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Zerbrochene Freundschaft

Kapitel 51
von

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Robin: Decided

Mit einem sanften Ruckeln öffnet sich die Schublade, ohne dabei eines dieser nervenden quietschenden Geräusche von sich zu geben, die meine Anspannung jedes Mal in höhere Sphären hebt. So still und leise, wie wir ins Gefängnis eingedrungen sind, so lässt mich der ungewollte Lärm, den wir verursachen, nunmehr an den sprichwörtlichen Elefanten im Porzellanladen erinnern. Aus den Augenwinkeln werfe ich schnell einen prüfenden Blick zur Tür hinüber, die nach wir vor geschlossen ist. Instinktiv weiß ich aber, dass es nicht lange dauern wird, bis wieder eine Patrouille am Raum vorbeigehen wird. Sie werden dann mit Sicherheit auf die Geräusche aufmerksam, sollten wir uns dann immer noch hier aufhalten.

Mit leichter Besorgnis nehme ich das leise Zittern meiner Finger wahr, die schnell, aber konzentriert über die Akten fahren. Das ungute Gefühl, das mich bereits beim Anblick der Befestigungsmauern überkam, wächst zusehends und lässt meine Nervenenden vor lauter Anspannung vibrieren. Meine Eingeweide ziehen sich voller Unbehagen zusammen und alles in mir schreit danach schnellstmöglich von hier zu verschwinden.

Marco, Whitebeards Kommandant der 1. Division, hat den befehlshabenden Leiter des Gefängnisses, Käpt´n Morgan Ironwhip, als streng und diszipliniert beschrieben. Demnach müsste dieser das Gefängnis dann eigentlich mit einer harten Hand führen. Die Kanonen auf den Mauern und das kontrollierte Verhalten der Soldaten, als sie das brennende Dorf bemerkten, bestätigen diesen Eindruck. Aber warum wird dann das Gebäude vernachlässigt?

Diese Frage lässt mir einfach keine Ruhe. Unentwegt geht sie mir durch den Kopf und lässt sämtliche Alarmglocken in meinem Inneren geradezu aufschreien. Und bisher konnte ich mich immer bedingungslos auf meinen Instinkt verlassen. In all den Jahren hat er nicht einmal in meiner unnachlässigen Wachsamkeit versagt.

Tief seufze ich auf, während ich mich hin- und hergerissen fühle zwischen meinem untrüglichen Instinkt, der mich vor einer bevorstehenden Gefahr warnt, und meiner Loyalität und Verbundenheit zu meinen Freunden, die ich auf keinen Fall im Stich lassen will. Unter anderen Umständen würde ich dafür sorgen, dass wir sofort unbemerkt von hier verschwinden, zumal dieses Unterfangen schon von Anfang an unter keinen guten Stern gestanden hat. Aber die Frage ist, ob sich uns noch einmal eine solche Gelegenheit bieten würde. Wir sind jetzt schon so weit gekommen … wir sind quasi nur noch einen Schritt von Ruffy und Lysop entfernt … wie können wir da jetzt gehen?

Plötzlich halten meine Finger in ihren Bewegungen inne und reißen mich aus meinen Gedanken, als meine Augen im fahlen Licht über einen Namen stolpern. Das Herz klopft mir vor Aufregung, aber auch voller Erleichterung bis zum Hals, während ich die Akte schnell aus der Schublade ziehe. Trotz meiner gespannten Erwartung höre ich hinter mir gleichzeitig ein leises Sirren, das meine Sinne augenblicklich vibrieren lässt. Und obwohl mir dieses leise Geräusch so vertraut ist, dauert es noch eine weitere Sekunde, bis mein Verstand es zugeordnet hat, als auch schon ein lauter peitschender Knall den Raum erfüllt und mein Körper erschreckt zusammenfährt.

Schnell wende ich mich der drohenden Gefahr zu, innerlich bereit anzugreifen, als mit einem Male ein Ruck durch meinen Körper geht. Sofort legt sich ein roter Schleier über meine Augen und die Welt um mich herum wird kleiner und kleiner, bis nur noch ein einziges Gefühl zu existieren scheint … Schmerz. Heiß, verzehrend und wild pulsierend fegt er Welle über Welle über mich hinweg, während die Kraft und das Leben langsam aus meinem Körper schwindet.

Unter mir geben meine Beine nach und ich sacke kraftlos zu Boden. Nur der Aktenschrank hält meinen Körper davon ab, hart auf den Boden aufzuschlagen, als ich mich schwer gegen das unnachgiebige Metall lehne. Merkwürdigerweise fühle ich mich an den Morgen zurückerinnert, an dem ich zum ersten Mal in meinem Leben mit einem wohlausgereiften Kater aufgewacht bin, nachdem Zorro und ich mit reichlich Alkohol auf unser Wiedersehen angestoßen hatten. An diesem Tag ist mir alles so schwer gefallen … das Denken, die Bewegungen, das Verstehen. Und genauso fühle ich mich jetzt auch.

Wie aus weiter Ferne dringen die Geräusche eines Kampfes zu mir herüber, während mein Verstand immer noch versucht zu begreifen, was geschehen ist. Ein unbestimmtes Gefühl drängt mich dazu irgendwas zu tun … mich zu bewegen, doch sämtliche meiner Sinne sind nur auf den Schmerz konzentriert. Ziellos wandern meine Augen über den dunklen Boden vor mir, der teilweise von losen Zetteln bedeckt ist. Sie müssen aus der Akte gefallen sein, geht es mir am Rande meines Bewusstseins durch den Kopf, der sich so anfühlt, als wäre er in Watte gepackt. In meinen Ohren höre ich das rasende Rauschen meines eigenen Blutes und das schnelle verzweifelte Schlagen meines Herzens, während sich eine eisige Kälte in meinem Inneren ausbreitet und ein betäubendes Gefühl meinen Körper langsam von den Füßen beginnend einhüllt.

Zittrig und mühsam wandere ich mit der rechten Hand an meiner Seite entlang, um den Quell dieses unerträglichen Schmerzes ausfindig zu machen. Es dauert auch nur wenige Sekunden, bis ich dann keuchend nach Luft schnappe und mir Tränen die Sicht verschwimmen lassen, als meine Fingerspitzen über die Verletzung fahren und einen sengenden Schmerz auslösen, der Explosion für Explosion Elektrostöße aussendet. Instinktiv presse ich meine Handfläche daraufhin auf die Wunde, und trotzdem spüre ich, wie das warme Blut unaufhaltsam zwischen meinen Fingern hindurch rinnt.

„Robin!“, höre ich jemanden laut meinen Namen rufen. Die Verzweiflung in der Stimme lässt daraufhin die Räder meines Verstandes sich wieder drehen, wodurch mir siedendheiß der Grund für mein Hiersein wieder einfällt. Sofort richten sich meine Augen auf die losen Blätter am Boden. ‚Strohhutpiraten’ hat auf der Akte gestanden, weswegen sie auch meine Aufmerksamkeit geweckt hatte. Demnach müssen die gesuchten Informationen irgendwo auf den Papieren stehen.

Doch bevor ich mit meiner freien Hand nach einen der Zettel greifen kann, knallt es plötzlich so laut, als hätte der Blitz eingeschlagen, gefolgt von dem Geräusch zersplitternden Glases. Sofort weht ein kalter Wind über mich hinweg und fegt die Blätter aus meiner Reichweite. Der Tumult jedoch lässt mich aufblicken. Fest beiße ich daher die Zähne zusammen, während ich meinen müden Körper irgendwie dazu bringe, sich umzuwenden und sich mit den Rücken an den Aktenschrank zu lehnen, damit ich einen besseren Überblick über den Raum bekomme. Aus einem mir unerklärlichen Grund ist die mittlere Fensterfront zerbrochen, durch das der Wind ungehindert hindurchpeitscht und Schnee und Regen hereinweht.

Sämtliche meiner Muskeln spannen sich alarmiert an, als sich plötzlich ein schwarzer Schatten hinter einen der Aktenschränke erhebt. Innerlich schöpfe ich nach der letzten verbliebenen Kraft, die mir noch geblieben ist, und bereite mich auf einen Gegenangriff vor, als mehrere Blitze über den tiefschwarzen Himmel ziehen und den Raum in ein helles Licht tauchen. Sofort fällt die Anspannung von mir ab, als ich in dem bedrohlichen Schatten Zorros hochgewachsene Gestalt erkenne, die sich schnellen Schrittes auf mich zu bewegt.

Kaum, dass er sich neben mir auf die Knie niedergelassen hat, reißt er mir auch schon in einer einzigen harschen Bewegung die Knöpfe meines Mantels auf, während meine Augen fieberhaft seine gesamte Gestalt mustern. Aber bis auf einige wenige Prellungen im Gesicht und einigen Kratzern unter dem zerrissenen Stoff seiner Jacke, aus denen kaum noch Blut fließt, kann ich keine ernsthaften Verletzungen an ihm feststellen, was mich erleichtert aufseufzen lässt. Mein Aufatmen endet jedoch in ein verzweifeltes Aufkeuchen, als Zorro mit seinen Fingern über meine eigene Wunde fährt, nachdem er mir den Pullover so weit hochgeschoben hat, bis die Verletzung freiliegt.

„Verdammte Scheiße!“, höre ich ihn über meine Schmerzen hinweg leise fluchen, während ich meine Hand wieder fest auf die Wunde presse.

„Ich bringe dich sofort von hier weg.“

„Nein!“, fahre ich energisch dazwischen und greife mit meiner freien Hand nach seinem Arm, bevor er überhaupt Anstalten machen kann und seine Arme unter meinen Körper schiebt, um mich hochzuheben. Beschwörend blicke ich seinem grimmigen Gesicht entgegen, das aufgrund meines Einwands noch um eine Spur härter wird.

„Das ist hier kein Kratzer“, faucht Zorro mich mit vor wutunterdrückter Stimme an. „Die Wunde ist zu tief. Wenn sie nicht sofort versorgt wird …“

Den Rest des Satzes lässt Zorro offen, aber seine Augen, in denen ich deutlich eine tiefe Besorgnis um mein Wohlergehen erkennen kann, sprechen Bände. Fahrig fährt er sich mit beiden Händen durch die kurzen Haare, bevor er seinen Blick dann wieder auf mich richtet. Gerne würde ich ihm die Angst nehmen, die er nur in den seltensten Momenten offen zeigt, und ihm versichern, dass es mir gut geht und ich das ausstehen werde. Doch ich bin mir über die Schwere meiner Verletzung nur allzu genau im Klaren, denn der Blutfluss hat kein bisschen nachgelassen, so dass mir die Worte im Halse stecken bleiben.

„Ich habe die Akte gefunden“, antworte ich daher, ohne weiter auf seinen Einwand einzugehen, und blicke richtungsweisend zu den verstreuten Blättern hinüber. „Auf einen der Zettel müsste draufstehen, wo wir sie finden können.“

„Nein, Robin, wir verschwinden von hier!“, hält Zorro sofort dagegen. „Es wird hier gleich nur von Soldaten so wimmeln. Und wenn dieser Ironwhip seinen Flug nach unten überlebt hat, wird er ebenfalls hier aufkreuzen, während du nicht mehr in der Lage bist zu kämpfen, geschweige denn, dass du dich überhaupt auf den eigenen Beinen halten könntest.“

Tränen der Verzweiflung steigen mir in die Augen, aber Zorro hat Recht. Wir haben die Aufmerksamkeit der Soldaten auf uns gelenkt. Daher ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis sie hier sind. Und in einem Kampf wäre ich eher hinderlich als eine große Hilfe, da es mir schon schwer genug fällt, mich überhaupt auf unsere Sache zu konzentrieren.

Meine Kraft schwindet zusehends, während eine bleierne Müdigkeit meine Sinne einzunehmen droht und mich dazu verlockt, mich dem endlosen Schlaf hinzugeben. Doch meine Zeit ist noch nicht gekommen … sie kann noch nicht gekommen sein. Vieles ist noch unerledigt … Träume und Wünsche haben sich noch nicht erfüllt.

Ich kann noch nicht gehen!

„Ich kann sie nicht im Stich lassen“, zische ich die Worte zwischen fest zusammengebissenen Zähnen hervor, während ich entschlossen versuche mich vom Boden aufzurappeln. Wenn ich ihm zeige, dass ich alleine laufen kann, wird er leichter ein Einsehen mit mir haben. Doch dieses mühsame Unterfangen gestaltet sich schwieriger als gedacht, da meine gefühllosen Beine meinen Befehlen einfach nicht gehorchen wollen.

„Tot nützt du ihnen aber auch nichts!“, hält Zorro nicht weniger entschlossen dagegen und drückt mich mit seinen unnachgiebigen Händen auf meinen Schultern wieder hinab zu Boden.

Ein letztes Mal noch bäume ich mich verzweifelt gegen Zorros sture Grimmigkeit auf, da ich merke, dass mir die Kraft für weitere Diskussionen einfach fehlt. Aber auch die Hilflosigkeit in Zorros Augen besagt mir, dass seine Geduld ebenfalls am Ende ist. Wenn ich es jetzt nicht schaffe, ihn noch umzustimmen, ist alles reden sowieso verschwendete Liebesmüh. Denn dann wird er mich packen und mich hier rausschaffen – selbst wenn es bedeuten würde, dass er mich an den Haaren hinauszerren müsste … er würde es tun.

„Aber verstehst du denn nicht? Das hier ist unsere einzige Chance sie rauszuholen. Noch einmal bekommen wir eine solche Gelegenheit nicht mehr.“

Sekunden vergehen, in denen er mich einfach nur still ansieht, während draußen vor den Fenstern der Sturm in seiner vollen Stärke wütet und sich Blitz und Donner im Sekundentakt abwechseln. In Zorros Gesicht erkenne ich deutlich seinen inneren Kampf, hin- und hergerissen zwischen seinen Wünschen mich in Sicherheit zu bringen, aber gleichzeitig auch Ruffy und Lysop zu befreien.

Eine halbe Ewigkeit scheint zu vergehen, bis Zorro sich endlich wieder rührt und eine Hand fest in meinen Nacken legt. In dem Wissen, den Kampf verloren zu haben, schließe ich niedergeschlagen die Augen, voller Trauer und Bedauern darüber die Chance verpasst zu haben unsere Freunde zu retten. Doch im nächsten Moment schlage ich die Augen wieder auf, als ich völlig überraschend Zorros Lippen auf den meinen spüre. Ein wilder und animalischer Kuss entbrennt zwischen uns, der aus Angst, Furcht und Verzweiflung resultiert – und der niemals zu enden scheint. Tief in den Empfindungen gefangen, die seine warmen Lippen in mir auslösen, ziehe ich ihn an dem Revers seiner Jacke näher zu mir heran, um seine körperliche Wärme an meinem erkalteten Körper zu spüren.

Für einen Augenblick gerät alles um mich herum in Vergessenheit. Ich vergesse, wo wir sind … vergesse den Grund für unser Hiersein … vergesse die drohende Gefahr vor den Soldaten … selbst Ruffy und Lysop vergesse ich für den Moment. Nur der Mann in meinen Armen ist alles, was im Augenblick für mich zählt. Er hat das Glück und die Hoffnung in mir wiedererweckt, als ich längst den Glauben daran verloren hatte. Er hat die Einsamkeit aus meinem Inneren vertrieben, die mich über viele Jahre hinweg begleitet hatte. Er hat meinem Herzen wieder Leben eingehaucht, von das ich geglaubt hatte, es nie besessen zu haben. Und er hat mir beigebracht zu lieben und zu vertrauen – Eigenschaften, deren Existenzen ich angezweifelt hatte.

Schließlich endet der Kuss doch und atemlos lehnt Zorro seine Stirn an meine. Aus Augen, in denen Trauer und Liebe zugleich geschrieben stehen, sieht er mich festen Blickes an, während sein Daumen sanft und zärtlich über meine Wange streicht.

„Also gut“, flüstert er mir mit rauer Stimme zu. „Wir holen sie hier raus.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  Stoechbiene
2014-01-11T09:30:19+00:00 11.01.2014 10:30
Ja, die Immer-Zu-Spät-Kommende schreibt dir auch einen Kommi *g*

Robin's Verletzung ist ein harter Rückschlag für diese Befreiungsaktion und das Für und Wider, das in beiden tobt hast du gut rausgearbeitet. Dennoch entscheiden sie sich für die Rettung ihrer Freunde und ich kann nur hoffen, der Schuss geht nicht nach hinten los. Du hast immerhin einen Ruf als Sadistin XD

Zwischendurch sind meine Gedanken beim Lesen einmal abgeschweift und ich fragte mich, was für Katererfahrungen du schon gesammelt hast...

Ich lese mal schnell weiter, bevor ich noch Ärger kriege...
Antwort von:  xxNico_Robinxx
12.01.2014 01:01
Tja, klassische Katererfahrungen habe ich in diesem Sinne noch nie erleben müssen, obwohl ich schon hin und wieder mal über die Strenge geschlagen habe :D Dennoch ging es mir am nächsten Tag immer ganz gut - ich war zwar meistens noch müde, aber ich war fit. Die einzig unerfreuliche Erfahrung in Bezug auf Alkoholkonsum, die ich gemacht habe, war die, dass ich einmal am nächsten Morgen im Krankenhaus aufgewacht war, weil mir irgendein Unbekannter etwas in mein Getränk gegeben hatte. Von daher kann ich jedem nur dazu raten, niemals sein Getränk irgendwo unbeaufsichtigt zu lassen. Für mich ist die Sache zum Glück glimpflich ausgegangen, aber ich weiß, es hätte auch anders kommen können.
Von:  Swuena
2013-09-20T09:37:02+00:00 20.09.2013 11:37
Das Kapitel ist echt super!
Ich hab zwar eine Weile gebraucht, bis ich die ganze FanFiction durchgelesen hatte, aber es hat sich echt gelohnt! Ich freue mich schon auf die nächsten Kapitel :)
Von:  fahnm
2013-09-13T21:33:23+00:00 13.09.2013 23:33
Hammer Kapi^^


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