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Chiisana LOVE-STORIES

Die ultimative Anime-Crossover-Dating-Fanfic
von

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Love und Miyako - Sonnenschein

Von Ditsch
 

*tiefe Verbeugung vollführ*

Es tut mir unendlich leid, dass ihr schon wieder so lange auf mein Kapitel warten musstet U____U Und diesmal kann ich es nichtmal mit Stress rechtfertigen, da die Deadline am Ende der Ferien lag... Und dann fing die Schule wieder an und ich hatte überhaupt keine Zeit mehr ^^"

Na gut, jetzt bin ich fertig und ich bin wirklich überrascht, wie lang die Geschichte geworden ist... Ich hoffe, das stört euch nicht ^^"

Zum Pairing: Es handelt sich um ein Wunschpairing von Alaiya, der das Kapitel natürlich auch gewidmet ist =) Und da sie Geburtstag hat (der einzige Vorteil daran, dass ich so lange gebraucht habe xD), ist es auch gleichzeitig mein Geburtstagsgeschenk. Alles Gute!

So, und jetzt viel Spaß beim Lesen dieser Geschichte, deren Titel ebenso gut „Gleich und Gleich gesellt sich gern“ lauten könnte, wie ich beim Schreiben immer wieder festgestellt habe =3
 

           Sonnenschein
 

„Bingooo!“

Miyakos triumphaler Ruf schallte durch das ganze Haus, sodass alle Anwesenden überrascht aufsahen. Es war eine ihrer beiden älteren Schwestern, Chizuru, die sie zuerst fragte: „Was ist denn mit dir los?“ Sie hatte sich zwar längst an die gelegentlichen Gefühlsausbrüche ihrer Schwester gewöhnt, aber diesmal schien sie sogar noch besser drauf zu sein als sonst, denn das Grinsen, das sich nach dem Lesen eines Briefes, den sie gerade geöffnet hatte, bei ihr eingestellt hatte, schien gar nicht wieder verschwinden zu wollen.

„Ich hab gewonnen!“, trällerte Miyako und erläuterte, bevor ihre Schwester nachfragen konnte: „Ich hab doch bei diesem Gewinnspiel mitgemacht, bei dem man eine Konzertkarte für den Auftritt von Trinity gewinnen konnte. Und ich hab sie tatsächlich gewonnen!“

Mit tänzelnden Schritten und noch immer fast schon wahnsinnig grinsend hüpfte sie die Treppe hoch und betrat ihr Zimmer, in dem ihr Digimon Poromon auf dem Bett saß – so man bei einem eiförmigen Digimon ohne Beine von sitzen sprechen konnte.

„Was ist passiert, Miyako?“, fragte es und blickte erst das Mädchen mit den lila Haaren und dann den Brief in ihrer Hand an.

„Ich hab's geschafft!“, rief sie und stieß die Faust in die Luft. Auch Poromon hatte keine Zeit, Fragen zu stellen, denn schon zeigte Miyako mit der Hand auf das riesige Poster über ihrem Bett, auf dem drei junge Frauen in knappen Outfits zu sehen waren, die selbstsicher in die Kamera blickten.

„Ich fahre zum Trinity-Konzert!“, verkündete Miyako stolz und nahm dann Poromon in den Arm, um ihm ihre Freude durch eine Umarmung mitzuteilen. Dieses hätte es wahrscheinlich vorgezogen, wenn sie es ihm einfach erzählt hätte.

Sowieso waren seine Nerven in letzter Zeit ein wenig strapaziert worden. Seit Miyako an einem besonders heißen Sommertag im Wohnzimmer gesessen und beim Zappen zufällig auf eine Dokumentation über Trinity gestolpert war, sprach sie von nichts anderem mehr. Diese drei Frauen waren im Grunde nichts weiter als eine Tanzgruppe, doch scheinbar waren sie bei vielen Mädchen in Miyakos Alter recht beliebt, auch wenn Poromon das nicht so ganz nachvollziehen konnte. Sein einziger Trost dabei war, dass diese Phase schon vorbeigehen würde, so wie immer bei Miyako und bei jedem anderen Teenager.

„Ach, übrigens, Poromon?“, riss Miyako ihr Digimon aus den Gedanken. „Du hast die große Ehre, mich zu dem Auftritt zu begleiten!“

„Super!“, sagte Poromon so begeistert wie es konnte, während es innerlich einen tiefen Seufzer ausstieß.
 

Schließlich, an einem schwülen Junimorgen, war es dann so weit: Miyako machte sich, einen großen Rucksack mit Verpflegung auf dem Rücken und Poromon auf dem Arm, auf den Weg zum nächsten Bahnhof, von dem aus sie dann direkt in die kleine Stadt namens Yotsuba Town weiterfahren würde, in der das Konzert stattfinden würde.

Diese erreichte sie dann auch planmäßig um kurz nach drei Uhr nachmittags, auch wenn es ihr vorkam, als wäre sie mehrere Tage unterwegs gewesen. Während der ganzen Fahrt hatte sie sich mit Poromon über Trinity unterhalten, sich ein paar Bilder der Gruppe auf ihrem Handy angesehen oder einfach nur ungeduldig aus dem Fenster gesehen. Sie war zwar ein Digiritter und hatte schon vielen Gefahren getrotzt, aber vor keinem noch so wichtigen Kampf war sie bisher so aufgeregt gewesen wie heute.

Yotsuba Town war, wie Miyako bei ihrer Ankunft feststellte, gar nicht so klein, wie sie gedacht hatte. Der Bahnhof lag auf einer Anhöhe, sodass sie von dort aus einen recht guten Ausblick hatte. Das Stadion war etwas weiter außerhalb, sodass sie sich dagegen entschied, den Weg dorthin zu Fuß zurückzulegen. Natürlich hatte sie sich schon im Voraus darüber informiert, welchen Bus sie nehmen müsste, um dorthin zu kommen, schließlich sollte nichts schiefgehen.

Während sie an der Haltestelle auf und ab lief, schielte Poromon zu ihrem Gesicht hinauf, in dem deutlich ihre Nervosität und Vorfreude zu erkennen waren. Erst jetzt kam ihm die Idee, dass ihre Liebe zu Trinity vielleicht auch schon etwas mehr war als eine einfache Teenie-Schwärmerei. Zumindest hatte sie bisher noch nie jemanden so sehr vergöttert wie diese drei Frauen, von denen sie, wie sie Poromon während der Zugfahrt anvertraut hatte, nicht etwa die rosahaarige Leaderin Miyuki, sondern die rothaarige Nana am liebsten mochte. Insgeheim hatte das Digimon sich gefragt, weshalb sie als Mädchen sich nicht etwa für große, muskulöse Männer sondern für Frauen interessierte. Aber da sie augenscheinlich nicht die einzige war, die so von der Gruppe begeistert war, hatte es diese Frage lieber für sich behalten.
 

Als der mit lauter Mädchen ihres Alters gefüllte Bus das Stadion erreichte, in dem das Konzert stattfinden würde, staunte Miyako nicht schlecht: Nicht nur die Stadt war größer als erwartet, auch der Veranstaltungsort war einfach nur gewaltig. Miyako fragte sich, wie viele Leute wohl darin Platz fanden. Bei dem Gedanken daran, mitten zwischen Menschen zu sitzen, die genauso für Trinity empfanden wie sie, begann es in ihrem ganzen Körper zu kribbeln und sie konnte nicht anders, als einen lauten Freudenschrei auszustoßen. Nach diesem wurde sie nicht einmal komisch angeguckt, denn all die anderen, die hier waren, waren ebenso drauf wie sie.

„Guck mal, wir sitzen in der ersten Reihe“, flüsterte Miyako Poromon zu und hielt ihm ihr Ticket vor den Schnabel.

„Du bist echt ein Glückspilz!“, betonte Poromon. So langsam fand es auch Gefallen an der ganzen Sache. Wenn so viele Menschen extra hierherkamen, um diese drei Frauen tanzen zu sehen, dann mussten sie wirklich ziemlich gut sein. Das Digimon hatte zwar schon das eine oder andere Video von ihnen gesehen – was in Miyakos Nähe überhaupt nicht zu vermeiden gewesen war in den letzten Wochen – hatte dem Ganzen aber nie wirklich seine Aufmerksamkeit geschenkt.

„Ist das hier dein Platz?“, fragte es und zeigte unauffällig mit dem kleinen Flügel in Richtung eines noch leeren Sitzplatzes. Miyako, die ihren Blick auf die riesige Bühne gerichtet hätte, wäre fast daran vorbeigelaufen.

„Oh!“, machte sie. Sie überprüfte noch einmal die Platznummer auf ihrem Ticket, dann ließ sie sich auf dem Plastikstuhl nieder. Auf ihrer rechten Seite saß ein schwarzhaariger Junge, höchstens sechzehn Jahre alt, der die Arme verschränkt und die Augen geschlossen hatte. Da das Mädchen neben ihm den Kopf auf seiner Schulter liegen hatte, nahm Miyako an, dass sie ein Pärchen waren und sie ihn dazu überredet hatte, sie zu begleiten.

Zu ihrer Linken saß ein Mädchen, das etwa so alt aussah wie sie selbst. Sie hatte ihr struppiges strohblondes Haar zu zwei niedlichen oben am Kopf angesetzten Zöpfen zusammengebunden und trug ein rosa Top mit einem Kleeblatt auf der Brust, dazu Hotpants aus Jeansstoff.

„Hey“, sprach Miyako sie kurzerhand an.

„Hi“, begrüßte das Mädchen sie ebenfalls und schenkte ihr ein fröhliches Grinsen. „Hast du auch das Glück, in der ersten Reihe sitzen zu dürfen?“

Miyako nickte aufgeregt. „Ja, ich hab die Karte bei ’nem Preisausschreiben gewonnen. Und du?“

„Ich hab sie von ’ner Freundin zum Geburtstag geschenkt bekommen. Das war echt eine Überraschung.“ Sie lachte.

Miyako hob überrascht die Augenbrauen. „Einfach so? Ich habe gelesen, dass eine Karte fast 7000 Yen kostet!“

Verlegen kratzte sich das Mädchen am Hinterkopf. „Ach, na ja...“, murmelte sie und errötete ein wenig. „Meine Freundin hat sie kostenlos bekommen, weißt du, sie ist -“

„Wow!“, staunte Miyako. „Du scheinst ja die richtigen Leute zu kennen!“

„Ja, scheint ganz so“, bestätigte die Blonde und lachte.

Einen kurzen Moment lang schwiegen die beiden, dann sagte Miyako: „Ich habe mich noch gar nicht vorgestellt. Ich bin Miyako! Freut mich wirklich, dich kennenzulernen.“

„Ich bin Love“, stellte sich das Mädchen vor.

Miyako grinste. „Was für ein süßer Name!“

„Oh, danke“, sagte Love schnell und grinste ebenfalls.

Man könnte meinen, sie wären Schwestern..., dachte Poromon, das auf Miyakos Schoß saß und sich Mühe gab, sich so wenig wie möglich zu bewegen, damit keine lästigen Fragen aufkamen. Zum Glück achtete keiner auf es, sodass es nicht ganz so vorsichtig sein musste wie sonst häufig.

Das Gespräch der beiden Mädchen verlief währenddessen weiter, Miyako erzählte von ihren Geschwistern und dem Laden ihrer Eltern, von all ihren netten Freunden und von dem Tag, an dem sie das erste Mal von Trinity gehört hatte, während Love über die Schule, die nervigen Jungs dort, ihren Lieblings-Donutbäcker im Stadtpark und ihrem Frettchen namens Tarte erzählte. Wenn ihnen zu einem Thema nichts mehr einfiel, vergingen kaum zehn Sekunden, bevor einer wieder zu quasseln begann – manchmal auch beide gleichzeitig. Dann lachten sie und versuchten den anderen zu überreden, doch als erster zu erzählen, was er sagen wollte.

Erst, als über die Lautsprecher angesagt würde, dass nun Trinity die Bühne betreten würden, verstummten sie beide schlagartig und sahen zur Bühne, auf die nun etliche Scheinwerfer in allen Farben des Regenbogens gerichtet wurden.

Leise begann die Musik zu spielen, dann kamen die drei Tänzerinnen mit langen, selbstsicheren Schritten zur Mitte der Bühne stolziert und sorgten dafür, dass die Musik in einem donnernden Applaus unterging. Sie trugen zwar ihre üblichen Farben – Rot bei Miyuki, Blau bei Reika und Lila bei Nana – doch Miyakos geschultes Auge erkannte sofort, dass die Kostüme, die sie bisher getragen hatten, ein wenig modifiziert worden waren. Sie interessierte sich zwar nicht so sehr für Mode, doch sie musste zugeben, dass der Designer dieser Kostüme ein Auge dafür hatte, denn die neuen Outfits sahen noch besser aus als die vorherigen, von denen Miyako ebenfalls begeistert war.

Trinity verbeugten sich kurz – natürlich vollkommen synchron – woraufhin wieder Stille herrschte. Nachdem sie ein paar Mal mit dem Fuß im Takt der Musik auf und ab gewippt hatten, begann die Show.

Hätte Poromon sie nicht mit dem Flügel angestupst, hätte Miyako vergessen, ihren vor lauter Bewunderung geöffneten Mund wieder zu schließen. Doch als sie einen schnellen Blick zur Seite warf, stellte sie erleichtert fest, dass es Love nicht anders ging.
 

Die letzten Takte der Musik verklangen und auch Trinitys Abschlusstanz ging zu Ende. Die drei Frauen verbeugten sich tief. Sofort sprang Miyako – und mit ihr der Rest des Stadions – auf und begann wie wild zu klatschen und zu pfeifen. Sie hatte zwar schon etliche Shows der Gruppe gesehen, doch diese hatte ihr mit Abstand am Besten gefallen, was vielleicht auch daran lag, dass ein Live-Auftritt einfach etwas komplett Anderes war, als sich das Ganze nur im Fernsehen anzuschauen.

Trinity warfen ihren Fans noch Kusshände zu, wobei Miyako das Gefühl hatte, dass Miyuki die ganze Zeit nur in Richtung von Love schaute. Überrascht blickte sie ihre neue Freundin an.

Als die Tänzerinnen die Bühne verlassen hatten und der Applaus langsam verebbte, fragte die Lilahaarige sofort: „Ist die Freundin, von der du die Karten bekommen hast, etwa Miyuki?“

Love nickte verlegen, auch wenn es sie wunderte, dass Miyako so schnell darauf gekommen war. „Ja, wir kennen uns schon eine ganze Weile...“

„Wow!“, staunte Miyako. „Na ja, ich werde sie ja auch gleich kennenlernen.“ Aufgeregt sprang sie von ihrem Sitz auf.

Love sah sie strahlend an. „Hast du auch eine Backstage-Karte?“

Miyako nickte, über das ganze Gesicht grinsend. „Du etwa auch?“

Love bestätigte dies. Miyako fiel ihr um den Hals. „Dann kannst du mich ja auffangen, falls ich in Ohnmacht fallen sollte!“
 

So schlimm wurde es dann doch nicht, auch wenn Miyako schon ziemlich weiche Beine bekam, als Miyuki und Reika auf einmal den Raum betraten, in dem sie und Love mit etwa zehn weiteren Fans saßen. Sie war zwar etwas enttäuscht, dass Nana wegen eines anderen wichtigen Termins nicht erscheinen konnte, doch im Grunde reichte es ihr schon, den beiden anderen Tänzerinnen so nahe zu sein. Außerdem war sie sich sicher, dass sie bei Nanas Anblick ganz sicher das Bewusstsein verloren hätte.

Die kleine Backstage-Fragerunde ging viel zu schnell vorbei und Miyako war so beschäftigt damit, all die Informationen, die Miyuki und Reika preisgaben, in sich aufzunehmen, dass sie gar nicht dazu kam, selbst Fragen zu stellen.
 

„Ich hätte gerne noch länger mit ihnen geredet...“, gab Miyako zu, als sie mit Love das inzwischen bis auf ein paar Mitarbeiter leere Stadion verließ.

Love musste lachen. „Es war immerhin eine Stunde und die beiden haben bestimmt noch ’ne Menge anderes zu tun!“

Miyako starrte sie an. „Eine Stunde?! Mir kam es viel weniger vor.“ Dann stimmte sie aber in Loves Gelächter ein. „Oh Mann, ich bin ja echt ein Freak!“

„Wie fandest du die beiden so?“, fragte nun Love.

Miyakos Augen begannen zu leuchten: „Sie waren total supernett!! Man denkt ja immer, dass Stars nur im Fernsehen und auf der Bühne so freundlich wirken, aber bei den beiden kann ich mir selbst jetzt nicht vorstellen, dass sie zu irgendeiner bösen Tat in der Lage wären. Sie waren so freundlich und geduldig und hast du gesehen, dass sie die ganze Zeit gelächelt haben? Vielleicht müssen sie ja auch so sein, weil sie ein Image zu verlieren haben und so, aber ich glaube nicht, dass das alles nur gespielt ist, so überzeugend kann das gar keiner! Oder was meinst du dazu?“

Love musste sich bemühen, nicht schon wieder zu lachen anzufangen. Ungesprächig war ihre neue Freundin ja nicht unbedingt! Aber sie fand es toll, dass sie so offenherzig und freundlich war, auch wenn sie sich erst seit ein paar Stunden kannten.

Da Miyako sie noch immer erwartend ansah, erwiderte sie: „Ich glaube auch, dass Trinity gerade deswegen so beliebt ist, weil sie absolut natürlich sind und nicht mit aller Kraft versuchen, jemand zu sein, der sie nicht sind.“

Miyako nickte heftig. „Genau, da hast du bestimmt recht! Ach ja, du kennst sie ja auch persönlich! Hast du denn nur mit Miyuki zu tun oder auch mit den anderen? Ist Nana auch so wie die anderen? Oder ist sie heute vielleicht nur nicht gekommen, weil sie in Wahrheit gar nicht so nett ist wie die anderen und nicht will, dass die Fans das merken? Oh mein Gott, das wäre ja schlimm, aber warum sollte sie sonst heute nicht gekommen sein?“

Love legte ihrer Freundin beruhigend die Hand auf den Arm und sagte lachend: „Mal doch nicht gleich den Teufel an die Wand! Und lass mich erst mal eine Frage beantworten, bevor du sieben neue stellst.“

Miyako errötete ein wenig und drückte Poromon ein wenig enger an sich.

„Komm, wir setzen uns da hin und dann erzähl ich dir ein bisschen was über Trinity, okay?“, schlug Love vor und zeigte auf eine recht große Grünfläche, auf der zwei große Bäume standen und auf der sich schon ein paar Familien und Pärchen niedergelassen hatten, um die Sommertemperaturen zu genießen, auch wenn die Sonne schon untergegangen war.

„Au ja“, stimmte Miyako zu. „Lass uns zu dem Baum da hinten gehen!“

Damit nahm sie Love bei der Hand und zog sie zu einem der Bäume, unter dessen Blätterdach sie sich in das trockene Gras plumpsen lassen konnten. „Ist ja immer noch ganz schön heiß“, murmelte Miyako und zog ein gefaltetes Stofftuch aus der Rocktasche, um sich damit den Schweiß aus dem Gesicht zu wischen.

„Möchtest du auch was trinken?“, fragte sie Love, während sie eine noch zur Hälfte gefüllte Plastikflasche mit grünem Tee aus ihrem Rucksack zog, die sie sich aus dem Laden ihrer Eltern mitgenommen hatte.

Love nahm an und trank einen Schluck. Nachdem auch Miyako ihre Kehle befeuchtet hatte, legte sie Poromon neben sich und ließ sich ins Gras fallen, die Arme hinter dem Kopf gefaltet und den Blick auf das Blätterdach gerichtet.

Love legte sich neben sie auf den Bauch und stützte den Kopf auf den Händen ab.

„Wie hast du Miyuki kennengelernt?“, kam Miyako nun auf ihr ursprüngliches Thema zu sprechen.

Love zögerte einen Moment, bevor sie zu erzählen begann, so als müsste sie sich selbst erstmal an diesen Tag erinnern. „Ich war bei einem Konzert hier in Yotsuba Town. Es waren nicht annähernd so viele Leute da wie heute, damals waren Trinity noch längst nicht so bekannt wie heute.“

„Wann war das?“ hakte Miyako nach und sah nun Love an, die ihren Blick ebenfalls auf sie gerichtet hatte.

„Das dürfte etwa ein halbes Jahr her sein. Ja, das war im Februar, soweit ich mich erinnere. Na ja, es war das erste Konzert, bei dem ich war und ich durfte gleich in der ersten Reihe sitzen, so wie heute. Aber auf einmal kam da so ein... Monster...“

Das ließ Miyako aufhorchen. War hier etwa ein Digimon aufgetaucht, ohne dass einer von ihnen etwas davon gemerkt hätte? Sie hatte eigentlich gedacht, alle wilden Digimon, die sich in diese Welt verirrt hatten, wären vor zwei Jahren von ihnen zurückgebracht worden...

„Was war das für ein Monster?“, fragte sie. Als sie kurz zu Poromon herübersah, bemerkte sie, das auch dieses Love neugierig und fast ein wenig alarmiert ansah.

Love zuckte mit den Schultern. „Na ja, ein Monster eben... Jedenfalls sind alle weggelaufen, aber Miyuki kam nicht so schnell weg und dann hab ich ihr eben geholfen. Die anderen sind einfach alle weggelaufen, kannst du dir das vorstellen?“

Miyako schnappte empört nach Luft und wurde ein wenig bleich, als sie fragte: „Nana auch? Und Reika?“

Love schwieg einen Moment, dann nickte sie. Sie setzte gerade an, etwas zu fragen, als Miyako sich aufsetzte und entschlossen die Arme verschränkte. „Ab heute bin ich offiziell kein Nana-Fan mehr!“

„Aber dieses Monster war wirklich Angst einflößend! In dem Moment kann man doch an gar nichts anderes denken als ans Weglaufen!“

„Aber du bist nicht weggelaufen!“

„Na ja, nein, das nicht, aber...“, druckste Love herum. „Irgendwie hat mir das Ungeheuer gar keine Angst gemacht, ich weiß nicht...“

Miyako schnaubte. „Du kannst sagen, was du willst. Nana und Reika sind einfach nur feige! Und du bist echt mutig!“

„Ähm, danke...“, murmelte Love verlegen. Aus Angst, Miyako würde sich noch mehr darüber aufregen und am Ende gar kein Fan von Trinity mehr sein, beeilte sie sich, weiterzuerzählen: „Auf jeden Fall kam dann eine von Pretty Cure und hat das Monster besiegt. Und dann -“

„Pretty Cure?“, unterbrach Miyako sie und sah sie fragend an. „Wer ist das?“

„Hast du noch nicht von un- ähm, von ihnen gehört?“ Love errötete ein wenig, weil sie das Gefühl hatte, dass Miyako ihren Versprecher genau gehört hatte. Es fiel ihr immer schwer, über Pretty Cure in der dritten Person zu sprechen, besonders wenn es um Cure Peach ging.

Zum Glück ging Miyako nicht darauf ein, sondern schüttelte nur den Kopf.

Love erklärte: „Pretty Cure sind... na ja, das sind halt solche Mädchen, die gegen böse Monster kämpfen. Cure Peach war die erste, danach kamen noch Cure Berry und Cure Pine dazu und vor kurzem noch Cure Passion.“

„Haben die selbst Monster oder wie kämpfen die?“ Je mehr Love davon sprach, desto mehr begann dieses Thema, Miyako zu interessieren, während Love eigentlich versuchte, möglichst schnell wieder von Trinity zu sprechen.

„Nein, sie benutzen erst immer Tritte und Schläge und dann haben sie noch so... magische Attacken, die die Monster zerstören.“

„Magisch?“, fragte Miyako. Love nickte nur.

„Komisch, dass ich davon noch gar nichts gehört habe...“, murmelte Miyako nachdenklich.

Love nutzte den Augenblick, um schnell wieder auf Miyuki zu sprechen zu kommen: „Jedenfalls war Miyuki dann so dankbar dafür, dass ich sie gerettet hatte, dass sie mir angeboten hat, doch Tanzstunden bei ihr zu nehmen.“

Das brachte Miyako tatsächlich dazu, das Thema Pretty Cure beiseite zu schieben. Mit glänzenden Augen sah sie ihre Freundin an. „Du hast bei Miyuki tanzen gelernt?“

Love lachte verlegen. „Na ja, im Grunde lerne ich es immer noch. Meine Freundinnen machen auch mit.“

„Wow! Jetzt bin ich wirklich neidisch!“, gab Miyako offen zu.

„Wenn du in der Nähe wohnen würdest, könntest du sicher auch mitmachen. Miyuki ist so nett und mit mehr Leuten macht es noch mehr Spaß! Aber wenn du jedes Mal fünf Stunden fahren müsstest...“

Dieses Stichwort ließ Miyako zusammenzucken und sie stürzte sich auf ihren Rucksack, um ihr Handy hervorzufischen. „Es ist ja schon fünf nach acht! Mein Zug fährt in zwanzig Minuten!“

Wie von der Tarantel gestochen sprangen die beiden auf.

„Schnell, da vorne ist eine Bushaltestelle!“, rief Love und schnappte sich kurzerhand Poromon, während Miyako sich ihren Rücksack über die Schultern warf. So schnell sie konnten sprinteten sie zur Straße.

„Warum hab ich denn nicht gemerkt, dass die Sonne schon untergegangen ist?“, fluchte Miyako.

„Da vorne kommt ein Bus!“, rief Love und sie hetzten zur Haltestelle. Dort konnten sie sofort einsteigen.

„Zum Glück kam der Bus gerade...“, schnaufte Love und warf einen Blick auf ihre Armbanduhr, die inzwischen zwanzig Uhr acht anzeigte.

„Kann der nicht schneller fahren?!“, knurrte Miyako und trippelte von einem Fuß auf den anderen, während sie aus dem Fenster sah. Scheinbar war in den Straßen der kleinen Stadt gerade jetzt ziemlich viel los.

„Da vorne ist eine Ampel“, sagte Love, die sich hier ja auskannte. „Aber in zehn Minuten sind wir sicher am Bahnhof.“ Sie versuchte, ihre Freundin zu beruhigen, doch diese wurde mit jeder verstreichenden Sekunde noch nervöser und ließ die Zeitanzeige ihres Handys gar nicht mehr aus den Augen. Love nahm ihre Hand und drückte diese. „Bestimmt hat der Zug sowieso Verspätung. Er kommt ja sicher direkt aus Tokyo, und auf so einer langen Strecke passiert ja oft irgendetwas, was ihn ein paar Minuten aufhält.“

Sie beide wussten, dass man damit nicht unbedingt rechnen konnte, da es nur äußerst selten vorkam, dass ein Zug tatsächlich einmal verspätet den Bahnhof verließ. Dennoch wurde Miyako ein wenig ruhiger, was aber wohl eher an Loves Beistand und dem zuversichtlichen Druck ihrer Hand lag als an ihren Worten.

„Danke“, murmelte sie, ohne ihre neue Freundin dabei anzusehen.

Diese zog jetzt ihr Handy hervor – ein ungewöhnliches rechteckiges Modell mit rosa Schale, das Miyako noch nie gesehen hatte – und sagte: „Wir sollten noch unsere Handynummern austauschen, oder?“

„Klar!“, rief Miyako. „Das hätte ich jetzt in der Eile ganz vergessen! Wäre ja fatal gewesen, so ein nettes Mädchen findet man selten!“

Einen Moment trafen sich ihre Blicke, dann sah Miyako schnell wieder weg, um das Adressbuch ihres Handys zu öffnen.
 

„Wir sind gleich da!“, sagte Love aufgeregt und drückte Miyako zwischen den anderen Mitfahrern hindurch zur Tür. Hastig zog die Lilahaarige ihre Geldbörse hervor, wobei ihr fast die ganzen Münzen auf den Boden gefallen wären. Als sich endlich die Türen öffneten, warf Miyako das Geld für die Fahrt in den dafür vorgesehenen Kasten und sprang aus dem Bus. Love folgte ihr so schnell sie konnte.

„Zu welchem Gleis musst du?“, fragte sie.

„Keine Ahnung! Das stand vorher noch nicht fest!“

Ein Blick auf ihr Handy zeigte ihr, dass ihr gerade mal zwei Minuten blieben, um ihren Zug zu erreichen.

„Da steht es! Tokyo, Gleis 1!“, rief Love. „Hast du ein Ticket?“

„Ja!“

„Dann da lang!“ Schnell zog Love ihre Freundin, die sich ein wenig hilflos umsah, zu den Fahrkartenschranken vor der Treppe, die zum Gleis hinunterführte. Doch in dem Moment, in dem Miyako ihr Ticket in einlesen lassen wollte, fuhr der Zug an und verließ leise ratternd den Bahnhof, während eine Stimme sie über den Lautsprecher dazu aufforderte, vorsichtig zu sein.

„Verdammt!!!“, schrie Miyako so laut, dass die ausgestiegenen Fahrgäste, die gerade die Treppe hinaufkamen, sie überrascht ansahen.

Wütend schleuderte Miyako ihren Rucksack zu Boden. „Was soll ich denn jetzt machen?!“ Sie warf dem Mann, der zuerst an ihr vorbeikam, einen zornigen Blick zu, als wäre es seine Schuld, dass sie ihren Zug verpasst hatte, sodass dieser seinen Schritt beschleunigte.

„Beruhige dich“, sagte Love leise und legte ihr die eine Hand, in der sie nicht Poromon hielt, auf die Schulter.

Miyakos Augen blitzten wütend zu ihr herüber. „Wie soll ich mich bitteschön beruhigen, ich hänge in dieser blöden Stadt fest! Glaubst du, ich hab noch ’n paar tausend Yen für ein Hotelzimmer übrig?“

Erschrocken darüber, dass ihre Freundin sie auf einmal so anfuhr, ließ Love ihre Hand sinken. Miyako merkte sofort, dass sie sie verletzt hatte, doch sie hatte anderes im Kopf, als sich dafür zu entschuldigen. Auf einmal stiegen ihr Tränen in die Augen und bevor sie sich versah strömten sie hemmungslos ihre Wangen herab. „Verdammt...“, schluchzte sie und wischte sich immer wieder mit den Händen über die Augen, ohne dass es irgendeinen Effekt gehabt hätte.

Love, der ihre Freundin leid tat, legte schnell Poromon auf dem Boden ab und schlang dann die Arme um Miyako. „Mach dir keine Sorgen“, flüsterte sie. „Du kannst gerne mit zu mir kommen und bei mir übernachten. Meine Eltern sind sowieso gerade im Urlaub. Du kannst ja gleich zu Hause anrufen und deiner Familie bescheid sagen, damit sie sich keine Sorgen machen. Und dann fährst du eben morgen früh nach Hause.“

Es brauchte einen Moment, bis Miyako realisierte, was Love da gerade gesagt hatte. Normalerweise hätte sie Bedenken gehabt, bei jemandem zu übernachten, den sie am selben Tag erst kennengelernt hatte, doch bei Love war sie sich absolut sicher, dass sie ihr vertrauen könnte.

„Danke“, hauchte Miyako und umarmte sie dankbar.

„Dazu sind Freunde doch da.“
 

Das Haus, in dem Love wohnte, war sehr hübsch, wie Miyako sofort feststellte. Im Gegensatz zu ihrer Heimatstadt schien es hier überhaupt eher individuelle Einfamilienhäuser als Hochhäuser zu geben, was wohl einfach daran lag, dass hier nicht so viele Menschen unterzubringen waren wie in der Landeshauptstadt.

„Und du bist jetzt ganz allein zu Hause?“, fragte Miyako und sah Love bewundernd an. Bei ihr zu Hause kam das nie vor, da ja immer jemand da sein musste, der sich um den Laden kümmern musste. Außerdem hielten ihre Eltern sie bestimmt für zu jung, um sich ganz alleine zu versorgen, auch wenn sie persönlich damit eigentlich keine Probleme hatte.

„Nein, nicht ganz“, erklärte Love da.

Verwundert fragte Miyako: „Hast du nicht gesagt, du hast keine Geschwister?“

Love lächelte. „Ja, das schon, aber eine Freundin von mir wohnt zur Zeit bei uns. Sie heißt Setsuna. Du wirst sie mögen!“

„Bestimmt!“, sagte Miyako grinsend. Wenn Love sie mochte, dann würde sie bestimmt auch wunderbar mit ihr klarkommen, denn sie hatte schon die ganze Zeit das Gefühl, dass sie beide sich in vielen Dingen ziemlich ähnlich waren.

Love zog ihren Schlüssel aus der Hosentasche und wollte gerade die Haustür aufschließen, als diese von innen geöffnet wurde, und ihnen ein Mädchen mit dunkelviolettem, schulterlangen Haar gegenüberstand.

„Hallo!“, begrüßte Miyako sie fröhlich. „Ich bin Miyako, freut mich, dich kennenzulernen!“

„Hallo“, murmelte das Mädchen, bei dem es sich höchstwahrscheinlich um Setsuna handelte, ohne Miyako dabei anzusehen. Stattdessen war ihr ausdrucksloser Blick auf Love gerichtet.

„Ich übernachte bei Miki“, sagte sie.

„Warum das?“, fragte Love sogleich mit besorgter Stimme. „Ist etwas passiert? Hab ich was falsch gemacht?“

Setsuna schüttelte lächelnd den Kopf. „Mach dir keine Sorgen, es ist alles in Ordnung. Miki hatte nur gefragt, ob ich mir mit ihr einen Film ansehen will. Morgen bin ich wieder da.“

Love stieß einen erleichterten Seufzer aus und lächelte nun ebenfalls. „Okay, dann viel Spaß!“

„Tschüs!“, rief auch Miyako dem Mädchen hinterher, als sie an ihnen vorbei die Auffahrt verließ.

Love kratzte sich verlegen am Kopf. „Tut mir leid, wenn sie ein wenig unhöflich schien. Sie...“ Sie hielt inne, da sie selbst nicht so genau wusste, wie sie Setsunas Umstände beschreiben sollte. Sie konnte Miyako ja schlecht erzählen, dass sie noch vor kurzer Zeit der bösen Organisation Labyrinth angehört hatte und sich daher erst einmal an ein Leben unter Menschen gewöhnen musste.

„Schon in Ordnung“, beteuerte Miyako. „Manche Menschen sind eben ein wenig schüchtern, das macht ja nichts. Vielleicht kann ich sie ja morgen noch richtig kennenlernen. Wo ich jetzt schon hier bin, kann ich ja auch erst morgen Abend oder so zurückfahren...“

Love nickte erleichtert. „Ja, das wäre toll! Aber jetzt komm erstmal rein. Du solltest unbedingt gleich deine Eltern anrufen.“

Dem stimmte Miyako zu, daher betraten sie beide das Haus und Love zeigte der Lilahaarigen ihr Zimmer, in dem sie ihren Rucksack und Love Poromon ablegte.

„Huch? Wo ist denn dein Frettchen?“, fragte Miyako, da ihr der leere Käfig unter Loves Schreibtisch aufgefallen war.

„Keine Ahnung, wo er sich wieder rumtreibt“, meinte Love schulterzuckend.

„Darf er denn einfach so im Haus rumlaufen? Das ist cool!“, meinte Miyako und blickte sich begeistert nach dem Tier um.

Love nickte. „Ja, er ist ganz zahm und macht überhaupt keine Umstände.“

„Toll!“, wiederholte Miyako mit strahlenden Augen.
 

Poromon atmete erleichtert auf und streckte erst einmal seine Flügel aus, als Love und Miyako den Raum verlassen hatten. Zwar musste es öfter ein Stofftier spielen, aber so lange hatte es bisher noch nie stillhalten müssen. Es war froh, nun wenigstens für einen kurzen Moment nicht so achtsam sein zu müssen, auch wenn es weitaus glücklicher darüber gewesen wäre, nun im Zug nach Hause sitzen zu können. Das eine oder andere Mal hatte es auch versucht, Miyako unauffällig darauf hinzuweisen, dass sie sich langsam auf den Weg zum Zug machen sollte, aber diese hatte es entweder ignoriert oder gar nicht wahrgenommen. Natürlich freute es Poromon, dass seine Partnerin so eine gute Freundin gefunden hatte, aber es war trotzdem ein wenig beleidigt, dass sie es darüber ganz vergessen hatte. Und Hunger hatte es auch noch...

Gerade wollte es sich an Miyakos Rucksack, der neben ihm auf dem Bett lag, zu schaffen machen, als auf einmal die Balkontür aufgeschoben wurde und ein Tier das Zimmer betrat. Sofort dachte Poromon an das Frettchen, von dem Love gesprochen hatte, doch zwei Dinge an ihm waren komisch: Erstens trug es ein merkwürdiges, bärenartiges Plüschtier in einem Stofftuch auf dem Rücken und zweitens lief es – entgegen der Natur der meisten Säugetiere – auf den Hinterbeinen.

„Du bist komisch“, sagte Poromon daher rundheraus.

Das Frettchen, dass vorher anscheinend gar nicht bemerkt hatte, dass sich jemand im Raum befand, starrte es einen kurzen Moment lang wie hypnotisiert an, dann schrie es laut auf, hechtete wieder auf den Balkon und schlug die Tür hinter sich zu.

Bevor Poromon in irgendeiner Weise darauf reagieren konnte, hörte es schon zwei Paar Füße die Treppe in den ersten Stock heraufrennen und sogleich wurde die Tür aufgerissen.

„Was war das?“, fragte Love, die als erste ins Zimmer gestolpert kam.

Miyako, die direkt hinter ihr stand, blickte Poromon erschrocken an.

Love hingegen hatte jetzt das Frettchen samt Bär auf dem Balkon entdeckt und öffnete die Tür, um es reinzulassen.

„Es kann sprechen!“, rief da das Frettchen aufgeregt und zeigte mit der Pfote auf Poromon, das erschrocken zusammenzuckte. Miyako starrte Loves Haustier an, während der Blick der Blonden sich erst auf das Digimon und dann auf seine Partnerin richtete.

Einen Moment herrschte Schweigen, dann sagte Miyako verdutzt: „Ich glaube, es gibt ein paar Dinge, über die wir reden müssen.“

Love nickte, wobei sie nicht weniger verwirrt aussah als die anderen Anwesenden.
 

„Du bist also eine von diesen Digirittern, die diese ganzen Monster besiegt haben?“

„Und du gehörst zu diesen Magical Girls, von denen du vorhin erzählt hast? Die immer wieder gegen irgendwelche bösen Mächte kämpfen müssen, um die Bewohner der Stadt zu beschützen?“

„Wow!“, sagten Love und Miyako gleichzeitig.

Nach dem Zwischenfall mit Tarte und Poromon, hatten die beiden Mädchen sich erst einmal auf Loves Bett niedergelassen und sich gegenseitig erzählt, wie sie zu den sprechenden Tieren gekommen waren. Dabei hatte sich auch noch herausgestellt, dass der Bär auch kein einfaches Plüschtier war – womit Miyako sowieso schon fast nicht mehr gerechnet hatte – sondern aus dem selben Reich kam wie Tarte, den Namen Chiffon trug und auch ein wenig sprechen konnte. Allerdings war es noch sehr jung, was dazu führte, dass es jede Menge Unsinn machte, wie Love seufzend erklärte.

„Da hab ich ja echt ’ne tolle Bekanntschaft gemacht“, stellte Miyako grinsend fest.

Love lachte. „Dasselbe könnte ich auch sagen.“

Nun fragte Miyako, die diese ganze Angelegenheit äußerst interessant fand: „Wer sind denn eigentlich die anderen drei von Pretty Cure?“

„Das sind meine Freundinnen Inori, Miki und Setsuna!“

„Setsuna?“, fragte Miyako erstaunt. „Die Setsuna, die bei dir wohnt?“

Love nickte. Anscheinend musste sie ihrer Freundin nun doch erklären, was genau es mit Setsuna auf sich hatte. Ihr war zwar ein wenig unwohl dabei, weil sie nicht wusste, wie Miyako darauf reagieren würde, doch sie vertraute ihr, deshalb begann sie zu erzählen: „Setsuna ist erst vor kurzem zu Cure Passion geworden. Vorher... gehörte sie zu Labyrinth, der Organisation, gegen die wir kämpfen.“

Miyako sah sie ein wenig überrascht an, doch die heftige Reaktion, mit der Love schon fast gerechnet hatte, blieb aus. „Ihr habt also auch eine Überläuferin im Team?“

„Auch?“, wiederholte Love überrascht.

Miyako nickte lächelnd. „Einer aus unserem Team hat sich früher eingebildet, er wäre der Herrscher über die digitale Welt. Aber das war nicht seine Schuld, ihm war eben die Saat des Bösen eingepflanzt worden. Inzwischen ist er ein Mitglied unserer Gruppe und versteht sich mit allen echt gut. Er ist wirklich nett!“ Als sie merkte, mit was für einem Blick Love sie ansah, wurde sie ein wenig rot und murmelte: „Na ja, Setsuna hatte sicher auch keine Wahl. Bestimmt wurde sie einfach so ausgebildet und wusste gar nicht, was sie sonst hätte tun können. Es ist ein echtes Glück für sie, dass ihr sie von eurer Seite überzeugen konntet!“

Love nickte erleichtert. Nun war sie sich absolut sicher, dass sie in Miyako eine fantastische Freundin gefunden hatte. Sie schien ihr ja wirklich in jeder Hinsicht ähnlich zu sein, und trotzdem war sie irgendwie anders, sodass Love das Gefühl hatte, mit jemandem wie ihr würde es nie langweilig werden.

„Na ja“, begann sie nun zögerlich und vertraute ihr Freundin an, was sie schon seit ihrer Ankunft beschäftigt hatte: „Ich frage mich, was vorhin mit ihr los war... Sie ist zwar immer ein bisschen zurückhaltend, aber sie hat dich ja komplett ignoriert!“

Miyako schwieg einen Moment, dann sagte sie bedächtig: „Nun, ich weiß es auch nicht, ich kenne sie ja kaum... Aber wenn sie irgendein Problem hat, über das sie mit dir aus irgendeinem Grund nicht sprechen will, dann kann sie sich ja immer noch an ihre Freundin, zu der sie jetzt gegangen ist – Miki hieß sie, oder? – wenden. Du solltest dir also nicht allzu viele Sorgen machen und ihr ein wenig mehr zutrauen, meinst du nicht?“

Das drückende Gefühl in Loves Brust war zwar immer noch nicht gänzlich verschwunden, doch sie musste zugeben, dass Miyako irgendwie recht hatte.
 

„Wollt ihr nicht langsam mal ins Bett gehen?“, unterbrach nun Tarte, der es sich neben der schlafenden Chiffon auf einem Kissen gemütlich gemacht hatte, ihr Gespräch.

„Warum?“, fragte Love. „Wir haben Ferien!“

Tarte schüttelte den Kopf. „Also wirklich, hast du etwa schon vergessen, dass ihr für morgen früh eine Tanzstunde verabredet habt?“

Love schrie auf und lief schnell zu ihrem Taschenkalender. „Du hast recht! Danke, Tarte, das hätte ich glatt vergessen!!“

Miyako lachte. „Manchmal ist es echt praktisch, ein sprechendes Haustier zu haben.“

„Ich bin kein Haustier“, konstatierte Tarte beleidigt.

„Ach, das war nicht so gemeint“, kicherte Miyako. „Du bist aber eitel!“

„Pah, blöde Kuh!“, stieß Tarte aus und legte sich, den Rücken zu Miyako, auf das Kissen. „Ich schlafe jetzt, also stört mich nicht.“

„Du kannst in Setsunas Zimmer schlafen!“, forderte Love ihn mit in die Hüften gestemmten Armen auf. „Könntest ja wenigstens mal höflich sein!“

„Jetzt stehst du auch schon auf ihrer Seite!“, rief Tarte, schnappte sich sein Kissen und verließ das Zimmer.

Love seufzte. „Ist manchmal echt schwierig mit ihm. Aber meistens ist er nett, vielleicht hat er einfach nicht genug Schlaf bekommen.“

Miyako winkte ab. „Kein Problem, mir macht das nichts aus.“

Eine Weile sahen sie sich ratlos an, dann sagte Love: „Vielleicht sollten wir wirklich schlafen gehen. Wir haben die Tanzstunde morgen für acht Uhr vereinbart, weil Miyuki danach so viel zu tun hat.“

Miyakos Augen strahlten. „Meinst du, ich darf einfach so mitkommen und zuschauen?“

„Klar“, lachte Love. „Vielleicht kannst du ja sogar mitmachen“

„Juhuuu!“, rief Miyako. „Das wäre ja total super!“

Love grinste. „Wo wir das jetzt geklärt haben, kannst du mir ja helfen, die Matratze aus Setsunas Zimmer zu holen.“ Nach kurzem Zögern fragte sie: „Oder willst du lieber alleine da schlafen?“

Miyako schüttelte heftig den Kopf. „Nein, du musst mir noch ganz viel über Trinity erzählen!“

Das brachte Love zum Lachen. „Okay, dann komm mit!“
 

Am nächsten Morgen waren die Mädchen zwar ziemlich müde, da sie am Vorabend natürlich trotz guter Vorsätze ziemlich lange über alles mögliche geredet hatten, aber beim Gedanken an das Tanztraining mit Miyuki waren sie beide sofort hellwach.

Love zog sich ihren von ihrer Freundin Inori selbst genähten Jogginganzug an und lieh Miyako ihren alten, bevor sie mit beschwingten Schritten zu der kleinen Bühne im Stadtpark aufbrachen, in der das Training immer stattfand. Poromon und Tarte ließen sie zu Hause, da ersteres keine Lust hatte, schon wieder so lange unter Menschen zu sein und sich verstellen zu müssen.

„Du wirst die anderen mögen“, versicherte Love ihrer Freundin, während sie die um diese Uhrzeit noch recht ruhige Einkaufsstraße der Stadt durchquerten.

„Da bin ich mir sicher“, grinste Miyako. Ob sie ihnen bei Miyukis Anwesenheit allerdings so viel Beachtung schenken konnte, war sie nicht so sicher. Überhaupt wusste sie nicht, ob sie Loves Angebot, mit ihnen zusammen zu tanzen, wahrnehmen sollte, weil die anderen schließlich schon geübt waren – mit Ausnahme von Setsuna, die laut Love erst vor zwei Wochen dem Team beigetreten war – und sie außerdem Angst hatte, sich vor ihrem Idol zu blamieren.

Doch bei den anderen angekommen, merkte sie schnell, wie einfach es war, sich mit Miyuki – und natürlich auch mit Loves Freundinnen Inori, Miki und Setsuna – zu unterhalten, daher war sie sich nun doch recht sicher, dass sie beim Tanzen nicht allzu nervös sein würde. Außerdem würden sie es ihr ja wohl auch nicht übelnehmen, wenn sie einen Fehler machte, es war ja schließlich das erste Mal für sie.
 

Der Tag verlief so perfekt, dass Miyako nachher das Gefühl hatte, dass es nichts weiter als ein Traum gewesen war: Die Sonne hatte den ganzen Tag geschienen, war aber häufig von ein paar Wolken verdeckt gewesen, sodass die Hitze zu ertragen war. Sie hatte bei einer Tanzstunde mit einem ihrer Lieblingsstars und vier unglaublich netten Mädchen mitmachen dürfen. Zusammen mit den Vieren hatte sie die leckersten Donuts ihres ganzen Lebens gegessen, begleitet von den amüsanten Kommentaren des Donut-Verkäufers, der anscheinend auch zum Freundeskreis der Mädchen gehörte. Danach war sie mit Love durch die Stadt geschlendert, hatte sich im einen oder anderen Geschäft umgesehen und am Nachmittag hatten sie noch ein Picknick auf einer Rasenfläche nahe des Zentrums gemacht.

„Das war sooo ein toller Tag, ich will gar nicht mehr von hier weg!“, schwärmte Miyako daher am Abend, als sie mit Love zu deren Haus zurückkehrte.

Love stimmte ihr zu. „Glaubst du, du darfst noch ein paar Tage länger bleiben? Meine Eltern sind noch eine Woche weg, das wäre also kein Problem. Und Setsuna wollte ja auch noch eine Nacht bei Miki bleiben.“

„Ich rufe gleich zu Hause an und frag nach! Ich bin so selten weg, dass sie einfach ja sagen müssen! Und sonst bleib ich eben so hier.“ Ihre Stimme klang so trotzig, dass es Love zum Lachen brachte. „Genau, und wenn sie dich von hier wegholen wollen, brennen wir eben zusammen durch!“

„Das machen wir!“, rief Miyako mit leuchtenden Augen und nahm Loves Hände in die ihren. „So schnell kann uns keiner mehr trennen!“

Bis über beide Ohren grinsend betraten die beiden Mädchen das Haus und Tarte, der in der Küche stand, weil er scheinbar versucht hatte, etwas zu essen zu machen, warf ihnen nur einen schrägen Blick zu. Er wusste zwar, dass Love eine durch und durch fröhliche Person war, aber dennoch war er sich nicht sicher, ob er sie jemals so fröhlich gesehen hatte.
 

Als der Tag sich langsam zum Ende neigte, dachten die beiden Mädchen noch längst nicht ans Schlafengehen: Sie hatten sich von Miki den Film ausgeliehen, den diese am Vorabend mit Setsuna gesehen hatte, da sie beide restlos davon begeistert waren und gar nicht aufhörten, davon zu reden, bis Love fragte, ob sie ihn nicht auch gucken könnte.

„Titanic...“, murmelte Miyako, während sie die kurze Zusammenfassung auf der Rückseite der DVD-Hülle überflog. „Ich hab schon tausendmal was von dem Film gehört, aber gesehen hab ich ihn noch nie.“

Love, die gerade nach der Fernbedienung für den DVD-Player suchte, pflichtete ihr bei: „Genauso geht es mir!“

Nach ein paar Sekunden begannen sie beide gleichzeitig zu lachen. Miyakos Körper wurde von so starken Lachanfällen geschüttelt, dass sie vom Sofa rollte und auf den Teppich fiel, was das Gelächter der beiden nur noch lauter werden ließ.

Wäre einer von ihnen in diesem Moment in der Lage dazu gewesen, irgendeinen klaren Gedanken zu fassen, hätten sie sich wohl gefragt, wann und mit wem sie das letzte Mal so sehr gelacht hatten.

„Sag mal“, fragte Love, als sie sich einigermaßen wieder gefangen hatte, „gibt es eigentlich irgendetwas, in dem wir uns unterscheiden?“

„Anscheinend ja nicht“, kicherte Miyako. „Wahrscheinlich bist du mein Klon und die haben nur dein Aussehen verändert, damit es nicht so offensichtlich ist.“

Mit gespielter Empörung verschränkte Love die Arme. „Warum soll ich der Klon sein? Wer sagt denn, dass nicht du nur eine Kopie von mir bist?“

„Ich und Kopie? Ich bin ein echtes Original!“, rief Miyako grinsend und sprang auf Love zu, um sie zu Boden zu ringen.

Eine Weile rollten sie so auf dem Teppich herum, mal gewann die eine, mal die andere die Überhand, doch schließlich mussten sie wieder so sehr lachen, dass sie letztendlich nebeneinander auf dem Boden lagen und sich eingestehen mussten, dass sie trotz all ihrer Gemeinsamkeiten auf jeden Fall beide absolut unabhängig waren.

„Wollen wir jetzt mal mit dem Film anfangen?“, fragte Miyako irgendwann.

Love stimmte ihr zu und sprang auf, um die DVD zu starten.
 

Seufzend starrte Miyako auf den Bildschirm, auf dem sich gerade Jack und Rose, die Protagonisten des Films, glücklich in den Armen lagen und zu ihrem ersten Kuss ansetzten.

Love, die bis dahin wie gebannt das Geschehen verfolgt hatte, sah ihre Freundin nun überrascht von der Seite an. Wie sie an ihrem Gesichtsausdruck gut erkennen konnte, war es kein glücklicher Seufzer gewesen.

„Was ist los?“, fragte die Blonde.

Miyako, die ihre Blicke noch gar nicht bemerkt hatte, zuckte leicht zusammen und sah dann zu Boden. „Es ist irgendwie gemein, dass in den Liebesfilmen immer alles so einfach ist. Egal, wie schwierig alles am Anfang zu sein scheint, am Ende kommen doch immer die zusammen, die sich lieben.“

Love nahm vorsichtig ihre Hand und murmelte: „Irgendwie hast du recht... Im echten Leben ist mir auch noch nie jemand begegnet, von dem ich einfach sagen konnte, dass er mein Traummann ist. Und selbst wenn dem so wäre, hätte er mich bestimmt nicht einmal wirklich bemerkt.“

Miyako nickte. „Geht mir genauso. Ich war zwar schon mal verliebt und vielleicht bin ich es ja sogar immer noch, aber irgendwie ist das nicht so, wie in den Filmen. Nur so ein bisschen Herzklopfen und so, aber das kann doch noch nicht die große Liebe sein!“

„Ich war noch nicht mal ein bisschen verliebt... Natürlich hab ich mal für den einen oder anderen Jungen geschwärmt, aber so richtig... Dabei bin ich doch schon vierzehn! Manche Mädchen aus meiner Klasse haben sogar schon einen Freund!“

Wieder stimmte Miyako ihr zu. „Ist bei mir nicht anders. Eine Freundin von mir ist auch mit einem anderen von uns Digirittern zusammen und manchmal wird man einfach nur eifersüchtig, wenn man das sieht.“

Die beiden Mädchen stießen synchron einen tiefen Seufzer aus. „Glaubst du“, wollte Love wissen, „dass es so etwas wie einen perfekten Partner gibt und dass wir diesem irgendwann begegnen werden?“

Nachdenklich blickte Miyako sie an. Es dauerte eine Weile, bis sie antwortete: „Ich glaube nicht, dass es so jemanden gibt... Aber es muss ja schon jemanden geben, der wirklich gut zu einem passt und ich hoffe mal, dass man den auch erkennt, wenn man ihn sieht...“

„Oh ja, das hoffe ich auch...“, murmelte Love.

Dann starrten sie wieder stumm auf den Fernseher, ohne jedoch wirklich auf das zu achten, was dort geschah. Sie beide waren viel zu beschäftigt damit, über die Frage nach einem Traummann nachzudenken und darüber, ob sie ihm vielleicht sogar schon begegnet waren.

Miyako sah Kens Gesicht vor sich und fragte sich, ob er ihr vielleicht doch etwas mehr bedeutete, als sie sich eingestehen wollte. Doch sie kannte ihn nun seit fast zwei Jahren und es hatte sie nie besonders gestört, dass sie nur Freunde waren. Und so konnte doch die große Liebe, von der immer alle sprachen, nicht aussehen, oder?

Vor Loves innerem Auge reihten sich alle möglichen Jungen auf, die sie kannte – hauptsächlich die aus ihrer Klasse – aber bei keinem von ihnen konnte sie sich vorstellen, mit ihm zusammen zu sein... Aber wo sollte sie denn dem Mann ihrer Träume begegnen, wenn nicht in der Schule? Die einzige andere Möglichkeit wäre, ihm auf der Straße zu begegnen, und sie war sich sicher, dass das nicht besonders wahrscheinlich war.

Das Ende des Films ließ die beiden noch ein wenig nervöser werden, was all diese Fragen anging. Das Liebespaar wurde durch den Tod von Jack auf grausamste Weise auseinander gerissen, auch wenn sie in ihrer kurzen gemeinsamen Zeit so glücklich gewesen waren...

„Selbst, wenn man seinem Traummann begegnet, gibt es keine Garantie, dass man für immer und ewig glücklich ist...“, fasste Miyako zusammen, während der Abspann über den Bildschirm lief.

Einen Moment schwieg Love, doch dann ballte sie die Hände zu Fäusten. „Wir müssen einfach hoffen, dass uns das nicht passiert! Wir werden schon irgendwie glücklich!!“

Als Miyako Loves Grinsen sah, konnte sie nicht anders, als sich von ihrem Optimismus anstecken zu lassen. „Du hast recht!“, rief sie und ergriff Loves Hände. „Wir beide finden unseren Traummann und werden noch glücklicher als jeder Filmcharakter!“

Entschlossen stimmte Love ihr zu.
 

Schon am nächsten Tag bekam Miyako die Gelegenheit, zu sehen, dass Love ihrem Traummann schon begegnet war – oder zumindest dem Jungen, der allzu gerne in ihren Träumen auftauchen würde.

Wie schon am vorigen Tag trafen sich die fünf Mädchen an diesem Tag wieder am Donutstand im Stadtpark, wo der Verkäufer sie schon herzlich begrüßte. Miyako hatte den schrägen Vogel, der von allen nur Kaoru-chan genannt wurde, jetzt schon lieb gewonnen, auch wenn sie manchmal nicht so sicher war, ob er nun erst war oder einen Scherz machte.

Während sie alle vor ihrer kostenlosen Tüte Donuts saßen – Miyako fragte sich, ob Kaoru so überhaupt Geld einnehmen konnte – und sich über dies und jenes unterhielten, stießen nach einiger Zeit drei Jungen in ihrem Alter zu ihnen, die sie zu kennen schienen. Love stellte sie Miyako als Daisuke, Kento und Yuuki vor. Ersterer winkte ihr freudig zu, die anderen beiden lächelten nur freundlich.

Kurz darauf saßen sie alle zusammen um einen der kleinen Tische, die vor dem Donutstand aufgebaut waren.

Miyako bemerkte sofort, dass Daisukes Blicke ständig zu Love, die ihm schräg gegenüber saß, hinüberwanderten, dass er die ganze Zeit versuchte, eine Unterhaltung mit ihr anzufangen – von den anderen jedoch fast immer unwillentlich unterbrochen wurde – und dass er ziemlich nervös wurde, sobald Love ihn nur ansah. Doch komischerweise schien die Lilahaarige die einzige zu sein, die diese in ihren Augen völlig offensichtlichen Hinweise auf seine Gefühle wahrnahm; zumindest schenkten die anderen ihm, wenn er wiedermal aus dem Konzept geraten war, nicht den geringsten misstrauischen Blick.

Eine Weile lang beobachtete Miyako auch Love und sah, dass diese sich zwar allen Jungen gegenüber sehr freundlich verhielt, doch dass auch für sie Daisuke etwas Besonderes sein musste, denn sie sprach ihn öfter an als die anderen, wenn auch häufig in der Absicht, ihn wegen irgendetwas zu piesacken.

Was sich liebt, das neckt sich, dachte Miyako an den alten Spruch und konnte ein Grinsen nicht unterdrücken. Wenn ihr Plan aufging, wären die beiden bald endlich das Paar, das sie bestimmt schon seit einiger Zeit zu sein wünschten...
 

Wie sie es erwartet hatte, verlief alles wie geplant: Miyako gab Miyuki, die, wie sie im Gespräch mit den anderen erfahren hatte, Daisukes Schwester war, einen Brief an ihren Bruder mit, dem sie sagen sollte, dass er von Love sei. Darin stand, dass sie sich sehr gerne mit ihm treffen wolle, mit dem Zusatz, dass er den Brief ihr gegenüber nicht erwähnen solle, weil es ihr peinlich sei – so wollte Miyako vermeiden, dass die beiden erfuhren, dass etwas nicht mit rechten Dingen zuging. Love bekam einen ähnlichen Brief von Miyuki, die Miyako in ihren Plan hatte einweihen müssen.

Noch am gleichen Tag erhielt Love einen Anruf von Daisuke. Sie redeten nur ein paar Minuten miteinander und verabredeten sich für den nächsten Tag im Freizeitpark. Miyako beobachtete Love während des Telefonats heimlich durch die einen Spaltbreit geöffnete Zimmertür. Es war verblüffend, wie zögerlich und zurückhaltend Love auf einmal sprach, wo sie doch sonst so eine durch und durch offene Persönlichkeit war, und auch der deutliche rote Schimmer auf ihren Wangen blieb Miyako natürlich nicht verborgen.

Als Love in ihr Zimmer zurückkam, lächelte sie Miyako an, als sei nichts gewesen. Doch diese ließ sich nicht hinters Licht führen und fragte gleich: „Was hat er gesagt?“

Love grinste verlegen. „Wir treffen uns morgen im Freizeitpark.“

Miyako war fast ein wenig enttäuscht. „Und sonst?“

„Er hat gesagt, dass er sich schon ganz doll freut...“, murmelte Love so leise, dass die andere es kaum verstehen konnte.

Miyako grinste breit und sagte: „Na also, da hast du doch deinen Traumprinzen.“

Das machte Love noch verlegener und sie wusste überhaupt nicht mehr so recht, was sie sagen sollte, sodass sie es nach einigem Herumgestammel einfach bleiben ließ.

Der Abend wurde natürlich dazu genutzt, Spekulationen darüber anzustellen, was wohl am nächsten Tag passieren würde. Miyako war fest davon überzeugt, dass Daisuke Love bitten würde, seine Freundin zu werden. Vielleicht würde er sie sogar küssen! Love hingegen meinte, vielleicht wolle er ja einfach nur als guter Freund einen Tag mit ihr verbringen, oder es gebe irgendetwas anderes Wichtiges, über das er unbedingt mit ihr sprechen wollte.

Nachdem das Gespräch verstummt war, hingen die beiden Mädchen ihren eigenen Gedanken nach. Loves Gesichtsfarbe konnte sich überhaupt nicht mehr normalisieren, da ihr lauter Dinge in den Sinn kamen, die sich vielleicht ereignen konnten. Sie hatte ein wenig Angst davor, in eine Situation zu kommen, in der sie nicht wusste, wie sie reagieren sollte... Sollte sie ja sagen, wenn er tatsächlich mit ihr zusammen sein wollte? Einerseits fielen ihr keine Argumente ein, die dagegen sprachen, doch andererseits war sie sich auch überhaupt nicht sicher, ob er der Richtige für sie war. Und der Gedanke daran, dass er sie möglicherweise küssen wollen würde, brachte sie so sehr durcheinander, dass sie überhaupt keine rationalen Gedanken dazu fassen konnte. Sie hatte doch noch nie jemanden geküsst!

Miyako dagegen hatte mit einem ganz anderen Problem zu kämpfen: Bei dem Gedanken an das, was wohl am nächsten Tag zwischen Love und Daisuke geschehen würde, verspürte sie ein seltsames Gefühl, das sie nicht so genau zuordnen konnte. Eigentlich hatte sie gedacht, dass sie sich für die beiden freuen würde, weil sie wirklich ziemlich gut zusammenpassten und sich offensichtlich auch sehr gut verstanden. Aber irgendwie schien dieses Gefühl ihr sagen zu wollen, dass die Beziehung der beiden doch nicht so ganz das war, was sie wollte. Oder war es einfach nur ein Anflug von Eifersucht, weil Love nun bald einen Jungen an ihrer Seite hatte, während sie noch immer alleine war...?
 

Als Love also am nächsten Abend von ihrem Date wiederkam, empfing Miyako sie mit gemischten Gefühlen. Ein Teil von ihr hoffte, dass Loves Vermutungen zutrafen und Daisuke wirklich nicht die Absicht hatte, mit ihr zusammen zu kommen. Doch diese Hoffnung wurde sogleich zunichte gemacht, als Love rief: „Er hat mich tatsächlich gefragt!“

Sie sprang Miyako um den Hals und diese konnte nicht anders, als ebenso aus dem Häuschen zu geraten wie ihre Freundin. „Ich wusste es! Ich hab’s dir doch gesagt!!“

Nachdem sie eine Weile quietschend durch die Wohnung gerannt waren, ließen sie sich schließlich auf dem Sofa nieder, wo Miyako Love erwartungsvoll ansah. „Nun erzähl schon!“

Poromon und Tarte, die bis zu dem Zeitpunkt gemeinsam vor dem Fernseher gesessen und sich unterhalten hatten, schüttelten nur die Köpfe und zogen sich in Setsunas Zimmer zurück. Dort hatten sie ihre Ruhe, da Setsuna diese Nacht bei Inori verbringen würde.

„Also, so süß hab ich ihn ja noch nie erlebt“, begann Love, den obligatorischen roten Schimmer wieder auf den Wangen. „Als wir oben im Riesenrad saßen, hat er auf einmal davon angefangen, dass er mich ja schon immer süß fand, sich aber nicht so sicher war, was ich von ihm hielt... Na ja, und irgendwas hat ihn dann wohl doch davon überzeugt, dass ich ihn auch mag. Dann hat er ’ne supersüße Kette aus seiner Hosentasche geholt – hier schau mal!“ Sie zog eine Kette mit einem kleinen silbernen Herzanhänger hervor, auf dem in verschlungenen Buchstaben ,Love’ geschrieben stand. „Na ja, und dann hat er gesagt, dass das, was darauf steht, seinen Gefühlen für mich entspricht und sie mir geschenkt. Und bevor ich dann überhaupt was sagen konnte – ich wusste ja überhaupt nicht, was ich dazu sagen sollte! – hat er auch schon gefragt, ob ich nicht seine Freundin sein möchte und ich hab sofort ja gesagt, ohne drüber nachzudenken!“

„Bereust du es etwa?“, fragte Miyako.

Love schüttelte heftig den Kopf und ließ ihre Zöpfe hin- und herfliegen. Aber ihr übermäßig glücklicher Gesichtsausdruck, der so aussah, als würde sie all die positiven Gefühle kaum zurückhalten können, war es, der Miyako schließlich komplett davon überzeugte, dass dies die Wahrheit war. Und obwohl es ihr Ziel gewesen war, sie glücklich zu machen und ihr den Traummann zu zeigen, auf den sie gewartet hatte, kam es ihr auf einmal so vor, als hätte sie einen Fehler begangen. Sie war sich fast sicher, dass ihr Ziel eigentlich ein anderes hätte sein sollen, aber sie konnte absolut nicht sagen, wie dieses hätte lauten müsste. Und nun war es sowieso zu spät, denn sie hatte niemals eine glücklichere Person gesehen als Love in diesem Augenblick, und es war fraglich, ob sie wünschte, an der augenblicklichen Situation irgendetwas zu ändern.
 

Die nächsten paar Tage verliefen alle nach dem gleichen Muster: Love verabredete sich mit Daisuke und bat Miyako, mitzukommen, weil sie sie nicht so alleine lassen wollte. Doch natürlich lehnte diese immer ab und traf sich lieber mit Miki, Inori und Setsuna, um diese näher kennenzulernen oder ließ sich von Tarte ein wenig die Umgebung zeigte. Abends, wenn Love zurückkam und sie zusammen in ihrem Zimmer lagen, inzwischen auch öfter mal mit Setsunas Gesellschaft, erzählte die frisch Verliebte dann haarklein all das, was sich zwischen ihr und Daisuke ereignet hatte, und bemerkte dabei gar nicht, wie schweigsam Miyako jedes Mal wurde.

So langsam nervte es sie ein wenig, wie unglaublich glücklich Love war. Es wäre besser gewesen, wenn sie die Sache mit Daisuke einfach sein gelassen hätte. Dann hätte sie Love jetzt wenigstens für sich alleine. Dieser Gedanke ließ sie selbst ein wenig zusammenzucken. Es sah sie aus, als hätte sie herausgefunden, was genau sie an der Beziehung von Love und Daisuke störte: es war nicht etwa Eifersucht auf Loves Glück, sondern vielmehr Eifersucht auf Daisuke, weil er so viel Zeit mit der Freundin verbringen durfte, die sie in den wenigen Tagen, die sie mit ihr hatte verbringen dürfen, so lieb gewonnen hatte.

Doch auch Love selbst war nicht so glücklich, wie es den Anschein machte. Zwar fand sie es wirklich toll, endlich all diese Erfahrungen machen zu können, auf die sie so lange gewartet hatte und hatte auch eine Menge Spaß mit Daisuke, aber irgendwie entsprach es trotzdem nicht dem, was sie sich unter der großen Liebe vorgestellt hatte. Sie mochte Daisuke wirklich, aber... Schmetterlinge im Bauch? Rosarote Brille? Davon war ihr irgendwie noch nichts aufgefallen. Daher beschloss sie, den nächsten Tag zu einem Tag der Entscheidung zu machen. Vielleicht brauchten ihre Gefühle ja auch nur einen Auslöser, um sich in voller Pracht entfalten zu können.
 

„Daisuke...?“, fragte Love vorsichtig.

Die beiden saßen Hand in Hand auf einer Bank in einer der Grünanlagen von Yotsuba Town, wo sie sich eine ganze Weile über alles unterhalten hatten, was ihnen so in den Sinn kam. Sie waren nun eine Woche zusammen und alle, die an ihnen vorbeigingen, dachten bei sich, was für ein süßes Paar sie doch waren.

„Ja?“, sagte Daisuke und sah sie besorgt an, da er den ernsten Ton in ihrer Stimme nicht überhört hatte.

Love schwieg einen Moment und sah ihm in seine braunen Augen. Auf einmal war sie sich nicht mehr sicher, ob sie das tun konnte, was sie sich vorgenommen hatte. Bestimmt würde sie ihn damit verletzen, sie bedeutet ihm schließlich sehr viel.

„Was ist?“, fragte er wieder und sah sie mit erhöhter Besorgnis an.

Ich muss es tun!, sprach Love sich Mut zu, schluckte noch einmal und drückte dann ihre Lippen auf Daisukes. Er stieß einen überraschten Ton aus, wich aber nicht zurück.

Es war Love, die den Kuss beendete. Nachdenklich legte sie sich die Finger auf die Lippen. Ohne auf ihren Freund zu achten, der sichtlich verwirrt neben ihr saß, schloss sie die Augen und horchte in ihren Bauch hinein. Keine Schmetterlinge, nicht ein einziger. Nur das unangenehme Gefühl, dass sie dabei war, einem Freund Schmerz zuzufügen.

„Tut mir leid“, flüsterte sie und fühlte auch schon, wie die Tränen ihr die Wangen herunterliefen. Dabei hatte sie sich doch vorgenommen, das ganze mit Fassung abzuhandeln! Warum musste sie auch so nahe am Wasser gebaut sein?

„Was ist los?“, fragte Daisuke sofort und legte ihr eine Hand auf die Schulter.

„Ich – ich kann nicht mehr mit dir zusammensein“, schluchzte Love.

Mit einer Mischung aus Schock und Unverständnis sah er sie an. „Aber... warum?“

Love musste mehrmals schlucken und sich darauf konzentrieren, so deutlich wie möglich zu sprechen, als sie sagte: „Du bedeutest mir wirklich sehr viel, Daisuke, aber dieser Kuss hat mir gezeigt, dass du eben nur ein Freund für mich bist. Ich – ich spüre nichts dabei. Tut mir leid, ich kann deine Gefühle nicht erwidern!“

Einen Moment lang sah sie in sein Gesicht, doch er sah nicht so aus, als würde er ihr bald antworten, außerdem hielt sie es nicht länger aus, die Trauer darin zu sehen, daher sprang sie auf und lief davon. Miki wohnte ganz in der Nähe, sie würde ihr bestimmt zuhören...
 

Love war nicht die einzige, die an diesem Mittwochnachmittag von einer tiefen Erkenntnis getroffen wurde. Miyako war an diesem Tag zu Hause geblieben, weil sie keine Lust auf Gesellschaft hatte – was für sie schon ziemlich ungewöhnlich war. Tarte hatte sich auf die Suche nach Chiffon gemacht, die schon wieder verschwunden war, und so war sie mit Poromon allein in Loves Haus. So war sie gezwungen, endlich mal über all das nachzudenken, was sie in den vergangenen Tagen meist so erfolgreich verdrängt hatte: ihre Gefühle zu Love. Mit jedem Tag, den sie ohne sie verbringen musste, wuchs ihre Sehnsucht nach deren Gesellschaft. Noch nie war es ihr so mies gegangen, nur weil eine andere Person nicht an ihrer Seite war. Und für solche Gefühle gab es, wenn man all den Filmen und Büchern Glauben schenken konnte, nur eine einzige Erklärung.

„Ich bin verliebt!!“, schrie Miyako, da sie es nicht aushielt, es noch länger in sich hineinzufressen. Poromon, das bis eben damit beschäftigt gewesen war, ein großes Sandwich in sich hineinzustopfen, zuckte zusammen und sah sie überrascht an. „In wen denn? In Ken? Vermisst du ihn so sehr?“

Love warf ihm einen bösen Blick zu. „Nein, nicht in Ken! In Love!“ Es tatsächlich auszusprechen, machte ihre Situation nicht besser, wie es doch immer hieß, sondern schien alles nur noch schlimmer zu machen. „Verdammt, was mach ich denn jetzt? Jetzt sag schon was, Poromon!“

Betreten blickte das Digimon sie an. „Ich weiß doch auch nichts über die Liebe...“, murmelte es schuldbewusst. „Ich werde dir immer beistehen, aber dabei kann ich dir wirklich nicht helfen.“

Als es sah, wie Miyako bei seinen Worten in Tränen ausbrach, beeilte es sich zu sagen: „Du kannst Sora anrufen! Sie hat ja bestimmt schon ein bisschen Erfahrung. Und sie trägt sicher auch nicht ohne Grund das Wappen der Liebe.“

„Soll ich wirklich?“, fragte Miyako mit großen Augen. „Bestimmt hasst sie mich dann, weil ich so abnormal bin.“

Poromon schüttelte den Kopf. „Das glaube ich nicht. Du kennst doch Sora. Sie würde niemanden hassen. Außerdem bist du doch nicht abnormal, nur weil du liebst! Wen kümmert es denn schon, wem deine Liebe gilt?“

„Danke, Poromon!“, seufzte Miyako und strich ihrem Partner dankbar über den Kopf. Dann stand sie vom Esstisch auf und lief zum Telefon, um gleich Poromons Tipp zu befolgen und ihre Digiritterkollegin anzurufen.
 

„Sora?“, fragte sie leise, als diese sich meldete.

„Hallo?“, erwiderte diese.

„Hier ist Miyako...“

„Huch, Miyako! Was ist denn los?“

Die Lilahaarige musste hart schlucken bei dem Gedanken daran, dass ausgerechnet sie, die sich doch sonst immer so optimistisch gab und ständig gute Laune verbreitete, nun so bei ihrer Freundin angekrochen kam.

„Ich hab ein Problem und ich weiß echt nicht, was ich tun soll...“

Sora, die sofort gemerkt hatte, dass Miyako den Tränen nahe war, begann, ihr ruhig zuzusprechen: „Atme erst mal tief durch. Und dann erzähl mir einfach alles, okay? Zusammen fällt uns bestimmt was ein.“

„Okay“, schniefte Miyako, die angesichts der Freundlichkeit ihrer Freundin nun tatsächlich schon feuchte Augen bekam. Sie schämte sich furchtbar dafür, auch wenn sie niemand sah, doch sie fühlte sich einfach so schlecht, dass sie gar nichts dagegen tun konnte. Dennoch gelang es ihr irgendwie – in Gedanken immer wieder Poromons Worte wiederholend – Sora langsam und stockend zu erzählen, was seit dem Trinity-Konzert geschehen war und wie sich ihre Gefühle seitdem verändert hatten. Als sie geendet hatte und Sora einen Moment schwieg, hätte sie fast einfach aufgelegt, doch glücklicherweise sagte ihre Freundin dann doch: „Das ist doch gar nicht schlimm.“

„Meinst du?“, fragte Miyako zweifelnd, doch sie spürte, wie mit einem Mal die Wärme in ihren Körper zurückkehrte. Jetzt gab es ja schonmal zwei Personen, die sie nicht abstoßend fanden...

„Aber ja!“, bekräftigte Sora. „Jeder verliebt sich doch mal und du bist ja jetzt vierzehn, da ist das doch völlig normal.“

„Schon, aber Love ist doch ein Mädchen! Das ist doch was ganz anderes!“

„Findest du?“, fragte Sora nach. Miyako schwieg und das war ihr Antwort genug. „Man kann doch wohl mögen, wen man will. Und wenn es bei dir eben ein Mädchen ist, dann ist das eben so. Das heißt ja nicht, dass du völlig abnormal bist oder ab jetzt nie wieder einen Jungen lieben darfst. So etwas passiert nun mal, genauso wie es passiert, dass jemand anderes sich in einen Jungen verliebt.“

Miyako zögerte einen Augenblick, dann wandte sie ein: „Aber was ist, wenn das Mädchen, das ich... liebe, nun gerade mit einem Jungen zusammen ist und das auch noch meine Schuld ist?“

„Das macht es vielleicht etwas schwieriger, aber so genau kann ich das von hier natürlich nicht beurteilen. Vielleicht liebt sie ihn ja gar nicht so sehr? Oder vielleicht ist es für dich ja auch in Ordnung, wenn ihr nur Freunde seid, sie aber einfach ein bisschen mehr Zeit mit dir verbringt? Das klingt zwar hart, aber... irgendwann musst du ja wahrscheinlich eh wieder nach Hause zurück, vielleicht... ist es dann sogar besser so.“

„Ja, vielleicht“, stimmte Miyako niedergeschlagen zu. „Ich sollte einfach aufgeben.“ Wieder wollte sie auflegen, doch ein entschiedenes „Nein!!“ von Sora hielt sie davon ab.

„Warum nicht?“

„Wie kannst du sowas sagen? Ich dachte, du liebst sie? Willst du denn nicht wenigstens mit ihr darüber reden? Du kannst doch nicht einfach so das Feld räumen, bist du sonst nicht auch immer so wild entschlossen?“

Miyako schwieg einen Moment. Im Prinzip hatte Sora ja recht. Egal, um was es ging, sie war immer sofort Feuer und Flamme, stürzte sich in jedes Abenteuer und ließ dabei auch manchmal ihre eigene Sicherheit außer Acht. Aber irgendwie war bei Love alles anders...

„Ich will nicht, dass sie mich hasst. Bestimmt würde sie mich rausschmeißen und ich würde sie nie wieder sehen, wenn ich es ihr erzähle. Also lass ich es lieber, so kann ich wenigstens ab und zu mal mit ihr reden.“

Sora seufzte. „Die Liebe ist wirklich eine komplizierte Sache. Aber wenn sie dir wirklich so viel bedeutet, dann solltest du das Risiko eingehen, denn meistens bereut man es viel mehr, etwas nicht getan zu haben, als wenn man es tatsächlich getan hat. Und außerdem glaube ich nicht, dass jemand, der dir so viel bedeutet, so ein fieser Mensch sein könnte. Sagtest du nicht sogar, sie sei dir so ähnlich? Kein Mädchen, das dir auch nur ein kleines bisschen ähnlich ist, könnte eine Freundin so behandeln. Wenn ihr darüber sprecht, findet ihr sicher eine Lösung, mit der ihr beide zufrieden seid!“

Miyako biss sich auf die Lippen, denn sie musste zugeben, dass Sora recht hatte. Sie konnte sich tatsächlich nicht vorstellen, dass Love sie eiskalt abservieren würde...

„Danke, Sora“, murmelte Miyako, darum bemüht, so optimistisch wie möglich zu klingen – was ihr allerdings nicht so recht gelang. Bevor ihre Freundin noch Rückfragen stellen konnte, legte sie schnell auf.
 

Bei Miki zu Hause stand Love gerade auf, um sich von ihrer Freundin zu verabschieden. Sie hatte ihr von all dem erzählt, was geschehen war und so langsam hatte sich ihr Herz, das die ganze Zeit nicht so recht gewusst hatte, ob es schmerzen oder sich freuen sollte, wieder beruhigt. Zwar bereitete ihr der Gedanke an das, was sie Daisuke angetan hatte, immer noch Unbehagen, doch hatte Miki sie wenigstens davon überzeugen können, dass er darüber hinwegkommen würde und dass es besser war, als die Beziehung fortzuführen, wenn sie ihn gar nicht liebte.

„Bis morgen“, verabschiedete Miki Love mit einem Klopfen auf die Schulter. „Falls du die Tanzstunde morgen sausen lässt, würde ich das verstehen, wir können dann ja danach ein paar Donuts zusammen essen.“

„Ich komme immer zum Tanzen, das müsstest du inzwischen wissen“, erwiderte Love mit einem Grinsen, das beinahe schon wieder überzeugend war.

Miki lächelte ebenfalls, erleichtert, dass sie ihrer Freundin hatte helfen können.

„Grüß Miyako und Poromon von mir!“

„Mach ich! Bis morgen!“

Loves Laune sank allerdings wieder, sobald sie durch die um diese Zeit recht belebte Einkaufsstraße schlenderte, denn sie musste daran denken, wie sie Daisuke bei ihrem zweiten Date von Laden zu Laden gezogen hatte und wie er angeboten hatte, ihr zu kaufen, was auch immer sie wollte. Sie konnte nicht leugnen, dass er einer die liebsten Jungen war, die sie je gekannt hatte. Aber man konnte sich eben nicht aussuchen, in wen man sich verlieben wollte, es geschah einfach. Oder eben nicht. So schnell konnte er platzen, der Traum vom perfekten Mann. Es war so einfach, wie mit einer Nadel in einen Luftballon zu stechen, nur dass dies meist vorsätzlich geschah. Ihren Traum hingegen hätte Love gerne noch länger aufrecht erhalten.
 

„Huch?“

Die Überraschung war beiden Mädchen anzusehen, als sie sich auf einmal vor Loves Haustür gegenüber standen. Miyako hatte all ihre Sachen in ihren großen Rucksack gepackt und sich Poromon unter den Arm geklemmt, doch eine endgültige Entscheidung darüber, ob sie tatsächlich einfach abreisen wollte, hatte sie noch nicht treffen können. Und nun kam Love nach Hause, einen abwesenden, niedergeschlagenen Ausdruck im Gesicht, der gar nicht zu ihr passen wollte.

„Was ist denn mit dir passiert?“, fragte Miyako sofort und kam noch ein paar Schritte auf ihre Freundin zu. „War etwas... mit Daisuke?“

„Und was ist mit dir?“, wich Love ihrer Frage aus. „Warum stehst du hier draußen?“

Miyako winkte ab. „Vergiss es, das kann ich dir nachher noch erzählen. Jetzt bist du erstmal dran. Du siehst furchtbar aus!“

Love musste schlucken, um nicht gleich loszuheulen und Miyako fragte sich, was für ein fürchterlicher Unglückstag sie beide eigentlich erwischt haben musste, denn so schlecht war es mit Sicherheit noch keiner von ihnen je gegangen.

Nachdem die beiden sich auf dem Sofa niedergelassen hatten und Poromon aus dem Raum war, begann Love gleich zu erzählen: „Ich glaube, ich habe Daisuke total verletzt... Ich hab ihn geküsst und ihm dann gesagt, dass ich nicht mit ihm zusammen sein kann! Ich bin so blöd!“

„Langsam, langsam!“, forderte Miyako sie auf. „Warum hast du ihn geküsst?“

„Ich wollte wissen, ob dann endlich die Schmetterlinge im Bauch auftauchen, aber das sind sie nicht! Es war, als hätte ich meinen Bruder geküsst oder so!“

Betroffen sah Miyako sie an. „Also hast du ihn gar nicht geliebt?“

„Nein!“, heulte Love. „Aber woher soll ich das denn auch vorher wissen?“

„Die Liebe ist einfach zu kompliziert...“, murmelte Miyako. „Man weiß nie so recht, woran man ist...“

Love sah sie fragend an. „War bei dir auch was? Warum wolltest du vorhin weg?“

Einen Moment lang war Miyako versucht, einfach alles abzustreiten, so zu tun, als wäre nichts gewesen, den leichten Weg zu wählen. Doch im Grunde hatte Sora ja recht gehabt: sie stürzte sich immer kopflos in alle Abenteuer, da konnte sie hier doch nicht einfach kneifen!

„Es gab da gefühlsmäßig etwas... worüber ich mir nicht so ganz sicher war und ich wusste nicht, was ich tun sollte...“

„Irgendein Freund von dir in Tokio?“, fragte Love und es war ihrem tränenverschmierten Gesicht anzusehen, wie sehr sie dieser Gedanke betrübte.

Miyako schüttelte den Kopf. „Es ist wegen dir, Love, ich glaube, ich habe mich in dich verliebt!“

Nun war es endlich raus. Doch Miyakos ganzer Mut erlosch sofort wieder, als sie Loves geschocktes Gesicht sah, und sie konnte nicht anders, als ihren Tränen nun auch freien Lauf zu lassen.

Schluchzend brachte sie hervor: „Wir haben uns auf Anhieb so gut verstanden, ich hab noch nie jemanden wie dich getroffen und ich hab mich erst so gefreut, dich glücklich mit Daisuke zu sehen. Aber die letzten Tage war ich so einsam, ich hab es kaum noch ausgehalten und ich glaub es kann kaum noch etwas anderes sein als Liebe! Dabei bist du doch auch ein Mädchen! Warum muss ausgerechnet ich so abnormal sein?“

Als Love die Tränen ihrer Freundin sah, löste sich mit einem Mal der Schockzustand, in dem sie sich befunden hatte und ihr Problem mit Daisuke wurde komplett in den Hintergrund gedrängt, beziehungsweise wurde etwas anderes so weit vorgeschoben, dass alles andere an Bedeutung verlor.

Einen Versuch wäre es wert, dachte sie noch, dann hatte sie schon zu ihrem zweiten Kuss an diesem Tag angesetzt, nur dass dieser in ihrem gesamten Körper so ein Feuerwerk an Gefühlen auslöste, dass sie den ersten ganz einfach aus ihrem Gedächtnis löschte und dieser sich als der erste richtige Kuss in ihre Erinnerung einbrannte.

Bei Miyako war es noch viel mehr als ein Feuerwerk; in jeder einzelnen Zelle spürte sie das Feuer lodern, jedes Härchen an ihrem Körper vibrierte und ihr Herz hatte nichts mehr gemein mit dem zerbröckelten, schweren Klotz, den sie bis eben noch mit sich herumgetragen hatte. Sie fühlte sich wie neugeboren, als Love sich ein paar Zentimeter zurückzog, sie aus ihren tiefen magentafarbenen Augen ansah und mit einem schelmischen Lächeln sagte: „Sieht so aus, als wäre Daisuke eindeutig aus dem Rennen.“

Mit einem Mal musste Miyako grinsen, konnte gar nicht mehr damit aufhören und explodierte schließlich vor lachen, da sie all die Gefühle, die Love so plötzlich in ihren Körper eingeschleust hatte, gar nicht kontrollieren konnte.

Love fiel ihr um den Hals und drückte sich an sie, ebenfalls kurz vor einem Lachanfall. „Wir beide können auch nicht mal ein paar Minuten ernst bleiben, oder?“, kicherte sie.

„Warum denn auch?“, meinte Miyako schulterzuckend. „So sind wir eben.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Alaiya
2009-09-23T07:24:03+00:00 23.09.2009 09:24
So, nun komme ich auch zum Kommentieren, habe den One Shot heute morgen auf der Arbeit gelesen :3
er hat mir sehr gut gefallen und ich bedanke mich für eure (vor allem Ditsch) Mühe und dafür, dass ihr vorzeitig an meinen Geburtstag gedacht habt :D Vielen, vielen Dank!

Der One Shot war teilweise sehr Zucker, aber bei Shojo-Ai mag ichs ja ;) Und gleich und gleich mag ja doch vom selben Menschen hinter den Charakteren kommen, hmm? Wobei ich daran eigentlich nie gedacht hatte, da ich Love immer zu Daisuke (also Digimon-Daisuke) gesteckt hab) :D
Am besten gefallen hat mir übrigens die Szene, wo Tarte zusammen mit Chiffon reinkam und entsetzt schrie "Es kann ja sprechen!" *lol* Es war so standart, aber toll. Habe sehr darüber geschmunzelt.

Vielen Dank auf jeden Fall noch mal (Am Terminal auf der Arbeit online ist, und nicht viel mehr tippen kann) :D
Habe mich wirklich, wirklich gefreut!


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