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The Black Widow Tale

Sparrington
von

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Charakteristikum 6

„Was wolltet Ihr jetzt eigentlich von mir?“, werde ich von ihm aus meinen Gedanken geholt und der Anflug stupider Freude verpufft, so schnell wie er gekommen ist.

Lasten, die einem Mensch auf die Schultern gelegt werden kommen immer mit gnadenloserer Schwere zurück, nachdem sie zeitweilig von ihnen genommen wurden.

Noch in der Hocke sehe ich über Sparrows Schulter hinweg, durch das milchige Glas der Fensterscheiben, auf denen sich die feinen Nebel der aufziehenden Nacht niederschlagen, aufziehend von den dunklen Gewässern und den Raum dunkler werden lassen.

„Von Francois erzählen…“, wispere ich und verbleibe still, als der Pirat mich geduldig mustert, greifbar und intensiv und mit freundschaftlicher Nähe.

„Is´ was Bedrückendes“, schließt er murmelnd.

„Das ist es Mister Sparrow“

Ich erwidere die mir freundlich entgegengebrachte Offenheit und kurz wäre jener Gedanke ein ungemein tröstlicher, meine Stirn an diese mir unendlich stabil vorkommende Schulter vor mir zu lehnen. Die Last zu teilen…

Meine erlernte Überlegenheit über diffizile Situationen aber gewinnt die Oberhand zurück und so richte ich mich auf, um zu dem Tisch im Zentrum des Raums zu gehen. Dort angekommen bekleide ich mich zu Ende, die Kniebundhosen ordentlich über das an den Ärmeln weit fallende, schlichte Hemd getragen, die Knöpfe an den Ärmeln geschlossen und um den Hals einen weißen Jabot gebunden.

Danach stütze ich mich mit gesenktem Kopf und eisernem Blick auf die Platte und trage die Fakten vor:

„Ich habe die Pflicht Euch darüber in Kenntnis zu setzen, dass Eure ehemalige Gespielin während unseres Kampfes den Namen eines Mannes erwähnte, ein Mann, der die Angelegenheit entschieden verkomplizieren wird: La Rochelle“

Obwohl ich den Piraten nicht sehe, so weiß ich, dass er seinen Kopf jetzt recken wird und sein Interesse entflammt, da alles Unerwartete wahres Brennholz für seine Neugierde ist.

„Chevalier Francois La Rochelle. Bis vor einigen Jahren diente er als Geschützmeister in der Armee, bevor er als Protege des fanzösischen Hofes nach St. Lucia ging, mit der Absicht Handel zu treiben. Vordergründig…, wenn Ihr versteht“

Ein sorgenvolles Runzeln läuft mir über die Stirn, das ich glatt zu streichen versuche.

„Der Chevalier ist ein begnadeter Intrigant und Informant, Spion, wenn Ihr so wollt und er versteht sich darauf, wie es kein zweiter tut, die Menschen um ihn herum zu manipulieren. Überheblichkeit und vermeintliche Unantastbarkeit hochdekorierter Aristokraten vermag er zu nutzen, um sie in scharwenzelnder Sicherheit zu wiegen, nur um dann im passenden Augenblick den Dolch zu zücken und wie ein Brutus seinen Cäsar zu erstechen.... und bis heute Morgen nahm ich an, er sei vor acht Jahren vor Santa Barbara gefallen. Doch wie mir scheint waren die Berichte über sein Ableben maßlos übertrieben“

Mir die feuchten Haare im Nacken zusammenzurrend, binde ich ein schmales Bändchen streng darum.

„Und ich befürchte unsere attraktive Gegnerin hat ein Bündnis mit ihm geschlossen. Ich ersehe noch nicht den Profit darin, den sie durch eine Verbindung mit ihm hat, vor allem, da ihre uneingeschränkte Abneigung gegen jegliche Form der kolonialen Herrschaft mir durchaus bekannt ist“

Seufzend füge ich hinzu, „oder welchen Vorteil er dadurch hat… aber die Entführung des Governors wird demnach zu mehr dienen“

„Eine Bekanntschaft, darf ich also annehmen?“, fragt Sparrow mit einem merkwürdig spitzen Unterton, der mir wie eine Nadel in den Rücken sticht und mich veranlasst mich umzudrehen.

„Gewissermaßen“, antworte ich knapp, den Blick auf meine nackten Füße richtend, um ihm auszuweichen, als er mich forschend aus seiner Wanne heraus betrachtet.

„Eine nahe?“, bohrt er an seinem Oberlippenbart kratzend ohne Erbarmen weiter. Dann zieht er sich das nasse Kopftuch herab und taucht unter.

Anzunehmen, er bemerke mein Unwohlsein nicht, beleidigte selbst seine Intelligenz.

Als er wieder auftaucht und sich die restliche Kohle von den Wangen wischt, gebe ich ihm eine nichts sagende Antwort:

„Möglicherweise“

„Aus Kindertagen vielleicht?“, hakt er weiter nach.

Abwehrend verschränke ich nun die Arme vor der Brust, ohne aber die Augen zu heben. Wie deutlich muss man einem Menschen zu verstehen geben, dass man nicht gewillt ist zu antworten?

Stumm verharre ich in dieser Position, lasse mich nicht weiter ausfragen und in der Tat scheint Sparrow nicht zufrieden. Stattdessen erhebt er sich aus seinem Bad, nur um mit ein paar fahrigen Bewegungen bei mir zu sein, ohne… mit einem Räuspern halte ich mir die Hand vor Augen… nun ja... drücken wir es so aus: Das Privileg mich offenbart bis auf das Mark zu sehen, erhält gerade seine Revanche. Sparrow bleibt vor mir stehen, Wasser läuft über seine Haut und sucht sich einen Weg nach unten… und ich folge den Tropfen mit den Augen… mein Blick hebt sich augenblicklich vom Boden, weil ich nicht in die Verlegenheit kommen will, ein wenig zu tief zu schauen.

Der Pirat selbst ist, wie wir wissen, von derlei Hemmnissen frei und macht auch keinen Hehl daraus. Wie der junge Narziss aus den griechischen Sagen zeigt er in seiner Selbstverliebtheit nicht den geringsten Willen sich zu verhüllen, bleibt lieber vor mir stehen, seine Hände in akrobatischer Bewegung, die meine Aufmerksamkeit auf sich ziehen und mich zwingen ihm ins Gesicht zu sehen.

„Ich sag Euch was Commodore, und darauf verwette ich meinen Kompass“, setzt er an, den Zeigefinger an den Mund legend, „unser zukünftiger Großpapi Swann ist nicht der Einzige, den Euer Freund gebrauchen kann. Denkt darüber nach, was er erreichen könnte, hätte er nicht nur einen mächtigen Mann, sondern derer gleich zwei? Wer beschützte dann noch Port Royal?“

Mit erhobenen Brauen sehe ich an. Erst jetzt geht mir auf, dass der Pirat über meinen Bericht keinesfalls überrascht ist. Sein Interesse hält sich auch deutlich in Grenzen… zumindest, was den Teil anbelangt, der nicht privat ist.

„Was beabsichtigt Ihr mir zu sagen?“, frage ich kühl gegen, das Misstrauen in meinem Inneren, das seit einiger Zeit geschwiegen hat, glimmt auf, „Ihr macht nicht gerade den Eindruck, als wärt Ihr über die Erwähnung La Rochelles sonderlich überrascht“

Sparrow will schon mit einem Grinsen zu einer Antwort ansetzen, -

„Und kommt mir nicht mit Eurem ´ich bin Captain Jack Sparrow!´ - Gefasel“, - als ich ihn unterbreche und er gleich einem geprügelten Hund enttäuscht die Schultern fallen lässt. Bedächtig und mit einem wütenden Funkeln in den Augen verkürze ich den Raum zwischen uns.

„Warum seid Ihr nicht überrascht? Erklärt Euch!“

Der Pirat legt den Kopf im Gegenzug schief, schürzt die Lippen auf gar komische Weise und meint dann trotzig: „Nein“, dass mir für einen Moment die Luft weg bleibt.

„Wie war das?“, knurre ich ihn düster an, doch Sparrow wendet sich unbeeindruckt von mir ab.

Halb über seine zuckenden Schultern blickend, schielt er mich aus halb gesenkten Lidern an.

„Erst will ich wissen, in welcher Beziehung Ihr zu diesem Mann steht. Wenn wir doch gerade eine so reizende Runde der Offenheit haben. Findet Ihr nicht auch?“

Mit einem schelmischen Lächeln fügt er bei, „wobei ich sowieso sehr offen bin. Im Augenblick… zufällig…“

Dass der Kerl die Situation über Gebühr genießt ist ihm anzusehen.

„Sparrow, hört auf mit mir zu spielen. Ich habe nicht darum gebeten, dass Ihr vor mir herumstolziert“, überfordert winke ich ab, „so… in dieser Aufmachung!“

„Hm, nein. Das gibt´s als Zugabe. Gerechtigkeit. Sozusagen“

Mit einem Grinsen nimmt er sich endlich, endlich!... etwas zum Anziehen. Währendessen marschiert er selig zu dem kleinen Kamin hinüber, dessen Feuerstelle in der Karibik kaum gebraucht werden wird und gibt dabei die Ansicht auf, hm, seine… Rückseite… preis, die als sei sie verhext meinen Blick anzieht…

Dort angekommen nimmt er vom Sims eine kleine Schachtel, die den Weg zu mir findet.

„Norrington macht Licht. Draußen wird´s duster“

Einige Streichhölzer herausnehmend, entzünde ich die bis zu einem drittel herab gebrannten Kerzenstumpen in ihren Leuchtern und die Laternen im Raum.

Nachdem alle brennen, der Pirat mit Ankleiden fertig ist und sich gesetzt hat, tue ich es ihm gleich, den Arm auf die Lehne gestützt, den Kopf in die Handfläche gebettet.

„Was also wollt Ihr wissen von mir und Francois?“, schnaube ich resigniert.

„Nichts Bestimmtes. Mein Gefühl sagt mir, dass Ihr darüber reden wollt. Und wenn Ihr das schon einmal wollt, dann sollte ich wohl zuhören wollen. Ich kann ein guter Zuhörer sein, wenn ich will“

Ich sehe an dem Piraten vorbei, der den blauen Ring an seinem Finger dreht, wieder hinaus auf das ruhige Wasser.

Ich falte meine Hände in meinem Schoß und überschlage die Beine.

„Nun, um die Sache kurz zu machen: Francois La Rochelle ist…, war ein Freund. Zu Studienzeiten in England, damals, als sich das Empire noch nicht mit Frankreich im Krieg befand und Europa sich vor Gier selbst zerriss“,

gleichgültig zucke ich die Schultern,

„ich weiß nicht mehr den Tag, an dem er gezwungen war abzureisen und sich unsere Wege so trennten. Ich habe es vergessen, und bis heute Mittag war jede Erinnerung an den Jungen von damals in der Bedeutungslosigkeit vergraben“

„Klingt nach einer wirklich engen Freundschaft Commodore“, grunzt der Pirat ironisch auf, meine Wortwahl offensichtlich missbilligend.

„Sparrow, um Tote zu trauern ist legitim. Doch ändert sich trotz der herzzerreißendsten Gefühlsduselei nichts daran, dass sie nun einmal tot sind und es in der Regel auch bleiben“

Zum zweiten Mal an diesem Abend versetze ich Sparrow sonderbarerweise einen eindrücklichen Schrecken, der an seinem Gesicht abzulesen ist. Wie es aussieht, will er auch nicht verbergen, dass meine Worte ihm nahe gehen.

Ich fahre dennoch ungehindert fort.

„Vor acht Jahren erhielt ich schließlich die Nachricht, dass er in einem Seegefecht vor Santa Barbara gefallen war. Etwa zu der Zeit, als ich Elisabeth und ihren Vater auf der Überfahrt von England in die Karibik begleitete und wir unseren lieben Freund Turner aufgelesen haben...

Zu dieser Zeit geriet das Handelsschiff des Chevaliers in direkten Konflikt mit einem Kriegsschiff der Royal Navy. Das Kommando führte damals ein unerfahrener, englischer Captain, ein wenig tölpelhaft und erst seit kurzer Zeit Inhaber des Kapitänpatents. Seine zweite Mission… Und es war eine leichte. Er hatte seine Befehle und hat sie bravourös gemeistert. Ohne zu fragen“

Ich lächle vor mich hin.

„Ich muss euch sicher nicht erklären, welche Partei in der Schlacht den größeren Verlust davon getragen hat.“

Nebenher zeichne ich die Maserung der Armlehne nach, die kleinen, feinen Verzierungen, die Weinblätter zeigen, welche kleine Kugeln aus Gold einfassen.

„Das ist das Kreuz des Soldaten Sparrow. Die zu machende Arbeit ist zumeist eine unangenehme“, seufze ich wehmütig, winke ab und eise meinen Blick von dem Holz los.

„Mehr gibt es nicht zu sagen. Ihr seid an der Reihe“

Der Pirat tippt sich gegen die Nase, schnalzt die Zunge und ist in einer fließenden Bewegung aufgestanden.

„Eigentlich müsste ich böse auf Euch sein Commodore“, ein Auge zukneifend und mit dem Kopf wackelnd, erhebt er den Zeigefinger.

„Ja. Doch. Ich müsste böse auf Euch sein. Da erzählt Ihr mir zu Beginn unserer Reise etwas von Vertrauen Freund, dass dieser Pirat hier- “,

er pausiert und legt sich die Hände auf die Brust, dabei zu mir an den Stuhl herantänzelnd,

„darauf bauen soll, dass Ihr ihm nicht bei der nächst besten Gelegenheit den Kragen ein wenig zu eng schnürt, wo wir doch beide zu genau wissen, wie gerne Ihr diesen Piraten habt, aye? Und nehmen wir an, der Pirat ist blöd genug das zu machen“

Mit zur Seite geneigtem Kopf tritt er neben mich, die Finger seiner Rechten laufen jetzt beiläufig über den Tisch, gleich einem Cembalisten, der seine Tasten greift. Seine ansonsten vollen Lippen sind zu schmalen Strichen verzogen, wirken verbittert und die Augen verhangen mit dunklen Wolken, entfremdet von dem gewöhnlich erhellenden Glanz. Den Kopf sacht in den Nacken legend, sieht er mich an, die nassen Zöpfchen fallen lockig nach hinten über seine Schultern.

„Er weiß zwar nicht warum, aber er macht es. Commodore. War das ein Fehler?“

„Was meint Ihr?“, hake ich ein, ein aufschreiendes Gefühl sich zusammenknüllender Gedärme wühlt sich von meinem Magen bis hinauf zu meinem Verstand.

Das Gesicht des Piraten erfriert augenblicklich.

„Euer junger Freund Hawkins. Und vier weitere Män-“,

noch während er spricht, fahre ich aus meinem Stuhl auf, so dass ich ihm und seiner Anklage auf Augenhöhe begegnen kann.

Himmel, nein! Von einem Augenblick zum anderen rast mein Herz in gefühllosem Takt, bringt mein Blut in den Adern zum kochen und macht mich schwindeln.

Sparrow dagegen steht reglos vor mir, unnatürlich ruhig und gelassen und einer für ihn untypischen Kälte in den Augen.

Er kann es nicht wissen!

„Vier weitere Männer habt Ihr an Bord geschmuggelt“, vollendet er den Satz, der

alles ins Wanken bringt.

Weißlich gekalkt und porös spannt sich die Haut meines Gesichts über darunter liegende Knochen, Muskeln und Fleisch von denen ich spüre, dass sie obwohl miteinander verwoben, keinen Halt für ernsthafte, kontrollierte Züge mehr haben.

Man könnte auch in dem unterprivilegiertesten Jargon sagen, mir fiele alles aus dem Gesicht.

Meine Herren, dieser Zeitpunkt wird es wohl sein, an den ich mich als denjenigen erinnern werde, an dem mir klar wurde, wie gefährlich der Kerl vor mir tatsächlich ist. Nicht nur in kämpferischer Hinsicht, sondern trotz seines belächelnswerten Gemüts, auch geistig.

In dem meinigen überschlagen sich bei dieser Erkenntnis die Gedanken:

Außer Hawkins war keiner der anderen Männer an Deck! Der Junge war betrübt, niedergeschlagen um nicht zu untertreiben, hat mich nicht einmal angesehen!

Wo sind die anderen?

„Ich dachte wir seien Gentlemen. Mein Freund…“

Mein Atem geht nur noch flach, Worte, wie sie sonst problemlos zu mir kommen, finden nicht den Weg, den sie sollten.

Wenigstens gelingt es mir Haltung zu bewahren, meine körperliche Überlegenheit durch Größe zu nutzen eine kühle, distanzierte Fassade zu errichten, und wenn auch nur äußerlich vorhanden, so doch gut genug, um nicht schmachvoll diesem kleinen Kerl zu unterliegen.

„Ihr seid bleich um die Nase Commodore. Läuft´s nicht wie geplant?“

Die Kiefer aufeinander beißend, forciere ich stumm die Wand hinter ihm. Hinter meinem Rücken balle ich die Hände zu Fäusten, die Nägel in die Innenseiten rammend.

„Im Admiral war ich drauf und dran Euch zu erschießen. Fühlt Euch geehrt, ich hätt selbst die Kugel genommen, die mal für Barbossa bestimmt war. Wenn ich sie noch hätte. Das hat nur die Gute, wie heißt sie doch gleich, ah Elisabeth, bisher geschafft“

Der Pirat watschelt zum Kamin und greift sich den Schürhaken, der an einem Haken an der Seite hängt.

„Seid also bloß froh, dass Sophia Euch gegenüber saß und nicht Anamaria“, ergänzt er grinsend, den langen Eisenstab in meine Richtung schwenkend, als ob er eine Reitgerte in den Händen halte.

„Seit wann und woher?“, frage ich und obwohl ich keine Berechtigung habe zu befehlen, kann ich nicht vermeiden, dass meine Stimme eisig und autoritär klingt. Ja, nicht einmal begegnen will ich den braunen Augen meines Gegenübers.

Ich höre, wie Sparrow mit einem Seufzen den Schürhaken klirrend zurück an seinen Platz hängt und wage es aus den Augenwinkeln zu ihm zu stieren.

„Lächelt Commodore“, fordert er mich abgewandt auf und bückt sich vor den Kamin.

Ratlos und auch seltsam gelöst starre ich auf seinen sich bewegenden Rücken, erkenne aber nicht, was er gerade tut.

„Kommt schon, ich will, dass Ihr lächelt. Kann nicht so schwer sein“, wiederholt er, genau im Bilde darüber, dass ich es nicht tue.

Mit einem Schnauben füge ich mich, schließe die Augen und setze ein verzerrtes Grinsen auf. Eine Grimasse…

Keine Sekunde später spüre ich leichten Druck an meiner oberen Zahnreihe.

Erschrocken weiche ich zurück, reiße ich die Augen auf und schaue direkt…. auf vom Ruß schwarze Fingerspitzen. Die soeben noch in meinem Mund herumfuhrwerkt haben!

Die freche Hand packend, wische ich mir über die Zähne, habe nun selbst Asche an der Hand und den schalen Geschmack auf der Zunge.

„Was in Dreiteufelsnamen macht Ihr?!“, brause ich auf.

Der Pirat gluckst auf, nagt an seiner Unterlippe, um mich nicht königlich auszulachen.

Nachdem ich ihn drohend niederstarre, klärt er mich auf:

„Nächstes Mal Jamie, solltet Ihr Euch Leute suchen, denen der ein oder andere Zahn fehlt. Oder zumindest welche, die sie in naher Zukunft verlieren. Denn kein Pirat, der was auf sich hält, hat seine Beißerchen vollständig beisammen, klar?“

Wie zum Beweis schenkt Sparrow mir eines jener strahlenden Lächeln, das seine goldenen Kronen zur Geltung bringen.

„Skorbut“, komme ich zu dem einzig logischen Schluss und mir fällt es wie Schuppen von den Augen, warum der Pirat Hawkins bei der Ankunft in Tortuga einer derart ausgiebigen Musterung unterzogen hatte.

Ich schüttle mit einem resignierten Grinsen den Kopf. Mein Gott, wie einfältig kann ein Mensch sein?!

„Ihr wusstet es von Anfang an, seit wir den ersten Fuß auf Tortuga gesetzt haben und ihr Hawkins ins Visier genommen hattet. Er entsprach wohl nicht ganz dem Klischee“

„Geahnt Freund. Nur geahnt“, wirft er ein, „stärker geahnt, als plötzlich auf der Pearl zu wenig Schlafraum war und ich mich in diesem Punkt nicht verrechne... ein wenig blauäugig die Annahme, dass ich ein solch schlechter Pirat bin, was Jamie?..."

Schwer um meinen inneren Frieden ringend, füge ich mich dieser niederdrückenden Wahrheit:

"Es scheint wohl so"

"...Tja, und gewusst hab ich´s, als Jabbar wegen dem französischen Schiff und Eurer Sorge ankam und ich daraufhin einige Ründchen Rum im der Stadt spendiert hab. Ich schätze, ich habe ein bisschen mehr herausbekommen, als die zwei seltsamen Gestalten, die unbescholtene Freudenmädchen und erfolgreiche Fischer begfragt haben. Und ja, ich kann bestätigen, es handelt sich um Euren verloren geglaubten Freund mit dem Sophia meint anbandeln zu müssen."

Sparrow seufzt.

"Auf dem Rückweg zum Schiff hab ich dann den Jungen auf seinem Weg zur Taverne abgefangen. Beiläufig“

Schwer lasse ich mich in zurück in den Stuhl fallen, als ob meine Beine nachgäben. Und die halb verheilte Wunde muss zu allem Überfluss gerade jetzt anfangen zu schmerzen!

Müde reibe ich mein Gesicht mit den Handflächen, den Kopf auf die Rückenlehne gelegt.

Zähne! Wegen zu weißen Zähnen!

„Und ab da war´s sehr einfach. Ein wenig Drohen hier, ein kleine Erpressung dort. Wirklich, Ihr solltet weniger nervöse Leute für Heimlichtuereien nehmen. Hawkilein hat viel zu schnell geplappert“

„Meine Männer?“

„In der Brigg. Vorläufig. Außer dem Jungen. Der hat ja, wie wir wissen, zumindest wie ich weiß, einen nicht geringen Anteil daran, dass wir aus den Klauen meiner Gespielin, wie Ihr sie nennt, entkommen sind. Neben Anamaria. Aber die muss ich ja nicht in die Brigg werfen“

Ich schlucke den Kloß in meiner Kehle hinab bei dem Gedanken, was die Crew mit ihnen anstellen wird.

Missgelaunt presse ich meinen Atem durch die Nase.

Belustigt stellt Sparrow sich hinter mich, jetzt wieder ganz der heitere Tunichtgut, den kein Wässerchen trüben kann. Lächelnd schaut er auf mich herab, mir direkt in die Augen. Seine Hände bettet er links und rechts neben meinen Kopf, die dabei sanft mein zurückgefallenes Haar berühren.

"Ein bisschen Strafe muss sein, das werdet Ihr wohl einsehen müssen"

Trotz der Nähe verspüre ich weder die geringste Lust mich zu rühren, noch dadurch wie ein Flüchtender zu wirken. So ziehe ich lediglich die Braue fragend nach oben, und selbst dann bewege ich mich nicht, als vereinzelte Tropfen von seinem Bart und seinen nassen Zotteln, die ihm ohne sein Tuch ins markante Antlitz hängen, mir auf die Stirn fallen.

Stattdessen nutze ich die Gelegenheit meinen ´Feind´ zum dritten Mal an diesem Tag genauer zu betrachten, ebenso wie er es gerade tut. Beide wohl mit der Intension etwas zu entdecken, das bisher unentdeckt geblieben ist. Und tatsächlich sieht er anders aus. Ohne seine charakteristische Kleidung, den zotigen Hut, das breite Tuch und die von Asche umrandeten Augen, die ohne das Geschmiere größer sind und noch um ein vielfaches klarer… die kleinen Falten, die sich um Mund und Augen legen, wenn er lacht und an denen man sein Leben ablesen kann, das nicht spurlos an ihm vorbei gegangen ist. Die kleine nässende Wunde auf seiner rechten Wange, die einfach nicht heilen will und bloß nicht auffällt, weil kunstvoll zurechtfrisierter Bart und Dreck sie meistens verdecken. Es ist, als sehe ich ihn jetzt zum ersten Mal... vielleicht das, was Elisabeth, Turner und all die anderen sehen…

Einen Teil von Sparrow, der nicht Pirat ist und der großmütig genug ist, Soldaten, die sich an Bord geschlichen haben, nicht gleich über die Planke zu schicken. Ja, er ist ein Unikum unter den Freibeutern...

„Warum tragt Ihr Kohle um die Augen?“, flüstere ich in die wohlwollende Beobachtung hinein.

Zugegeben eine seltsame Frage. Eine seltsame Frage für einen seltsamen Moment. Aber die einzige, die mir einfallen und mich wahrhaftig interessieren will…

neben der einen, was Jack wohl sieht, wenn er hinter den Commodore blickt…

„Warum weißelt Ihr Eure Perücke?“, fragt er ebenso leise gegen, vorsichtig an einer meiner Strähnen zupfend, ohne den innigen Augenkontakt zu brechen.

„Sicher nicht zu modischem Zweck“, necke ich ihn lächelnd.

„Oh gut. Seht Ihr Jamie, ich auch nicht“
 

* * *
 

Freu mich über Kritik! ^_-



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  Nievaris
2008-03-05T20:49:14+00:00 05.03.2008 21:49
>>Anzunehmen, er bemerke mein Unwohlsein nicht, beleidigte selbst seine Intelligenz.<< solche Sätze sind es, die es mehr als nur verdienen, in irgendeinem Zitatenheft gesammelt zu werden (und sollte ich mal dazu kommen, meinen inneren Schweinehund zu überwinden, werde ich das auch tun ;) )
In den darauffolgenden Fragen beweißt Jack aber eigentlich, dass sein Gefrage zwar durchaus einen Nerv beim Commodore trifft, aber die Art von Fragen die er stellt - und die so gezielt sind - zeugt doch davon, wie intelligent dieser Mann sein muss ;P
Genauso wie die Schlussfolgerungen anschließend, in denen er darauf anspielt, nach wem dieser Franzose eigentlich sucht/jagt.
....was ich in der Vergangenheit übrigens geschrieben habe ... von wegen, das James dem Piraten gut gestellt ist...vergiss es wieder xD das hat sich eben wieder abrupt geändert xP Zumindest ansatzweise ;)
Ich finds übrigens sehr ansprechend, dass das alles Norringtons PoV ist.
Das Jack nun draufgekommen ist, das James seine Männer an Board der Pearl geschmuggelt kommt...überraschend ö.ö Will nicht wissen, wie sich der Brite nun fühlen muss, aber sehr gut, dass das nun so einfach ausgespielt wird =)
DAbei kann man sich aber nicht sicher sein, ob Jack mal länger als für fünf Minuten wirklich bösartig böse auf jemanden sein kann o,Ô Irgendwie schon herzig, dass er dem Briten dann Asche auf die Zähne schmiert, um ihn auf die richtige Spur zu bringen *kicher*
Von:  PickedYou
2008-02-27T17:54:05+00:00 27.02.2008 18:54
Na dann will ich auch mal wieder meinen Senf dazu geben.^^
Also ich fand die letzten Kapitel wieder sehr gut und mir gefällt es auch das sich as ganze langsam entwickelt und sich die zwei nicht von Heute auf Morgen aufeinander stürzen.
Allerdings finde ich das du teilweise den Satzbau etwas zu kompliziert und verwirrend machst.
Versteh mich nicht falsch ich finde deine anspruchsvollen Schreibstil wirklich gut, zumal er auch zu Norrington passt aber ich glaube teilweise ist es etwas zu viel des guten.
Wie auch immer ich bin mal gespannt wie sich das ganze weiter entwickelt.^^

Haru
Von:  Sengo-sun
2008-02-27T17:01:24+00:00 27.02.2008 18:01
/)/)
(°.°)
So langsam gehen mir die Worte aus ... v_v peinlich..
neben dir komme ich mir ziemlich klein vor Ö_Ö
Mal wieder hast du die Charaktere gut rüber gebracht und die Dialoge sind einfach klasse ;)
Da ich auch auf Fanfiktion lese kenne ich auch weitere Sparringtonffs ;D
Dadurch bin ich ziemlich verwöhnt worden ._. ...
Das du die Geschichte nicht weiter schreiben konntest/wolltest machst du mit dem Kapitel voll und ganz wett :)
Es kommt endlich (!) ein Hauch von Shonen-ai, auch wenn er noch so zart ist :P

*dich knuddel*

deine Nikki :D




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