Zum Inhalt der Seite

Angeama - Es war einmal

von
Koautor:  -Alice-

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Klaus - Auf zum letzten Hoffnungsschimmer

Es war ja nicht so als ob Vegeta immer nur in purem Luxus gelebt hätte, wie es bei Bulma war oder wie er es aus den frühen Jahren seiner Kindheit kannte. Nein, er war jahrelang unter Freezers Herrschaft im Weltall unterwegs gewesen. Hatte Wochen in seiner kleinen Raumkapsel verbracht oder auf fremden Planeten in Spelunken, Zelten oder gar unter freiem Himmel übernachtet. Aber … das hier … das war einfach nur eine Frechheit! Das sollte ein Postamt sein?! Hier sollte er hausen, während er verflucht nochmal fünf…FÜNFTAUSEND Briefe abstempeln sollte?! Mitten im tiefsten Winter?!
 

Erneut schweifte sein Blick zu dem durchlöcherten Dach, durch das dicke Schneeflocken zu ihm herabsanken. Nicht einmal die Wände waren dicht, denn als er sich hier umgesehen und die Tür eines in der Wand verbauten Kastens geöffnet hatte, war ihm Mauerwerk entgegen gebröckelt, gefolgt von einem Schwall gefrorenen Wassers. Der Fußboden war morsch, überall hatten sich bereits Schneehaufen gebildet und über die Hühner wollte er gar nicht erst nachdenken!

HÜHNER! Da lebten verfluchte Hühner in dieser gottverlassenen Bruchbude! Sie hatten sich in einer Wand eingenistet, an der quadratisch angeordnete Kästchen montiert waren, die wohl eigentlich … wie konnte es auch anders sein … zum Einsortieren von Briefen und Paketen vorgesehen waren. Doch diese gackernden Viecher, die Vegeta mit ihrem Geschnatter von Zeit zu Zeit tatsächlich an Bulma erinnerten, waren bei Weitem nicht das Schlimmste. Um seine Notdurft zu verrichten, musste er, nicht wie jeder normale auf der Erde lebende Mensch in ein extra Zimmer gehen, sondern nein!, es musste ja in diesem Baumhaus draußen vor dem Postamt errichtet worden sein! Das hieß, er durfte AUS dem Haus gehen, über eine wackelige, von Eis und Schnee überzogene Brücke stapfen, danach eine Leiter hochklettern, die er, als er die erste Sprosse angefasst hatte, auch gleich in der Hand gehalten hatte, um sich dann DORT … OBEN IN EINEM GOTTVERDAMMTEN BAUMHAUS … zu erleichtern. Ja … es war die schlimmste Absteige, in der er jemals gewesen war. Nein, es war weniger als das …
 

Er war wütend. Und wie er das war. Dazu noch müde. Und Hungrig. Und ihm war kalt. Eiskalt. Außerdem wollte er schreien. Einfach nur schreien und seine Wut mit seinem steigenden Ki aus sich herauslassen. Aber das konnte er ja nicht! Er war ja nur ein mickriges Bürschchen in dieser Geschichte, das wahrscheinlich nicht mal imstande sein würde ein verfluchtes Brett an die Decke zu nageln, um die verdammten Löcher abzudecken! Und fliegen konnte er auch nicht! Vegeta raufte sich die Haare, während seine vor Kälte zitternden Knie kurz davor waren einzuknicken.

Das Pony, dem der Prinz den Namen Kakarott verpasst hatte, im Glauben, dass es auch tatsächlich der andere Saiyajin war, wieherte draußen vor der Tür und riss ihn aus seinem Verlangen die Bruchbude kurz und klein zu schlagen, dann den Fährmann aufzusuchen und ihm eins dieser dämlichen, gackernden Hühner in den Rachen zu stopfen.

Sich ununterbrochen mit den Händen über seine Oberarme reibend, trat er vor das Haus und starrte Kakarott wütend an. Hätte sein Blick magische Kräfte, dann wäre das Pony an Ort und Stelle in Flammen aufgegangen und er hätte sich daran wärmen können. Dieser Gedanke … war doch gar nicht mal so schlecht … dann hätte er auch gleichzeitig was zu futtern. Mit einem gelangweilten Schnauben wandte das Pony seinen Kopf Vegeta zu und bedachte ihn mit einem teilnahmslosen Blick.

„Glotz nicht so. Ich werd dich schon nicht wieder umbringen, Kakarott.“ Allerdings brummte dem Prinzen in diesem Moment der Magen. Seine Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen. Vielleicht … vielleicht würde er dem Jüngeren ja auch nur eine kleine … nur eine klitzekleine Scheibe abschneiden. Er machte einen Schritt auf das Pony zu. Noch einen. Einen weiteren. Seine Augen auf das Hinterteil Kakarotts gerichtet trat er an ihn heran. Dann hob er seine Hand und legte sie auf das saftig aussehende Fleisch. Er brauchte nur ein bisschen Energie in den Spitzen seiner Finger bündeln und dann mit einem Ruck … verdammt. Resigniert seufzend beugte er sich vor und platzierte seine Stirn neben seiner Hand auf dem Fell.

Noch so eine Sache die er hier drin nicht beherrschte. Aber wenigstens … wenigstens begann die Wärme Kakarotts seine Finger wieder aufzutauen. Während er auf seine von der Kälte bereits rot und blau verfärbte Hand starrte, begann er sich ernsthaft zu fragen, ob dieses Pony wirklich Kakarott sein konnte.

Etwas in ihm wusste jedoch schon längst, dass er sich das nur einredete. Als der Jüngere ohne ihn in das Märchen gestürmt war, hatte er ihn in der Ferne durch den Schnee waten sehen … in seiner ganz normalen Gestalt. Zwar war sein orangefarbener Trainingsanzug verschwunden gewesen, aber die markante Frisur des Jüngeren würde Vegeta überall wiedererkennen. Diese dämlichen nach allen Seiten abstehenden Fransen …
 

Und plötzlich war da wieder dieses unerträgliche, nagende Gefühl in seiner Brust. Er hatte keine Ahnung woher das nun wieder kam und schob es einfach auf seine Figur, die wahrscheinlich so etwas wie ein schlechtes Gewissen bekam. Der mickrige Kerl schien nach der Ansprache seines ‚Vaters‘ ja ein richtiger Versager und überaus fauler Typ zu sein. Jetzt wurde Vegeta auch langsam klar, warum man ihn gerade hierher geschickt hatte. Es … war ein Test … eine Strafe. Nicht nur dieses verfallene Postamt, auch die Menschen hier hatten scheinbar alle eine Schraube locker. Konnten wahrscheinlich noch nicht mal lesen, geschweige denn schreiben … und schon war er sicher den Sinn dieses Märchens durchschaut zu haben. Seinem ‚Vater‘ und … einfach allen beweisen, dass er es hinbekam. Dass er allen Widrigkeiten trotzen konnte und die fünftausend Briefe abstempeln würde. Wie … erbärmlich. Als ob er es nötig hätte auch nur irgendjemandem etwas zu beweisen!
 

Vegeta schloss seine Augen und begann die Wärme auf seiner Wange zu genießen, die mittlerweile auf das braune Fell gesunken war. Wenn er hier raus wollte, würde er es wohl oder übel machen müssen. Er wollte schon wieder eine Schimpftriade gen Himmel schicken, doch er war einfach zu müde dazu. Erst der Ettin und diese dämliche Bauernarbeit und jetzt das hier. Ein Postbote … er und Post. Was jedoch sogar ein Aufstieg im Vergleich zum roten Ettin war …

„Scheiß drauf!“ Vegeta drückte sich von dem Pony weg, befreite es von der Kutsche, schnappte sich die Zügel und führte Kakarott die drei noch halbwegs intakten Stufen zur Veranda hinauf und schließlich ins Haus. Er bugsierte das Pony unter den Teil des Daches, der noch nicht völlig durchlöchert war. „Los. Leg dich hin.“

Kakarott reagierte nicht darauf, sondern starrte auf die aufgebrachten Hühner, die lauthals gackerten. Mit pulsierender Ader auf der Stirn brummte Vegeta ein „Schnauze!“ in deren Richtung und ein „Ich hab gesagt hinlegen, du sturer Esel!“ in Kakarotts Richtung. Seine Anweisung versuchte er zu unterstreichen, indem er das Hinterteil des Ponys nach unten drückte. Erfolglos allerdings. „Jetzt mach schon, Kakarott! Wenn ICH erfriere, kommst du hier nie wieder raus! Du wirst es nämlich verbocken, wie du ALLES verbockst!“

Plötzlich setzte sich das Pony und legte seinen Oberkörper auf den Vorderbeinen ab. Vegeta blinzelte einige Male. War … war das etwa doch …? Nein. Nein, unmöglich … oder?

„Kakarott? Wenn du das wirklich bist, dann…sag was.“

Stille trat ein, während das Pony seinen Kopf neben sich auf dem Boden platzierte. „…dann eben nicht.“ Seinen Plan wieder aufgreifend schnappte sich Vegeta eine Decke aus einem der halb verfallenen Schränke und platzierte sich an der Seite des Ponys, ehe er die Decke über sie warf. Er presste seinen Oberkörper gegen das braune Fell und spürte wie sich sein Körper zu erwärmen begann. Ja … so würde er die Nacht überstehen. Durch Kakarotts Körperwärme … Kakarott … Kakarott … wo er wohl war? Wie sie sich wohl diesmal begegnen würden? Ob der echte Kakarott genauso störrisch auf ihn reagieren würde wie das Pony Kakarott? Wegen dieser … dieser Todessache aus dem Feuerzeug? Sich enger an den Bauch des Tieres schmiegend schloss Vegeta seine Augen.

Da war es wieder. Dieses verfluchte komische Ziehen in seiner Brust!

Den anderen Saiyajin schnellstens aus seinen Gedanken verbannend fasste er einen Entschluss. Gleich am nächsten Tag würde er es einfach angehen. Er hatte die Schnauze voll davon sich über die ihm bevorstehende Arbeit aufzuregen, es würde ja sowieso kein Weg dran vorbeiführen, wenn er nicht wieder Wochen damit verschwenden wollte nichts zu tun … wie im Feuerzeug. Und Briefe zu sammeln, abzustempeln und zu verschicken konnte ja nun wirklich nicht so schwer sein … oder?
 

Vegeta erwachte recht ausgeschlafen. Hätte man ihm das am vergangenen Abend gesagt, hätte er die Person einen Vollidioten geschimpft … doch er fühlte sich wirklich ausgeschlafen. Es war warm, kuschelig, gar mollig und irgendwie verspürte er keinerlei Lust die Augen zu öffnen. Als ihn dann jedoch etwas an der Nase kitzelte, sah er sich genötigt dies doch zu tun. Recht langsam, denn eigentlich wollte er es ja nicht, öffnete er seine Augen und starrte …

„GaGACK!“

… direkt auf den schräg gelegten Kopf eines Huhnes. Er blinzelte, blinzelte nochmal … das Huhn blieb wo es war. Kein Traum ...

„GaGACK!“ Er zuckte zusammen, als dieses penetrante Geräusch dicht an seinem Ohr wiederholt wurde. Vollkommen irritiert drehte er den Kopf und sah doch tatsächlich eines dieser dicken, fetten Federviecher auf seinen Haaren sitzen! Und einmal entdeckt, entdeckte er immer mehr!

Unter der Decke, die er über sich und Kakarott gebreitet hatte, hatten sich am Bauch des Ponys so einige Hühner dicht an dicht niedergelassen. Auf Kakarott saßen auch welche und wie er anhand des Gewichtes auf seiner Hüfte spürte, hatten sich auch auf ihm die Hühner breit gemacht. Daunenflusen wirbelten vor seinen Augen entlang und irgendwo an seinen Beinen schien sich eines der Viecher zu bewegen, denn er spürte Federn. Sein Bein zuckte zuckte. Eine ungünstige Bewegung, denn sie schien ein Huhn zu stören, das es sich unter der Decke an seinem Hintern gemütlich gemacht hatte. Auf diese Art aus seinem gerechten Schlaf gerissen, plusterte sich das Huhn auf, drehte den Kopf und …
 

„AU! IHR VERDAMMTEN DRECKSVIECHER! ICH GLAUB ES HACKT!!!“
 

Gehackt hatte es, also das Huhn, und zwar im wahrsten Sinne des Wortes in seinen Hintern. Das daraus resultierende Chaos aus einem aufspringenden, fluchenden Vegeta, gefühlt tausend Hühnern, die Federn und Flusen lassend wild durcheinander flatterten, gackerten und einem erschrockenen Pony, welches ebenfalls schnaubend aufsprang und einmal nach hinten ausschlug, Vegeta am Hintern traf und ihn in eine Schneewehe schickte, nahm kein Ende. Die Hühner, durch das aufbegehrende Pony noch mehr in Panik versetzt, flatterten weiter wild durch den Raum, dies wiederum erschreckte das Pony, ließ es noch mehr wiehern und ausschlagen und das scheuchte wieder die Hühner auf …

Der Einzige, der plötzlich eine stoische Ruhe in sich spürte, war Vegeta. Der hatte den Kopf aus dem Schneehaufen gezogen, sich das weiß - kalte Zeug aus dem Gesicht gewischt und sah dem wilden Geflügel-Pony-Orkan, der in seiner Poststation wütete weiter zu. Kakarott schließlich hatte die Schnauze voll Federn, nachdem er eines der Hühner mit seinen Zähnen erwischt hatte, die Hühner hatten sich daraufhin mit Schnabelhackern revanchiert und Kakarott hatte, wie könnte es bei ihm auch anders sein, sein Heil in der Flucht durch die Vordertür gesucht. Er war in dem dichten Schneetreiben dahinter verschwunden und Vegeta war sich sicher er würde sich verlaufen.

Die Hühner beruhigten sich daraufhin, Federn fielen zu Boden und ein kalter Wind blies durch die nun offenstehende Tür in das Postamt. Vegetas Augen folgten den vom Boden aufsteigenden Flusen bis sie jenen wieder berührten. Dann kam die nächste Windböe und diesmal setzten sich auch Federn in Bewegung. Als auch diese wieder gen Boden sanken dauerte es noch zwei Herzschläge lang, ehe ganz Zwietrachtingen von einem lauten Frustrationsschrei geweckt wurde …
 

Später an diesem Tag, Vegeta hatte Kakarott wieder eingefangen und ihn in einem kleinen Verschlag neben dem Postamt eingesperrt, stapfte der Saiyajin hungrig und schon wieder frierend durch die Stadt. Die Sonne hatte etwas mehr Helligkeit gebracht, aber mehr als eine Dämmerung schien sie in diesem Teil des Landes einfach nicht zustande zu bringen. Dennoch konnte Vegeta von der Stadt mehr erkennen als am vergangenen Abend. Sie war … trostlos. Einfach nur trostlos und egal wo er hinkam, die Leute maßen ihn mit Blicken, die ihm eine Gänsehaut bescherten. Versuchte er jemanden anzusprechen, wurde ihm nicht mal geantwortet und einmal hatte er wirklich Glück, denn dem Mann, der vor ihm ging, fiel ein Blumenkübel auf den Kopf, der ihn zu Boden streckte. Vegeta hielt dies erst für einen Unfall, aber als er den Kopf hob, um zu sehen wo der Blumentopf heruntergebrochen war, sah er eine grinsende Frau, die den sechsten Strich an ihrer Hauswand anbrachte. Vegeta wechselte vorsichtshalber in die Mitte der Straße.
 

Als er bei einigen Buden ankam, die offensichtlich Lebensmittel und Gebrauchsgegenstände verkauften, erkannte er den Kapitän vom Vorabend, welcher mit guter Laune an einem Tisch saß und eine dampfende Tasse in der Hand hielt. Außerdem roch es nach Eiern und Speck. Der Kapitän erblickte ihn auch und hob grinsend seine Pranke von Hand.

„Na guten Morgen, Herr Postbote! Ihr seht ja sehr ausgeruht aus für die erste Nacht in eurem Postamt. Habt Ihr denn gut geschlafen?“ Dieses schadenfrohe Grinsen … Vegeta hätte am liebsten rein geschlagen … doch er beherrschte sich, setzte sich auf den Stuhl dem Kapitän gegenüber und zog sich einfach dessen Teller heran, begann zu essen.

„Ja sicher, bedient Euch einfach, Herr Postbote.“ Vegeta warf ihm einen Blick zu, der den Kapitän die Hände heben ließ. Sich abermals ein Frühstück bestellend aßen sie danach zusammen und in Schweigen.

Plötzlich erklang lautes Kindergejohle und eine Horde von Jungen auf ihren Schlitten preschte die abfallende Straße herunter. Vegeta musste blinzeln, als er erkannte WAS die Kinder da in den Händen hielten … das sah ganz nach Speeren aus … und tatsächlich … auf Höhe der Buden warfen sie ihre spitzen Waffen nach den Besitzern. Diese schienen aber solcherlei Angriffe gewohnt zu sein, denn sie ließen im rechten Moment hölzerne Klappen herunter und die Waffen prasselten schadlos dagegen. Den Tunichtguten wüste Beschimpfungen hinterher schickend schüttelten die Angegriffenen ihre Fäuste, während die Bengel grölend auf ihren Schlitten weiter schossen.
 

„Also“, begann Vegeta mit ruhiger und beherrschter Stimme. „Was läuft hier schief?“

„Wie? Was soll denn hier schieflaufen?“ Der Kapitän tat überrascht und sah den Saiyajin ganz unschuldig an.

In diesem Moment ging die Türe einer Hütte auf, eine alte Frau kam mit dem Nachteimer heraus und … schüttete ihn über den Gartenzaun, direkt auf die frisch gewaschene Wäsche der Nachbarn, ehe sie wieder in ihrem Haus verschwand. Eine Braue hebend sah Vegeta den Kapitän einfach nur an.

„Schon gut, schon gut. Ihr habt ja gestern mitbekommen, dass es in Zwietrachtingen zwei Parteien gibt. Die Ellbogners und die Grobners. Die einen sprechen nicht mit den anderen und umgekehrt.“ Der Kapitän nippte an seinem Kaffee. „So war das schon immer und so wird es immer sein.“

„Und was ist mit der Post hier? Warum ist das Postamt so verfallen?“

„Nun ja“, druckste der Kapitän etwas herum. „Wenn die einen den anderen nichts zu sagen haben und umgekehrt, dann will man diesen Leuten natürlich auch keine Briefe schreiben. Die Zwietrachtinger haben sich angewöhnt ihre … Gespräche auf etwas … materieller und … handfesterer Ebenen zu führen, wenn Ihr versteht was ich meine?“ Er schob sich die Kapitänsmütze in den Nacken und hob mehrmals vielsagend die Augenbrauen.

Das Fenster des Hauses mit der besudelten Wäsche öffnete sich, ein Gewehrlauf schob sich langsam heraus und als die alte Frau mit dem Nachttopf ein weiteres Mal vor die Tür trat, wurde ihr dieser aus der Hand geschossen. Vollkommen gleichgültig stellte sie den kaputten Topf ab und ging in ihr Haus zurück. Der Kapitän wippte wieder mit seinen Brauen.

„Das bedeutet also“, presste Vegeta zwischen den Lippen hervor. „Das Postamt ist so verfallen, weil …?“

„Keine Post! Richtig!“ Der Kapitän grinste breit und sagte dies, als wäre es etwas Gutes. „In einer Stadt in der die Menschen lieber aufeinander losgehen, als miteinander zu reden, werden keine Briefe geschrieben. Ergo braucht man keinen Postboten, ergo kein Postamt.“ Er breitete die Arme aus. „Und das ist die ganze Geschichte.“

„Klasse. Einfach klasse…“, murmelte Vegeta genervt und rollte mit den Augen, wobei er sich die letzte Scheibe Speck in den Mund schob und schließlich aufstand.

„Soll ich Euch heute wieder zurückbringen, Herr Postbote?“

„Nein. Die WERDEN Briefe schreiben…und wenn es das Letzte ist, was ich tue!“ Ohne ein weiteres Wort setzte der Prinz seinen Weg fort, das amüsierte Grinsen des Kapitäns nicht mehr mitbekommend.
 

Irgendwer, irgendwo in dieser verfluchten Stadt musste doch einen verdammten Brief geschrieben haben. Die verrückten Bewohner und deren an den Häusern angebrachten Fallen immer im Auge behaltend klapperte er einen Briefkasten nach dem anderen ab. Er fand auch durchaus etwas darin, nur … keine Briefe. Schmierige Massen, verweste Nagetiere, auch, so glaubte Vegeta zumindest, abgetrennte Finger oder etwas in der Art. Angewidert von dieser Stadt, von seiner Aufgabe, von diesem Märchen, einfach von allem, schmiss er die Klappe des letzten leeren, hellgrauen Kästchens zu und verschränkte wütend seine Arme, trat gegen einen aus dem Schnee ragenden Stein, der jedoch nur die Spitze eines Felsen gewesen war und schrie, während er sich seinen schmerzenden Fuß hielt. Ein paar Schritte auf einem Bein vorwärts hüpfend lehnte er sich gegen die Gitterstäbe eines meterhohen Zaunes, sank daran hinab in den weißen Schnee, während er hinter sich schon die knurrenden Laute zweier eingesperrter Hunde vernahm. Vielleicht würden sie ihm jetzt einfach durch die Eisenstäbe hindurch den Kopf abreißen, wie es auch die Viecher im Feuerzeug mit einigen Leuten getan hatten. Dann wäre es wenigstens vorbei … und er draußen aus diesem scheiß Märchen.
 

Das Knurren kam immer näher und Vegeta starrte auf das gegenüberliegende Haus. Ließ seinen Blick über die schwarze Fassade gleiten, die dunkelgrauen Fenster und die etwas hellgraueren Gitter davor. Was musste das hier für ein Leben sein … jeden Tag darauf gefasst sein zu müssen von seinen Nachbarn getrietzt, geärgert oder angegriffen zu werden. Er hörte den Schnee unter den Pfoten der Hunde hinter sich knirschen und ein Lächeln legte sich auf seine Lippen. Oh … er wusste doch genau wie das war. Wie es war, immer auf der Hut sein zu müssen. Genauestens darauf zu achten, was man tat, sagte oder wie man sich wem gegenüber verhielt …

Moment, da war doch ein Farbklecks gewesen!

Seine Augen huschten zurück zu einem der oberen Fenster und tatsächlich … da starrte ein kleiner Junge zwischen den Gitterstäben hervor! Sein Blick schärfte sich und er erkannte, dass das Kind etwas außerhalb der Mauer, die das Grundstück einzäunte, anstarrte.

Gerade als einer der Hunde nach Vegeta schnappen wollte, sprang dieser auf und ging auf das schwarze Haus zu, den Jungen nicht aus den Augen lassend.

„Hey!“, rief der Prinz zu dem Kind nach oben. „Was ist los?“

„Ich…“, begann der Junge zu schniefen, „…hab meine Zeichnung verloren…“

„Zeichnung?“

„Da.“ Sein kleines Ärmchen schob sich durch die Gitter hindurch und deutete die Straße entlang. Dem Zeigefinger des Jungen folgend blickte sich Vegeta um. Unweit die schneebedeckte Straße entlang, erkannte er ein Blatt Papier mit bunten Kritzeleien darauf.

„Kannst du sie mir wiederbringen?“, kam es mit trauriger Stimme von oben.

Seufzend setzte sich der Saiyajinprinz in Bewegung, schnappte sich das Bild, bevor eine Windböe aufkam und es davon geweht hätte, und stampfte zurück zu dem Jungen.

„Das hier?“, fragte er indem er das Papier hochhob.

„Ja!“, bestätigte der Kleine freudestrahlend.

Während sich die Hand des Prinzen wieder nach unten senkte, blickte er sich um. Wie um alles in der Welt sollte er über diese Mauer mit dem Stacheldraht kommen, sich durch die Bärenfallen schleichen, die ihm überall auf dem Weg zum Haus entgegen glänzten, wobei nicht klar war, wie viele davon der Schnee unter sich versteckt hielt, und dem Jungen das Bild zurückgeben?!

„Dann…komm runter und hols dir.“

„Das kann ich nicht. Ich darf nicht alleine raus gehen.“

Die bekannte Ader begann auf Vegetas Stirn zu pulsieren. Das war doch so klar gewesen!

„Dann kann ich dir auch nicht helfen.“ Er wollte sich schon abwenden und die Zeichnung einfach über die Mauer werfen als ihm der Briefkasten neben dem Eingangstor ins Auge sprang. Er sah auf das Bild in seiner Hand, wieder zum Briefkasten, zurück zur Zeichnung, wieder zum Briefkasten. Er könnte sie einfach … aber … eigentlich könnte er auch …

Er blickte wieder zu dem Jungen hinauf. „Wenn du das Bild wiederhaben willst, dann kannst du dir selbst einen Brief schicken.“

„…was?“, fragte der Junge verwirrt.

„Einen Brief.“

„Einen was?“

„Brief.“

„Ich weiß aber nicht, wie das geht.“

Wieder pulsierte die Ader auf Vegetas Schläfe. Wäre ja auch zu schön gewesen, aber was hatte er denn geglaubt? War doch ohnehin eine bescheuerte Idee. Mit den Augen rollend trat er an den Briefkasten heran, zog die Klappe nach unten und wollte das Bild schon hineinstecken als er plötzlich innehielt. Etwas in ihm hielt ihn davon ab das Blatt Papier einfach dort hinein zu schieben, stattdessen schloss er den Kasten wieder. Irritiert hob er eine Augenbraue an, öffnete das Türchen abermals und machte es gleich darauf wieder zu. Das war doch … was sollte das denn?!

„Was machst du da?“, wollte der Junge von oben wissen.

Immer noch verwundert trat der Prinz einen Schritt zurück.

„Schickt man so einen Brief?“, fragte das Kind weiter.

„Nein.“, antwortete Vegeta genervt, sich immer noch fragend was das gerade war.

„Und wie dann?“

Dem Briefkasten einen letzten misstrauischen Blick zuwerfend, sah er zu dem Jungen. „Einen Brief schickt man…also…“ Verflucht … wie verschickten die Menschen denn nochmal diese altmodischen Dinger?! Er hatte doch noch nie … und … Bulma auch nicht. Dazu lebten sie doch in einer viel zu modernen Welt, verdammt nochmal! Und unter Freezer hatte er auch moderne Kommunikationsmittel besessen!

„Also…hör mir genau zu“, hörte sich Vegeta plötzlich wie von selbst sprechen. „Du steckst zum Beispiel dein Bild in ein Kuvert, klebst ne Marke drauf und bringst es zum Postamt. Dort wird er abgestempelt, was bedeutet, dass das Porto bezahlt ist und dann bringe ich als Postbote dem Empfänger den Brief, der dann in diesem Kasten da landet, verstanden? Wichtig ist, dass das Porto bezahlt wurde, Kleiner.“ Eigenartig. Woher wusste er das denn jetzt? War wohl seine Figur von der er dieses Wissen hatte, wie er auch mit dem Säbel im Feuerzeug hatte umgehen können. Bescheuertes Angeama …

„Porto?“, riss der Junge Vegeta aus seinen Gedanken. Sich wieder auf das Geschehen vor sich konzentrierend antwortete er: „Ja, Porto. Brief, Briefmarke, Postamt.“

„Ich hab keine Briefmarke.“

„Natürlich hast du die nicht…“, murmelte der Prinz zu sich.

„Kannst du das Bild nicht einfach so in den Briefkasten geben?“

„Ohne Porto, kein Brief und damit auch keine Zeichnung.“

„Aber…“ Tränen bildeten sich in den Augen des Jungen. „Ich mag sie wieder haben…“

Mist. Jetzt flennte der auch noch. „Ja…JA, schon gut!“

Als Vegeta den einen Schritt zurück zum Briefkasten machen wollte, donnerte eine grollende Stimme vom Ende der Straße zu ihm: „WAS IST DENN HIER LOS?!“ Gleich darauf begannen die Hunde im Garten des gegenüberliegenden Hauses zu bellen, was eine ganze Triade an Hundsgebelle in der Straße auslöste. Doch das war nicht das Schlimmste. Der riesige Kerl hatte ebenfalls zwei von den Viechern an der Leine …

„Scheiße“ war das letzte Wort, das Vegeta von sich gab, bevor er das Bild in seine bescheuerte Umhängetasche steckte und losrannte …
 

Vegeta hatte es geschafft den Hunden zu entkommen, knapp. Mit letzter Kraft und so außer Atem, als hätte er stundenlang im Schwerkraftraum trainiert, hatte er sich auf einen Baum gezogen. Zu langsam. Einer der Hunde hatte ihn mit seinen Krallen am Hintern erwischt und er hatte einen Schrei von sich gelassen, als die Klauen seinen aller Wertesten aufrissen, dass sämtliche Krähen, Raben oder was auch immer es in diesem scheiß Kaff auch gab, kreischend davongeflogen waren. Da hatte er also gehangen, er, der Prinz der Saiyajin, bibbernd an einem Ast, in einem Schnee verseuchten Ort, am Arsch der Welt, während sein eigener blank aus seiner Hose ragte. Und wessen Schuld war das?! Natürlich die von Kakarott, mal wieder. Wäre dieser Idiot nicht einfach so blauäugig in dieses Märchen gegangen, dann wäre er jetzt nicht hier. Und wäre er Kakarott nicht so über den Mund gefahren und hätte ihn behandelt wie das letzte Stück Dreck, vielleicht auch nicht …

Die Zähne des einen Hundes schlugen unweit seines Hinterteils in der Luft zusammen, als der Köter nach oben sprang und noch einmal versuchte sich sein Mittag- oder auch Abendessen zu sichern. Man wusste hier in diesem grauen Dunst ja nie wie spät es war! Und ja verflucht, ihm war schon klar, dass das hier nicht allein Kakarotts Schuld war … aber es war einfach um so vieles leichter ihm die Schuld zu geben, als sich einzugestehen, dass es an ihm selbst lag, gelegen hatte und wohl auch weiterhin liegen würde, wenn … wenn er sich nicht schon wieder irgendwie … änderte.
 

Verdammt, hatte er das nicht schon oft genug getan? Vom Prinzen, zum Fußsoldaten, zur eiskalten Mordmaschine, zum Einzelgänger, Familienvater … musste er sich jetzt tatsächlich schon wieder umkrempeln, um mit seinem Leben zurechtzukommen?
 

Zu allem Überfluss begann es nun auch noch zu schneien. Die kleinen, weichen, weißen Flocken fielen vom Himmel, landeten auf seinem Gesicht, schmolzen und flossen in erst kalten, dann wärmer werdenden Rinnsalen über seine Haut. Vergänglich und kurz. Unter ihm knurrten die Hunde. Vegeta starrte in den Himmel. Je mehr Schnee fiel, umso sanfter und weicher wurden die harten, schwarzen und grauen Konturen der Stadt. Er wollte sich nicht schon wieder ändern, wollte sich nicht schon wieder von Grund auf umkrempeln, um überleben zu können. Aber vielleicht … musste er das auch gar nicht. Sein Leben stand immerhin nicht auf dem Spiel, die Hunde unter ihm mal außer Acht gelassen. Kakarott würde ihn nicht töten, nicht foltern oder geringer achten, nur weil er ihm etwas offenbaren würde oder sich … erklären würde. Wohl eher das Gegenteil.
 

Verflucht! Er hatte sich noch nie jemandem erklärt oder anvertraut, oder über sonst etwas gesprochen, was in ihm vorging. Nie! Und zu Niemandem! Wie machte man so was? Wie sollte er das anstellen? Kakarott quatsche einfach ungefragt drauf los. Egal, ob es einen interessierte oder nicht. Der Kerl machte den Mund auf und es kamen Worte um Worte heraus, gefühlsduseliger Mist, den keiner hören wollte, mit dem er sich lächerlich machte und dennoch interessierte es ihn nicht. Er tat es einfach, pfiff auf die Meinungen der anderen. Er tat was er wollte und fertig.

Einer der Hunde sprang nach oben, seine Zähne schlugen schnappend so dicht an Vegetas Hintern zusammen, dass dieser den Lufthauch spürte. Mit zusammengekniffenen Augen presste er sich stärker an den Ast, der schon die ganze Zeit seine Rettung war. Wenn er es sich recht überlegte … ein wenig gefühlsduseliges Blabla wäre ihm in diesem Moment ganz recht …
 

Gerade im richtigen Moment als Vegetas kaum vorhandene Kräfte dabei waren ihn zu verlassen und er spürte, wie ihm der Ast, an der er sich schon über eine gefühlte Ewigkeit geklammert hatte, zu entgleiten begann, ertönte aus der Ferne ein Pfiff. Die Hunde unter ihm begehrten auf, knurrten und beim nächsten Pfiff … liefen sie weg. Tatsächlich weg! Eine Sekunde später plumpste Vegeta in den weichen Schnee, die Kälte drang sofort durch das Loch in seiner Hose und ließ ihn wieder auf die Beine springen. Sich schnell umblickend, ob die Köter nicht augenblicklich wieder kehrt gemacht hatten, stellte er erleichtert ausatmend fest, dass sie tatsächlich weg waren.
 

„Also Kakarott! Jetzt halt die Klappe und pass auf! Ich werde dir das nicht zweimal sagen! Einmal, hörst du? EINMAL!“ Vegeta starrte sein Gegenüber aus funkelnden Augen an und bekam keine Reaktion. Richtig so! Kakarott sollte die Klappe halten und zuhören. Tief einatmend ging der Saiyajinprinz auf und ab, seine Arme stur vor der Brust verschränkt, seine Miene grimmig, sein Hintern verbunden. Dann blieb er vor Kakarott stehen, sah ihn an. „Um das von vornherein klarzustellen, ich…kann dich immer noch nicht leiden. Ja, von mir aus, du bist stärker als ich, die Nummer Eins im Universum, der große Held, der Retter der Galaxie…blablabla…interessiert mich alles nicht. Was MICH interessiert ist, dass du mich ernst nimmst! Und diese Sache damals bei Boo war das aller Letzte von dir!“ Vegeta hob seinen Zeigefinger. „Nein! Unterbrich mich nicht! Lass mich ausreden!“ Kakarott blieb still und Vegeta atmete tief ein.
 

„In deinen Augen ist das vielleicht eine alte Geschichte, aber das heißt nicht, dass die zwischen uns geklärt ist! Du hast mich verarscht und deine Ausreden hinterher, dass du den Dreifachen nicht so oft hinbekommen würdest und der ganze andere Müll, hat es noch auf die Spitze getrieben! Du hast mich verarscht und…mich verdammt nochmal nicht ernst genommen! Dafür würde ich dir am liebsten so die Fresse polieren, dass du dich im Spiegel nicht mehr wiedererkennst!“ Schnaubend nahm Vegeta sein Hin- und Hergehen wieder auf.

„Und die Sache im Feuerzeug?! Verdammt war ich wütend auf dich! Und DU…! Du hast mal wieder nur die Hälfte verstanden! Du kapierst es einfach nicht! Siehst immer nur die Hälfte, weil…weil du einfach keine Ahnung hast! Keine Ahnung von…von der dunklen Seite, die in einem schlummern kann. Du hast es nicht einmal bei Freezer erkannt…bei Freezer!!! Wie blind muss man sein, um nicht zu erkennen, dass der Kerl durch und durch ein absolut beschissenes Arschloch ist? Wie naiv…wie blöd...“ Vegeta fuhr sich durch die Haare, unterbrach seinen Wortschwall und hielt vor Kakarott an. Sein Blick blieb an den Augen seines Gegenübers hängen. Etwas gefasster fuhr er dann fort: „Du bist so beschissen freundlich und auf…Harmonie fixiert, dass du einfach nicht schnallst, wenn jemand vor dir steht, der durch und durch schlecht ist. Der böse Dinge einfach tut, weil er sie gerne tut. Ohne Zwang, ohne Grund. Es gibt Lebewesen, die brauchen dafür keinen Grund, die brauchen keine schlimme Vergangenheit, keinen Anreiz. Sie wollen einfach nur alles brennen sehen und die Dinge tun, weil es ihnen Spaß macht. Kapiert?“ Die großen, schwarzen Augen Kakarotts starrten Vegeta ausdruckslos an. Der Prinz atmete tief durch und wandte sich ab.
 

„Im Feuerzeug…du hast mich doch gefragt warum…warum ich das getan habe. Willst du wissen, wieso ich dir darauf nicht geantwortet hab?“ Er wartete einen kurzen Moment der Stille ab, bevor er offenbarte: „Weil ich in deinen Augen die Antwort bereits gesehen habe. Du hattest dir deine Meinung bereits gebildet, nicht wahr? Ich war schuldig. In deinen Augen war ich schuldig. Schuldig am Mord der Königin, am Mord dieser Leute, ganz einfach, weil ich es war, der die Prinzessin entführt hat.“ Ein kurzes, frustriertes Lachen entkam Vegetas Kehle. „Ich war ja auch am Mord der Leute beim großen Turnier schuld. Soll ich dir was sagen, Kakarott? DAS ist nämlich das, über das DU nicht hinwegkommst! Deiner beschissenen, schönen Worte du würdest an mich glauben, zum Trotz. Das kannst du mir nicht verzeihen und deswegen bin ich immer schuldig, sobald etwas passiert, das nicht in deine kleine heile Welt passt!“ Abermals begann der Auf- und Abwärtsgang des Prinzen.
 

„Und genauso hast du mich im Feuerzeug verurteilt, ohne hinter die Dinge zu blicken, ohne tiefer zu schauen, ohne die Finsternis zu finden, die hinter diesen ganzen verdorbenen Gesichtern und der schönen heilen Weltfassade gesteckt hat. Wusstest du, dass die Prinzessin ihr Leben lang von ihrem Vater eingesperrt worden ist? Oh ja klar, ich weiß genau was du sagen willst, zu ihrem Schutz. Klar, zum Schutz. Am Arsch, Kakarott! Der alte Sack hat sich fast jede Nacht an ihr vergangen! Hat sie vergewaltigt und ihr auch noch eingeredet, dass es normal wäre so behandelt zu werden, dass sie das alles können müsse, um eines Tages dann gewinnbringend an irgendeinen Prinzen verkauft zu werden! Und ihre Mutter? Ihre eigene Mutter hat es gewusst und zugelassen! Ja, da schaust du dumm aus der Wäsche, was? Das hättest du dem feinen Königspaar nicht zugetraut, nicht wahr?! Und genau deswegen habe ich es getan, Kakarott. Genau deswegen! Weil du so etwas nicht erkennst! Weil du es nicht siehst! Weil du es gar nicht sehen kannst, weil du diese Abgründe nie erlebt hast! Nie…NIE erleben musstest! Ich jedoch schon! Ich weiß genau wie es ist, wenn solche Abgründe dein Leben beherrschen! Und wie verflucht schwer es ist, aus ihnen wieder heraus zu kommen und...“ Vegeta unterbrach sich räuspernd, atmete tief durch, sammelte sich.
 

„Was ich damit sagen will…ich habe die Leute umgebracht, weil sie schlecht waren. Weil sie böse waren und weil die Prinzessin mich angefleht hat sie vor ihrem Vater zu retten. Dass du dich…in den Weg geworfen hast, war…typisch für dich, aber…umbringen…wollte ich dich…eigentlich nicht.“ Der Prinz starrte auf den Boden vor seinen Füßen. Jetzt war es also raus, alles. Er hatte sich alles von der Seele geredet, was zwischen ihnen stand. Zumindest seiner Meinung nach. Er hob seinen Kopf, blickte Kakarott mit ernstem Blick direkt in dessen schwarz funkelnde, große Augen. „Wehe ich bereue es, dass ich das getan hab. Dann…mach ich dich einen Kopf kürzer.“

Er wartete eine Reaktion ab, die jedoch nicht kam und nickte dann seinem Gegenüber zu.

„Schön. Jetzt, wo das…geklärt wäre…können wir ja endlich weiter machen.“

Ein seltsam warmes Gefühl machte sich in dem Saiyajinprinzen breit, doch es war ihm herzlich egal, warum und wieso er sich auf einmal so … leicht fühlte und darüber nachdenken wollte er auf keinen Fall. Nicht, dass dieser … dämliche Mist des sich-jemanden-Erklärens noch zur Gewohnheit wurde. Also ballte er seine Fäuste, richtete sich auf, drückte seine Brust vor und begann zu grinsen.

„Also dann, Kakarott. Sorgen wir dafür, dass diese fünftausend Briefe endlich geschrieben werden! Wäre doch gelacht, wenn wir das nicht hinbekommen würden!“ Mit beschwingten Schritten und den Schmerz in seinem Hintern kaum noch spürend, verließ Vegeta den Stall. Kakarott derweil sah ihm auf einem Strohhalm kauend, mit stoischem Blick hinterher und … schnaubte.
 

Ja, gelacht hatte Vegeta tatsächlich nach einigen Wochen. Gelacht und gegen die Fünftausendermarkierung geschlagen, die er an die Wand gemalt hatte, um dort, beginnend bei Null, die verschickten Briefe abstreichen zu können. Doch es war kein siegreiches Lachen, kein jubelndes auf die Fünftausendermarkierung Klatschen. Nein. Zähneknirschend, seine Finger zur Faust zusammenballend und seine Brauen vor lauter Zorn zusammenziehend, sank er an der Wand entlang zu Boden. Seine Augen ruhten auf der Null ganz unten, wanderten langsam ein Stück nach oben. Nirgends war eine der Zahlen durchgestrichen. Nirgends war etwas abgehakt. Sein Blick blieb an der Fünftausend ganz oben hängen. Wieder ertönte sein Lachen, woraufhin eines der Hühner zu gackern begann, als wollte es ihm sagen, dass er versagt hatte. Als wollte es ihn auslachen, dass kein einziger Brief geschrieben worden war. Vegeta hob nur seinen Arm, spreizte seine Finger und zielte auf die Henne in dem ansonsten leeren Briefablagekasten. In Gedanken schoss er einen Ki-Ball ab und röstete das Huhn. Danach ließ er sich nur nach hinten fallen, seine Arme nach beiden Seiten ausgestreckt und starrte auf die Wand.

Soviel also dazu, dass es etwas gebracht hatte, sich mit Kakarott auszusprechen. Dass er ihn jede Nacht zu sich geholt und friedlich an seiner Seite geschlafen hatte. Und so viel zu seinem glorreichen Vorhaben diese Irren hier dazu zu bringen, sich Briefe zu schreiben. Das Einzige, das man ihm je zum Verschicken in die Hand gedrückt hatte, war eine stickende, halb verrottete Ratte gewesen, die er in den Briefkasten eines Ellbogners stecken sollte … natürlich ohne Porto.
 

„Na?“, ertönte eine mittlerweile doch recht vertraute Stimme durch eines der immer noch kaputten Fenster. „Dann lass mal die tausend Briefe rüberwachsen, damit ich sie mit aufs Festlandland nehmen kann.“

„Schnauze“, zischte Vegeta dem Kapitän der Fähre entgegen, ohne sich vom Fleck zu bewegen.

„Wieder nix?“

„Siehst du doch.“

„Du lässt dich aber ganz schön hängen, mein lieber Herr Postbote.“

Vegeta knurrte lautstark. Dass der Kapitän einmal die Woche vorbeikam, um die Post abzuholen, führte ihm jedes Mal von Neuem vor Augen, wie sehr er tatsächlich … versagt hatte. Er! Versagt! Fluchend kämpfte er sich zurück auf die Beine, während er den Kapitän noch einmal anmurrte, dass er endlich still sein sollte. Er war wirklich kurz davor auszurasten. Schon wieder steckte er wochenlang in einem Märchen fest. Und wieder einmal war von Kakarott nicht der geringste Beitrag zur Lösung der Geschichte gekommen …
 

Gedankenverloren und den Fährmann, der über Vegetas Art einfach nur vor sich hin schmunzelte und sich dabei ein schadenfrohes Lachen verkniff, völlig ausblendend, lehnte sich der Prinz der Saiyajins an seinen verkommenen Schreibtisch und betrachtete die Karte von Zwietrachtingen, die neben der Markierung an der Wand hing. Tagelang hatte er sie studiert. Hatte begonnen systematisch die Stadt abzugehen, die Briefkästen abzuklappern und sogar versucht mit einigen der Stadtbewohner zu reden, die ihm nicht völlig verblödet vorkamen. Zu seinem Leidwesen waren sie es doch. Obwohl eigentlich waren sie eher abweisend, zornig und wütend. Fast hätte er sich selbst in ihnen wiedererkannt. Aber nur fast. Ganz so ... gestört war er nun auch wieder nicht. Mit ihm konnte man zumindest reden. Sofern sein Gegenüber kein völliger Hohlkopf war, hörte er wenigstens zu. Manchmal jedenfalls.

Die einzige Person mit der Vegeta in den letzten Wochen so etwas wie ein vernünftiges Gespräch hatte führen können, war eine relativ junge, sogar recht ansehnliche Frau gewesen, die einen Fischladen in einer Schule eingerichtet hatte. Ja ... richtig gehört. Da war ein Fischladen, wo eigentlich die Kinder der Stadt hätten unterrichtet werden sollen.

Als Vegeta sie darauf angesprochen hatte, hatte sie ihm recht unfreundlich erzählt, dass sie einst hierhergekommen war, um Kinder zu unterrichten. Sie hatte all ihr Erspartes dafür verwendet, diese kleine Schule einzurichten, die eigentlich nur aus einem großen Klassenzimmer bestand - in dem jetzt Fische an Leinen hingen. Sie war kläglich an den Grobners und Ellbogners gescheitert, die nicht im Traum daran dachten ihr eigen Fleisch und Blut zusammen mit Kindern des anderen Clans in ein und demselben Zimmer unterrichten zu lassen. Nein, nein. Sowas konnte keinesfalls sein. Da unterrichteten sie ihre Nachkommen lieber Zuhause oder ... eher gar nicht.

Jedenfalls hatte die Lehrerin, oder eher die nunmehrige Fischverkäuferin, Vegeta dringend dazu angeraten schnellstmöglich das Weite zu suchen, da er ansonsten so wie sie enden würde. Sie selbst sparte und sparte, um irgendwann endlich wieder aus Zwietrachtingen verschwinden zu können …
 

Jetzt, während Vegeta die Karte von diesem gottverlassenen Ort anstarrte, auf der er überall rote Kreuze gemalt hatte, überkam ihn das Gefühl, er hätte wohl auf Alva, die Fischverkäuferin oder Lehrerin, wie auch immer, hören sollen. Da gab es nämlich kein Fleckchen mehr, wo er es nicht versucht hatte. Nirgends. Alle waren wahnsinnig. Verrückt. Das war … das …

Seine Gedanken brachen ab, denn plötzlich hatte etwas seine Aufmerksamkeit erregt. Er ließ seine Hand über die Karte gleiten, denn ihm war aufgefallen, dass das obere rechte Eck umgeknickt war und den nördlichsten Teil der Insel verdeckte.

Vegeta kniff seine Augen zusammen, denn sein Herz hatte einen plötzlichen Sprung gemacht, fast als wollte es ihm sagen, dass es das war. Dass er endlich auf dem richtigen Weg war. Er strich die Karte glatt und betrachtete das obere Stückchen Land. Und da war tatsächlich … ein Häuschen eingezeichnet.

„Wer…wer wohnt dort oben?“, hörte er sich selbst fragen, während er seinen Kopf nachdenklich zur Seite neigte.

„Dort?“, erklang die Stimme des Fährmanns auf einmal direkt neben Vegeta, sodass er voller Schreck einen Schritt zur Seite sprang.

„Verflucht, wer hat dir erlaubt rein zu kommen?!“, fauchte der Prinz genervt. Er hasste es, erschreckt zu werden und die Figur, die er hier verkörperte, schien zudem nicht unbedingt die stärksten Nerven zu haben.

„Reg dich doch nicht immer gleich so auf, Herr Postbote. Das schadet deinem Teint.“, lachte der Kapitän, bevor er sich das Fleckchen auf der Karte ansah, nach welchem Vegeta gefragt hatte.

„Mmh…“

„Was ist?!“, dränge der Prinz nach einer Antwort.

„Tja…schätze mal, das ist der perfekte Ort für dich. Da wohnt ein gaaanz reizender Holzfäller. Überaus charmant, friedfertig. Bei dem wirst du mit Sicherheit Glück haben. Solltest unbedingt bei ihm vorbeischauen.“

Die Art wie der Kerl redete, kannte Vegeta mittlerweile. Wenn seine Stimme höher wurde und er dabei dieses dämliche Grinsen im Gesicht hatte, dann konnte man davon ausgehen, dass er das komplette Gegenteil von dem meinte, was er sagte. Mit anderen Worten bedeutete das, dass dort oben im Norden ein Irrer wohnte, von dem man sich bloß fernhalten sollte. Tja. Scheiße. Mit einem Mal war diese kleine Hoffnungsblase, die für kurze Zeit in Vegeta aufgekeimt war, wieder zerplatzt. Seine Augen huschten zurück zu dem kleinen eingezeichneten Kartenhäuschen und da war es wieder. Der kurze, kräftige Herzschlag.

In diesem Moment hörte er das laute Wiehern Kakarotts vor dem Postamt. Seine Augen wurden immer schmaler. Verfolgten den Weg auf der Karte, von dem so abseits liegenden Haus, zu dem Gebäude, in dem er sich gerade befand. Wieder hörte er Kakarott wiehern und sein Herz machte erneut einen anormalen Schlag …
 

Egal, was der Fährmann auch gesagt hatte, Hoffnung begann in Vegeta aufzukeimen. Ein allerletzter Hoffnungsschimmer, dass in dem Häuschen im Norden etwas oder … jemand ganz bestimmtes … auf ihn wartete.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (1)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Ragnar89
2022-02-24T13:30:46+00:00 24.02.2022 14:30
Hay

Lange her, dass ich was von mor hören ließ.

Dieses Kapitel hat mich definitiv aufgeheitert.

Zu Beginn, Vegetas kurze Gedanken an seine Vergangenheit und sein gezogenen Vergleich in Zeug auf Luxus zwischen seiner Vergangenheit und Gegenwart.
Tj... wenn er schon sagt, dass er in seinem bisherigen Leben noch nicht in so einer bruchbude hat hausen müssen, dann heißt es schon was, denke ich.
Dank euer guten und detaillierte Beschreibung konnte ich mir eben diese bruchbude richtig gut vorstellen.
Und dann diese Hühner! Mega! Ich kam aus dem grinsen gar nicht mehr hinaus.
Und dann der folgende morgen
Das war ja mal ein Chaos nach dem aufwachen. Ich feier die Stelle noch immer mega richtig gut und witzig.

Ich muss sagen.... an dem nachfolgenden erkennt man gut, daß vegeta die bessere Wahl für den Postboten ist. Nicht auszudenken, was Goku da für einen Mist verzapfen würde. Gut, goku ist nicht weniger hartnäckig als Vegeta.... doch dieser kann auch außerhalb eines Kampfes sehr strategisch und vor allem um die Ecke denken.

Vlg


Zurück