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Cruel, bloody Paradise

Ihr heiliges Spiel um meine verdammte Seele
von

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Die Festspiele von Lossour (Teil I)

Rion ließ den Blick schweifen. Er war jedoch mehr als überrascht über das, was er dort sah. Eigentlich hatte er eine lange Schlange von Menschen erwartet, die sich die Beine in den Bauch standen um am Turnier teil zu nehmen. Doch der rechteckige Vorraum zur Turnierstadt war wie leergefegt. Verdutzt schlüpfte er durch die unscheinbare, schmale Holztür vor sich um in den Anmelderaum zu gelangen. Auch dort war es menschenleer. Er stellte sich vor die Theke und versuchte zwischen den Vorhängen etwas zu erkennen. Da schien wirklich noch jemand zu sein. Hin und wieder bewegte sich der dunkle Stoff.

„Hey! Hallo?“, rief Rion hoffnungsvoll.

Kurz darauf erschien er kleiner, dicklicher Mann mit Halbglatze und unrasiertem Gesicht: „Was denn?“.

„Ich wollte mich zum Turnier melden“, entgegnete er entschlossen.

„Pech“, murmelte der Mann unfreundlich, „Jetzt ist hier geschlossen“.

„Hier is gar nichts geschlossen“, widersprach er empört, „Bewegen sie sich sofort hier rüber, ich muss an diesem Turnier teilnehmen!“.

„Wer nicht kommt zur rechten Zeit… der hat halt Pech“, zischte der Kerl hinter der Theke.

„Mach keinen scheiß und gib mir das dämliche Anmeldezeug“, forderte Rion ihn auf, „Ich will nicht ungemütlich werden müssen“.

„Wenn du hier Randale machst, fliegst du“, meinte er.

Rion verdrehte die Augen. Sein Blick fiel auf einen Stapel weniger Blätter. Mit zufriedenem Grinsen nahm er sich eines der Papiere, griff nach dem beiliegenden Stift und füllte den Bogen aus. Dann legte er ihn auf der Theke ab und den Stift darauf.

„Ich geh dann rein“, wandte er sich an den Mann.

„Nicht ohne Anmeldung“, erinnerte er ihn, „Seit neustem haben wir hier Bürokratie eingeführt. Alles geht nur noch streng nach Vorschrift“.

Der dickliche Mann kam hinter seinem Vorhang hervor und Rion hielt ihm das Formular unter die breite Nase und grinste ihn an.

Der Mann verzog das Gesicht: „Ganz schön clever für so eine halbe Portion…mach doch was du willst! Du kommst sowieso nicht über die erste Runde hinaus“.

„Das werden wir sehen“, entgegnete Rion, „Ich sehe das nämlich ganz anders“.

„Natürlich“, lachte er auf und hielt sich den runden Bauch, „Es gibt zu viele Typen von deiner Sorte. Ne mickrige Hühnerbrust aber ne Klappe bis nach Linga“.

Rion hob die Augenbraue: „Wenn ich diesen Oger im Finale von der Platte putze, dann wird dir das im Hals stecken bleiben“.

„Du? Das ich nicht lache!“, amüsierte er sich, „Bist echt ne Nummer, Kleiner“.

Noch immer prustend vor Gelächter stempelte er Rions Anmeldung ab und übergab ihm ein kurzes Schreiben: „Gib das Kyle“.

„Ist das der Obermacker hier?“, erkundigte Rion sich und nahm es an sich.

„Kann man so sagen“, nickte der Mann von der Anmeldung und drückte auf einen runden Knopf.

Daraufhin öffnete sich eine Tür hinter Rion. Dieser stapfte hindurch auf einen großen, sandigen Platz. Auf der linken und rechten Seite des Sandfeldes flankierten einfach gezimmerte Verschläge ihn. Direkt vor ihm befand sich die Arena aus grauem Gestein. Alles in allem gab es ein trostloses Bild ab. Der gesamte Ort wirkte kühl und ungemütlich. Über ihm strahlte das grelle blau des Himmels, der voller Wolken hing. Wenigstes ein bisschen Farbe an diesem deprimierenden Flecken Erde. Rion seufzte tief und blickte sich um. Vor der Arena stand eine Rundbogentür offen. Er zuckte mit den Schultern und machte sich auf den Weg dorthin. Seine Stiefel trafen bei jedem Schritt hart auf den Sandboden. Es knirschte beim Auftreten. Sanft aufkommender Wind trieb die oberste Schicht feinsten Staubes über den öden Untergrund.

Er schob den Kopf durch den Türrahmen. Innerhalb des langen aber schmalen Raumes befanden sich viele Menschen. Ausschließlich Männer wie er bei genauerem hinsehen feststellte.

„Na die haben hier wohl noch nichts von Gleichberechtigung gehört“, Rion schien es laut ausgesprochen zu haben, denn einer der Männer drehte sich zu ihm um.

Der ordentlich gebundene Zopf der bis über die Schultern reichenden, dunkelbraunen Haare fiel ihm beim zu ihm herumdrehen nach vorn. Seine grauen Augen trafen Rions. Jedoch nicht feindselig, wie er erst dachte. Eher neugierig. Ein kaum bemerkbares Lächeln umspielte die trockenen, schmalen Lippen des Dunkelhaarigen als er ihm doch etwas entgegnete: „Denken Sie denn nicht, dass die holde Weiblichkeit sich nicht auf solcherlei Festlichkeiten herumtreiben sollte? Männer sind es doch, die bestrebt sein sollten die zarte Damenwelt zu beschützen“.

Er sprach mit stolz geschwellter Brust und einer solchen Höflichkeit, dass Rion ihn fast entsetzt ansah.

„Häh? Also… können wir beim du bleiben? Ich bin nicht so alt…“, er schien beinahe beleidigt.

„Gerne“, strahlte der Fremde ihn an, „Mein Name ist Roen. Ich bin ein Ritter im Dienst des Ordens des Drachen“.

„Nie gehört“, zuckte er mit den Schultern, „Aber ich bin Rion“.

„Welch eine überraschende Namensähnlichkeit!“, rief Roen erfreut aus.

„Ähnlichkeit? Na du bist ja leicht zu begeistern“, murmelte Rion und pustete gegen eine vor den Augen hängende Haarsträhne.

„Der Orden ist ein Zusammenschluss von freien Rittern. Wir beschützen die Bevölkerung und tun Dinge, die Ritter eben so tun“, erklärte er seinen Beruf.

„Jetzt sprichst du endlich auf meinem Niveau“, grinste Rion erleichtert.

„Tut mir leid, ich war einfach zu lange unter den hohen Herrschaften. Da lernst du dich anderweitig zu Artikulieren“, versuchte er zu erklären.

Rion nickte nur mitleidig: „Mein Beileid“.

Roen lachte auf: „Du bist mir ja ein witziger Kerl“.

„Was tust du denn nun den ganzen Tag so als Ritter?“, wollte er wissen, „Hier ist doch nicht viel los…“.

„Holde Damen in Not retten, Monster bekämpfen. Solche ritterlichen Dinge eben. Es bringt Geld und Ruhm ein“, gab er Kleinlaut zu, „Ein jeder muss sehen wo er bleibt“.

„Wie wahr…“, musste Rion ihm beipflichten und schickte ein Seufzen hinterher.

„Hier!“, knurrte ein stämmiger Mann und warf Rion ein dickes, fest geschnürtes Päckchen zu.

Es war jedoch deutlich schwerer als Rion es geschätzt hatte. So schlug es hart gegen seine Brust als es in seinen Armen landete und er taumelte einige Schritte zurück, fing sich jedoch wieder bevor der sich völlig blamierte.

Das Lachen des Mannes bellte förmlich auf: „Jetzt guckt euch das halbe Hähnchen an!“

Viele der umstehenden, muskulösen Herren stimmten in sein Gelächter mit ein und es hallte hart im hohen Raum wieder.

„Bist du Kyle?“, fragte Rion zähneknirschend.

„Ja, der bin ich“, nickte er, „Was will so ein Schwächling wie du von mir?“.

Rion schlug ihm die Anmeldung hart gegen die nackte, haarige Stahlbrust.

Kyle funkelte ihn aus dem Augenwinkel an: „Willst wohl Ärger machen, was?“.

„Ich will nur meine Anmeldung abgeben“, entgegnete Rion trocken, „Was kann ich dafür, wenn du dich von dem halben Hähnchen reizen lässt?“.

„So etwas wie du ist dabei?“, Kyle las zweifelnd sein Formular durch, „Meinetwegen… fliegst ja eh in der Vorrunde“.

„Ich hätte nie gedacht, dass so ein hohler Muskelberg lesen kann…“, bemerkte Rion und wandte sich von ihm ab.

„Sei froh, dass ich nicht teilnehme, sonst würde ich dir deine vorlaute Fresse polieren, Kleiner!“, schnaubte Kyle hinter ihm.

„Na so ein Pech…“, murmelte Rion.

Roen schüttelte den Kopf und legte Rion bremsend die Hand auf die Schulter: „Vordere ihn nicht heraus. Kyle ist sehr stark“.

„Ich lasse mir aber nichts gefallen“, entgegnete Rion ihm.

Roen klopfte ihm beschwichtigend auf die Schulter und fing dann sein Gepäck auf. Es sah bei ihm ganz leicht und locker aus. So, als wären nur ein Haufen Federn darin. Rion blickte erst ihn an, dann sein Päckchen. Es war ein undefinierbares Gefühl welches da in ihm aufstieg und das gefiel ihm gar nicht. Kyle führte sie in einen großen, leeren Raum. Darin befanden sich nur lange Holzbänke.

„Zieht euch um, dann wartet hier“, kommandierte er sie herum, „Beeilt euch, die Vorrundenkämpfe beginnen gleich“.

Rion setzte sich und legte das geschnürte Päckchen neben sich. Er streifte die Stiefel ab und bemerkte, wie Roen seine Sachen neben ihm ablegte. Ganz vorsichtig und sorgsam. Rion griff nach der groben, ausgefransten Schnurr, die das weiße Leinen beisammen hielt und versuchte den Knoten zu lösen. Er war jedoch sehr fest gezogen. Er bekam ihn einfach nicht auf. Roen neben ihm hatte seines längst geöffnet. Ungeduld stieg in Rions Körper auf und er zog mit aller Kraft an der Schnur. Schmerz durchzog seine Finger als der dicke Faden sich in seine Finger schnitt. Er zog sie zurück.

„Klappt es nicht?“, Roens frage kam für ihn einer Provokation gleich, obwohl er es gar nicht böse gemeint hatte.

Rion sah für den anderen unbemerkt zu ihm herüber. Dessen Hände waren wirklich breiter und größer als seine eigenen. Was allerdings keine große Kunst war. Rions Finger waren zwar lang, aber sehr dünn. Überhaupt war Roen etwas größer geraten als er es war. Die Schultern des jungen Mannes waren um einiges breiter. Zwar bei weitem nicht so breit wie die von Geroh, aber in jedem Fall mehr als seine eigenen. Rion wusste, dass er schmächtig war, doch er hatte auch nie den Vergleich zu anderen gesucht. Roens Gesicht war zwar schmal, seine Züge waren aber weniger fein oder feminin. Er sah wirklich viel männlicher aus. Rion schob diese Tatsache auf die gut fünf Jahre, welche zwischen ihnen liegen mochten. Er war kein Schwächling und das würde er ihnen schon noch beweisen. Er brauchte nur eine passende Gelegenheit – und zwar dalli, dalli. Sonst ging die Sache den Bach runter noch bevor es richtig losgehen konnte.

„Es ist einfach nicht mein Tag“, murrte Rion und versuchte es weiter, er durfte und wollte vor Roen jetzt keine Schwäche zeigen.

Es würde ihm noch fehlen jetzt, direkt vor diesem blöden Turnier eine solche Angriffsfläche zu bieten. All diese Dinge wurmten ihn mehr als er es zeigen wollte.

Roen lachte leise: „Ach Rion, du hast aber auch Hände wie eine Frau“.

Wütend funkelten Rions Augen ihn an, er zückte Aura und zerschnitt die Schnur. Musste dieser Kerl es denn unbedingt mitbekommen? Reichte es nicht schon, dass das große Turnier so schlecht für ihn begann?

Roen bemerkte, dass es besser war nichts zu sagen und das tat er auch nicht.

In seinem Gepäck befand sich ein Kettenhemd, eine übliche lederne Hose und unechte Fellstiefel mit Schnüren zum zusammenhalten der seltsamen Schuhe, die in Wahrheit nur aus einem großen Stück Kunstfell bestanden. Als sie ihre fragwürdige Montur angelegt hatten, sahen sie aus wie eine bizarre Mischung aus Gladiator und Steinzeitmensch. Unglücklich betrachtete Rion den Aufzug und stellte fest, dass jeder Einzelne damit total bescheuert aussah.

„Und jetzt? Wo wir uns schon so völlig dämlich verkleidet haben?“, warf Rion in den Raum und erwartete nicht wirklich eine Antwort darauf.

„Jetzt kommen die Vorrundenkämpfe“, antwortete Roen ihm äußerlich ruhig, „Jeder von uns muss drei davon als Gewinner beenden. Dann werden für die Verbleibenden die Quartiere verteilt. Morgen folgt das Viertelfinale. Beim Finale tritt man gegen den Vorjahressieger an. Der Sieger darf dann den Riesen Oger herausfordern“.

„Wer ist der Vorjahressieger?“, wollte Rion wissen und zupfte noch immer an seinen Fellschuhen herum.

Roen beobachtete ihn höchst amüsiert: „Ein Mann namens Gladian“.

„Gladian?“, Rion sah ihn erschrocken an, „Dieses Anhängsel von Ventan?“.

„Richtig“, nickte er, „Er ist der beste Kämpfer von Meister Ventan. Vor zehn Jahren gewann er das Turnier. Es wird wie du dir sicher denken kannst nur alle zehn Jahre ausgetragen. Dies ist somit auch mein erstes Turnier“.

„Was soll´s…“, dachte Rion sich auf Gladian und Ventan bezogen, „Wenn´s kommt, dann kommt´s immer richtig dicke. Es war ja klar, dass die Mistkäfer hier herumlungern…“.

Die Tür flog auf und Kyle trat herein: „Wer von euch ist Rion?“.

„Ich“, entgegnete er und zupfte noch immer an seiner Kleidung.

„Ach, mein Kumpel“, der Zynismus überschlug sich förmlich im muffigen Raum, „Na das ist ja zu schade, dass unsere Wege sich gleich zu Anfang des Turniers trennen müssen“.

„Mich wirst du nicht so schnell los“, meinte Rion siegessicher.

Roen klopfte ihm unterstützend auf die Schulter.

„Oh, ich bin mir ganz sicher, dass wir uns nicht mehr wieder sehen“, widersprach Kyle ihm.

„Aber nicht das du vor Freunde heulst, wenn ich doch wieder komme“, triumphierte Rion und gewann so das Wortduell gegen den nun sprachlosen Muskelberg.

Das war ein angenehmer Auftakt für ihn, so sollte es nun auch im Turnier weitergehen. Er würde es denen schon noch zeigen, da war er sich sicher. Die Zweifel waren wie weggewischt, als Rion unter dem tosenden Applaus der Menschen die Arena betrat. Sein Selbstwertgefühl, das für einen Moment angeschlagen war, kehrte mit einem Ruck zurück. Denn eigentlich war es genau das, was er schon unzählige Male getan hatte, seit er hier in Acris war. Er duellierte sich.

So war es nicht verwunderlich, dass es ihm mühelos gelang die drei Vorrundenkämpfe zu überstehen. Er musste jedoch zugeben auch etwas Losglück gehabt zu haben. Seine Gegner waren wenig fähig gewesen. Die Kämpfe waren kurz und wenig spektakulär. Müde und erleichtert nahm er sein Gepäck und ging zu Kyle herüber, um sich ein Zimmer geben zu lassen.

Kyle hielt ihm zögernd einen kleinen Schlüssel hin. Rion nahm ihn dankend entgegen, doch Kyle hielt ihn noch immer fest.

Rion riss ihn ihm aus den wurstigen Fingern: „Du brauchst nicht zu weinen Kyle, ich freu mich auch noch hier zu sein“.

„Na warte nur du mieser, kleiner…“, zähneknirschend blieb dieser zurück, während Rion die Türen nach der Nummer absuchte, welche an seinem Schlüssel baumelte.

Seine müden Augen suchten alles nach einer Zahl ab, der vier. Sinniger Weise waren die Nummern nämlich nicht der Reihe nach angebracht wurden, sondern bunt durcheinander.

„Typisch für diese verrückte Welt“, murmelte er vor sich hin, als der Schlüssel im Schloss knackte und die wenig Vertrauenserweckende Bogentür sich öffnete.

Aufatmend warf er seine Sachen in die Raumecke und warf sich auf eine der bettähnlichen Pritschen. Es gab zwei die sich jeweils gegenüber lagen. Rion zog seine ungewohnten Stiefel aus und legte sich der Länge nach auf den Rücken, die Arme hinter dem Kopf verschränkt. Er schloss die schwerer werdenden Augen und dachte daran seinen Freunden schon ein gutes Stück näher gekommen zu sein. Aus seinem Körper wich die Anstrengung und Anspannung des Tages. Er spürte die Erleichterung. Die Ruhe in diesem kleinen, muffigen Zimmer. Sein Atem wurde ruhiger, rhythmischer. Wer auch immer morgen im Achtelfinale auf ihn warten würde, er hatte keine Chance gegen Rion. Dessen war er sich sicher. Niemand würde ihn davon abhalten können diesen Oger zu treffen und ihn nach Maideya, Geroh und Rafahl zu befragen.

„Ach, du bist also auch noch hier“, Roens Stimme klang hoch erfreut als er die Tür öffnete und ins Zimmer mit der Nummer vier trat.

„Jupp“, kam es knapp von Rions Pritsche her.

Roen stellte sein Gepäck neben seine Liege: „Dann sind wir jetzt Zimmernachbarn“.

„Hätte schlimmer kommen können“, auf Rions Lippen formte sich ein freches Grinsen.

Der edle, junge Mann ging jedoch nicht weiter darauf ein: „Ich hätte nicht gedacht, dass du es so locker schaffst. Aber ich freue mich dennoch darüber. Neue Kämpfer tun solchen Waffenturnieren sehr gut. Es ist schließlich nicht selten so, dass völlig unbekannte Außenseiter auf solcherlei Veranstaltungen aus dem Nichts auftauchen und von sich reden machen“.

Rion öffnete die Augen und wandte den Kopf zu ihm herüber: „Du scheinst für die Menschen hier kein unbeschriebenes Blatt zu sein“.

Er lächelte etwas verlegen und setzte sich: „Für wahr, das bin ich nicht. Den meisten Menschen hier bin ich wohl bekannt. Daher erwarten nicht wenige von mir, dass ich das Finale erreiche. Doch dafür müsste ich Gladian schlagen“.

„Und?“, Rion zuckte mit den Schultern, „Das habe ich auch vor“.

Roen schien amüsiert: „Wirklich?“.

„Klar“, nickte er, „Ich nehme doch nicht teil um gleich wieder rauszufliegen“.

„Ich habe mich schon eine Weile gefragt warum du überhaupt teil nimmst“, gab Roen zu, „Du bist noch sehr jung und zudem den namhaften Herren hier völlig unbekannt“.

„Nein…nicht völlig“, Rion seufzte und setzte sich auf, „Ventan und Gladian dürfte ich gut in Erinnerung sein…oder eben nicht so gut. Wir hatten in Linga schon mal das ziemlich fragwürdige Vergnügen. Wenn du mich fragst, ist Ventan ein Betrüger. Seine Spione sind überall“.

„Du gehst aber ziemlich hart mit einem Mann ins Gericht, der dem großen Rat angehört“, entgegnete Roen und er klang beinahe mahnend dabei, „Seine Reden vor dem großen Waffenturnier hier in Lossour sind legendär. Viele Menschen kommen nur hierher um ihn zu sehen und seinem Wort zu lauschen. Er ist ein hoch intelligenter, weiser Mann“.

„Arme Irre…“, meinte Rion und zog die Knie zu sich heran um sie mit den Armen zu umschließen, „Ich trau dem Kerl keinen Meter weit“.

„Er ist für wahr undurchsichtig“, stimmte Roen ihm zu, „Doch du scheinst mir das auch zu sein…“.

„Ich?“, Rion war überrascht über diesen Vorwurf, „Ich bin nur hier um Oger zu treffen…“.

„Oger?“, er war so geschockt, dass er einige Sekunden keine Worte fand, „Aber… er ist ein Monster! Oger ist eines der niederträchtigsten, grausamsten Kreaturen der Welt. Er soll direkt aus der Hölle stammen. Was willst du von ihm?“.

„Ich muss ihm eine Frage stellen…“, war seine ehrliche Antwort.

Roen sah in mehr als verwirrt an: „Eine Frage? Du machst wohl Witze? Rion…warum sollte ein solches Wesen wie er dir eine Frage beantworten? Er wird dir nicht mal zuhören. Du wirst tot sein, bevor du dich ihm nähern kannst“.

„Wenn ich gegen ihn kämpfe, wird er mir zuhören müssen. Er wird mir meine Frage beantworten“, schwor er ihm, „Ich muss es wissen“.

„Was willst du von ihm wissen?“, Roen wurde immer neugieriger.

Gebannt sah er Rion an, als dieser entgegnete: „Ich will von ihm wissen ob es stimmt, dass seine Männer meine Freunde verschleppt haben. Und wenn es stimmt, will ich wissen wohin… und dann trete ich ihm gehörig in den Hintern!“.

Roen musste schmunzeln: „Warum kann ich mir das doch irgendwie vorstellen bei dir? Wen suchst du genau? Vielleicht weiß ich etwas? Ich komme viel herum…“.

Rion zögerte kurz, ein warmes Lächeln lag auf seinen Lippen: „Ich suche nach meinen drei Freunden. Einem Mädchen und zwei jungen Männern. Ihre Namen sind Rafahl, Geroh und…Maideya“.

Bei ihrem Namen kam ihm unweigerlich ihr Bild in Erinnerung und er fügte hinzu: „Ich muss sie finden. Es ist schon eine Ewigkeit her, seit ich sie zuletzt gesehen habe. Ich mache mir Sorgen um sie. Wie mag es ihnen wohl gehen?“.

Roen lehnte sich weit zurück gegen die kahle Wand: „Ich habe mein Mädchen auch schon ewig nicht mehr gesehen. Ich vermisse sie sehr. Sag mal, diese Freundin von dir, ist sie hübsch?“.

„Ja“, Rion nickte leicht und legte das Kinn auf seinen Knien ab, „Das ist sie“.

Roen seufzte und starrte lange zur Decke: „Weißt du, wir sind verlobt. Meine Delilah und ich. Sie ist wirklich verdammt schön. Ihr langes Haar ist feuerrot und wellig. Wenn sie auf dem weißen Kissen liegt, sieht es aus wie ein Meer aus Lava. Ihre Augen glänzen wie Smaragde und ihre Haut ist weiß wie Porzellan… mit hunderten von kleinen Sommersprossen. Du solltest sie einmal sehen…“.

„Wo ist sie?“, wollte Rion wissen.

„Ach… leider ist sie weit weg. Aber ich werde zu ihr zurückkehren, wenn ich meine Arbeit hier erledigt habe“, erklärte er ruhig und blickte noch immer verträumt durch den Raum.

„Willst du sie nicht zu dir holen?“, schien es ihm die einfachste Lösung zu sein.

Roen schüttelte das lange, gebundene Haar: „Dieser Kontinent ist zu gefährlich. Aber ich diene hier als Ritter. Also bleibe ich hier bis mein Dienst endet und kehre dann in meinem Urlaub zu ihr zurück. Irgendwann, wenn ich ein kompletter Ritter bin, dann ziehe ich für immer zu ihr“.

„Wann endet dein Dienst denn?“, Rion hegte ernsthafte Zweifel an seiner Aussage, „Ich meine, woher willst du wissen ob du fertig bist oder nicht?“.

„Wenn die Dämonen gebannt sind und das Gleichgewicht wieder hergestellt ist, dann verschwinden auch die vielen Monster von hier. Dann kann ich beruhigt zu Delilah zurückgehen. Dafür kämpfen wir Ritter des Drachenordens. Das ist unser Erbe und unsere Bestimmung“.

„Wieso Drachenorden? Es gibt doch gar keine Drachen mehr…“, warf Rion ein.

Es war ihm, als lege sich ein Schatten der Trauer über Roens Gesicht: „Nein, du hast natürlich recht. Das macht es ja gerade so schwierig. Dieser Orden benannte sich nach dem Drachenritter aus der Legende. Du hast sicher schon mal von ihm gehört. Wir eifern ihm nach und wollen diese Welt einmal mehr von allem Übel befreien. Wir wollen diese Welt heilen und von dem Dämonenpack säubern. Dafür kämpfen wir in Gedenken an die früheren Helden“.

„Ja, ich hab davon gehört“, murmelte Rion und ließ sich zurück ins Bett fallen.

Roen fuhr fort: „Ich sehe es als meine Bestimmung!“.

„Na herzlichen Glückwunsch…“, entgegnete Rion kaum hörbar, „Is ja auch dein Leben. Jeder muss selber wissen was er damit anfängt“.

„Darum sollten wir jetzt schlafen, wir haben noch viel vor und die Kämpfe werden nicht leichter“, beschloss Roen und legte sich zum Schlafen nieder.

Man wünschte einander eine gute Nacht und driftete kurz darauf ins Reich der Träume ab. Der nächste Morgen, der Tag des Achtelfinales, würde noch hart genug werden…



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  alana_chan
2009-01-03T16:48:49+00:00 03.01.2009 17:48
Wenn ich es nicht besser wüsste könnte man über die Namensähnlichkeit spekulieren, da der Name des Kindes von Rachel mit R anfängt aber naja lassen wir jeden mal seine Gedanken machen.
Rion hat selbstzweifel .... das geht... oh mein gott...zum glück hat er sein selbstvertrauen wieder gewonnen puh.

war sehr spannend lese gleich weiter

lg lana


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