Zum Inhalt der Seite

Lost & Found

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Part Four

Verloren starrte Riley zum sternenklaren Himmel empor.

Zum ersten Mal war die Nacht eisig, die Temperatur fiel konstant, ein rauer Wind mischte mit; der Winter war nah. Da half selbst die Decke wenig, die eng um ihren Körper geschlungen war – er bebte unaufhörlich.

Zeit sich ins Innere zu begeben, aber fand Riley keine Kraft um sich aufzuraffen, noch nicht, das an den Gedanken lag, die sie klammernd an Ort und Stelle behielten.
 

Das Gespräch, das rasch aus dem Ruder gelaufen war, lag zwei Nächte zurück. Am Tage war Ellie ihr gekonnt aus dem Weg gegangen, hatte sie einfach ignoriert – es schmerzte.

Weniger das Verhalten, eher das Drumherum.

Sechs gemeinsame Jahren waren ihnen genommen worden. Vielleicht, ja, hatte sie den Grundpfeiler gelegt, aber Marlene hatte ein weitaus arglistigeres Spiel daraus gemacht; und verstand allmählich, oder sie glaubte eher, die Intention zu verstehen.

Mit Ellie hatte sie eine verdammt enge Beziehung gehegt. Für sie waren die Gefühle weit über Freundschaft hinausgegangen, wenngleich sie nie den Mut gefasst und Ellie konfrontiert hatte. Daher war sie damals wortlos verschwunden. Ellie, ob sie es wusste oder nicht, hatte immer einen großen Einfluss gehabt, für sie wäre Riley geblieben, hätte den Beitritt neuerlich aufgeschoben.

Daher erschien das plötzliche Verschwinden als beste und einfachste Variante, um dem Traum einen Schritt näher zu kommen – sie hatte Ellie bewusst vor vollendete Tatsachen gestellt, nichts ahnend von den selbst heraufbeschworenen Konsequenzen.
 

War Marlene je das enge Band aufgefallen? Hatte sie dementsprechend gehandelt, um etwaige Komplikationen zu vermeiden? In ihrer Welt brachten Gefühle enormen Risiken mit sich. Sie verleiteten zu gefährlichen Entscheidungen, hielten auf. Das hatte Riley am eigenen Leib erfahren.

Dann wiederum halfen Gefühle sehr wohl: Gefühle trieben an.

Einundsiebzig Tage – die längsten ihres bis dahin geführten Lebens. Riley hatte sich durchgekämpft, hatte die gesehen, was dort draußen lauerte. Dabei waren manchmal nicht die Infizierten das größte Übel gewesen, auch die Menschen führten sich wie Monster auf.

Was es auch war, das nach ihrem Leben getrachtet hatte, Riley hatte durchgehalten und stets daran gedacht, zu Ellie zurückzukehren. Die Freude auf ein Wiedersehen hatte ihr die notwendige Kraft gegeben.

Aber, und diese Lektion hatte ihr das Leben schmerzhaft beigebracht, war es in dieser Welt unmöglich einem Plan zu folgen.


 

»Was ist geschehen?«, fragte Riley hektisch nach, als sie Marlene verletzt sah.

Gerade hatte sie ihre erste offizielle Mission als Firefly abgeschlossen und ihre Truppe war mit ihr zufrieden gewesen. Einen besseren Start hatte sie sich kaum vorstellen können.

Dann, binnen weniger Sekunden, verpuffte das Hochgefühl und die Realität holte sie ein.
 

»Manchmal geht etwas schief, Riley, das wirst du noch lernen. Das Militär wird stärker, daher verlassen wir Boston und werden uns anderweitig neu formieren. Morgen Abend brechen wir auf.« Das Mädchen schnappte angestrengt nach Luft. Boston endgültig verlassen? Nein, unmöglich. Ellie war noch in der Stadt! Was wurde aus ihr, wenn niemand wachte?
 

»Und Ellie?« Mission hin oder her; es war kein Tag vergangen, an dem Riley nicht an ihre Freundin gedacht hatte. Sie zu sehen hatte sie angetrieben. »Ich muss zur Schule!« Entweder verabschiedete sie sich auf angemessene Weise oder, was eher Rileys Vorhaben war, würde sie Ellie direkt mitnehmen. »Du … wir können sie nicht alleine lassen! Marle-«
 

»Das hast du bereits getan«, unterbrach Marlene ausdruckslos. »Du hast sie allein gelassen.«
 

»Für einen deiner Aufträge, aber nicht für immer!« Nur so hatte sie den Beitritt über die Bühne bringen können. Still und heimlich abtauchen. Eine andere Möglichkeit hatte einfach nicht existiert. Ein Wort von Ellie und sie hätte das Vorhaben erneut aufgeschoben, so wie sie es die letzten Monate über getan hatte.

Als Marlene jedoch langsam näher trat und ihre Züge plötzlich einen mitleidenden Ausdruck annahmen, wich Riley automatisch zurück. So hatte sie die Anführerin der Fireflies nie zuvor gesehen und dieser Blick reichte aus, um ein unsagbar schmerzhaftes Ziehen im Magen auszulösen; der Herzschlag schoss in die Höhe und sie bemerkte ein anwachsendes Zittern. »Was ist geschehen?«, wisperte Riley stockend.
 

»Ellie wurde infiziert. Wir haben …«

Infiziert.

Schonungslos.

Ausreichend.

Plötzlich nahm Riley ein Rauschen ein; obwohl Marlene sichtlich weitersprach, drang kein weiterer Laut durch. Ellie und infiziert … das reichte.

War sie vor wenigen Minuten noch mit stolzer Brust zurückgekehrt, so spürte sie nun einen immensen Druck auf dieser, die ihr das Atmen erschwerte. Das Zittern ging ein Beben über, bis die Erkenntnis sie vollkommen, eines Tiefschlages gleich, traf und ihre Beine an Halt verloren.

Ihre Ellie war fort, für immer und sie hatte sie alleine gelassen; war alles woran Riley denken konnte.
 

Danach war alles rasch gegangen.

Alles verstaut. Boston wurde verlassen.

Wenige Tage später hatte sie Marlene das letzte Mal lebendig gesehen, für ihren Trupp war eine andere Stadt vorgesehen gewesen. Erst Monate danach, als die Verbindung zu Salt Lake City abgebrochen war, hatten sie sich dorthin auf den Weg gemacht und was Riley dort unter die Augen gekommen war … noch heute roch sie den Gestank der vermoderten Leichen.

Damals hatte sie einen Entschluss gefasst, ein geheimes Versprechen abgelegt: Irgendwann fand sie Marlenes Mörder, den sie anschließend eigenhändig zur Strecke brachte; es sollte der letzte Akt als Firefly werden.

Doch nun, wo sie ihrem Ziel so nah wie nie war, durchlebte Riley sehr wohl einen verräterischen Sinneswandel.

Sie kannte nun die Hintergründe.

Jemand hatte sich Ellie angenommen und ihr Leben als oberste Priorität auserkoren.

Ihnen diese eine Chance ermöglicht.

»Sei ehrlich, Riley … hättest du gewollt, dass ich dafür mein Leben gebe?« Entgeistert zuckte diese zusammen.

Was sollte die Frage? Natürlich nicht!

Zeitgleich geriet ihre Atmung ins Stocken, ein kalter Schauer kroch den Rücken empor.

Ist das wahr? Ein leiser, kaum vernehmbarer Gedanke. Was ist ein Leben? Ihres hätte tausende gerettet.

Riley starrte an Ellie vorbei, kämpfte gegen das Gedachte, diese irrsinnige Stimme, die einerseits im Recht war, aber andererseits ...
 

»Marlene hat einen Fehler gemacht«, säuselte Ellie plötzlich. »Du hättest mich zur Besinnung gebracht und mich umkehren lassen – weißt du, in dem Moment, in dem ich im Fahrzeug erwacht bin, habe ich die Wahrheit gespürt. Er hat entschieden und mich leben lassen. Das Geschehene habe ich über Monate verarbeiten müssen. Ich bin geblieben und mittlerweile bereue ich diese Entscheidung keineswegs.« Schließlich stand Ellie auf und zog dabei ihre Jacke über, was Riley bloß stumm zur Kenntnis nahm. »Sein Handeln hat mir eine Familie gegeben, ein Zuhause, Freunde. Ich bin nicht länger allein. Egoistisch, ja, aber nicht verwerflich.«
 

»Ellie, denkst du … du warst mir das Wichtigste-«
 

»Du hast mich bewusst zurückgelassen. Mit mir allein.« Damit war das Gespräch beendet und Riley wollte ihr nachgehen. Ihr sagen, dass das so nicht stimmte. Stattdessen blieb sie sitzen und sah ihr nach, bis das Licht der Lampe erlosch.
 

Eine falsche Entscheidung. Nach all der verlorenen Zeit vergeudeten sie erneut welche und wofür?

Weil Riley haderte.

Der Firefly in ihr war eben nicht vollkommen verschwunden.

Seit Ausbruch der Infektion hatte die Organisation nach einem Heilmittel gesucht. Nach einem Weg, der sie aus der Hölle befreite und den Übriggebliebenen Hoffnung schenkte.

Riley entsprang jener Generation, die die alte Welt nicht kannte und sich dennoch danach sehnte. Ein Leben wie in den Erzählungen oder den Büchern oder den Filmen. Für sie entsprang all das einer Fantasiewelt; einem Märchen, das einzig und allein zur Ablenkung diente, wodurch die Realität für Minuten einfach verblasste.

Und daran nährte sich der eine, niederträchtige Gedanke. Ellies Immunität hätte einen Beitrag leisten können. Sterben für ein höheres Ziel während Millionen … Riley hatte durch den Virus genügend Kameraden verloren. Sie selbst hatte unzählige Infizierte getötet, auch nach Salt Lake City. Vielleicht hätte manch ein Runner gerettet werden können.

Dank Ellie.
 

Riley schluckte erschrocken und griff sich an die Wange – stumme Tränen.

Was hätte sie getan, hätte sie die Wahrheit erfahren?

Wenn sie Ellie infiziert aufgefunden hätte?

Oder was, wenn Ellie dafür gestorben wäre und Marlene ihr irgendwann davon erzählt hätte? Oder irgendein Firefly, der zufällig Bescheid wusste?

Noch heute hallten Marlenes Worte nach.

»Ellie wurde infiziert.«

Nie hatte sie daran gezweifelt, dafür war das Vertrauen in Marlene zu hoch gewesen.

Damals war Etwas in Riley zerbrochen und damit umzugehen lernen, hatte eine gefühlte Ewigkeit gebraucht.

Und plötzlich war Ellie wieder da und alles änderte sich. Gedanken hin oder her, der Rachedurst ließ dennoch stetig nach. War sie vor dem Wiedersehen noch Feuer und Flamme gewesen …

Steif hievte sie sich auf die Beine.

Konnte Riley überhaupt sagen, was sie damals getan hätte? Brauchte es überhaupt noch einen weiteren Gedanken?

Ellie lebte.

Sie war am Leben und schon lange kein richtiger Firefly mehr.

Sie waren hier, am selben Ort zur selben Zeit!

Das Heilmittel.

Marlene.

Ihr Mörder.

Zum Teufel damit!
 

‹●›
 

»Siehst beschissen aus«, neckte Sam ausgeruht. Während der Tage hatte er Riley halbwegs gleich behandelt. Hatte Humor gezeigt, normal geredet, als ob nichts seine Laune trübte. Entweder hatte Ellie ihm nicht von der nächtlichen Unterhaltung erzählt, und er fand, sie brauchte lediglich Zeit oder er blieb absichtlich neutral, um die Stimmung nicht gänzlich zu kippen.
 

»Ist Ellie unterwegs? Das Zimmer ist leer.« Riley hatte nur wenig Schlaf gefunden, was ihr mittlerweile zu schaffen machte. Noch hatte sie Schmerzen, aber solange das Thema ungeklärt war, blieb sie rastlos. Unmöglich konnte sie sich in der Verfassung ausruhen.

Sam indes reichte schweigend eine Tasse Tee. Dabei hielt sie seinem durchdringenden Blick stand. Also doch, irgendetwas lag im Busch.

Vermutlich machte er sich gerade ein Bild, ob er antworten sollte oder ob er ihr vielleicht sogar den Kopf wusch. Denn bisher hatte sich Sam sehr bedeckt und im Hintergrund gehalten. Er wartete ab, gab ihnen beiden den nötigen Raum und würde erst einschreiten, sollte es die Situation erfordern.

Er war ein guter Freund.
 

»Hast du dich entschieden?« Seine Stimme war anders, gefährlicher. »Das Miststück rächen, Ellie mitnehmen und an einem Heilmittel arbeiten?«
 

»Sam-«
 

»Ich scheiße auf ein Heilmittel«, unterbrach er barsch. »Alle suchen danach. Hast du je von einem Erfolg gehört? In all den Jahren? Wir leben in einer Weilt, in der uns Egoismus am Leben hält! Mehr denn je. Warum einen geliebten Menschen opfern um das Leben jener zu retten, die nicht besser sind? Die genauso schießen ohne nachzufragen? An seiner Stelle hätte ich dasselbe getan.«

Er war wütend. Dass ihn das Thema schaffte, hatte Riley bereits bei ihrem Kennenlernen begriffen. Ellie war ihm wichtig, daran war nichts Verwerfliches.

Im Gegenteil, umso mehr verstand sie Ellie.

»Was?«, murrte er als Riley einfach lächelte.
 

»Sam, ich habe Ellie geliebt und weil ich sie für tot gehalten habe, habe ich meine Entscheidung bis heute bereut.« Nach all dem Kopfzerbrechen hatte Riley eine Entscheidung getroffen. Sich Jahre später über den Weg laufen … war das nicht ein Zeichen? » Bitte, wir haben schon genug Zeit verloren. Wo ist sie?«
 

»Bei den Pferden«, sagte er schlussendlich, nachdem er sie eine Weile still gemustert hatte. »Nach dem Frühstück will sie einen Ausritt machen. Jagen gehen.«
 

Nicht gelogen.

Im Stall sattelte Ellie gerade ihr Pferd. Anstatt sie anzusprechen, nahm sich Riley die Zeit und beobachtete sie dabei. In den Jahren hatte sie sich merklich verändert; viel war nicht mehr übrig, das an das Mädchen von damals erinnerte.

Die Zeit stand eben nicht still.

Sie war, wie Riley eben selbst, erwachsen geworden.
 

»Hast du gewusst, was dich erwartet?« Ellie warf einen Blick zurück. Er war fragend, nicht überrascht, also hatte sie ihre Anwesenheit registriert. »Das Sterben?«

Ellie nickte, wandte sich ab.
 

»Die Fireflies haben mich nie interessiert. Schon gar nicht der Abschluss und das Sterben an der Front. Du bist fort … der Biss. Immunität macht aus mir keine Unsterbliche. Warum also auf das Unvermeidliche warten? Der Tod lauert sowieso«, erklärte Ellie fast gleichgültig, aber Riley glaubte nicht, dass sie so empfand. Ellie hatte schon immer lieber die Starke gemimt, eher im Stillen gelitten.
 

»Ich habe willentlich meinen Traum über alles gestellt, aber eines musst du mir glauben «, begann sie nach einem längeren Schweigen, das sich dieses Mal gar nicht unangenehm anfühlte, »Ich habe mich nie ohne dich gesehen. Leider habe ich nicht alle Risiken berücksichtigt, naiv an das Aufgehen meines Vorhabens geglaubt. Zu dir zurückkehren, die Zeit bis zu deinem Abschluss irgendwie überbrücken-«
 

»Dein Ernst?!«, knurrte Ellie und drehte sich ihr gänzlich zu. »Ich sollte dort versauern und was? Du besuchst mich hie und da?« Sie war sauer.
 

»War das Leben dort denn so schlecht für dich?«, antwortete Riley neutral. »Solange die Front nicht ruft, sind die Bedingungen wesentlich angenehmer als das Leben dort draußen. Zudem hätte Marlene nie anderes zugelassen.«
 

»Du bist auch gegangen-«
 

»Weil ich nicht länger auf der, für mich, falschen Seite stehen wollte! Du hast dich nie entschieden, du hast nie von dir aus gesagt, dass du weg willst! Ich habe diese beschissenen Drills einfach nicht länger ausgehalten und die Chance ergriffen!« Auch Rileys Tonfall war schärfer geworden. In dieser Hinsicht gab es eben einen markanten Unterschied. Ellie hatte nie konkret geäußert einfach abzubrechen und sich irgendwie durchzukämpfen. »Ich war der Meinung, du wolltest dort bleiben, bis eben der Tag kommt, an dem du den Abschluss machst und an die Front wechseln musst.«

Dementsprechend war Riley von dieser Variante ausgegangen und dann wäre sie eben durch die bedrohliche Stadt gewandert. Immer und immer wieder. Für Ellie hätte sie das Risiko auf sich genommen, das wusste sie sehr wohl.

»Ich wollte nicht, dass ich so lange fort bleibe. Laut Marlene sollte der Auftrag einen Monat dauern, höchstens«, war sie wesentlich ruhiger geworden.

Ellie schnaufte hörbar als sie das Holzgatter schloss, auf dem sie sich anschließend hoch hievte und setzte.
 

»Eine Nachricht … eine einfache Nachricht hätte mir gereicht, aber was soll’s. Wir drehen uns im Kreis.«
 

»Dann tun wir das eben, wenigstens reden wir miteinander.« Langsam war Riley näher gekommen, lehnte seitlich gegen das Holz. Ellie schien wenig begeistert. Starr behielt sie den Blick auf den Boden gerichtet, aber die Haltung sprach Bände und Riley seufzte leise.

»Es tut mir Leid, Ellie. Einfach alles, was ab meiner Entscheidung schief gelaufen ist. Ich hab’s mir einfach zu schön ausgemalt gehabt.« War das in dem damaligen Alter nicht normal? Vom Besten auszugehen, ohne alle erdenklichen Konsequenzen einzurechnen? Andererseits, war das überhaupt möglich?

Nein, nicht einmal für sich. Das stand für Riley fest. Selbst ihren eigenen Weg hatte sie ab einem gewissen Punkt nicht länger selbst entschieden. Ab einem Punkt hieß es lediglich lernen, alles so zu nehmen, wie es auf einem zukam.

Nicht mehr, nicht weniger und das tat Riley.

»Ich schulde dir noch eine Antwort.« Dabei erhaschte sie ein Zucken, ein schweres Schlucken, etwas in Ellies Augen veränderte sich. Fürchtete sie sich?

Riley konnte nicht anders, biss sich auf die Unterlippe, um sich davon abzuhalten, den Abstand nicht gänzlich zu überbrücken.

Sechs Jahren, daran musste sie ständig denken.
 

»Und wie lautet sie?«, fragte Ellie schließlich kleinlaut.
 

»Die Wahrheit ist, ich habe keine. Keine eindeutige, denn ich kann nicht sagen, was ich damals getan hätte. Was ich weiß ist, dass ich gehadert hätte. Mit meinen Gefühlen für dich, mit den verbundenen Aufgaben als Firefly. Vielleicht hätten meine Gefühle gewonnen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ich dich wirklich zum Sterben überredet hätte, aber kann ich das behaupten? Kann ich sagen, dass es so gekommen wäre?« Scharf zog Ellie Luft ein.

Vermutlich hätte sie das hören wollen, was dieser Mann getan hatte. Ihr Leben über alles stellen. Aber wie sollte Riley das aufrichtig sagen, wenn sie damals nicht in dieser Situation war?

»Ellie«, murmelte sie und vorsichtig legte sie die Hand an ihre Wange, zwang Ellie sie anzusehen, »ich kann lügen, wenn du das möchtest, aber siehst du darin einen Sinn? Ich kann nur für das Heute sprechen. Wir erhalten gerade eine zweite Chance. Wie realistisch ist es, sich bei diesen Gegebenheiten wiederzusehen, wenn nicht ein Grund dahinter liegt?« Riley spürte zwar die große Anspannung der anderen, glaubte jedoch dasselbe in den Augen zu sehen, das sie fühlte: die Hoffnung auf einen Neuanfang, auf eine Zukunft.
 

»Riley-«
 

»Ich hab um dich getrauert. Das hat mich all die Jahre verfolgt«, unterbrach diese. »Statt dir zu sagen, dass ich dich liebe und immer zurückkommen werde, bin ich spurlos verschwunden und dabei habe ich dich im Stich gelassen – wir haben uns verändert, sind nicht mehr die Kinder von damals, zeitgleich empfinde ich noch immer dasselbe, wenn ich dich sehe.« Streichend ließ Riley ab. »Wenn mir in diesen Tagen etwas klar geworden ist, dann dass ich dich nicht ein weiteres Mal verlieren will.«

Hörbar trommelte das Herz in ihrer Brust, denn nach allem, war es ihr unsagbar schwer gefallen ihre Empfindungen offen zu legen; war sie doch generell viel zu spät dran.

Also stand sie nervös da und wartete. Wartete auf irgendeine Reaktion, die wirklich auf sich warten ließ, denn Ellie starrte einfach. Ohne anzudeuten, in welche Richtung es ging.

Als Ellie vom Gatter rutschte, trat Riley ungeduldig auf der Stelle. Sie ließ sie zappeln, was Riley wohl oder übel verdiente, aber ihre Nerven ungewöhnlich strapazierte.
 

»Joel erwartet uns in drei Tagen«, war alles das Ellie sagte, während sie an ihr vorbei marschierte, nur um wieder ruckartig und fluchend stehen zu bleiben. »Scheiße, Sams Nase funktioniert ja doch.« Riley hob fragend eine Augenbraue und da erkannte sie, worauf Ellie anspielte.

Es schneite.

Was in dem Augenblick jedoch wichtiger war, war der genannte Name: Joel.

Riley verstand und spürte eine sich rasch ausbreitende Wärme.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (1)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Dark777
2019-01-16T20:14:11+00:00 16.01.2019 21:14
Ich hätte mir zugegebenermaßen lieber einen Kuss gewünscht, aber was solls. Die ganze Geschichte ist in sich stimmig und begeistert mit jedem Satz. Einen größeren Vertrauensbonus als Joels Namen zu nennen, gibt es in dieser Situation einfach nicht. Was mir auch sehr gefällt, ist wieder die aufgeworfene Frage über die damalige Entscheidung von Joel, ob sie richtig oder falsch war. Ellie hat recht, warum sollte man Menschen retten die einen für ihren eigenen Vorteil umnieten würden. So hatte ich das bis dato noch nie gesehen...

Fazit: Wie immer sehr gut V(~_^)


Zurück