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Das Pentilar

von

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Auf nach Cleefeld

Am späten Mittag fanden wir uns an der Wegekreuzung wieder, von der uns der Postkutscher erzählt hatte. Die Umgebung wurde sehr hügelig und leicht bewaldet. Wir schlugen den Weg in östliche Richtung ein und folgten einem kleinen Wanderpfad, der durch den Wald führte.
 

„Scheint nicht so, als würde der Postkutscher diesen Weg benutzen!“, bemerkte Susan etwas misstrauisch.
 

„Vielleicht ist der befahrbare Weg länger, als dieser Weg!“, sagte ich.
 

Wir liefen durch einen düsteren Tannenwald. Der Mischwald, den wir von weitem gesehen hatten, lag weiter westlich. Die Bäume waren unten herum kahl. Nur die Kronen waren ausgefüllt mit Tannennadeln und hielten somit die Sonnenstrahlen fern.
 

„Ich hoffe mal, dass wir bis zum Einbruch der Nacht hier heraus gekommen sind!“, flüsterte Susan.
 

Der Wald war unheimlich, da man wirklich keinerlei Geräusche hörte. Hin und wieder fegte der Wind durch den Wald und erzeugte ein schauriges Heulen.
 

„In welchem Wald sind wir hier eigentlich?“, fragte ich sie.
 

Susan sah auf ihre Karte und sagte dann: „Der Name ist nahe liegend! Wir sind im Cleefelder Wald.“
 

„Na ja! Nach Cleefeld sieht’s aber nicht aus. Ich hätte ein nettes kleines Laubwäldchen erwartet, mit schönen Blumenwiesen und kleinen putzigen Tierchen.“
 

„Man kann nicht alles haben“, sagte sie dann und steckte die Karte wieder ein. Es wurde langsam dunkel und selbst Susan’s kupferfarbenen Haare leuchteten nicht mehr.
 

„Langsam wird es kalt! Findest du nicht Jim?“.
 

„Es geht. Du hättest dir einen längeren Rock anziehen sollen oder etwas anderes.“
 

„Sicher! Ich habe natürlich stundenlang in meinem riesigen Kleiderschrank gewühlt, um die perfekten Klamotten für jegliche Situationen herauszusuchen.“
 

Sie sah mich mit einem Blick an, den ich nicht deuten konnte. Aber sie hatte Recht. Ich vergas immer wieder, dass ihre Großeltern nicht die reichsten waren und Susan seit dem Tod ihrer Eltern nicht wirklich viel Geld besaß.
 

„Entschuldige Susan! Soll ich dir meinen Mantel geben?“
 

Sie schüttelte den Kopf: „Nein Danke ist schon okay!“
 

Die Entwicklung gefiel mir nicht und ich wusste, dass sie sauer auf mich war. Und das war für den Start einer Reise nicht wirklich gut.
 

„Susan!“, sagte ich entschlossen und wartete, bis sie stehen blieb und mich ansah.
 

„Hör zu! Es tut mir Leid. Ich wollte dich nicht in irgendeiner Weise kränken!“
 

Sie lächelte.
 

„Weißt du Jim! Du machst dir viel zu viele Gedanken. Trotzdem danke!“
 

Ich atmete erleichtert auf. Sie hatte ja Recht.
 

„Sieh mal da vorne!“, rief sie plötzlich.
 

„Was ist?“, fragte ich und schaute in die Richtung, in die Susan zeigte.
 

„Siehst du das? Das ist ein Kirchturm!“
 

„Du meinst wir sind fast…“
 

„…In Cleefeld! Genau!“
 

„Das ging aber schnell! Ich hätte gedacht wir wären länger unterwegs“, bemerkte ich.
 

„Los komm! Noch sind wir nicht da.“
 

Wir beschleunigten unsere Schritte, obwohl es leicht bergauf ging und wir vom Weg abwichen.
 

Es dauerte nicht lange und wir gelangten ans Stadttor. Das Tor war ein schweres Buchenholztor mit netten Verziehrungen. Neben der Türe hingen zwei Fackeln, dessen Flammen unruhig flackerten. Wir klopften am Tor. Eine kleine Türe in der großen Tür selbst öffnete sich.
 

„Ja bitte?“, fragte der Mann, der sich in voller Rüstung zeigte und uns misstrauisch ansah.
 

„Wir sind zwei Pilger und möchten hier in der Stadt übernachten!“, sagte Susan.
 

„Pilger sagt ihr? Wo kommt ihr her?“
 

„Wir kommen aus Gadeen. Das liegt etwas südwestlich von hier!“, antwortete ich.
 

„Nun gut. Dann kommt rein!“, sagte die Wache und ließ uns passieren.
 

„Wenn ich euch ein Gasthaus empfehlen darf. ‚Das schnarchende Schaf’ ist eine gute Adresse.“
 

Wir bedankten uns bei der Wache und gingen in die Stadt. Durch die Innenstadt plätscherte ein Fluss. Mitten in der Stadt war deswegen eine Brücke. Der Weg führte zur Kirche, die Zentral in der Stadt stand. Es war ein kleiner Turm, der von der ganzen Stadt am höchsten reichte. Es waren noch viele Menschen unterwegs. Händler waren noch auf dem Markt und handelten mit einigen Kunden. Hier und da rannten Hühner durch die Gassen, auch einige Kinder konnte man noch sehen.
 

„Ich hatte mir Cleefeld größer vorgestellt!“, sagte ich nach einiger Zeit, da die Stadt kaum größer war, als unser Dorf.
 

„Dann verlieren wir uns wenigstens nicht!“, sagte Susan.
 

Kurze Zeit später fanden wir das Gasthaus, dass uns die Wache empfohlen hat. Wir traten ein und liefen zum Tresen. Der Besitzer des Gasthauses hatte uns bemerkt und fragte: „Kann man euch helfen?“
 

„Wir brauchen ein Zimmer für ein oder zwei Nächte.“
 

„Ein Zimmer für zwei? Na ja! Es gibt nur ein Bett in jedem Zimmer.“
 

Ich blickte Susan an und sie nickte.
 

„Das geht in Ordnung.“ Nachdem wir bezahlt hatten, gingen wir auf das Zimmer, was eine Etage höher lag und setzten uns aufs Bett.
 

„Welch eine Erleichterung für meine Beine!“, sagte Susan und legte ihren Rucksack in die Ecke.
 

„Der Gasthausbesitzer hat wirklich nicht zu viel versprochen.“
 

Sie deutete aufs Bett, worin sie alleine gerade mal Platz gefunden hätte.
 

„Macht es dir nichts aus Susan mit mir in einem Bett zu schlafen?“, fragte ich etwas verlegen.
 

„Es hat mir früher nichts ausgemacht, also wird das jetzt auch kein Problem sein. Aber wenn du die Decke allein für dich beanspruchst, dann kill ich dich!“
 

Sie lächelte und warf sich aufs Bett. Ich legte meinen Rucksack nun auch ab und zog den Mantel aus. Im nächsten Moment klopfte es an der Tür.
 

„Ja bitte?“, rief ich.
 

Die Tür öffnete sich und eine junge Frau trat ein.
 

„Einen schönen Abend! Wünschen Sie, dass ich Sie morgen zu einer bestimmten Zeit wecke?“, fragte sie.
 

Die junge Frau trug eine ziemlich einfache Robe und hatte eine Schleife im Haar.
 

„Hm… Was meinst du Susan?“ Susan zuckte mit den Schultern und sagte: „Vielleicht kurz vor neun!“
 

Ich stimmte zu.
 

„Sehr wohl! Wünschen Sie Frühstück? Wenn ja, was bevorzugen Sie? Wir haben hart gekochte Eier und Räucherschinken anzubieten.“
 

„Ehm… Kostet das etwas?“, fragte Susan etwas misstrauisch.
 

„Aber nein!“, sagte die Frau.
 

„Das gehört zum Service!“
 

Ich hob die Augenbrauen, denn es wunderte mich etwas. So eine Höflichkeit hätte ich nirgends erwartet.
 

„Für mich bitte nichts!“, sagte Susan letztendlich.
 

Ich entschied mich für zwei hart gekochte Eier.
 

„Sehr wohl! Einen schönen Abend noch und verschließen Sie bitte die Türe, wenn Sie Schlafen oder die Gaststätte verlassen!“
 

Mit diesen Worten schloss sie die Tür.
 

„Wo sind wir hier gelandet?“, fragte ich verwirrt.
 

„Du hast nicht zufällig den Preis für das Fürstenpärchen bezahlt oder?“, lachte Susan.
 

Im nächsten Moment gähnte sie.
 

„Nun ja! Ich bin fertig für heute. Wollen wir nicht schlafen gehen?“
 

Ich schüttelte den Kopf.
 

„Jetzt doch noch nicht! Die Sonne ist noch nicht mal untergegangen.“
 

Ich zog einen kleinen Beutel mit etwas Geld aus der Tasche und befestigte ihn an meinem Gürtel.
 

„Wie du meinst Jim! Ich geh trotzdem schlafen. Nimm den Schlüssel mit, denn ich werde dir vermutlich nicht mehr aufmachen.“
 

Sie legte eine Pause ein.
 

„Oder ich lass dich auf dem Boden schlafen, wenn du mich mitten in der Nacht weckst.“
 

Ich wusste nicht, ob sie es wusste, aber sie brauchte mir nicht zu drohen, um mich um etwas zu bitten. Ich nahm den Schlüssel mit und zog die Tür hinter mir zu. Ich stieg die Treppen herunter und sah den Gasthausbesitzer, der mir plötzlich winkte.
 

„Hey komm hier her!“, rief er.
 

Es waren einige Leute hier, die sich kräftig betranken. Ich setzte mich an den Tresen.
 

„Du bist neu hier nicht wahr? Was führt ein junges Pärchen wie euch in unsere Stadt?“, fragte er.
 

„Pärchen? Ich glaube Sie irren. Susan und ich sind befreundet!“, entgegnete ich.
 

„Ach so! Entschuldigt! Mein Name ist Oskar Furan!“ Er reichte mir die Hand und ich erwiderte seinen kräftigen Händedruck.
 

„Nun? Was führt euch hier her?“
 

„Wir sind nur auf der Durchreise! Wir wollen ein wenig die Ländereien erforschen.“
 

Plötzlich fiel mir wieder ein, was Susan erwähnt hatte.
 

„Ach ja! Da gibt es etwas, was ich gerne wissen würde! Gibt es westlich von hier eine Stadt mitten im Wald?“
 

Oskar schaute sich nun um. Sein Blick traf zuletzt die Frau, die vorhin an unserer Tür stand. Als er sicher war, dass sonst keiner zuhörte, flüsterte er: „Haltet euch von diesem Ort fern! Es ist ein verfluchtes Dorf. Es wird sogar gesagt, dass dort die Unbeholfenen eingeladen werden und danach nicht mehr auftauchen! Es ist ein seltsamer Ort.“
 

„Verstehe! Deswegen ist er nicht auf den Karten eingezeichnet.“
 

„Exakt! Es sind Abenteuer, die man vermeiden sollte. Aber falls Ihr etwas bevorzugt, dass weniger gefährlich ist, dann beachtet die Steckbriefe an dem grünen Brett neben dem Eingang! Dort stellen Leute Aufträge aus, die meist sehr lohnenswert sind.“
 

„Vielen Dank für die Auskunft! Sagen Sie! Wissen Sie zufällig, wo ich hier in dieser Stadt gut einen Trinken gehen kann?“
 

Oskar fing an zu lachen.
 

„Sieh dich um, dann weißt du es! Was willst du denn?“
 

Ich wunderte mich, dass er mich plötzlich duzte, aber ich sagte nichts dazu: „Haben Sie Wein?“
 

„Aber selbstverständlich! Was genau bevorzugst du?“
 

„Völlig egal! Hauptsache irgendetwas Alkoholisches befeuchtet meine Kehle.“
 

„Ja, das ist die richtige Einstellung!“, lachte er und schenkte mir einen Krug mit Wein ein.
 

Ich dachte daran, was Susan gesagt hatte. Wieder hatte sie sich vor dem Trinken gedrückt. Doch ich irrte mich und ich hörte Susan’s Stimme plötzlich hinter mir: „Hätte mir ja denken können, dass ich dich hier finde.“
 

„Susan? Wie bist du aus dem Zimmer gekommen?“ Sie sah mich aus mit leicht amüsierten Augen an.
 

„Die Tür war zu, aber nicht abgeschlossen!“
 

„Ups!“, sagte ich in dem Moment.
 

Es war mir ein wenig peinlich, da sie mir ja einige Sekunden vorher gesagt hatte, dass ich die Tür abschließen sollte. Ich vermutete, dass sich nicht geschlafen hatte, da sie immer noch ihre Klamotten von heute trug und diese nicht zerknittert waren.
 

„Wie dem auch sei! Sie können mir direkt auch etwas einschenken.“
 

Sie setzte sich neben mich auf einen Hocker. Ich sah an ihrem Gesicht, dass irgendetwas nicht stimmte.
 

„Du bist Susan?“, fragte Oskar sie.
 

„Ja das bin ich! Habt ihr euch über mich unterhalten?“
 

„Aber nein! Wir haben uns nur vorgestellt. Ich bin Oskar Furan! Dein Freund hat deinen Namen nebenher erwähnt.“
 

Susan nickte und sah mich kurz an.
 

„Oskar! Über unserem Zimmer habe ich gerade Geräusche vernommen. Ist das normal?“
 

Oskar überlegte.
 

„Wundert mich, da das Zimmer im Moment nicht belegt sein sollte. Linda! Sieh mal bitte nach.“
 

Die junge Frau mit der seltsamen Schleife im Haar nickte und stieg dann die Treppen hinauf. Ich trank meinen kalten Wein und auch Susan tat es mir gleich.
 

„Und wo wollt ihr beiden als nächstes hin?“, fragte Oskar.
 

Er schien ziemlich neugierig zu sein, aber er war trotzdem sehr sympathisch.
 

„Nun ja. Vermutlich bleiben wir hier erst mal ein paar Tage. Danach ziehen wir weiter Richtung Norden. Wo genau, wissen wir jedoch noch nicht.“
 

„Verstehe! Diese Stadt ist nicht sehr groß. Hier gibt’s wenig zu entdecken, aber wenn ihr morgen früh mal in die Kirche geht und den Pastor fragt, wird der euch sicher einiges erzählen können.“
 

„Gibt es so allgemein etwas Neues, worüber alle reden?“, fragte ich.
 

„Eigentlich schon, aber das betrifft uns hier nicht. In größeren Städten ist eine seltsame Krankheit ausgebrochen. Es gibt zu Zeit kein Heilmittel dagegen.“
 

„Krankheit? Was hat es damit auf sich?“
 

„Es wird gesagt, dass der Patient einen Fieberschock bekommt und erst für einige Zeit ohnmächtig wird. Wenn er dies überlebt hat, folgen solange weitere Fieberschübe, bis die Person so stark geschwächt ist, dass er stirbt.“
 

„Hört sich nicht gerade toll an“, bestätigte Susan.
 

Nachdem wir unsere Krüge geleert hatten, machten wir uns wieder auf den Weg nach oben. Im Zimmer angekommen schloss ich diesmal die Tür ab und legte den Schlüssen auf das kleine Tischchen, neben dem Eingang. Susan hatte wirklich nicht geschlafen, denn das Bettzeug lag immer noch genauso, wie vorher.
 

„Susan? Ist irgendetwas?“, fragte ich sie spontan.
 

Sie atmete kurz ein und wieder aus und sagte dann: „Es ist nichts! Wie kommst du da drauf?“
 

„Nur so! Es war ne spontane Frage.“
 

Sie schüttelte den Kopf.
 

„Nein. Es ist alles in Ordnung.“
 

Ich beließ es dabei und zog meine Hose aus. Ich legte sie über die Bettkante. Susan legte ihren Rock neben meine Hose und kroch als erstes unter die Decke. Als ich mich dazulegte, wurde es sehr eng. Wir lagen beide auf der Seite und berührten uns benahe. Wir sahen uns an.
 

„Du Jim! Erinnert dich das an etwas?“, fragte sie.
 

„Meinst du die Zeit, in der wir gemeinsam für einen Tag zelteten und du in mein Zelt kamst, weil du Angst hattest?“
 

Sie schloss die Augen und flüsterte: „Weil ich Angst hatte?“
 

Ich konnte erkennen, dass sie lächelte, aber Ich wusste nicht, was sie damit meinte. Ich sah sie noch lange an, bis sie eingeschlafen war. Ich mochte sie furchtbar gerne. Ihr Atem war ruhig und gleichmäßig und es hatte eine einschläfernde Wirkung, bis auch ich schnell zu träumen begann.



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