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Zerbrochene Freundschaft

Kapitel 51
von

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Zorro: Ironwhip

Meine Atmung geht gleichmäßig und ruhig, während ich den dumpfen Schritten lausche, die sich in einem zackigen Tempo von uns fortbewegen. Erst als ich mir sicher bin, nicht entdeckt zu werden, werfe ich einen Blick um die Ecke. In dem spärlichen Licht, das durch die Fenster in den dunklen Gang geworfen wird, kann ich am anderen Ende des Flures noch zwei schattenhafte Gestalten ausmachen, die alsbald schon hinter der nächsten Wegbiegung verschwinden, während ihre Schritte nach und nach in der Dunkelheit verklingen. Ich lasse noch weitere Sekunden verstreichen, um sicherzugehen, dass die beiden Soldaten nicht kehrtmachen und wieder zurückkommen. Doch alles bleibt still – zu still.

Meine Eingeweide ziehen sich voller Unbehagen zusammen und ich werde das Gefühl nicht los, dass hier irgendetwas nicht stimmt. Zu wenigen Soldaten – gerade mal einer handvoll – mussten Robin und ich bislang aus dem Weg gehen. Bedenkt man die Größe des Gefängnisses, so haben wir mit weitaus mehr Patrouillen gerechnet. Und dafür, dass noch nie ein Befreiungsschlag geglückt ist, kommen wir viel zu einfach voran, so dass mich allmählich der Verdacht überkommt, dass Whitebeards Mann doch geredet hat und wir geradewegs in eine Falle gelaufen sind.

Schnell werfe ich einen Blick auf Robin, die geduldig hinter mir steht, ohne den leisesten Laut von sich zu geben. Durch die tiefen Schatten um uns herum kann ich ihr Gesicht nicht erkennen, so dass ich nicht einschätzen kann, was in ihrem Kopf vor sich geht. Dafür aber strahlt sie eine kalte, unpersönliche Präsenz aus, wie ich es nicht anders von ihr erwartet habe. Es überrascht mich schon lange nicht mehr, wie mühelos sie ihre Gefühle ausschalten kann, sobald wir uns in brenzligen und gefahrvollen Situationen befinden. In solchen Momenten konzentriert sich Robin dann voll und ganz auf die Ereignisse und behält einen kühlen Kopf, anstatt von Gefühlen abgelenkt zu werden. Sie wird dann immer zu der Person, die ich zu einer Zeit kennen gelernt habe, als sie noch kein Mitglied der Strohhutbande war … als sie noch nicht wusste, was Gemeinschaft, Freundschaft oder Zusammenhalt bedeutet.

Aber auch ohne ihr Gesicht sehen zu können, weiß ich instinktiv, dass ihr die wenigen Soldaten ebenfalls nicht entgangen sind. Mit Sicherheit hat Robin sich schon ihre eigenen Gedanken dazu gemacht, so dass sie auf alle Eventualitäten vorbereitet ist, weswegen ich auch keine Zeit mit Worten verschwende, und ihr stattdessen mit einem kurzen Handzeichen zu verstehen gebe, mir zu folgen.

Langsam folgen wir dem Verlauf des Flures, ohne dabei die dunklen Schatten an den Wänden aus den Augen zu lassen, die hin und wieder von grellweißen Blitzen erhellt werden. Kahler, weißer Putz zieht an uns vorüber, der an vielen Stellen bereits abgeplatzt und von Rissen durchzogen ist. Das, und der vor Jahren längst verblichene und ausgetretene Linoleumboden, lassen mich vermuten, dass sich schon lange niemand mehr hier um die Instandhaltung kümmert. Und ich frage mich, ob dies nicht vielleicht sogar die Erklärung dafür ist, warum sich hier so wenige Soldaten aufhalten. Da das Gefängnis weitläufig und sich über mehrere Stockwerke hinaus erstreckt, wäre es gut möglich, dass einige Trakte gar nicht genutzt werden und eine entsprechende Bewachung hinfällig wäre.

Eine sanfte Berührung an meinem Arm reißt mich aus meinen Überlegungen, woraufhin ich sofort in meinen Bewegungen innehalte. Fragend blicke ich Robin an, die mit dem Kopf zu einer Tür weist, die aufgrund ihrer grauen Beschaffenheit mit dem hellen Wandputz zu verschmelzen scheint. Auf einem kleinen Schild, das neben der Tür an der Wand hängt, kann ich das Wort Archiv entziffern.

Sämtliche Alarmglocken schrillen in meinem Inneren laut auf, als sich die Tür zu meiner völligen Überraschung problemlos öffnen lässt. Normalerweise lässt man einen Raum, in dem sich wichtige offizielle Dokumente befinden sollten, nicht so einfach unverschlossen zurück. Nachlässigkeit oder Absicht?

Kurz werfe ich einen Blick auf Robin, deren Körper sich um wenige Zentimeter aufrichtet, wodurch ich erkennen kann, dass sie sich auf einen möglichen Angriff vorbereitet. Nickend gebe ich ihr zu verstehen, sich bereitzuhalten, während ich meine rechte Hand fest um den Griff von Yubashili lege und die Tür weiter aufstoße. Wie auch schon die Flure ist der Raum dahinter in dunkles Nachtlicht gehüllt, das durch eine breite Fensterfront am rückwärtigen Ende fällt. Dennoch erkenne ich in den grauschwarzen Gebilden, die sich von einer Seite des Raumes zur anderen erstrecken, halbhohe Aktenschränke aus massivem Metall.

Sanft zupft Robin an meiner Jacke, um meine Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, und gibt mir mit einem Fingerzeig zu verstehen, dass ich mich der linken Seite des Raumes zuwenden soll, während sie sich die andere Seite vornimmt. Gemeinsam schreiten wir dann die langen Reihen entlang, um sicherzugehen, dass sich nicht vielleicht ein Schreiberling oder ein Soldat hinter den Schränken versteckt hält.

Bereits nach wenigen Sekunden erreiche ich den hinteren Teil des Raumes, von wo aus ich einen vorsichtigen Blick aus den Fenstern werfe. Unter mir erstrecken sich zu beiden Seiten hin zwei Außenanlagen, die von meterhohen Drahtzäunen umschlossen sind. Wahrscheinlich ist das der Außenbereich für die Häftlinge, vermute ich im Stillen. Zwischen den beiden Anlagen führt eine breit angelegte Straße vom Gebäude bis zu einer Wehrmauer, die den hinteren Außenbereich des Gefängnisses von dem vorderen Bereich trennt. Von meiner Position aus kann ich noch gerade so erkennen, dass sich hinter der Mauer einige Gebäude befinden, in denen die Soldaten wahrscheinlich Quartier bezogen haben.

„Es gibt also zwei Tore“, höre ich Robin neben mir leise murmeln, nachdem sie sich zu mir gesellt hat. Ebenso wie ich lässt sie ihren Blick langsam über die gesamte Anlage schweifen, wobei sie mit Sicherheit jedes Detail wie einen Schwamm in ihr Gedächtnis aufsaugt.

„Gut, dass wir uns für einen anderen Eingang entschieden haben“, kommentiere ich ihre Worte, während ich die Wehrzinnen aufmerksam mustere. Mehrere Gruppen von bis zu drei Soldaten patrouillieren die mit Fackeln beleuchteten Wehrgänge ab, wobei sie immer wieder mal stehen bleiben und die Gegenden zu beiden Seiten hin wachsam beobachten. Wenn wir den Weg der direkten Konfrontation eingeschlagen hätten, wie Shanks es zunächst vorhatte, wären wir sang- und klanglos untergegangen, das wird mir in diesem Moment bewusst. Das vordere Tor hätten wir vielleicht – aber auch wirklich nur vielleicht! – einnehmen können. Spätestens aber beim Zweiten wären wir gescheitert.

„Sogar Kanonen haben die auf den Mauern stehen.“

„Dieser Ironwhip scheint nichts dem Zufall überlassen zu wollen“, merkt Robin an und verschränkt die Arme vor der Brust, ohne ihre Augen von dem Ausblick zu nehmen. Ihre düstere Stimme dabei lenkt meine Aufmerksamkeit dagegen auf sie.

„Was denkst du?“, frage ich sie daher, obwohl ich sie lieber in meine Arme ziehen würde, um ihre sorgenvollen Gedanken zu vertreiben. Stattdessen konzentriere ich mich nur darauf sie zu beobachten und jede Regung an ihr wahrzunehmen.

„Ich denke, dass wir so schnell wie möglich von hier verschwinden sollten. So gut, wie das Gefängnis durchdacht und organisiert ist, erscheint es mir zweifelhaft, dass sie die Mauern doppelt besetzen, aber diesen riesigen Betonklotz dagegen vernachlässigen.“

Ohne zu wissen, was ich auf ihre Worte erwidern soll, wende ich meinen Blick langsam von ihr ab und lasse meine Augen erneut über das Gelände wandern. Aber was gibt es auch schon groß dazu zu sagen? Robin spricht schließlich nur das aus, was mir selbst zu denken gibt.

„Irgendwas stimmt hier nicht“, seufzt Robin auf und blickt zu mir herüber. Das dunkle Nachtlicht spiegelt sich in ihren blauen Augen wider, in denen eine tiefe Besorgnis geschrieben steht. Aber dennoch kann ich auch einen Hauch von Entschlossenheit darin erkennen, die mir besagt, dass sie trotz allem keinerlei Gedanken hegt jetzt aufzugeben.

„Dann lass uns schnell Ruffy und Lysop finden“, meine ich schließlich grimmig. Doch gerade, als ich mich vom Fenster abwenden will, bemerke ich weit am Horizont einen rötlichen Schimmer, der sich mehr und mehr ausweitet. Auch die Soldaten auf den Wehrgängen werden nach und nach darauf aufmerksam, wie ich es aus den Augenwinkeln mitbekomme. Aber anstatt das Geschehen wie Schaulustige zu beobachten, halten sie in ihren Bewegungen nur kurz inne, bevor sie ihre Wache dann weiter fortsetzen.

„Yasopp“, murmelt Robin leise und ich beginne sofort zu verstehen.

Ein Teil unseres Plans sieht vor, dass Yasopp und zwei weitere Gefolgsmänner für ein wenig Ablenkung im Dorf sorgen sollen, indem sie die Schmiede und einige wenige Häuser in Brand stecken, damit die dort lebenden Bewohner und Soldaten für eine Weile beschäftigt sind. Außerdem soll Yasopp auch zusehen, dass das Feuer sich auch auf den Anlegesteg ausweitet, damit das vor Anker liegende Marineschiff gezwungen ist abzulegen. Für uns wäre damit gewährleistet, dass das Aussenden von Verstärkungstruppen sich um einige Zeit hinauszögert, da das Schiff woanders nicht anlegen kann und die Soldaten nur mit Hilfe der Beiboote zurück ans Land kommen können.

Zufrieden damit, dass wenigstens schon mal dieses Vorhaben aufzugehen scheint, wende ich mich nun vollends vom Fenster ab. Hinter mir höre ich Robins Kleidung leise rascheln, und im stummen Einverständnis beginnen wir damit die Aktenschränke nach dem Verbleib von Ruffy und Lysop durchzusuchen. So vergehen mehrere Minuten, in denen nur das aufdringliche Quietschen der Schubläden, das leise Rascheln von Papier und das bedrohliche Grummeln des herannahenden Gewitters zu hören ist.

Schublade für Schublade gehe ich die Schränke durch, bis ich wieder zum Ausgangspunkt gelange, ohne gefunden zu haben was ich suche. Gereizt und völlig genervt beiße ich daher die Zähne so fest aufeinander, dass die Muskeln in meinem Unterkiefer unter Schmerzen heftig protestieren, obwohl ich viel lieber meine geballte Faust gegen einen der Schränke geschlagen hätte. Innerlich spüre ich, wie die Zeit drängt, da das Risiko unserer Entdeckung mit jeder verstreichenden Minute größer wird, zumal Shanks und seine Leute irgendwo innerhalb des Gefängnisses für Ablenkung sorgen wollen – wie auch immer diese aussehen mag. Und sollte es dabei zu einem Kampf zwischen ihnen und den Soldaten kommen, ohne dass wir Ruffy und Lysop gefunden haben, wird es für uns nahezu unmöglich sein, sie hier noch herauszuschaffen.

Missmutig werfe ich einen Blick aus dem Fenster hinaus. Immer wieder zucken grelle Blitze über das schwarze Himmelszelt hinweg und werfen groteskgeformte Schatten auf die Erde, während das dumpfe Donnergrollen immer näher kommt und an Lautstärke zunimmt. Innerlich stöhne ich laut auf, als ich auch schon die ersten Schneeflocken bemerke, die wild durch die Luft gewirbelt werden. Unser Rückweg könnte sich schwieriger gestalten als erhofft, sollte das Unwetter an Stärke zunehmen. Das Meer wäre zu aufgewühlt und würde zu hohe Wellen schlagen, als dass wir ungehindert mit den Booten zum Schiff zurückkehren könnten.

Als ein erneuter Blitz die Nacht erhellt, bemerke ich plötzlich einen Schatten, der sich neben meinem Abbild in dem Fensterglas widerspiegelt. Sämtliche Muskeln angespannt drehe ich mich zur Tür und ziehe gleichzeitig Yubashili mit einem leisen Sirren aus der Scheide. Noch in derselben Sekunde durchzieht ein lautes Knallen den Raum, als der helle Schatten seinen linken Arm nach vorne schnellen lässt. Aus den Augenwinkeln bemerke ich, dass sich Robin aufgeschreckt nach der Ursache des Lärms dreht, als auch schon etwas Schlangenähnliches durch die Luft saust – genau auf sie zu. Der Warnschrei bleibt mir in der Kehle stecken, als ich tatenlos mit ansehen muss, wie ihr Körper in der nächsten Sekunde zusammenzuckt. Ihr leises überraschtes Aufkeuchen hallt dabei wie ein Pistolenschuss in meinem Inneren wider. Nein, schießt es mir wieder und wieder durch den Kopf, während blankes Entsetzen meinen Körper zu Eis erstarren lässt und mich jegliches körperliche Gefühl verlässt. Ich kann nicht einmal mehr sagen, ob ich noch den harten lederumwickelten Griff Yubashilis in den Händen halte.

Erst als Robin schwankend in die Knie geht, kommt wieder Bewegung in meinen Körper. Doch bereits nach zwei, drei Schritten ertönt abermals ein lauter Knall, so dass ich mehr aus einem Reflex heraus einen Satz zurückspringe, als auch schon etwas Graues vor meiner Nase aufblitzt und wieder verschwindet. Im nächsten Moment wird der Raum von einem lauten Gepolter und Gequietsche erfüllt, als Teile der Aktenschränke zu Boden fallen. Scheiße, fluche ich im Stillen, während ich mich gleichzeitig frage, was das für eine komische Waffe ist, die ständig durch die Luft fliegt und Metall wie Papier schneidet.

Als der Raum wieder von einem Blitz erhellt wird, erhasche ich einen besseren Blick auf meinen Gegner, der die weiße Kapitänsuniform der Marine trägt. Käpt´n Morgan Ironwhip, geht es mir sofort durch den Kopf, als mir bewusst wird, wen ich vor mir habe.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Stoechbiene
2013-09-01T19:49:22+00:00 01.09.2013 21:49
Du...Sadistin!!

Oh man! Die ganze Zeit spannst du mich schon auf die Folter, es liegt förmlich in der Luft, dass noch etwas passieren wird und dann so etwas! Arme Robin! Warum nicht Zorro? Den hätte das nur dazu angestachelt noch besser zu kämpfen! Anschließend hätte er ein Nickerchen gemacht und alles wäre gut gewesen, aber nein!

Aber! Ich weiß trotzdem, dass er sein Bestes und noch mehr geben wird, denn er muss sowohl Robin beschützen, als auch Lysop rausholen. Ich drücke ihm jedenfalls sämtliche Daumen!

LG
Von:  fahnm
2013-08-22T19:21:18+00:00 22.08.2013 21:21
Spitzen Kapi^^


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