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Schuljungenreport

Dr. D-chan klärt auf
von

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Das Geheimnis des Internats

Wie zu erwarten gewesen waren die ersten Schulstunden des folgenden Tages ein wahrer Alptraum gewesen. Chiaki hatte kaum etwas mitbekommen, auch wenn es nur Wiederholungen aus den vergangenen Schuljahren waren, um zu testen, wie der allgemeine Wissensstand der Klasse war und wo man im Stoff weitermachen konnte. Natürlich hatte der Blonde wesentlich dazu beigetragen, dass man überall etwas früher mit den Themen anfangen musste, die die meisten anderen Schüler schon in ihrer alten Schule gehabt hatten. Doch der Blonde war einfach zu müde gewesen, um sich zu melden, wenn es darum ging, wer denn schon dieses Thema in seiner alten Schule gehabt hatte. Und wenn er die Kraft gehabt hätte, dann hätte er ganz sicher nicht denken können und hätte somit auch nicht gewusst, ob er dieses oder jenes schon einmal gehört hatte. Aber wen interessierten schon das Ozonloch und der Treibhauseffekt, wenn es doch viel schönere Sachen gab, von denen man träumen konnte... natürlich hatte es Chiaki nur gerade so geschafft, allzu intensive Gedanken von Marron zu unterbinden, damit dies nicht in einer Peinlichkeit endete. Er nahm lieber die letzte Nacht zum Anlass, um über seine Kampftechniken nachzudenken, die er vielleicht verbessern könnte, damit ihm solche starken Dämonen nichts mehr anhaben konnten - und damit ihm vor allem nicht so ein komischer Typ wie dieser Noyn Claude an die noch jungfräuliche Wäsche ging! Das ging ja echt bald zu weit, von wem er hier alles angegraben wurde! Besonders - das fiel ihm jetzt erstmal auf - das waren alles Typen, die älter waren als er! Gut, Herr Shikaidou sah sehr jung aus, doch der war auch schon Mitte 20 - Chiaki hingegen erst kurz vor seinem 17. Geburtstag! Warum standen solche alten Säcke auf ihn?! Na gut, das war übertrieben. Gesichtsfalten hatten sie noch nicht und außerdem hatten sie ein ziemlich großes Potenzial an Sex-Appeal... wenn Chiaki weiblich gewesen wäre! Aber so - verdammt nochmal - ließen ihn diese Kerle eiskalt! Er wollte nichts mit ihnen zu tun haben, um es noch einmal deutlicher zu sagen. Was hatte er denn auch davon, sich von seinem Klassenlehrer anbaggern zu lassen?! War er irgendein Mädchen, dem das vielleicht gefiel? Oder seinetwegen auch ein Junge, der den Lehrer gleich am ersten Tag angehimmelt hatte? Nein danke, ohne ihn. Diese Schweinereien sollten sie in ihrem stillen Kämmerlein machen und /ihn/ aus dem Spiel lassen.
 

Trotzdem musste er noch ein wenig darüber nachdenken, woher dieser Noyn wohl kam. Immerhin wusste er Bescheid, was er als Sindbad nachts tat und er hatte außerdem die Kraft des Dämons einschätzen können. Und nicht zu vergessen diese schwarzen Wesen, die er auf ihn gehetzt hatte, bevor Sindbad den eigentlichen Dämon überhaupt zu Gesicht bekommen hatte. Diese Frechheit war doch echt bodenlos... Chiaki nahm sich vor, das diesem Typen das nächste Mal heimzuzahlen, falls es ein nächstes Mal geben sollte. Erfreulicher wäre es natürlich, wenn er seine Ruhe vor ihm hätte - in der einen wie in der anderen Hinsicht. Chiaki konnte nur immer wieder den Kopf schütteln, dass ihm seit ein paar Tagen sogar schon Kerle hinterher liefen. Verflucht nochmal, er war /nicht/ schwul! Okey... worüber wollte er sich jetzt eigentlich Gedanken machen? Ach ja, Noyn... und was er von ihm wollte. Gemeint war das in der Hinsicht, weswegen er dunkle Wesen ihn angreifen ließ - nicht was diese anzüglichen Worte verheißen sollten, das lag ja klar auf der Hand. Vielleicht war Noyn ein Gesandter der dunklen Seite, Gegenspieler der Macht, für die Sindbad kämpfte. Wenn er solche Viecher heraufbeschwören konnte, dann war er vielleicht auch in der Lage, Dämonen zu schicken... na toll. Dann konnte sich Chiaki ja denken, woher diese starken Biester jetzt jede Nacht kamen, die er bannen musste. Es machte Noyn wohl Spaß, ihn ein wenig zu quälen? Nun, dann sollte er es bitteschön auch auf dieses 'ein wenig' beschränken, denn die Mission gestern war echt gewaltig gewesen. Beim Umziehen heute früh hatte der Blonde einen riesigen Kratzer auf seiner rechten Seite bewundern können, der nicht gerade flach ausgefallen war. Irgendwie ekelhaft, aber vor allem schmerzhaft. Seit wann hatten diese Monster eigentlich Klauen?! Am Anfang waren es nur schwere, erdrückende Nebelschwaden gewesen, so in etwa wie die Schattenwesen Noyns, doch mittlerweile waren es Untiere mit einer Art Körper, der auch giftige oder zumindest ätzende Flüssigkeiten aussandten, wenn man es mit einer scharfen Klinge traf. Hoffentlich sah man keine Spuren im Kunstzimmer beziehungsweise in dem kleinen Nebenraum. Chiaki glaubte sich schwach zu erinnern, dass er sogar heute noch Kunstunterricht hatte. Da konnte er ja mal unauffällig nachschauen, ob etwas zu sehen war. Eigentlich war es immer so, dass nach dem Bannen der Dämonen alle Spuren wie von Geisterhand weg waren und alles so ordentlich aussah wie vorher. Wenn er hier im Gebäude des Internats kämpfen musste, konnte er nur hoffen, dass es immer so war, sonst konnte er sich gleich den Strick nehmen. Wenn er enttarnt wurde, war hier auf jeden Fall die Hölle los... - Nur nicht dran denken. Er war schlau ggenug, um nicht aufzufliegen. Bis jetzt hatte es ja auch immer geklappt. Gut, aber bis jetzt hatte er auch keinen Noyn gehabt, der ihn während seinen Missionen noch zusätzlichen Ärger machte. Wahrscheinlich war es besser, wenn er diesen Kerl einfach mal angriff, um zu sehen, ob er ihn beseitigen konnte. Auch wenn er wie ein Mensch aussah, war er wahrscheinlich keiner, denn wer konnte schon von sich aus sagen, dass er kleine schwarze Wesen beschwören konnte?
 

Die dritte Stunde wurde durch ein Klingelzeichen beendet und nun hatte Chiaki auch die erste Stunde Deutsch hinter sich gebracht. Er hatte sich am Anfang sogar einmal gemeldet, um eine Antwort zu geben, doch danach war für ihn Schluss mit Mitarbeit gewesen. Wozu sich anstrengen, wenn es doch die anderen gab und außerdem war er immernoch müde und in lebenswichtigen Gedanken versunken, die nun langsam wieder die Richtung in Marrons Körper einschlugen. Doch bevor es zu spät war und er seinen Kopf verlor, wurde er von Mizuki und Sanji angesprochen, die ihn ausfragten, ob er denn gestern doch noch eine flachgelegt hätte. Chiaki spielte kurz mit dem Gedanken, ihnen die Story mit der Schwarzhaarigen zu erzählen, aber dann schwieg er doch lieber still und meinte, dass er nur etwas getrunken hätte und dann wieder gegangen sei, weil er einfach keine Lust hatte, sich mit einer Fremden zu vergnügen. Und das stimmte ja auch. Daraufhin erzählen ihm Sanji und Mizuki, dass sie ihren Spaß gehabt hatten und heute Abend wieder dorthin gingen.
 

"Wo bist du eigentlich gestern Abend gewesen? Wir kamen wieder und du warst nicht da."
 

"Ach, ich war noch duschen gewesen", log Chiaki und grinste dabei innerlich. 'Ihr Doofköppe, denkt ihr, dass ich euch alles auf die Nase binde, was ich nachts tue? So freizügig wie ihr bin ich nicht.'
 

"Ach so. Und du willst heute nicht nochmal mitkommen? Die Mädchen sind echt toll und total nett. Hast du etwa Schiss, dass du es nicht bringst oder was?"
 

Chiaki hob eine Augenbraue und grummelte innerlich. Die beiden sollten nicht wissen, dass er immernoch Jungfrau war - mit seinen 17 Jahren! Das war heutzutage echt ein Ausnahmefall und Chiaki glaubte, dass er der einzige in seiner Klasse war, der noch niemanden flachgelegt hatte.
 

"Klar bring ich es - ich hab euch doch schon gesagt, dass mir solche leichten Mädchen nichts geben können. Ist nun mal nichts für mich. Oder wollt ihr mir irgendwas unterstellen?"
 

"Nö, hätte ja aber sein können. Wenn du nicht willst, ist das halt dein Pech. Wär aber lustig, wenn du nochmal mitkommen würdest. Aber wir können ja auch noch jemand anderes fragen... vielleicht kommt mein Bruder mal wieder mit."
 

"Ach genau, wie heißt der eigentlich? Ich wollt mal mit ihm reden, wegen Fernbeziehungen und so."
 

"Du willst wirklich mit Rijou reden? Naja, kannst du ruhig machen. Ich zeig dir heute Nachmittag mal, wo sein Zimmer ist. Ich will mir auch gleich noch 'ne CD von ihm holen, die ich ihm ausgeliehen habe. Von alleine kann ich da lange drauf warten, der vergisst echt alles..."
 

Chiaki grinste leicht. Er kannte solche Probleme unter Geschwistern nicht, er war ein Einzelkind. Aber manchmal hätte er sich schon jemanden gewünscht, damit er nicht immer so allein war. Darum war er auch so froh gewesen, als er und Marron sich näher gekommen waren. Sie hatte ihn verstanden und ihre beiden einsamen Seelen hatten zueinander gefunden. Nun waren sie wieder getrennt worden und irgendwie machte es Chiaki traurig, dass sie ihn so schnell aufgegeben hatte, nur weil er eine ganz schön große Strecke entfernt war. Was war denn so schlimm daran, wenn man sich nicht oft sah?! Man konnte doch trotzdem Liebe bekommen und natürlich auch geben - war das denn so schwer für Marron? Nun hatten sie beide niemanden mehr, zumindest Chiaki. Vielleicht hatte das braunhaarige Mädchen mit dem süßen Lächeln derweil schon jemand neues gefunden, mit dem sie sexuell auch viel weiter ging, als sie es mit Chiaki getan hatte?
 

Nun war es wirklich so weit, dass er leicht grummelte und deswegen schwirrte Chiaki auch erstmal ab, denn sie hatten jetzt eh eine Stunde Pause, wo man zum Beispiel in die Kantine gehen konnte, um ein zweites Frühstück zu sich zu nehmen. Doch den Blonden zog es irgendwie in das Computer-Kabinett und deswegen ging er da jetzt auch hin, um zu schauen, ob er vielleicht eine Mail bekommen hatte. Denn alle Schüler des Internats, die sich eine Adresse auf dem Server der Schule hatten geben lassen, wurden extra auf einer Seite angezeigt, wo man auch gleich e-Mails versenden konnte. Also in Sachen Website-Design war das "Blue Sea" ziemlich weit vorn, denn schlecht sah das alles nicht aus. Chiaki loggte sich unter seinem Usernamen ein und staunte nicht schlecht, als er tatsächlich eine neue Mail hatte. Er klickte sie an und las sie gespannt durch, ohne wirklich auf den Absender zu achten:
 

>Hallo Chiaki,
 

wie geht's dir so? Kommst du mit der Schule zurecht oder brauchst du vielleicht Hilfe? Einige meiner Kollegen haben mir nämlich gesteckt, dass du schon am ersten Schultag ziemlich unkonzentriert bist. Und du hast dir da gleich ein paar Lehrer rausgesucht, die keinen Spaß verstehen, wenn es um ihren Unterricht geht. Ich meine, wenn du in meinem Unterricht schlafen würdest, hätte ich schon einige Methoden auf Lager, dich zu wecken... und die würden dir vielleicht auch /sehr/ gefallen, aber meine Kollegen sind da wie gesagt nicht so locker. Vielleicht bist du aber auch nur etwas müde und abgespannt, weil du abends noch so spät unterwegs bist und dann nach 23 Uhr noch auf den Gängen umherspringst. Du bist an meiner Tür vorbeigegangen und am liebsten hätte ich dich ja hineingebeten, um dich ein wenig zu... na du weißt bestimmt, was ich meine. Schließlich hat meine Mail-Addy auch einen Sinn, ne? *grins* Vielleicht möchtest du aber auch, dass ich dich mal so verwöhne, wie ich es dir im Chat geschrieben habe? Ich bin nämlich immernoch auf der Suche nach meinem Zuckerstück, Süßer...
 

Noch einen schönen Tag - wir sehen uns bestimmt noch.
 

H.<
 

Dem Blonden brach der kalte Schweiß aus, als er das alles realisierte, was in der e-Mail stand. Und nun sah er auch auf die Absender-Adresse, die ihm wieder sagte, dass er da jemanden hatte, der ihn von hinten entjungfern wollte. Uah, verdammt... langsam wurde ihm die Situation zu brenzlig. Dieser verdammte Lehrer hatte echt keine Hemmungen und schrieb ihm auch noch solche Mails am helllichten Tag beziehungsweise Morgen! Denn die Nachricht musste er heute geschrieben haben, immerhin handelte es sich um die gestrige Nacht, die er da beschrieb. Na Prost Mahlzeit, da hatte er sich ja den perfekten Typen rausgesucht, der auch noch bemerkte, wenn er nachts auf den Gängen unterwegs war. Zum Glück hatte er nicht gehört, dass er nach 2 Uhr draußen war. Das hätte bestimmt lästige Fragen gegeben, die er nicht wirklich beantworten konnte, außer mit "Ich war duschen", "Ich musste auf die Toilette" oder ähnlichen missglückten Ausreden.
 

Sollte er auf diese Mail antworten? Vielleicht schaffte er es mit ein paar gezielten, klärenden Worten, den Belästiger loszuwerden. Man musste nur ordentlich mit dem Lehrer reden, dann begriff er sicher, dass er bei ihm keine Chance hatte:
 

>Guten Tag Herr Shikaidou,
 

nun hören Sie mir mal zu: Ich bin weder schwul noch will ich in irgendeiner Weise etwas von Ihnen. Ich brauche auch keine Hilfe. Bitte sehen Sie das ein und lassen Sie mich endgültig in Frieden. Ich bin es leid, mich von Ihnen verfolgt zu fühlen, denn ich muss mich auf die Schule konzentrieren. Und ob ich abends noch unterwegs auf den Gängen bin, geht Sie gar nichts an. Ich könnte ja genauso fragen, warum /Sie/ um diese Zeit noch wach sind, oder? Aber das tue ich nicht, weil es mich ehrlich gesagt nicht interessiert, was Sie machen. Sie können mir mal den Buckel runterrutschen, wenn Sie es so besser verstehen.
 

Chiaki
 

Ach übrigens: Ändern Sie ihre e-Mail-Adresse oder ich werde Sie anzeigen. Ich verstehe bei sowas keinen Spaß.<
 

Na hoffentlich sah er es ein, dass er nun mal nicht bei ihm landen konnte. Chiaki meldete sich wieder ab und verließ das Kabinett. Er hatte jetzt noch genügend Zeit, um etwas zu essen und dann die kommenden vier Stunden noch zu meistern. Wenn er sich recht entsinnte - und er tat es mit einem Schaudern - hatte er heute in der letzten Stunde Biologie. Holy Shit. Und wer war sein Biologielehrer? Genau. Sein Belästiger. Na toll. Er musste diesen Idioten insgesamt 4 Stunden in der Woche ertragen. Na zum Glück war das noch im Rahmen des Möglichen. Er wusste ganz genau, dass er keinen Leistungskurs mit Biologie oder Geschichte belegen würde, denn dann würde er wohl noch mehr Stunden mit Herrn Shikaidou haben. Der sollte sich doch einfach mit den Jungs begnügen, die ihm eh schon am Rockzipfel hingen und ihn aus Herzchenaugen anhimmelten - was wollte er denn unbedingt mit Chiaki? Der war nun mal nicht linksrum und würde es wegen so einem komischen Typen namens Hijiri auch nicht werden.
 


 

Die nächsten Stunden hatte er tatsächlich ganz gut gemeistert, nun hatte er nur noch Biologie vor sich. Am besten er beachtete den Lehrer gar nicht. Wozu gab es Fenster, aus denen man schauen konnte. Und von seinem Platz aus konnte er echt wunderbar in den Garten des Internats schauen, wo es bestimmt interessantere Dinge gab, als einen Müll erzählenden, rothaarigen Lehrer, der ihn am liebsten begrapschen wollte. Und da störten ihn bestimmt auch keine weiteren 20 bis 30 Schüler, jedenfalls entnahm das Chiaki aus der e-Mail des Lehrers, in der er ja auch geschrieben hatte, dass er Methoden wüsste, wie er Chiaki wecken könnte, die ihnen beiden /sehr/ (er musste das ja auch noch betonen...) gefallen würden. Na klasse. Am besten er schlief niemals in Herrn Shikaidous Unterricht ein, um nicht in Peinlichkeiten zu geraten, wofür er dann immer einen hochroten Kopf bekommen würde.
 

Der Unterricht fing ganz locker an, als dem Lehrer erstmal das Skelett umfiel, an dem er bestimmte Knochen im menschlichen Körper zeigen wollte. Chiaki grinste ein wenig schadenfroh und nahm sich vor, doch erstmal ein wenig aufzupassen. Vielleicht passierten dem Rothaarigen noch mehr solcher Sachen und er konnte ihn heimlich etwas auslachen. Außerdem konnte es ja auch nicht schaden, wenn er einfach mal aufpasste und nicht so schlecht in diesem Fach war. Dann wollte ihm Herr Shikaidou vielleicht noch Nachhilfeunterricht geben. Und dass es da nur um /Biologie/ ging... naja, Chiaki wollte nicht weiter über so etwas nachdenken. Das machte er eh schon viel zu oft. Und das fiel ihm jetzt zum ersten Mal auf. Verdammt, dieser Mann war eigentlich dauernd in seinen Gedanken, weil er sich überlegte, wie er ihm am besten entkommen konnte. Er sollte sich einfach nicht mehr um ihn kümmern und ihn nur noch links liegen lassen und nicht mehr beachten.
 

"Nun, Chiaki... was siehst du da draußen alles für Pflanzen? Zähl' doch mal auf, was du kennst. Deine Mitschüler und mich interessiert das wirklich sehr. Und wo du schon die ganze Zeit so faszinierst da raus starrst, scheinst du ja alles sehr genau beobachtet zu haben, oder? Also, halte uns doch mal einen kleinen Vortrag..."
 

Okey, der Lehrer wollte ihn wirklich fertig machen, oder? Schon gestern hatte er ihn und Sanji als Deppen dargestellt und heute ging das weiter! Er grollte leise in seinen nicht vorhandenen Bart und räusperte sich umständlich, weil er echt keine Ahnung hatte, was er sagen sollte. Sollte er wirklich einen Vortrag halten oder ließ ihn der Rothaarige jetzt in Ruhe?
 

"Also... ja. Da draußen sind zum Beispiel Nadelbäume. Fichten oder sowas. Und..."
 

"Oder sowas? Was kennst du denn noch für Nadelbäume?"
 

Das konnte doch jetzt nicht wahr sein! War er hier in der Vorschule?! Und das peinlichste an der ganzen Sache war, dass er nicht wirklich Ahnung von der Flora hatte, die ihn so umgab... was sollte er denn jetzt sagen, schließlich hatte ihm der andere eine konkrete Frage gestellt.
 

"Naja, also... Fichte, Tanne... ähm. Das müssten sie eigentlich gewesen sein. Glaube ich..."
 

"Hm, dein Wissen ist echt enorm", witzelte Herr Shikaidou sarkastisch und brachte so auch einige aus der Klasse zum lachen. Chiaki kam sich ehrlich gesagt ziemlich verarscht vor und er wurde langsam wütend. Ihn so bloßzustellen musste ja nun wirklich nicht sein. Er hatte wohl schon die e-Mail gelesen, in der ihm Chiaki deutlich gemacht hatte, dass er seine Ruhe wollte? Und nun war seine Reaktion, dass er den Blonden schlecht machen wollte? Was für ein Idiot... er nutzte seine Autorität einfach aus, um Chiaki runterzumachen, nur weil dieser nun mal nicht auf ihn stand. Tolle Geschichte...
 

"Wenn du in deiner alten Schule die Nadelbäume vielleicht in einer früheren Klasse hattest, werd ich dir mal auf die Sprünge helfen: Es gibt nämlich auch noch Kiefern, Lärchen, Pinien und Eiben... Aber gut, fahren wir nun mit den menschlichen Schädelknochen fort. Die, die dieses Thema noch nicht hatten, schreiben sich das Tafelbild auf, alle anderen können das natürlich gern als Ergänzung auch machen."
 

Herr Shikaidou warf noch einen Blick zu Chiaki, den dieser nicht so richtig deuten konnte. Aber er war erstmal froh, dass die peinliche Situation beendet war und der Unterricht nun weiterging. Vielleicht war das doch kein Versuch gewesen, ihn bloßzustellen und der Lehrer wollte einfach nur mal etwas fragen - auch wenn es idiotisch gewesen war. Chiaki konnte seine leicht überhebliche Art einfach nicht leiden. Mister Großkotz konnte er gern woanders spielen - aber ihn, Chiaki, sollte er damit wirklich in Ruhe lassen.
 

Der Blonde bequemte sich dazu, das, was an der Tafel stand, abzuschreiben und dachte nicht mehr weiter über den kleinen Zwischenfall nach. Der Lehrer sollte es bloß nicht noch einmal wagen, so etwas zu machen. Damit war die Sache für ihn erstmal gegessen. Er musste sich jetzt wieder ein wenig auf den Unterricht konzentrieren, der war schlimm genug... denn von der Anatomie des Menschen - insbesondere der Knochen - hatte er keinen blassen Schimmer. Irgendwie hatte er in seiner Schule immer andere Themen gehabt als die, die momentan in den einzelnen Fächern wiederholt wurden. Darum musste er nun besonders aufpassen, damit er den Anschluss fand und nicht hinterher hinkte. Eigentlich war ihm die Schule nicht so besonders wichtig, aber irgendwie wollte er auch beweisen, dass er nicht dumm war. Er wusste zwar nicht wirklich, /wem/ genau er etwas beweisen wollte, aber auf jeden Fall hatte er auch keine Lust, die Schule schleifen zu lassen. Er wollte auch mal ordentlich arbeiten und für eine gute Zensur lernen. Na hoffentlich konnte er das auch durchhalten... und änderte nicht gleich nach der ersten Arbeit seine Meinung.
 


 

Nach der letzten Stunde ging er mit Sanji zusammen auf ihr Zimmer, Mizuki wollte sich den Tennisraum mal etwas genauer ansehen und kam deswegen erst später. Aber Chiaki wollte ja auch nicht lang im Zimmer bleiben, sondern sich dann mit Rijou treffen, der ihm vielleicht etwas über Beziehungen uns so weiter erzählen konnte. Er erfuhr von Sanji, dass sein Bruder in dem freiwilligen dritten Jahr war, wofür ihn der Blonde jetzt schon für verrückt erklärte. Aber vielleicht hatte er auch einfach noch keine Lust zu arbeiten... in diesem Punkt verstand ihn Chiaki wiederum. Warum er aber noch ein Jahr auf diesem blöden Internat machte, würde der Junge schon gern mal wissen wollen. Er würde so etwas nicht freiwillig machen...
 

Sie trafen sich in einem der Gemeinschaftsräume, wo eine Stereoanlage, ein Fernseher und anderes Zeug zur Unterhaltung der Bewohner stand. Gerade hatte jemand Lust auf Techno und tanzte allein vor sich hin, während ihm einige leicht desorientiert zusahen oder zumindest mit dem Fuß mitwippten. Rijou saß allein auf einer großen, weich aussehenden Couch und las irgendeine Zeitschrift, da tippte ihm Chiaki auf die Schulter und sprach gleich drauf los:
 

"Hey Rijou, ich mit ein Mitbewohner von deinem Bruder und ich wollt mit dir mal über was sprechen. Hast du mal Zeit oder stör ich dich grad?"
 

"Nö, setz dich ruhig her, ich lese nur noch den Artikel zuende. Wie heißt du eigentlich?"
 

"Ich bin Chiaki."
 

Sie gaben sich die Hand und der Blonde setzte sich neben den Älteren und musterte ihn stumm, während Rijou seinen Artikel weiter las und sich von dem Mustern nicht im geringsten stören ließ. Er hatte genauso schwarze Haare wie sein Bruder und trug ebenfalls einen Kinnbart, der aber etwas weiter bis zu den Lippen ging und außerdem hatte er sich so rasiert, dass entlang des Kieferknochens noch ein Bart entlang wuchs. Eine interessante Art von Bart, dachte sich Chiaki im Stillen. Rijou trug keine Piercings im Gesicht, wie es Sanji tat, aber seine Augen waren genauso schmal und dunkel. Er sah auf jeden Fall interessant aus, musste der Blonde zugeben. Nicht so langweilig wie er sich selbst empfand. Seine blonden Haare hingen einfallslos an seinem Kopf herab und er bekam nicht mal einen Bart! Das sah verdammt nochmal nicht männlich aus, jedenfalls für Chiakis Begriffe, der sich selbst in Grund und Boden kritisieren konnte, wenn er mal nicht mit sich zufrieden war.
 

"Also, was willst du mit mir bereden?"
 

Rijou hatte sich so gesetzt, dass er im Schneidersitz dem Blonden nun gegenüber saß und ihn nun auch genau ansehen konnte. Seine Augen musterten ihn genau so, wie es Chiaki vorhin bei ihm gemacht hatte und er grinste leicht, als sich der Blonde unter seinem prüfenden Blick ein wenig wand.
 

"Ist dir wohl unangenehm, so angesehen zu werden? Keine Sorgen, du hast keinen Grund, dich nicht hübsch zu finden. Also nochmal die Frage: Was willst du wissen?"
 

"Ehm... ich wollte eigentlich fragen, ob du es geschafft hast, in deiner Internatszeit eine längere Beziehung zu führen, entweder mit jemandem hier im Dorf oder eben eine Fernbeziehung. Denn für mich ist diese Bar da draußen einfach nichts. Ich will kein Geld für Sex mit einer Fremden ausgeben... ich find das nicht okey. Naja, und deswegen wollt ich dich mal fragen, wie du schon zwei Jahre hier ausgehalten hast - und jetzt auch noch ein drittes Jahr freiwillig machst!"
 

"Tja, das ist ganz einfach: Ich leb' die ganze Zeit, seit ich hierher gekommen bin, inner glücklichen Beziehung. Wir sehen uns jeden Tag und ich kann mich nicht beklagen."
 

Chiaki sah ihn erstaunt an. Wie sollte denn das gehen?! Hatte er etwa eine Freundin im Dorf, die er täglich besuchen konnte?
 

"Hast du jemanden hier, die du jeden Tag sehen kannst?"
 

Rijou lachte kurz auf und grinste dann:
 

"Naja, auf Mädels steh ich nicht wirklich, musst du wissen. Das war aber schon immer so. Ich konnte einfach nicht, auch wenn ich's mal probiert hab. Ich hab mich im ersten Jahr mit einem Referendar angefreundet, der öfters in meiner Klasse referiert hat und irgendwie hat sich dann mehr entwickelt. Er war immer total nett zu mir und hat mich öfters zu sich ins Zimmer eingeladen, wir haben Tee getrunken, uns über Chemie unterhalten - das hatte er nämlich referiert - und irgendwie hat die dann auch zwischen uns gestimmt, denn ein paar Wochen später landeten wir dann im Bett. Mir war das irgendwie alles so peinlich, weil ich nicht wusste, wie ich mit der Situation umgehen sollte, aber er war immer für mich da und hat sich auch vor den anderen zurück gehalten, bis es mir dann auch egal war und seitdem wissen eigentlich alle ab dem zweiten Lehrjahr, dass ich mit unserem jetzigen Chemielehrer zusammen bin."
 

Chiaki konnte nur noch glubschen. Erstens wegen der Story und zweitens, dass ihm Rijou so freizügig alles erzählt hatte. Heilige Scheiße, so etwas gab es wirklich?! Eine Beziehung zwischen Lehrer und Schüler? Aber...
 

"Ist sowas denn nicht verboten? So wegen Vertrauensbruch gegenüber Schutzbefohlenen?"
 

"Ach, wir hatten das eigentlich so lange geheim gehalten, bis ich 18 geworden bin. Und außerdem hätte das keinen hier gestört. So lange keine Beschwerden kommen und keine Bevorzugung des Schülers von den anderen bemerkt wird, wird eigentlich kein großer Hehl draus gemacht. Also bis jetzt hatte ich immer meine Ruhe... und es wird auch nicht groß rumerzählt. Sanji weiß es zum Beispiel noch gar nicht."
 

Rijou grinste wieder leicht. Der Blonde konnte nur noch staunen, aber geholfen war ihm nun immernoch nicht. Er konnte sich nur daran erinnern, dass sein Mitbewohner gesagt hatte, dass sein Bruder ab und zu mal in die Bar ging.
 

"Warum bist du dann eigentlich manchmal in der Bar? Das hatte mir Sanji nämlich erzählt. Und wenn du doch in einer Beziehung bist und gar nicht auf Mädchen stehst?"
 

"Hey hey, die Bar ist nicht nur für welche, die keine abkriegen - man kann auch einfach mal gediegen etwas mit seinem Liebsten trinken. Zwar erzähl ich Sanji aus Spaß immer, dass ich ab und zu eine aufreiße, aber ich muss ihm ja auch nicht alles auf die Nase binden. Und du brauchst ihm auch nicht zu glauben, wenn er dir sagt, dass er eine flachgelegt hat. So ein Weiberheld ist er nicht... und irgendwie liegt es in unserer Familie, dass wir gern mal Lügen erzählen."
 

"Aber die Story mit dem Chemie-Referendar stimmt, oder? Nicht dass du mir irgendwelchen Bullshit erzählst", wollte Chiaki sicher gehen.
 

"Ja klar, das stimmt. Ich mach daraus sicher keine Lüge und erzähl dir aus Spaß sowas, was du dann vielleicht an sämtliche Leute weiter erzählst."
 

"Na wenn du willst, sag ich nichts."
 

"Ach", Rijou winkte ab, "das ist mir ehrlich gesagt egal. Meinetwegen kann es auch der erste Lehrgang erfahren. Die kriegen es eh alle noch mit. Aber ich hoffe, ich hab dir helfen können, auch wenn ich nicht so auf Mädchen aus bin?"
 

"Ehm, naja... ich werd wohl selber sehen müssen, wie ich klar komme. Ich bin nur erstaunt, dass es tatsächlich eine richtige Beziehung zwischen einem Schüler und einem Lehrer geben kann. Das hätte ich nicht gedacht. Aber ich bin nun mal nicht schwul und werde deswegen wohl erstmal niemanden haben. Glaubst du, im Dorf gibt es auch noch andere Mädchen, die vielleicht noch keinen Freund haben?"
 

"Ich denke nicht, nein. Ich meine, alle meine Mitschüler haben inzwischen jemand - und größtenteils sind es welche aus der Gegend hier - und das nächste Dorf liegt schon wieder zig Kilometer entfernt. Deswegen mach dir lieber keine Hoffnungen. Du wirst bestimmt noch jemanden finden, keine Sorge... Schließlich siehst du wirklich süß aus."
 

Der Ältere zwinkerte Chiaki zu und stand dann auf.
 

"Ich hab noch'n Date, man sieht sich bestimmt!"
 

Dann ging er - vorbei an dem immernoch tanzenden Typen in der Mitte des Raumes und verließ diesen dann. Zurück blieb ein perplexer und leicht rot gewordener Junge, der mit Komplimenten einfach noch nicht umgehen konnte...



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  silvermoonstini
2008-02-08T22:21:02+00:00 08.02.2008 23:21
Niedlich wei Chiaki am Ende so rot wird!Also die haben ja echt nen komischen Lehrplan lernen Bäume und haben von Knochen keien Ahnung, bei mir ist das genau umgekehrt... Lustiges Kapitel ich freu mich aufs nächste!


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