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Hirngespinnste

Eine Sammlung geistigen Mülls... sprich Kurzgeschichten ~ die neuste für Tonja
von

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Ein Trauriger Blick (FU)

Das was ihr hier lest könnt ihr euch auch auf meiner seite ( http://myblog.de/strange-tio ) durchlesen. Das heißt, wenn mal was im adult stil kommt, könnt ihr es da auch nachlesen, wenn ihr laut mexx hier noch nicht dürft.

viel spaß beim lesen
 

LG

strange-Tio
 

Bin trauriger Blick
 

Ein trauriger Blick aus dem Fenster sagte ihm, dass die Sonne den dünnen Wolkenschleier schnell durchbrechen würde, der sie jetzt noch davon abhielt mit ihrer ganzen Intensität zu strahlen. Seufzend wendete der Große seinen Blick wieder ab und starrte auf den Bildschirm vor ihm. Er war erst seit wenigen Tagen wieder zu Hause und trotzdem lief sein E-Mailpostfach bereits wieder über. Eigentlich hatte er ja damit gerechnet und sich den heutigen Tag extra zum Lesen und vielleicht auch beantworten der E-Mails frei genommen, aber im Moment war ihm nicht danach die anderen Mails auch noch zu lesen. Die eine Mail, die er vor einer halben Stunde geöffnet hatte, war noch unverändert auf dem Bildschirm zu sehen. Auf den ersten Blick wirkte sie sehr formal, wohl wegen der Begrüßung.

"Sehr geehrter Herr Urlaub,", stand dort in schwarzen Lettern über einen ansonsten eher kurzem Text. Er begann den Text ein weiteres Mal zu lesen. er vermutete, dass es nun das sechste oder siebente Mal war, aber noch immer wollte er die Worte nicht wahrhaben, auch wenn er sie schon beim ersten lesen ganz verstanden und verinnerlicht hatte.

"Mit freundlichen Grüßen..."

Damit endete die Mail. Es stand kein Name unter dieser Verabschiedung und doch wusste er ganz genau, wer ihm da geschrieben hatte. Nicht nur, dass ihn der Inhalt sofort darauf hinwies, er hatte es auch an der E-Mailadresse erkannt. Jetzt bereute er, dass er sie geöffnet hatte. Er hätte seiner ersten Eingebung vertrauen sollen, die ihn daran hindern wollte diese Mail als erstes zu öffnen, obwohl sie nur eine Unter 164 war.

Wieder sah er aus dem Fenster. diesmal, weil ihn die Sonne blendete und so verhinderte, dass er die Bilder auf dem Laptopbildschirm erkennen konnte. Etwas schwer fällig erhob er sich und griff nach dem Seil des Rollos, um dieses nach unten zu lassen und so der Sonne den Zutritt zu diesem Zimmer zu verweigern. Einen Moment blieb er stehen, überlegte, ob er nicht einfach nach draußen gehen sollte um etwas zu laufen und nachzudenken. Doch dann fiel ihm ein, dass er sicher wieder an die Begegnung denken musste, die auch der Auslöser für diese E-Mail war. Kaum, dass ihm dieser Gedanke gekommen war, sah er auch den traurigen Blick des Urhebers der Mail.

Junge grüne Augen, welche seinem Blick eben noch standgehalten hatten, wichen nun zum Boden aus. Ein mattes falsches Lächeln, dass versuchte die Enttäuschung zu verbergen, während wenige schwarze Ponnysträhnen hinterm Ohr hervor rutschten und an der zartrosa farbenen Wange wieder zum erliegen kamen.

Langsam fuhr seine Hand zu seiner Stirn.

Was hatte er sich nur bei dieser harten Abfuhr gedacht?

Ein paar kurze Haare nach hinten streichend, drehte er sich um und verließ das Zimmer in Richtung Küche. Dort füllte er ein Glas mit Leitungswasser und ging dann zurück zum Rechner. Der Blonde setzte sich und ließ den Mauszeiger zu dem "Beantworten"-Button wandern. Ein Klick und einige Sekunden des Wartens und die Seite gab ihm die Möglichkeit die E-Mail zu beantworten. Sein Blick wanderte über das weiße Fenster auf seinem Bildschirm, welches sich nun über den Text der ursprünglichen Mail gedrängt hatte.

"Hallo ", tippte er in unglaublichem Tempo, bevor seine Finger abrupt zum stoppen kamen. Wie sollte er beginnen, ohne aufdringlich oder verletzend zu klingen und ohne zu viel von seinem eigenen Unbehagen preis zu geben? Jetzt, da er diesen närrischen Fehler begannen hatte und wieder allein war.

"Bitte, versteh mich nicht falsch.", fuhr er fort und lass dann noch einmal was er geschrieben hatte. Er war sonst doch immer der Meister der Worte gewesen, aber mehr viel ihm in diesem Moment nicht ein. Nur eines war da noch.

"Es tut mir Leid, was ich bei unserem zufälligen Treffen gesagt habe.", schrieb er langsam und mit fast zittrigen Fingern. Einen Moment zögerte er, ließ die Hand zur Maus wandern. Dann jedoch ließ er sich doch von etwas anderem übermannen. Auf halben weg ließ er seine Hand wieder zur Tastatur wandern und löschte den letzten Satz.

"lg FU", tippte er und schickte die Antwort ab. Dann lehnte er sich zurück

"Du egoistischer Bastard...", murmelte er dann matt lächelnd, warf noch einen kurzen traurigen Blick auf das verdunkelte Fenster und schloss schließlich die brennenden Augen.

Neugierde (FU)

Neugierde
 

Ich saß auf dem schwarzen Sofa, welches eigentlich das einzige Möbelstück in diesem Zimmer war. Die Kälte, die das Leder ausstrahlte, hatte sich schnell durch meine Jeans gefressen und ließ mich leicht zittern. Vielleicht war ich auch einfach nervös, ich wusste es nicht. In den letzten drei Stunden waren zu viele Eindrücke auf mich eingeprasselt, sodass ich nun nicht mehr wusste, was ich denken sollte. Ein leichter Luftzug drang durch das geöffnete Fenster und fuhr mir durchs Haar. Mein Blick hatte sich inzwischen an die einzige Pflanze geheftet, die in diesem kleinen Empfangszimmer stand. Die großen grünen Blätter wiegten sanft hin und her, während einige Blätter längst vertrocknet zu Boden hingen. Man sah der Pflanze an, dass es hier gegen Mittag einfach zu heiß wurde. Lange würde es diese Pflanze wohl nicht mehr machen.

Das Quietschen der Tür lenkte meine Aufmerksamkeit von der Pflanze. Ein Mann trat ein. Sein schüttes weißes Haar ließ erahnen, dass er nicht mehr der Jüngste war, aber ich hatte auch nichts anderes erwartet. Schließlich hatte man mir einen Meister vom Fach versprochen und der konnte nicht in meinem Alter sein. Einem Nicken folgend erhob ich mich und ging auf den Mann zu. Ich ließ mich erneut durch das Gebäude führen, durch die kühlen Gänge, welche mich vorhin noch zu dem kleinen Empfangszimmer geführt hatten. Eine Treppe hinab und einen weiteren Gang entlang folgte ich meinem Gastgeber in den Keller des Hauses. Langsam begannen meine Fingerspitzen zu kribbeln, sodass ich es kaum noch aushielt. Ich hatte eigentlich damit gerechnet erst in einer Woche hier her zu kommen. Umso erstaunter war ich, als ich heute früh kurz nach dem Joggen diesen Anruf erhielt und hier her bestellt wurde. Scheinbar hatte mein Geschäftspartner, wie ich ihn gerne nenne, es auch kaum erwarten können mich damit zu sehen. Und auch mich packte nun unglaubliche Neugier. Ich malte mir aus, wie das gute Stück wohl aussehen würde und vor allem, wie ich damit aussehen würde.

Umso enttäuschter war ich, als wir erst einmal vor einer verschlossenen Tür hielten.

"Wer hat die denn zugeschlossen?", murmelte der Alte vor mir verwirrt, während er sich am Kopf kratzte. Bei meinem Glück hatte er sein Schlüsselbund natürlich oben gelassen, sodass ich gebeten wurde hier zu warten. Mir ein Knurren verkneifend versicherte ich, dass das kein Problem sei und sah dem Alten hinter her. Wir hatten schon lang genug gebraucht um hier unten anzukommen, da er nur langsam einen Schritt vor den anderen setzte. Wie lange würde ich jetzt also warten müssen?

Als der alte Mann außer Sicht war, lehnte ich mich mit dem Rücken gegen die Wand und verschränkte die Arme vor der Brust. Mein Blick wanderte die kahlen weißen Wände entlang, doch ich fand nichts, was meine Aufmerksamkeit eine Weile in Schach halten könnte. Und so war es nur natürlich, dass ich mich wieder ganz der Vorstellung hingab, wie mich mein neuster Schatz kleiden würde.

"Seit wann bist du so ungeduldig?", würde Bela mich jetzt sicher neckisch fragen. Bei diesem Gedanken musste ich grinsen. Wie genau ich zu dieser Idee kam, wusste ich nicht, aber ich wusste, dass mich der imaginäre Dialog jetzt etwas ablenken könnte. "Nu tu mal nich so, Felse.", dachte ich schmunzelnd. "Du willst doch och wissen, wie dat Ding aussieht."

Ich musste mir ein Lachen verkneifen. Sicher, das war albern, aber so war ich nun mal, ganz besonders dann, wenn ich nervös war. Wieder riss ein Geräusch mich aus meinen Gedanken. War das das Quietschen einer Tür gewesen und hörte ich da Schritte? Ich lauschte in die Stille, wobei ich fast den Atem anhielt vor Spannung. Erst dachte ich, ich habe mich geirrt und wollte mich schon wieder dem Streitgespräch mit Bela widmen, doch dann konnte ich ganz deutlich die Schritte des Alten hören und wie sie langsam und schleifend auf mich zu kamen. Hibbelig stieß ich mich von der Wand ab und löste die Verschränkung meiner Arme. Als der Mann schließlich langsam und ruhig um die Ecke kam, wurde mir wieder bewusste wie lächerlich ich aussehen musste. Ein 1,94 Meter großer Hüne, der nervös von einem Bein auf das anderen tapste. Mich etwas beruhigend ließ ich die Hände in meine Hosentaschen gleiten und wartete ruhig atmend darauf, dass der alte Mann an der Tür ankam. Mit einer Neugier, die mich innerlich fast zum Zerplatzen brachte, sah ich zu, wie der kleine silberne Schlüssel im Türschloss herumgedreht wurde und wie sich die schwere Feuerschutztür langsam unter dem Druck einer Hand bewegte.

Wenige Minuten später standen wir vor besagtem Raum, der mir endlich das geben sollte, worauf ich nun schon Wochen sehnlichst wartete. Wieder wurde eine Tür geöffnet, sodass mir der Blick auf einen völlig dunklen Raum gewehrt wurde. Lediglich ein winziger Lichtpunkt war zu sehen, der offensichtlich von einem kleinen silbernen Ornament kam. Mein Herz machte einen Hüpfer, obgleich ich noch nicht einmal erkennen konnte, was dieses Ornament darstellte. Ein leises Klicken drang durch den Raum und ließ die Neonleuchten über mir auf flackern. Der erste Blick war sehr kurz, doch er brachte mich schon fast dazu vor Freude einen Salto zu schlagen.

Ich war eben auch nur ein Mann. Ein Mann, der Musik liebte. Und was ich da sah, war die Erfüllung einer meiner Träume. Wieder folgte ich einem Nicken des Mannes, der bereits zufrieden grinste, und ging auf dieses Kunstwerk zu. Langsam streckte ich meine zitternde Hand nach dem Instrument aus, dessen schwarzer Lack mir frech ins Gesicht funkelte.

"Nun mach schon, nimm sie!", hörte ich Bela wieder in meinem Hinterkopf sagen. Ein kurzes Grinsen zuckte über meine Lippen, bevor meine Hand schließlich den dünnen Hals umfasste. Endlich hielt ich sie in den Händen: Meine eigene Gitarre. Einzig und allein für mich angefertigt. Mit zwei Fingern strich ich über den silbernen Totenschädel, der diese Gitarre zierte. Er war es gewesen, der mich schon aus der Dunkelheit heraus angegrinst hatte. Ab jetzt würde er mich auf Tour begleiten. Wie ein Kind zu Weihnachten, begutachtete ich mein neustes Prachtstück.

Endlich war sie mein. Endlich konnte ich sie mit nach Hause nehmen, meine Cyan Signature.

Komm zurück (FU)

Komm zurück!
 

Plötzlich hellwach riss er die Augen auf und starrte an die Decke. Mal wieder ein Traum von ihm, dachte der Große. So recht wusste er nicht, ob er sich nun freuen sollte, oder ob es ihm langsam lästig wurde. Noch während er die Füße unter der Bettdecke hervor schob, entschied er, dass er die Träume auf eine masochistische Art und Weise mochte. Er sah kurz auf den Wecker und vernahm, dass es, wie immer bei solchen Eingebungen, noch mitten in der Nacht war. Und wie immer war es dem Blonden egal. Er saß nun auf seiner Bettkante und gähnte noch einmal herzhaft, bevor er die Müdigkeit ganz vergessen hatte. Während eine seiner Hände zur Lampe fuhr, griff die andere bereits nach dem Diktiergerät. Er erhob sich etwas schwerfällig, nachdem ein mattes Licht den Raum spärlich beleuchtete, lief aus dem Zimmer und einen Flur entlang. Nebenbei summte er mit seiner klaren Stimme unablässig in den kleinen Recorder.

Der Traum, der ihn hatte so blitzartig erwachen lassen, gab ihm nun die Inspiration mal wieder einen Song zu schreiben. Einzelne Textpassagen flossen in das Gesumme ein, bis der Musiker endlich in der Küche das fand, wonach er gesucht hatte. Einen alten Papierfetzen missbrauchend begann er mit einem Kugelschreiber die Textpassagen aufzuschreiben, die ihm seit der nächtlichen Begegnung im Kopf umher schwirrten.

„obwohl du mich nicht hören kannst flehe ich: Bitte komm zurück...“, murmelte er beim schreiben und lauschte dem Tonband, dass er sich nun immer wieder selbst vor spielte.

Dann hielt er plötzlich inne.

Sein Geist hatte begonnen den Traum zu rekapitulieren. Wieder sah er vor seinem geistigen Auge, wie der Drummer am Telefon hing und ihn bat zurückzukommen.

„Ich sitze ganz alleine hier.“, schrieb seine Hand, als er in Gedanken beobachtete, wie sich der Kleinere resignierend aufs Bett fallen ließ und immer wieder diese Worte murmelte. „Bitte, komm zurück.“ Der Traum hatte damit geendet, dass der Kleinere seine Hand hatte zu seiner Hüfte wandern lassen und dann den Namen des Blonden gemurmelt hatte. Jetzt, da er wach war und diese Vorstellung beeinflussen konnte, stellte sich eben dieser blonde Mann vor, wie sein Drummer sich selbst berührte und dabei unablässig seinen Namen erst murmelte und später keuchte.

Langsam rollte der Kugelschreiber über den Tisch, nachdem die schlanke Hand ihn fallen gelassen hatte. Erst als die schmalen Finger auf den Stoff seiner Shorts trafen, bemerkte der Blonde, dass er sich gerade in der Situation befand in die er gerade seinen besten Freund gewünscht hatte. Er wollte sich ermahnen und zurück auf das Lied lenken, aber je erregter er war, umso mehr überkam ihn die Inspiration. Schließlich ließ er sich doch von seiner Lust übermannen und gestattete seiner Hand in die engen Shorts zu gleiten. Kaum dass seine Hand die Erektion umschlossen hatte, lehnte er sich auch schon keuchend zurück. Erst jetzt fiel ihm wieder auf, wie sehr er sich doch nach einer Nacht zu zweit sehnte. Ein Hitzewelle breitete sich von seinen Lenden aus und ließ ihm das Blut in den Kopf schießen. Der große Hüne saß nahezu regungslos da und spürte wie sich ein unerträglicher Druck in seinen Lenden breit machen, während seine Hand geduldig an seinem Glied auf und ab strich. Mit dem Stöhnen eines kurzen Namens gab er sich schließlich einem erlösendem Höhepunkt hin. Langsam zog er die Hand aus seinen Shorts und betrachtete sie schweigend. Der Geruch von Schweiß und Samen stieg ihm in die Nase und verschwand auch nicht nachdem er sich die Hände gewaschen hatte. Wie in Trance saß er nun vor dem Blatt Papier und schrieb.

„Du weißt nicht wie das ist...“, murmelte er, während seine Hand schon längst beim nächsten Satz war. Schließlich war der graue Fetzen ganz mit Text bedeckt und der Songtext fertig, sodass er ihn noch einmal überfliegen konnte. Nur hatte sich zu den Zeitpunkt bereits wieder eine schwere Müdigkeit in ihm breit gemacht. Langsam senkte sich sein Gesamter Körper, bis er schließlich halb auf der Tischplatte lag. Unfähig sich noch zu bewegen schloss er die Augen und ergab sich dem Schlaf.

Eine leichter Druck auf seiner Schulter und der sanft Klang einer Stimme erst weckte ihn.

„Wieso schläfst du in der Küche?“, fragte der Kleinere leise. Verschlafen blinzelte der Blonde zu seinem Drummer hoch, der scheinbar gerade zurück gekommen sein musste. Ein verschmitztes Grinsen machte sich auf seinem Gesicht breit, als er den Größeren musterte und diesem war klar, dass er die Flecken auf seinen Shorts entdeckt hatte.

„Wie war dein Urlaub?“, fragte der schließlich, während er verlegen und entschuldigend zugleich lächelte. Den neuen Song aber verbarg er geschickt unter seiner rechten Hand.

Begrüßung

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Memoryless

Memoryless
 

Mein Kopf schmerzte, als ich langsam die Augen öffnete. Grelles Neonlicht schien mir ins Gesicht, sodass ich es für klüger hielt die Augen geschlossen zu lassen. Die Schmerzen in meinem Kopf wurden zu einem stetigen Klopfen, das in meinen Ohren wieder hallte. Von was der Schmerz auch immer kam, er hielt mich davon ab, darüber nachzudenken, wo ich war. Langsam hob ich meine linke Hand und führt sie zu meinem Kopf. Die Bewegung war langsam und schwerfällig und ich hatte das Gefühl, als hätte ich meine Hand schon eine ganze Weile nicht mehr benutzt. Als meine fast tauben Finger meinen Kopf erreichten, stießen sie auf einen Verband statt auf meine Haare. Etwas verwirrt strich ich über den fest gebundenen Stoff.

Was war passiert?

Ich zog meine Hand zurück und ließ sie erneut neben meinem Körper zum Liegen kommen. Ich fühlte mich müde und ausgelaugt und so gab ich mich einem unruhigen Schlaf hin. Während ich schlief begleiteten mich seltsame Bilder von Flammen und Tod. Was sie zu bedeuten hatten, vermochte ich zu diesem Zeitpunkt nicht zu begreifen. Ich wusste nur, dass sie mich im Nachhinein sehr traurig machten. Wie lang auch immer ich geschlafen hatte, als ich wieder zu mir kam, waren die kalten Lichter aus. Dennoch war es nicht dunkel in diesem Zimmer. Ich schloss daraus, dass es bereits Tag sein musste und öffnete nun vorsichtig meine Augen, um mich umzusehen. Ich brauchte eine ganze Weile, bis mein verschwommener Blick klar wurde und ich die weiße Decke über mir mit ihren erloschenen Lampen sehen konnte. Jetzt kam mir zum ersten Mal der Gedanke, wo ich sein könnte. Ich sah mich weiter um und erblickte einige Möbel, die mich schließen ließen, dass ich eindeutig in einem Krankenhaus war. Vier Betten mit metallenen Rahmen standen in diesem Zimmer. In einem lag ich, zwei weitere Betten waren leer. Im vierten Bett lag noch jemand, doch ich konnte nicht erkennen wer, denn es saß eine Person auf dem Besucherstuhl und versperrte mir so die Sicht. Ich hatte meinen Kopf mittlerweile zur Seite gedreht und büßte das mit einer erneuten Schmerzwelle. Die Zähne zusammen beißend, starrte ich auf den blonden Hinterkopf, während mir, aufgrund der Schmerzen, ein gequältes Seufzen von den Lippen ging. Der Blonde schien dies nicht gehört zu haben, denn er drehte sich nicht zu mir um. Ich schloss kurz die Augen und wartete darauf, dass die Schmerzen nachließen, erst dann drehte ich mein Haupt zurück, wobei mir ein kleiner durchsichtiger Beutel auffiel, der mit einer klaren Flüssigkeit gefüllt war. Erst jetzt bemerkte ich, dass in meiner rechten Hand eine Nadel steckte, die mich mit einem Tropf verband und mich so künstlich ernährte. Mein Handrücken, der die Nadel ertragen musste, fühlte sich taub an, so wie nahezu der gesamte Rest meines Körpers. Jetzt, wo ich meine Arme musterte, erkannte ich auch einen Grund dafür. Meine Haut war übersät mit kleinen und größeren Kratzern sowie mit Brandwunden. Nun, da ich das sah, fragte ich mich umso mehr, was wohl passiert war, doch als ich versuchte darüber nachzudenken, schmerzte mein Kopf erneut.

Resignierend schloss ich die Augen und holte tief Luft. Fast im selben Augenblick noch holte mich wieder eine schwere Müdigkeit ein und zwang mich erneut in einen unruhigen Schlaf zu verfallen. Ein sanfter Lichtschein ließ mich nach scheinbar ewiger Zeit wieder erwachen. Das Zimmer war dunkel. Nur durch die weit geöffnete Tür fiel indirektes Licht und warf unheimliche Schatten auf meine Bettdecke. Ich vernahm mit Erleichterung, dass sich mein ganzer Körper, abgesehen vom Kopf, langsam besser anfühlte und wagte es erneut zu meinem Mitpatienten zu blicken. Der Blick auf ihn war nun frei, sodass ich mir die regungslos da liegende Person in Ruhe ansehen konnte. Dort lag ein junger Mann, dessen Kopf, wie meiner, mit einem Verband versehen war. Ich konnte nur seine linke Hälfte sehen und musste feststellen, dass er, abgesehen von einigen kleineren Kratzern, eher wenige Verletzungen hatte.

Seinen muskulösen Arm musternd, sah ich aus den Augenwinkeln, dass der Besucher noch immer in diesem Raum war. Er musste eingeschlafen sein. Er saß zwar immer noch auf dem Stuhl, doch lag sein Oberkörper auf dem Bett des Patienten. Wieder konnte ich nur seinen blonden Hinterkopf sehen, denn wieder hatte er sein Gesicht von mir weg gedreht. Dennoch wirkte er auf mich friedlich und beruhigend. Ein zartes Lächeln machte sich auf meinen Lippen breit, als ich ihn länger betrachtete.

Doch dann zog sich plötzlich und unerwartet ein scharfer Schmerz durch meinen Kopf, sodass mir ein unterdrücktes schmerzvolles Stöhnen entwich. Mit diesem schloss ich meine Augen und verzog das Gesicht. Alles in mir wollte in diesem Moment sterben, so schmerzhaft war das, was nun langsam von meinem Kopf aus in meine Arm und den Rest des Körpers zog. Ich lag auf der Seite und so war es nur verständlich, dass ich mich zu einem kümmerlichen Etwas zusammen krümmte, während ich spürte, wie sich heiße Tränen aus meinen Augen drückten.

„Alles in Ordnung?“, hörte ich plötzlich eine sanfte aber müde klingende Stimme fragen. Als ich aufgrund der Schmerzen nicht antwortete, fühlte ich, wie der Besitzer der Stimme eine Hand auf meinen Oberarm legte und beruhigend über meine warme Haut strich. Während ich mich so langsam beruhigte, merkte ich, wie sich jemand auf der Kante meines Bettes niederließ. Langsam öffnete ich meine feuchten Augen, doch durch die wenigen Tränen war mein Blick bereits verschwommen. Dennoch konnte ich erkennen, dass er recht groß war, ungefähr 1,90 Meter würde ich schätzen. Und er wirkte recht jung, obgleich sein Gesicht sehr müde aussah, wie ich feststellte, als mein Blick wieder klarer wurde. Ein sanftes Lächeln zierte seine Lippen, während er mir weiter beruhigend über den Oberarm strich.

„Schön, dass du wach bist.“, murmelte er und sein Lächeln wurde zugleich traurig und warm. Das lag sicher daran, dass die Person neben mir noch nicht erwacht war, obwohl wir wohl in einer ähnlichen Situation waren.

„Wie ist dein Name?“, fragte der Größere mich leise. Ich öffnete den Mund, um ihm zu antworten, doch ich blieb still. Es war, als wäre mir in diesem Moment entfallen, was ich antworten wollte. Ich begann Satzanfänge vor mich hin zu stottern, doch es half nichts.

„Ich weiß es nicht“, murmelte ich schließlich fast heißer, denn meine Stimme gab kaum mehr als ein Flüstern her und meine Augen machten erneut den Anschein, als würden sie sich wieder mit Tränen füllen.

Hatte ich tatsächlich vergessen wer ich war?

Es folgte ein Moment der Stille, bis ich mich durchrang und fragte, was mit mir passiert sei. Wieder wurde der Blick des Besuchers etwas trauriger. Dann erklärte er, dass er selbst auch nicht genau wusste, was mit mir und seinem Freund passiert war und er gehofft hatte, es von mir zu erfahren. Sicher war nur, dass wir beide irgendwie in einen Unfall verwickelt wurden. Ich war geschockt über das was ich hörte, doch noch viel mehr schmerzte es mich, ihn bei seiner Erzählung anzusehen. Seine Augen strahlten so viel Trauer aus, selbst dann noch, als er mich aufmunternd ansah. Ich wusste nicht wer er war, aber ich hatte das Gefühl als hätte er einen großen Teil meines Lebens bestimmt. Ich wollte ihn fragen, wer er war, doch schon nach dem ersten Wort meiner Frage brach ich hab. Eine Art von Angst hinderte mich, nach seinem Namen zu fragen, als würde mein Unterbewusstsein verhindern wollen, dass ich mich, durch den Klang seines Namen, an etwas bestimmtes erinnern sollte.

Dann strich er mir mit seiner Hand über die Wange und ich spürte wieder diesen Schmerz in meiner Brust. Schließlich lösten sich Tränen von meinen Augen, ohne dass ich überhaupt wusste warum. Diese Berührung war so schön, aber sie tat auch so unendlich weh. Er lächelte nur verständnisvoll, als könne er meine Gedanken lesen, dann wurde sein Blick wieder traurig. Er warf einen kurzen Blick gen Tür und ich begriff. Er musste sich große Sorgen machen, um seinen Freund.

„Sie können ruhig wieder zu ihm gehen“, sagte ich verständnisvoll und lächelte matt. Ich war mir sicher, dass auch bald jemand kommen würde, der mich kannte und so machte ich mir vorerst keine Sorgen. Vielleicht würde ich mich morgen oder übermorgen auch schon wieder an alles erinnern. Doch der Größere schüttelte den Kopf. Er wollte seinen Freund nicht länger so sehen, erklärte er und außerdem wollte er sich um mich kümmern, da man bis jetzt wohl niemanden gefunden hatte, der mich kannte. Wieder brannten meine Augen. Diesmal weil der Gedanke, allein zu sein, mir nicht gefiel. Langsam setzte ich mich auf und schob schweigend die Beine unter der Decke hervor, sodass ich auch auf der Bettkante saß.

„Danke“, murmelte ich, während meine Augen einen Fleck auf dem Boden fixierten.

„Lass uns jetzt einfach mal ganz von vorn anfangen.“, schlug der Größere vor und reichte mir die Hand.

„Mich kannst du Jan nennen.“, sagte er lächelnd. Ich sah ihn an und als ich so sein Lächeln musterte, musste auch ich lächeln, obgleich der Klang seines Namens wieder etwas in mir auslöste, das ich nicht verstand. Ich schüttelte seine Hand und überlegte. „Ich weiß nicht, wie du mich nennen sollst“, sagte ich dann lächelnd. „Aber ´Du´ ist auf jeden Fall OK.“, fügte ich hinzu. Er grinste scheinbar aufgemuntert und zog mich in eine Umarmung. Er hatte meinen traurigen Blick also doch bemerkt und versprach mir nun, dass er auf mich aufpassen würde, so lange bis ich mich wieder an alles erinnern könnte. Dieses Versprechen war sehr aufmunternd. Lächelnd drückte ich mich an ihn und murmelte ein „Danke“ in sein schwarzes Shirt. Ich hatte das Gefühl, als wenn er gerade etwas sagen wollte, als das Quietschen einer Tür uns beide aufblicken ließ. Eine Krankenschwester hatte ihren Kopf durch die Tür gesteckt und lächelte uns nun entgegen.

„Wie schön, die junge Dame ist aufgewacht.“, begann sie und sie wäre wohl in einen unhaltbaren Redefluss verfallen, wenn Jan ihr nicht sofort ins Wort gefallen und mit ihr nach draußen verschwunden wäre. Er musste gewusst haben, was die Frau noch alles von mir wollte und dass mich die Fragen doch sehr mitgenommen hätten, da ich mich ja an nichts erinnern konnte. Darum hatte er wohl beschlossen, sie über meine Lage aufzuklären. Da ich nicht wusste, wann und ob er so schnell wiederkommen würde, legte ich mich wieder hin. Ich warf einen kurzen Blick auf meinen Mitpatienten, der noch immer regungslos da lag, bevor ich meine Augen schloss und noch etwas döste.
 

Kurze Zeit später schon kam Jan wieder ins Zimmer und ließ sich erneut auf meinem Bett nieder. Schweigend begann er wieder meinen Arm zu streicheln und offensichtlich dachte er, ich würde wieder schlafen. Dem Zustand des Schlafes war ich auch sehr nahe, doch ein Geräusch hinderte mich am Schlafen. Es klang wie ein leises unterdrücktes Schluchzen, welches mich dazu veranlasste meine Augen wieder zu öffnen. Müde blinzelnd sah ich in das traurige Gesicht Jans, über welches nun einzelne Tränen flossen. Geschockt von dem Anblick setzte ich mich, gezwungen durch die Schmerzen, sehr langsam auf. Vorsichtig legte ich die Arme um seinen Nacken und zog ihn etwas an mich. Genau genommen zog ich mich etwas an ihn, denn als er seine starken Arm um mich legte, rutschte ich unaufhaltbar in seine Richtung. Wir saßen eine Weile schweigend so da, bevor er sich scheinbar wieder beruhigt hatte und mich los ließ. Dann schenkte er mir ein trauriges Lächeln und ich nickte aufmunternd. Zugegeben, dass hätte ich mir verkneifen können, denn gleich darauf hielt ich mir wieder den schmerzenden Kopf, aber ihm half es wohl erstmal wieder Zuversicht zu fassen.

Für die nächsten drei Tage blieb Jan mein Besuch. Ich konnte mich noch immer an nichts erinnern und es vermisste mich scheinbar auch noch niemand. Doch das störte mich nicht weiter. Vielmehr schmerzte es Jans Freund regungslos da liegen zu sehen und vor allem zu spüren, wie sehr Jan litt.

Es war nun 8³° Uhr, was bedeutete, dass der Blonde bald wieder hier eintreffen würde. ich hatte mir in den Tagen, an denen ich wach war ein Hobby zugelegt und begonnen vor mich hin zu zeichnen. Es war eine willkommene Abwechslung, wenn ich alleine war, denn alles was ich im Fernseher sah, sagte mir nichts, oder machte mich traurig. So saß ich auch diesmal da und quälte ein weißes Blatt mit meinem dünnen Druckbleistift. Ich verbrachte so den Vormittag und sah auch nicht mehr auf die Uhr. Erst als ich Jans federnden Gang im Korridor hören konnte, sah ich auf. Tatsächlich war einige Zeit vergangen und ich wunderte mich, was ihn wohl aufgehalten hatte. Als er schließlich den Raum betrat wurde mir diese Frage auch schon beantwortet. In seiner rechten Hand hielt er eine Gitarrentasche, die offensichtlich gefüllt war. Kaum dass er im Zimmer war, entschuldigte er sich für seine Verspätung und erklärte, dass man ihn mit der Gitarre nicht hatte hineinlassen wollen und er sich erst bis hier her durch argumentieren hatte müssen.

„Schon ok.“, murmelte ich lächelnd. Er hätte auch noch später kommen können, mir war es inzwischen nur wichtig ihn überhaupt zu sehen, denn es war nicht nur unheimlich geworden mit einem Komapatienten in einem Raum zu sein, ich hatte mich auch langsam einsam gefühlt. Nun musterte ich ihn und sein Mitbringsel interessiert, woraufhin er nur breit grinsend sagte: „Wart’s ab.“ und sich ans Werk machte den Verstärker, auf dem sehr groß „Marschall“ zu lesen war, ans Stromnetz anzuschließen, sowie die Gitarre auszupacken und zu stimmen. All das war für mich schon hoch interessant. Ich kannte die Geräte zwar, doch konnte ich mich nicht daran erinnern sie bereits in Aktion gesehen zu haben. Und ich muss an dieser Stelle erwähnen, dass ich mich bereits wieder an einzelne Erlebnisse erinnern konnte, wenn auch nicht an meinen Namen oder meine Familie.

„So fertig.“, murmelte er schließlich und verband Gitarre und Verstärker. „Bereit?“, fragte er dann, während er sich aufrichtete und in meine Richtung grinste. Ich saß nun kerzengerade in meinem Bett und nickte heftig. Er hatte je bereits erzählt, dass er Musiker war, aber bis jetzt hatte ich noch nichts von ihm hören dürfen. Bevor er zu singen begann warf er einen flüchtigen Blick zu seinem noch immer reglos daliegendem Freund. Es war nur der Bruchteil einer Sekunde, dennoch wurde mir bewusste, dass Jan nicht für mich sang. Er hoffte wohl sein Freund, nach dessen Namen ich noch nicht gewagt hatte zu fragen, würde dadurch wieder erwachen. Zu mehr Gedankengängen kam ich nicht, dann Jan hatte begonnen ein Intro zu spielen, das mir Gänsehaut den Arm hinauftrieb. Es war nur ein leises Zupfen, doch verbunden mit seinem Lächeln, war es das Schönste was ich je gehört hatte. Dieses Intro war der Beginn einer ganzen Stunde voller Musik, während der ich meine Augen keine einzige Sekunde hatte von Jan abwenden können. Schließlich wurden wir von einer Schwester gestört, die meinte, es sei jetzt genug. Der große Blonde nickte und murmelte etwas von einem letzten Lied, das er unbedingt spielen müsse, woraufhin, die Schwester nickte.

Kaum, dass sie weg war, ließ er erneut die Klänge seiner Gitarre durch den Raum hallen und ich lauschte wieder voller Ehrfurcht.

„Ich bin allein, du bist nicht hier...“, begann er zu singen, während er sich dem anderen Bett zu wand. Kaum dass er weiter sang, stiegen auch schon Tränen in meine Augen. Seine Stimme zitterte und sein Blick war starr auf die reglose Person gerichtet. Nicht nur, dass ich das Gefühl hatte, dass dieses Lied auch für mich viel bedeutete, aber das was ich sah und wie er dieses Lied sang, so voller Qualen und Sehnsucht, war einfach zu viel für mich. Ich versuchte nicht einmal meine Tränen zurück zu halten, denn ich hätte es sicher nicht geschafft.

Während der letzten Töne noch, rutschte dem Blonden bereits das Musikinstrument aus der Hand und hätte es nicht mittels des Gurtes an einem Nacken gehangen, wäre es wohl ohne weitere Beachtung zu Boden gefallen. Durch den Schleier aus Tränen sah ich zu, wie auch Jan sich seinen Gefühlen hingab und ebenfalls zu weinen begann. Es schien als hatte er gerad noch genug Kraft um die Gitarre über seinen Kopf zu heben und abzulegen. Dann legte er sich zu mir aufs Bett und nahm mich schweigend in den Arm. Wir lagen wohl länger so da und schwiegen, denn wir schreckten beide auf, als ein ungewöhnliches Geräusch durch das Zimmer zu uns drang.

„Was gibt’s denn da zu heulen?“, fragte eine schwache rauchige Stimme. Kaum dass ich verstanden hatte, was geschehen war, sprang Jan auch schon auf und stolperte etwas überstürzt zu dem zweiten belegten Bett in diesem Zimmer. Immer noch schweigend beobachtete ich wie er seinem Freund um den Hals fiel und ihn scheinbar nie wieder loslassen wollte.

„Jan, du tust mir weh...“, murmelte der Kleinere, legte aber mühevoll eine Hand auf Jans Schulter. Mehr Zeit hatten die beiden nicht, um sich zu begrüßen, denn zu diesem Zeitpunkt betrat wieder eine Schwester das Zimmer. Wohl um mir das Essen zu bringen, genau kann ich das aber nicht sagen, denn zu diesem Zeitpunkt war es auch, als ich plötzlich wieder das Bewusstsein verlor.

Wieder zwang ich meine Augen gegen das helle Licht von Neonröhren anzukämpfen, während ich den stechenden Schmerz in meinem Kopf ignorierte. „Ein Traum“, dachte ich, während ich mich an mein erstes Erwachen in diesem Raum erinnerte. Sicher hatte ich das alles mit Jan nur geträumt. Ich gab dem Wunsch meiner Augen nach und ließ meine Lieder wieder sinken.

„Sie ist wacht!“, drang es da plötzlich leise an mein Ohr.

„Nein du hast dich geirrt, sieh doch sie liegt genauso da wie vorher.“, erklang eine zweite Stimme.

„Ich irre mich nicht, sie hatte gerade die Augen offen, ich schwöre!“, sagte jemand mit Nachdruck.

Wer war da?

Jan?

Wieder zwang ich mich die Augen zu öffnen, doch außer den Neonröhren an der Decke konnte ich nichts sehen und ich wagte es nicht meinen Kopf zu bewegen. Ich hatte Angst davor wirklich allein im Raum zu sein und mir die Stimmen nur eingebildet zu haben.

„Ha, siehst du, Ich hatte Recht.“, ertönte die erste Stimme plötzlich wieder. Ich zuckte etwas zusammen, war sie doch plötzlich lauter als noch vor wenigen Minuten. Und kaum, dass ich das gedacht hatte, schob sich ein lächelndes Gesicht in mein Blickfeld. Als mein Besucher merkte, dass ich wirklich wach war und ihn wahr nahm, machte sich ein breites Grinsen auf seinem Gesicht breit und ein Lächeln auf meinem.

„Schön, dass du wieder wach bist.“, murmelte Jan leise. „Ich hab schon begonnen mir Sorgen zu machen.“ – „Wie geht es Bela?“, fragte ich mit, zu meinem Erschrecken sehr schwacher Stimme. Jan öffnete den Mund wollte mir antworten, doch stattdessen sah er mich nur verwirrt an.

„Es geht ihm gut... aber... Ich hab dir nie gesagt, dass er Bela heißt.“, sagte er immer leiser werdend. Nun schob sich auch das Gesicht unseres Gesprächsthemas in mein Blickfeld und lächelte mich an. Er hatte scheinbar nicht gehört, was wir eben gesagt hatten, denn er begann sofort damit, mich und Jan aufzuziehen und zu fragen, warum sich der Blonde denn solche Sorgen um ein so junges Ding wie mich mache, ich sei doch vollkommen in Ordnung. Eine Kopfnuss von Seiten Jans, lockerte die ganze Stimmung wieder auf und ich wurde zu meinem wiedergefundenem Gedächtnis beglückwünscht.

„Wieso wiedergefunden, hatte sie es etwa verloren?“, fragte der Kleinere, dem Jan offenbar noch nichts über die Zeit hier erzählt hatte. Jan sah ihn mit einem finsteren Blick an und kurz darauf, waren die beiden in ein sehr hitziges Streitgespräch verwickelt. Ein Streitgespräch, das sehr erheiternd war, denn kaum, dass sie ein paar Worte gewechselt hatten begann ich zu lachen. Da das die beiden aber nicht vom Streiten abhielt, hielt ich mir bald den Bauch vor lachen.

„Sie dir das an, Jan, du bringst sie noch um, mit deinen komischen Argumenten.“, beendete Bela schließlich das Gespräch und beide grinsten mich an.

Von diesem Abend an dauerte es nicht mehr lang bis zu meiner Entlassung. Bela war bereits wieder nach hause zurückgekehrt, er hatte sich während des Kommas schon voll erholt. Beide Musiker besuchten mich noch eins zwei Mal, doch im großen und ganzen überließen sie mich nun meiner Familie, die mir half mich wieder einzuleben und meinen Freunden die psychische Betreuung überließ, sodass ich mich sehr schnell wieder erholte.
 

Das alles ist jetzt schon sehr lange her und ich hatte seit dem weder Kontakt mit Jan, noch mit Bela...

Seltsames Kennenlernen

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Die Macht der Worte

Die Macht der Worte
 


 

Einsam und allein gelassen saß er da. So elend wie am diesem Nachmittag hatte er sich noch nie gefühlt. Alle Kraft, der ganze Mut, den er angehäuft hatte, war mit einem Satz dahin gewesen. Mehr noch durch zwei kleine Worte in diesem Satz. Kraftlos vergrub er das Gesicht in den Händen, um die heißen Tränen zu verstecken. Die Kälte der Wand hinter ihm kroch ihm den Rücken hinauf und dennoch blieb er sitzen. Selbst wenn er die Kraft zum Aufstehen gehabt hätte, so wusste er ja doch nicht, wohin er sollte. Es gab keinen Ort, wo es ihm anders gehen würde als hier. Also konnte er auch auf diesem, meist leeren Bahnhof sitzen bleiben. Die neugierigen Blicke der vereinzelten Passanten störten ihn schon lang nicht mehr. Und das Tosen der Züge vermochte es auch nicht, den Widerhall dieser Worte in seinem Kopf zu übertönen.

Dennoch hatte diese ganze anonyme Atmosphäre etwas, das ihn zu beruhigen vermochte. Wie ein kalter Arm schlang sie sich um ihn, ließ ihn ebenfalls abkühlen und fror seine Schmerzen ein. Langsam machte sich ein dünnes kaltes Lächeln auf seinem Gesicht breit. Die unendliche Trauer wich aus seinen Augen und ließ kalte Leere zurück. Die Zeiger der Uhr, die er im Blick hatte, hatten nun schon etliche Kreise gezogen und der Bahnhof war still und gänzlich leer geworden. Die Kälte der Nacht machte sich auch hier unten bemerkbar, indem sie seinen ohnehin flachen Atem einfror. Er starrte weiter auf die Uhr, obwohl seine Augen den Zeigern schon lang nicht mehr folgten. Sein sonst so struppiges Haar hing, vom aufkommenden Frost nach unten gezogen, schlaff vor seinem Gesicht. Dass sein Körper zu zittern begann, nahm er schon nicht mehr wahr. Etwas hatte ihn an die Hand genommen und mit sich gezogen. Etwas, das diese zwei Worte aus seinem Kopf löste und ihm die Ewige Freiheit schenkte.
 

„Sonntag, der 15.10.2006
 

Heute Morgen wurde auf dem Berliner S-Bahnhof Potsdamer Platz ein erfrorener Jugendlicher aufgefunden. Der 20jährige 1,83 Meter große Student hatte offensichtlich die Nacht im Bahnhof verbracht und sich dort für Stunden nicht bewegt. Der Polizei zufolge, glaubten die Passanten, die ihn fanden, dass er lediglich schlief, so friedlich hatte er gewirkt.

Warum der Schwarzhaarige trotz durchgängigen Zugverkehrs den Bahnhof nicht verlassen hatte, ist derzeit noch unklar. Die Polizei hofft auf Hinweise aus der Bevölkerung.“

Unerwartetes Weihnachtsgeschenk

Unerwartetes Weihnachtsgeschenk
 

Das leise Knistern des Feuers, das fröhlich vor sich hinflackerte, klang durch den Raum und die leuchtenden Flammen warfen lange Schatten an die Wände. Die Wärme drang bis zum Sofa, an dessen Fußende ein weißer fellähnlicher Teppich lag. Von diesem war nun allerdings nicht mehr sehr viel zu sehen. Ein kleiner Berg bestehend aus Päckchen und Süßigkeiten verdeckte fast alle Fransen. Mit einer dieser Fransen spielte er, auf der Couch liegend und über die Geschenke hinweg ins Feuer starrend. Wieder entwich ihm ein leises Seufzen, bevor er erneut die Lippen kraus zog. Eigentlich war er nahe daran seinem knurrenden Magen nachzugehen, aber jedesmal, wenn der gedeckte Tisch, mit dem von ihm so liebevoll zubereitetem Essen, in seinen Blick kam, verging ihm aufs neue der Appetit. Zwei Stunden war es nun schon her, dass die Zeiger der Uhr endlich die Zeit angezeigt hatten, auf die er den ganzen Tag über sehnlichst gewartet hatte und inzwischen waren die leckeren Speisen längst kalt geworden. Es war zwar nicht so, dass sein Besuch sonst besonders pünktlich war, aber zu so einem Abend hatte er sich noch nie mehr als zwanzig Minuten verspätet.

Wieder drangen Geräusche von der Straße an sein Ohr und er horchte auf. Bei jedem noch so kleinem Geräusch, keimte die Hoffnung erneut in ihm auf, dass er noch kommen würde. Doch wieder war es nur ein vorbeifahrendes Auto und der Hüne sank enttäuscht auf die Couch zurück. Sein Blick flog wieder über den kleinen Geschenkehaufen und zurück zum Feuer. Erneut lag er regungslos da, die Glieder müde von sich gestreckt, der Blick inzwischen leer und kraftlos. So war es kein Wunder, dass nach weiteren zehn Minuten seine Augenlieder zu schwer wurden und er langsam einschlief.

Ein plötzlicher Knall riss ihn aus seinem unruhigen Schlaf. Ein Scheppern, das von der Straße aus zu kommen schien und mit dem sich ein ungutes Gefühl in seinem Magen ausbreitete. Schnell sprang er auf, schnappte sich Jacke und Schuhe und lief hinaus auf die Straße. Ein Auto war in der Kurve nicht weit von seinem Haus scheinbar von der Fahrbahn abgekommen und hatte einen zweiten Wagen in einen schweren Unfall verwickelt. Er konnte noch nicht erkennen was für Fahrzeuge es waren, doch der rote Lack, der ihm entgegenschien, schürte sein ungutes Gefühl. Er beschleunigte seine ohne hin schon weiten Schritte und versuchte das Nummernschild des Wagens ausfindig zu machen. Doch dieser war so deformiert, dass er vergebens suchte. Eine kleine Gruppe von Anwohnern hatte sich nun bereits um den Unfallort versammelt und diesen gesichert. Als er den Unfallort erreichte, wurden bereits die Insassen der Fahrzeuge aus eben diesen getragen. Die Fahrer, die den Unfall verursacht hatten, waren nur leicht verletzt, aber der Fahrer, des roten Wagens schien bewusstlos. Das schwarze Haar hing dem Mann ins Gesicht und einige Strähnen waren bereits durch Blut verklebt. Die Anwohner legten ihn gerade vorsichtig auf der Straße ab, als der Große ihn erkannte und hastig zu ihm stürzte. Verzweifelt rief er seinen Namen, hatte jedoch des Gefühl, dass kein einziger Laut seiner Stimme auch nur zu den umher stehenden Menschen drang. Verzweifelt versuchten zwei Anwohner den kleinen Mann wieder zu beleben, bei dem scheinbar weder Atmung noch Puls vorhanden war. Er wollte ihnen helfen, wollte näher kommen, doch ihm war, als würde er zurück gehalten. Wieder rief er seinen Namen, doch diesmal drang seine Stimme nicht mal bis an sein eigenes Ohr. Das einzige, was er scheinbar tun konnte, war ihn dort liegen und sterben zu sehen. Alles um ihn herrum wirkte auf ihn wie in Zeitlupe, nur eben jenes Leben schien schneller zu enden, als alle Ärzte der Welt hier handeln könnten. Ärzte! Das Licht eines Krankenwagens drang von der entfernten Straße her zu ihnen. Hilfe war unterwegs. Doch die anderen schienen dies nicht zu bemerken. Sie ließen bereits wieder mit traurigen Gesichtern von dem Toten ab und erklärten, es sei zu spät. Panik fuhr ihm in die Glieder, aber er konnte sich nun keinen Zentimeter mehr bewegen.

Plötzlich ein schriller Ton. Die Sirene des Krankenwagens!

...Nein, die Türklingel?

Verwundert schlug er die Augen auf. Noch immer lag er auf der Couch, konnte die Wärme des Feuers auf seinem Gesicht spüren. Ein Traum?

Wieder der schrille Ton der Türklingel. Als wäre sein Geist erst jetzt aufgewacht, sprang er auf.

Die Türklingel! Er war also doch noch gekommen, schoss es voller Freude durch seinen Kopf. Hastig strich er sich mit der Hand das Haar zurecht, während er den Flur entlang zur Haustür lief. Sein Herz raste erneut, diesmal vor Freude. Eilig öffnete er die Tür und sah direkt in das entschuldigend lächelnde Gesicht, auf das er so lang gewartet hatte.

"Tut mir Leid es ist etwas später geworden...", sagte der Kleinere mit seiner tiefen Mollstimme, während er sich verlegen einige seiner schwarzen Haare zurück strich.

"Egal", sagte der Größere nur und umarmte den Schwarzhaarigen freudig, bevor er ihn leidenschaftlich auf den Mund küsste. Dieser schien sehr überrascht, denn er hatte eher mit einer enttäuschten oder gar wütenden Reaktion gerechnet.

"Willst du gar nicht wissen, wieso ich zu spät bin?", nuschelte er leise und verunsichert in den Kuss.

"Ist mir wirklich egal, Hauptsache du bist hier heil angekommen.", sagte der Blonde und drückte ihn nur noch fester an sich. Dann sah er den offensichtlich noch immer verwirrten an. Seine Augen hatten einen eigenartigen Glanz, wirkten etwas nervös, aber anders als vor Konzerten. Fragend legte der Blonde den Kopf schief.

"Na los, Erzähl! Scheint dir wichtig zu sein, mir zu sagen, warum de zu spät bist.", sagte er mit einem neckischen Grinsen. Seine übliche gute Laune war zurückgekehrt und jetzt da er auch endlich hier angekommen war, konnte nicht einmal mehr das kalte Essen etwas daran ändern. Doch der Blick des Kleineren wurde ernst, kaum dass die Frage fertig ausgesprochen war. Nervös schob er eine Hand in seine Jackentasche und begann dort irgendetwas ungeduldig hin und her zu drehen.

"Nun sag schon...", drängte der Jüngere, nun aber mit leicht gedämpfter Stimme. Etwas an dem Verhalten seines Gegenüber verstörte ihn. Es war zwar geheimnisvoll, aber nicht mit dem mystischen Touch, den er sonst immer an sich hatte. Doch bevor er sich weitere Gedanken darüber machen konnte, erhob der Kleinere erneut die Stimme.

"Es geht um dein Weihnachtsgeschenk... war ne Maßanfertigung und die is nich rechtzeitig fertig geworden, deswegen musst ich heut noch mal zu dem Laden fahren...", erklärte der Schwarzhaarige, wobei er immer leiser wurde.

"Ja und? Is doch nich so schlimm.", sagte der Blonde lächelnd. "Komm doch erst mal rein!", fuhr er fort und ging einen Schritt zur Seite um seinen Gast eintreten zu lassen. Dieser schüttelte jedoch den Kopf und fiel auf die Knie.

"Jan!", hauchte er eindringlich, wobei das Herz des angesprochenen einen leichten Hüpfer machte. Der Ältere, dessen Wangen nun deutlich erröteten, zog eine kleine Schachtel aus der Tasche, öffnete diese und hielt sie dem Blonden entgegen.

"Willst du mich heiraten?", fragte er dann mit zitternder Stimme und erwartungsvoll nach oben guckend.

Der Blonde stand wie angewurzelt da und starrte auf den kleinen schlichten Ring, der im Licht der Flurlampe verhalten glänzte. Er hatte eine Hand vor den Mund geschlagen, verbarg damit seine Lippen, die nach kurzem Schrecken langsam ein immer breiter werdendes Lächeln formten. Mit glücklichen leuchtenden Augen legte er dann eine Hand auf die des kleineren, welcher noch immer gebannt zu ihm aufsah.

"Ja", hauchte er leise, während er sanft nickte. Kaum, dass dieses Wort beim Schwarzhaarigen angekommen war, zog Der Jüngere ihn auch schon an der Hand zu sich nach oben, schloss ihn in die Arme und verwickelte ihn in einen leidenschaftlichen Kuss.

Wut

Wut
 

Wütend lief er nach draußen. Seine Schritte gingen schnell und kraftvoll, hätte jemand auf der Erde gelegen, er hätte ihn wohl gnadenlos zertreten. Er schmiss die Taschen auf den Boden neben das Motorrad. Noch immer Zähne knirrschend verfluchte er den Älteren. Das hatte nun wirklich allem den Boden ausgeschlagen.

Ohne auf seine sonstige Ordnung zu achten, stopfte er die Sachen aus den Taschen in die Transportboxen seines Motorrads. In seinem Kopf rasten Gedanken, Argumente und Gesprächsfetzen des Streites durcheinander. Gewaltsam schloss er die Boxen, zog sich die Handschuhe über und setzte seinen Helm auf. Noch bevor ihn auch nur jemand ansprechen konnte, um ihn aufzuhalten, schwang er sich schon auf das Motorrad, startete den Motor und fuhr los. Er hatte kein Ziel vor Augen, keine Ahnung, wie weit er fahren, oder wie lang er unterwegs sein würde. Er wusste nur, dass er weg musste, da sonst die Gefahr bestand, dass etwas sehr wertvolles in die Brüche ging.

Seine Augen flogen unruhig über die Straße ohne richtig auf das zu achten, was sie wahrnahmen. Nach einigen überfahrenen roten Ampeln und wütend hupenden Autofahrern hatte er die Stadthinter sich gelassen und lenkte seine Maschine gen Norden. Dort würde er entscheiden, ob er nur am Meer entlang farhen oder gar das Land verlassen würde.

-- -- --

"Du elender Bastard, du hast doch keene Ahnung!"

"Ach ne, aber du? Dir isset doch ejal, wie et den anderen dabei jeht."

"Wenigstens verreis ick nich, ohne n Wort zu sagen oder fahr fürn Jahr weg ohne mich zu melden."

-- -- --

wieder kochte er vor Wut, beschleunigte und war somit gut 50km/h über der Geschwindigkeitsbegrenzung. Doch außer an dieses verdamme Arschloch konnte er an nichts mehr denken.

-- -- --

"Du bist doch nur neidisch, weil du nie den Mut zu sowas hast."

"Neidisch? HA! Du träumst wohl, was sollte ich in deinem erbärmlichen einsamen Leben?"

-- -- --

Noch immer hallten die Worte des Älteren in seinem Kopf wieder.

Ein helles Licht lenkte ihn kurzzeitig ab. Ein Blitzer. Der brauchte ihn nun wirklich nicht zu kümmern, immer hin hatte er Geld wie Heu.

-- -- --

"Du verwechselst wohl meen Leben mit deinem? Ick nutze nur die Möglichkeiten, die sich mir durch den Erfolg unserer Band bieten."

"Möglichkeiten? Dass ick nich lache. Du fliehst doch nur vor deinem Privatleben."

"Ick lebe meen Leben wenichstens, im jegensatz zu dir."

-- -- --

Der Wind pfiff scharf an seinem Körper vorbei, schnitt regelrecht in seine Haut unter dem dünnen Stoff seines Shirts. Die Schmerzen ähnelten denen damals im Himalaja, als er in 5000 Metern Höhe hatte sein Motorrad durch die Kälte schieben müssen.

-- -- --

"Leben nenn ick etwas anderes. Leben tut man mit seinen Freunden."

"Dit sachst du mir? Wer hat denn wejen seiner neuen Flamme keene Zeit mehr führ seine besten Freunde?"

"Lass Sarah aus dem Spiel. Sie hat mit unserem Streit nichts zu tun."

"Janz im Jegenteil meen Lieber. Weil du nach ihrer Pfeife tanzt ist dieser Streit erst entstanden."

-- -- --

Er passierte die Autobahnauffahrt, jagte seine Maschine über den Asphalt, den aufkommenden Regen ignorierend. Der Lärm des Fahrtwindes und des Motors dröhne in seinen Ohren, vermochte es aber dennoch nicht die Gesprächsfetzen in seinem Kopf zu übertönen.

-- -- --

"Das sagst du doch nur, weil du weder den Mut zu ner Beziehung noch zu Veränderung hast."

"So denkst du also von mir? Und meine Veränderung nach der Weltreise und meene aktuelle Beziehung ignorierste, oder wat?"

"Du weeßt selber janz jenau, dass man das bei dir nich mehr Beziehung nennen kann."

-- -- --

Ohne auf den restlichen Verkehr zu achten, überholte er einen Mini und nahm einem von hinten kommenden Auto fast die Vorfahrt. Wieder ignorierte er wütendes Gehupe. Je länger er fuhr und je weiter er kam, umso wütender wurde er. Zu den Gesprächsfetzen versammelten sich jetzt noch Bilder. Bilder des Älteren, wie er ihn spöttisch musterte. So kalt hatten sie sich wohl schon lange nicht mehr angesehen. Am Ende hatte der Ältere wie immer den Raum, ja gleich das Haus verlassen.

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"Ach du meinst deene Beziehung macht mehr her?"

"Jan... bitte... Mach dich doch nicht lächerlich."

-- -- --

Dieser Spott, wie er ihn hasste. Am liebsten hätte er ihm sein dreckiges Grinsen aus dem Gesicht geprügelt. Wieder hatte er das Gespräch völlig vom Thema und somit von sich weggelenkt.

Die Autobahn neigte sich dem Ende zu und verlief in mehrere kleinere Hauptstraßen. Noch immer achtete er nicht auf den Weg, er wusste instinktiv wohin er musste. Er konnte schon jetzt das Salz des Meeres auf seinen Lippen schmecken, obwohl er noch mehr als 100 Kilometer von seinem Ziel entfernt war.

-- -- --

"Du warst ein ganzes Jahr weg, du kannst die Menschen in deinem Umfeld doch gar nicht mehr einschätzen."

"Ick seh uff jedenfall, dass du keene Ahnung davon hast, wer ick bin."

"Aber du glaubst mich und meine Beziehung, die du seit vier Monaten kennst einschätzen zu können?"

"So wie du dir damit in die Öffentlichkeit stellst, is dit och nich schwer."

"Das gehört zu meinen neuen Pflichten. Aber von Pflichten verstehst du ja eh nichts."

-- -- --

Die nächste größere Stadt flog an ihm vorbei, so wie es der Rest der Umgebung tat und endlich kam das Meer in Sicht. Nur noch ein paar Kilometer und er würde seine Ruhe haben. Das Rauschen des Meeres hatte bis jetzt noch jeden Gedanken aus seinem Kopf vertrieben.

-- -- --

"Ick vernachlässije wenichstens trotz zahlreicher Nebenprojekte nich meene besten Freunde und die Band."

"Und ein Jahr Urlaub zählt da natürlich nicht."

"Lass doch meenen Urlaub da raus. Du hast dem schon vor zwei Jahren zujestimmt."

"Aber nur, weil dein Ego nichts anders zugelassen hat."

"Meen Ego stört dich Diva doch sonst och nich."

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Der Motor ging aus und kurze Zeit später fielen auch schon sowohl Helm als auch Handschuhe zu Boden. Er machte ein paar Schritte auf das Meer zu, bevor er sich einfach in den Sand fallen ließ und auf das inzwischen silbern schimmernde Meer hinaus starrte.

"Scheiß Mistkerl...", murmelte er, bevor sich sein Kopf tatsächlich leerte. Die Sonne näherte sich zunehmend dem Meer und der Wind wurde langsam kälter. Er zog die Beine an, legte die Arme um seine Knie und bettete sein Kinn auf diesen. Das Schimmern des Wassers trieb langsam die Wut aus seinem Bauch und ließ dort nur knurrende Leere zurück. Doch auch, wenn er sich jetzt beruhigt hatte, so bedeutete das nicht, dass andere Probleme und Bedürfnisse wieder an Wichtigkeit gewannen. Im Gegenteil, noch immer war ihm alles egal.

Die Sonne musste bereits seit mehr als zwei Stunden komplett verschwunden gewesen sein, als das Geräusch eines heranfahrenden Wagens ihn aus seiner Trance weckte. Desinteressiert sah er auf, blinzelte gegen das helle Licht der Scheinwerfer. Das Klappen der Autotür drang an sein Ohr und eine ihm bekannte Silhouette schob sich vor das künstliche Licht. Langsam erhob er sich, sah in die leuchtend grünen Augen, die er nun langsam trotz des Lichts erkannte.

"Dacht ich mir, dass ich dich hier finde...", erklang eine sanfte tiefe Stimme. Er zuckte kurz zusammen und schlug dann, wie aus Reflex dem Älteren die Faust ins Gesicht. Es folgte Stille. Keiner wagte es, sich auch nur zu rühren. Erst als die ersten Tropfen Blut von der Nase des Älteren in den hellen Sand tropften, trafen sich ihre Blicke erneut. Wieder zuckte er zusammen, streckte die Arme aus, zog den älteren diesmal aber an sich und drückte sich fest an den Kleineren. Weiter herrschte Schweigen, wie früher wieder stilles Verständnis, während sie sich in den Armen lagen.

Erninnerung

Er saß vollkommen regungslos da. Seine Knie waren weich wie Pudding und seine Füße schwer wie Blei. Er wusste genau, dass er sich keinen Zentimeter bewegen können würde, egal was passierte. Seine Augen waren auf die großen Fenster gerichtet, die ihm den Blick auf die alten Kronleuchter freigaben. Sonst hatte er hier immer absolut relaxed gesessen in vollkommener Ruhe und hatte Zeit totgeschlagen. Aber jetzt wo leise Wort- und Gesangsfetzen an sein Ohr drangen, wirkte der Platz weitaus weniger sympathisch. Wenn ihm die Stimmen nur nicht so bekannt vorkommen würden, er hätte sich wie immer entspannen können. Aber scheinbar meinte es das Schicksal nicht gut mit ihm. Den letzten Roadies hatte er nur verwirrt hinterher gesehen nachdem sie Unmengen an Equipment in das alte Gebäude gebracht hatten. Wie hätte er denn ahnen können, für wen sie arbeiteten? Alles hatte so unscheinbar gewirkt.

Die Fantasien, die ihm in den Sinn kamen, wurden wilder und unrealistischer und immer wieder musste er selbst darüber lachen. Doch jedesmal blieb ihm erneut das Lachen im Halse stecken und er warf einen verstohlenen Blick gen Eingang.

So oft hatte er hier schon gesessen, hatte sich gewünscht einen seiner Stars zu treffen, doch nun, wo genau das sehr realistisch schien, spürte er, wie sein Respekt immer mehr in Furcht umschlug. Doch noch immer waren seine Füße schwer wie Blei und er somit unfähig wehzulaufen.

Er nahm einen tiefen Schluck Jack Daniel’s, versuchte so die Trockenheit aus seiner Kehle zu verbannen, doch auch der hochprozentige Alkohol half heut nicht.

. . .

Ein Lächeln huschte über seine Lippen.

„Ey Felse, wat jibs da zu grinsen?“, kam es sofort von seinem Bandkollegen.

„Nichts, ick musste nur gerad dran denken, wie wir früher vorm Studio uff Stars jehofft haben…“, erklärte er seinem grinsenden Freund.

„Echt schräg… wer hätte jedacht, dass wir ausjerechnet hier mal aufnehmen werden.“

Was Freundschaft bedeutet...

Was Freundschaft bedeutet…
 

„Mir ist schlecht…“, ließ er mit einem leisen Murmeln verlauten und legte sich auf die alte Couch in der Wohnung seines besten Freundes.

„Du siehst auch nicht sehr gut aus… bist sehr blass…“, antwortete dieser besorgt und setzte sich zu ihm.

„Vielleicht hättest du das doch nicht tun sollen…“, bemerkte er leise, während er ihn weiterhin besorgt musterte.

„Ich wollte aber… mir war danach…“, sagte der Liegende, musste aber aufgrund erneut aufkommender Übelkeit abbrechen. Er erntete nur ein Kopfschütteln, bevor sein Freund aufstand und in eines der Nebenzimmer verschwand. Der Dunkelhaarige musste nun einige Minuten allein mit seiner Übelkeit kämpfen, bevor der größere mit einem Eimer und einem feuchten Handtuch zurück kam. Er erntete einen weiteren mitleidigen Blick und spürte dann die kühle Feuchtigkeit des Handtuchs in seinem Gesicht.

„Mir ist immer noch schlecht…“, nuschelte er gegen den rauen Stoff. Die Augen hatte er mit dem Landen des Handtuches geschlossen, ebenso hatte er sich ganz auf die Couch sinken lassen. Ein leichtes Zucken fuhr durch seinen Körper, als er die Wärme der Hand seines Freundes durch sein T-Shirt dringen spürte.

„W..w-was machst du da?“, nuschelte er verwirrt in das Tuch, bevor er sich eben jenes vom Gesicht zog.

„Bei mir hilft das immer…“, hörte er seinen Freund nur mit unglaublich sanfter Stimme sagen. Das Lächeln, dass auf seinen Lippen lag, war so unglaublich sanft und der Liegende war sich sicher, dass die Wärme des Lächelns es war, die seinen aufgewühlten Magen beruhigte, während die langen schlanken Finger unter das Shirt glitten und die weiche Haut dort streichelten.

Langsam schloss er die Augen. Auch auf seinen Lippen lag ein sanftes entspanntes Lächeln

„Danke…“, hauchte er.

Letzter Brief

dieses drabbel fällt mit dem letzten unter die unterschrift freundschaft

viel spaß beim lesen

ich hoffe aus kommis ^^'
 

Stay strange!

Tio
 

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--Letzter Brief--
 

Er stand nun schon eine ganze weile so da. Der Wind strich durch sein kurzes braunes Haar, während seine Augen glasig in die Ferne starrten. In der linken Hand hielt er einen Briefumschlag auf dem der Name seines besten Freundes stand. Wieder wanderten seine Augen auf den leeren Zettel auf den er eigentlich einen Brief hatte schreiben wollen. Jetzt war es das einzige was er noch zu tun hatte. Dieses weiße Blatt mit Worten zu füllen war schwerer als er dachte. Vieles war in den letzten Tagen ganz einfach passiert. Worte hatten ihn einfach verletzen könne, Freunde hatten ihn einfach fallen lassen können und alle positiven Erlebnisse zählten plötzlich so einfach nichts. Er hatte auch nie gedacht, dass er mal an solch einem Punkt stehen würde, wo ihm das schreiben so schwer fiel. Aber genau an diesem Punkt war er im Moment angekommen. Und das war auch der einzige Grund, warum er noch unverrichteter Dinge hier stand.

Sein blick wanderte von dem weißen Blatt auf den roten Kugelschreiber, der neben ihm lag. Schon seit geraumer Zeit hatte er nur noch einen Satz im Kopf, aber er war sich unsicher, ob dieser hier wirklich passen würde.

Er überlegte wieder einen Moment.

Er hatte in der letzten Zeit auf so viele Menschen Rücksicht genommen oder es zumindest versucht. Vor allem bei seinen Freunden. Er hatte sogar seine Beziehung beendet, weil er das Gefühl hatte, es würde seinen Freunden besser gehen, wenn es ihm schlecht ging. Und nun war ihm nur noch einer geblieben. Eben der, der ihn am meisten verletzte.

Er sah wieder auf das weiße Blatt. Jetzt war Schluss mit Rücksichtnahme. Nur dieses eine Mal wollte er ganz an sich denken.

Er schrieb den einen Satz auf das weiße Blatt, legte es in den Umschlag und ließ diesen einfach auf den Balkonboden fallen.

„Sometimes death is sweater than life…“, murmelte er noch einmal, bevor er sich weiter nach vorn beugte und einfach fiel.

Seewind

~einige Gedanken zu "so wunderbar"~
 

Er spürte, wie der kühle Seewind ihm durchs Haar strich. Das Wetter war herrlich. Zumindest für ihn. Die Sonne lag verborgen hinter dicken weißen und fast dunkelgrauen Wolken und der Wind roch nach Regen. Er konnte das Salz des Meeres schmecken, wie es über die Luft bis zu seinen Lippen drang. Auch das Rauschen des Meeres musste sich wunderbar anhören, doch es drang nicht durch die Wand aus Musik, die über die Kopfhörer von seinem mp3-Player aus zu seinen Ohren drang. Eigentlich hatte er vor Jahren aufgehört Musik zu hören, doch diesen einen Song wollte er einfach nicht ausmachen. Er strahlte so viel Freude aus. Freude, die er in seinem Leben noch nicht kennen gelernt hatte und von der er bezweifelte, dass es sie wirklich in seinem Leben gab.

Er trat einen Schritt näher an das Meer heran und schloss erneut die Augen. Die Wärme der Stimmen durchdrang seinen Körper, während der Wind, welcher vom Meer her kam ihm Gänsehaut über die Arme trieb. Jedoch war es die Musik, die seine Nackenhaare dazu bewegte sich aufzustellen. Die letzten Töne, die ihm versprachen, dass es noch einmal schön werden würde. Fast musste er Lächeln ob der absurden Vorstellung. Stille trat ein. Die übliche Stille, in den Minuten, die der Player braucht, um den Song erneut zu starten. Doch dieses Mal wurde sie von einem Rauschen ausgefüllt, dass mitreißender nicht hätte sein können. Er hatte längst vergessen, wie beruhigend dieses Gefühl sein konnte. So viel beruhigender als alle Stimmen der Welt, als jeder tröstende Song. Seine Hände striffen langsam an seinen Ohrläppchen entlang, bis die Kopfhörer aus seinen Ohrmuscheln rutschten. Dann öffnete er die Augen wieder und starrte aufs Meer hinaus, dessen Ende mit dem Grau des Horizontes verschmolz. Früher hatte er sich gern eingebildet, dass irgendwo dort die Freiheit verborgen lag. Wieder ein Schmunzeln auf seinen Lippen. Längst hatte ihn das Leben eines besseren belehrt. Er hatte schmerzlich feststellen müssen, dass man das Glück nicht auf der Straße fand, dass man seine Probleme nicht zurück ließ, wenn man in die Ferne reiste und vor allem hatte er gelernt, dass Vertrauen immer missbraucht wurde.

Er strich sich einige Haare hinters Ohr, welche durch den Wind seine Wange gekitzelt hatten. Nach einem kurzen Zögern ließ er sich dann in den Sand fallen und zog die Beine an. Ab und zu drangen leise Songfetzen durch das Rauschen der Wellen und des Windes an seine Ohren. Sie trieben seine Gedanken an, ließen sie kreisen und immer wenn er glaubte zu einem Schluss gekommen zu sein, warfen sie ihm erneut unvollendete Tatsachen an den Kopf. Sein Blick wurde traurig und bald war er leer. Seine Augen waren auf einen undefinierbaren Punkt irgendwo in der Ferne geheftet, während seine Gedanken längst jegliche Grenzen überschritten hatten. So lang saß er selten da. Bei sich hatte ihn immer irgendwer oder irgendwas unterbrochen, hatte seine Gedanken aufgehalten, oder ihm gar den Faden genommen, dem er gefolgt war. Aber nicht hier. Er war allein. Zumindest jetzt. Er hatte seinen Spaziergang allein begonnen und hatte erst angehalten, als er sich sicher war, dass ihn niemand so schnell einholen würde.

Ein leises Seufzen kam über seine Lippen, als das Ende des Songs wieder an sein Ohr drang. Und wieder traf ihn die Erkenntnis, dass etwas, dass noch nie schön war auch nicht wieder schön werden konnte. Schwerfällig aber relativ schnell erhob er sich und trat nun ganz an das Wasser heran, sodass die Wellen seine Schuhsolen umspülten. Eine Weile stand er wieder einfach nur da. Dann ließ er die Hand in seine Tasche wandern und zog das kleine elektronische Gerät hervor. Er riss seinen Blick vom Meer los und lenkte ihn auf die schwarze Kunststoffhülle seines Musikabspielgerätes. Er ließ es einige Male in seiner Hand hin und her wippen, bevor er ausholte. Er lehnte sich etwas nach hinten, beugte den Arm ganz durch und versicherte sich noch einmal, dass das kleine Gerät auch gut in seiner Hand lag. Dann atmete er erneut durch und ließ seinen Arm nach vorn schnellen. Zumindest versuchte er es, doch sein Arm, blieb wo er war. Stattdessen spürte er nur, wie das Gewicht, des mp3-Players aus seiner Hand wich, bevor diese wieder losgelassen wurde.

„Das löst deine Probleme auch nicht…“, drang eine sehr warme Stimme an sein Ohr.

„Ich weiß… aber es hätte dennoch gut getan.“

„Du hättest es bereut.“

„Da bin ich mir nicht so sicher…“

„Ich mir aber.“

Das regelmäßige Rauschen der Wellen füllte die aufkommende Stille und trieb das Gespräch binnen Minuten davon. Beide sahen auf das Meer hinaus. Das Blaugrau der Wolken färbte in einem kalten Ton auf die Wellen ab, welche immer dunkler wurden, je näher sie dem Strand kamen.

„Was meinst du, wie weit fliegt das Ding?“, hörte er wieder die warme Stimme seines Freundes, der nun einen der Kopfhörer im Ohr hatte. Er zuckte nur die Schultern. Das war etwas über das er sich nie Gedanken machte. Er wollte nur diesen Song loswerden, der nun, da er ihn nicht mehr aus den Kopfhörern hörte als Ohrwurm durch seinen Kopf geisterte.

Das war es, was sie im Wesentlichen von einander unterschied. Der Kleinere ließ seine Gedanken stets zu unwichtigen Themen gleiten und lenkte sich somit von seinem eigentlichen Problem. Er selbst dachte meist so lang darüber nach, bis er es leid war. Nur wollte das mit eben jenem Thema nicht funktionieren. Deswegen hatte er ja seinen mp3-Player ins Meer werfen wollen. Er spürte die Wärme seines Freundes, wie sie über dessen Hand durch sein Shirt auf seine Haut traf. Wieder stellten sich seine Nackenhaare auf.

„Lass uns zurück gehen…“, drang seine Stimme mit der selben Wärme, die auch seiner Hand inne wohnte an sein Ohr, noch bevor er sich auch nur annähernd der Situation hingeben konnte. Er seufzte leise, nickte aber ergeben. Langsam drehte er sich um, wollte seinem Freund ein dankbares Lächeln schenken, doch hinter ihm war nichts.

Er konnte seinen Freund nicht sehen.

Der mp3-Player lag einsam im feuchten Sand vor ihm. Und schmerzlich wurde ihm wieder bewusst, dass ihm das, was ihn seit Jahren am Leben gehalten hatte, vor wenigen Wochen brutal genommen wurde.

Seewind II

Am Steg
 


 

Ganz allein stand sie auf der letzten Planke des klapprigen Steges. Ihr Blick war starr auf die kleinen Wellen gerichtet, die sich schwermütig über die dunkle Wasseroberfläche schoben. Der Himmel war von tiefgrauen Wolken verhangen und es wehte ein leichter und dennoch sehr kühler wind. Eine Böe erfasste ihren Mantel und schob sich so durch ihre Sachen bis an ihre Haut. Ein kurzes Schütteln ging durch ihren Körper, dann stand sie wieder so still wie zuvor. Ihre Gedanken hatte sie hinauf aufs Wasser geschickt, in der Hoffnung sie würden dort ertrinken. Langsam bedeckte ein glasiger Film ihre Augen, doch bevor sie auch nur eine einzige Träne vergießen konnte, vertrieb sie die Leere in sich, die sie schon so oft an den Rand ihrer Kräfte betrieben hatte.

Wieder strich ihr ein Windstoß durchs Haar, sodass ihr einige Strähnen vor die Augen fielen. Nur mit einer trüben Handbewegung strich sie ihre Haare zurück hinter ihr Ohr.

Ein leises Knistern vermischte sich mit dem Säuseln des Windes, als sie die Hand zurück in ihre Manteltasche gleiten ließ. Ein letztes Stück Schokolade lag einsam in der Verpackung, die sie nun mit der Hand umschloss. Ihr war längst der Appetit auf ihre Lieblingssüßigkeit vergangen und nun diente ihr die Packung nur als Halt. Sie brauchte etwas an das sie sich klammern konnte. Es ging ihr nur um dieses Gefühl in ihrer Hand in dem langsam alle Trauer und vor allem die Wut versanken. Ihre Atmung hatte sich vor Stunden schon beruhigt, nur ihr Körper zitterte noch vor Anspannung.

In einiger Entfernung begann die Wasseroberfläche sich zu kräuseln und kurz darauf stand auch sie im Regen. Erst benetzen kleine Tropfen ihr Gesicht, doch schon nach kurzer Zeit fielen große schwere Tropfen, die nicht lang brauchten, um ihren Mantel und auch ihr dunkelrotes Kleid zu durchweichen.

Nur einen Moment lang schloss sie die Augen und genoss das kühle Nass in ihrem Gesicht. Als sie die Augen wieder öffnete, waren alles Leben und alle Entschlossenheit in das Rotbraun zurückgekehrt. Langsam hockte sie sich hin und ergriff ihren Bogen. Mit wenigen Handgriffen zog sie, nachdem sie wieder stand, den Gurt ihres Köchers wieder straf. Ihre Kleidung war nun restlos durchweicht und trotzdem war sie in genau diesem Moment wieder die edle Kriegerin, für die sie alle hielten. Ohne jede Nagst würde sie sich wieder jeder Aufgabe stellen und dabei Leine Schwäche zeigen. Die versteckte sie weiter tief in ihrem Herzen, da wo nie mehr jemand hinkommen würde.

Abhängigkeit

Oh wie sehr er sie hasste. Sein ganzes Leben lang schon hasste er sie abgrundtief. Er hatte immer gewusste, dass sie einst sein Leben zerstören würde und ihn ganz auffressen und zerquetschen konnte.

Dabei lag es nicht mal an der Bindung. Nur an der Angst. Die Angst seinen geliebten Schatz zu verlieren, war es, die ihn abhängig machte.

Abhängigkeit.

Der Hass zu ihr hatte ihn so weit getrieben. Jetzt lag er in einem ganz anderen Bett, trauerte seiner Freiheitsliebe nach und versuchte sich dem Jüngeren hinzugeben.

Langsam legte er die Arme um dessen Nacken, versank in einem innig sanften Kuss mit dem Chilenen, dessen Hände sanft an seiner Hose zerrten, bis diese nachgab und sich öffnen ließ. Hartnäckig schob der Blonde seine Gedanken beiseite, verdrängte den Älteren zusammen mit den Gewissensbissen. Er konnte die dominante Hüfte des Jüngeren spüren, wie sie sich gegen die seine drückte und ihn immer mehr dirigierte. Nun öffnete er, verschleiert von aufkommender Erregung, dessen Hose, um sich anschließend weiter rhythmisch gegen ihn zu bewegen. Nach und nach schaffte er es, alle Bedenken abzulegen, gab sich ganz dem Moment hin und stöhnte schließlich erleichtert auf, als der Jüngere in ihn drang. Als ihre Hüften begannen zu tanzen, hatte er längst vergessen warum er in einem fremden Bett lag. Er ließ sich schlicht von seiner Erregung treiben.

Auf seinen Höhepunkt aus und darauf sich ganz und gar einem anderen hin zu geben, ließ er sich nehmen, hart und so ganz anders als sonst vom Älteren. So sehr auf seinen Höhepunkt konzentriert, merkte er nicht, wie er begann eben jene Stellung in Gedanken mit dem Drummer auszuprobieren, die Beine um dessen Hüfte geschlungen und selbst auf dem Rücken liegend.

Erst als sich das Kribbeln des Orgasmus in seinem Körper ausbreitete, realisierte er, wo seine Gedanken hingen. Zu spät, um den Älteren zu verdrängen. Zu spät, um zu verhindern, dass er

selbst in Gedanken jenen Namen stöhnte.

Kraftlos sank der Blonde unter dem Bassisten aufs Bett, vollkommen atemlos, mit Tränen in den Augen. Er schaffte es einfach nicht sich von ihm zu lösen. All sein Egoismus, seine Freiheit und der Wille, diese auszuleben, hatte er aufgegeben.

Er lebte mittlerweile ganz von der Abhängigkeit.

Der Abhängigkeit zu Bela.

Dir

Dir
 

Seit Ewigkeiten, so schien ihm, saß er nun schon da und brütete über diesem Text. Nachdem ihn diese eine Zeile einfach nicht mehr losließ, hatte er es gewagt. Er hatte all seinen Mut zusammen genommen. Ja, für diesen Song brauchte er Mut. Seit Jahren schon wollte er ihm einen Song widmen, wollte einfach mal alle Karten offen auf den Tisch legen und gucken, ob er sie deuten können würde.

Nachdenklich kaute er auf seiner Unterlippe, dann wieder am Stift. Mal saß er an der Gitarre, dann wieder am Tisch, tief über das kleine Blatt Papier gebeugt. Vor über fünf Stunden hatte der Jüngere ihn verlassen, war nach hause gegangen, hatte ihn lächelnd wie immer verabschiedet und wieder hatte der Dunkelhaarige nur einen Satz im Kopf gehabt.

„Ich weiß, wo ich mich am wohlsten fühl…“

Seit dem saß er da und schrieb diesen Song. Das Grundgerüst, Melodie und Rhythmus standen ziemlich schnell für ihn fest. Jetzt fegte seine Hand in einem rasanten Tempo über das Blatt und hinterließ eine Textzeile nach der anderen, von denen er nur wenige nicht wieder durchstrich. Bald warf er sich nach hinten in den Stuhl. Haare raufend atmete er tief durch und fragte sich einen Moment lang, ob er aufgeben sollte.

Mit einem hastigen Kopfschütteln vertrieb er den Gedanken wieder. Dann nahm er den Zettel fast behutsam in die Hand, strich mit dem Daumen über die Enden einiger Zeilen, bevor er die Augen schloss.

„Jan…“, hauchte er leise, gab sich lächelnd den Bildern in seinem Kopf hin und wartete. Auf ein leises Klicken, ein Bild, ein Wort, etwas, dass es vermochte, seine Hand zu lenken und den Song zu vollenden. Seine Gedanken blieben am Lächeln des Blonden Hängen, an den schmalen Lippen und den feinen Grübchen.

Und da war es. Dieser eine Satz den Farin ihm einst eher beiläufig und breit grinsend zugerufen hatte. Dieser Satz, der diesen Song so wunderbar abschließen würde.

„Danke…“, flüsterte er kaum hörbar, mit dem Wunsch sich in die Starken langen Arme des Größeren zu lehnen.

Stattdessen aber nahm er lächelnd den Stift und schrieb langsam in sanften Linien: „Das machst du mit mir, den ick liebe dir“

Von Rittern und Bettlern

Von Rittern und Bettlern
 

Patsch… Patsch… Patsch…

Das Geräusch seiner durchweichten Schuhe hallte unangenehm schrill in seinen Ohren wider und vermischte sich dort mit dem Rauschen seines Blutes, das ihm mehr und mehr zu Kopf stieg. Seine Schritte wurden stetig schneller, je näher er dem Stand kam. Gleich würde er nur die Hand ausstrecken müssen und dann laufen.

Sein struppiges rotbraunes Haar hing ihm in dicken Strähnen ins Gesicht und versperrte ihm fast die Sicht. Nervös schob er es zur Seite, bevor seine Finger wie gewohnt unbeholfen über seine Nase strichen. So verhielt er sich immer, wenn er aufgeregt und verunsichert war. Würde ihn hier jemand kennen, er wäre schon Stunden vor der Marktschreier waren ihm fremd, so wie die leeren Gesichter der Bauern, die sich in diese gottverdammte Stadt verirrt hatten. Sie alle beachteten ihn nicht. Niemand beachtete hier einen Bettler, wie ihn. Zwischen all den Holzständen und den Stadtbewohnern, die nicht minder dreckig waren als er, fiel er auch nicht wirklich auf.

Noch nicht.

Bei diesem Gedanken schlossen sich seine Finger um das seit Minuten mit dem Blick fixierte Objekt und seine Füße wechselten, wie auf Kommando in einen Sprint. Ein Sprint um Leben und Tod.
 

~
 

Er liebte es so übers Land zu reiten. In legerer aber eleganter Kleidung, das Schwert nur locker am Sattel tragend. So genoss er das Leben als Ritter. Zu so friedlichen Zeiten, in denen es nur ab und an Ein paar Diebe zu fangen galt.

Die Sonne schien warm an diesem Herbsttag und der blaue Himmel entlockte ihm ein sanftes Lächeln. Im lockeren Trab näherte er sich mit seinem Schimmel den Toren der Stadt. Er freute sich regelrecht auf den Trubel des Marktes, dessen Lärm schon jetzt bis zu ihm drang.

Wenige Minuten nachdem er das große Eichentor passiert hatte, stieg er von seinem Pferd und ließ dieses von einem Stallknappen zu dem üblichen freien Unterstand bringen. Das Schwert an der Hüfte tragend machte er sich auf in Richtung Marktplatz. Er konnte bereits einige der Stimmen verstehen, wie sie ihre Ware anpriesen und versuchten auf sich aufmerksam zu machen. Als er sich durch die engen dreckigen Straßen schob, die schon hier voller Menschen waren, die zum Markt oder bereits wieder von ihm weg strömten, wurden die Stimmen lauter, aber auch undeutlicher. Darauf bedacht trockenen Fußes zum Markt zu gelangen, nahm er das jedoch nicht wahr. Ein zufriedenes Seufzen entwich seinen Lippen, als er zwischen den Häusern endlich das bunte Marktgetümmel erblickte.
 

~
 

Patsch, patsch, patsch.

Hastig stolperten seine Füße nun über die holprigen Steine des Platzes. Seine linke Hand war fest um das gerichtet, nachdem nun alle her waren. Seine rechte war wie zum Schutz für ihn nach vorn ausgestreckt, immer darauf bedacht Menschen oder Gegenstände aus dem Weg zu schubsen. Die viel zu heiße Herbstsonne brannte in seinen Augen, gerade so als wolle sie seine Flucht verhindern. Doch auch sie würde ihn nicht aufhalten können. Er hatte seinen Fluchtweg mehrmals durchgeplant und war ihn im Geiste schon tausendmal gerannt. Mit dem Überraschungsmoment auf seiner Seite würde er in wenigen Minuten vom Platz verschwunden und in Sicherheit sein.

Seine Augen flogen wild über die Straße vor ihm, immer auf der Hut vor eventuellen Gefahren und Hindernissen. Das Rauschen in seinen Ohren war nun so laut, dass es die „Dieb“ und „Haltet ihn!“-Rufe des Pöbels übertönte.

Ein loser Stein hinter einer der vielen Pfützen brachte ihn trotz aller Vorsicht zum stolpern und kappte den Kontakt seiner Augen zum Fluchtweg. Er strauchelte kurz, fing sich aber ab und wollte weiter rennen, als sich sein dreckiger Hemdkragen plötzlich eng um seine Gurgel legte.
 

~
 

Die Rufe hatten sich schnell aus all den Anpreisungen heraus kristallisiert, nachdem sie immer deutlicher in seine Richtung gerufen wurden. Kurz danach war der dreckige Unhold an ihm vorbei gestolpert. Gerade so dicht, dass er dessen Kragen zu fassen bekam. Mit einem heftigen Ruck zog er den Dieb zu sich, der vom Rückstoß vollkommen überfordert zu Boden ging.

„Fürst Vetter… edler Fürst, bestraft ihn!“, wurden nun sofort Rufe laut. Er war wütend, schließlich konnte er doch in diesen Zeiten des Wohlstandes keine Diebe in seiner Stadt dulden.

Langsam trat er vor die erbärmliche Gestalt, die nun auf den Knien am Boden kauerte. Seine grünbraunen Augen auf ihn gerichtet und eine Hand am Knauf seines Schwertes liegend, sprach er fordernd mit fester Stimme: „Elender Dieb, strecke deine Hände aus, auf das ich dich bestrafen kann!“.

Die Gestalt am Boden hob aber stattdessen den Kopf und erwiderte den festen Blick des Ritters, der nun mit erhobenem Schwert aus der Menge heraus strahlte, fast so wie die Sonne zwischen den Wolken, die sich jetzt langsam über den Himmel schoben. Eine eigentümliche Stille legte sich um Ritter und Bettler, grad so, als schirme irgendetwas das aufgeregte Gemurmel der Menge ab.

Langsam schob der Bettler nun seine Arme nach vorn, doch das nahm der Blonde zunächst nicht wahr. Sein Blick lag auf den grüngrauen Augen des Bettlers, die voller kindlicher Trauer hilfesuchend zu ihm aufsahen. Für Minuten, so schien ihm, versank er in all der Trauer und dem Schmerz, die aus diesen Augen sprachen.

Der halb geöffnete Kopf einer Sonnenblume war es, der seine Aufmerksamkeit auf die dreckigen Bettlerhände lenkte und sein Schwert sinken ließ. Schweigend sah er auf die Blume hinab und ging langsam in die Knie.

„Das ist deine Beute? Deswegen jagen sie dich?“, fragte er mit nunmehr sanfter Stimme. Der Bettler schien nun sichtlich verwirrt und nickte nur sachte.

„Für das Grab meiner Geliebten Mutter“, sagte er leise, obwohl er sich bewusst war, dass man nur nach einer Aufforderung sprach. Schnell senkte er den Kopf wie in Demut, hoffte aber, dass der hübsche Hüne vor ihm die aufkommenden Tränen nicht bemerkt hatte. Doch der Ritter schwieg wieder. Mit seinen langen Fingern griff er behutsam nach der Blume und drehte sie vorsichtig in seiner Hand.

„Wen hat dieser Mann bestohlen?“, rief er dann mit kräftiger Stimme, die für einen Moment den gesamten Platz in ruhe tauchte.

„Mich, mein Herr…“, ertönte eine junge Männerstimme und ein braungebrannter Bauer schon sich durch die Menge zu ihnen.

„Sprich, wie ist dein Name, Blumenhändler? Und wie viel kostet dem Mann hier diese Blume?“, sprach der Blonde, welcher sein Schwert nun längst wieder zurück in die Scheide hatte sinken lassen. Etwas verwirrt antwortete der Schwarzhaarige, der kurz darauf den doppelten Betrag in seinen Händen hielt.

Schneller als sie Menge realisieren konnte, was geschehen war, hatte der Ritter den kleineren Bettler am Kragen vom Platz gezogen. In einer stinkenden Seitengasse hielt er an und ließ den Bettler, der Mühe hatte, sich auf den Beinen zu halten, los. Kurz standen sie schweigend vor einander, sahen sich in die Augen, bis der Bettler etwas sagen wollte. Er öffnete den Mund, doch bevor er auch nur für das erste Wort Luft holen konnte, hielt ihm, der blonde Hüne die Sonnenblume entgegen.

„Eure Mutter wartet sicher, ihr solltet euch beeilen.“, sprach er leise und als die weichen Finger des Bettlers den Stiel der Sonnenblume umschlossen, zeichnete sich ein Lächeln auf beider Gesichter ab.

„Danke“, hauchte der Kleinere leise, bevor er sich umdrehte und los lief.

Patsch, patsch… patsch…

Der Ritter sah ihm noch lange nach, obgleich der Bettler schon nach wenigen Sekunden aus seinem Blickfeld verschwunden war. Nachdenklich fuhr er sich mit der Hand durch das dichte Blonde Haar und wandte sich zum Gehen. Als er bei Sonnenuntergang auf seinem Schimmel nach hause ritt, hatte er noch immer diese großen traurigen Kinderaugen, in denen er vorhin fast ertrunken war und die ihn so noch nie aus dem Gesicht eines Mannes angesehen hatten, vor sich.

Schwarze Rose an [[Evenfall]]

Schwarze Rose
 

Langsamen Schrittes ging sie durch den Garten. Sie war lang nicht mehr hier gewesen, seit jenem Tag, an dem sich so viel verändert hatte. Der kühle Herbstwind strich ihr langsam durchs Haar, fuhr über die blasse Haut ihrer Schultern und lies sie leise erschaudern. Fast sehnsüchtig sah sie in den wolkenverhanenen Himmel. Selbst er schien zu seufzen und es wirkte fast, als wolle er gar nicht hier sein.

Wieder erhob sich der Wind, bließ heftig durch die schwachen Äste der Bäume und nahm geräuschvoll einige der Blätter mit sich. Ihre Augen verfolgten das braune Laub, bis dieses sich auf die nahegelgenen Gräber legte, dann schloss sie die Augen. Sie lehnte mittlerweile an einem mit Efeu beranktem Baum, der ihren Haaren nur wenig schutz vor dem Wind bot. Aber das kümmerte sie nicht.

Sie dachte zurück an jenen Tag, als sie ihren Vater zu Grab trugen. Oder vielmehr die kleine Urne, in der nun seine verbrannten Überreste schlummern sollten.

Sie wurde traurig. Lang hatte sie keinen Gedanken mehr daran verschwendet, wie sehr sie ihn doch vermisste. Ihn, den Mann, der ihr alles beigebracht hatte. Sie schluckte schwer und kämpfte mit den Tränen. Bis an sein Grab heran, traute sie sich nicht. Sie verharrte lieber hier im Schatten des anliegenden Gartens, in dem sie so oft zusammen gesessen hatten.

Er war mitlerweile verwildert. Man sah ihm an, dass auch er seinen Herren vermisste.

„Denkst du an ihn?“, riss sie eine dunkle Stimme aus ihren trüben Gedanken. Sie nickte ohne auf zusehen. Sie kannte die Person, welche zureben erklungenen Stimme gehört, gut genug. Sie konnte seine Wärme spüren, als er sich dicht neben sie an den Baum stellte. Sie konnte seine Blicke sehen, und wie er versuchte, sie zu durchschauen.

Sie musste lächeln.

„Versuchst du wieder meine Gedanke zu lesen?“, fragte sie leise, während sie langsam zu ihm aufsah.

Seine grünen Augen schimmerten, wie immer geheimnissvoll unter seinen etwas zerzausten schwarzen Haaren hervor. Ertappt und etwas verlegen, rieb er sich mit den Fingern über die Nase. Dann lächelte er entschuldigend.

„Ich hab mir Sorgen gemacht. Sie haben für heut noch Sonne angesagt und du warst drinnen nirgends zu finden.“, erklärte er ruhig. Dann reichte er ihr die Hand.

Sie warf einen Blick auf die schmalen Finger, an denen sich so deutlich sein Alter abzeichnete. Der Ärmel seines Umhangs war etwas zur Seite gerutscht und gab einige Narben preis, die er damals erlitten hatte. Damals an jenem schrecklichen Tag.

Zögerlich griff sie nach seiner Hand und erntete ein warmes Lächeln.

„Lass uns Heim gehen und am Feuer an ihn denken.“, sprach er während er sie sanft, fast schon liebevoll mit sich zog.

Am Feuer... das war ihm sicherlich lieber als in der Sonne, dachte sie, die Hand ihres Begeleiters fest drücken. Wo er doch an einem Sommertag zu Asche zerfallen war, um sie zu retten. Sie die schönste Rose in seinem Garten.

Love Story an [[Lily_Toyama]]

An mein Wichtelkind:

Ich war erst skeptisch, ob ich was zu deinen Songs hinbekomme, weil ich a) glaub ich ein sehr verzerrtes bild von Freundschaft nieder zu schreiben flege und b) eher auf homo-pärchen stehe.

Letzendlich find ich aber die Geschichte von Romeo und Julia sehr spannend. Also hab ich mich letztendlich daran versucht. Irgendwo in der Mitte ist mir die Story jedoch entglitten und hat sich etwas selbsständig gemacht... naja... lies erstmal selbst. Ich hoffe es gefällt dir noch... wenn nicht schreib ich dir gern noch eine neue.
 

LG

Tio
 

Love Story
 

Sehr langsam schlich sie durch den langen Korridor in der Hoffnung, dass ihre hohen Schuhe sie nicht verrieten.

"Oh wo bist du nur?", wisperte sie leise. Der Korridor schien ihr tausende Male länger zu sein, als sonst, gerade so als wolle er sie ärgern.

"Hier drüben, mein Engel.", hörte sie eine sanfte Stimme.

Seine sanfte Stimme.

Sie folgte dem Klang in ein kleines Zimmer, welches im Schein dreier Kerzen warm schimmerte.

~

Hastig sah er sich um. Seit fünf Minuten rannte er nun schon durch die schimmernden Korridore, bog in prunkvolle Zimmer ab und verließ diese blitzartig wieder. Wie hatten sie nur seine Maskerade durchschaut? Und vor allem, wieso gerade jetzt? Zu gern würde er mit diesem Engel verschwinden. Schwarze lange Haare schmiegten sich an einen blassen Hals und fielen um die perfekte Figur bis hin zu einer zierlichen Tallie, an die er bei einem innigen Kuss nur zu gern seine Händer gelegt hätte. Doch jetzt musste er erstmal verschwinden.

~

Wieder stand sie in einem leeren Zimmer. sie seufzte. Ihre Füße schmerzten und ihre Lunge schrie immer lauter nach Luft, welche ihr die enge Corsage verwehrte. Langsam schritt sie an das Fenster. Ihren schwindenden Kräften nachgebend, ließ sie sich auf der Fensterbank nieder. So gern hätte sie sich nun in ein warmes Paar Arme gelehnt, ihre Nase in den kurzen blonden Haaren vergraben und sich einfach nur in seiner Nähe verloren.

"Oh mein Prinz, wo bist du nur?", rief sie halblaut hinaus in die Nacht, in der Hoffnung der Mond würde ihren Ruf an den richtigen Mann weiterleiten.

~

Er hatte es nach draußen geschafft ohne, dass sie ihm auf den Fersen warn. Er warf einen letzten Blick zurück auf das elde Anwesen, in der Hoffnung bald wieder herkommen zu dürfen. Er blieb stehen. Seine Augen hatten den Garten fixiert und das offene Fenster, in dem eine deutliche Siluette zu sehen war. Sein Herz machte einen Sprung, ebenso wie seime Füße. Mit strahlenden Augen lief er auf das Gatter des Gartens zu. Er würde sie also doch noch ein seine Arme schließen können. Fast schon konnte er das Gatter berühren, glaubte ihren süßen Duft zu riechen und ihre helle Stimme hören zu können.

Stimmen hörte er in der Tat, aber sie waren sicher nicht hell. Er blieb plötzlich stehen, wie festgefrohren starrte er das Gatter an und lauschte den tiefen Rufen, die nicht gerade langsam Näher kamen.

~

Noch immer war ihr Blick auf den Mond gerichtet. Wartend saß sie da. Lauschte hinaus in die Nacht und noch immer war sie voller Hoffnung. Das Gefühl für Zeit verloren blickte sie nach Osten.

"Nanu, welch warmer Schein, das wird doch nicht etwa schon die Morgensonne sein...", flüstert sie leise und fast etwas enttäuscht. Das leise Flackern drang schüchtern duch den Garten und ging einher mit leisem Gemurmel. Dieses schaffte es jedoch nicht mehr an ihr Ohr. Barfuß war sie nun schon auf dem Weg in ihr Schlafgemach, auf dass sie in der warmen Umarmung ihrer Decke von ihm träumen könne.

~

Ihm wurde heiß und kalt zugleich. Die Kälte der Mauer drang von hinten durch sein dünnes Hemd und schien ihn mit eisigen Klauen an sich zu drücken, wärend von vorn Funken gefährlich nahe an sein Gesicht sprangen. Er konnte sich kaum auf die Stimmen konzentrieren, die auf ihn einredeten. Zu viele Fackeln wurden vor seinem Gesicht hin und her geschwenkt, raubten ihm die Sicht und schürrten das Feuer seiner Angst, dass ihm langsam den Hals zuschnürrte.

Sie hatten ihn erwischt. Eingekreist von Mensch und Mauer würde er hier sein Schicksal finden. Niemals würde er sie wieder sehen. Niemals würde sie in seinen Armen liegen. Nichteinmal beginnen würde ihre Geschichte.

~

"JULIA~", riss es sie aus dem Bett. Ein Schrei? Oder bereits ein Traum. Sie vermochte es nicht einzuordnen. Sie wusste nur, dass es ihr, so lang wie der Schrei in ihren Ohren wiederhallte, eiskalt unter die Haut ging. In vollkommener Dunkelheit saß sie da und begann zu weinen.

~

Feuer an [[Maxwell-chan]]

Hallo an mein Wichtelkind abgemeldet,

hier ist deine halloween-geschichte. ich hoffe, du magst es und es ist dir nicht zu heftig.
 

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~Feuer~
 

Ein kalter verregneter Herbsttag neigte sich dem Ende zu und der beissende Wind schlug ihm auf seinem Weg entgegen. Er schob die Hände tiefer in die Taschen seines Mantels und zog das Gesicht so weit er konnte hinter seinen Schal. Sein Blick war auf den Weg vor ihm gerichtet, seine Augen waren grau und leer. Seit Jahren war er nun schon nicht mehr hier gewesen und obwohl ihm alles fremd war, kannten seine Füße den Weg. Erst als er in eine kleine Gasse einbog deren linke Seite von einer schäbigen Mauer geziert wurde, verlangsamten sich seine Schritte.

Er zog die Kapuze von seinem Kopf, um sich besser umsehen zu können. Es hatte sich nicht verändert und doch, irgendetwas stimmte nicht. Er erblickte eine ältere Frau, die sich und ihre Einkaufstüten langsam vor sich her schob. Sie beachtete ihn nicht. Er richtete seinen Blick auf den leeren Hof der nun zu seiner rechten lag. Er wirkte verlassen. Überrascht hob er eine Augenbraue.

"Dort ist niemand mehr.", hörte er die alte Frau, die nun auf seiner Höhe war, krächzen.

"Der Sohn hat die Familie verraten, ist einfach abgehauen.", sie schnaufte.

"Mutter blieb allein zurück. Starb in der Kälte des Winters voller Sehnsucht und ganz allein in diesem Haus da... bah."

Sie schien zu frieren, denn sie zog ihren Mantel enger und beschleunigte ihre Schritte. Er sah ihr zu, wie sie um die Ecke verschwand und wandte den Kopf dann wieder gen Hof.

Der Wind griff in sein Haar und schleuderte es umher, bis es ihm die Sicht nahm. Er machte ein paar Schritte auf das Grundstück zu, bis er vor dem kleinen Gartenzaun stand. Trauer und Hoffnungslosigkeit hatten sich unter das Grau seiner Augen gemischt. Dass sie tot sein sollte, das wollte er nicht glauben. Er kniff die Augen etwas zusammen, konzentrierte sich auf das Fenster.

Ein Flackern.

Licht.

Da war jemand, soviel war sicher. Mit einer schnellen Bewegung schwang er sich über den Zaun und lenkte seine Schritte Richtung Tür, welche einen Spalt offen stand. Er versuchte das Flackern noch einmal auszumachen, doch es schien erloschen. Er stoppte und zögerte einen Moment. Die Worte der alten Frau flogen durch seinen Kopf und ließen seinen Mut für einen Moment erlöschen. Doch bevor auch nur ein düsterer Gedanke den freiwerdenden Raum in seinem Kopf einnehmen konnte, schüttelte er diesen und zwang sich weiter zu gehen.

Ein leises Scharren drang an sein Ohr und lies ihn aufmerken. Also war da doch jemand. Er lächelte unmerklich und schob sich durch die Tür.

"Hallo...?", rief er leise und lauschte. "Mum...?"

Es kam keine Antwort. Nur der Wind zog sich geräuschvoll durch die undichten Fenster und zischte ihm leise entgegen. Er fühlte sich unwillkommen und störend, obgleich hier wirklich niemand zu sein schien. Alles was er fand war eine dichte Staubdecke, die sich über die langsam zerfallenden Möbel legte. Das Haus schien schnell zu verwittern. Zu schnell für sein Verständnis. Vorsichtig setzte er einen Fuß vor den anderen und warf fast hoffnungsvolle Blicke in die Zimmer. Schließlich blieben seine Augen an einem maroden Bett hängen. Ihrem Bett. Im Schlafzimmer seiner Mutter.

Er starte auf den Baldachin der sachte vom Wind bewegt wurde.

Ein Schatten.

Er schüttelte den Kopf. Er konnte den Wind nicht mehr hören. Offensichtlich war der Verfall noch nicht bis hier hin vorgedrungen. Aber was bewegte dann den Baldachin?

Er versuchte auszumachen, was genau sich hinter dem Schatten verbarg und mit den Worten der Alten kam ein unschöner Gedanken in ihm auf.

"Starb voller Sehnsucht... allein in diesem Haus..."

Er schluckte trocken, während sein Herz versuchte durch den zugeschnürten Hals nach draußen zu kommen. Sie musste noch da liegen. Kalt und allein. Ohne Herzschlag, verlassen vom Atem.

"Mum?", fiepste er mit einer viel zu hohen Stimme. Seine Finger drückten sich gegen den Türrahmen, bis seine Knöchel weiß hervor traten. Der Baldachin begann erneut zu tanzen. Er wippte hin und her, gerade so als wolle er ihn und seine Angst verspotten. Die marode Matratze knarrte bedrohlich und übertönte so fast das Rauschen in seinen Ohren.

Plötzlich sprang ein Schatten durch de Tücher und ließ ihn so heftig erschrecken, dass er ein Stück Holz aus dem Türrahmen brach. Sein Herz raste ebenso wie seine Augen, welche den gesamten Raum absuchten.

Er zuckte erneut heftigst zusammen, als er etwas an seinem Bein spürte.

"Meow..."

Eine Katze.

Er lachte auf und Erleichterung löste seine verspannten Muskeln. Es war nur eine Katze, die sich hier ihr neues Zuhause eingerichtet hatte. Schnurrend schmiegte sie sich an seine Beine und ließ ihren Schwanz vor ihm tanzen. Wohlgemerkt ihren sehr langen Schwanz.

Er hockte sich hin und strich dem Tier über den Rücken.

"Na was machst du hier, so ganz allein?", fragte er leise. Die Katze fixierte ihn mit ihrem Blick und es wirkte fast als würde sie grinsen. Sein Magen machte einen Hüpfer. Er wusste nicht warum, aber er hatte eine böse Vorahnung. Noch immer stimmte etwas nicht. Er betrachtete die Katze weiterhin, die begonnen hatte ihren Schwanz um seinen Arm zu schwingen.

Und dann hörte er sie lachen.

Schrill und bedrohlich.

Ihre Augen flackerten, blankes Entsetzen schoss durch seinen Körper und lähmte ihn. Angsterfüllt sah er zu wie sich das Biest von einer Katze aufbäumte, sich regelrecht über ihm ausbreitete, während um ihr Maul herum Flammen aufzüngelten, welche den Raum in ein düsteres Licht tauchten.

Noch immer drang das Lachen durch den Raum, begleitet von tiefem Atem. Er spürte, wie er, gezwungen von der Bakeneko, den Blick erneut aufs Bett richtete. Sein Herz schlug nun so schnell, dass er fürchtete es würde aussetzen. Und er wusste, was jetzt passierte wollte er nicht sehen. Doch er konnte die Augen nicht schließen.

Ein heller Feuerball schoss vom Maul der Katze aus auf das Bett zu.

Voller Entsetzen beobachtete er, wie der Baldachin in Flammen aufging und sich hinter ihm ein menschlicher Körper aufbäumte.

"MUM!", wollte er schreien, doch das pelzige Tier hatte sich fest um seinen Hals gelegt.

Ein schriller schmerzverzerrter Schrei drang durch das ganze Haus, bevor Körper und Bett zu Staub zerfielen und es wieder dunkel und ruhig wurde in diesem verlassenen Haus.

Karte ins gewisse Ungewisse an [[Tonja]]

Hallo mein Wichtelkind,
 

hiermit möchte ich mich noch einmal für meine üble verspätung entschuldigen. die weihnachtszeit bringt im gastgewerbe leider immer sehr viel arbeit mit sich und aufgrund dessen wurde mir so mancher freier Tag gestrichen. hier kommt jetzt aber endlich deine FF. hoffentlich gefällt sie dir. ich weiß nicht ob ich deiner vorstellung einer geheimnis-FF gerecht werde. ich hab mir aber sehr viel mühe gegeben und hatte auch spaß am schreiben.
 

also ich wünsche dann viel spaß beim lesen.
 

Karte ins gewisse Ungewisse
 

Die Sonne begann zu sinken und der Sand unter seinen Zehen wurde langsam kalt. Der leichte Seewind trieb ihm immer wieder kleine Tropfen salzigen Wassers ins Gesicht, während seine Augen über den endlosen Horizont wanderten. Er war nun schon seit Tagen allein auf dieser Insel, ohne gefunden zu haben, wonach er suchte. Seine braunen Augen blinzelten Müde, als die letzten Strahlen der untergehenden Sonne ihn blendeten. Seufzend lies er sich nach hinten in den feuchten Sand fallen. Er hatte die ganze Insel abgesucht, jeden Stein umgedreht und doch saß er noch immer mit leeren Händen hier. Mal ganz davon abgesehen, dass er weder ein Schiff noch eine Mannschaft hatte, die planten ihn ab zu holen.

Er seufzte erneut, konnte er es doch nicht fassen, dass er sich so geirrt haben sollte. Dabei schien alles perfekt. Vor ungefähr sieben Tagen, als er mit einem Versprechen in Tortuga ankam und sich nach einer Mannschaft ungesehen hatte. Er brauchte nicht viel, nur ein Schiff, dass in etwa in seine Richtung aufbrach und dessen Mannschaft bei dem Wort „Schatz“ spontan alles mitmachte.

~

Er lief durch die vollen stinkenden Straßen. Nicht zu langsam und gemütlich, aber auch nicht hektisch, als hätte er etwas zu verbergen. Offen suchte er den Blickkontakt anderer Seefahrer in der Hoffnung Neugier in einigen wecken zu können. Bald fand er im Hafen ein Schiff nach seinem Geschmack und er musste es keine fünf Minuten betrachten, als ihn bereits der stolze Kapitän anspracht. Sie reichten sich die Hände und blickten einen Moment gemeinsam auf die „Red Cathrina“, die wohl schon einige Fahrten hinter sich hatte.

William musterte den Piraten. Er konnte kaum älter sein, als er selbst. Sein Aussehen war gepflegt, seine Kleidung nicht neu, aber durchaus sauber. Auch der erwartete Rumgeruch, der hier sonst in der gesamten Stadt hing, schien ihn nicht zu umgeben.

„William Turner, ich bin auf der Suche nach etwas und brauche ein Schiff, dass mich in den südwestlichen indischen Ozean bringt.“, begann er ohne Umschweife. Er wusste, dass er seinem Gefühl vertrauen konnte und so zog er eine kleine Ecke der Karte aus seiner Weste. Gerade so weit, das Kapitän Tedd Seamus – so hatte er sich vorgestellt – erkennen konnte, was der Fremde da verbarg.

Ein Grinsen huschte über das Gesicht des blonden Piraten. Er hatte lang auf eine Gelegenheit wie diese gewartet und war nun mehr als bereit, William mit sich zu nehmen. Vorausgesetzt er und seine Crew bekamen etwas von dem Schatz, aber das verstand sich von selbst.

Von da an dauerte es nur knapp zwei Stunden, bis das Schiff mit allem Notwendigen beladen war und es vom Hafen ablegen konnte. Erwartungsvoll legte er seinen Blick auf den Horizont vor ihnen, seine braunen Augen voller Hoffnung und Tatendrang. Am liebsten wäre er von Bord gesprungen und geschwommen, so eilig hatte er es, doch bei der Entfernung musste er gute drei Tage warten, bis endlich die Insel in Sicht kam, nach der er suchte.

~

Und genau auf dieser saß er nun noch immer. Nur, dass er mittlerweile allein war. Nachdem er und die Crew des Kapitäns einen vollen Tag damit verbracht hatten nach dem zu suchen, was es laut Williams Karte hier geben sollte, hatte sie ihn verspottet, beleidigt und schließlich ohne Wasser oder Nahrung allein hier zurück gelassen. Und er hatte sie verflucht. Diese Schatzkarte, Die feige Mannschaft, die von Tedd angeheuert wurde und auch seine Elisabeth, ohne die er nie auf die Idee gekommen wäre dieser Karte glauben zu schenken.

Mittlerweile war es dunkel geworden und die Insel erstrahlte nun in einem blausilbrigen Licht, welches der volle Mond auf die kargen Steine des Strandes warf. Lange Schatten zogen sich nun über den Strand, einige von ihnen schienen, ihn verspottend, umher zu tanzen.

„Jo ho und ne Buddel voll Rum...“, lallten sie ihm entgegen.

„Hey Junge, was machst du denn hier?“, erklang es dann spöttisch und William sah irritiert auf. Er hatte es sich nicht eingebildet. Die sich bewegenden Schatten stammten tatsächlich von anderen Menschen, die ihren Weg auf diese Insel gefunden hatten. Erleichtert und fast gut gelaunt, drehte er sich um und sein Lächeln verging ihm im selben Augenblick. Jetzt erst fiel ihm auf, was er schon beim ersten „Jo ho“ hätte merken müssen. Er kannte diese Stimme und leider auch den Piraten zu dem sie gehörte.

„Hallo Jack...“, sagte er fast missmutig und lies sich wieder in den Sand fallen. Sein Blick legte sich stur auf die Sterne, die sich im Licht des Mondes sonnten und hin und wieder den Sprung ins Wasser wagten. Will spürte Jacks festen Griff an der Schulter, als dieser versuchte sich neben ihn in den Sand zu setzen. Er konnte kaum auf beiden Beinen stehen, vermochte es aber keinen einzigen Tropfen Rum zu vergießen, während er wankte.

„Du bist doch nicht ohne Grund hier.“, lallte Jack ihm ins Ohr. „Komm, erzähl dem guten Onkel Jack, was dich hier festhält.“ Er grinste still in sich hinein, als er einen weiteren Schluck Rum zu sich nahm.

Will musterte ihn misstrauisch, versuchte im Licht des Mondes die Augen des Piraten ausfindig zu machen, doch der Hut war Jack so tief ins Gesicht gerutscht, dass es ihm unmöglich war, Blickkontakt herzustellen.

„Das hier...“, sagte William und warf ihm die Karte vor die Füße. Er hatte keinen Grund mehr sie zu verstecken, jetzt, wo sich heraus gestellt hatte, dass sie ohnehin nutzlos war.

Jacks Augen funkelten auf und mit einem mal war er klar bei Verstand. Mit einer eleganten Handbewegung griff er nach dem Stofffetzen, schob sich den Hut aus dem Gesicht und musterte die Karte aufmerksam. Dann grinste er überlegen.

„Wie bist du denn daran gekommen?“, fragte er neugierig, bevor er einen erneuten Schluck aus seiner dreckigen Flasche nahm.

„Das spielt keine Rolle mehr, sie ist nutzlos.“, erwiderte Will fast wütend.

„Achja... wie kommst du denn darauf?“, fragte Jack und stellte die Flasche beiseite. Dann hielt er Will die Karte vor die Nase.

Tatsächlich schien es als hätte sich die Karte verändert. Nicht nur, dass die Inselform jetzt wesentlich genauer erkennbar war, man konnte nun auch noch zusätzliche Notizen erkennen. Ungläubig starrte Will die Karte an.

„A-aa-aber wie ist das möglich?“, fragte er verwirrt, während er sich wie Jack aus dem Sand erhob.

„Du suchst einen Schatz auf DIESER Insel. Was hast du denn gedacht, wann du ihn findest?“, raunte Jack spöttisch. Ein halbes Lächeln zog sich über sein Gesicht als er Will die Hand entgegen treckte. Dieser sah ihn ungläubig an.

„Du wirst meine Hilfe brauchen.“ Er tippte mit dem Finger auf eine kleine Randnotiz und nun grinste auch Will. Er nickte, nahm Jacks Hand und sah ihm kurz in die Augen. Zwar hatte dieser eigensinnige Pirat ihn schon oft hintergangen, dennoch konnte er nicht anders als ihm zu vertrauen. Er hatte einfach das Gefühl, in seiner Gegenwart und auch mit seiner Hilfe alles zu schaffen.

Und so machten sich beide auf, folgten der Karte bis sie vor einer kleinen Felswand standen , die sich wie ein Krater auf dem Mond über die Insel zog. Sich gemeinsam stützend und ziehend erklommen sie die scharfen Steine an der nördlichsten Stelle. Immer wieder rutschten ihre Hände von den bemoosten Steinen ab, sodass es sie fast in den Tiefe riss, bis sie schließlich doch oben ankamen.

Der Blick über die im Mondlicht schimmernde Insel war so atemberaubend, dass sogar Jack einen Moment inne hielt, um ihn zu bewundern. Doch kaum, dass er diesen einen Blick genossen hatte, lies er die Karte auch schon vor Wills Augen hin und her zucken, um ihm ihr Ziel noch einmal vor Augen zu halten.

Zu zweit war es nun wirklich einfach in die kleine Höhle hinab zu steigen, die der Felsen hier bildete. Sie duckten sich unter spitzen Steinen hinweg und stiegen durch enge Spalten, ungeachtet der Pfützen. Hier und da schimmerte der Mond durch die kleinen Lücken im Fels und erhellte, immer wieder auf kleine Kristalle und andere glänzende Materialien treffend, die schmalen Gänge. Sie brauchten drei Anläufe um mit vereinten Kräften durch den letzten Engpass zu brechen. Stillschweigend standen sie nun in einer funkelnden Höhle. Gerade so hoch, dass sie aufrecht stehen konnten und gefüllt mit drei größeren Goldansammlungen. Inmitten dieser stand eine einsame Kiste. Dreckig und fast verottet fiel sie beiden Männern sofort ins Auge. Eine Schrecksekunde später versuchten sie sich aneinander vorbei zu drücken und den anderen möglichst zu Fall zu bringen, um ja selbst der erste an der Kiste zu sein, die wohl das beinhaltete, wonach vor allem William jetzt schon sehr lange suchte. Und tatsächlich war er es auch, der seine Hände zuerst am Holz der alten Kiste hatte. Es brauchte ihn nur zwei Handgriffe, um die alten Scharniere aus der Halterung zu brechen und den Deckel der Kiste zu öffnen.

~

Das klirren von Metall zog sich durch die engen Gänge. Kleinere Funken flogen hier und da, sobald das Metall ihrer Säbel auf die steinernen Säulen traf. Die Blicke ihrer braunen Augen trafen sich und schienen sich ineinander zu verkeilen wie die Schere einer Krabbe in ihrer Beute. Ihre Hiebe gingen schnell und kraftvoll und ihre Schritte waren bewusst gesetzt. An diesem Gefecht war wahrlich nichts willkürliches. Sie schienen einen wohl einstudierten Tanz zu tanzen, einen Tanz der nur für sie gemacht worden war. Und sie lächelten. Obgleich der Anstrengung, die in ihren Hieben stecke, waren ihre Gesichter entspannt. Es war weder Wut noch Angst in ihren Augen zu erkennen. Stattdessen schienen sie sich vollkommen einig über das, was sie gerade taten und darüber was sie noch vor hatten.

~ ~ ~
 

Nachwort (Auflösung)
 

„Aber was war denn jetzt mit dem Schatz, Großvater?“, fragte das junge Mädchen aufgeregt.

„Was war in der Kiste und wieso...“

„Willst du das wirklich wissen?“, unterbrach der alte Mann seine Enkelin. Diese nickte so hastig, dass es aussah, als würde ihr bald der Kopf abfallen.

„Na gut, dann hör gut zu, meine kleine Tonja.“, begann er noch einmal zu erzählen.

„William legte den Deckel langsam zur Seite. Von weitem sah es so aus, als habe er Angst, das alte Ding könne in seinen Händen zerfallen. Sein Blick war fest auf den Inhalt der Truhe gerichtet. Jack stand mittlerweile hinter ihm und sah ihm über die Schulter. Beide sahen sich kurz ratlos an.

„Das ist alles? Eine alte Krabbenschere und noch eine Karte?“,brach es fast wütend aus Jack heraus.

Will entnahm der Kiste derweil die Papierrolle und entfaltete sie. Schweigend begannen beide Männer zu lesen.

„Du, der du von deiner Gier oder einem Weibe geschickt wurdest zu suchen, was diese Vollmondinsel versprach, vernehme diese Botschaft: Das was nötig war um diesen Schatz zu finden und was noch nötig sein wird um ihn zu bergen, hast du ganz allein in diesen Raum gebracht. Das wertvollste was sich nun hier befindet, ist keine Goldmünze, sonder euer Band. Eure Zusammenarbeit, das Vertrauen und die Freundschaft. Ohne das hättet ihr diesen Ort niemals gefunden. Also gedenkt derem was euch am meisten verbindet, nehmt es mit aus dieser Höhle, lebt es und lasst es euch nicht nehmen.“

Die beiden sahen sich an. Jegliche Verwirrung war aus ihren Augen gewichen und im aufkommenden Sonnenlicht konnten sie sich einmal mehr direkt in die Augen sehen und sie verstanden. Jack zog als erster seinen Säbel und mit einer kurzen Verbeugung begann ihr Tanz.“

„Das ist aber ein doofer Schatz“, jammerte Tonja. Doch ihr Großvater lachte nur kurz.

„Eines Tages wirst du verstehen meine kleine.“, sagte er ruhig und sein Blick lag auf einer kleinen Zeichnung, welche zwei grinsende Männer mit braunen Augen und voleln Taschen wiedergab.



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Kommentare zu dieser Fanfic (46)
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Von:  MSK
2009-11-04T21:46:55+00:00 04.11.2009 22:46
Aha!
Das gefällt mir doch schon besser.
*g*
Ausdrucksmäßig viel viel viel viiiiiel besser als die andere Geschichte, wenn auch mit ein paar Lücken wie:

-"...Schwanz. Wohlgemerkt ihren sehr langen Schwanz!"
- klingt irgendwie... unpassend.

-"Sein Magen machte einen Hüpfer. [...] er hatte eine böse Vorahnung." - Paradoxon? Wenn nicht, dann auch seltsam gewählt... find ich ^^"

- Die alte Frau die so beschwerlich den Weg langgeht und dann auf einmal *wusch* verschwindet. Also so ihre Gangart (wenn man so will) ändert.

- Den Schatten hätte man anders umschreiben können, statt immer nur mit "Schatten".

Die Geschichte bzw ihre Idee rult einfach nur. xD
Ist ne coole Story auf jedenfall.
Und es sind auch viele Bourbons von Sprache drin.
Ich habe nur versucht, konstruktiver als sonst zu sein. ^^V


Ich mag dich gern.
MiKu
Von:  MSK
2009-11-04T21:36:26+00:00 04.11.2009 22:36
So.
Ich hab mir jetzt auch mal Zeit genommen (obwohl ich sie eigentlich nicht habe... gulp...), die versäumten Geschichten zu lesen.
Und ich fang mal mit dieser hier an:
Sprachlich hast du teilweise schöne Bilder gefunden.
Die kalte Wand, die gar Klauen besitzt, ist gut.

Andererseits finde ich aber, es liest sich irgendwie schleppend.
Als hättest du Probleme damit gehabt, Formulierungen und Ordnung in das ganze zu bringen. Außerdem gibt's relativ viele (empfand ich zumindest so) Tipp- oder Wiederholungsfehler. Das stört den Lesefluss zusätzlich.

An sich ist das Gefühl von Sehnsuch sehr schön beschrieben.
Mir fehlt aber eine richtige Pointe, eine spannende Wende, ein Knackpunkt in der ganzen Sache.

Das kannst du noch wesentlich besser :)
Von:  Lily_Toyama
2009-10-27T20:44:26+00:00 27.10.2009 21:44
Vielen Dank für deine Wichtelgeschichte, hat mich wirklich sehr gefreut.^^
Oh, jeder hat ein bisschen anders Bild, wie wahre Freundschaft ist, aber die Geschichte gefällt mir, daher ist es toll, dass du Lied genommen hast.
Deine Geschichte endet aber traurig, passt nicht ganz zu der Stimmung des Liedes, dass eher fröhlich klingt, aber ist an sich schön stimmig.
Ich mag den Wechsel zwischen den beiden und auch das du zwar auf einer Seite genau beschreibst, auf der anderen doch viel Spielraum für die eigene Fantasie lässt.
Ich brauche keinen neue Geschichte, denn diese gefällt mir wirklich.
Lg lily
Von:  MSK
2009-08-31T16:22:48+00:00 31.08.2009 18:22
Hui...
Da fällt mir mal so auf, wie lange ich nichts mehr von dir gelesen habe.
._.
Schöne Geschichte, hat was impressionistisches...
Also wegen dem Licht-Schatten-Spiel und allem.
Momentaufnahme.
Gefällt mir.
Vielleicht hilft dir das Schreiben ja etwas?

Ich hab dich lieb~
*kuschel*
Von:  Big-Pasach
2009-04-20T17:42:08+00:00 20.04.2009 19:42
wow~
es ist wirklich toll geschrieben, da fühlt man direkt mit, auch wenn das Kapitel nicht lang ist ^^
mir ist auch ein bisschen warm geworden~
dass schafft nicht jeder! ^-^
Von:  dadgrin
2008-11-16T19:33:39+00:00 16.11.2008 20:33
aww... knuffich die zwo
süüß, einfach nur süß
aber sag ma, wat hat den Bela denn nu zum kotzen jebracht?
Von:  MSK
2008-08-17T15:12:27+00:00 17.08.2008 17:12
Hach ja...
Schandmaul. *smile*
In Handschrift kam mir die Story... nur länger vor o.O... strange.
Aber ich mag sie sehr.
Total schöne Bilder, die man so vor Augen hat. ^^

"Ich nahm ein Schwert
und tat den Schwur
der Rache und des Rechts
Nach vielen Jahren
steh ich hier
Die Klinge nach dir lechzt..." *summ*


hab dich lieb =)
Von: abgemeldet
2008-08-17T12:50:16+00:00 17.08.2008 14:50
ich hab doch zuerst echt gedacht der tut unsrem armen kleinen weh...
un son aufstand wegen ner blume ja..
total schön, am besten find ich die beschreibung der augen..
man verliebt sich richtig in die geschichte <3

einfach klasse freu mich jez schon aufs nächste =D

mfg mimiken
Von:  YouKnowNothing
2008-08-16T18:39:56+00:00 16.08.2008 20:39
woha... *_*
das ist... absolut genial geschrieben!
der stil, die idee... die wiederholung mit den schritten, die ganzen kleinen detaisl rundherum... einfach genial!

superklasse!

LG Sharingan-Moerder
Von:  Alex_Fischer
2008-08-16T13:03:44+00:00 16.08.2008 15:03
uuuuuuuuuuh *___*
*anhimmel*
die Story is voll toll *_*
*schwärm*
echt super geschrieben und auch von der Idee her total toll x33
auf jedenfall klasse x3
*deine story`s liebt*

Hab dich lieb x3
*knuffz*


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