich neben ihn auf die Bettkante und fuhr mir durchs Haar. Aufstehen müsste er heute irgendwann einmal, aber darauf würde ich sicher nicht warten. Was würde es ihm aber auch helfen, wenn er sich ewig vor seinem Vater verkroch? Sicherlich weniger, als wenn er es zumindest einmal versuchen würde. Zwingen könnte man ihn aber auch zu nichts. Wenn er nicht wollte, dann war das eben so.
 

Wieder kuschelte er sich auf einmal an mich, worauf ich nur genüsslich summen konnte.

„Nur wenn du mitkommst...“, flüsterte Jamie. Für einen Moment war ich drauf und dran einfach Ja zu sagen, doch dann schüttelte ich trotzdem den Kopf.

„Einer von uns beiden muss doch zum Unterricht... Oder etwa nicht?“

Abrupt wurde Jamies Umarmung enger, beinahe meinte ich sogar, dass ich keine Luft mehr bekommen würde. Wollte er mich vielleicht erdrücken, damit er mich so mitschleifen konnte. Auf so eine dumme Idee könnte er schon kommen.
 

„Ich komm ja mit...“, gab ich fast erstickt von mir. Sicherlich tat er mir nicht mit Absicht weh, es ging einfach nur etwas mit ihm durch. Vielleicht war es auch einfach nur die Verwirrung, wieso sein Vater jetzt auf einmal hier aufkreuzte. Er war einfach nur durch den Wind.
 

Schnell zogen wir uns an und zumindest ich versuchte mir noch die Haare zu richten, Jamie war es scheinbar egal, wie sein Vater ihn sehen würde und wenn er aussah wie der letzte Penner, interessierte es ihn nicht.
 

„Eigentlich hätten sie gar nicht mit gehen müssen, Smith...“, grummelte Greenwald kurze Zeit darauf. Ich konnte mir irgendwie gerade sehr gut vorstellen, dass ich nicht mit da rein dürfte wo sich Jamie und sein Vater unterhielten. Gerade konnte ich nur hoffen, dass der dann nichts mit ihm anstellen würde.
 

Ich konnte nur einen kurzen Blick auf Jamies Vater erhaschen. Ein großgewachsener junger Mann mit denselben braunen Augen, wie Jamie. Man könnte fast meinen, sie wären Brüder und nicht Vater und Sohn. Im Gegensatz zu mir, würdigte Jamie ihm aber im ersten Moment keines Blickes. Da herrschte wohl wirklich nicht mehr sehr viel zwischen ihnen.
 

Jamie’s PoV
 

Schweigen. Mehr war nicht zwischen uns. Vielleicht wusste aber auch einfach keiner so recht, was er sagten sollte. Wir kannten uns doch gar nicht mehr. Viel zu lange war es her, dass er mich das letzte Mal gesehen hatte.
 

„Du… bist groß geworden…“

Ich schüttelte nur leicht den Kopf, als ich mich auf den Tisch beugte, der zwischen uns stand. Das Einzige, was es – außer den beiden Stühlen – noch in diesem verdammten Zimmer gab.
 

„Nicht ungewöhnlich… nach drei Jahren“, murmelte ich nur. Ich hätte etwas anderes von ihm erwartet. Das er mich fragen würde, wie es mir ging. Irgend so was. Aber doch nicht, dass ich groß geworden wäre. Klar war es so!
 

„Hübsch auch…“

Ich wandte den Kopf ab. Verdammt, ich wurde rot. Aber das durfte ich nicht. Nicht jetzt. Scheiße!

„… dabei warst du als Kind schon so schön…“

Was sollte das werden? Es sollte mit den Süßholzraspeln aufhören! So was konnte ich nicht ausstehen und er wusste das! Immerhin war das nicht erst so, seit ich hier war. Mich widerte so etwas eigentlich schon immer an, wenn es jemand bei mir machte.
 

Ich spürte seine Finger auf meinem Hals, immer noch waren sie so eiskalt wie früher. Langsam glitt er ein Stück nach unten, dann wieder rauf. Meine Haut begann zu kribbeln. Machte mich das etwa immer noch so an? Das konnte doch gar nicht wahr sein!
 

„Hör… hör auf…!“, bekam ich schließlich heraus, da war er aber schon längst zu mir herumgekommen und hielt mich mit der anderen Hand fest. Ich kam nicht mehr weg. Wieso hatte ich ihn überhaupt an mich ran gelassen? Wieso war ich überhaupt gekommen? Es war doch eigentlich nur ein Fehler gewesen und das hatte ich von Anfang an gewusst. Was war ich nur für ein verfluchter Idiot?
 

„Du bist ja wirklich immer noch mein kleiner Sohn…“

Regungslos lag ich in seinen Armen und hoffte nur, dass er aufhören würde. So recht wusste ich nicht einmal, wieso ich mich nicht einfach wehrte. Traute ich mich nicht? Was sollte er denn Schlimmeres mit mir machen? Doch abrupt ließ er mich los.
 

„Mein kleiner… williger Sohn…“, murmelte er. Was denn? Machte er sich plötzlich… Vorwürfe? Seinem Blick zu urteilen könnte das sogar so sein. Hatte er doch damals auch nicht. Ich war doch nicht mehr, als ein Stück Fleisch für ihn, über das er sich hermachen konnte. Nur sein braves Kind, das immer schön gehorchte, wenn er rief und dann gleich angedackelt kam.
 

Mühsam drückte ich mich von ihm weg.

„Ich geh dann mal…“, gab ich noch leise von mir, bevor ich gehen wollte. Er hielt mich wieder fest.
 

„Ich… ich wollte dich wieder mit nach Hause nehmen… Ich hab dir auch eine neue Mam gesucht… Du hast deine alte doch auch so sehr vermisst… Jetzt ist es zwar nicht die, aber… sie ist nett. Du wirst sie mögen.“
 

Kurz drehte ich mich noch einmal zu ihm.

„Tut mir leid…“, meinte ich und wandte mich wieder ab. Vor einigen Wochen hätte er mich noch einfach holen können, da gab es hier noch nichts Wichtiges für mich. Jetzt war es anderes. Es gab doch jemanden, der auf mich wartete und den ich nicht einfach so allein lassen konnte.
 

„Ist es wegen diesem Jungen, der vor der Tür wartet?“, wollte mein Vater auf einmal wissen. Ich antwortete nicht mehr und verließ einfach den Raum.
 

Auf dem Gang blickte ich erst etwas hin und her, bevor ich Sean entdeckte. Er saß auf dem Boden und blickte mich fragend an. Schweigend kam ich auf ihn zu und zog ihn hoch.

„Wir gehen…“, murmelte ich und wollte ihn hinter mit herziehen, doch er sträubte sich, blieb einfach stocksteif stehen. Was hatte er denn?
 

Langsam folgte ich seinem Blick und blieb an meinem Vater hängen. Na toll. Ich drehte den Kopf wieder weg und zog nun ruppiger an Seans Arm. Widerwillig folgte er mir.
 

„Was habt ihr geredet?“, wollte der Kleinere kurz darauf wissen. Wir saßen auf einer Bank in den Gängen, in denen die Zimmer der Jüngeren waren. Obwohl so recht saß ich gar nicht, eher lag ich in Seans Armen. So fühlte ich mich wohl – wohler. Nichts desto trotz antwortete ich nicht.
 

„Okay… Du willst nicht reden“, murmelte Sean einen Moment darauf. Natürlich wollte ich reden, aber nicht über meinen Vater, mit dem wollte ich ihn Ruhe gelassen werden. Zumindest für einige Zeit – eine lange Zeit.
 

Die Umarmung des Blonden wurde enger. Wollte er nicht, dass ich ihm weglief? Zaghaft schmiegte ich mich an ihn und genoss seine Wärme, Nähe und Zärtlichkeit. Sean war zumindest jemand, der das alles geben konnte.
 

„Wir… wir müssen zum Unterricht…“, murmelte ich, worauf Sean jedoch nur den Kopf schüttelte. Etwas verwirrt blickte ich zu ihm auf. Mussten wir nicht?
 

„Einmal noch schwänzen… Dann nie wieder. Okay?“

Ich nickte zaghaft. Ihm könnte sogar ich so etwas versprechen. Sean war es überhaupt Wert, dass ich ihm etwas versprach. Ich hatte ja nicht mal mehr so richtig jemand anderes, dem ich etwas beteuern müsste.
 

Langsam drückte ich mich enger an ihn. So bald würde mein Vater nicht von hier verschwinden – könnte ich mir zumindest vorstellen. Er war noch nie jemand, der irgendetwas schnell aufgab und mich sicherlich auch nicht. Viel zu deutlich hatte ich es gespürt, dass er mich wirklich mit nach Hause nehmen wollte, jedoch war ich mir gar nicht so sicher, ob er da wirklich eine Frau dann auch hätte.
 

„Wollen wir nicht zurück in unser Zimmer gehen? Hier draußen erwischt uns am Ende noch jemand…“, wollte da Sean von mir wissen und langsam begann ich zu nicken. Es lang nicht unbedingt nur daran, dass ich nicht von einem Lehrer zu dieser Zeit auf dem Gang erwischt werden wollte. Ich wollte ins Bett, hier wurde es – auch wenn ich auf Sean recht gemütlich lag – etwas unbequem.
 

„Na dann komm.“

Vorsichtig schob mich der Kleine von sich herunter und half mir schließlich auch hoch. Zaghaft versuchte er zu lächeln, dabei wirkte er so süß und hilflos. Aber war ich das nicht gerade? Hilflos… Ich konnte dieses Wort – wenn es sich auf mich bezog – einfach nicht ausstehen. Es störte mich bestialisch.
 

„Jamie…?“

Ich blickte an Sean vorbei und entdeckte Dave. Langsam torkelte ich an dem Kleinen vorbei und schlang nur – wie es mir vorkam – einen Moment später die Arme um den Lehrer. Erst jetzt spürte ich, wie meine Knie zitterten. Hatte ich wirklich solche Panik bekommen?
 

Ich spürte Seans Blick im Nacken. Spürte, dass er sich verletzt fühlte. Eigentlich wollte er mir Halt geben. Nur er wollte das. Und jetzt klammerte ich mich an unseren Lehrer. Konnte ich mich womöglich nicht zwischen den beiden entscheiden? Aber Dave bedeutete mir doch gar nichts. Ich wollte doch zu Sean. Ich liebte ihn doch. Und er mich.
 

Ja, er liebte mich. Mich! Mich verfluchten Idioten. Und so dankte ich es ihm? Was tat ich hier nur? Wieso war ich jetzt nicht bei ihm? Abrupt löste ich mich von Dave und machte wieder auf den Hacken kehrt, mit wenigen Schritten stand ich wieder vor Sean, der mich nun verwirrt ansah. Ich beugte mich nach vorne und streifte mit meinem Atem sein Ohr, was ihn zusammen zucken ließ.
 

„Lass uns gehen!“, flüsterte ich, sofort begann er zu nicken und wieder bildete sich ein zaghaftes Lächeln auf seinen Lippen und dieses Mal konnte ich es sogar erwidern. Kurz glitten meine Finger über seine Hüfte – auch das ließ ihn zusammen zucken – und ich spürte den Drang dazu. Ich wollte es jetzt tun mit ihm. Aber würde er wollen? Zwingen würde ich ihn zu nichts!
 

Vorsichtig griff ich nun nach seiner Hand und zog ihn einfach hinter mir her, direkt an Dave vorbei. Er hielt uns nicht auf. Gut so.

Wenn es gut tut

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Zweifacher Besuch

Kapitel 51 – Zweifacher Besuch
 

Sean’s PoV
 

Langsam und ausgiebig streckte ich mich. Neben Jamie war es so gemütlich – als ob mir das noch nie aufgefallen wäre. Wenn das nur noch etwas länger andauernd könnte, doch irgendjemand hatte gerade sehr große Langeweile – oder gemerkt, dass wir nicht bei Unterricht waren.
 

„Geh du…“, murmelte Jamie, nur anstatt mich aufstehen zu lassen, kuschelte er sich noch etwas enger an mich. So könnte das ein winzig kleines Problem ergeben. Aber eigentlich hatte ich auch gar keine so große Lust überhaupt aufzustehen.
 

„Wird es schon irgendwann aufgeben…“, erwiderte ich schließlich und machte es mir auch wieder etwas bequemer. Eigentlich wollte ich auch noch etwas schlafen, die ganze Sache hatte mich völlig fertig gemacht. Da fuhr ich abrupt hoch und schluckte. Wir hatten es also wirklich getan.
 

„Was ist denn los?“, grummelte Jamie, wobei er mich recht verschlafen anblickte. Nur einen Moment musste ich – wohl oder übel – rot angelaufen sein. Dieser Blick… dieser Blick…

„Gar… gar nichts…“, stotterte ich und drehte langsam den Kopf weg. Was war denn jetzt los? Schämte ich mich vielleicht?
 

Etwas unbeholfen stemmte sich Jamie hoch.

„Du warst richtig geil…“, hauchte er mir ins Ohr. Ich zuckte zusammen – überdeutlich. Musste er das denn gerade jetzt sagen? Vorsichtig schmiegte er sich an mich und ich spürte, wie seine nackte Haut auf der meinen rieb. Gerade als er mich küssen wollte, klopfte es wieder. Da zog er aber auch schon mit sich nach unten.
 

„Wir lassen uns jetzt einfach mal nicht stören“, säuselte er mir ins Ohr, bevor er dieses leicht mit der Zunge berührte. Ich fühlte mich wie elektrisiert. War das gerade irgendwie normal? Mir wurde wieder so schrecklich heiß… wie als ich… gekommen war. Ich drehte den Kopf weg und schloss die Augen. Dieser eine Moment, den würde ich nie wieder vergessen.
 

„Hab ich irgendwie bleibende Schäden hinterlassen?“

Kurz kicherte Jamie auf, dann küsste er mich – viel zu zärtlich. Längst hatte sich so manche Hemmung in mir aufgelöst, ich konnte mich ihm einfach so hingeben. Es tat so gut, was er mit mir machte. Langsam wand ich mich unter ihm, je weiter er mit seinen Lippen nach unten wanderte. Auf in die zweite Runde? Schön wär’s.
 

Ein – dieses Mal schon etwas aggressiveres – Klopfen riss Jamie aus seinem Tun.

„Der gibt wohl nie auf…“, maulte er und stand schließlich auf. Einen kurzen Blick konnte ich auf seinen nackten Körper werfen, bevor er sich anzog. Ich zog mir nur knapp die Decke über, als er an die Tür ging.
 

Ich hörte Miller und noch jemanden, aber das war nicht Jamie. Trotzdem klang die Stimme ähnlich. Vorsichtig glitt ich aus dem Bett und drückte die Decke eng an mich. Langsam schlich ich hinter Jamie her, der immer noch schwieg. Der andere Mann – wie ich jetzt erkannte – war sein Vater und er wollte ihn mitnehmen. Das könnte er doch nicht tun. Nicht jetzt.
 

„Wieso sollte ich?“, murmelte Jamie endlich. Vorsichtig legte ich die Arme um ihn und spürte, wie er zusammen zuckte, und wie mir die Decke wegrutschte. Mit festem Blick sah ich seinen Vater an, er sollte ihn in Ruhe lassen. Jamie gehörte mir. Nur mir! Es war egoistisch, aber an so jemanden wollte ich Jamie einfach nicht verlieren.
 

„Wegen ihm willst du nicht…? Hab ich recht?“

Jamie senkte den Kopf, bevor er ihn zu mir wandte. Ich schluckte. Würde er ja sagen oder mich verleugnen? Da drehte er sich aber auch schon zu mir und schob mich ein Stück zurück.

„Jamie…“, hauchte ich, nur einen Moment danach küsste er mich. Noch nie war es so innig. Ich spürte es in jeder Faser meines Körpers, ohne mich würde er von hier nie weggehen.
 

„Ganz recht!“ - So fest hatte seine Stimme schon lang nicht mehr geklungen. – „Ich liebe diesen Kleinen, damit musst du dich abfinden… Und wenn dir was daran nicht passt, dann ist das dein Problem.“

Mein Körper zitterte und selbst seine warmen Finger, die auf meiner nackten Haut lagen, konnten daran nichts ändern. Mir war auch gar nicht kalt, es war eher Aufregung. Würde sein Vater das einfach so akzeptieren?
 

„Hase, du solltest dir mal was anziehen…“

Hase? Ich lief rot an. Wieso nannte er mich so? Er könnte doch eigentlich wissen, dass mir so etwas peinlich sein könnte. Und dann auch noch vor seinem… Vater. Nutzte er mich gerade genau dafür aus? Um seinen Vater irgendwie… wütend zu machen? Nein, was dachte ich denn? Innerlich schüttelte ich den Kopf. Jamie würde doch so etwas nicht tun.
 

„Ich will nicht, dass er dich noch länger so sieht…“, hauchte er mir noch ins Ohr. Machte er sich sorgen, dass sein Vater das Gleiche mit mir machen könnte, was er mit ihm getan hat. Würde er das tun?
 

„Okay…“, erwiderte ich und machte auf den Haken kehrt. Es dauerte eine Weile, bis ich meine Sachen alle aufgesammelt hatte und immer wieder hörte ich sie reden. Ob er weiter versuchen würde Jamie davon zu überzeugen, dass er mitkam? Hoffentlich ließ er sich nicht darauf ein! Ich wollte hier nicht ohne ihn sein.
 

Ich sank aufs Bett, nachdem ich mich angezogen hatte und zog die Decke über mich. Es dauerte noch eine ganze Weile, bis Jamie zu mir kam. Er setzte sich zu mir und legte seinen Kopf an meine Schulter. Genau solche Momente genoss ich.
 

„Will er dich immer noch mitnehmen?“, fragte ich und hoffte inständig von ihm ein Nein zur Antwort zu bekommen. Doch er sagte gar nichts. Schwieg einfach nur und kuschelte sich etwas enger an mich. Sollte das heißen, dass sein Vater es weiter versuchen würde.
 

„Er soll endlich abhauen!“, fauchte ich und sprang auf. Da lächelte er mich aber auch schon an. Was war denn jetzt?

„Dachte ich es mir doch, dass du dich so aufregen würdest…“

Ich verstand nicht ganz. Blieb er jetzt oder nicht?
 

Jamie’s PoV
 

Ich hätte es eigentlich gar nicht testen müssen. Sean hätte mich nie aufgegeben. Nicht er.

„Wir geh’n von hier irgendwann zusammen weg… Okay?“

Zusammen? Irgendwie klang das seltsam. Somit durfte ich also auch bei ihm bleiben? Ganz bestimmt? Vorsichtig zog ich ihn wieder zu mir, bis er auf meinem Schoß saß. Ich legte locker die Arme um ihn und legte den Kopf schief. Wie süß er aussah, wenn er so hilflos auf mir saß. Zärtlich küsste ich ihn auf die Wange, bevor ich ihn wieder von mir herunter schob. Nur einen Moment später sank er in die Kissen zurück. Der Anblick ließ mir das Wasser im Mund zusammenlaufen, er gab sich mir doch jetzt wirklich einfach so hin. Aber ich dürfte doch so etwas jetzt nicht ausnutzen, dafür liebte ich ihn viel zu sehr.
 

Dennoch beugte ich mich über ihn und küsste ihn. Seine Finger krallten sich in mein Shirt und zogen mich mehr auf ihn. Da gab ich ihm aber nur noch einen Kuss auf die Wange und hauchte: „Lass uns doch für heute mal eine Pause einlegen…“

Ein Lächeln huschte über seine Lippen, als ob ihm genau das am Liebsten wäre.
 

Ich sank etwas schwerfällig neben ihn und legte die Arme wieder – gerade zu schützend – um ihn. Aber wie lange könnte ich das noch tun? So wirklich wusste ich nicht was war, wenn ich die Zeit hier überstanden hatte. Vor drei Jahren hatte man mir gesagt, dass ich gegebenenfalls dann keine Strafe mehr zu erwarten hatte. Aber was wenn doch? Dann würde ich Sean ziemlich lange nicht mehr sehen. Vielleicht sogar gar nicht.
 

Selbst bemerkte ich es fast nicht, wie sich Tränen in meinen Augen sammelten und mir langsam über die Wangen liefen. Wieso heulte ich überhaupt? Hatte ich solche Angst mich von Sean trennen zu müssen?
 

„Hey, was ist denn los?“ - Auch er hatte jetzt die Arme um mich gelegt. – „Du kannst doch jetzt nicht so einfach weinen!“

Er glitt mit der Zunge über meine Backe und leckte das salzige Wasser davon weg.
 

Ich kuschelte mich wieder etwas enger an ihn und schloss langsam die Augen.

„Willst du wieder etwas schlafen?“, fragte er da auch schon. Ich nickte nur vorsichtig. Bei ihm fühlte ich mich wohl. Fast schon zu wohl. Früher hatte ich das bei niemand so gekannt. Ich war als Kind viel zu oft allein und hatte – gerade von meinem Vater – einfach nicht erfahren, wie man liebt. Ein Wunder war es, dass ich Seans Gefühlte überhaupt erwidern konnte.
 

„Ich will nur bei dir bleiben…“, flüsterte ich. Langsam glitten meine Finger über seine Hüfte.

„Und will auch gar nicht von dir weg“, erwiderte er da auch schon in ähnlicher Lautstärke. Es war aber etwas, das ich gerne hörte.
 

Gerade als ich wieder in seinen Armen eingeschlafen wäre, klopfte es auf einmal an der Tür. Leicht hob ich wieder den Kopf und zwinkerte verschlafen. Mein Blick schweifte zu Sean, der etwas genervt seufzte.
 

„Dieses Mal lassen wir uns nicht stören!“, meinte er da aber schon und zog mich wieder zu sich. Seine schlanken Finger vergruben sich im Stoff meines Shirts und klammerten sich geradezu daran fest. Jetzt würde ich ihm sicher nicht widersprechen und einfach aufstehen. Ich legte vorsichtig meine Arme um ihn, während ich meine Stirn gegen die seinige drückte.
 

„Ja, dieses Mal ignorieren wir es einfach“, stimmte ich ihm schließlich zu. Doch leider wurde es etwas schwer das Klopfen zu überhören. Ich seufzte laut. Wer sollte wohl dieses Mal gehen?
 

Vorsichtig küsste ich Sean auf die Stirn.

„Ich geh schon wieder…“

Doch kaum das ich es aber ausgesprochen hatte und aufstehen wollte, drückte mich der Kleinere auch schon wieder zurück in die Kissen.

„Du bleibst schön liegen!“
 

Anständig gehorchte ich und machte es mir wieder bequem.

„Komm aber ja bald wieder“, meinte ich noch, als er mir noch einen kurzen Blick zugeworfen hatte. Es dauerte dann auch wirklich nicht lange, nur brachte er mir noch jemanden mit.
 

„Hi…“ murmelte Piccolo und wagte es kaum mich anzusehen. Was war denn mit dem los? So kannte ich ihn ja gar nicht.
 

Ich setzte mich wieder auf und blickte zwischen den beiden hin und her. Da nahm mir aber schon Sean die Worte aus dem Mund, die ich sagen wollte.

„Was ist denn los?“

Abrupt bildete sich ein zaghaftes Lächeln auf den Lippen des Italieners. Das sah schon viel mehr nach ihm aus. Doch anstatt zu antworten schlang er die Arme um Sean und flüsterte ihm etwas ins Ohr, sodass ich es nicht hören konnte. Unwissend hob ich eine Augenbraue. Ob ich es wohl auch noch erfahren durfte, was passiert war? Wäre eigentlich recht nett von meinen beiden süßen Hasen. Obwohl mir ja nur noch einer gehörte, der andere war jetzt Max’ Eigentum, wenn man es jetzt mal so ausdrücken wollte.
 

Auf Seans Gesicht entwickelte sich ein Strahlen und meine zweite Augenbraue hob sich. Durfte ich denn nicht auch erfahren, was so toll war? Ich hasste es, etwas nicht zu wissen und gerade jetzt erst recht. Sie sollten mit der Sprache rausrücken.
 

Langsam zog ich die Augen zu Schlitzen zusammen, während die beiden anderen kicherten wie die kleinen Schulmädchen. Ich gab ein Schnauben von mir und lenkte ihre ganze Aufmerksamkeit jetzt wieder auf mich. Da beugte sich aber schon Sean zu mir und küsste mich zärtlich. Mir stieg eine angenehme Wärme in die Wangen und ein viel zu schönes Kribbeln durchzuckte für den Bruchteil einer Sekunde meinen ganzen Körper. Jetzt müssten sie gar nichts mehr sagen, ich war im Moment wunschlos glücklich.
 

„Ich liebe dich“, flüsterte Sean, als er sich wieder von mir löste und ein Lächeln huschte über meine Lippen. Gerade als ich es erwidern wollte, legte er mir aber einen Finger auf die Lippen.

„Genau das hat Max gesagt…“, meinte er und mein Blick viel zu Piccolo, der noch immer übers ganze Gesicht strahlte. Deswegen also?
 

Ich legte meine Finger um Seans Handgelenk und zog es leicht von meinem Mund weg.

„Ich liebe dich trotzdem auch“, meinte ich. Überdeutlich spürte ich Piccolos Blick auf uns beiden lasten und langsam schweifte der meinige wieder zu ihm. Der Ausdruck in seinen Augen war irgendwie traurig. Was stimmte denn nun nicht?
 

Ich hob leicht eine Augenbraue, da drehte er aber auch schon den Kopf zu Seite, als ob er auf einmal etwas ganz Interessantes gesehen hatte. Was aber wohl nicht so war. Er konnte einfach nicht zusehen.

Sorgen von zweien

Kapitel 52 – Sorgen von zweien
 

Sean’s PoV
 

Piccolo konnte uns nicht zusehen. Ich spürte es geradezu, wie ihm das Herz dabei wehtat. Nur weil Max gesagt hatte, dass er ihn liebte, hieß das noch lange nicht, dass er auch so mit ihm umging. Max war einfach verschlossener mit seinen Gefühlen.
 

Langsam hatte sich Jamie von mir gelöst und jetzt die Arme um Piccolo gelegt. Irgendetwas flüsterte er ihm zu, was ich aber nicht verstand. Ich legte nur leicht den Kopf schief und sah dabei zu wie der Italiener zaghaft zu lächeln begann.
 

„Ich… ich sollte euch jetzt wohl nicht mehr stören…“, flüsterte er schließlich und raffte sich langsam hoch, nachdem er Jamie vorsichtig von sich weggedrückt hatte.

„Du störst doch nicht…“

Der Amerikaner glitt über die Finger des anderen. Irgendetwas lag da noch zwischen ihnen in der Luft. Ein Funken. Doch man sah es ihnen beiden an, dass sie den löschen sollten. Er durfte nicht mehr entfachen.
 

Abrupt zog Piccolo seine Hand zurück.

„Na ja… Aber ihr wollt doch sicher eure Ruhe… sozusagen traute Zweisamkeit…“

Nur wenige Minuten später waren wir wieder zu zweit. Ich schmiegte mich vorsichtig an Jamie. Wie konnte so etwas eigentlich so gut tun.
 

Da schreckte er sich nur auf einmal und riss mich auch meinem Halbschlaf, in den ich versunken war. Verwirrt sah ich zu ihm auf. Wollte er jetzt irgendwie körperlich aktiv werden? Hoffentlich nicht. Ich wollte noch etwas gammeln.
 

Doch unsere ach so schöne traute Zweisamkeit wurde rar unterbrochen. Fast gleichzeitig seufzten wir herzzerreißend, als es wieder klopfte. Na toll, jetzt war die traute Zweisamkeit, die uns Piccolo lassen wollte, schon wieder zerstört worden.
 

Mühsam stand ich wieder auf, da es dieses Mal nicht so aussah, als ob Jamie gehen wollte.
 

Etwas irritiert blickte ich schließlich wieder Piccolo an. Etwas war in seinen Augen, was aussah, als ob er gleich zu heulen anfangen würde. Aber könnte er so etwas denn?
 

„Du… du musst mitkommen!“

Es dauerte keinen Wimpernschlag bis sich meine Augenbrauen zusammenzogen. Warum denn? Scheinbar konnte man genau diese Frage von meinem Gesicht ablesen.

„Ich kann da jetzt nicht allein hingehen. Bitte, Sean!“

Leicht wandte ich mich um. Vielleicht wäre es besser, wenn ich mitginge. Doch viel lieber würde ich doch bei Jamie bleiben.
 

„Bitte“, flehte mich da Piccolo aber schon wieder an. Musste ich also.
 

Ich hatte Jamie nur noch gesagt, dass ich gleich zurück sein würde. Dabei wusste ich gar nicht, ob das wirklich so sein würde. Ich war mir ja nicht einmal darüber im Klaren, wo mich Picco hinbrachte. Zumindest musste er sich da wirklich nicht alleine hintrauen, denn er ließ die ganze Zeit meine Hand nicht los.
 

Langsam wurde ich mir klar, wohin er mich führte. Zur Krankenstation. Abrupt blieb ich stehen und brauchte auch ihn zum Stillstand.

„Sag mir doch jetzt endlich mal, was los ist!“

Im ersten Moment glaubte ich, dass ich keine Antwort bekommen würde, doch dann murmelte er: „Felix…“

Verwirrt zog ich die Augenbrauen zusammen. Was war denn jetzt mit dem? Er war abgehauen, davon war ich überzeugt.

„Er ist wieder aufgegabelt worden und… er will mich unbedingt sehen…“

Langsam begann ich zu verstehen. Zu dem würde ich mich auch nicht alleine trauen.
 

„Kommst du jetzt?“

Piccolo zog an meiner Hand und unsicher setzte ich mich wieder in Bewegung. Jetzt könnte ich ihn wohl nicht mehr allein gehen lassen.
 

„Ich weiß gar nicht, was er von mir will…“, meinte er, als er gerade klopfen wollte. Ich konnte darauf auch nur mit den Schultern zucken. Eigentlich waren sie doch mal zusammen gewesen oder hatte ich da falsche Infos? Vielleicht wollte er ihn ja gerade deswegen sehen.
 

„Wir werden sehen…“, meinte ich noch, als er endlich klopfte. Einen Moment später öffnete uns schon Sara die Tür. Sie sah etwas gestresst aus.
 

„Nicht lange!“, war es, was sie uns sagte, doch Piccolo hörte ihr wahrscheinlich schon längst nicht mehr zu. Sein Blick klebte ja gerade zu an Felix, der sich gerade aufgesetzt hatte.
 

„Ich dachte schon, du kommst gar nicht mehr.“

Er klang vorwurfsvoll, dabei müsste er sich glücklich schätzen, dass Picco überhaupt gekommen war. Das er sich nicht zumindest darüber freute.
 

„Was ist denn…?“ - Langsam war Piccolo auf Felix zugegangen. – „Hast du mich denn gar nicht vermisst?“

Leicht biss ich mir auf die Unterlippe. Wenn der wüsste?

„Die Einzigen, die dich vermisst haben, sind deine Ratten…“

Der Italiener sagte es eiskalt, gerade als Felix ihm über die Wange strich. Langsam drehte Piccolo den Kopf weg. Das könnte ja noch heiter werden.
 

„Schade…“

Das Betrübte hörte man aus Felix’ Stimme, doch irgendwie kam es mir so vor, als ob er es gar nicht so meinte. Sicherlich wollte er auch gar nicht zurück. Ich fragte mich, wie sie ihn erwischt hatte.
 

Leise seufzte ich. Fast nicht hörbar, aber jemand bemerkte mich dadurch.

„Sean…?“

Sein Blick klebte geradezu an mir. Hilfe! Er starrte mich an und es schlich sich noch im selben Moment ein breites Grinsen auf seine Lippen. Er sollte es ja nicht wagen! Scheinbar ging auch nicht nur mir dieser letzte Gedanke durch den Kopf.
 

„Lass die Finger von ihm!“, zischte Piccolo durch zusammengebissene Zähne und ich meinte dabei ein ziemlich böses Funkeln in seinen Augen gesehen zu haben. Lange konnte er diesen bösen Blick nur nicht aufrechterhalten, da Felix ihn zu sich zog und küsste. Mir entglitten die Gesichtzüge für einen Augenblick, fast mich aber in der Sekunde wieder, als der Italiener ihm eine Ohrfeige gab.
 

Piccolo wandte den Kopf ab und biss sich auf die Unterlippe. Seine Zähne vibrierten. Vor Wut oder weil er gleich zu heulen anfangen würde, wusste ich nicht. So recht wollte ich es auch gar nicht wissen.
 

„Was ist denn los?“, fragte Felix, wobei er sich die schmerzende Wange rieb.

„Natürlich hab’ ich mir Sorgen gemacht…“, flüsterte da auf einmal Piccolo und es war ersichtlich, wie er versuchte die Tränen zu unterdrücken. Für einen Moment war es, als würde ich ihn gar nicht kennen. So hatte ich ihn aber auch noch nie erlebt, so verletzlich.
 

„Picco…“

Felix schlang die Arme um den anderen und zog ihn so etwas weiter zu ihm. Was ging hier gerade ab? Dachte Piccolo gerade auch an Max? Doch nur einen Moment stieß er Felix auf einmal von sich.
 

„Lass das!“

Tränen standen ihm in den Augen, als er sich wieder zu mir umwandte. Sein Atem ging schneller als normal. Wahrscheinlich wäre es das Beste, wenn wir jetzt einfach wieder gingen. Er hatte ihn doch gesehen, dass würde doch reichen.
 

„Hast du nur einen Moment an mich gedacht, als du abgehauen bist…?“, fauchte Piccolo auf einmal und wandte sich um ohne auf die Antwort zuwarten.
 

Jamie’s PoV
 

Jetzt hatte er mich einfach so allein gelassen und war mit Piccolo mit. Eigentlich hätte es mich auch interessiert, was auf einmal los war. Doch war es so wichtig, dass er mir meinen Kleinen einfach mitnahm?
 

Leise seufzte ich und setzte mich schließlich auf. Nur einen Moment später schlang ich meine Arme um meinen Oberkörper. Viel lieber würde ich jetzt von ihm umarmt werden wollen oder gar in seinen Armen liegen. Ja, genau das wollte ich gerade jetzt. Aber Sean war ja nicht da.
 

Ein weiteres Mal gab ich einen kläglichen Laut von mir, wurde aber nur einen Moment aus meiner betrübten Stimmung gerissen, als ich ein zaghaftes Klopfen hörte. Das könnte ja wohl nicht Sean sein.
 

Etwas unbeholfen stand ich auf und stapfte an die Tür.

„Hi… Piccolo ist wohl nicht hier?“, begrüßte mich Max, als ich diesem geöffnet hatte. Ich konnte nur verneinen und meinte noch: „Ist vor ungefähr einer halben Stunde mit Sean weg…“

Mein drittes Seufzen in kürzester Zeit erklang.
 

Ich ließ ihn schließlich mit mir hier warten und das erste Mal sah ich Max einmal nervös. Zuerst wollte ich nicht fragen, was los war, tat es dann aber doch.
 

„Ein Lehrer hatte Piccolo gesagt, dass er ins Krankenzimmer kommen sollte, weil Felix erwischt worden war und der ihn unbedingt sehen wollte.“

Dadurch verstand ich. Aber machte er sich Sorgen, dass Felix ihm Piccolo wieder wegschnappen konnte? Ich hatte den kleinen Italiener doch selbst gesehen, wie verliebt er war. Der würde doch nie wieder zu Felix zurück.
 

„Bleib locker, Picco wird dich schon nicht sitzen lassen…“, meinte ich und streckte mich. Max saß neben mir und sah nicht unbedingt so aus, als ob er mit mir übereinstimmen würde. Dachte er wirklich, dass Piccolo sich so leicht um den Finger wickeln ließ.
 

„Vertraust du ihm so wenig?“, wollte ich wissen und hob leicht eine Augenbraue.

„Natürlich vertraue ich ihm… Aber ich mach’ mir trotzdem Sorgen…“

Leise seufzte ich. Piccolo war sicher sonst niemand, der sich fest an jemanden binden wollte, doch so wie mit Max hatte ich ihn bis jetzt noch nie gesehen. Das könnte wirklich einmal eine ernste Sache werden. Wenn es das nicht schon längst war.
 

„Dann bleib locker, die kommen sicher bald wieder…“

Und damit war unser Gespräch vorzeitig beendet. Kerle konnten eben doch nicht lange miteinander reden, egal ob schwul oder nicht. Ich war zumindest nicht wirklich gut darin.
 

„Ich weiß ja nicht wie wichtig dir Sean ist, ich will aber Piccolo auf alle Fälle nicht verlieren… Und erst recht nicht an jemand, wie Felix… Er ist ein Arschloch!“

So hatte ich Max bis jetzt noch nie reden hören. Über niemanden. Manchmal könnte man schon fast meinen, er wäre bei so etwas ziemlich zurückhaltend.
 

„Kann ich mir vorstellen… Piccolo ist schon ein Schatz…“

Ein Lächeln huschte über meine Lippen, da spürte ich aber schon auf einmal Max’ Blick auf mir lasten.

„Was ist?“, wollte ich wissen, als ich zu ihm aufsah. In seinen Augen lag ein Ausdruck, der etwas verwirrt wirkte.
 

„Was… was hattest du eigentlich mit Piccolo?“

Es dauerte nur den Bruchteil einer Sekunde, bis sich ein leichter roter Schimmer um seine Nase legte.
 

„Och…“ – Ich sank mit dem Kopf auf Max Schoß, wodurch dieser nur noch mehr errötete. – „Wir haben nur gelegentlich gefickt… Mit dir wird er mich aber wohl nicht mehr brauchen.“

Gemütlich kuschelte ich mich etwas an ihn. Bis jetzt hatte ich noch nie ausgetestet, ob er eigentlich auch zum etwas Anschmiegen geeignet war. Aber den Test hatte er jetzt auf alle Fälle bestanden.
 

„Jamie… Könntest du vielleicht…“

Jetzt war er auf alle Fälle knallrot wie eine Tomate – eine überreife. Gerade deswegen wollte ich mich nicht mehr aufsetzten. Der Anblick war einfach zu niedlich. Bei ihm hätte ich aber auch nicht unbedingt erwartet, dass er so leicht rot wurde.
 

„Jetzt komm schon, geh von mir runter…“

Hui, hörte ich da einen nervösen Unterton aus seiner Stimme heraus? Langsam setzte ich mich auf und schlang die Arme um seine Schultern. Das freche Grinsen konnte ich mir auch nicht verkneifen, als er den Blick abwandte.
 

„Mach dir nicht zu viele Sorgen um Piccolo, der kommt schon wieder…“, murmelte ich, als ich mich wieder enger an ihn kuschelte. Bis jetzt hatte ich noch nie den Drang empfunden, dass mit ihm zu machen, aber gerade tat es einmal gut. Zumindest bis Sean wiederkommen würde.
 

Da legte er aber auch auf einmal seine Arme um mich und von einer Sekunde auf die andere stieg auch mir das Blut in den Kopf.

„Max… Wenn die anderen beiden zurückkommen, bekommen wir unseren Anpfiff…“, murmelte ich und wollte mich von ihm wegdrücken. Nur ließ er nicht locker.
 

„Ach, jetzt soll ich aufhören.“

Er klang ziemlich gespielt vorwurfsvoll, wodurch ich leicht grinste.

„Hast ja recht… Aber lass mich trotzdem los…“

Meine Hände glitten an seiner Seite hinunter, bis er sich schließlich auch wieder von mir löste.

„Ist wohl besser so“, murmelte er noch, als ich auch wieder ein Stück von ihm wegrutschte. Doch es entging mir auch nicht, dass er mir wohl am liebsten hinterher kommen würde. Seine Sorge – egal wie gut ich ihm zusprach – ließ wohl einfach nicht nach. So etwas war aber wohl auch einfach schwer abzulegen.

Nachwirkungen

Kapitel 53 – Nachwirkungen
 

Sean’s PoV
 

Wütend stapfte Piccolo vor mir her. Ich meinte fast, dass er jeden Moment platzen könnte.

„Hey, beruhig dich doch wieder…“, murmelte ich und wollte seine Hand nehmen, doch die zog er abrupt zurück. Kurz schnaubte er, blickte dann aber schon zu mir und sein wütender Blick verflog nur eine Sekunde später.
 

„Tut mir leid…“, flüsterte er, „ich sollte mich wirklich wieder abregen…“

Leicht massierte er sich die Schläfe, bevor er sich meine Finger angelte und leicht darüber strich, was bei mir ein Kribbeln auslöste. Fast wie bei Jamie.
 

„Du hast richtig schöne Hände…“

Eine von diesen führte Piccolo zu seinem Mund und gab mir einen zarten Handkuss. Leise kicherte ich auf. Er war halt doch ein richtiger Italiener, genau so wie man sich einen wünschte.
 

„Komm, wir sollten zu Jamie zurück, bevor der sich noch Sorgen macht…“, meinte ich und Piccolo gehorchte. Seine Finger hatten sich um meine Hand geschlungen und wollte mich gar nicht mehr loslassen. Auf einmal seufzte er auch. Ich wandte ihm einen kurzen fragenden Blick zu, doch er reagierte nicht darauf. Entweder müsste ich jetzt direkt fragen, was los war, oder würde es nie erfahren.
 

Vorsichtig wandte ich mich somit erneute zu ihm um und stellte die Frage, die mich so brennend interessierte. Es dauerte einen Moment bevor er antwortete.

„Ich… ich hab etwas Angst, dass ich zu ihm zurück gehe und damit Max weh tue.“

Im ersten Augenblick sah ich ihn etwas verwirrt an, doch dann verstand ich. Doch wieso sollte er das tun? Wieso gerade zu ihm? Empfand er etwa noch so viel für ihn?
 

„Ach komm, ich weiß, dass du das nie tun würdest.“

Leicht legte ich einen Arm um seine Schulter und zog ihn etwas zu mir.

„Meinst du…?“, murmelte er.

Traute er es sich wirklich zu, dass er das tun würde? Ach Piccolo.
 

Vorsichtig legte ich auch den zweiten Arm um ihn und schmiegte mich selbst etwas an ihn. Doch abrupt drückte ich ihn weg, da ich fast überdeutlich einen Blick spürte. Ich wirbelte herum und entdeckte Jamies Vater. Wieso denn gerade der?
 

Ich atmete einmal tief durch und blickte ihm fest in die Augen, bevor ich mich – wieder mit Piccolo an der Hand – in Bewegung setzte. Doch abrupt blieb der Italiener stehen, direkt neben Jamies Vater.
 

„Ich warne Sie, wenn Sie Jamie noch ein einziges Mal anrühren… kriegen Sie es mit mir zutun!“

Für mehr würdigte er ihn schon gar nicht mehr und marschierte weiter. Dabei zog er mich etwas ruppig hinter sich her. Etwas zu ruppig nach meinem Geschmack.
 

„Hey, Piccolo! Mach doch mal langsam!“, murrte ich, als wir außer Sicht- und Hörweite waren. Abrupt blieb er auch stehen und wandte sich leicht zu mir um. Etwas lag in seinem Blick, was ich nicht deuten konnte. Was war nur los mit ihm? Da legte er auf einmal einen Arm um mich und drückte sich leicht an mich.
 

„Hey… was ist denn?“, fragte ich und es war wohl überdeutlich aus meiner Stimme zu hören, dass ich ziemlich verwirrt war. Doch anstatt zu antworten, legte er nur auch den anderen Arm um mich.
 

„Wo… woher weißt du davon?“, wollte ich nun wissen. Jamie hatte Piccolo – soweit ich es zumindest wusste – nie alles erzählt, aber trotzdem zog der Italiener jetzt so eine Show ab und Jamies Vater sogar drohte.

„Ich bin doch nicht dämlich“, meinte er da nur und löste sich langsam wieder von mir. Es bildete sich noch ein leichtes Lächeln auf seinen Lippen, bevor er sich umwandte, die Arme hinter dem Rücken verschränkte und langsam weiter ging. Einen Moment blieb ich noch stehen, dann setzte ich mich auch wieder in Bewegung.
 

„Jamie muss wohl schon immer ein etwas… seltsames Verhältnis zu seinem Vater gehabt haben. Das was er ihm angetan hat, war vielleicht nur der Gipfel von allem…“ – Er senkte seinen Blick. – „Die ganze Bettgeschichten waren vielleicht nur ein Hilfeschrei…“

Leise seufzte er und hob nur langsam wieder den Blick. Ich konnte mir so wirklich nicht vorstellen, was Jamie durchgemacht hatte. So fiel es mir auch etwas schwer, ihn zu verstehen. Piccolo schien ja damit nicht so große Probleme zu haben.
 

„Hast du…“

Er unterbrach mich, bevor ich überhaupt richtig angefangen hatte zu reden.

„Nein, hab ich nicht“, erwiderte er, als ob er genau wüsste, was ich fragen wollte. So schwer war das aber wohl auch nicht zu erraten.
 

„Eigentlich hatte ich eine sogar richtig schöne Kindheit… Nur eben die falschen Freunde…“

Es bildete sich ein leichtes Lächeln auf seinen Lippen, als ob er sich gerade an etwas Schönes erinnert hätte. Von ‚falschen’ Freunden konnte ich aber auch ein Liedchen singen, dabei hatte ich sie nie als so falsch angesehen. Es waren eigentlich einfach die einzigen, mit denen ich wirklich gut ausgekommen bin. Alle anderen hatte entweder ein Problem mit mir oder ich mit ihnen. Dabei wären wohl die besser für mich gewesen, wenn ich meinen Eltern glauben würde. Aber wie gut konnte jemand für einen sein, wenn man von dem gehasst wurde?
 

„Du hast mir noch gar nicht so viel über dich erzählt“, meinte Piccolo auf einmal, „ich weiß so wenig über dich…“

Er legte einen Arm um mich und drückte seinen Kopf gegen meine Schulter. Doch egal wie lieb er gerade fragte, wollte ich einfach nicht darüber reden. Irgendwie ein Verhalten, das man sich, wenn man erst einmal lange genug hier ist, aneignet. Dafür musste ich aber auch Piccolo nicht ansehen, um zu wissen, dass es ihm nicht ganz passte, dass ich jetzt schwieg. Manchmal könnte man meinen, dass er es gar nicht mochte, wenn man nicht das tat, was er von einem verlangte. Woher er das nur hatte…?
 

„Na ja, dann sollten wir mal wieder zu deinem süßen Zuckermäuschen zurück“, säuselte er mir da auf einmal ins Ohr. Mir entfuhr ein Kichern. Was Jamie doch für ein Zuckermäuschen war… Hm… Proteinmäuschen würde auf ihn aber sicher besser zutreffen, nur würde es nicht ganz so niedlich klingen.
 

Wenn ich meinen Augen nur hätte trauen können, als ich wieder in meinem Zimmer war.

„Äh… hi… Max…“, murmelte ich und es war nicht unbedingt der, der mich etwas stocken ließ. Eher derjenige, der es sich da bei ihm bequem gemacht hatte. Jamie war schon etwas ganz Besonderes, aber genau das hätte ich nicht einmal von ihm erwartet.
 

„Er hat sich einfach so her gelegt… Du… du kennst ihn doch…“

Max lachte kurz auf. Natürlich könnte man es ihm zutrauen und ich tat es auch gut und gerne, nur unbedingt erwarten würde man es nicht.
 

„Dein Schoß ist aber auch so bequem für ein süßes Köpfchen.“

Kurz berührte Piccolo Max’ Lippen mit den eigenen, bevor er sich umwandte und sich schlussendlich auf das andere Bett fallen ließ. Nur einen Moment später streckte er sich herzhaft. Derweilen döste Jamie in aller Seelenruhe weiter, den Kopf dabei auf Max’ Schoß gekuschelt. Sollte das jetzt etwa so eine Art ‚Miller-Ersatz’ werden? Eindeutig besser als unser Lehrer wäre es so auf alle Fälle.
 

Jamie’s PoV
 

Hatte ich da Sean gehört? Ich hob leicht die Lider und kuschelte mich nur einen Moment später noch etwas enger an Max. Er war richtig bequem.
 

„Jamie… äh…“

Langsam hob ich den Kopf und blickte den Blonden an, auf dessen Schoß ich noch vor einem Augenblick gelegen hatte, und zog eine Augenbraue hoch.

„Was denn?“, wollte ich wissen. Hörte da aber auch schon jemand kichern. Ich wandte den Kopf in diese Richtung. Abrupt fuhr ich hoch.

„Sean… Bist… bist du schon lange wieder da?“

Mein Gesicht wurde warm, wahrscheinlich lief ich gerade knallrot an.
 

„Och, wir hocken hier nur so ’ne Stunde schon rum“, antwortete mir da nun jetzt Piccolo statt Sean, „und du bist wirklich zuckersüß, wenn du so schläfst… Wieso hat mir das nur noch nie einer gesagt?“

Es war nicht mein kleiner Waliser gewesen, der gekichert hatte, denn der wandte gerade etwas beschämt den Blick ab. Ich hatte ihn doch nicht irgendwie enttäuscht, weil ich hier jetzt mit Max gekuschelt hatte. Das durfte einfach nicht sein.
 

Da kam er nur auf einmal zu mir.

„Na, bist du auch mal wieder wach“, meinte er und legte die Arme um meine Schultern. Erleichterung machte sich in mir breit. Ich brauchte ihn aber auch so sehr. Ob er das überhaupt wusste?
 

Vorsichtig kuschelte ich mich etwas an ihn, da kicherte nur schon wieder jemand.

„Mann, Sean, du machst aus Jamie eine richtige Memme…“ – Ich zog die Augenbrauen zusammen und funkelte Piccolo böse an. – „Eine richtig, süße Memme…“
 

„Sei doch ruhig…“, grummelte ich und wandte den Blick ab. Mein Gott, könnte der vielleicht mal nicht so gut drauf sein? Er war doch immerhin gerade eben bei seinem Ex-Zimmergenossen. Hatte ihn das nicht irgendwie runtergezogen?
 

„Wir sollten gehen und die beiden Hübschen alleine lassen.“

Ich hätte Max jetzt abknutschen können, nachdem er das gesagt hatte. Aber ich verkniff es mir. Irgendwie war er einfach nicht mein Typ. Viel zu männlich, im Gegensatz zu Sean, an den ich mich jetzt noch etwas enger kuschelte.
 

Aber zumindest endlich wieder allein, so konnte ich es mir gar nicht verkneifen ein kleines bisschen an meinem Sean herumzugrabschen. Doch der wies mich ab.

„Lass das…“, murmelte er und schob mich weg. Hatte ich irgendwie was Falsches gemacht? Vielleicht sollte ich mich mit dem Fummeln etwas zurückhalten. Schwierig für mich, aber möglicherweise nötig.
 

„Sorry.“ – Und schon kam er wieder angekrochen und schmiegte sich an mich. – „Ich bin nur wegen dem eben noch etwas durch den Wind…“

Ich hob leicht eine Augenbraue. Was war denn passiert? Hatte Felix ihm irgendetwas getan? Falls es so war, dann sollte sich der mal warm anziehen.
 

„Du kannst es mir sagen, falls irgendwas passiert ist“, meinte ich. Zur Antwort nickte Sean nur leicht. Hoffentlich würde er es mir wirklich erzählen, wenn etwas wäre. Er sollte nicht alles in sich hineinfressen. Gerade jetzt nicht mehr. Ich wollte doch für ihn da sein, vor allem, wenn ihn etwas bedrückte.

Bleib bei mir!

Kapitel 54 – Bleib bei mir!
 

Sean’s PoV
 

Jamie war so… fürsorglich, dabei wollte ich das doch sein. Sein Vater geisterte hier immer noch herum und ich konnte mir kaum vorstellen, dass der so bald aufgeben würde. Zumindest nicht, wenn ihm keiner der Lehrer dazwischen funkte. Wieso unternahm Miller eigentlich nichts dagegen? War Jamie nur ein guter Fick für ihn?
 

„Sean… Ich bin doch eigentlich überhaupt nicht gut für dich…“ - Leicht hob ich eine Augenbraue und löste mich etwas von ihm, als er das sagte. – „Schau mich nicht so an… Ich bin ein mieser Mörder…“

Das meinte er doch jetzt nicht ernst.
 

„Du wolltest diesen Kerl doch gar nicht erschießen.“ – Er nickte langsam. – „Als bist du kein Mördern… Mann, Jamie…“

Ich drückte mich wieder an ihn, doch da schob er mich auf einmal weg.
 

„Aber… spätestens, wenn ich hier raus komme, lande ich eh im Knast… Sean, ich… ich will dich da draußen nicht allein lassen.“

Ganz verstand ich nicht. Wieso fiel im das gerade jetzt ein? Doch es kam mir längst eine andere Frage in den Sinn.
 

„Und was ist, wenn du mit deinem Vater mitgehst? Hä…?“

Ich wollte das wissen. Gab es da etwa einen Unterschied?

„Solang ich in geregelte Verhältnisse komme, passiert mir nichts…“

Wäre er das nicht, wenn er ganz einfach irgendwo mit mir zusammen leben würde? Wir waren doch beide nicht unbedingt noch von unseren Eltern abhängig, alleine irgendwo zu wohnen würde uns also doch überhaupt nichts ausmachen.
 

„Dann komm mit mir!“

Ich wusste nicht einmal, ob das das Gleiche wäre, doch ich wollte es so und nicht anders! Nie wieder wollte ich mich von ihm trennen müssen.
 

„Sean, das ist ein Wunder, dass ich hier her durfte.“ – Ich zog leicht eine Augenbraue hoch. – „Eigentlich hätten die vom Gericht mir nicht mal erlaubt, den Bundesstaat zu verlassen. Im Leben lassen die mich nicht irgendwo mit dir hin verschwinden…“
 

Was sollte das auf einmal? Wollte er mich loswerden?

„Wieso hast du denn dann überhaupt was mit mir angefangen? Hä? Hast du hier nur wen gesucht, der willig mit dir fickt oder was?“

Es kochte in mir gerade zu über. Eine Antwort wollte ich auch überhaupt nicht mehr hören. So lief ich einfach weg. Wie ich es viel zu oft früher gemacht hatte.
 

Ich war kreuz und quer durchs Gebäude gelaufen. Eigentlich könnte ich mich wohl gerade noch an den Zimmernummern zurück zu meinem eigenen finden, doch da wollte ich gar nicht hin.
 

Wieso fiel ihm so etwas gerade jetzt ein? Wollte er alles wieder kaputt machen? Oder hatte er es sich mit seinem Vater vielleicht noch einmal anders überlegt? Wollte er womöglich mit ihm mit?
 

Dann wäre es natürlich das Einfachste, wenn er mich wütend auf ihn machen würde. Ich könnte nicht so einfach um ihn trauern. Nein, so war er doch gar nicht. Nicht mein Jamie.
 

Ich sank in einer Ecke zusammen und massierte mir die Schläfe. Er konnte doch so etwas nicht wirklich wollen. Eigentlich konnte ich es nur hoffen, dass es so war.
 

„Hey… Bist du… Sean?“

Ich hob den Kopf und meinte im ersten Moment, ich würde in Jamies Augen blicken, doch er war es nicht. Abrupt fuhr ich hoch und wollte schon wieder weglaufen, nur wurde ich festgehalten. Ich wollte mich gegen den Griff von Jamies Vater wehren, kam aber einfach nicht los.
 

„Ich werde schreien, wenn Sie nicht gleich ihre Griffel von mir lassen!“, fauchte ich. Irgendwer würde mich hören und mir helfen, ganz bestimmt. Doch langsam wurde ich losgelassen und wich auch gleich einige Schritte zurück.
 

„Ent… entschuldige…“, gab Jamies Vater von sich und wirkte geknickt. Trösten würde ich ihn aber sicher nicht, dafür war ich mir zu sicher, dass er irgendetwas vorhatte. Vielleicht wollte er ja mich als Druckmittel benutzen, damit Jamie mit ihm mit ging, dann hätte der sich aber auch noch nicht für ihn entschieden.
 

Ich machte auf den Hacken kehrt. Einfach weggehen, das konnte kaum so schwer sein. Nur wurde es mir schwer gemacht, als er mich aufforderte, doch stehen zu bleiben. Abrupt tat ich es auch, wandte mich aber nicht zu ihm um.
 

Tief sog ich die Luft ein und entließ sie einen Moment wieder durch meinen leicht geöffneten Mund, als ich seine Schritte wieder näher kommen hörte.
 

„Wenn Sie mich noch einmal anfassen, werde ich auch schreien“, meinte ich, als ich spürte, dass er direkt hinter mir war. Abrupt verhalten auch die Schritte. Doch er war ganz bestimmt noch hinter mir. Langsam sah ich mich nach hinten um und da stand er wirklich noch.
 

„Du könntest ihn doch dazu bringen, dass er wieder mit nach Hause kommt…“

Ich schüttelte sofort den Kopf und tat endlich das Einzig richtige und lief. So etwas würde ich Jamie nie einreden. Ich wollte doch bei ihm bleiben, so lange wie es uns möglich war.
 

Ich wusste nicht ob Jamies Vater etwas gegen unsere Beziehung hatte oder einfach nur seinen Sohn haben wollte. Doch es war mir auch herzlich egal, Jamie gehörte doch zu mir und ich wollte nicht von ihm getrennt sein.
 

Ich lehnte mich an eine Wand und legte eine Hand an die Stirn. Vereinzelt liefen einige Schüler an mir vorbei, Schüler aus den unteren Klassen, im Höchstfall Neunte oder Zehnte. Es gab sogar noch einige wenige jüngere Schüler hier. Eigentlich hätte doch nicht einmal ich hier etwas zu suchen und die erst recht nicht. Aber ich hätte Jamie nie kennen gelernt, wenn ich hier nicht gelandet wäre. Vielleicht hatte das alles ja sogar etwas Gutes.
 

Langsam machte ich mich auf den Weg zurück zu meinem Zimmer. Am Liebsten würde ich mich einfach auf das weiche Bett fallen lassen und dort liegen bleiben. Eigentlich war es mir jetzt völlig egal, wieso sich Jamie gerade für mich entschieden hatte, solange ich nur einfach bei ihm bleiben durfte.
 

Jamie’s PoV
 

Vielleicht hatte ich ihn mir wirklich nur genommen, weil ich wusste, dass er sich irgendwann einfach von mir ficken lassen würde. Unterbewusst wollte ich das sicher die ganze Zeit und nichts anderes.
 

Ich hatte mir ja früher schon oft viel eingeredet, nur damit ich mich besser fühlen konnte. Oft log ich mich dabei nur selbst an. Jetzt war es wohl wieder das Gleiche. Ich wusste es und glaubte trotzdem etwas anderes. Manchmal wollte ich meine eigene Wahrheit, auch wenn es nicht das Beste war.
 

„Jamie?“

Ich setzte mich abrupt in meinem Bett auf, die ganze Zeit war ich gelegen und hatte auf ihn gewartet und da war er doch wieder.
 

„Ich bin ein ziemlicher Idiot…“

Aber er wollte gar keine Entschuldigungen. Sean schlang die Arme um mich, sollten wir vielleicht einfach noch ein bisschen zusammen sein.
 

„Wir kriegen das irgendwie hin…“

Tränen mussten ihm schon in den Augen stehen, doch ich wollte es nicht sehen. Er durfte nicht wegen mir weinen.
 

Vorsichtig drückte ich ihn etwas weg. Er weinte gar nicht, nein, eigentlich sah er mich sogar mit einem richtig festen Blick an. Meinte er es also wirklich ernst, dass wir das jetzt zusammen schaffen würden?
 

Ich hatte mir früher oft von meinem Vater anhören können, dass wir alles zu zweit schaffen würden. Doch was hatten wir zu Stande gebracht? Eigentlich nur, dass ich hier gelandet war. Wer wohl mein Leben mehr verkorkst hatte? Er oder ich?
 

Ich kuschelte mich an Sean und warf ihn dabei fast um. Auf einmal zog er mich an, wie ein Magnet ein Stück Eisen anzog. Immer wieder berührte ich seinen Hals mit den Lippen und schlag erneut die Arme um seinen schmalen Körper.
 

Immer weiter drängte ich ihn Richtung Bett zurück, bis er sich auf dieses fallen ließ und ich auf ihm liegen blieb. Leicht stemmte ich mich hoch und bemerkte den zarten Rotschimmer auf seinen Wangen. Seinen Kopf ließ er zur Seite sinken und schloss für einen Moment die Augen.
 

„Jamie… Du bist schwer…“, murmelte er. Langsam begannen seine Wangen Ähnlichkeit mit reifen Tomaten anzunehmen. Ein letztes Mal küsste ich seinen Hals, bevor ich von ihm herunter rollte. Um mich quer aufs Bett zu legen war ich ja eigentlich um einiges zu groß, doch so konnten wir einmal nebeneinander liegen und hatten trotzdem noch ziemlich viel Platz.
 

Vielleicht war es Intuition, dass wir im selben Moment zueinander sahen… Vielleicht aber auch einfach nur Zufall.
 

Ein Lächeln zeichnete sich auf seinem Gesicht ab, als er näher zu mir rückte. War er denn so gar nicht mehr sauer auf mich? Wenn ich er wäre, wäre ich es wohl noch. Sean war einfach viel zu nett, gerade zu mir.
 

Ich strich ihm über die Wange und er schmiegte sich leicht an meine Hand, wie so eine Katze. Mein süßer, kleiner Kater.
 

„Versprich mir, dass du nie wieder so einen Scheiß sagst!“

Ich nickte nur langsam, zu etwas anderen fühlte ich mich gar nicht im Stande. Vorsichtig kuschelte ich mich an ihn. Auf einmal fühlte ich mich so klein und hilflos. Was hätte ich nur gemacht, wenn er nicht mehr wieder gekommen wäre?
 

Was hätte ich ihn so einem Fall aber auch schon groß tun können? Es war seine eigene Entscheidung, ob er wieder zu mir zurückkommen wollte oder nicht. Zwingen hätte ich ihn ohnehin nicht können.
 

Schwer atmete ich aus und drückte mich abrupt an Sean, bevor ich meine Finger in den Stoff seines Oberteiles krallte. Vielleicht sollten wir die Zeit zusammen einfach noch etwas genießen?
 

„Hey, leier’ mal mein Shirt nicht so aus.“

Vorsichtig löste er meine Finger von dem Kleindungsstück, doch nur einen Moment später schlang ich schon die Arme um ihn. Ja, einfach die Zeit noch etwas genießen. So weit das eben hier möglich war.
 

„Dafür musst du mich jetzt ganz, ganz glücklich machen!“

Ich hob leicht eine Augenbraue, als er das sagte. Meinte er gerade das Gleiche wie ich dachte? Könnte es sein, dass sogar ein kleiner, süßer Sean Smith auch nur ein Mann war, die ja bekanntlich nicht unbedingt immer mit demselben Organ dachten, wie Frauen?
 

Misstrauisch blickte ich ihn an. Aber da küsste er mich auch schon, erst nur ganz vorsichtig, dann auf einmal immer fordernder. Hatte ich also Recht? Lang lebe der Versöhnungssex.

Warten

Kapitel 55 – Warten
 

Sean’s PoV
 

Die nächsten Wochen liefen etwas anders, als die davor. Auf alle Fälle etwas anders, als es für dieses Internat geplant wäre. Immer wieder ließen wir uns einen oder zwei Schultage entgehen, eigentlich nur, wenn Jamie keinen Bock hatten. Dann blieb ich bei ihm, immerhin wollten wir die nächste Zeit noch zusammen genießen.
 

Doch heute war ich allein, einmal wieder seit langem. Jamie war… eigentlich wusste ich gar nicht wo er hin war. Wüsste es aber sehr gerne, doch er war schon weg, bevor ich aufgewacht war. Ohne mir auch nur den Funken einer Nachricht zu hinterlassen. Ich wusste, dass er wieder kam, so einfach würde er mich nicht zurück lassen.
 

Schon die ganze Zeit überlegte ich mir, was Jamie noch für Möglichkeiten haben könnte, damit wir nicht wirklich nur noch die Zeit hier hätten. Ich hatte nur keine Idee, wie man es vielleicht ändern könnte.
 

Ich würde es nicht überstehen, wenn ich jetzt ohne ihn auskommen müsste. Irgendwie war das schon ein recht seltsames Gefühl, wie abhängig ich von ihm geworden war. Wahrscheinlich war ich das bis jetzt noch bei niemand, außer bei ihm.
 

Ich schwang mich aus dem Bett und sammelte langsam meine Sachen vom Boden auf. Es war in der letzten Nacht bei uns nicht unbedingt heiß her gegangen, weswegen meine Klamotten vielleicht so zerstreut sein könnten. Eigentlich fühlte es sich einfach nur gut an, Jamie komplett spüren zu können. Kleidung störte da oft einfach dabei.
 

Jetzt zog ich mich langsam wieder an. Vielleicht sollte ich auch einmal eine Runde durchs Gebäude drehen. Würde mir sicher auch gut tun, wenn ich mir einmal wieder die Beine vertreten könnte.
 

Mein Weg führte mich – ohne dass ich groß darüber nachdachte – in den Teil des Internates, in dem sich im Normalfall nur die Lehrer aufhielten. Um diese Uhrzeit würde hier aber wohl auch recht wenig los sein. Eigentlich sollte ich ja auch ganz anständig in einem Klassenzimmer sitzen und etwas für meine Bildung tun. Eigentlich eben.
 

„Na, Mr. Smith. Sie sind wohl etwas am falschen Ort für die Uhrzeit…“

Mich durchzog ein Schauer, als mir ein Arm um die Schultern gelegt hatte. Im ersten Moment war ich mir nicht sicher, wer jetzt neben mir stand, doch als ich aufsah, änderte sich das. Ich wandte den Blick ab.
 

„War nur auf der Suche nach Jamie…“, murmelte ich.

„Den vermisse ich auch schon länger… in meinem Unterricht. Genauso wie dich“, erwiderte Miller und es war kein bisschen Unmut in seiner Stimme zu hören.

„Wo treibt ihr euch dauernd rum?“, wollte er noch wissen. Leicht gespielt lächelte ich.

„Jamie hat einfach gelegentlich keine Lust…“
 

Eine recht billige Ausrede, wie ich wusste. Aber was hätte ich ihm den sagen sollen? Das wir versuchten noch so viel Zeit wie möglich miteinander zu verbringen? Gerade das wollte ich, dass unter uns blieb.
 

„Na ja, das Jahr ist ja bald um, dann habt ihr es hinter euch…“

Ich spürte das Lächeln, das er auf den Lippen hatte, und war kurz davor in Tränen auszubrechen. Shit. Das konnte doch jetzt echt nicht wahr sein. Ich blickte an die Gangwand und wischte mir übers Gesicht, als ob ich etwas im Auge hätte.
 

„Stimmt was nicht?“

Langsam schüttelte ich den Kopf. Doch nur einen Moment später bereute ich es schon fast.
 

„Ähm… Könnte ich Sie etwas fragen?“

Vielleicht bekäme ich ja endlich eine Antwort auf die Frage, die mich jetzt schon so lange plagte.
 

„Kommt darauf an um was es geht.“

Leicht zuckte Miller mit den Schultern.
 

Jamie’s PoV
 

„Na, mal wieder ganz alleine?“

Ich musste den Kopf nicht einmal heben um zu wissen, dass sich Piccolo neben mir nieder gelassen hat.
 

„Und du nicht beim Unterricht?“, erwiderte ich schließlich und wandte zumindest den Blick zu ihm. Vereinzelte Schweißperlen bahnten sich ihren Weg von meiner Stirn abwärts über meine Wangen bis hinunter zu meinem Hals. Und trotzdem störte mich die Hitze nicht.
 

„Nicht nur du und Sean dürfen schwänzen… bzw. dürft es nicht und tut es trotzdem…“

Ich nickte langsam, gab aber auch schon einen Moment später ein klägliches Seufzen von mir. Deswegen hob Piccolo leicht eine Augenbraue.
 

„Wo ist der Kleine überhaupt?“, wollte er schon wissen. Ich wandte den Blick wieder ab.

„Auf unserem Zimmer.“

Jetzt hob sich auch die zweite Augenbraue des Italieners.

„Du hast ihn allein gelassen…? Also Jamie!“
 

Er klang vorwurfvoll, aber er kicherte auch schon los. Natürlich war es nicht ernst gemeint, hätte wohl auch jemand ganz dämliches mitbekommen. Doch viel lieber nahm ich ihn jetzt ernst.
 

„Hey, schau nicht so.“ - Piccolo legte einen Arm um mich. – „Selbst in 50-jährigen Ehen zofft man sich mal…“

Ich gab ihm einen unsanften Stoß, sodass er im Gras liegen blieb.
 

„Wir haben uns nicht gestritten“, murrte ich und verschränkte – trotzig wie ein kleines Kind – die Arme vor der Brust. Piccolo verdrehte die Augen und setzte sich wieder auf, als er auch schon einen Grasfleck begutachtete, der wohl durch mich entstanden war. Kurz warf er mir einen bösen Blick zu, der verfolg aber auch gleich wieder.
 

„Und was ist dann der Grund dafür, dass du hier alleine rumsitzt?“

Ich zuckte nur leicht mit den Schultern. Über den Grund war ich mir auch nicht klar, eigentlich wollte ich nur einen Moment für mich haben. Dabei hatte ich den schon dadurch, dass er noch geschlafen hatte.
 

Doch jetzt hockte ich hier draußen und war noch immer nicht zu ihm zurück. Vielleicht wollte ich ja alleine darüber nachdenken, worüber sich auch Sean den Kopf zerbrach. Das kleine Problem, über das ich mir eigentlich schon von Anfang an im Klaren hätte sein müssen. Ziemlich gut hatte ich es verdrängt.
 

„Jamie?“ - Ich wandte den Blick wieder zu Piccolo, der mich leicht verwirrt ansah. – „Irgendetwas bedrückt dich… Richtig?“

Wieder wegsehend nickte ich langsam. Gleich würde er fragen, was mich bedrückte, doch er schwieg. Mit der Zeit wich der gute Piccolo immer mehr von seinem alten Muster ab, vielleicht war ja Max ein richtig guter – oder auch schlechter – Einfluss für ihn.
 

Er legte einen Arm um mich und drückte sich leicht an mich.

„Und was ist mit dir und Max? Gestritten oder nicht?“, wollte ich schließlich wissen, wobei ich eine Augenbraue hob.

„Nicht gestritten… Ich will eigentlich auch nur einmal ein paar Minuten allein sein, werd’ mich wohl auch bald wieder verziehen.“ – Er zwinkerte. – „Solltest du vielleicht auch machen.“

Ein Lächeln zog sich für einen Moment über meine Lippen. Ja, das sollte ich wirklich tun.
 

Langsam erhob sich Piccolo schließlich und warf mir noch einen letzten freundlichen Blick zu, bevor er sich abwandte. Ohne ein weiteres Wort ging er. Es gab aber gerade auch nichts mehr zu bereden.
 

Somit blieb ich wieder allein zurück und konnte weiter über mein momentan größtes Problem grübeln, auch wenn mir ohnehin keine Lösung dafür einfallen würde. Aber vielleicht war Sean weiter gekommen.
 

Etwas schwerfällig stand ich auf und streckte mich schließlich herzhaft. Ob wohl Sean sauer war, dass ich ihn alleine gelassen hatte? Ich fuhr mir durchs Haar und hoffte inständig, dass es nicht so war. Momentan konnte ich es nicht wirklich brauchen, dass er mich nicht leiden konnte.
 

Doch all ich in unser Zimmer zurückkam, verflog meine Unsicherheit und ich überlegte mir, ob ich es nicht sein sollte, der jetzt etwas von Missfallen geplagt sein sollte. Sean war nämlich nicht da.
 

Ich sank auf unser Bett. Schon lange nutzten wir das zweite eher als Ablage für alles mögliche und schliefen nur noch in einem. Zwar etwas eng und gelegentlich recht warm, aber zumindest waren wir – vor allem nachts – zusammen.
 

Leise seufzte ich. Hätte er mir denn nicht zumindest eine Nachricht zurück lassen können, damit ich wusste, wo er hin war? Ich schüttelte langsam den Kopf. Eigentlich nicht. Ich hatte es doch immerhin auch nicht getan und war einfach weg.
 

Mein Blick wanderte langsam im Zimmer hin und her. Irgendwie war es ohne Sean hier so richtig leer. Ich zog die Beine an und schlang die Arme darum. Wenn er jetzt hier wäre, dann würden wir zusammen kuscheln. Mein Kopf sank auf meine Knie. Hoffentlich würde er bald wieder kommen, damit wir das nachholen konnten.
 

Ich sank zur Seite, rollte mich aber einen Moment später schon wieder auf den Rücken, um mich wieder aufzusetzen. Also wenn ich jetzt schon unruhig wurde, was würde ich dann erst tun, wenn ich ihn gar nicht mehr sehen könnte. Wahrscheinlich würde ich dann durchdrehen.
 

Mein Blick wanderte über die Bettdecke, wo ich auch meine Finger darüber gleiten ließ. Niemand zuvor hatte ich je so gebracht wie Sean. Irgendwie schon ein komisches Gefühl von jemand geradezu abhängig zu sein.
 

Ich zog die Beine an und legte die verschränkten Arme darauf. Vielleicht könnte ich ihn ja suchen gehen. Langsam schüttelte ich den Kopf. Wenn mich ein Lehrer erwischte, wäre ich dran. Für einen Moment überlegte ich noch, dann entfuhr mir ein Lachen. Früher hatte ich es dauernd gemacht, dass ich mich während den Unterrichtszeiten auf den Gängen herumgetrieben hatte und gerade eben musste ich mich auch hier her zurück schleichen. Und dann interessierte es mich jetzt wirklich, dass ich erwischt wurde? Auf irgendeine Art und Weise wurde ich wohl jetzt schon irre.
 

Ich sank wieder zurück und streckte mich. Mein Kopf sank schließlich zur Seite und ich schloss die Lider. Wenn ich jetzt einschlafen würde und er mich dann sanft weckte, wenn er wieder da war, dann würde das sicher schöner sein, als wenn ich ihn jetzt suchen ginge.

Die Trennung wird ausbleiben

Kapitel 56 – Die Trennung wird ausbleiben
 

Sean’s PoV
 

„Also Sean, um was geht es jetzt?“

Ich war auf Mr. Millers Bett gesunken und schwieg im ersten Moment. So recht wusste ich nicht, wie ich anfangen sollte. Dabei war es so einfach. Nur eine einzige winzigkleine Frage hatte ich doch nur.
 

„Hm… Was ist jetzt?“

Ich hob langsam den Kopf und blickte meinen Lehrer an.
 

„Ähm… nun ja… Gibt es vielleicht… noch eine andere Möglichkeit, dass Jamie…“

Er unterbrach mich mitten in meiner Frage, da er den Rest wohl schon kannte.

„Dass Jamie hier raus kommt, ohne direkt in den Knast zu wandern oder zu seinem Vater zu müssen?“

Ich nickte langsam. Irgendwie klang er so, als ob es gar keine anderen Möglichkeiten für Jamie gab, als diese beiden. Doch das wollte ich nicht wahr haben. Er sollte bei mir bleiben.
 

„Da würde es schon etwas geben…“

Ich blickte etwas verwirrt wieder zu Mr. Miller. Wenn er etwas wüsste, dann sollte er es mir doch sagen. Oder war es so unwahrscheinlich, dass das eintraf, dass er es mir gar nicht erst schmackhaft machen wollte?
 

„Und was wäre das?“, wollte ich schließlich wissen, um es dann trotzdem aus ihm herauszulocken. Einfach vor mir verheimlichen konnte er es ja auch nicht. Immerhin konnte er sich vorstellen, wie wichtig es mir war.
 

„Na ja…“, begann er schließlich, „ihr müsstet nur jemand in der nötigen Position haben, der ihn aufnehmen würde.“

Ich zog die Augenbrauen zusammen. In der nötigen Position? Was sollte das denn heißen? Könnte er sich vielleicht etwas verständlicher ausdrücken?
 

Mr. Miller gab ein kurzes Auflachen von sich und wandte sich dann dem Fenster zu, um sich doch auf abzustützen.

„Eben irgendjemand… der gewährleisten kann, dass er nicht wieder etwas anstellt.“
 

So wirklich half mir diese Information auch nicht weiter. Wer könnte denn das wirklich?
 

„Und an wenn müssten wir uns da wenden?“, fragte ich nun. Ich wollte es wissen. Sofort! Doch er spannte mich noch eine Weile auf die Folter in dem er schwieg.
 

„An wenn nun?“, bohrte ich. Erhielt nun auch zumindest ein leichtes Auflachen als Erwiderung. Was sollte das denn nun bedeuten? Könnte er mir denn nicht endlich anständig antworten. Und endlich tat er es auch.
 

„An einen Lehrer, der zu eurem Abschluss die Schule verlässt… zum Beispiel.“

Eigentlich half es mir nicht so viel weiter, immerhin wusste ich nicht, wer das sein könnte. Und dann war da auch noch das Problem, dass nicht unbedingt jeder Jamie einfach aufnehmen würde. Einige Lehrer hegten schließlich einen Groll gegen ihn. Viel zu oft hatte er sich ihnen gegenüber nicht richtig verhalten, war unhöflich und aufmüpfig. Aber so war Jamie eben.
 

Betrübt senkte ich den Kopf über die Tatsache, dass es wohl niemanden gab, der uns helfen konnte. Wohl oder übel – und auch wenn ich es nicht wahr haben wollte – würde ich mich von Jamie trennen müssen. Tränen bildeten sich in meinen Augen, doch ich schluckte sie mühsam hinunter. Uns würde schon noch irgendetwas anderes einfallen.
 

„Hey, fang hier jetzt ja nicht zu heulen an, sonst flieg’ ich früher raus als ich will…“, grummelte Miller und als ich aufsah, lag ein seltsames Grinsen auf seinen Lippen. Wie war denn das jetzt gemeint. Könnte es sein, dass er mir nicht ohne Grund gerade diese Möglichkeit genannt hatte? Kannte er womöglich einen Lehrer, der Jamie freiwillig aufnehmen würde?
 

„Okay… Dadurch, dass du wahnsinnig süß aussiehst, wenn du so verwirrt aussiehst, werde ich dir noch ein bisschen mehr erzählen.“

Miller setzte sich neben mich, wodurch ich leicht zusammen zuckte. Ich wusste nur allzu gut, was er und Jamie gemacht hatte und wollte es nicht unbedingt darauf anlegen, dass er mit mir etwas Ähnliches tat. Für eine Beziehung – und wenn sie auch nur rein sexuell war – mit einem Lehrer war ich eindeutig nicht der Typ.
 

„Und was wäre das, was Sie mir noch erzählen könnten.“

Ich spürte, wie mir die Röte ins Gesicht stieg und würde mich am liebsten verkriechen, doch jetzt musste ich hier erst einmal meinen – nicht unbedingt so oft vorhandenen – Mann stehen. Jamie zu liebe.
 

„Ich kenne jemand, der nächstes Jahr – also wenn ihr fertig werdet – auch von der Schule geht.“

Ich hasste es jetzt schon, dass er nicht einfach auf den Punkt kommen konnte, aber irgendwie mochte er es wohl, mich zu quälen. Jamie hatte auch schon einmal gesagt, dass er das gerne mit mir machte. Weil ich so süß wäre, war dessen Grund. Ich wollte gar nicht er wissen, ob es bei Miller genauso war.
 

„Kommen… kommen sie auf den Punkt“, gab ich leise von mir. Ich war mir so sicher, dass wenn ich lauter sprechen würde, ich heißer klänge.
 

„Okay, okay… dieser jemand wäre…“ – Er machte eine kurze Pause, wohl um mich langsam aber sicher in den Wahnsinn zu treiben. – „Ich.“
 

Mir stockte für einen Moment der Atem. Er? Okay, er mochte Jamie sehr und würde das sicherlich auch gerne für ihn tun. Aber mit welchem Hintergedanken.
 

„Dann lassen sie aber die Finger von ihm!“

In mir flackerte eine Selbstsicherheit auf, die ich sonst nicht kannte. Wenn er Jamie anrühren würde, dann könnte er etwas erleben, was sich gewaschen hatte.
 

„Ja, ja, ich weiß, dass ihr zusammen seid. Da halte ich mich raus. Und immerhin will ich die kleine Miezekatze doch nicht sauer machen.“

Leicht tätschelte er mir den Kopf. War mit der Katze ich gemeint? So kratzbürstig war ich doch nun auch wieder nicht.
 

„Jetzt sag aber mal deinem Schosshündchen bescheid, damit der sich keine Sorgen mehr macht, dass er sich von seinem Liebling trennen muss.“

Ich konnte nur kurz auflachen, als er das sagte.

„Werde ich machen.“
 

Und schon machte ich mich, nach einer kurzen Verabschiedung, auf den Weg zurück in mein Zimmer. Die Gänge waren momentan von Schülern überflutet, da vor kurzem die Mittagspause begonnen hatte. Ich schlängelte mich durch die Massen hindurch und war einmal darüber froh, dass ich so zierlich war.
 

Kurz darauf war ich auch schon in unserem Zimmer angekommen. Jamie lag auf dem Bett und schlief scheinbar.
 

Jamie’s PoV
 

Ich spürte weiche Lippen auf meiner Wange und eine leise Stimme säuselte mir meinen Namen ins Ohr. Langsam hob ich die Lider und blickte in das Gesicht von Sean, der sanft lächelte. Es schien, als ob er sich über irgendetwas freuen würde. Gab es vielleicht sogar etwas zu feiern?
 

„Weißt du eigentlich, wie glücklich ich gerade bin?“, wollte er von mir wissen und ich zuckte nur leicht mit den Schultern. Er kuschelte sich zu mir ins Bett und flüsterte mir erneut etwas ins Ohr, doch dieses Mal verstand ich es nicht.
 

„Was?“, fragte ich, als ich mich aufsetzte und er es mir auch gleich tat.

„Wir können zusammen bleiben“, wiederholte er seine Worte. Ich hob nur skeptisch eine Augenbraue. Hatte er so schnell eine Möglichkeit gefunden, wie wir uns nicht trennen mussten?
 

Er kuschelte sich unbekümmert an mich und ich legte langsam die Arme um mich. Es war mein innigster Wunsch mich nie von ihm trennen zu müssen. Für immer wollte ich bei ihm sein. Und das war mir jetzt erfüllt worden?
 

Ich drückte mich nun auch leicht an ihn und sog seine Wärme in mich auf, wie er es wohl auch gerade tat. Wahrscheinlich würden wir schon gar nicht ohne die des anderen auskommen. Zumindest konnte ich mir das gut und gerne vorstellen.
 

„Und jetzt erzählst du mir mal, was du herausgefunden hast!“, forderte ich ihn schließlich auf und drückte ihn etwas von mir weg. Das Lächeln auf seinen Lippen war noch immer nicht verschwunden. War es so sicher, dass es klappte?
 

„Miller will uns aufnehmen!“, antwortete er prompt und kuschelte sich auch schon wieder an mich. Ich konnte mir vorstellen, dass Dave viel für mich tun würde. Aber selbst so etwas? Und half es uns überhaupt weiter?
 

„Er hat gesagt, dass wenn wir zu ihm ziehen würden, dass du dann weder zu deinem Vater musst, noch ins Gefängnis“, meinte Sean, als ob er meine Gedanken erraten hätte, und sagte es in einem so verträumten Ton.
 

„Jamie, ich bin so froh.“

Seine Augen strahlten genau das aus, als er mich vorsichtig küsste. Unsere Zungenspitzen berührten sich kurz, als er sich von mir löste. Wieder zaubert sich dieses sanfte Lächeln auf seine Lippen. Ja, er musste wirklich unglaublich glücklich sein. Aber wer wäre es wohl nicht, wenn er wusste, dass er mit dem geliebten Menschen zusammen bleiben konnte. Nur ein Idiot würde sich nicht freuen. Und so einer war selbst ich nicht.
 

Vorsichtig legte ich die Arme wieder um ihn und zog ihn in die Senkrechte. Meine Finger bahnten sich ihren Weg unter sein Shirt, doch er werte sie ab.
 

„Das mag ich jetzt nicht. Können wir nicht lieber nur ein bisschen kuscheln?“

Wie ein anständiges Hündchen gehorchte ich. Doch ich konnte es mir nicht verkneifen meine Hände über seinen Hintern gleiten zu lassen, auch wenn ich dafür nicht gerade nettes Grummeln erntete. Aber was konnte ich dafür, dass der einfach so verführerisch war und geradezu danach rief, dass mein ihn streichelte.
 

Ich bemerkte, wie Sean nach einigen Minuten in süße Träume abgedriftet war. Dadurch konnte ich ihn in aller Ruhe betrachten. In den vergangenen Nächten hatte ich das oft getan. Eigentlich weil ich da noch dachte, dass wir uns irgendwann trennen müssten und ich mir davor noch sein Körper bis auf die letzte Faser genau einprägen musste. Ich wollte einfach nichts an ihm vergessen. Aber jetzt würden wir zusammen bleiben. Für immer.
 

Nun huschte auch endlich einmal ein Lächeln über meine Lippen. Im Schlaf hatte Sean die Nase verzogen, als ob er gerade etwas Übles gerochen hätte. Er sah dabei so drollig aus. Das war auch etwas, was ich mir von ihm genau merken wollte, jeden einzelnen seiner Gesichtsausdrücke. Aber wie es aussah, war ja auch das nicht mehr nötig.
 

Ein warmes Gefühl breitete sich in mir aus, als ich mich nun auch wieder an Sean kuschelte. Vorsichtig küsste ich seinen Nacken, als ich auch etwas einnickte.
 

Wir wachten beide einige Stunden später wieder auf und noch etwas verschlafen setzte ich mich auf und streckte mich herzhaft.

„Was hältst du von Abendessen“, meinte ich zu dem Blonden.

„Gute Idee.“

Er setzte sich auf, legte einen Arm um mich und küsste mich vorsichtig auf den Hals. Wenn er so weiter machen würde, dann fiel ich jetzt noch über ihn her.
 

„Also lass uns gehen!“

Sich nun auch streckend stand Sean auf und tapste zur Zimmertür. Ich folgte ihm und fuhr ihm schließlich durchs Haar, um es etwas zu richten.
 

„Jamie, so schlimm kann ich doch gar nicht aussehen.“

Ich kicherte leise, als er das sagte. Nicht so schlimm? Sein Haar stand in alle Richtungen ab und mein Versuch es zu richten, hatte auch noch nicht viel gebracht. Somit trug ich ihm auf, kurz zu warten und holte die Bürste aus dem Bad. Ich hatte ihm noch nie die Haare gekämmt und irgendwie war es auch etwas seltsam, das bei einem Jungen zu tun, doch es gefiel mir.
 

„So, jetzt siehst du wieder gut aus“, meinte ich schließlich und wir konnten uns endlich aufmachen zum Abendessen. Doch vorher bekam ich noch einen Kuss als Dank.
 

~~~
 

Ein neues Kapitel nach langer Zeit endlich einmal wieder. Ich entschuldige mich bei allen, die so lange darauf warten mussten. >o<

Abschied

Kapitel 57 – Abschied
 

Sean’s PoV
 

Es war jetzt über ein Jahr vergangen und in wenigen Tagen würden wir unsere Abschlussfeier haben. Dann würden wir hier raus sein. Endlich. Wie schön würde es sein, mein Leben mit Jamie in der Freiheit zu verbringen. Ich würde ihn nie wieder verlassen. Ja, es würde nicht mehr lange hin sein und dann könnten wir in aller Ruhe unsere Liebe ausleben und nichts und niemand würde uns davon abhalten können.
 

Eng kuschelte ich mich an Jamie. Nur noch ein paar Tage. Ich konnte es schon gar nicht mehr erwarten. Wenn es nur etwas geben würde, was mich etwas ablenken könnte. Vor Aufregung würde ich noch platzen. Dadurch, dass wir die Prüfungen schon hinter uns hatten, viel der Unterricht für uns aus, genau so wie für die Restlichen der Abschlussklassen.
 

„Na…?“

Jamie strich mir übers Haar und ich blickte langsam zu ihm auf. Ein leichtes Lächeln lag auf seinen Lippen.

„Was wollen wir als erstes anstellen, wenn wir hier raus sind?“, wollte er von mir wissen. Doch ich konnte auch nur mit den Schultern zucken. So recht hatte ich mir noch nicht überlegt, was ich tun wollte. Eigentlich hatte ich auch nur die ganze Zeit ihn im Kopf. In meinem Leben schien es schon fast gar nichts anderes mehr zu geben.
 

„Hat ja noch Zeit“, meinte er schließlich schmunzelnd. Eigentlich hatte er ja Recht, immerhin hätten wir jetzt ein ganzes Leben lang Zeit. Wieso sich also in sinnlose Planung stürzen, wenn man es einfach auch spontan angehen konnte? Ja, Planung kostete uns nur Zeit, die wir miteinander verbringen konnten.
 

„Ich kann mir das noch gar nicht richtig vorstellen, für immer mit dir zusammen zu sein…“

Jamie drückte mich etwas fester an sich und ich hörte die Nachdenklichkeit in seiner Stimme. Wollte er jetzt womöglich einen Rückzieher machen? Nein! Nicht jetzt so plötzlich!
 

Schließlich streckte sich Jamie und stand auf.

„Wir können doch noch etwas im Bett bleiben“, meinte ich schmollend. Immerhin hatten wir doch keinen Unterricht mehr.
 

„Etwas Bewegung ist immer gut… Bringt den Kreislauf in Schwung“, erwiderte er nur knapp und so setzte ich mich nun schließlich auch langsam auf. Wirklich große Lust zum Aufstehen hatte ich ja eigentlich nicht, aber hier alleine liegen würde mir wohl oder übel auch bald langweilig werden.
 

Während ich mir noch Gedanken darüber machte aufzustehen, hatte sich Jamie längst angezogen. Mit gehobener Augenbraue blickte er mich an. Er würde mich nie hetzen, zumindest nicht mit Worten, aber sein Blick sagte mir schon alles. Also beeilte ich mich etwas.
 

Wir marschierten schließlich langsam durch die Gänge. Oft würden wir das nicht mehr können, dann wären wir hier raus. Irgendwie würde ich es das hier vermissen.
 

„Hey, meine zwei Hasen…“ - Von hinten schlang Piccolo seine Arme um uns. – „Mann, werde ich euch vermissen.“

Für manche der Abschlussschüler ging die Heimreise schon etwas früher los und Piccolo gehörte dazu. Er würde wohl einer derjenigen sein, die ich am meisten vermisste. Aber es wird wohl sicher Mittel und Wege geben, dass wir uns irgendwann mal wieder sehen könnten.
 

„Wann geht es für dich los?“, wollte Jamie von ihm wissen, als er sich von dem jungen Italiener wieder gelöst hatte.

„In ungefähr drei Stunden kommt der Heli… Und dann bin ich weg. Ich werde das hier wohl vermissen…“

Er klang richtig sentimental, aber jetzt wo es zu Ende ging, würden wir wohl alle so reagieren. Irgendwie hatte man das Internat doch lieb gewonnen, auch wenn es einen vielleicht am Anfang richtig aufgeregt hatte.
 

„Na ja, ich muss noch ein bisschen packen.“

Er drückte mir einen Kuss auf die Wange und grinste dann Jamie zu. Ich konnte den bösen Blick des Schwarzhaarigen regelrecht spüren. Dabei kannte er Piccolo doch.
 

„Ich werd’ ihn ganz schön vermissen…“, meinte Jamie, als wir weiter schlenderten. Kurz blickte ich zu ihm auf, wandte mich aber dann auch schon wieder ab. Ich konnte den traurigen Ausdruck in seinen Augen nicht lange sehen. Selbst konnte ich ihn sehr gut verstehen, dass es ihn bedrückte, von hier weggehen zu müssen. Auch ich hatte in der Zeit hier einige Freunde gefunden und es würden uns einige hundert Kilometer von einigen trennen. Zum Glück gab es in unserer heutigen Zeit das Internet.
 

Jamie zog mich abrupt zu sich.

„Zumindest du bist bei mir…“
 

Jamie’s PoV
 

Ich hatte Sean ihm Arm. Was würde ich jetzt nur ohne ihn machen? Wahrscheinlich wäre ich wieder mit meinem Vater mitgegangen. Ich wäre so dumm und naiv gewesen.
 

„Wir haben auch nur noch ein paar Tage“, meinte ich, als ich mich von ihm löste. Irgendwie würde selbst ich, der diese Mauern hier anfangs gehasst hatte, das alles sicher vermissen. Es hatte einfach alles auch zu meinem Leben beigetragen. Immerhin wäre ich Sean auch nie begegnet, wenn ich nicht hier gelandet wäre.
 

Ich ließ ein tiefes Seufzen laut werden. Es ging jetzt langsam alles zu Ende. Unsere ganze schöne Zeit, die wir hier hatten. Ja, selbst ich würde sie vermissen.
 

„Vielleicht sollten wir uns langsam seelisch darauf vorbereiten.“

Sean strich mir übers Haar und hatte dabei so einen mütterlichen Ausdruck im Gesicht. Der Kleine war schon richtig süß. Ohne ihn würde ich es in dieser harten Welt da draußen gar nicht mehr aushalten.
 

Nur wenige Tage später war es dann überstanden. Wir marschierten aus der Mensa, wo unsere Abschlussfeier stattgefunden hatte und machten uns auf den Weg zum Flugplatz. Dort sollten schon für die meisten von uns Helikopter warten, die uns in die Zivilisation zurück bringen sollten. Ich konnte wir gar nicht vorstellen, was sich in den Jahren wohl geändert haben könnte, in denen ich hier war.
 

„Hey, ihr beiden! Ihr kommt gleich mit mir mit!“

Es war Miller, der uns da zu sich rief. Es war bekannt, dass Lehrer Privilegien pflegten, wenn es um den Transport in die ‚normale’ Welt ging. Leider mussten wir feststellen, dass das wohl nur Gerüchte waren.
 

„Ich hoffe mal, wir stürzen mit dem Ding nicht ab…“

Der Heli sah etwas danach aus, als ob er noch aus dem 1. Weltkrieg stammen würde statt aus der heutigen Zeit.
 

„Stell dich nicht so an. Freu dich lieber, dass du in die Freiheit kommst“, beschwichtigte mich Dave etwas. Ich grummelte nur etwas vor mich hin.

„Was hast du gesagt?“, wollte er da aber auch schon von mir wissen. Kurz seufzte ich.

„Sie wissen doch, dass ich… schwer erziehbar bin.“
 

~~~
 

Öhm... ja nun, das war's dann mal. Ich hab' es vollbracht. Auch wenn mir das Ende ja so irgendwie gar nicht gefällt. Wirkt total hingeklatscht. >.>;

Na ja... auf demnächst. -wink-



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Von: abgemeldet
2014-08-14T18:15:12+00:00 14.08.2014 20:15
Ich hab's endlich geschafft nach langer Zeit endlich die FF zu Ende zu lesen.

Wow was für eine Story. Echt ein Kompliment dazu. Ich bin echt froh dass Sean und Jamie zusammen gefunden haben. Das Ende finde ich hast du sehr gut hingekriegt. Hat echt verdammt Spaß gemacht die FF zu lesen ;-)
Von:  Flippi
2014-02-18T01:55:26+00:00 18.02.2014 02:55
Na ja wie will man ein schönes Ende schreiben?
Meine na ja nach all der ganzen Zeit da....
Oh eine schöne Kitsch Abschlussfeier hätte ich meinen wohl angetan aber soweit bin ich nie gekommen...
Und rühseeliges auf wiedersehen sagen..
Aber wer das besser gewesen?
Das kannst du selbst sagen...
Aber sie sind gemeinsam weg!

Ps: und besser als mein Ende auf der schule...
Frühzeitig in ein Hotel gesteckt worden von kaum jemanden richtig verabschieden können und mit viel Glück gerade noch geschafft meine Freunde am Bahnhof zu treffen...
Und dann gut paar Wochen später zur schule zu fahren und meine unterlagen ab zu holen die sie mir nicht nachgeschickt haben... sddsvfdsnvfs
Daher ist es so besser....
Denke ich!

Gott warum musste ich immer Steve am liebsten haben!
Ich soll verdammt nochmal ein einiges mal einen von deinen Hauptcharas total mögen!!!!
Das würde es so viel leichter machen!
Und wir sollten mal wieder schreiben...
Ich hoffe du hast die ganzen Komis von mir da noch bemerkt...
Wer weiss ob du ne Benachrichtigung bekommst, weil sonst würden sie wohl kau auffallen...
Aber hey du hast die Storie abgeschlossen!
Wobei ein 5 Jahre später Spezial würde mir irgendwie noch gefallen...
(Ich und meine Extrawünsche, einfach nicht beachten...)
Wo man sieht hey wer hat es geschafft auf dem rechten weg zu bleiben und wer nicht.....
Oder vielleicht stürzt der Helikopter auch ab, wer weiss... XD <3
Meine bösen Gedanken... Hust....
Aber na ja Bad end ist auch nen ende....

Auf alle fälle Remy...
Super FF! Und mein Lob das du es geschafft hast sie zu ende zu schreiben!
Ich mag sie!<3
Auch mit Kitsch Ende!
Von:  Flippi
2014-02-18T01:45:47+00:00 18.02.2014 02:45
Oh gott die Lösung ist da!!!!
Da bin ich nun aber froh das es trotzdem eine gute Lösung für ihr Problem gab!
Es wer sonst schade gewesen, nach all den Kapitels...
Nun nur noch das letzte!:3
Oh gott und ich habe diese FF auch endlich zu ende gelesen!
<3
Nach all den Jahren...
Warum habe ich so lange keine FFs mehr gelesen... o____o wieso?
Von:  Flippi
2014-02-18T01:41:50+00:00 18.02.2014 02:41
Oh Jamie....
ich hoffe sehr deine Rechnung geht auf...
Immerhin sind es nicht mehr viele Kapitel soweit....
Und ich bin trotz der ganzen Zeit nun die erste die hier was schreibt...

Gott deine Geschichte nimmt so einen andere Sichtweise an wenn man mal über 3 Monate in nem fast Internat gewohnt hat wo 97% Jungs waren und Militärische Disziplin herrschte...
Wobei die Jungs unter sich den einen Lehrer schön verstören konnten...
Zwei Jungs gemeinsam am Duschen...
Oder der Wettkampf wie viele Jungs passen in ein WC... XD Und am ende kommen 5 Stück aus der Toilette... XD
Und wir durften nicht zu den Jungs aus Zimmer... ich war trotzdem einmal und niemand hat es bemerkt... XD
Hust....
Von:  Flippi
2014-02-18T01:33:02+00:00 18.02.2014 02:33
Und Papi ist immer noch da...
Hust... der scheint es aber recht ernst zu meinen...
Aber hoffe immer noch sehr das jamie und sean dann gemeinsam zu sean gehen...
Glaube das wer das beste...
Aber mal schauen!
Von:  Flippi
2014-02-18T01:28:24+00:00 18.02.2014 02:28
oh bis jetzt ist alles gut gegangen!
Da bin ich froh!
Und viele Kapis sind es nicht mehr wenn du nicht einböses Ende geplant hast wird alles ein gutes ende nähmen!
Nur bin ich gespannt ob es auch so sein wird.
Von:  Flippi
2014-02-18T01:23:37+00:00 18.02.2014 02:23
Oh hoffen wir mal das ganze findet da noch ein gutes Endet
nun wo Felix wieder da ist...
Oh ich mag den Namen nicht und den Charakter auch nicht so sonderlich...
Sollte sich da lieber nicht zwischen Max und Piccolo stellen...
Aber mal schauen, ich denke nicht das sich da was ändern wird!
Von:  Flippi
2014-02-18T01:15:41+00:00 18.02.2014 02:15
Oh wow!
Es war einfach wieder toll wobei ich nun gespannt bin was mit Piccolo wohl los ist...
Was er genau da auf dem Herzen hat, leider habe ich schon eine Vermutung,
aber ob die wohl stimmt?
Vermutlich ist es dann wieder ganz was anderes denke ich....
Von:  Flippi
2014-02-18T01:10:24+00:00 18.02.2014 02:10
Oh und nun haben sies geschafft!
Nach dem ganzen Drama haben sie es wirklich verdient!
Nun müssen sie dann nur noch zusammen bleiben irgendwie...
Sonst wird es schade....
Von:  Flippi
2014-02-18T01:07:10+00:00 18.02.2014 02:07
Oh wow das ist ja mal wieder was....
Ich würde nicht mit James tauschen wollen und zu dem Mann würde ich auch nicht gehen...
Wenigstens hoffe ich sehr das er zu dem nicht geht....
Was ich zwar wirklich bezweifle soweit... x.x
Mistkerl... Hust....
Gott ich hoffe er bekommt sich da schnell wieder ein das wer schön!


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