Zum Inhalt der Seite

Amigo del alma

Boston Boys 5
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Llama desde Noemí

Murrend griff ich nach meinem Handy und ging ran, ohne auf die Anzeige zu achten. »Eloy Meléndez.«

»Hallo Brüderchen«, begrüßte mich Noemís fröhliche und aufgeweckte Stimme.

Ich brummte leise und warf einen Blick auf den Wecker. In einer halben Stunde musste ich aufstehen. Dann konnte ich das auch gleich erledigen und Mat noch schlafen lassen. Er war zwar seit ein paar Tagen wieder zu Hause, aber die Chemo hatte ihn sehr geschlaucht, sodass er sogar nach meiner Nachtschicht mit ins Bett kam. »Einen Moment.«

»Bleib hier«, murrte Mat neben mir, legte den Arm um meinen Bauch und klammerte sich an mich.

Die Krankheit veränderte ihn. Er wurde nicht nur sanfter, das war er schon vorher geworden, sondern auch anhänglicher. Es störte mich nicht weiter, ich verstand, dass er sowohl mich als auch seinen Bruder brauchte, immerhin machten uns die Ärzte wenig Hoffnung. Mats Zustand war schlimmer als zunächst angenommen.

Daher blieb ich ihm zuliebe auch liegen und ließ zu, dass er sich von hinten an mich kuschelte, nachdem ich ihm kurz versichert hatte, dass ich bei ihm blieb.

»Ist das dein Freund?«, fragte Noemí neugierig nach.

Ich brummte bestätigend. Leugnen hätte ja nichts gebracht.

»Hab ich euch gestört?«

»Nein«, versicherte ich schnell, bevor sie auf falsche Gedanken kam. »Ich hatte Nachtschicht und wir haben noch geschlafen.«

»Dann tut es mir leid, dass ich euch geweckt habe

»Schon gut, wir müssen eh bald aufstehen. Was wolltest du denn?«

»Ich wollte wissen, wie es dir geht. Seitdem du wieder nach Boston geflogen bist, hat ja niemand mehr was von dir gehört.«

»Tut mir leid«, entschuldigte ich mich aufrichtig. »Hier geht es ziemlich drunter und drüber. Ich hab einfach nicht mehr daran gedacht.«

»Schon gut, das dachte ich mir schon. Wie geht es deinem Freund denn?«

»Ich weiß nicht, ob ich dir das so sagen darf ...«

»Dann frag ihn! Er liegt doch direkt neben dir«, forderte sie mich auf. »Oder noch besser: Mach Skype an! Ich bin neugierig, wie er aussieht.«

»Noemí, wirklich ... Ich weiß nicht, ob das so eine gute Idee ist.«

»Was ist denn los?«, fragte Mat, der wohl den besorgten Tonfall und den Namen meiner Schwester bemerkt hatte.

Ich seufzte und drehte mich so weit, dass ich ihn über die Schulter hinweg sehen konnte. »Noemí möchte gerne mal sehen, wie du aussiehst, und will wissen, wie es dir geht. Wäre es in Ordnung, wenn ich die Kamera anmache?«

»Wenn ihr in einer Sprache sprecht, die ich auch verstehe, dann ja.« Er lächelte, als er mich damit neckte.

»Dann einen Moment, ich ruf gleich über Skype zurück«, wandte ich mich an Noemí und legte auf. Danach drehte ich mich auf den Rücken, damit Mat sich nicht hinter mir verstecken konnte. »Bist du dir sicher?«

Er kuschelte sich an meine Brust und funkelte mich aus frechen Augen an. »Ja. Wenn wir heiraten, sollte ich doch auch deine Familie kennenlernen, oder nicht?«

Ich seufzte. Er hatte recht. Bisher hatte ich seinen Antrag weder angenommen noch abgelehnt. Ich wollte ihn gerne heiraten, nicht zuletzt, weil es auch während der Chemo teilweise wieder schwer gewesen war, zu ihm gelassen zu werden. Ihn zu heiraten bedeutete für mich aber auch, meiner Familie zu erzählen, dass ich schwul war.

Ich legte den Arm um ihn und zog ihn etwas fester an mich. »Tut mir leid. Natürlich will ich dich heiraten.«

Er lächelte leicht, ließ sich kurz küssen, dann deutete er auf mein Handy. »Wir sollten wohl zurückrufen.«

Ich nickte und loggte mich ein. Sobald mir angezeigt wurde, dass es bei Noemí klingelte, nahm sie auch schon ab. Leicht verlegen deutete ich auf Mat, nachdem sich das Bild aufgebaut hatte. »Ehm, ja, das ist mein Freund Mat.«

»Hallo«, grüßte er.

Meine Schwester grüßte zurück und betrachtete uns dann eine Weile schweigend durch die Kamera, bis sie schmunzelte. »Ihr hättet euch ja wenigstens was anziehen können.«

»Wir haben etwas an«, erwiderte Mat ohne Umschweife. »Sollen wir es beweisen?«

»Äh, nein danke!«, lehnte sie schnell ab. Zum Glück, denn in Mats Fall war das eine dreiste Lüge. »Eloy hat gesagt, du warst im Krankenhaus und dass bei euch viel Stress ist. Wie geht es dir denn?«

»Nicht so gut. Es wurde Lungenkrebs im dritten Stadium diagnostiziert. Ich hab gerade die erste Chemo hinter mir.«

Mich überraschte, dass Mat so offen darüber sprach, aber offensichtlich versuchte er wirklich, Vertrauen zu meiner Familie aufzubauen.

Wie schon bei ihrem letzten Gespräch ließ ich sie einfach miteinander reden und hörte einfach nur zu. Zu Mats Gesundheitszustand wusste ich immerhin alles, was es zu wissen gab.

Daher erschrak ich auch etwas, als Noemí plötzlich meinte: »Wenn du nach den ganzen Behandlungen mal einen kleinen Urlaub brauchst, dann komm doch gemeinsam mit Eloy an Thanksgiving zu uns.«

»Danke für die Einladung, ich muss erst sehen, ob das geht. Ich bin schon eingeladen und nicht sicher, ob das mit der Behandlung so funktioniert«, erwiderte er sofort. In dem Blick, den er mir zuwarf, konnte ich leichte Panik erkennen. Das ging ihm dann wohl doch zu schnell.

Daher legte ich sanft die Hand auf seinen Rücken. »Wir werden sehen, ob sich das einrichten lässt. Ich komme aber auf jeden Fall.«

»Klar, überlegt es euch. Ihr könnt ja auch spontan entscheiden. Eine Person mehr bekommen wir ohne Probleme satt.« Beruhigend lächelte meine Schwester. Uns war wohl anzumerken, dass wir uns dabei nicht allzu wohl fühlten. »Wenn es euch beruhigt: Lázaro hat angekündigt, auch jemanden mitzubringen.«

»Was?! Lázaro hat eine Freundin?«, brach es aus mir heraus.

Sie grinste. »Ja. Und es ist wohl gar nicht mal so frisch. Sie sind wohl schon ein paar Jahre zusammen. Keine Ahnung, warum er sie so lange vor uns versteckt hat.«

Das machte mich erst recht neugierig. Warum war mein kleiner Bruder der Meinung, seine Freundin vor uns geheimhalten zu müssen und nicht einmal mir oder Noemí etwas von ihr zu erzählen?

Ich wollte sie gerade ausfragen, was sie wusste, als ich plötzlich Jonathans Stimme hörte und er im nächsten Moment auch im Hintergrund auftauchte. »Was schaust du denn da? Ist das eine neue Se... Eloy?«

Einen Moment war ich wie gelähmt, dann beendete ich eilig das Gespräch. ¡Mierda! Er hatte mich und Mat gesehen! Wenn er mich erkannt hatte, dann musste er auch deutlich erkannt haben, dass ich einen anderen Mann in meinem Arm hielt und ihm über den Rücken streichelte!

»Wer war das?«

»Mein Schwager«, antwortete ich und wollte mich ganz automatisch von ihm losmachen.

Mat hielt mich leicht fest und entwandt mir vorsichtig das Handy aus den Fingern. »Oh Gott, du zitterst ja total. Beruhig dich. Es ist doch nichts passiert.«

»Er hat uns gesehen!«

»Schon, aber das ist doch kein Grund auszuflippen. Ich bin sicher, deine Schwester wird in Ruhe mit ihm reden. Und wenn die beiden verheiratet sind, kann ich mir nicht vorstellen, dass er etwas gegen uns hat, oder nicht?«, redete er ruhig auf mich ein.

Ich seufzte und nickte, auch wenn ich noch nicht ganz überzeugt war. Mir den Kopf zerbrechen brachte aber auch nichts.

»Komm, lass uns duschen gehen.«

Ich ließ mich von ihm aus dem Bett ziehen und folgte in die Dusche. Hoffentlich konnte Noemí es Jonathan erklären.

 

Als wir wieder aus der Dusche kamen, hatte ich eine SMS von Jonathan auf dem Handy. ›Hallo Eloy. Tut mir leid, dass ich euch gestört habe. Warum telefonieren wir nicht später noch einmal? Ich würde mich gerne persönlich entschuldigen.‹

Ich seufzte und schrieb ihn zurück, dass ich mich darüber freuen würde. Was sollte es, es hatte ja eh keinen Zweck, das zu verheimlichen. Er hatte mich klar und deutlich nackt mit einem Mann kuscheln sehen. Was sollte ich ihm anderes erzählen als die Wahrheit?

Mat bot an, sich ebenfalls dazuzugesellen, doch ich lehnte ab. Erstmal wollte ich mit Jonathan allein reden und ausloten, wie er dazu stand. Mat war hier im Norden aufgewachsen, er würde nicht verstehen, dass die Dinge im Süden manchmal etwas anders liefen.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Anruf von Noemí Komplett anzeigen

Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (1)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  chaos-kao
2021-03-23T23:50:26+00:00 24.03.2021 00:50
*sigh* Du hast mal so gar kein Erbarmen mit Mat und seinen Fans inkl. Eloy, hm? ;___; Irgendwie klingt das so langsam nach einer Hochzeit auf dem Sterbebett... Ich bin ja mal gespannt was Jonathan dazu sagen wird und ob Eloy sich wirklich vor seiner Familie outen wird... Das wäre schließlich ein enormer Schritt mit ungewissem Ausgang...
Antwort von:  Vampyrsoul
30.03.2021 13:22
Doch, hab ich. Du willst gar nicht wissen, wie ich beim Schreiben und Korrekturlesen der Kapitel aussah T_T


Zurück