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Kampf gegen das Schicksal

Wunden der Vergangenheit
von

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Lang, lang ist es her... seit über drei Jahren endlich ein neues Kapitel. Ich hoffe, ich finde irgendwann wieder mehr Zeit um die Fanfics noch zu beenden, allerdings lassen meine beiden Kids mir kaum die Zeit dafür. Wünsche allen, die vielleicht noch lesen, ein tolles neues Jahr. lg Line
 

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Kapitel 48
 

Auf dem Rückweg in das Herz der Provinz Lanayru funkelte die weiße winterliche Landschaft im Licht der Mittagssonne, funkelte wie ein Teppich von silbernen Kristallen. An den Zweigen der hochgewachsenen Bäume tropfte geschmolzenes Eis hinab, berührte erweckend Links goldenes Haar, das ihm strubbelig auf seine schmalen Schultern fiel. Er und Ariana waren seit knapp einer Stunde unterwegs zurück zu der Glückshütte, hatten sich kaum unterhalten und trotteten in beschützender Begleitung von Wulf, etwas träumerisch, vorwärts. Die kühle Winterluft war erquicklich in den Lungen und die Wärme der Sonne angenehm auf der Haut. Nachdenklich trat Link weiter, während seine weibliche Begleitung etwas ausgelassener über die leicht angefrorene Schneedecke hüpfte. Sie beobachtete ihn, wie er mit seiner eher schlaksigen Art und Weise vorwärts tapste, ab und an seufzte, so als war er mit sich und der Welt unzufrieden. Sie beobachtete ihn in seiner Haltung, studierte seine Bewegungen und die unsichere Angewohnheit seine Hände ab und an in die Hosentaschen zustecken.

„Du kennst den Weg zurück zur Ritterschule?“, murmelte sie und trat neben ihn, während sie versuchte ihre fröhliche Stimmung zu zeigen. Sie lächelte über ihr leicht rotgekühltes Gesicht und spielte mit einer schwarzen Strähne ihres vollen Haares.

„Ich kann mir Wege sehr gut merken…“, sprach er ruhig, mit einem Unterton, der nach verbissener Konzentration klang. „Wenn ich einen Weg einmal entlang gegangen bin, dann weiß ich diesen normalerweise für immer.“

„Das klingt ja angeberisch“, lachte sie.

Er verschränkte die Arme und schüttelte mit geschlossenen Augen den Kopf. „Ganz und gar nicht, ich habe nun mal eine sehr gute Orientierung.“

„Ich vermute, du hast noch weitaus mehr Talente, was?“, sprach sie erheiternd und hüpfte ausgelassen durch den Schnee. Sie genoss das gute, gesunde Gefühl in ihrem Körper.

„Wohl eher nicht…“, hauchte er träge über die Lippen, mehr zu sich als zu dem schönen Mädchen, das ihm Gesellschaft leistete. Es war beinahe hypnotisierend sie dabei zu beobachten, wie sie schwungvoll umher tanzte und lachte. Und während sich die Stiefel, die sie von Undora bekommen hatte, durch den pulvrigen Schnee bewegten und das weiße Kleid des Winters aufgewirbelt wurde und Ariana ihre Arme ausstreckte, war alles an ihr Lebensfreude, Freiheit und Genuss. Alles an ihr erzählte von diesem unvergleichlichen Drang nach Leben und Spüren. Ihr eleganter Körper tanzte so freiheitsliebend mit den sonnigen Lichtstrahlen, die über Hyrule fielen, dass es dem vergessenen Helden eine leichte Gänsehaut über den Rücken schickte. Ariana lebte mit einem so bittersüßen Ausdruck von Lebensmut und Neugierde, die er vielleicht noch nie in sich wahrgenommen hatte. Sie war so in Balance mit ihren Gefühlen und ihrem körperlichen Wohlgefallen, das sie wirkte, als konnte sie die Realität mit dieser Geschicklichkeit verändern. Und die Gesetze der Welt würden ihr vielleicht beipflichten. Jedes Wesen bestand aus einer urschöpflichen, reinen Energie, mit der man das, was man als Realität wahrnahm, womöglich verändern konnte. Sie tanzte lachend und summte eine ferne Melodie, als folgten ihre Stimmbänder dem feinen Reigen verborgener Feen. Es war unheimlich beeindruckend sie zu beobachten und den Hauch von Freude wahrzunehmen, den sie ausstrahlte. Den Atem des Lebens wahrzunehmen… ihre unersättliche Schönheit…

Ferne Worte drangen in Links Geist, die sich für ihn nun immer klarer und beständiger anfühlten. Worte, die sich immer tiefer in seiner Seele einbrannten. ,Realisiere, was sie für dich ist. Du brauchst sie… wie deinen Lebenssaft‘, flüsterte es. Ja, er realisierte… mehr als er es jemals beabsichtig hatte. Etwas an Ariana gab ihm Kraft, gab ihm Zuversicht und Trost, und heilte eine Wunde, die er immer versucht hatte selbst zu schließen… Und es war verwunderlich, dass er das erste Mal jemanden an diese Wunde heran ließ, zumal es Zelda oft versucht hatte…

Wie oft hatte sie nachgebohrt, was er brauchte… Dann, als sie beide im Schlossgarten saßen. Wie oft hatte sie mit ihren wunderschönen, sanften Augen in seine geblickt, auf der Suche nach dem versiegelten Leid, um es zu heilen… Und wie oft hatte sie versucht ihn zu berühren, eine Geste des Mitgefühls, die er nicht annehmen konnte.
 

„Hey, du Glückspilz“, sprach die hübsche Schmiedtochter und riss ihn aus seinen Gedanken. Sie lächelte eindringlich und sah ihm beinahe bohrend in die sturmblauen Augen. Ihre bernsteinfarbenen Augen zwinkerten ihm mit ehrlicher Dankbarkeit entgegen, sendeten eine Form von Wärme, die ihn all die Fragen über Arianas seltsame Persönlichkeit und selbst die Fragen über das Gift in ihrem Körper für einen Augenblick vergessen ließen. Sie wirbelte einmal mehr umher und legte eine Hand auf seine rechte Schulter. „Übermorgen ist das Fest der Nayru, Link.“

Er schlug sich mit der blanken Faust an die Stirn. „Ah, in zwei Tagen schon?“ Er hatte mit Arianas schlechtem Zustand beinahe darauf vergessen, dass sich jener Tag näherte.

Sie nickte erwartungsfroh und da wusste Link auch, dass sie eine Bitte hatte. „Lass‘ uns doch zusammen nach Lyriellen gehen, vielleicht morgen, ich weiß, dass das kleine Städtchen in dieser Zeit bunt geschmückt ist.“

Als er darauf nicht sofort antwortete, sprach sie: „Was meinst du?“ Sie lächelte beinahe unschuldig.

Er kratzte sich irritiert am Haaransatz und wunderte sich immer mehr darüber, wie vertraut sie miteinander umgingen. „Ja, warum nicht…“, die Worte sprudelten aus seinem Mund ohne dass er es wollte, aber er fragte sich insgeheim, ob es so eine gute Idee war in ihrer Gesellschaft an einem Fest teilzunehmen. Er atmete tief durch und packte das Mädchen vorsichtig am Arm. „Ariana, warte bitte…“ Sein Blick sank zu Boden und erneut steckte er seine Hände unsicher in die Hosentaschen.

„Es geht darum, dass ich einige Tage bei dir bleiben wollte…“, meinte sie leise, aber gefasst. „Du hast erneut Bedenken deswegen, nicht wahr?“

„Das ist es nicht zwangsläufig…“, sprach er.

„Das heißt, hast du nun noch immer etwas dagegen, dass ich einige Tage bei dir bleibe oder nicht?“

„Ich verstehe nicht, warum wir überhaupt Freunde sind…“, meinte er verdrießlich, aber bereute die Worte im selben Augenblick.

Ariana zwinkerte. „Du meinst, Freunde sucht man sich immer aus?“

„Das nicht…“

„Ach so, du glaubst, du brauchst keine Gesellschaft?“

„Nein, das war auch nicht, was ich sagen wollte.“

„Dann findest du es komisch mit einem Mädchen befreundet zu sein?“

„Nein, ich hatte viele weibliche Freunde…“, murmelte er und lief etwas rot an.

„Dann würde ich gerne wissen, was an meiner Freundschaft für dich seltsam ist.“

„Irgendwie… argh, ich weiß auch nicht…“ Was brachte es auch erneut mit ihr darüber zu diskutieren, sie hatte ja ohnehin das letzte Wort.

Sie klimperte mit ihren Stiefelabsätzen und stemmte die Hände in die Hüften. „Ich meine, wir verstehen uns recht gut, schätze ich. Ich kann etwas von dir lernen und du sicherlich noch einige Dinge von mir. Und ich habe das Gefühl, dass uns irgendetwas verbindet. Und weißt du was?“ Sie lachte und wirbelte um ihn herum. „Ich muss wohl irgendwie gestehen, dass ich dich mag. Also worüber reden wir hier noch?“, grinste sie, packte den Burschen an der Hand und schleifte ihn hinter sich her. Sie ließ ein anderes Gesprächsthema kaum zu, ignorierte Links Unsicherheit mit einem Lachen, das durch den verschneiten Winterwald schallte. Er kam erst gar nicht mehr dazu weitere Zweifel loszuwerden und war bemüht dem schnellen Schritt der Schmiedtochter mitzuhalten. ,Das konnte nur ein merkwürdiger Winter werden‘, dachte der blonde Bursche, aber grinste mit einem Funken Freude, der tief in seinen Gesichtszügen versteckt war. Vielleicht war Ariana im Moment genau das, was er brauchte… eine Freundin, die ihm Gesellschaft leistete. Eine Freundin, nicht mehr.
 

Es dauerte nicht mehr allzu lang, bis sich der Pfad und die Landschaft vor der Nase der beiden Hylianer vertrauter und stimmiger anblicken ließ. Wenige Meilen weiter erhob sich bereits das bedeutende Gemäuer der berühmten Ritterschule „Söhne des Schicksals“, lud neugierige Wanderer mit einer blauen Flacke ein, wenngleich sich dort nur wenige Bedienstete aufhielten. Link schätzte anhand des Standes der Sonne die Zeit auf gerade einmal ein Uhr nachmittags, was ihn verwunderte. Der Weg hatte sich vor vielen Stunden für Link mit der Bürde einer kranken Ariana Blacksmith länger angefühlt, als er ursprünglich war. Verglichen mit der Sorglosigkeit, mit der er und Ariana von Undoras Hütte aufgebrochen waren, fühlten sich die letzten Tage noch bitterer an.

Nach noch nicht einmal einer weiteren Stunde erreichten sie die gemütliche kleine Hütte am gefrorenen Glücksteich, entdeckten dort eine kleine versteckte Idylle, die Schutz und Wärme versprach. Link deutete seinem Gast an, dass er einige Scheitel Brennholz von dem kleinen Lager neben der Hütte holen würde. Nickend bestätigte sie und war erleichtert als erstes in die Holzhütte eintreten zu dürfen. Geschwind und bemüht unauffällig zu wirken, hetzte die jugendliche Schönheit mit dem rabenschwarzen Haar in das Haus, und blickte überprüfend in den Innenraum. Sie wirkte unkonzentriert, rieb sich beide Hände und wusste vielleicht nicht genau, wonach sie suchte. Sie wusste nur, dass sie in sich einige Geheimnisse trug, die sie sich selbst kaum eingestehen wollte. Geheimnisse, die sie verabscheute. Geheimnisse, die ihr jetziges Ich zerstören würden…

Vor Nervosität begann sie an ihren Fingernägeln zu knabbern, etwas, das sie das letzte Mal vor vielleicht drei Jahren getan hatte. Link durfte auf keinem Fall entdecken, was sie so zwanghaft versuchte zu verheimlichen. Er durfte die Magie nicht sehen, die Undora wahrgenommen hatte… und er durfte nicht noch einmal das Vertrauen in einen geliebten Menschen verlieren!

Und gerade da entdeckte sie den Grund für das scheußliche Gefühl, das intensiv in ihr gierte und den sie schleunigst beseitigen musste. Auf dem Boden nicht weit entfernt von dem Kamin, dort, wo sie gestern zusammengebrochen war, dort, wo sie ihr Bewusstsein aufgrund des Giftkeimes verloren hatte, dort funkelte etwas Kleines auf dem Boden. Rasend huschte Ariana näher und berührte mit ihren Fingerspitzen fünf kleine Kristalle, die in dem bunten, beinahe reinigenden Farbenspiel von Regenbogen funkelten. Die winzigen Edelsteine waren nahezu perfekt geformt, glühten in vergessener Magie, da sie geschöpft waren in den Momenten menschlichen Versagens, als ihr sterbliches Wesen an einem unbezwingbaren Abgrund stand. Mit zitternden Händen sammelte sie jene Kristalle auf, hielt diese nur zögerlich in den Händen und suchte mit ihren bernsteinfarbenen, nervösen Augen eine Möglichkeit in diesem Haus jene Edelsteine zu verstecken. Aufgeregt begann sie nach einem guten Versteck Ausschau zu halten, sie hörte währenddessen den jungen Helden Link bereits vor die Tür treten und hetzte in letzter Sekunde zu dem Regal, wo sie die Kristalle hinter einigen verstaubten Büchern verschwinden ließ. Sie rückte die Bücher gerade zurecht, als Link mit einem Stapel Brennholz ein wenig schnaufend über die Schwelle trat. Nervös wirbelte die Schülerin der Benimmschule um ihre Achse und zerrte dabei versehentlich eines der Bücher zu Boden.

„Ups, tut mir leid“, sprach sie, hob das Buch hastig vom Boden und verstaute es im Schrank. Sie atmete tief durch. „Ich hatte Interesse zu schauen, was du so an Büchern hast“, log sie und lächelte ihm schließlich verschmitzt entgegen.

Unbeeindruckt trat der junge Bursche in den Raum, drückte die Tür in das Schloss und hatte nur einen einzigen Wunsch, nämlich Wärme in diese eisige Winterhütte zu bringen. Er sah nicht Arianas erleichtertes Seufzen, als er begann Feuer zu entfachen, sah nicht die Aufregung in ihren bernsteinfarbenen Augen, als er einen Kessel mit frischem Wasser über der beginnenden Glut stapelte. Link verhielt sich so schweigsam wie seit ihrem Aufbruch von Undoras Hütte, auch wenn sie deutlich spürte, dass ihn momentan kein trübsinniger Gedanke quälte. Aber eine sehr merkwürdige Stimmung hing in der Luft, ließ sie sich unruhig fühlen… Hatten sie und Link vielleicht doch keine Gemeinsamkeiten oder etwas, was sie verband, auch wenn sie sich so sehr zu ihm hingezogen fühlte? Sie versuchte das Gefühl zu verstehen, dass auf ihrem Herzen lag, diese Form der Sehnsucht, die Besitz über ihr gesamtes Wesen ergriff, wenn sie an ihn dachte und doch konnte sie diese Sehnsucht kaum verstehen, wollte es nicht verstehen…

Es war jedoch dann, dass der Ritterschüler die Stille brach: „Ist dir Wulf nicht ins Haus gefolgt?“, meinte er.

Ariana zwinkerte und hatte vor Aufregung völlig auf den Wolfshund von Will vergessen. Sie schüttelte hektisch den Kopf. „Ich glaube, er ist in den Wäldern auf Beutejagd…“, sprach sie.

Link nickte. „Er wird wohl einfach wieder vor der Tür stehen, wenn wir es nicht erwarten“, sagte er. Obwohl er den Hund von Will mittlerweile immer sonderbarer fand. Wulf hatte niemals annähernd wie ein gewöhnlicher Hund gewirkt. Manchmal erschien es, als konnte er tatsächlich mitdenken, verhielt sich keineswegs nur instinktiv…

„Ja… das scheint wohl so…“, meinte Ariana und blickte zu Boden.

„Und du bist dir sicher, dass es dir gut geht?“ Er nahm Bezug auf Arianas Vergiftung, natürlich tat er das. Er konnte kaum hell sehen und verstehen, was es mit dem Giftkern auf sich hatte. „Ich verstehe noch immer nicht, was mit dir geschehen ist.“

Ariana drehte ihm den Rücken entgegen und spielte an ihren abgeknabberten Fingernägeln. Sie fühlte sich gerade so zerbrechlich wie diese, obwohl sie sich fest vorgenommen hatte die Fröhlichkeit von vorhin zu erhalten. „Was möchtest du wissen, Link?“

Er dachte eher beiläufig an eine geeignete Wortwahl, als er das in Kräuter eingelegte Hylanor, das er von der Vorratskammer der Ritterschule abgekauft hatte, in das allmählich erhitzte Wasser gab. Hylanor, das über mehrere Tage eingelegt war, gab eine gute, leicht mehlige Suppe, die gerade in der Winterzeit wärmte. Er hatte über die langen Aufenthalte in der Wildnis Hyrules gelernt Eintöpfe und Suppen für sich zubereiten, wusste um die Wirkung verschiedener Kräuter im elfischen Körper und wusste Zutaten geschickt einzusetzen. Wenn es etwas gab, wovon er trotz seines herben Schicksals profitiert hatte, dann doch davon, dass er ein selbstständiger, junger Mann geworden war, der vielleicht sich selbst kaum etwas gönnte, der jedoch auch niemals Grund hatte sich für sich zu schämen. Bitter war wohl der Gedanke, dass er an all dem, was er doch konnte und an all seinen Talenten nur noch gezweifelt hatte…

„Nun…“, sprach er leise, würfelte mit einem Messer ein Stück geräucherten Speck, den Ariana mitgebracht hatte und gab diesen ebenfalls in die Suppe. „Du wolltest deine Vergiftung nicht mehr thematisieren, aber ich verstehe es einfach nicht…“

Sie seufzte und versuchte ihre Gedanken zu ordnen, um eine sinnvolle Unterredung zu führen. „Link… ehrlich gesagt…“ Sie trat in langsamen Schritten zu ihm hinüber und blickte vorsichtig in seine stechenden, blauen Augen. Da stand so viel Wissensdurst, aber auch Hilfsbereitschaft, dass es sie beinahe bestürzte. Link sollte sich nicht um ihren Gesundheitszustand Gedanken machen müssen, er sollte an sich selbst denken. An den schrecklichen Fluch, der nicht zu brechen war. An die vielen Menschen, die ihm misstrauten und an die Bedrohung, die in Hyrule wartete. „Es macht mir Angst…“, setzte sie leise hinzu. „Ich wollte diesen Winter genießen, ich wählte deine Gesellschaft, weil du der interessanteste Hylianer bist, der mir jemals begegnet ist… dass ich in dieser furchtbaren Verfassung war“, sie schluckte den Knoten in ihrem Hals herunter, „ist mir unbegreiflich und ich verstehe es nicht. Ich weiß nicht, warum ich vergiftet wurde… ich habe gedacht, ich könnte es einfach vergessen.“ Sie rieb sich ihre Stirn und sah erneut in ihrem Anflug von Hilflosigkeit in die butterweichen Blicke, die Link ihr entgegenwarf. Er war vielleicht, trotz der Gelassenheit, die er manchmal aufsetzte, noch beunruhigter als sie. „Ich wollte einfach nur… einfach nur einige angenehme Stunden haben, eine nette Unterhaltung mit dir finden“, meinte sie zögerlich und lächelte schwach. Und mit dem sanften Lächeln in ihrem ebenmäßigen Gesicht schien eine Schönheit in ihr Zutage zu treten, die Link beinahe lähmte. Er hatte völlig vergessen, wie ungemein lieblich dieser Wildfang war, wie wärmend ihr Lächeln sein konnte und wie gerne er ihre Stimme hörte. So vertraut… so schmerzhaft schön und gefährlich vertraut…

„Die letzten Wochen waren auch für mich nicht leicht…“, meinte sie und hockte sich vor dem wärmenden Kamin zusammen, roch das allmählich duftende Hylanor, das sie an ihre Kindheit erinnerte.

„Für mich waren sie… gelinde gesagt- katastrophal…“, sprach Link ohne es zu wollen. Etwas scheu stand er vor den Überresten des Tisches, spürte zweifelnde Gedanken wallen. Alles an Ariana hatte ihn von Anfang an stutzig gemacht und gerade in dem Augenblick spürte er diese Vertrautheit erneut… eine Vertrautheit, die ihm unter die Haut ging.

„Erinnerst du dich an das, was ich dir gesagt habe, als du mich damals in der Mädchenschule besucht hast?“

Er nickte flach, erinnerte den Tag als Ariana von Moblins angegriffen wurde und er sie besucht hatte. Er hatte ihr Buch repariert und das erste Mal auf eine innige Weise mit ihr geredet.

„Ich wollte einfach nur eine gute Freundin für dich sein…“, sprach sie und lächelte in das sich selbst nährende Feuer im Kamin. „Und das möchte ich noch immer. Vielleicht habe ich dich deshalb besucht… weil auch ich einen Freund brauche.“

Link atmete tief durch, gesellte sich zu ihr und wusste sich nicht anders zu helfen als einfach zu schweigen und kümmerte sich stattdessen um die Suppe. Er kostete die blubbernde Speise vorsichtig und gab eine gerudoianische Mischung aus Pfeffer und anderen Gewürzen hinzu.

„Weißt du, dass es mich überrascht, dass du kochen kannst“, sprach sie lächelnd, worauf er sie zögerlich und leicht beschämt betrachtete. Ihr Gesicht war blass wie Porzellan. Ihr schwarzes Haar und die intensiv bernsteinfarbenen Augen machten ihr Lächeln beinahe edel.

„Es ist nicht so schwer eine Suppe zu machen… Kannst du es nicht?“

Sie schüttelte grinsend den Kopf.

Link stutzte: „Aber du wurdest in dem Haushalt eines Schmieds groß, hast du da niemals kochen lernen müssen?“

Sie blickte ertappt drein und winkte nervös ab. „Nun ja, zum Glück hat mein Vater das Kochen übernommen. Ich bin nicht gerade gut in der Hausarbeit.“

Die Beiläufigkeit und Verlegenheit in ihren Worten ließen auch Link schmunzeln. „Und so jemanden wie dich schickt man in eine Mädchenschule“, bemerkte er erheitert.

„Sag‘ ich doch!“, sprach sie ausgelassen. „Das war die Dümmste Idee des Jahrtausends.“

„Warum hast du es nicht verweigert?“, forschte Link nach.

„Du bist aber neugierig heute“, stellte sie fest und erhielt sofort eine entsprechende, verlegene Mimik Links. Seine Wangenpartie färbte sich leicht rosa und er senkte den Blick. „Aber ich kann es dir eh sagen“, lachte sie. „Ich habe meinem Vater schon sehr viele Dinge abverlangt und hatte mich entschieden ihm diesmal seinen Willen zu lassen.“ Sie lehnte sich zurück. „Und so schlecht ist es auch wieder nicht… ich hätte dich niemals so oft sehen können, wenn ich…“ Und damit brach sie ab. Vielleicht war an ihrem Satz mehr Wahrheit dran als sie sich selbst eingestehen wollte…

„Warum… wolltest du mich überhaupt sehen…“, brachte der vergessene Heroe über die spröden Lippen, flüsterte fast und war gleichzeitig verwundert, dass er überhaupt einen Satz wie diesen sagen konnte. Es war ihm immer schwer gefallen über Gefühle zu reden. „Es ist nicht so, dass du weißt… wer ich wirklich bin…“, murmelte er und ein Hauch der Gefühlskälte und Frostigkeit, die ihn manchmal einnahm, erschuf Distanz.

„Du weißt auch nicht… wer ich wirklich bin…“, sprach sie bedauernd und suchte seine sterbende Hoffnung in meerblauen Augen. Sie hob ihre Hand, berührte sachte seine rechte Wange, spürte die kühle Haut unter ihren weichen Fingern. „Wir haben alle etwas zu verstecken, Link.“

Er erwiderte ihren Blick, versuchte es mit aller Standhaftigkeit, versuchte ihren bohrenden Blick auszuhalten, wenngleich es ihm schwerfiel. Er war immer bemüht gewesen niemandem zu lange in die Augen zu sehen. Und je länger er ihrem Blick begegnete, umso deutlicher konnte er das tiefe, lichte Feuer darin entdecken, eine geheimnisvolle Wärme, die sich so schnell ausbreitete wie Feenstaub.

„Aber weißt du… ich würde sehr gerne herausfinden, wer wir beide wirklich sind“, murmelte sie leise, sprach die Worte so geduldig und aufrichtig, dass Link ihr gewillt war zu vertrauen. Sie legte ihre andere Hand auf ihr Herz, lauschte dem Klang des Lebens, diesem starken unerschütterlichen Rhythmus, der das Sein bestimmte. Dieser tobende, trommelnde Klang, der jedes Wesen antrieb und doch unersättlich war. „Ich möchte dir helfen, mein dussliger Held, bei allem, was kommt und was du brauchst… bei all den Fragen, die auf dich warten.“ Und mit jedem weiteren Wort schien es als kam sie ihm näher, als erreichte sie die Mauer aus Selbstschutz, die er schon vor Ewigkeiten errichtet hatte. „Ich bin hier… nur für dich… ohne Bedingungen und ohne Erwartungen.“

Er berührte ihre Hand zitternd und schob sie vorsichtig von seiner Wange. „Du wirst mich zurücklassen… irgendwann… genauso wie andere es taten…“ Damit erhob er sich. Ohne einen erklärenden Blick nahm er die Schatulle von Nicholas Doomrent, wo sich auch die magische Warnanlage befand, und floh aus dem Haus. Vielleicht war es Arianas Absicht einen geschauspielerten Frohsinn in diese Glückshütte zu bringen, aber sie konnte wohl kaum den Schmerz wegzaubern, der tief ins Links Seele saß. Und wenn sie es wirklich wollte, dann brauchte sie eine ausdauernde Portion Geduld Link zu erreichen…
 

,Irgendwann verschwindet jeder aus deinem Leben…‘, murmelte es unangenehm in Links Gehirnwindungen, als er am gefrorenen Glücksteich stand. Ein herbes Gefühl schlich sich in sein Herz, gefüllt mit Erinnerungen an die Schrecken einer anderen Welt. Seine tiefen, blauen Augen, traurig und schwermütig, sanken in Trance, starrten in die Ferne. Es war wie als ging seine alte Seele auf Reisen, hoffend verlangte diese nach einem Sinn hinter dem Spiel seines Schicksals, verlangte nach einer Antwort auf diesen bohrenden Schmerz, den er in seinem Herzen spürte. Eine alte Sehnsucht, die ihn seit Beginn seines Lebens begleitete und so stark in ihm brannte, dass es wehtat. Der Wind wirbelte sein goldblondes Haar auf, und auch jener wirkte wie der stille Begleiter in der anderen Zeit, erinnerte ihn an die einsamen Nächte in der Wildnis, wo niemand sonst war außer seinem Klagegesang.

Der vergessene Held wusste nicht, warum er sich gerade so verloren fühlte, wartete doch ein guter Freund in der Glückshütte… und er verstand nicht, warum er dieses abscheuliche Gefühl des Verlassenwerdens so stark spürte. Es bohrte, verschaffte sich mit einer eher dumpfen Stimme immer mehr Gehör, und wurde ausgerechnet jetzt, wo er sich monatelang in einer freundschaftlichen Umgebung befunden hatte, wo er Kameraden kennen gelernt hatte, die ihn wertschätzten, so unangenehm laut, dass es ihm die Tränen in die Augen trieb.

Er wünschte sich Ariana glauben zu können, dass sie wirklich für ihn da sein wollte. Er wünschte sich zu glauben, dass sie ohne Bedingungen und ohne Hintergedanken an ihm interessiert war, aber wie sollte er dies glauben können, wo er doch tief in seinem Herzen wusste, dass jeder eines Tages und auch dann, wenn kein Nutzen mehr in einem Helden zu finden war, diesen verlassen würde… Es war einst in der alternativen Realität, dass er glaubte einen Menschen wirklich lieben zu können, aber auch dieser verließ ihn, schickte ihn in eine gruslige Kindheit zurück…

Er konnte sie rufen hören, seine Erinnerung an die Zelda der alternativen Realität. Er hörte ihre Ausreden und Entschuldigungen… lauschte den verwegenen Worten des Abschieds, dem grausamsten Abschied, der sein Herz zerbersten ließ. Es war nicht so, dass er an Zelda irgendeine Art der Anerkennung hatte tragen wollen. Nein, er erwartete keine Belohnung oder Aufwartung. Aber insgeheim hatte er sich etwas gewünscht… Etwas Menschliches… etwas Selbstverständliches… etwas Warmes und Liebevolles…
 

Wie benebelt öffnete Link die Schatulle von Newhead, die einen Schutzzauber beherbergte, der wie eine Art Warnanlage funktionierte. Seine Gedanken waren weit auf Reisen, so fern, und doch versuchte er sich zwanghaft zusammenzureißen, wissend, er hatte keinen Grund in diesen Stunden trübsinnig zu werden. Er verdrängte den Schmerz, verdrängte die Erinnerung und verdrängte die Schatten einer Illusion…

In der verzierten Holzschachtel befanden sich zwei Heilsteine, der merkwürdige Schutzzauber in Form einer Kugel mit Inschrift in altem Hylianisch und einige Zaubertränke. Link sprach die magischen Worte mit erstickter Stimme und vergrub die seltsame Kugel vor dem Haus im morastigen Boden, sodass der Radius des Zaubers gut wirken konnte. Manche hylianische Schutzzauber wirkten verschleiernd, manche sendeten Lichtspiele oder Signale. Link entschied, sich überraschen zu lassen, was der Zauber leisten konnte und hoffte, dass er zumindest Ariana vor weiteren Angriffen und merkwürdigen Gegebenheiten schützen würde…
 

Später am Tage, nachdem Link und Ariana schweigend Suppe gegessen und auch sonst kaum mehr bedeutungsvolle Worte ausgetauscht hatten, so geschah es, dass der junge Bursche in der Hütte vor dem Kamin hockte. Ariana hatte sich trotz seiner Abweisung sehr verständnisvoll gezeigt, hatte ihn angelächelt auf diese warme, vertraute Weise und Geduld und Zeit geschenkt, bis sie sich im oberen Stockwerk ein wenig hingelegt hatte. Ihr Körper war, auch wenn sie es nicht wahrhaben wollte, geschwächt von dem unerklärlichen Gift und sie brauchte Ruhe und Erholung. Sie schlief, träumte von ihren Wünschen und Hoffnungen, sie schlief, tief und fest…

Links Geist jedoch war hellwach. Entspannt ruhte er in einem bequemen Schneidersitz vor der hitzigen Wärmequelle, hörte das angesengte Holz knacken, lauschte dem Zirpen von zerberstendem Leben im Holz und schloss seine ernsten Augen in dem Moment, wo das brennende Strahlen der Flammen glasige Tränenflüssigkeit verlangte. Seine Atmung ging tief, das Heben und Senken des Brustkorbs in höchster Konzentration, in einem gleichmäßigen Rhythmus, war ihm vertraut… das Beherrschen seiner Sinne war ihm vertraut…

Es war Zeit, dass er sich um etwas in seinem Inneren kümmerte, das vor ihm weggelaufen war wie ein mieser Verräter. Es war Zeit, dass er sich auf diese winzige Begierde in seinem Inneren einließ, auf das scheinbare Verbot Grenzen nur mittels Gedankenkraft zu überwinden. Er musste Erkenntnisse sammeln, erfahren, was es mit den vielen Fragen auf sich hatte. Was wollte der Chadarkna? Was war mit seiner Amnesie? Und was geschah mit der Realität, die sich scheinbar veränderte?

Die Meditation der Farore war für ihn ein eher schleierhafter Begriff für etwas, dass er in der alternativen Zeit ohnehin genutzt hatte… wie oft hatte er begonnen in sich zu lauschen, der alten Kraft zu lauschen, die irgendein Gott in den Hylianerkörpern züchtete und wie oft hatte er überraschende Fähigkeiten aktiviert mit einem so unverbesserlichen und vollkommenen Akt des Verschiebens seiner Wahrnehmung. Weitere Erinnerungen brodelten wie Brunnen der Erkenntnisse, zündeten Bahnen zerstreuter Vernunft.

Erinnerungen an seine Erlebnisse in der terminianen Parallelwelt, über die es haarsträubende Geschichten in Hyrule gab. Die Energie in seinen Venen vibrierte angesichts des Gedankens wie mächtig es sich angefühlt hatte von göttlicher Wahrnehmung zu kosten… Und in Links Gedankenwelt stürzten Hunderte Bilder zusammen wie ein überhohes Kartenhaus, krachten zusammen als ein Zeichen des Überschreitens einer Schwelle in die Welt hinter der fassbaren, hinter der sichtbaren und hörbaren. Er erinnerte sich an seine Fähigkeit mittels Gedankenkraft Bilder aus der Vergangenheit detailgetreu abzulichten und jeden noch so versteckten Hinweis einer verschwommenen Realität zu visualisieren, und er erinnerte sich an das Gesicht eines Kriegergottes, der ihn mit fahlen, anklagenden Augen ohne Gefühl anstarrte…

Und je mehr er in diese Sphäre ging, seinen lebendigen, und doch geschwächten Körper in diesem Hyrule zurückließ und doch mit all seinen Sinnen dem Flüstern der Realität lauschte, umso träger und gleichzeitig leichter wurden seine Bewegungen… er spürte die Anwesenheit der uralten Heiligkeit, die ihn seit jeher begleitete, spürte Farores Atem in der Trance, die ganz zäh und unbedarft seine höchste Konzentration abverlangte…

Und dort in seinem Inneren erzählte tiefes, unvergängliches Wissen über einen Pfad, den er schon einmal entlang wandelte und doch nicht mehr erinnerte. Unberührte Natur, gefestigt und doch so weich und mild, als wäre sie erst vor wenigen Jahren erschaffen worden, erstrahlte vor ihm, pulsierte in einem Lebenssaft der Energie, sodass Blüten tanzten, Blätter leise im summenden Wind wippten, weiches Moos unter seinen nackten Sohlen lachte… Alles, was in Hyrule wartete, fand hier nicht hin. Alles, was ängstigte und sorgte, konnte diesen Ort niemals einnehmen… Farore schenkte ihm einen Zugang zu verlorenen Gefilden, die an zaubernden Erinnerungen lebendig wurden und sie würde ihm niemals zu viel versprechen… Zaghaft trat er weiter, spürte nur noch seine eigene Energie, keinen wirklichen Körper, der ihn mit Schwäche band, keine Grausamkeit, die ihn niederwarf. Er trat vorwärts, betastete mit seinen kräftigen Händen ein Geländer, aus opalartigem Gestein, der in Regenbogen funkelte. Hier war Licht… hier war alles und das reinste, unschuldigste Licht… Er wandelte weiter, es knisterte in seiner Seele vor Aufregung, wissend, er würde hier finden, was er ersehnte und brauchte… Tief versunken und doch leichtfüßig fand der junge Held den Weg zu Farores Gesetz, erreichte erneut eine Brücke, beinahe gläsern und funkelnd in dem hellen Gestein eines Opals, schimmernd und heilig lud sie ihn ein, führte ihn zu einer neuen Bestimmung… Seine Hände griffen fest und wunscherfüllt nach vorne, griffen an das Geländer aus weichem Gestein und doch erreichte er die Brücke kaum. Er sah sie so echt vor sich… das schimmernde Gestein, behaftet mit Moos und bunten Blumen… efeuartige Pflanzen schlängelten sich über die Brücke, und irgendetwas… dort am anderen Ende rief ihn, nannte ihn bei einem Namen, den er vergessen hatte, rief ihn verlockend zu sich… begehrte ihn… suchte nach ihm… Nur nach ihm. Alles, was seine Seele forderte, war diese Begegnung, die Brücke, die ihn so sehnsüchtig einlud und doch erreichte er sie nicht…
 

Plötzlich vernahmen Links spitze, empfindliche Ohren einen lauten Knall, der von irgendwo in den Nebeln herrührte, gefolgt von einem wilden Schrei einer glockenhellen Mädchenstimme. Er zuckte zusammen, atmete rasselnd aus und zwang sich zurück in die Wirklichkeit. Sein Herz hämmerte mit einer Wildheit gegen den Brustkorb, als wollte es ihn warnen… Mühevoll orientierte er sich, fühlte sich wie gelähmt, als wäre er für mehrere Tage in einem Gefängnis aus sich aufeinander zu bewegenden Wänden eingesperrt gewesen und konnte nur stückchenweise seine Sinne wieder spüren… Er nahm einen weiteren tiefen Atemzug, öffnete seine unter Druck stehenden Augen und fragte sich, ob es normal war, dass ihn diese Meditation so viel Kraft kostete. Und im nächsten Augenblick fragte er sich, ob ihn etwas Reales aus der Trance zurückgeholt hatte… Er blinzelte und hörte es im oberen Stockwerk rascheln. Geräusche eines knarrenden Bettes, gefolgt von einer wimmernden Mädchenstimme, die ihn beunruhigte.

Er rief den Namen seines Gastes in die Stille der Glückshütte und weil er nicht sofort eine Antwort erhielt, trat er auf die müden Beine und hetzte in das obere Stockwerk. Konnte es sein, dass etwas nicht stimmte? Und das, obwohl er eine Warnanlage vor dem Haus angebracht hatte?

Das fahle Licht des sterbenden Tages drang lediglich von dem runden Fenster in der Zimmerdecke hinein und warf einen rosigen Schein auf Ariana, die mit einem ungläubigen Blick auf dem Bett hockte. Sie erblickte den jungen Helden mit spürbarer Erleichterung, hatte sich mit ihren Händen in die Bettdecke gekrallt und seufzte. Fragend musterte sie ihn in ihrer unvergänglichen Schönheit, eingenommen von dem schwindenden Licht…

„Stimmt etwas nicht?“, fragte er benommen und streckte sich vorsichtig. „Du hast… geschrien?“

Sie versuchte abzuwinken. Auf ihr blasses Gesicht trat Verlegenheit. „Ich… ich weiß nicht. Ich hatte das Gefühl, etwas beobachtet mich und dann bin ich aufgeschreckt“, erklärte sie.

„Was genau… also, was glaubst du, hat dich beobachtet?“

„Es ist schon okay… vielleicht war es nur Einbildung.“

„Du weißt, dass es in Hyrule nicht viele Dinge gibt, die nur eingebildet sind…“, erwiderte er. „Ich habe ja gesagt, du bist hier bei mir nicht sicher…“, setzte er murrend hinzu. In seinen sturmblauen Augen, die im fahlen Licht mit geballter Aussagekraft leuchteten, erstarkte ein alter Zorn, ein bitteres, selbstverachtende Gefühl, durch das der junge Held oftmals verletzende Dinge sagte.

„Link, bitte, werde nicht wieder ungerecht… und grantig…“, meinte sie trübsinnig. Sie begann mit ihren Händen zu spielen und starrte auf die Bettdecke.

Er knirschte mit den Zähnen und ihm war anzusehen, dass er mit sich rang. Ihm lagen weitere Vorwürfe auf der Zunge, die er versuchte zurückzuhalten. Ein alter Ärger kämpfte in ihm… bittere Vorwürfe brodelten, dass er andere in Gefahr brachte, wenn diese sich in sein Leben einmischten… und dass er es ohnehin nicht dulden wollte, wenn ihm jemand etwas vorschrieb.

„Und was hast du nun gesehen?“, fragte er launisch.

„Jetzt zügle verdammt nochmal deinen Tonfall, Link“, zischte Ariana schließlich.

„Du schreist hier oben herum und jetzt soll ich mich für irgendein Verhalten entschuldigen?“, brummte er. „Warum musst du mir auch ständig Probleme machen!“

„Das war sehr gemein von dir gerade eben…“, sprach sie trocken.

„Ich sage nur die Wahrheit. Es geht mir auf die Nerven, dass ich mir ständig um dich Sorgen machen muss…“

„Keiner erwartet, dass du dich um mich sorgst. Ich habe dich nicht darum gebeten!“

„Dann mach‘ doch, was du willst!“

„Ich verstehe nicht, warum du plötzlich so verärgert bist…“ Sie erhob sich und starrte ihm erbost entgegen, worauf er den Blick senkte und sich auf die Lippen biss. „Dann sag‘ mir halt, wenn du mich loswerden willst…“, murrte sie.

Er trat einen Schritt zurück und hatte nicht mit der plötzlichen Emotionalität in Arianas Augen gerechnet. Ihr soeben Gesagtes und das Gefühl des Verlusts trafen ihn wie ein Pfeil mitten ins Herz. Für einige Sekunden war jegliches Ärgergefühl aus ihm gewichen und alles, was blieb war Verwirrung. Er schluckte und spürte ein altes Schuldgefühl in sich hochkochen… Er kannte diese Situationen gefüllt mit falschen Worten und bohrenden, demütigenden Gefühlen. Er kannte diese Situationen, in denen jede Kommunikation versagte… und er kannte diese Situationen, in welchen er es nicht beherrschte jemandem zu sagen, dass er nur etwas Verständnis verlangte…

„Ich sehe es nicht ein so ungerecht behandelt zu werden“, sprach sie ruhesuchend.

„Entschuldige…“, hauchte er schwach.

Ariana bemerkte sehr wohl die Hilflosigkeit, die den vergessenen Heroen umfing, aber konnte kaum ihren eigenen Ärger unterdrücken. „Bei Nayru, wenn du so kaltschnäuzig wirst, wie soll man dann noch mit dir reden?“

Geknickt stand er vor ihr und ihr Zorn begann sich erneut schlafen zu legen. Selbst wenn Link sie mit Worten strafte, der Ausdruck von Bedauern, der sich zu schnell in sein ansehnliches Gesicht grub, ließ sie sich ebenfalls schuldig fühlen. Leicht benommen sank er auf die Bettkante. „Entschuldige…“, sprach er erneut und begann sich zu schämen.

„Jetzt hör‘ auf dich zu entschuldigen…“, sprach Ariana grantig und ließ in Gedanken das Gespräch Revue passieren. Und je mehr sie über die Diskussion, die Link und sie geführt hatten nachdachte, umso unsinniger fand sie jene. Wie oft hatte der junge Heroe gerade ,Entschuldige‘ gesagt?

„Ent…“, und noch bevor er das Wort erneut ausgesprochen hatte, blickte er in Arianas Gesichtszüge, wo neben einem Lächeln wenige Lachfalten standen.

„Wenn du jetzt noch einmal ,Entschuldige‘ sagst, fange ich an zu lachen“, meinte sie und musste angesichts der schief gelaufenen Kommunikation beinahe grinsen.

„Warum findest du das gerade so lustig?“

„Hast du uns beiden gerade zugehört?“

Ihm war anzusehen, dass er begann nachzudenken und seine Gesichtszüge entspannten sich, vielleicht weil ihm die Diskussion peinlich war. Wie ein kleiner Junge, der einen Süßwarenladen bestohlen hatte, blickte er drein und wurde rot im Gesicht je länger Ariana versuchte ihre Lachfalten zu besänftigen. Erneut begann sie die Diskussion in Gedanken zu erinnern und erneut zuckte eine spaßhafte Anspannung in den feinen Muskeln ihres Gesichts. Sie begegnete dem hilflosen Ausdruck Links, bis sie sich nicht mehr zügeln konnte und begann herzlich zu lachen. Sie lachte so heftig, dass ihr der Bauch weh tat und sie die Hände auf diesen drückte. Schließlich hockte sie sich ebenfalls auf die Bettkante und grinste. „Ich muss sagen, wenn alle Streitereien so enden könnten, würde ich wohl öfters streiten.“

„Das war jetzt… einfach nur… peinlich“, und Link bedeckte sein beschämtes Gesicht mit beiden Händen. Warum nur reagierte er aus Fürsorge so über?

„Das war beinahe goldig“, lachte die schwarzhaarige Schönheit. „Ich finde es ausgesprochen süß, wenn du dich so verhältst.“

„Willst du, dass ich noch beschämter werde?“, sprudelte aus ihm heraus, sein Gesicht war nun so rot wie Dins Feuerinferno. Aber Ariana lachte weiterhin und sie lachte so lieblich, dass jeder Ärger in Links Seele verflogen schien. Einige Minuten saßen sie schweigsam nebeneinander, lächelten beide verschmitzt, aber irgendwie dankbar. Und es war dann, dass Ariana begann zu erzählen.

Vor wenigen Minuten noch ruhte sie friedlich in dem Bett, ruhte in ihren Träumen, die sie nicht erinnern konnte, aber sie wusste, dass sie friedvolle, erholsame Träume verinnerlichte. Etwas zog sie aus ihrem Schlummer, das sie kaum benennen konnte. Es war zunächst ein sachtes Gemurmel, dann ein dumpfes Schaben, als kratzte weitentfernt ein Nagetier an morschem Holz. Sie blinzelte, versuchte das leise Geräusche in der Ferne zu ignorieren und zog die Decke etwas mehr über ihren hübschen Kopf. Aber das rufende Geräusch erstarb nicht. Vehementer werdend begann das Kratzen grober und lauter zu werden, bohrte sich in die bilderleeren Träume des ruhenden Mädchens und ließ sie nicht allein, wenn sie es nicht beachtete. Ganz vorsichtig schob sie die graue Decke aus billiger Wolle von ihrem Gesicht, nahm in der Dunkelheit nur spärlich etwas wahr, als plötzlich das kratzende Geräusch erstarb und sich in etwas verwandelte, dass ihr eine leichte Unruhe in den Körper trieb. Zunächst kaum offensichtlich, dann stärker, dann unheimlicher vernahmen ihre spitzen Ohren ein Knurren, das sie an den Wolfshund von William Laundry denken ließ. Ihre Augen suchten den Innenraum ab, hetzend, mit zunehmender Unruhe. Ariana fragte sich, ob sie den Ohren noch trauen konnte, konnte sie keinen Ursprung des Knurrens entdecken. Sie wand sich mit einer leisen Angst, die sich durch ihren Körper bahnte, spürte die raue Decke von ihrem zierlichen Körper rutschen, als sie sich aufrichtete und ging erneut mit den Augen auf Wanderschaft, konnte sie nach wie vor nichts entdecken… Sie hielt sich kurz die Hände an ihre Ohren, überprüfte, ob die Geräusche nicht nur in ihrem Kopf erklangen. Aber das Knurren blieb auch dann, als ihre Ohren nicht mehr bedeckt waren. Sie fragte sich, ob vielleicht Wulf von draußen knurrte, aber das Geräusch war zu nah… zu anders… und als sie sich inniger in die Decke krallte und gerade nach Link rufen wollte, wissen wollte, ob er auch etwas Seltsames hörte, erstarb das Geräusch mit einem Schlag, ließ Ariana in einer kurzandauernden Ahnungslosigkeit zurück. Erneut ließ sie ihre Augen von einer Zimmerecke in die andere schwenken, atmete tief durch in der verfrühten Hoffnung, dass jenes Knurren kaum etwas bedeuten mochte, als plötzlich aus der Zimmermitte, in einem rasenden Tempo und nicht zu einem realen Ursprung zurück verfolgbar, eine riesige golden schimmernde Bestie in Arianas Richtung sprang. Ein riesiges, wolfsähnliches Wesen, das so schnell verpuffte wie es aufgetaucht war und alles, was das Mädchen noch tun konnte, war laut zu schreien, in der Hoffnung doch noch aus einem Traum zu erwachen…
 

„Ich muss mir das eingebildet haben, vielleicht war ich im Halbschlaf“, erklärte Ariana zögerlich.

„Aber wieso solltest du dir einen geisterhaften, goldenen Wolf einbilden?“, sprach Link entrüstet und sprang auf die Beine.

„Vielleicht hab‘ ich von Wulf geträumt und hab‘ irgendetwas vertauscht.“ Die hübsche Schmiedtochter suchte nicht nur für sich selbst nach Erklärungen, sie wollte Link nicht mit seltsamen magischen Erlebnissen belasten.

„Ariana“, seufzte der vergessene Heroe. Ihm gefielen ihre Beschwichtigungen nicht. „Gehen wir einmal davon aus, dass die Erscheinung real war, hast du jemals von einer solchen Kreatur gehört?“

Sie schüttelte den Kopf und Link runzelte immer mehr die Stirn. „Ich frage mich gerade, ob es mit der Meditation der Farore zusammenhängt. Ich habe jene eben zu praktizieren versucht… bis du mich mit deinem Schrei aufgeschreckt hast.“

Sie lächelte unschuldig drein. „Das tut mir leid… ich wollte dich nicht von der Meditation abhalten.“

Link stutzte. „Irgendwie macht mich diese Meditation unsicher.“ Er rieb sich die Augen und trat zu dem leicht angefrorenen Fenster. Er beobachtete die Welt vor der Tür, suchte mit seinem Blick nach Verborgenem und dem sich verflüchtigenden Unheil, das in Hyrule in den Nächten umher wanderte. „Wenn solche seltsamen Dinge geschehen, wenn ich diese Trance versuche, wobei soll mir diese dann helfen? Es ist eher so, dass es mich sehr viel Kraft kostet“, sprach er mehr zu sich als zu Ariana. Er berührte mit einer warmen Hand die eisige Fensterscheibe und sah am Horizont die Sichel des Mondes funkeln.

„Mmh“, hauchte die jugendliche Schönheit über ihre Lippen und trat zu Link heran, auch sie konnte die funkelnde Sichel des Mondes sehen. „Magie hat immer ihre Tücken… und so eine spezielle Trance einer Schutzgöttin ist beinahe so, als zapfst du Farores Energie an. Es ist nun mal kein Schlaf, kein Traum und keine Entspannung“, setzte sie leise hinzu. Die kristalline, eisige Welt außerhalb bewundernd, blickte sie über Links Schulter. „Aber es gibt einen Grund, dass du diese Arbeit auf dich nimmst.“

Wie erstarrt sah der junge Heroe nach draußen in die atmosphärische Stille, wo Tausende Geheimnisse ruhten. „Undora sagte mir, ich muss diese Trance meistern, sonst erhalte ich kaum eine Antwort auf die ungeklärten Ereignisse in den letzten Wochen…“

„Deine Amnesie… der Mord an Hopfdingen… und der Angriff am Destiniatempel“, sprach sie stockend und realisierte erst in dem Augenblick wie nah sie ihrem mittlerweile sehr wertvollen Freund war. Link blickte hinaus in die Welt, ließ sich von ihrer Nähe kaum beirren. Sie war ihm nahe, sodass ihr Atem sein rechtes Ohr kitzelte, weil sie sonst kaum aus dem winzigen Fenster blickten konnte. „Du hast bisher nichts über den Angriff erzählt…“, sprach sie vorsichtig, auch mit der Gefahr, dass er erneut verärgert reagierte. Sie wollte ihn nicht drängen, aber irgendetwas in ihr verlangte nach diesem Wissen, verlangte nach Antworten. Sie konnte spüren, dass ihn dieses Ereignis auf der Seele brannte. Etwas war geschehen am Tempel der Destinia, das er vielleicht niemals erzählen würde…

Link neigte den Kopf seitwärts und in der Dunkelheit, erleuchtet von gleißendem Mondlicht konnte Ariana seine Seelenspiegel mustern. Sie sah keinen Ärger darin. Zögerlich legte sie eine Hand auf seine rechte Schulter. „Erzähl‘ mir von dem Angriff der Dämonen“, sprach sie inständig. Er blieb zunächst schweigsam, ein tiefer Atemzug verriet Sorge und Widerwillen.

„Du kannst mir alles anvertrauen…“

„Ariana… bitte…“, murmelte er, hauchte jene wenigen Worte zwanghaft und hoffend auf Verständnis. Da war dieses stille Leid in dem Klang seiner Stimme, das sie bestürzte. Es reichte ein kleines Wort wie ,Bitte‘ und sie spürte eine Flut an Bildern und Gefühlen in sich aufbrechen. Links Schmerzen, die er am Tempel der Destinia erfahren hatte, diese tiefe Sorge um das Wohl anderer und der Wille andere mit seinen Erlebnissen nicht zu belasten. Seine Einsamkeit… seine Sehnsucht… Sie presste ihre Hände auf ihr Herz nur um jene sofort zu öffnen. Instinktiv wusste sie, dass jetzt der passende Zeitpunkt war für eine lange überfällige Geste… für etwas, das Link verdient hatte. Ohne zu fragen schloss sie den jungen Mann in eine Umarmung, drückte seinen Kopf auf ihre Schulter und spürte die Unsicherheit in ihm. Er zitterte ein wenig, obwohl er immer ruhiger und entspannter wurde.

„Ich hab‘ dich nicht überrumpelt, oder?“, murmelte sie.

Er schüttelte den Kopf in ihrer Umarmung und seufzte. Zu seiner eigenen Überraschung tat die Umarmung gut.

„Was hältst du davon, dass du den Kamin noch einmal anfeuerst und wir über das reden, was wichtig ist… die Wärme des Feuers kann Herzen öffnen“, meinte sie und streichelte seinen Nacken.

Nein, dachte Link, es war Arianas Umarmung, die gerade in dem Moment sein Herz ein wenig geöffnet hatte… mit einer Geste, die er seltsamerweise zulassen konnte. Es wusste, trotz der Dunkelheit dass sie lächelte, auch dann, als sie die Treppe ins Erdgeschoss hinab ging und ihn hinter sich her schleifte. Und das erste Mal seit langer Zeit spürte Link den Wunsch mit jemandem zu reden… auf einer innigen, vertrauten Ebene, so wie er manchmal mit Saria geredet hatte…
 

„Feuer hat tatsächlich etwas Uraltes, Mythisches…“, sprach Ariana, als ein lichtes Feuer im Kamin pulsierte. „Feuermagie… jedoch ist eine eher komplizierte und gefährliche Geschichte“, setzte sie hinzu. Sie macht es sich auf dem alten Bärenfell vor der Wärmequelle gemütlich. Link bediente sich währenddessen von der Suppe, genoss eine weitere Portion in seinem Magen.

„Ich konnte einst… Dins Magie benutzen, einen tosenden Ring aus Feuer, aber dieser würde die gesamte Hütte abfackeln“, sprach Link erheitert. Die Erinnerung daran, als er diesen Effekt das erste Mal eingesetzt hatte, überwältigte ihn mit Frohsinn. Er hatte die Wirkung jener Magie völlig unterschätzt und bei seinen Brüdern, den Goronen, einen Feueralarm ausgelöst.

„Du kannst die Magiegeister beherrschen, Link… Erzähl‘ mir davon.“

„Was genau möchtest du wissen?“, schmatzte er und genoss das leckere Hylanor.

„Was hast du in der Ritterschule so gelernt? Gibt es aus dem Zauberunterricht etwas, das dich begeistern konnte.“

Er sah nachdenklich auf und stellte die Suppenschale vor sich auf den Boden. „Es ist eher so, dass es kaum etwas gibt, das für mich neu wäre…“, erklärte er. „Wir haben im Zauberunterricht einige Grundlagen kennengelernt, aber es ist ein eher unbedeutendes Feld, da die meisten Ritterschüler eben keine Hexer sind.“

„Dabei ist es entschieden von Vorteil Magie im Kampf einzusetzen.“

„Ich habe es eher wenig beachtet…“, murmelte er. „Ich muss gestehen, dass es mir manchmal schwergefallen ist Magie zu kontrollieren.“

„Vielleicht liegt es daran, dass du zu mürrisch bist“, lachte sie. „Der Magie gefällt dies nicht.“

Er warf ihr einen zynischen Blick entgegen und rümpfte die Nase.

„Magie ist etwas sehr Feines, Lebendiges, das einen eigenen Willen entwickeln kann. Manchmal so sehr, dass sie dem Ausübenden alle Energie abverlangt. Und sie zu halten gleicht einem Pfad auf einem dünnen, rissigen Schleier. Magie will verstanden und oftmals begehrt werden…“

„Das klingt so, als wüsstest du eine Menge über Magie“, kombinierte der Ritterschüler.

„Ich habe eben sehr viel Lebenserfahrung“, kicherte sie mit dem Versuch seinen Scharfsinn zu beschwichtigen.

„Das glaube ich ja noch weniger“, murmelte er und schenkte ihr einen weiteren misstrauischen Blick. Aber auch jenem Blick begegnete das geheimnisvolle Mädchen mit Wärme und Zuneigung, die ihre Gesichtszüge erstrahlen ließen. „Ich mag deinen Zynismus, Link.“

Er zwinkerte und ließ Worte über den Mund wandern, zu denen er sich noch nie hatte hinreißen lassen. „Ich mag deinen auch…“

Verwundert hob Ariana ihre Augenbrauen und begutachtete die Verlegenheit in Links Gesichtszügen. Hatte er gerade einen Hauch von Zuneigung in seine Worte gebracht?
 

Er wendete sich ab, begann leicht zu erröten. „Ich hatte schon die Befürchtung, dass Prüfungen stattfinden, aber das Lehrpersonal hat sich entschieden diese endgültig an das Ende des Schuljahres zu setzen, weil so viele Dinge geschehen sind… der Mord an Hopfdingen… der Angriff am Destiniatempel“, sprach Link unsicher, ihm war anzusehen, dass er von seinem Gesprächsthema ablenken wollte und sich damit verrannt hatte. Das Gespräch schien eine unerwartete Wendung zu nehmen.

„Mir ist klar, dass es nicht leicht für dich ist darüber zu reden“, sprach sie und berührte seine linke Schulter. „Ich hoffe aber, du kannst es mir anvertrauen.“

„Das ist nicht das Problem…“, entgegnete er seufzend.

„Du vertraust mir?“

„Ich weiß nicht…“

Aber auch dies hatte sie erwartet. Mehr konnte sie nicht von ihm verlangen. „Was ist es dann, Link?“ Sie wusste aus einem Funken in ihrem Inneren, dass sie nachbohren musste.

Er hüpfte auf die Beine. Während Ariana geduldig auf eine Antwort wartete, marschierte er auf und ab. „Ich will nicht darüber reden…“, knurrte er und verschränkte die Arme.

„Davon wird es aber auch nicht besser“, sprach sie vorsichtig und ließ ihren Blick im Feuer versinken.

„Aber ich kann absolut überhaupt nichts tun… was soll das Reden schon bringen!“, platzte es aus ihm heraus.

„Natürlich wird es vom Reden nicht besser. Deshalb musst du beginnen mit anderen sachgemäß darüber zu diskutieren.“

„Bei Farore, du bist die Sturheit in Person“, seufzte er.

„Und ich werde so lange stur bleiben bis du endlich mit der Sprache rausgerückt bist!“, rief sie. Arianas wache, helle Augen loderten mit diesem fernen Feuer, das es schien als könnte sie absolut alles damit erzwingen. „Link“, sprach sie laut und eindringlich. „Es ist genug jetzt mit diesem Affentheater. Du brauchst Antworten! Ich brauche Antworten. Brich‘ dein Schweigen endlich oder ich sauge dir die Worte auf andere Weise aus dem Mund!“ Und damit erhob sie sich ebenfalls und thronte sich vor ihm auf. Link blinzelte verschwitzt und fragte sich heimlich, ob alle Mädchen ab einem gewissen Punkt auf diese Weise reagierten. Er kannte diesen Tonfall von Naboru… aber vor allem von Zelda…

Verbissen sah sie ihm entgegen und versuchte mit aller Gewalt das Blinzeln zu unterdrücken.

„Ariana, was hast du davon, dass ich dir die Dinge erzähle, ich weiß so gut wie nichts über dich und deine Motive“, sprach Link schließlich und war froh, seinem Misstrauen ihr gegenüber endlich Luft gemacht zu haben. „Glaubst du, ich merke nicht, wie eigenartig unsere Begegnungen verlaufen sind und wie eigenartig unsere Form von Freundschaft ist.“ Link rieb sich über die Augen, als er sich erklärte. „Du hast einige Geheimnisse, Ariana… und das spürt man einfach…“

Sie seufzte. „Nun ja, ich schätze, ich habe nicht mehr Geheimnisse als du…“

„Das war ein guter Konter…“, murmelte er.

„Wir sind uns ähnlicher, als es den Anschein hat…“, sprach sie und schürte noch mehr Misstrauen in Links Gemüt.

„Und doch kennen wir uns kaum…“

„Wir kennen uns soweit, dass es reicht…“

„Reicht… wofür?“

Etwas verlegen schloss Ariana die bernsteinfarbenen Augen. „Wir werden sehen…“ Und damit lächelte sie in das pulsierende Feuer. „Aber im Ernst jetzt, Link… was hältst du davon mehr Magie einzusetzen?“, lenkte sie ab. „Ich könnte dir helfen sie zu führen.“

„Sieh‘ einer an… jetzt hast du dich verraten. Du bist also doch begabt in Magie, richtig?“

„Vielleicht“, lachte sie und fokussierte ihren Blick nach wie vor in das flackernde, heiße Feuer. „Aber das werde ich dir nicht verraten“, und damit grinste sie verschmitzt.

Irritiert und beleidigt erwiderte Link Arianas Blick und wusste, dass sie ihm gewiss nicht mehr dazu sagen würde. Die jugendliche Schönheit streckte sich und lehnte sich zurück, noch immer umschmeichelte ein Grinsen ihr hübsches Gesicht.

„Und wie genau, willst du mir beibringen, Magie besser zu nutzen?“

„Das sage ich dir, wenn du mir über den Angriff der Dämonen berichtest“, sprach sie schlagfertig.

„Das ist… erpresserisch“, und Link verschränkte die Arme.

„Mag sein“, lachte sie und noch immer ließ sie ihre bernsteinfarbenen Augen von dem zarten Feuermeer und den glühenden Kohlen, die es verzerrte, bespiegeln.

Und es war dann, dass Link erneut auf und ab marschierte. Diese vertraute Situation mit Ariana, dem eigensinnigen Mädchen, hier den Winter zu verbringen, ließ ihn sich für wenige Augenblicke, aber so spürbar tief, beinahe wie einen gewöhnlichen Burschen in Hyrule fühlen. Hier waren sie beide im tiefsten Winter, in einer unbekannten Hütte, genossen es auf eine seltsame Weise sich zu unterhalten, genossen so etwas einfaches und doch unsagbar edles wie das wärmende Feuer und ließen Worte über die Lippen gleiten, die gesagt werden mussten, die aber auch so etwas wie Lebensfreude in sich trugen. Mit Ariana hier zu sein, war nicht wirklich vertraut, es war nicht wirklich seltsam und es war nicht wirklich notwendig… aber irgendwie fühlte es sich für den vergessen Heroen richtig an.

Er beobachtete sie mit Neugierde, erstaunte an dem stillen, genügsamen Lächeln in ihrem Gesicht, während sie die Feuergeister schwinden und entstehen sah. Und wohin auch immer diese Stunden mit ihr führen würden, für Link gab es gerade nur noch ein Gefühl der Sicherheit.

„Ariana…“, sprach er Vertrauen suchend, und er sprach ihren Namen leise und langsam, so melodiös wie man einen Namen nur sagen konnte, dass sie seinem Blick voller Erwartung begegnete. „Ein Teil von mir… weiß…“, begann er, und doch fiel es ihm so schwer, seine Stimme atmen zu lassen. „… ein Teil weiß…“, und doch zögerte er. „dass ich dir vertrauen kann… Aber, was den Angriff am Tempel der Destinia angeht…“ Er atmete erneut tief durch und in seine Gesichtszüge trat Schmerz.

„Link…“, murmelte sie und lächelte leise. „Es ist in Ordnung.“ Sie berührte mit beiden Händen sein Gesicht. „Wenn ich etwas gelernt habe besser zu machen, während ich das Leben in Hyrule verstanden habe, dann das, auch dir zu vertrauen. Wenn es dich so schmerzt über den Angriff zu sprechen, dann erzähl‘ es mir, wenn du so weit bist.“

Link blinzelte mehrfach, weil ihm Arianas plötzliches Verständnis in dieser Angelegenheit erschien, als hätte sie plötzlich ihre Gestalt gewechselt. Hatte sie nicht die gesamte Zeit versucht alle möglichen Informationen aus ihm herauszupressen?

„Warum… bist du plötzlich damit zufrieden?“

Sie lächelte einmal mehr. „Weil du mir gesagt hast, dass zumindest ein Teil von dir mir vertraut. Mehr wollte ich gar nicht.“ Sie nickte und wünschte ihm eine Gute Nacht. Mit noch mehr Verwirrung als vorher ließ sie den jungen Link in seinen ungeklärten Fragen zurück und ging in das obere Stockwerk. Und als er seinen Blick noch einmal in das Feuer lenkte, so hatte er für Sekundenbruchteile das Gefühl in dem Schwall aus Rauch und Feuer etwas zu entdecken, dass sich sehnsüchtig und gewaltvoll aus dem Flammengestrüpp erhob. In dem Feuer spannte sich ein Netz der Energie… eine feine Grundader des Lebens, die pulsierte. Link zwinkerte und als er erneut den Fokus in die Flammen richtete, war dieser Eindruck von etwas Uraltem wieder verschwunden. Vielleicht, so dachte er, war es mit der Magie wirklich so, wie Ariana sagte. Magie wollte verstanden werden und erst in jenen Momenten, wo Link im Einklang mit sich sein konnte, erst dann, wäre er in der Lage das Antlitz von etwas so uraltem wie der Magie zu verstehen…



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Kommentare zu diesem Kapitel (6)

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Von:  Seoko
2019-03-14T05:56:29+00:00 14.03.2019 06:56
Meine Güte das war lang! Aber so sehr lohnenswert dass ich richtig froh bin zu sehen dass du weiter schreibst!!! :)
Antwort von:  Faylen7
26.03.2019 22:47
Die Motivation weiterzuschreiben habe ich nach wie vor... was weiß ich, vielleicht bin ich bloß zu stur um aufzugeben. *lach* Gerade für KgdS liegen mir einige kommende Kapitel total am Herzen. Ich hoffe, ich finde die Zeit. Danke!
Antwort von:  Seoko
27.03.2019 05:24
Oh ja das hoffe ich auch!!! <3
Von:  Eniko
2019-02-23T14:33:54+00:00 23.02.2019 15:33
Oh wie ich einfach das Update verpasst hab -.-
Es geht weiter!ich freue mich so ♡ das Kapitel war toll!
Ich hatte praktischerweise erst vor ein paar Monaten alle Kapitel nochmal gelesen xDD
Antwort von:  Faylen7
26.03.2019 22:45
Danke sehr, ich hoffe aber auf ein wenig mehr Kritik und Verbesserungsvorschläge :-) lg
Antwort von:  Eniko
20.04.2019 00:08
Das überlasse ich den anderen ;)
Darin bin ich nicht sonderlich gut - ich genieße nur was ich lese ;3 mich stört wenig und wenn hab ich es is ich fertig gelesen hab meistens vergessen, weil es nicht tragisch fand xD
Von:  Kittykate
2019-01-06T19:38:47+00:00 06.01.2019 20:38
Hi, du bist wieder da!!!
Wie cool, erst heute hab ich die Geschichte von vorne begonnen zu lesen ^^, bin aber noch nicht weit gekommen und jetzt hast du ein neues Kapitel eingestellt. Schicksal? Gedankenübertragung? Wie sehr ich mich gefreut habe, kann ich grad gar nicht in Worte fassen!
Willkommen zurück!!!
Und ein so schönes Kapitelchen im Gepäck. Da es ja nun doch schon länger her ist, war es ein bisschen schwierig reinzufinden, aber dann hatte ich es doch schnell wieder in Erinnerung mit Arianas Vergiftung und Undosas Hilfe. Es ist so als wärst du nie weg gewesen :-)

Oh, wie schön die Zeit zwischen Ariana(Zelda????) und Link ist und dieser Zwiespalt, zwischen Vertrauen und sie ist doch eigentlich vollkommen fremd für ihn, ist so nachvollziehbar.

Ob diese Erscheinung Arianas mit Links Meditation zusammenhängt? Du machst das aber auch spannend.

Sehr toll und ich hoffe du schreibst bald weiter :-)
Antwort von:  Faylen7
04.02.2019 21:33
Da sagst du etwas, auch für mich war es verdammt schwer wieder in die Geschichten reinzufinden... bei manchen Kapiteln habe ich mir echt gedacht: oh mann, wann hast du das eigentlich geschrieben O.O

Danke sehr für den echt flinken Kommentar. Ich war mega überrascht, dass so schnell gelesen wurde und das nach der langen Zeit. lg
Von:  Shimanai
2019-01-06T19:29:05+00:00 06.01.2019 20:29
Ich habs noch nicht gelesen... aber... OMG du bist wieder da! Diese Story ist zu grandios um sie fallen zu lassen. Vielen Dank!!!
Antwort von:  Faylen7
04.02.2019 21:30
Hey, um das klarzustellen, die beiden großen Fanfics werden niemals fallen gelassen und wenn ich mit siebzig noch schreiben *lach* Danke sehr, dass auch du noch immer liest. ^^
Von:  Cossette_Mirage
2019-01-06T16:45:12+00:00 06.01.2019 17:45
Ok.
Ok... Ich muss jetzt erstmal auf diese Situation zurecht kommen bevor ich mir die Zeit nehmen kann vernünftig einen Kommentar zu schreiben.

Faylen... Du bist zurück. Willkommen meine Liebe.
Wir haben dich schmerzlich vermisst.
Antwort von:  Faylen7
04.02.2019 21:29
Hi, und ich werde versuchen jeden kleinen Funken Zeit in die Fanfics zu investieren... ich habe das Schreiben echt vermisst. O.O


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