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Chiisana LOVE-STORIES

Die ultimative Anime-Crossover-Dating-Fanfic
von

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Seto und Erika - Diamant

von Jitsch
 

Irgendwie fanden Ditsch und ich, nachdem wir Skip Beat! gelesen hatten, dass Erika Koenji, Tochter eines Firmenchefs, unbedingt jemanden braucht, dem sie ihren Diamant-Ohrring schenken kann. Und wer passt da, wenn nicht einer, der so reich ist wie sie und außerdem noch verdammt gut aussieht? Genau!! – In der Geschichte kommt ein 5-Sterne-Hotel vor, damit klar ist, dass es wirklich teuer ist, ich kann nicht sagen, ob es das Sternesystem in Japan wirklich gibt. Auf jeden Fall hat es mir Spaß gemacht, die Story zu schreiben und ich hoffe, dass das Lesen derselben euch auch Spaß macht. ^.^
 

           Diamant
 

Sehr geehrter Herr Kaiba,
 

Aufgrund der bestehenden Geschäftsbeziehungen

zwischen der Kaiba Corporation und der Koenji Group

möchte ich Sie mit aller Herzlichkeit zur Feier der

Volljährigkeit meiner Tochter Erika einladen.

Diese findet am...
 

Kaiba Seto verdrehte die Augen über dieses schleimige Gequatsche, als er den Zettel langsam auf seinen Schreibtisch sinken ließ. Er hasste Partys wie die Pest.

Mokuba platzte in den Raum. „Was ist das, O-Nii-sama?“, fragte er, schlug die Tür zu und wuselte zum Schreibtisch seines Bruders, wo er sich mit dem Knie auf Setos Stuhl stützte, um das Schriftstück zu betrachten. „Hey, eine Einladung!“, rief er aus und zog seinem Bruder die Karte aus der Hand. „Von Koenji!“ Seto hielt eine Bestätigung offenbar für überflüssig und starrte nur grimmig auf die gegenüberliegende Wand. „Willst du nicht hin?“, fragte Mokuba neugierig. Seto schüttelte schwach den Kopf. „Eigentlich nicht, aber ich fürchte ich muss, einfach wegen der Geschäftsbeziehungen...“ Mokuba schüttelte ungläubig den Kopf. „Ich würde zu gerne mal auf so eine High Society Party und du überlegst, ob du hinwillst!?“ „Tut mir leid, ich bin allein eingeladen. Wenn du größer bist, kannst du bestimmt mal mit.“ Seto griff nach seinem Telefon und begann eine Nummer einzugeben. „Ich sage eben zu, aber danach muss ich wieder arbeiten...“, deutete er an. Mokuba nickte und sprang vom Stuhl. Das Tuten ertönte schon im Hörer, da fiel Seto noch etwas ein. „Ach, Mokuba-chan, was schenkt man eigentlich einer Zwanzigjährigen zum Geburtstag...?“
 

Kaiba Seto verließ seine Limousine in einem weißen Anzug mit einem cremefarbenen Hemd und einer schwarzen Krawatte und fühlte sich wie eine Puppe im Schaufenster eines Herrenbekleidungsgeschäfts. Während er auf den Eingang des Hotels „Diamond Sky“, in dem die Party stattfand, zu schritt, wuchs sein Ärger über Koenji, der ihn eingeladen hatte, ziemlich. Seine Miene war finster, als ihm durch den Kopf ging, dass der ihn doch nun wirklich nicht einladen musste, nur weil seine Firma der Koenji Group in regelmäßigen Abständen Mikrochips abkaufte. Im Portal des 5-Sterne-Hotels standen zwischen allerhand blühendem Grünzeugs ein paar superteure Vasen. Im von Gemälden, weiteren Vasen und teuren Accessoires verzierten Foyer wartete hinter einem dunklen Holzpult ein livrierter, dunkelhaariger Butlerund fragte routiniert: „Dürfte ich bitte Ihren Namen erfahren und Ihre Einladung sehen?“ Seto knallte die Einladung auf das Pult und raunzte den Mann an: „Noch nie was von der Kaiba Corporation gehört? Mein Name ist Kaiba Seto.“ Er ließ das Stück Papier einfach liegen und betrat schnell den Festsaal. Umgeben von mit weißen Tischtüchern bedeckten Tischen, die eine Hufeisenform bildeten, stand ein runder Tisch, von dem faltenreicher Stoff herabhing und auf dem sich Blumensträuße und teurer Schmuck stapelten. Halb davor stand eine junge Frau in einem tief ausgeschnittenen, weißen Seidenkleid, ihr hellblondes Haar war lang und gelockt. Sie schüttelte gerade einem älteren Mann im schwarzen Frack die Hand. Seto trat dazu und bemühte sich, wenigstens einen neutralen Gesichtsausdruck zur Schau zu tragen, und sagte: „Sie müssen Erika-san sein.“ Die Frau sah ihn einen Augenblick nur stumm an, bevor sie ausstieß: „Kaiba Seto!“ Ein Lächeln erschien auf ihren rosa glänzenden Lippen und sie streckte Seto ihre behandschuhte Hand entgegen, um seine zu schütteln. Seto nahm sie und murmelte ein „Alles Gute zum Geburtstag.“ Erika ging gar nicht darauf ein – vielleicht hatte sie es auch gar nicht gehört – sondern ließ seine Hand los um um sich zu deuten. „Mein Vater hat diese Feier mir zu Ehren organisiert. Ist es nicht wunderbar?“ Seto nickte wenig überzeugt und zog eine kleine Schachtel aus seiner Jackentasche. „Ich habe ein Geburtstagsgeschenk für Sie“, sagte er. Sie nahm sie ehrfurchtsvoll entgegen. „Darf ich es öffnen?“ Seto nickte und sah sich im Raum um. Überall standen ältere Männer in Anzügen, alle von ihnen in Schwarz, und unterhielten sich. Und auch die Frauen, die für sich in Grüppchen standen, waren alle dunkel gekleidet. Er war bei weitem der Jüngste und – abgesehen von Erika – der einzige im Raum der Weiß trug. „Oh, es ist wunderbar!“, stieß Erika aus und lenkte Setos Aufmerksamkeit wieder auf sich. „Freut mich, dass es Ihnen gefällt“, sagte Seto abwesend und nutzte es aus, dass gerade ein anderer Geschäftsmann auf Erika zukam, um ihr zu gratulieren, damit er selbst sich entfernen konnte. Von einem der von hübschen Kellnerinnen herum getragenen Silbertabletts nahm er sich ein Glas Champagner und gesellte sich zu einer Gruppe Männer um die Fünfzig. „... ist es ja nun wirklich nicht einfacher geworden“, beschwerte sich einer mit einer dunkelblau-schwarz gestreiften Seidenkrawatte. „Ja, Sie haben Recht“, stimmte der nächste zu, „die modernen Technologien haben die besten Chancen heutzutage. Sie haben auch darin investiert, hörte ich, Touma-san?“ Seto blieb stumm daneben und nippte an seinem Getränk. Schon beim ersten Schluck beschloss er, jeden Tropfen Alkohol in Zukunft so weit wie möglich zu umgehen. Das Zeug schmeckte ja widerlich! Er warf einen Blick zu Erika, die jetzt von drei Männern bedrängt wurde, die ihr scheinbar alle auf einmal gratulieren wollten. Seto fiel auf, dass er doch nicht ganz der jüngste war, denn hinter dem Präsenttisch Erikas befanden sich drei Männer in blauen Samtanzügen, die etwa ihr Alter haben mussten. Sie standen steif da und schienen so etwas wie Angestellte zu sein, denn einer von ihnen nahm gerade einen Blumenstrauß von Erika entgegen, um ihn in einer Vase auf dem Tisch zu platzieren. Alle drei hatten verschiedene Haarfarben; einer war blond, einer schwarzhaarig und einer hatte rotes Haar, zudem trug jeder von ihnen einen Ohrring, der, soweit Seto es aus der Entfernung feststellen konnte, mit einem teuren Edelstein versehen war. „Kaiba-san, warum sind Sie denn gegangen?“ Seto erschrak so sehr, dass er fast sein Glas fallen ließ, als Erika wie aus dem Boden gewachsen neben ihm erschien. „Ihr Geschenk hat mir sehr gefallen, sehen Sie?“ Sie drehte ihm ihr linkes Ohr zu, an dem ein hellblauer, tropfenförmiger Saphir an einer kunstvoll gearbeiteten Blume aus Silber baumelte. Seto hätte nicht sagen können, ob dieser Ohrring von ihm war, denn das Geschenk für die Frau hatte sein Hausdiener Isono besorgt, der sich mit Frauenangelegenheiten besser auskannte. „Freut mich, dass es Ihnen gefällt“, wiederholte er seine Floskel ohne jedes Anzeichen von Freude. Erika jedoch strahlte ihn zufrieden an. „Steht es mir?“ „Ja, ganz wunderbar“, sagte Seto und wandte sich dem Gespräch der vier Männer zu, von denen gerade einer meinte: „...braucht man ja schon, man kann doch nicht alles selber machen.“ „Sie haben vollkommen Recht, Touma-san, in meinem Haus brauche ich auch immer jemanden, der sich um die allgemeine Ordnung kümmert“, schaltete sich Seto ein, als habe er schon die ganze Zeit mit den Männern geredet, dann bemerkte er an Erika gewandt: „Wie Sie sehen, unterhalte ich mich gerade von Firmenchef zu Firmenchef...“, bevor er sich wieder am Gespräch beteiligte. Erika verschwand langsam.
 

Seto unterhielt sich noch ein wenig mit den vieren über belanglose firmentechnische Angelegenheiten, bevor ein Glöckchenklingeln ertönte und ein schick schwarz (wie auch sonst) gekleideter Mann um die Sechzig, Erikas Vater, neben dem Geschenktisch zu Erika kam. Er hielt eine kurze Rede über Erikas Entwicklung „von einer zarten Knospe zur voll erblühten Rose“, bevor er zu Setos Erleichterung den ersten Gang des Menüs ankündigte und die Gäste bat, sich an die gekennzeichneten Plätze zu begeben. Seto hatte die Namensschilder schon bemerkt, die an jedem der kunstvoll mit Serviette, drei verschiedenen Tellern und Dutzenden Bestecken gedeckten Plätze standen. Bevor er jedoch dazu kam, nach seinem Schildchen Ausschau zu halten, war er auch schon von den drei blaugekleideten Männern umgeben. „Sie werden neben Erika-sama sitzen“, sagte der Rothaarige, der tatsächlich einen echten Rubin in seinem rechten Ohr stecken hatte. Ohne auf seinen Protest einzugehen, schleppten ihn die drei Bediensteten direkt zu einem Stuhl neben dem von Erika, die zufrieden lächelte. „Sie können mir nicht entkommen, wenn ich es nicht will, Kaiba-san“, sagte sie leise, als er sich setzte. Seto funkelte sie an und sagte: „Ich bin aus reiner Höflichkeit hier und kann gehen, wann ich will.“ Die junge Frau lächelte und richtete ihren Blick geradeaus. „Das werden wir ja sehen.“ „Ich freue mich wirklich sehr, dass Sie meine Einladung angenommen haben“, mischte sich Erikas Vater vollkommen ahnungslos ein und beugte sich über Erikas Schoß etwas zu ihm hinüber. „Ihre Einladung hat mich sehr gefreut“, entgegnete der Braunhaarige gezwungen. Der Ältere lehnte sich zufrieden wieder zurück und Seto verfluchte sich dafür, dass er jetzt selbst diese Unehrlichkeit an den Tag legte, die er so verabscheute. Wie tief konnte er an diesem Abend noch sinken?

Die Suppe wurde aufgetragen und sofort erschienen wie aus dem Nichts Erikas drei Diener hinter ihr, um sie nach ihren Wünschen zu fragen. Seto versuchte sie einfach zu missachten, während er die dampfende Suppe löffelte, aber es stieg trotzdem heiße Wut in ihm auf über das ständige „Erika-sama, darf ich Euch...“ und „Erika-sama, wünscht Ihr...?“ „Sie sagen ja gar nichts, Kaiba-san“, stellte Erika auf einmal fest und blickte ihn unschuldig an, „geht es Ihnen nicht gut?“ Dieser Tropfen brachte das Fass zum Überlaufen. Seto knallte seinen Löffel neben den Teller und fuhr sie nur noch mit Mühe in einem leisen Ton an: „Natürlich geht es mir wunderbar! Abgesehen davon, dass ich nicht wirklich freiwillig hier bin, Partys hasse, niemanden kenne und Ihre drei Schoßhündchen mich mit ihrem Gerede zur Weißglut bringen!“ Erika wich erschrocken zurück. „Erika-sama, soll ich Euch beim Essen behilflich sein? Braucht Ihr Hilfe, um Eure Gabel zu halten?“, sagte er theatralisch und verdrehte dabei die Augen. Ohne auf ihre Reaktion zu achten, griff er nach dem Löffel und aß weiter. Erika fand erst nach ein paar Minuten ihre Sprache wieder und sagte: „Hojo, Todo, Sakasaki, bitte entfernt euch. Ich gebe euch frei bis zum Ende der Party.“ „Sehr wohl, Erika-sama!“, riefen die drei Männer im Chor und dann waren sie auch schon verschwunden. „So besser?“, fragte sie. Seto atmete ein und sagte dann aus dem Mundwinkel heraus: „Das ändert nichts daran, dass ich Partys nicht leiden kann.“ Erika legte ihre Hand an seine Wange und drehte seinen Kopf zu sich herum. „Dann werde ich eben persönlich dafür sorgen, dass Sie hier auch Ihren Spaß haben“, hauchte sie. Seto wich angeekelt zurück, soweit er konnte, und gab zurück: „Das schaffen selbst Sie nicht.“ Dann riss er sich los und aß weiter. Erika warf ihm einen schelmischen Blick zu und machte sich dann an ihre eigene Suppe.

Zu Setos Glück kam Erika im weiteren Verlauf des Essens nur selten dazu, mit ihm zu reden. Zwischen den zahlreichen Gängen hielten die Gäste Reden über das Geburtstagskind, und wenn Erika ihn doch einmal ansprach, hatte er immer den Mund voll und kam so um eine Antwort herum. In Bedrängnis kam er erst, als der Nachtisch (ein Fruchtsorbet mit heißen Kirschen) gegessen und die vorerst letzte der Reden, die sowieso alle gleich waren, gehalten war, denn nun wurde am Ende des Saals ein Vorhang zur Seite gezogen, hinter dem ein weites Parkett und eine Bühne lagen, auf der sich ein Streicherorchester aufgebaut hatte. Koenji stand auf und breitete die Arme aus. „Nun ist es an der Zeit für den Tanz, liebe Gäste! Ich bin stolz darauf, dass meine Tochter das Parkett nun eröffnen wird. Erika-chan, mein Liebes...“ Mit einem Lächeln erhob sich die weißgekleidete Tochter von ihrem Stuhl und streckte Seto ihre Hand in dem weißen Seidenhandschuh entgegen. Das Beste war es, gute Miene zum bösen Spiel zu machen, und so erhob er sich, legte seine Hand in ihre und ließ sich von ihr auf den glatten Holzboden führen. „Ich kann nicht tanzen“, knirschte er ihr aus dem Mundwinkel zu, als sie ihre linke Hand gegen seine rechte drückte. „Lassen Sie sich einfach von mir führen“, flüsterte sie zurück, dann fügte sie mit Blick auf seinen orientierungslos herunterhängenden linken Arm hinzu: „Und legen Sie mir mal die Hand auf die Taille.“ Seto tat wie geheißen, auch wenn er sich dabei nicht wirklich wohl fühlte. Erika schnipste mit der rechten Hand und legte sie auf seinen Oberarm, während er ein letztes Stoßgebet zum Himmel schickte. Die Musik setzte ein und Erika machte einen Schritt nach hinten. Er folgte ihr einfach. Seine Sorgen waren, wie sich schon nach wenigen Takten herausstellte, vollkommen unbegründet gewesen. Schon nach wenigen Schritten hatte er den Rhythmus angenommen und tanzte, als habe er nie etwas anderes getan. Nach und nach kamen weitere Paare auf die Tanzfläche, doch das bemerkte er kaum. Sie tanzten einfach weiter,sie und er, sie drehten sich wie im Traum, ihre blonden Haare umschwebten sie, und ihr Kleid bauschte sich in der Tanzbewegung wie die Flügel eines Schwans. Zusehends verlor er sich in die Schritte, in den Takt der Musik, die er nur noch als ein Rauschen im Hintergrund wahrnahm. Ihm war, als tanzten sie nicht selbst, sondern als würden sie hineingezogen in einen Strudel, der ihnen auf wundersame Weise die Bewegungen vorgab und sie mitriss, ohne dass es ein Entkommen gab. Aber das war nebensächlich, denn sie hätten ewig so weitertanzen können...

Bis die Musik schließlich verklang.

Sie blieben stehen und der Strudel verlor seine Macht. Seto ließ ihre Hand los und trat einen Schritt zurück, und damit war der Zauber gebrochen. Und schon kam Koenji hinzu geeilt, um mit seiner Tochter das Kuchenbuffet zu eröffnen. Die Worte, die sie sprachen, rauschten bedeutungslos an Seto vorbei, während er zurück zu seinem Platz schlich. Das Gefühl, das eben noch so deutlich gewesen war, versiegte und schon konnte er sich nicht einmal mehr daran entsinnen. Die Gäste strömten zum Buffet, doch er griff nach seinem Mobiltelefon und teilte Isono mit, dass er sofort abgeholt zu werden wünschte. Bevor er ging, warf er noch einen Blick zu Erika hinüber, die wie ein Engel inmitten der schwarzgekleideten Raben stand und ihn ansah. Er hob die Hand zum Abschied und verließ den Saal. Draußen war es selbst um diese Uhrzeit noch nicht dunkel und die Sterne kaum zu sehen in der Helligkeit, die die Stadt ausstrahlte. Isono hielt den Wagen vor seinen Füßen an, Seto stieg ein und ließ sich in die gepolsterte Rückbank fallen. Sein Chauffeur legte den Gang ein, drückte das Gaspedal und dann verließen sie das Hotel.
 

In den nächsten Tagen versuchte Seto sich zu benehmen wie immer. Tatsächlich merkte er, dass irgendetwas sich verändert hatte, irgendwo tief in ihm drin. Auf einmal war alles um ihn herum anders, obwohl sich doch nichts verändert hatte, ihm fielen Dinge auf, die er so nie bemerkt hatte, und über manches, das ihn vorher furchtbar geärgert hätte, konnte er jetzt nur noch belustigt die Achseln zucken. Manchmal, wenn er morgens aufwachte, hatte er den flüchtigen Eindruck von einem Strudel aus Weiß und einer sanften Sommerbrise, die ihm aus seinem Traum in die reale Welt gefolgt waren, doch meist vergaß er es sofort wieder.
 

Am Donnerstag nach der Feier, es war gerade sechs Uhr und Seto erst seit ein paar Minuten aus der Schule zurück, klingelte sein Telefon im Büro des Firmengebäudes der Kaiba Corporation. Er nahm ab, in Gedanken noch bei dem Geschichtsthema der letzten Stunde, und murmelte sein übliches „Kaiba Corporation Geschäftsleitung, Kaiba Seto am Apparat“ in den Hörer. „Sie sind es persönlich! Was für ein Glück!“, schallte ihm eine helle Stimme ins Ohr, die er sofort erkannte. „Hier ist Koenji Erika“, fuhr die Anruferin fort. „Wie geht es Ihnen, Kaiba-san?“ „Soweit gut“, erwiderte Seto, „aber Sie werden doch nicht nur angerufen haben, um das zu fragen, also kommen Sie zur Sache, ich habe zu tun!“ „Wenn Sie darauf bestehen... Ich habe schon die ganze Woche versucht, sie zu erreichen, aber Sie waren nie da...“ „Ich sagte, kommen Sie zur Sache!“ „Also gut, ich mache es kurz. Hätten Sie Interesse, mich in nächster Zeit zu treffen?“ Sein Herz klopfte auf einmal schneller, was sollte er sagen? „Nein. Auf Wiederhören“, sagte er knapp und legte auf. Er ließ sich in seinen Chefsessel zurückfallen und starrte zur Decke. Nein? Hatte er das gerade tatsächlich gesagt? Warum hätte er ja sagen sollen? Und doch fühlte er sich irgendwie enttäuscht. Von ihr? Von sich selbst.

In der folgenden Woche rief Erika noch zweimal an, als er da war, doch er hatte sich entschlossen, konsequent zu bleiben. Die einzige Antwort war nein, und als sie das zweite mal anrief, legte er fast augenblicklich wieder auf, ohne etwas zu sagen. Warum gab sie nicht einfach auf?
 

„Was ist das denn?“ Seto hatte gerade seinen elektronischen Terminkalender aufgerufen, um die nächste Woche zu checken. „Was ist was?“, fragte Mokuba, der es sich mit seinen Mathehausaufgaben auf der Couch in der Chefetage gemütlich gemacht hatte, und legte seinen Stift ab. Seto deutete mit einem Stirnrunzeln auf den Bildschirm, auch wenn Mokuba ihn sowieso nicht sehen konnte, und erklärte: „Hier steht für morgen ‚Geschäftsessen mit Nakayama von ComTech um 18 Uhr im Au Four’. Den Termin habe ich sicher nicht ausgemacht! Was will der Typ überhaupt noch von mir? Das mit der nächsten Lieferung hatten wir doch schon umfassend geklärt!“ Mokuba stand auf. „Ich habe den Termin eingetragen...“, sagte er schüchtern, „es klang irgendwie wichtig. Ich habe also geschaut und mit ihm einen Termin ausgemacht... bist du mir jetzt böse?“ Seto unterdrückte eine Grimasse. „Woher weißt du überhaupt das Passwort für meinen Rechner?“ „Das wusste ich schon eine ganze Weile... ist ja auch nicht so schwer zu erraten... mein Geburtsdatum, ich bitte dich...“ Jeden anderen hätte Seto jetzt angeschrien, dass er trotzdem nichts an seinem Rechner verloren hätte, aber bei Mokuba war das etwas anderes. „Dann sollte ich das Passwort wohl dringend ändern. Und du machst in Zukunft keine Termine mehr für mich ab, ist das klar?“ „Ja...“, murmelte Mokuba kleinlaut. Seto seufzte. „Ich freue mich jetzt schon riesig auf morgen Abend...“
 

Seto verließ den Wagen mit einem Gesichtsausdruck, der jeden Verbrecher in die Flucht geschlagen hätte, klemmte sich die Aktentasche mit den Details über den Handel mit der ComTech unter den Arm und ging auf das Restaurant zu. Übel gelaunt aus zwei Gründen; zum einen musste er mal wieder einen Anzug tragen, zum anderen hatte Erika seit vier Tagen nicht mehr angerufen. Als er die Treppe zum Eingang erklomm, schalt er sich einen Idioten. Er hatte doch selbst gewollt, dass sie aufgab, also was ärgerte er sich jetzt darüber? „Sind Sie Kaiba Seto?“, fragte ihn der Kellner am Eingang. „Ja, wer denn sonst!“, fuhr Seto ihn an. Der Mann nickte, als sei dieser Umgangston das Normalste auf der Welt in einem 4-Sterne-Restaurant und verbeugte sich mit den Worten: „Folgen Sie mir bitte“. Er führte Seto zwischen den Tischen hindurch, der noch immer überlegte, ob er vielleicht doch wollte, dass Erika ihn anrief. Vielleicht sollte er selbst morgen... „Guten Abend Kaiba-san!“ „Guten Abend“, sagte er abwesend und setzte sich auf den Stuhl gegenüber von seinem Geschäftspartner. „Dann lasse ich Sie mal allein“, bemerkte der Kellner und ging. Seto sah ihm nach und fragte sich noch, warum er so seltsam grinste, als ihn jemand am Ärmel zupfte. Er drehte sich lustlos um und fuhr dann so weit es ging auf seinem Stuhl zurück. „E- Erika-san! Was tun SIE denn hier?“ Die Frau, die ihm gegenüber saß lächelte erstaunt. „Wen haben Sie denn sonst erwartet?“ Seto sah sich desorientiert um. „Ich – ich war mit einem Geschäftspartner von der ComTech verabredet, um 18 Uhr. Dass ich Sie hier treffe...“ Er war schon halb wieder aufgestanden, doch Erika winkte ihm, wieder Platz zu nehmen. „Mokuba-kun ist wirklich ein cleverer Junge“, stellte sie fest. Seto ließ sich wieder auf den Stuhl fallen und fragte verwundert: „Was hat Mokuba damit zu tun?“ Erika zwinkerte ihm zu. „Als ich vor ein paar Tagen angerufen habe, ist Ihr kleiner Bruder rangegangen. Ich habe ihm gesagt, dass ich mich gerne mit Ihnen verabreden würde und da hat er mir versprochen, sie irgendwie dazu zu bringen, hier aufzutauchen. Aber dass er Sie sogar anlügen würde...“ Sie lachte kokett und trank einen Schluck von dem Wein, der in einem Glas vor ihr stand. Seto bemerkte, dass an seinem Platz auch eines stand und stürzte die rote Flüssigkeit in einem Zug hinunter. „Dieser kleine Schlingel...“, murmelte er. Erika lächelte ihn an und auf einmal musste auch er lächeln, nein, er begann zu lachen. Wie hatte er nur so blöd sein können und auf Mokuba reinfallen? Als sein Lachen versiegte, sah er Erika wieder an, die sich prompt erhob. „Da Sie nun hier sind, können wir ja gehen“, stellte sie fest. Er stand auf und trat an ihre Seite. „Gehen? Wohin?“, fragte er. Sie lachte ihn geheimnisvoll an und legte einen Finger auf die Lippen. „Das ist ein Geheimnis!“

Draußen wartete auf sie eine fünf Meter lange, weiße Limousine, deren Tür von dem schwarzhaarigen Diener mit dem Smaragdohrring aufgehalten wurde und der sich tief verbeugte, als Erika auf die Rückbank glitt. Sie winkte Seto zu sich, eine Aufforderung, der er lieber nicht nachgekommen wäre, wäre nicht die zweite Sitzbank von den drei Dienern besetzt gewesen. Der Fahrer gab Gas und das Auto fuhr gemächlich an. Seto war möglichst weit nach außen gerutscht und betrachtete neugierig das luxuriöse Innere des Wagens, das nicht nur einen kleinen Tisch, einen Minikühlschrank und einen Fernseher enthielt, sondern auch noch Aufbewahrungsort für ein großes Sortiment an kleinen Schönheitsmittelchen und Schmuck zu sein schien. Ein verstohlener Blick zu Erika hinüber bestätigte, was er bisher nur ansatzweise bemerkt hatte, nämlich, dass sie den Schmuck trug, den er ihr geschenkt hatte. Nicht nur die Ohrringe gehörten dazu, sondern auch eine Kette, an der mehrere kleinere Exemplare des Ohrschmuckes hingen. Warum nur konnte er den Blick nicht von ihrem schönen, weißen Hals wenden? Sie bemerkte, dass er sie anstarrte und lächelte freundlich. „Steht es mir?“, fragte sie. Er erinnerte sich, dass sie ihm diese Frage schon einmal gestellt hatte, doch damals hatte er eine komplett unehrliche Antwort gegeben, nein, er hatte nicht einmal auf den Schmuck geachtet. Er hatte gerade den Mund geöffnet, als der Wagen mit einem Ruck stehen blieb. Sofort sprangen die drei Diener hervor und der Rothaarige öffnete die Wagentür, um erst Seto und dann Erika hinauszulassen. Erika deutete nach vorn, wo ein riesiges, glasverkleidetes Hochhaus stand. „Dort oben ist unser Ziel“, sagte sie und deutete auf die Spitze des Hauses. Seto sah hinauf, konnte allerdings kein besonderes Ziel ausmachen. Er ließ sich von Erika und ihren drei Dienern, die eifrig den Boden putzten, bevor sie ihn betrat, zu einem Fahrstuhl führen, der außen am Gebäude angebracht war. „Ihr wartet bitte hier“, sagte Erika zu den Männern und betrat mit Seto den Fahrstuhl. Der setzte sich langsam in Bewegung. „Sie haben sicher bemerkt, dass meine drei persönlichen Bediensteten jeder einen Ohrring tragen“, sagte Erika. Seto nickte. „Nun, es ist so. Nur Personen, die ich persönlich auswähle, erhalten von mir einen solchen Ohrring mit einem Edelstein. Es ist eine Auszeichnung, die ich nur an besonders gut aussehende und charmante junge Männer vergebe. Mein Lieblingsstein, den Diamanten, hatte bisher noch niemand verdient.“ Der Fahrstuhl kam zum Halten und die Tür öffnete sich. Erika trat auf einen langen Flur und betrat dann zielsicher eine Tür auf dessen rechter Seite, deren Aufschrift Seto nicht schnell genug erkennen konnte. Der Raum dahinter war voller Geschmeide. In Vitrinen lagen diamantene Halsketten, goldene Ringe, Ohrgehänge aus Rubinen und dergleichen vieles mehr. Ein älterer Mann hatte die Türglocke vernommen und kam hinter einem Regal hervor. „Erika-sama! Was für eine Ehre, dass Sie mir wieder einen Besuch abstatten! Was kann ich für Sie tun?“ „Takara-san, bringen Sie mir bitte den Diamanten.“ Die Augen des Alten weiteten sich. „Natürlich, Erika-sama!“, rief er aus und verschwand. „Verstehe ich das richtig?“, fragte Seto, „Sie wollen wir den Diamantohrring geben? Ich weiß nicht, ob ich diese Ehre verdiene.“ „Aber ich weiß es ganz genau. Sie und kein anderer sind der Richtige für dieses Schmuckstück.“ „Ich trage normalerweise keine Ohrringe...“ „Das ist kein Problem. Takara-san wird ihnen gleich ein Ohrloch stechen. Setzen Sie sich schon mal hin.“ Erika drückte Seto sanft auf einen Sessel. „Ich würde sagen, Sie sollten ihn im linken Ohr tragen, was meinen Sie?“ „Ja...“, sagte Seto. Er fühlte sich ein wenig schwindelig und noch dazu war ihm unwohl zumute bei der Vorstellung, dass man ihm gleich eine gar nicht all zu dünne Metallnadel durch das Ohrläppchen bohren würde. Der Mann kam zurück, in der Hand ein Gerät, das große Ähnlichkeit mit einer Pistole hatte. „Das Linke“, sagte Erika. Er beugte sich über Seto und schob seine Haare zur Seite, dann drückte er mit einem Kugelschreiber einen Punkt auf sein Ohrläppchen. „Ja, das ist gut“, rief Erika begeistert. Takara tupfte mit einem desinfizierten Tuch über Setos Ohrläppchen. „Keine Sorge, es ist nur ein kleiner Pieks“, versicherte der Juwelier. Seto beruhigte das nicht sonderlich, aber er schaute so furchtlos drein wie möglich, als Takara das Stechgerät anlegte, „Nicht bewegen!“ sagte und abdrückte. Es war wirklich nur ein kurzes Stechen, dann löste sich die Anspannung. „Ooh, wunderbar!“, stieß Erika aus. Takara hielt Seto einen Spiegel vor das Gesicht und der betrachtete sein linkes Ohr. Das Ohrläppchen war ein bisschen rot, aber der Diamant in der silbernen Fassung glitzerte und bildete einen schönen Kontrast zu seinem dunkelbraunen Haar. „Ich wusste es! Es sieht einfach wunderbar aus, Kaiba-san!“, sagte Erika angetan. Seto stand auf und sah ihr in die Augen. Auf einmal fühlte er sich klarer als je zuvor. „Da Sie mir nun schon so ein wertvolles Geschenk gemacht haben, können Sie auch Seto zu mir sagen.“ „Nur, wenn du mich auch duzt.“ Seto nickte.

Takara überreichte ihm noch ein kleines blaues Fläschchen mit Desinfektionslösung, die er zweimal täglich auf das neue Ohrloch träufeln sollte, um eine Entzündung zu vermeiden. Er riet ihm außerdem, das Schmuckstück hin und wieder zu drehen, damit es nicht festwuchs. Mit Erika verließ er das Hochhaus wieder über den Fahrstuhl, von wo sie eine gute Aussicht über die Stadt hatten, angestrahlt vom Licht der letzten roten Sonnenstrahlen.

Erika brachte Seto mit ihrer Limousine nach Hause und verabschiedete sich von ihm mit dem Versprechen, sich bald wieder zu melden. Mokuba wartete auf einem Sessel in der Eingangshalle, wo er eingeschlafen war, doch als Seto die Tür hinter sich zuschlug, fuhr er hoch und rieb sich die Augen. „Na, wie war es?“, fragte er. „Schrecklich“, sagte Seto. Mokuba wich in seinen Sessel zurück und sah entschuldigend zu seinem Bruder hoch. „Hee, wo hast du denn den Ohrring her, O-Nii-sama?“ „Den hat mir ‚Nakayama’ geschenkt.“ „War es wirklich so schlimm?“, fragte der Kleine schuldbewusst. Seto beugte sich dicht über ihn und piekste ihm mit dem Zeigefinger in die Seite. Mokuba schrie auf. „Hör auf, da bin ich kitzelig!“ „Selber schuld, wenn du deinen Bruder anlügst“, gab Seto zurück und richtete sich wieder auf. „Ich tu’s nie wieder! Wirklich!“, rief Mokuba ängstlich. Kaiba wandte sich zur Treppe und begann zu grinsen. „Schon gut“, sagte er und ging zügig nach oben. Mokuba richtete sich im Sessel wieder auf und sah ihm verwirrt nach. Hatte er schrecklich gesagt?
 

Am nächsten Morgen in der Schule fiel den Mädchen sofort auf, dass Seto nun über ein neues Schmuckstück verfügte. Nachdem er jedoch verkündet hatte, der Ohrring stehe für ein Versprechen an eine Frau, ließen sie ihn in Ruhe. Schon vor Unterrichtsbeginn hatten sich ein paar abstruse Gerüchte über die Identität dieser Frau entwickelt. Es gab sogar ein paar, die behaupteten, sie hätten ihn mit einem Mann gesehen, der am rechten Ohr einen solchen Ohrring trug.

In der Mittagspause wurde Seto in das Büro des Schulleiters bestellt. Als er es betrat, wies ihm der Mann mit Namen Kochou an, Platz zu nehmen und ergriff das Wort. „Ich denke, du weißt, warum du hier bist?“ Seto sah ihn schweigend an und wartete ab. „Die Schulordnung verbietet das Tragen von Tätowierungen und Piercings an allgemein sichtbaren Stellen.“ „Was wollen Sie mir damit sagen?“, fragte Seto ungeduldig. Kochou sah ihn irritiert an. „Dein Ohrring fällt unter dieses Verbot. Du darfst ihn nicht tragen.“ Seto verschränkte die Arme und lehnte sich zurück. „Was, wenn ich mich nicht daran halte?“ „Wer gegen die Schulordnung verstößt, fliegt.“ Kaiba erhob sich und baute sich vor dem unwillkürlich zurückweichenden Kochou auf. „Wenn ich einen Verlobungsring tragen würde, würde Sie mir verbieten, ihn zu tragen?“ Der Schulleiter schwieg angespannt. „Würden Sie das?“ „Na- natürlich nicht! Das Tragen von Schmuck wie Ringen und Ketten ist durchaus erlaubt...“ Seto legte seine Hand mit Nachdruck auf den Schreibtisch und sagte bedrohlich: „Wenn dieser Ohrring aber ein Zeichen der Zusammengehörigkeit ist, so wie ein Verlobungsring?“ „Ohrringe sind nicht erlaubt“, wiederholte der Ältere verunsichert. Seto richtete sich erbost zu voller Größe auf. „Dies ist eine staatliche Schule, die von den Steuergeldern der Bürger finanziert wird. Wissen Sie eigentlich, wie viele Steuern die Kaiba Corporation im Jahr zahlt, damit diese Schule auch ärmeren Leuten die Chance zur Ausbildung gibt? Ich zahle das Geld, von denen IHR Gehalt bezahlt wird und SIE wollen mir verbieten, einen läppischen Ohrring zu tragen?“ Kochou wich ängstlich zurück. Seto blieb unvermindert bedrohlich stehen. „A- also gut... eine.... Sondergenehmigung“, murmelte der Schulleiter. Seto verließ auf der Stelle mit einem zufriedenen Lächeln den Raum.
 

„Koenji-san hat angerufen“, teilte Mokuba ihm mit, als er am Freitag aus der Schule kam, seine regennasse Jacke ablegte und zu seinem Schreibtisch ging. „Er möchte sich mit dir noch mal über die Mikrochips unterhalten, du wolltest doch die Menge erhöhen... Sonntag im Diamond Sky, um Neunzehn Uhr.“
 

Beinahe hätte Seto seine Akten über die Geschäftsbeziehungen zur Koenji Group vergessen, als er sich am Sonntagabend aufmachte, doch zum Glück hatte Mokuba noch rechtzeitig daran gedacht. Er stieg in den Wagen und während Isono den Wagen durch den Feierabendverkehr lotste, drehte er gedankenverloren den Ohrring zwischen seinen Fingern. Erika hatte sich seit dem letzten Treffen nicht mehr mit ihm in Verbindung gesetzt, was ihm überhaupt nicht gefiel. Hatte er etwas falsch gemacht?

Das Auto hielt vor dem Hotel, das er schon von der Party kannte, und er stieg aus. Es hatte sich nichts verändert in den drei Wochen seit er Erika das erste mal getroffen hatte, und doch war nun alles anders. Wie hatte ihm damals nicht auffallen können, wie wunderschön sie war?

„Kaiba-sama, Ihre Tasche!“, rief Isono ihm nach. Seto schlug sich gegen die Stirn und rannte zurück. Wie konnte er nur so gedankenverloren sein? Drinnen grüßte ihn ein Kellner mit einer Verbeugung und brachte ihn in das Restaurant des Hotels, wo die Tische in mit Hecken voneinander getrennten Nischen standen. Aus unsichtbaren Lautsprechern ertönte Klaviermusik und das satte Grün wirkte sich auf ihn äußerst beruhigend aus. Als der nächste Tisch in Sicht kam, blieb er unwillkürlich stehen. An ihm saß eine Frau mit blondem Haar, doch er konnte ihr Gesicht noch nicht sehen. „Erika...?“, fragte er.

Sie drehte sich um und brachte ein Lächeln auf sein Gesicht. Sie war es.

Erika stand auf und begrüßte ihn mit einer kurzen Umarmung, die er nur zu gerne erwiderte. Die Aktentasche fiel ungeachtet zu Boden. „Was tust du hier?“, fragte er, als sie gegenüber Platz nahmen. „Ich dachte, ich wäre mit deinem Vater verabredet... Hat Mokuba etwa wieder...?“ „Nein, ich habe ihn überredet, dich mir zu überlassen, weil ich dich sehen wollte.“

Ein schwarz livrierter Kellner tauchte auf und brachte Rotwein, verschwand aber sofort wieder. Kaiba nippte an dem Getränk und sah Erika weiter an. „Du siehst hübsch aus“, sagte er nach ein paar Schlucken. Sie trug ein weißes Oberteil mit Rüschen und ihre Haare zu einem einfachen Pferdeschwanz aufgesteckt. „Der Ohrring steht dir aber auch sehr gut.“ „Ich hatte in der Schule ein paar Probleme deswegen...“ Erika erschrak. „Tut mir leid! Ich... ich hatte ganz vergessen, dass du noch...“ Er schüttelte abwehrend den Kopf. „Keine Sorge, ich habe meinen Schulleiter überzeugen können, dass ich ihn tragen darf“, sagte er und griff abwesend nach einem der Messer, die rechts von seinem Teller lagen. „Du hättest mir doch sagen können, dass du mit dem Ohrring Ärger riskierst...!“ Er wiegte das Messer zwischen Zeige- und Mittelfinger und blickte ihr fest in die Augen. „Hätte ich auf das Zeichen, dass du mich ausgewählt hast, verzichten sollen nur um Ärger zu vermeiden?“ In dem Augenblick, wo er den Satz beendete, schleuderte er das Messer knapp an ihr vorbei in den Mandarinenbusch hinter ihr. Ein Aufschrei ertönte und dann kippte der Topf mit der gesamten Hecke hinter ihr um. Erika fuhr herum und blickte auf den verlegen schauenden grauhaarigen Mann, der sich gerade noch vor dem umkippenden Gewächs hatte in Sicherheit bringen können.

„O-Too-sama?“ [O-Too-sama: erfurchtsvolle Anrede für den Vater], fragte sie entsetzt.

Seto stand auf und trat neben den Mann, wo er sein Messer wieder aufhob. Seine Miene war hart. „Das haben Sie aber schön eingefädelt, Koenji-san!“, sagte er. „Mich zum Geburtstag Ihrer Tochter einzuladen, Sie überredet, dass ich den Diamanten verdient habe und sie zum Geschäftsessen geschickt. Und das, um eine Verbindung unserer Firmen zu erwirken. Sie wollten wohl sehen, wie ihr Plan funktioniert?“

Ein Knallen ertönte; Erikas Stuhl war umgefallen, als sie aufgesprungen war. „So denkst du also über mich, Seto?“, schrie sie. Seto starrte sie betroffen an, denn noch mehr als ihre Worte erschreckten ihn die Tränen, die in ihren Augenwinkeln schimmerten. „Du hättest nichts besseres tun können, als hier aufzutauchen!“, fuhr sie ihren Vater an, dann drehte sie sich auf dem Absatz um und verschwand in Richtung Ausgang. Seto und ihr Vater blieben schuldbewusst stehen und sahen sich besorgt an. Schließlich brach der Ältere das Schweigen, während zwei Kellner angerannt kamen, um die Hecke wieder aufzurichten. „Ich hatte Sie zu ihrem Geburtstag eingeladen, weil ich der Meinung war, sie bräuchte dort jemanden in ihrem Alter. Aber ich hätte nicht gedacht, dass sie so schnell Gefallen an Ihnen finden würde. Es war immer Erika-chan, die Sie sehen wollte. Dass sie sich mit Ihnen getroffen und Ihnen diesen Ohrring gegeben hat, habe ich erst von meiner Frau erfahren, und als Erika-chan mich heute morgen mit Mühe überredete, sich mit Ihnen hier zu treffen, da wurde ich neugierig... Sie hat noch niemals Gefallen an einem Mann geäußert, und für einen Vater ist so etwas nun einmal auch sehr interessant... Wie haben Sie mich überhaupt bemerkt?“ „Ich habe irgendwas rascheln gehört, und da es nicht aufhörte kam ich zu dem Schluss, dass uns jemand belauschen musste“, sagte Seto, immer wieder schluckend. Er suchte den Anblick der beruhigenden Pflanzen, doch er fühlte sich elend. Mit den Fingern drehte er den Ohrring und war fast versucht, ihn herauszureißen. Er hatte mit seinen bodenlosen Anschuldigungen alles zerstört! Er war nur so erschrocken gewesen, als er Koenji entdeckt hatte, hatte das alles für ein abgekartetes Spiel gehalten, ohne irgendeinen Beweis zu haben. Dabei mochte er Erika so, hatte er sie so lieb gewonnen und sich die ganze Woche nichts sehnlicher gewünscht, als sie wiederzusehen oder zumindest am Telefon mit ihr zu sprechen... Er schrak zusammen, als ihm jemand eine Hand auf die Schulter legte. „Machen Sie sich keine Sorgen. Wenn sie Ihnen den Ohrring geschenkt hat, wird sie Sie nicht so leicht aufgeben. Erika-chan ist manchmal etwas aufbrausend, aber wenn Sie sich bei ihr entschuldigen, wird alles wieder gut.“ Seto nickte, und tatsächlich brachte ihm die Vorstellung von einer Entschuldigung mit einem großen Strauß roter Rosen ein wenig Linderung.

Die beiden Kellner hatten längst wieder alles in Ordnung gebracht, als einer von ihnen zu den beiden Männern kam und sich tief verbeugte. „Kaiba-san, ich soll Ihnen ausrichten, dass Koenji Erika-san im Zimmer 311 auf Sie wartet“, teilte er mit und verschwand wieder hinter der nächsten Hecke. Koenji sah Seto aufmunternd an. „Sehen Sie, Sie würde Sie wohl nicht zu sich bitten, wenn sie noch wütend wäre.“ Seto nickte. „Danke“, sagte er und rannte los, direkt zur Treppe in den nächsten Stock. Den Fahrstuhl zu benutzen wäre ihm in seiner Eile nicht eingefallen. So kam er etwas außer Atem im dritten Stock an, rannte jedoch sofort in den rechten Gang, stellte fest, dass das gesuchte Zimmer nicht in diesem Trakt lag und kehrte um, bis er vollkommen aus der Puste vor der Tür mit der goldenen Aufschrift „311“ stand. Er erlaubte sich nur ein kurzes Atemholen, bevor er klopfte. Ein freundliches „Herein“ ertönte.

Seto stieß die Tür auf und blieb wie angewurzelt stehen. Erika lag mit dem Rücken flach auf dem großen Bett am anderen Ende des recht kleinen Zimmers, ein Bein angewinkelt und das andere graziös ausgestreckt. Ihr goldenes Haar spielte um ihren Körper, der in rosa Unterwäsche mit schwarzen Borten steckte. Ihre Beine steckten in langen, mit Strumpfbändern befestigten Strümpfen. Ihr ganzer Körper war schlank und anmutig und drückte einen unbändigen Stolz aus.

Seto schloss langsam die schwere Holztür hinter sich und konnte dabei den Blick nicht von ihrem Körper wenden. Sie begann zu sprechen. „Die Geschäftsbeziehungen meines Vaters haben mit meinen Gefühlen nichts zu tun.“ Ihre Stimme klang gleichzeitig freundlich und auffordernd. „Ich will dich, Seto.“

Der trat an ihr Bett und wusste nur eines. Es war seine Erika, sie wartete auf ihn, sie war so verrückt nach ihm, wie er nach ihr und er der einzige, dem sie sich jemals so zeigen würde. Er sah zu ihr hinab und sah ihr tief in die Augen. „Ich will dich auch, Erika.“

Dann riss er sie an sich und küsste sie leidenschaftlich.
 

... und was dann noch passiert, überlasse ich der (schmutzigen?) Fantasie von euch Lesern, schließlich wollen wir das Kapitel doch nicht als Hentai markieren müssen ~.°



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  Black1
2008-08-13T07:19:38+00:00 13.08.2008 09:19
voll gelungen hat mir wieder sehr gut gefallen freu mich schon auf die nächste story
Von:  Sinai
2007-12-13T07:59:50+00:00 13.12.2007 08:59
Wunderschönes Kapitel, die beiden Charaktere handeln, denke ich, recht natürlich... obwohl meiner MEinung nach Kisara besser zu Seto passt :)
Von:  Freia
2006-09-27T16:03:30+00:00 27.09.2006 18:03
Huch so kennt man euch ja garnicht XDD
*löl*
Find es (wie alleXD?)sehr toll nur der Stil war nicht ganz so eurer aber das ist nicht schlecht gemeint!!O.O
Um Himmels Willen neiN!
Sry das ich erst jetzt dazu kam ein kommi zu schreiben aber ich Praktikum-.-;;
Da hab ich oft keine zeit zum lesen aber ich halte meine Verpsrechen udn freue mich natürlich voller erwartungen auf die nächste Story^^
Hab euch lieb^^

Randy-chan


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