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Sunrise

Wherever I am
von

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Eine nächtliche Begegnung

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Eine nächtliche Begegnung
 

»Warum hat das so lange gedauert?«, schnarrte die Küchenaufseherin.

»Bitte entschuldigt, Wang Nüshi! Habt Ihr weitere Aufgaben für mich?«, fragte Kaori leise.

»Nach neun Jahren solltest du wissen, dass die Arbeit hier endlos ist… Hilf Li und Chen beim Abwasch und Beeilung!«, meinte Madame Wang kalt.

Kaori beeilte sich wirklich und versuchte die bissigen Kommentare der Mädchen während dem Spülen auszublenden. Jian saß in der Nähe und aß Reis mit Gemüse zu Abend. Hin und wieder blickte er zu Kaori hinüber und dann zu Madame Wang.

Die Mätresse schaute flehend zurück. Würde er es etwa doch Madame Wang erzählen?

Erneut stiegen Tränen in Kaori auf. Bei allen anderen Leuten konnte sie sich den Hass noch irgendwie erklären, Jians hingegen erschien ihr vollkommen unbegründet und machte sie vielleicht deshalb so fertig.

Nach zwei Stunden waren sie mit dem gesamten Abwasch fertig und Kaori durfte endlich selbst etwas essen. Es war schon Nacht, so spät war kaum noch jemand in der Küche, bloß zwei Köche für eventuelle Wünsche der Herren und ein paar Mädchen.

Kaori blickte in die Reisschale, die auf dem kleinen Tisch der Küchenmädchen stand.

Sie hatte Glück, es waren noch knapp zwei Schälchen Reis drin, wenn auch kalt.

Kaori aß den Reis wie immer ohne alles, nur wenn sie allein den Abwasch machte konnte sie noch etwas Gemüse von den Tellern kratzen… doch Chen und Li waren erst gegangen, als nur noch die Gläser zum Spülen übrig gewesen waren. Sie hatten Kaoris Trick schon lange durchschaut.

Müde griff Kaori nach dem Wasserkrug und stellte fest, dass er leer war. Sie stand auf, spülte brav ihr Schälchen und die große Reisschale aus und lief dann nach draußen um den Krug am Brunnen zu füllen.

Kaori bemerkte sofort die Gestalt, die neben dem Brunnen lag.

»Oh Gott!«, rief sie und beinah wäre ihr der Krug heruntergefallen. Dann beeilte sie sich zum Brunnen zu kommen und sank neben der Gestalt auf die Knie.

Im Dunkeln erkannte sie erst im letzten Moment, dass es Jian war, der dort lag. Er war keineswegs gestürzt, sondern hatte sich nur bequem hingelegt, die Arme hinterm Kopf verschränkt und die Augen halb offen.

»Was willst du denn hier?«, fragte er und zog die Augenbrauen hoch.

»Äh… ähm… Ich dachte du wärst gestürzt…«, murmelte Kaori und senkte den Blick.

»Für wie bekloppt hältst du mich?«, erwiderte er kühl.

»Es, es tut mir Leid, Jian!«, entschuldigte Kaori sich schnell, sie wusste, dass Jian gerne zuschlug, wenn er genervt war.

Sie stand auf und zog den Wassereimer aus dem Brunnen um den Krug zu füllen.

Plötzlich stand Jian neben ihr.

»Wie ist Gong zu dir?«, fragte er leise und blickte zu Boden.

Kaori hielt im Umfüllen vom Eimer in den Krug inne und das Wasser lief über.

Warum fragte er sie etwas über ihren Herrn?

»Verdammt! Wie dumm bist du eigentlich?!«, fuhr er sie an.

Kaori zuckte zusammen.

Rasch ließ sie den Eimer zurück in die Schwärze des Brunnens gleiten und umfasste den Henkel des Krugs fest.

»Was immer ich dir sage, du wirst es gegen mich verwenden…«, hauchte sie und traute sich nicht ihn anzusehen.

»Ach ja? Hmm, würde ich an deiner Stelle vielleicht auch denken. Ich habe nur gefragt, weil ich wissen wollte ob er sich jedem gegenüber so benimmt, als wäre er ein Gott… Ob er jeden schlägt. Ob er jedem mit dem Tod droht oder mit Peitschenhieben… ob er verdammt noch mal jedem gegenüber so ein Arschloch ist?!«, meinte Jian wütend und zum allerersten Mal galt diese Wut nicht Kaori.

Sie musste lächeln und erntete dafür gleich einen bösen Blick von ihm.

»Warum fragst du ausgerechnet mich sowas?«, hauchte sie. »Ich bin doch der Abschaum der Dienerschaft, ich werde doch von jedem so behandelt…«

Es klatschte Laut, als seine flache Hand zum zweiten mal an diesem Tag ihre Wange traf.

Mit Tränen in den Augen und all ihren Mut zusammenraffend sah sie ihm in die dunklen Augen.

»Siehst du?«, fragte sie.

Anstatt sie ein weiteres mal zu schlagen hoben sich seine Mundwinkel etwas.

Kaori staunte stumm - war das nur eine wütende Zuckung oder wahrhaftig ein halbes Lächeln?! Sowas hatte sie in neun Jahren hier noch kein einziges mal bei ihm gesehen.

»Ja«, murmelte er. »Schon witzig, alle hassen dich und die meisten wissen nicht einmal warum…«

Kaori zuckte zusammen.

»Und was ist mit dir?!«, fuhr sie ihn an. »Weißt du warum?!«

Vielleicht würde sie endlich den Grund erfahren…

Jian sah sie verwundert an und seine Hand bewegte sich langsam auf ihr Gesicht zu, legte sich auf ihre Wange.

Er beugte sich zu ihren Lippen hinab.

»Aber ich hasse dich doch nicht…«, hauchte er und sie spürte seinen Atem auf ihrem Gesicht.

Ihr Blick huschte verwirrt zwischen seinen Augen und Lippen hin und her. Er hasste sie nicht? Was sollte das bedeuten?!

Sein Blick wurde eiskalt.

»Ich verabscheue dich nur, kleine Nutte!«

Mit diesen Worten wich er zurück und lief zu seiner Schlafkammer.

Kaori sank zusammen und konnte kaum ihre Tränen zurückhalten.

Götter, lasst mich sterben, dachte sie. Lieber sterbe ich als Tag für Tag diese Hölle zu ertragen!
 

Am nächsten Morgen war sie aus ihrem Zimmer wie immer die erste, die in der Küche stand. Während Kaori Teewasser für die Herren behutsam aufwärmte, frühstückte Jian in der Nähe. Kaori hingegen konnte frühestens in drei Stunden mit etwas zu essen rechnen.

Jians abfällige Blicke wanderten oft genug zu ihr, dennoch schien es ihr hin und wieder als würde er sie eingehend taxieren und mit seinen Augen von oben bis unten abtasten.

Kaori schauderte, als er achtlos seine Suppenschüssel in den Spültrog warf und aus der Küche verschwand.

Ich verachte dich.

Sie blickte sich um und musste lächeln. Er hatte recht, ihr Leben war verachtenswert. Die ganze Zeit über opferte sie sich mit ihrem ganzen Körper ihren Herren, egal ob in der Küche oder im Bett. Jeden Tag aufs Neue arbeitete sie hart und härter und niemals erntete sie ein freundliches Wort.

»Was grinst du so dümmlich vor dich hin?«, fragte plötzlich eine schrille Mädchenstimme, die Chen gehörte, hinter ihr und wurde begleitet von einem Stoß in Kaoris Rippen.

Sie konnte sich gerade noch vor der Herdplatte fangen.

»Hört auf!«, drang Madame Wangs Stimme durch die Küche. »Wenn sie zu arg verletzt wird bekomme ICH Probleme mit dem jungen Herrn!«

Kaori richtete sich langsam auf und erkannte, dass Jian erneut durch die Küchentür getreten war und wartend hinter Madame Wang stand.

»Komm her, kleine Hure!«, befahl Madame Wang.

Kaori leistete dem Befehl sofort Folge und eilte zu der Küchenaufseherin.

»Geh zu Chunhua und lass dich von ihr fertig machen, der junge Herr Gong möchte dich zu einer Familienbesprechung sehen«, erklärte Madame Wang knapp.
 

Kaum eine Minute später war sie bei Chunhua, einem der zwei Menschen im ganzen Haus, den sie mochte. Sie war die Mätresse Bohais und hatte nur die Aufgabe immer schön auszusehen - eine Aufgabe, der sie mit ihrem seidigen kastanienbraunen Haar, den großen schwarzen Augen und der perfekten Figur sehr gut gerecht wurde.

»Kaori, da bist du ja! Lan-Huan habe ich schon hübsch gemacht, jetzt bist du dran!«, lächelte Chunhua.

Kaori wusste nicht, weshalb die schöne junge Frau andauernd so gut gelaunt war, Lan-Huan - die Mätresse Chonglins und Kaoris zweite Freundin - und sie hatten den Verdacht, dass Chunhua in Bohai verliebt war und diese Liebe von ihm erwidert wurde. Warum sonst hatte er sie von allen Verpflichtungen befreit, warum sonst war er als ältester Sohn noch immer unverheiratet, warum sonst blieb Chunhua, obwohl ihr Vertrag seit einem Jahr ausgelaufen war?

Die wenigen Stunden im Monat, in denen Chunhua, Lan-Huan und Kaori zusammen waren, waren die schönsten in Kaoris Leben. Zu dritt waren die Mätressen ausgelassen und diskutierten ernsthaft miteinander, diese Stunden kamen nach Kaoris Geschmack viel zu selten vor.

Chunhua platzierte sie auf einem Samtkissen und überlegte still, lief dann zu einem Schrank und holte einen hellblauen, unechten Seidenkimono heraus, der reichlich knapp ausfiel, eben genau wie Gong es mochte. Chunhua fasste Kaoris Haare im Nacken zu einem Knoten zusammen und befestigte sie mit einer Perlmuttspange. Sie holte ihre Schminksachen heraus und malte Kaoris Lider mit einem goldbraunen Ton an, trug Rouge auf ihre Wangen auf und Fett auf ihre Lippen.

Zu guter letzt, legte Chunhua Kaori das Halsband an…



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