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Krieger, Magier und Diebe

AU, Science Fantasy
von

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Aller Anfang...

Titel: Krieger, Magier und Diebe

Teil: 5/24

Autor: Lady Silverwolf

Anime: Beyblade

Warning: OOC

Disclaimer: Die Hauptcharaktere gehören nicht mir und ich verdiene kein Geld mit dieser Fanfic.
 

"..." reden

//...// denken
 

~~~~~~~
 

~~~~~~~
 

Aller Anfang...
 

Gelangweilt starrte Kai auf die weiße Wand des Zimmers. Takeru, der Großvater von Takao, hatte es ihm für einige Tage zur Verfügung gestellt. Durch die beiden Fenster fiel helles Sonnelicht und zeichnete goldene Vierecke auf den Boden, die mit dem Sonnenlauf wanderten.

Kais Hauptbeschäftigung an diesem Tag - ebenso wie an den letzten dreien - war es gewesen, eben diese Wanderung zu beobachten. Viel hatte er nicht zu tun, vor allem nicht, da ihn niemand sehen durfte. Sonst waren alle Mühen umsonst.

Aus dem Wirtshaus hatte er es unbemerkt geschafft. Max, der Blonde, dessen Namen er inzwischen erfahren hatte, sowie Takao hatten sich wirklich nicht dumm angestellt bei der Aufgabe, die Anwesenden abzulenken. Niemand hatte Verdacht geschöpft. Der Stalljunge war schnell ausgeschaltet gewesen und Funkensterns Hufe flink. Die Stute brannte darauf, wieder loszulaufen. Er hatte ihre Enttäuschen, so schnell wieder zu halten, beinahe spüren können.
 

Es hatte weit länger gedauert, bis Takao und sein Freund endlich da gewesen waren. Sie seien kurz davor gegangen, bevor die Magier gekommen waren, hatte Max erzählt, nachdem er sich vorgestellt hatte. Als sie zum Dojo gegangen waren, hatten sie Funkenstern im Wald gelassen, da es beim Takao keinen Stall gab. Takeru hatte Kai herzlich begrüßt, dem das Verhalten des Alten wie der Kinder sehr suspekt vorkam. Anscheinend wusste er über die ganze Aktion Bescheid.

In den letzten Tagen hatte Kai viel nachgedacht - über die Magier, die Hatesit, den Streit zwischen beiden, die Menschen an sich. Die wichtigste Frage, die ihn beschäftigte, war allerdings die, warum Takao, Max, Takeru und all die, die noch von der Sache wussten, ihm halfen. Das war unverständlich für ihn. Wäre er an ihrer Stelle gewesen, das Äußerste, was er getan hätte, wäre den Betroffenen zu warnen. Wenn überhaupt.
 

Im Allgemeinen scherte ihn nicht, was mit den Leuten um ihn herum geschah. Er war immer allein gewesen und er hatte auch nicht vor, das zu ändern. Andere Leuten hielten ihn nur auf und störten ihn. Dafür erwartete er auch keine Hilfe von ihnen. Er brauchte das nicht; er war stark genug.

Urplötzlich wurde die Tür aufgestoßen und krachte mit polterndem Getöse gegen die Wand. Kai sah auf. Er erschrak nicht. Zumindest nicht mehr. Takao betrat dieses Zimmer meist auf diese Art.

"Ich hab dir was zu essen mitgebracht!", trompetete der Junge und stellte das große Tablett, das über und über mit Tellern und Schüsseln vollgestellt war, auf dem Bett ab und hockte sich daneben. "Was ist?", fragte er, als Kai keine Anstalten machte, zuzugreifen. "Hast du keinen Hunger?"

"Hn.", machte Kai. Nein, er hatte keinen Hunger. Es war erst wenige Stunden her, dass Takao mit dem selben Getöse das Mittagessen gebracht hatte.

"Nicht?", fragte der Junge noch einmal und griff dann selber herzhaft zu. Bei den Göttlichen, der Kerl konnte wirklichrund um die Uhr essen! Kai schüttelte den Kopf.
 

"Kannst du eigentlich auch mal den Mund auftun?", maulte Takao. "Immerhin haben wir dir geholfen. Können wir da nicht etwas Höflichkeit erwarten?"

"Hn.", machte Kai statt der verlangten Antwort und starrte wieder auf das goldene Rechteck auf dem Zimmerboden.

"He!", explodierte Takao und hätte beinahe eine Schüssel Reis umgeworfen. "Was hab ich gerade gesagt?!" Der Angesprochene sah ihn kurz an und zog eine Augenbraue hoch, ließ sich aber nicht zu einer gesprochenen Antwort hinab. Dieses ,Gespräch' hatten sie in den letzten Tagen schon mehrmals geführt und es lief immer darauf hinaus, dass Takao wutschnaubend hinaus stapfte.
 

Aber heute schiene es anders zu sein. Immerhin stand ein großes Tablett mit Essen direkt vor seiner Nase und nach einigen Minuten sinnloses Geplapper von dem Langhaarigen erschienen Max, Hiromi und Kenny in der Tür. Kai hatte die drei erst einmal zu Gesicht bekommen, nämlich am Tage seiner Ankunft, und seitdem nicht mehr. Jetzt kamen sie alle drei freundlich herein und nahmen Platz. Max schloss die Tür hinter sich, ehe er sich auf die Fensterbank hockte.

Was sollte das werden? Allgemeine Fragestunde an den abweisenden Fremden, den man liebenswürdigerweise zu Hause aufgenommen hatte? Kai ignorierte sie, während Takao sie mit vollem Mund begrüßte. "Takeru sagt, du kannst bald weiter.", begann Kenny das Gespräch, was ihm sofort Kais Aufmerksamkeit einbrachte. Sie waren dazu übergegangen, ihn wie einen ihrer Freunde zu behandeln, nachdem sie herausgefunden hatten ,dass er nur zwei Jahre älter als Takao, Max und das Mädchen war.
 

"Die Magier sind heute zurückgekommen.", erzählte Kenny weiter. "Nachdem sie dich nicht ,eingeholt' haben." Kai nickte nachdenklich. Vielleicht konnte er schon heute los? Funkenstern wartete sicher schon auf ihn, begierig in der weiten Ebene der Wüste in langgestreckten Galopp zu fallen. Was sie wahrscheinlich den Hals kosten würde.

"Du.", begann Takao noch immer mit vollem Mund, aber erstaunlich verständlich. Kai sah ihn an. Also doch Fragestunde. Nun gut, er würde antworten, bald war er diese unreifen Kinder sowieso los. "Was hat es mit diesem komischen Dieb auf sich, der die Amulette klaut?"
 

Ernstes Thema. Das die sich darüber Gedanken machten, hätte er nicht gedacht. Aber wieso interessierte sie das? Betraf es sie etwa auch? Na, ihm konnte es egal sein. Er zuckte die Schultern. "Woher soll ich das wissen? Ich bin ihm glücklicherweise noch nicht begegnet."

"Aber du hast von ihm gehört?", bohrte Hiromi weiter.

Kai nickte. "Ich bin einem Hatesit begegnet, dem sein Amulett gestohlen wurde. Der hat mir davon erzähl." Allgemeine Verwirrung. Was begriffen die jetzt schon wieder nicht?

"Was ist ein ,Hatesit'?", wollte Max wissen. Das konnten sie tatsächlich nicht wissen.

"Bündniskrieger.", grummelte er. "Wir nennen uns selber Hatesit. Unsere Partner sind die Tisetah. Die Bindung selber nennen wir Teshita. Wisst ihr denn gar nichts darüber?"
 

Synchrones Kopfschütteln. Kai verdrehte die Augen, sagte aber nichts. Natürlich wussten solche Kinder nichts darüber. Er würde sie nicht ermutigen, noch mehr dumme Fragen zu stellen.

"Tu nicht so, als ob wir totale Trottel wären!", schimpfte Max. Der Junge hatte eine erstaunliche Menschenkenntnis.

"Beweiß mir das Gegenteil.", antwortete Kai spitz.

"Ich habe meine Bindung - wie sagtest du? Teshita? - erst letztes Jahr gemacht.", erklärte Max. "Und ich habe Draciel seitdem nicht einmal gerufen. Kenny und Takao sind die ersten...Hatesit, die ich getroffen habe. Woher sollen wir wissen, wie man uns nennt?" Hatesit? Diese Bengel waren alle drei tatsächlich Bündniskrieger?
 

"Jetzt bist du erstaunt, was?", triumphierte Takao mit vollem Mund. "Hn.", machte Kai und der Junge zuckte verärgert zusammen und sein Blick verfinsterte sich. Das hätte sicher bedrohlicher ausgesehen, wenn er sich nicht im selben Moment verschluckt hätte und versuchte, krampfhaft hustend wieder Luft zu bekommen. Hiromi klopfte ihm auf den Rücken, bis er sich wieder beruhigt hatte, und fragte: "Wann hast du deine Bindung gemacht? Und mit wem?"
 

Kai warf ihr einen Blick zu, der bedeutete, dass sie das alles nichts anging, antwortete aber trotzdem: "Ich war vier und sie heißt Dranzer." Er zog den Schal an seinem Hals etwas herunter um ihnen das rotgoldene Amulett zu zeigen. Warum erzählte er diesen Kindern das überhaupt alles? Sein Leben, seine Teshita und vor allem seine süße Dranzer gingen die nichts, aber auch gar nichts an! Warum hatte er das Bedürfnis, ihnen das trotzdem zu erzählen?

Verflucht! Manchmal war das Leben wirklich zum kotzen! Was hatte er getan, so etwas zu verdienen? Hatte er nach allem, was er durchgemacht hatte, nicht auch wenigstens kurz etwas Glück verdient?
 


 


 

Max beschäftigten derweil ganz andere Gedanken. Bildete er es sich nur ein, oder hatte die sonst kalte, emotionslose Stimme des Fremden einen warmen Unterton bekommen, als er von seinem Tisetah - wie schnell man sich an solche neuen Begriffe gewöhnte! - gesprochen hatte?

Wie auch immer, Max hatte schnell erkannt, anders als die anderen drei, dass Kai nicht so kalt und - ja, böse(wie Takao sich ausgedrückt hatte) war, wie er tat. Es war nur eine Maske. Max wusste nicht, warum gerade er so schnell dahinter gestiegen war.

War es, weil er selbst of seine wirklichen Gedanken hinter einer Hülle aus Trotteligkeit und Schwachsinn verbarg? Oder weil er eine gute Menschenkenntnis hatte? Oder weil er in den Gesichtern und Augen seiner Gegenüber lesen konnte wie in einem Buch? Zugegeben, letzteres war bei Kai beinahe unmöglich, da sein Gesicht die meiste Zeit vollkommen unbewegt war und sich in Kais Augen etwas wie eine geistige Mauer befand, die nichts nach außen dringen ließ.
 

Aber eben auch nichts hinein. Max wusste, wie idiotisch und unsinnig diese Gedanken waren, aber erst am letzten Abend hatte er sich gefragt, wann Kai das letzte Mal gelacht oder auch nur gelächelt hatte. Ob der fremde Hatesit überhaupt wusste, was ,Glück' bedeutete?

"Mit vier?", rief Takao erstaunt aus. "Aber... Ich hatte meine erst mit elf! Und Kenny mit sieben!"

"Vier ist früh, sieben auch.", gab Kai zu. "Die meisten schließen ihre Teshita in der Pubertät. Man kann sie theoretisch das ganze Leben über schließen." Wow! Das, was Kai in den letzten paar Minuten gesagt hatte, war mehr als in den letzten drei Tagen! Vielleicht erfuhren sie doch mehr, als er gedacht hatte.

"Ja, genau. Dieser Tisetahdieb. Was macht er? Wofür braucht er sie? Und was passiert mit den Hatesit? Wie sieht er aus? Hat er Verbündete? Wie...?"
 

Kai unterbrach Takaos Frageschwall ungehalten: "Was willst du eigentlich von mir? Dass ich hellsehe? Mir ist er noch nicht begegnet. Ich habe zwar mit jemandem gesprochen, dem sein Amulett gestohlen wurde, aber nicht einmal der hat den Dieb gesehen."

Takao stöhnte gequält auf und wandte sich wieder dem Tablett zu. Hiromi fing die ganze Sache geschickter an. "Was hört man denn so in der Wüste über ihn?"

"Verschiedenes."

"Bitte?"

"Verschiedenes.", wiederholte Kai. "Unter den Hatesit ist er Thema Nummer eins."

"Verständlich.", antwortete Kenny. "Ich meine, wenn da so ein Kerl herumläuft, der einem seinen Bündnispartner stehlen will." Er schüttelte sich. Max lächelte gedankenverloren. Auch die vier Freunde hatten in den letzten zwei Tagen nur zwei Themen gehabt: Kai und den Tistahdieb.
 

Kai seufzte. Anscheinend war er zum Schluss gekommen, die Informationen, die über den Dieb vorhanden waren, ihnen nicht vorenthalten zu können. Darum erklärte er jetzt mit leiser, dunkler und vor allem melodischer Stimme, was er über den Dieb gehört hatte: "Er lässt sich niemals blicken. Alle berichten, dass es sehr schnell gegangen ist. Sie wurden neidergeschlagen oder auf eine andere Art betäubt. Oder es war eben ein Taschendieb, jedenfalls war das Amulett von einen auf den anderen Augenblick nicht mehr da. Wegzaubern ist unmöglich, auch Magie kann nicht alles vollbringen. Jedenfalls ist es unklar, ob Mann oder Frau, welches Alter oder welcher Stand, man weiß eben so gut wie nichts über den Dieb selber. Es wird allerdings vermutet, dass es mehrere Personen sind. Manche sagen, es seien Techniker oder Krieger, andere sprechen von Magiern oder Verbundenen, also Leuten, die mit einem Dämon oder Teufel einen Pakt geschlossen haben, wieder andere behaupten, es seine Hatesit, aber das halte ich für unwahrscheinlich. Was er mit den Tisetah will - nun, es kursieren die wildesten Gerüchte. Es heißt, er wolle sie opfern, sie töten oder ihre Kräfte missbrauchen, was nicht nur eine Sünde, sondern auch sehr wahrscheinlich wäre. Er taucht überall auf und verschwindet wieder. Irgendwo hat er - so behaupten viele - ein Hauptquartier, von wo aus er auf Beutezug geht. Kein Hatesit ist vor ihm sicher."
 

Die letzten Worte klangen etwas bitter, hatten aber auch einen hämischen Unterton und Max hörte beinahe, wie Kai in Gedanken hinzufügte: "Wenn er mir meine Dranzer stiehl, lebt er nicht mehr lange."

Die vier Freunde hatten ernst und aufmerksam zugehört, sogar Takao, der extra die Essstäbchen weggelegt hatte. Jetzt griff er wieder danach und fragte: "Theoretisch könnte der Dieb auch in Sepun leben und niemand wüsste davon?"

Kai nickte, sagte aber nichts mehr. Er schien der Meinung zu sein, genug gesagt zu haben. Wahrscheinlich hatte er im letzten Jahr insgesamt weniger gesprochen.

"Kann man da nichts gegen tun?"

"Hn.", stimmte Kai zu und zuckte die Schultern.

"Wenn niemand weiß, wer es ist, woher er kommt und was er will - ich fürchte, eher nicht.", antwortete Kenny. "Wie willst du das anstellen? Ihn jagen?"

"Warum nicht? Man müsste doch..."

Hiromi unterbrach ihn: "Takao, ich glaube, du vergisst da etwas."

"Und das wäre?"

"Denk doch daran, dass da draußen ich-weiß-nicht-wie-viele Hatesit herumlaufen. Keine von ihnen möchte seinen Partner verlieren, aber manchen ist es eben doch geschehen. Und alle machen Jagd auf den Dieb oder halten zumindest die Ohren offen. Stimmt' s, Kai?"
 

Der Fremde nickte bestätigend und fügte hinzu: "Es verschwinden recht oft irgendwelche Hatesit. Der Dieb nimmt sie mit, um zu verhindern, dass sie sterben." Starb ein Hatesit oder ein Tisetah, starb der Bündnispartner mit, wusste Max.

"Sind...sind wir auch gefährdet?", wollte Kenny unsicher wissen. Kai nickte.

"Was können wir dagegen tun?"

Kai breitete die Hände aus. "Nichts. Nur unentdeckt bleiben."

Eine Weile herrschte Stille im Raum, nur unterbrochen von Takaos Schmatzen. "Was ist?", wollte Kai plötzlich wissen. "Ist es so interessant, hier herumzusitzen und mir auf den Geist zu gehen?"

Die Vier sahen den fremden Jungen an und erhoben sich. Der hatte ja keine hohe Meinung von ihnen. "Gehen wir.", murmelte Kenny. Takao nahm das Tablett mit und sie setzten sich in die Küche.

"Kai ist ja nicht sonderlich begeistert von uns.", murmelte Hiromi und Takao erklärte wütend: "Wir hätten ihn gar nicht herbringen sollen! Wäre er doch losgezogen, wie er es gewollt hatte!"
 

Max seufzte. "Dann wäre er jetzt wahrscheinlich tot." Er setzte sich wieder auf die Fensterbank. "Heut Nacht geht er."

"Woher willst du das wissen?", fragte Kenny. "Merkst du nicht, wie es ihn in den Fingern juckt, endlich wieder loszukommen?", fragte Max zurück, doch der andere schüttelte den Kopf. "Nein. Durch diese Steinmaske, die der ,Gesicht' nennt, dringt absolut nichts!"

"Ich wäre nach drei Tagen in diesem Zimmer schon lange verrückt geworden!", murmelte Takao. "Wer geht heut zu dem Pferd?"

"Du bist dran.", erklärte Hiromi.

"Oh je, nicht dein Ernst, oder?"

"Stimmt aber.", lächelte Max. "Ich schlage vor, du isst fertig und machst dich auf die Socken. Dann kommst du zur Laube."

"Okay, okay.", maulte der Langhaarige missmutig und schob sich den letzten Bissen in den Mund. "Ihr geht schon mal vor!"

Rasch stellte er das gebrauchte Geschirr in die Spüle, dann gingen sie hinaus. Takeru befand sich mit einigen Schülern in der Übungshalle. "Wir gehen, Opa!", rief Takao hinein und erhielt ein abwesendes Nicken als Antwort. Sofort rannte der Junge los.
 

Es wurmte ihn ganz schön, dass er zu der Stute musste, aber sie hatten es Kai nun mal versprochen. Und Takao hielt seine Versprechen immer. Funkenstern hatten sie tief im Wald in einer Höhle untergebracht, wo es genug zu fressen gab und einen Bach in der Nähe. Die letzten Tage war sie dort geblieben.

Auch jetzt befand sie sich unter einigen Bäumen, obwohl er sie erst nach kurzem Suchen entdeckte. Das schwarze Tier verschmolz beinahe perfekt mit den Schatten, vor allem, da es jetzt langsam dunkler wurde, weil die Sonne unterging. Er ging kurz zu ihr, prüfte, ob alles noch in Ordnung war und ging wieder.

Auf dem Rückweg stieß er mit jemandem zusammen. Fluchend gingen beide zu Boden, aber Takao war als Erster wieder auf den Beinen und als er erkannte, wer ihm gegenüber stand, fluchte er noch lauter. Jeder, der sie kannte, wusste von ihrer fortwährenden Feindschaft.
 

"Ah, sieh an, sieh an!", frotzelte der Junge am Boden und erhob sich geschmeidig. "Takao Kinomiya. Was für eine Überraschung!"

Takao starrte ihn wütend an. Die letzte Schmach hatte er nicht vergessen. "Lass mich in Ruhe, Toki!", brüllte er. "Ich hab kein Bock auf deine Gesellschaft!"

Toki und seine beiden Freunde, die ihn meistens überall hin begleiteten, grinsten nur. "Heute ohne deine Freunde? Niemand, der dicht tröstet, wenn du wieder am Boden bist?"

Allgemeines Gelächter. Takao fühlte Wut in sich aufsteigen. Ja, er erinnerte sich auch an den Vorfall. Und an Tokis gemeinen Trick, der ihn nicht mehr hatte aufstehen lassen, bis einer der Meister den Zauber von ihm genommen hatte. Ja, er erinnerte sich ganz genau daran, wie es war, vor Toki und diesen anderen aufgeblasenen Magierschülern im Dreck zu kriechen, Staub zu schlucken.

"Willst du nicht noch einmal einen Kniefall machen vor dem größten Magier der Zukunft?", hänselte Toki ihn weiter. Die Worte und Beleidigungen, die sich in Takao angestaut hatten, brachen hervor und Toki wurde mit einem Schwall der wüstesten Beschimpfungen überschüttet. Doch er lächelte die ganze Zeit über so, als wüsste er etwas, das Takao nicht wusste. Er reagierte in keiner Weise auf die Worte des Langhaarigen.
 

Erst als diesem die Luft ausging, klatschte er spöttisch in die Hände und höhnte: "Gut gemacht, Kinomiya. Wirklich, sehr gut gemacht. Aber jetzt Spaß beiseite, wir haben nicht ewig Zeit. Weißt du, dahinten ist ein schwarzes Pferd. Es gehört dem Bündniskrieger, der letztens da gewesen ist."

"Echt?", wollte Takao zähneknirschend wissen. "Keine Ahnung, ich war nicht dort." Im gleichen Moment, in dem er das sagte, wusste er, dass er einen Fehler gemacht hatte. Nicht umsonst hieß es, dass man Magier niemals anlügen sollte. Und genau das hatte er eben getan.
 

Prompt sprang Toki darauf an und seine Augen glitzerten gefährlich. Mit einem hämischen Grinsen fragte er: "Warum lügst du?" Eine Pause entstand, dann fügte er hasserfüllt zischen hinzu: "Bündniskrieger!"

Takaos Gesichtszüge entgleisten. Woher wusste Toki...? Aber das war egal. Toki wusste es und Takao war so gut wie tot, wenn ihm nicht schnell etwas einfiel. Denn weil Toki spätestens jetzt wusste, dass seine ,Beschuldigung' der Wahrheit entsprach, gab es keinen anderen Ausweg mehr als die Flucht.

Takao wusste nicht, was er tat, er handelte einfach und das war das einzig Richtige, was er in der Situation machen konnte. Mit einem lauten Schrei stürzte er sich auf einen von Tokis Freunden. Ein gutgezielter Schlag genügte und der Junge sackte ohnmächtig zusammen. Es hatte eben doch seine Vorteile, wenn der Großvater Kampflehrer war.
 

Der Zweite war nicht so einfach zu erledigen, aber drei, vier gut gezielte Schläge ließen den Angegriffenen keine Chance. Wimmernd krümmte er sich auf dem Boden zusammen. Toki jedoch hatte sich rasch gefasst. Als Takao auch ihn anspringen wollte, wurde er plötzlich zurückgeschleudert wie von einer unsichtbaren Hand.

Mit einem wütenden Schrei warf der Langhaarige die Beine in die Luft und sprang auf. Dem nächsten Zauber von Toki entkam er, indem er mit einem mächtigen Satz zur Seite sprang. Toki ignorierte den Fehlschlag und konzentrierte sich auf den nächsten Zauber, diesmal etwas Größeres.

Wieder reagierte Takao instinktiv und zum ersten Mal in seinem Leben rief er Dragoon, sein Tesitah. Ein heulender Wind fuhr plötzlich durch Wald, bog die Wipfel der Bäume, so dass es aussah, dass sie sich vor dem riesigen Wesen verbeugen würden, der plötzlich hinter Takao auftauchte, getaucht in ein grünes Licht.
 

Blitzschnell nahm der riesige Drache Gestalt an. Sein langer, schlanker Körper war mit blauen Schuppen bedeckt, die im Sonnenlicht schillerten, die vier riesigen Klauen, die vor allem vorn enorme Krallen zierten, gruben sich tief in das Erdreich, die langen Klingen an den Ellbogen blitzten kalt im Licht und der schmale Echsenkopf war Toki zugewandt. Die goldenen Augen der riesigen Echse fixierten den Magierschüler, der ihn mit angstgeweiteten Augen anstarrte, während der lange Schwanz Dragoons durch den Wald schnellte und Bäume umfegte.

Takao duckte sich ängstlich, dann schnellte Dragoons Schwanz plötzlich nach vorn. Er traf Toki vor die Brust und die Wucht des Schlages schleuderte den Jungen quer durch die Luft. Sein Flug fand ein abruptes Ende, als er gegen einen Baum krachte und besinnungslos auf den Boden fiel. Sofort verschwand der Drache wieder.
 

Einen Moment blieb Takao wie betäubt sitzen. Dann vernahm er ein tiefes, aufforderndes Grollen, als Dragoon Kontakt mit ihm aufnahm, und sprang auf. Er wusste nicht, was er tat, handelte einfach wie in Trance. Seine Beine trugen ihn rasch zu der Höhle zurück, bei der Funkenstern wartete. Mit zittrigen Fingern zäumte er die Stute auf, die freudig schnaubte, und schnallte Kais Gepäck, das sie hier gelagert hatten, hinter den Sattel. Dann schwang er sich auf den Rücken der Stute und lenkte sie nach Osten.

Dorthin, wo der Rand der Insel war.

Dorthin, wo die Wüste war.

Dorthin, wo er weiterleben konnte.

Dorthin, wo die Freiheit war.
 


 


 

Ruhe, so schöne Stille. Wie konnte es sein, dass so wenig Leute die Stille so schnell und so gründlich vertreiben konnten? Gerade mal vier Kinder! Kai erhob sich und ging zum Fenster hinüber. Von dort hatte man einen hervorragenden Ausblick nach hinten hinaus. Der Dojo der Kinomiyas stand direkt am Stadtrand. Dahinter waren nur noch Wiesen und Wald.

Kai bemerkte Takao, der auf dem Waldrand zurannte. Wo hatte er seine Freunde gelassen? Und wo wollte er hin? Nach einem Moment fiel es ihm ein. Funkenstern war dort hinten. Takao ging anscheinend zu ihr. Gut, das war das letzte Mal. Heute Nacht würde er wieder losziehen. Wenn er den Alten hörte, würde er mit ihm darüber sprechen, oder besser: es ihm mitteilen.

Nachdenklich starrte Kai auf den Wald. Dort, ganz weit entfernt, nur als eine dünne Linie erkennbar, befand sich der Rand der Insel. Und dahinter war die Wüste. Eine Weile stand er am Fenster und sah der Sonne zu, wie sie sich dem Horizont zuneigte und den Himmel langsam rot färbte, dann wandte er sich wieder ab.
 

Die plötzliche Bündelung von Macht ließ ihn wieder herumfahren. Was, bei den Göttlichen...? Dort, hinten im Wald, geschah etwas. Genaues konnte er nicht erkennen, aber er meinte etwas Blaues im schwindenden Sonnenlicht glitzern zu sehen, und Bäume, die unter der Wucht von etwas Starkem, Großen umknickten wie Zahnstocher.

Ein Tisetah, war ihm klar. Die Macht ,die das Wesen ausstrahlte, vibrierte in seinen Nerven und ließ seine Fasern zittern. Sie schmeckte nach Wind und Luft, nach Gewitter und Sturm. Sie kam Dranzers Kraft nahezu gleich, eine andere Art natürlich, aber bei einem Kampf zwischen beiden würde es keinen Sieger geben.

Hastig fuhr Kai auf. Das musste einer der Junge sein, denn ein Tisetah entlud solche Macht nur bei einem Anfänger, der sie nicht unter Kontrolle hatte. Verdammt, wie hatten die Magier das herausgefunden? Ansonsten wären diese Bengel doch nicht auf die dumme Idee gekommen, eines zu rufen, oder? Aber das würde bedeuten, dass Takao entdeckt worden war. Und mit ihm würden sie alle vier auffliegen, er, Takao, Max und Kenny. Sie würden fliehen müssen, weg von Nijan. Die anderen Beteiligten würden sich herausreden können, wenn sie es geschickt anstellten.
 

Unruhig lief Kai in dem engen Zimmer hin und her, bis er unten die Tür klappen hörte. War Takeru mit seinem Unterricht fertig? Hastig stürzte Kai aus dem Zimmer und stieß beinahe mit dem Alten zusammen, der gerade die Treppe herauf kam. Verdutzt blieb er stehen, als er Kai bemerkte. "Was ist passiert?", wollte er beunruhigt wissen.

"Takao ist aufgeflogen.", knurrte Kai. "Und wir anderen wahrscheinlich auch. Ihnen droht keine Gefahr, nur uns Bündniskriegern. Wo sind die Kinder?" Warum fragte er sich das?!

Takeru zuckte mit den Schultern. "Sie sind vorhin weg. Ich weiß nie, wohin sie verschwinden."
 

Kai fluchte und kehrte wieder in sein Zimmer zurück um das einzusammeln, was er mit in den Dojo gebracht hatte. Takeru stand nicht mehr auf dem Treppenabsatz, als er wiederkam, sondern hockte in einem Zimmer auf dem Boden und kramte in einer Truhe herum. "Ich gehe jetzt.", erklärte Kai. "Sagen Sie den Kindern ,sie sollen Nijan auf dem schnellsten Weg verlassen."

"Warte, Junge." Takeru eilte hinter ihm her. "Kannst du nicht auf die Drei aufpassen? Alleine haben sie keine Chance." Kai blieb auf der Treppe stehen und schüttelte den Kopf. Auf die Bengel aufpassen? Geht's noch?

"Wie...warum nicht? Helfe ihnen, wie sie dir geholfen haben! So läuft das normalerweise!"

Kai wiederholte seine Geste. "Nein, so läuft das gar nicht. Nicht bei mir." Dabei wusste er, dass das nicht stimmte. Er löste seine Schulden immer ein.
 

"Nimm sie mit!", donnerte der Alte. Dann hielt er ihm ein langes, schmales, in Stoff gewickeltes Päckchen hin. "Bring das Takao. Er wird es brauchen. Und warte kurz, ich pack ein paar Sachen für ihn ein." Ehe Kai antworten konnte, er würde sich weder mit Takao noch mit Max oder Kenny oder gar allen dreien plagen, war Takeru schon in einem weiteren Zimmer verschwunden.

Kai entschloss sich kurzerhand, den Alten einfach stehen zu lassen und stürmte die Treppe hinunter. Es war keine gut Idee, sich mit unerfahrenen Kindern zu belasten. Selbst nicht mit Kindern, die Hatesit waren und ihm geholfen hatten. Selbst nicht mit Kindern, die ihn vor dem sicheren Tod bewart hatten. Selbst nicht mit Kindern, denen er etwas schuldete. "Verflucht!", brüllte er und blieb stehen. Er konnte einfach nicht gehen. Hatten ihn die vier Tage hier so weich gemacht?!
 

Die auffliegende Haustür riss ihn aus seinen Gedanken. Herein platzen Max, Kenne und Hiromi, die ersten beiden vor Aufregung zitternd, letztere eher verwirrt. "Was...was ist passiert?", wollte Kenny wissen. Anscheinend hatten die beiden unerfahrenen Hatesit es ebenfalls mitbekommen.

"Takao ist erwischt worden.", gab Kai gleichgültig zurück. "Wir sind alle aufgeflogen, schätze ich."

"Das...", begann Kenny geschockt. "Das ist doch...unmöglich! Wie...?"

Max begriff wesentlich schneller und unterbrach den anderen einfach: "Wir müssen raus aus Nijan! Kenny, lauf nach Hause und hol ein paar Sachen. Hiromi, du auch, aber du kommst nicht wieder; das ist sicherer für dich. Kai, wir treffen uns an der Höhle, bei der wir Funkenstern gelassen haben."
 

Überrumpelt starrte Kai den Jugendlichen nach. Bildete er sich das nur ein oder hatte Max ihn tatsächlich gerade wie selbstverständlich eingespannt?! Zu Frage oder Widerspruch war er gar nicht mehr gekommen. Jetzt kam Takeru die Treppe hinunter, in einer Hand eine Tasche, in der anderen noch immer das Päckchen. "Rasch!", rief er. "Ich packe noch ein paar Vorräte ein, mach dich fertig!"

Kai starrte ihn an, dann fügte er sich seufzend und schnallte die Schwertgurte an, ehe er sich den Umhang überwarf, wobei er darauf achtete, rasch an die Schwertgriffe zu kommen. Takeru brachte Takaos Gepäck, dann sah er nach ob die Luft rein war und schickte Kai los, der sehr schnell und vor allem sehr unauffällig den Wald erreichte und darin verschwand.
 

Leise fluchend versuchte der Blaugrauhaarige, sich an den Rückweg zur Höhle zu erinnern, aber es brauchte eine Weile, ehe er sie fand. Zuvor hatte er bei dem Kampfplatz vorbei gesehen. Umgerissene Bäume und zerwühlte Erde zeugten von dem Kampf, aber keiner der Beteiligten war mehr anwesend. An einem Baum entdeckt er Blutspuren, die hoffentlich - hatte er das gerade wirklich gedacht? - nicht von Takao stammten. Ein kurzer Blick genügte ihm, dann lief er weiter.

Weder Funkenstern noch einer der Anderen befand sich an der Höhle. Entweder Takao war klug genug gewesen, die Stute mitzunehmen, oder sie und sein Gepäck waren unwiederbringlich in die Hände der Magier gefallen und damit für ihn verloren. Er hoffte auf erstere Möglichkeit, aber das wäre kein tödlicher Verlust. Das Wichtigste trug er immer bei sich.
 

Es dauerte nicht lange, bis Kenny und kurz darauf Max auftauchten. Was ihn dazu bewogen hatte, auf die beiden zu warten und sich nicht einfach aus dem Staub zu machen, wusste er nicht. Im gleichen Moment, in dem ihm das auffiel, wusste er auch schon, dass er die drei Jungen noch länger am Hals haben würde. Und das freiwillig. Welcher Dämon ritt ihn da nur? Er würde sie nicht einfach wegschicken können.

Schweigend bedeutete Kai den beiden, ihm zu folgen. Sie trugen schwere, aber nicht zu große Taschen auf dem Rücken. Hoffentlich hatten sie gut und nur das Nötigste gewählt. Beide trugen lange Dolche an den Gürteln, Kenny noch zusätzlich seinen Novizenstab in der Hand. Den könnte man tatsächlich gebrauchen.
 

Kai schlug ein sehr zügiges Tempo an und bald hörte er Max und Kenny hinter sich keuchen, aber sie beklagten sich nicht. Ob die beiden das durchhielten? Oder noch wichtiger, ob sie die Wüste und die Jagd, die die Magier auf sie veranstalten würden, überlebten?

Zwei Stunden später hatten sie die Inselgrenze erreicht. Es war ein sachter, aber steiniger Abhang, bei dem die Vegetation immer karger und weniger wurde, je mehr man hinaufstieg. Kein Problem, diese Insel zu verlassen. Da kannte er ganz andere. Er schickte Kenny und Max vor und sah sich noch einmal genau um. Konnte man die Verfolger schon sehen?
 

Verständigt waren die Magier wahrscheinlich schon. In der Ferne erkannte er das Dach des Magierturmes, an dessen Spitze ein goldener Schein leuchtete. Diesen hatte er schon die letzten Nächte bemerkt, er gehörte einfach zu einem Zaubererturm dazu. Jetzt allerdings veränderte sich die Farbe. Vermittelten sie so Nachrichten? Kai meinte, etwas in der Art einmal gehört zu haben, aber sicher war er sich nicht. Wie auch immer, Eile war geboten. Er konnte die hetzenden, hasserfüllten Stimmen der Hexenmeister schon beinahe hören. Ha, die würden eine unangenehme Überraschung erleben!

Rasch lief er hinter den beiden Jungen her und hatte sie bald ein eingeholt. Ärgerlich bemerkte er, dass sie viel zu langsam vorankamen. Wenn er alleine gewesen wäre - und dazu noch sein Pferd gehabt hätte - wäre er schon längst über alle Berge. Aber das ging natürlich nicht mit den Kindern an den Hacken. Kenny klappte benahe jetzt schon zusammen und Max ging es kaum besser. Und die wollten in der Wüste überleben? Und, verdammt noch mal, wo war Takao? Den mussten sie auch noch einsammeln!
 

Das plötzliche Geräusch einer Steinlawine ließ ihn herumfahren. Kenny war ausgerutscht und lag nun flach auf dem Boden. Im Mondschein wirkte sein Gesicht blass und ausgezehrt. Vorsichtig und mit schmerzverzerrtem Gesicht rappelte er sich wieder auf. "Können...können wir nicht kurz Pause machen?"

Wortlos nahm Kai dem Bebrillten den Rucksack ab und ging weiter. Hinter sich hörte er, wie Kenny sich mit weiterem Getöse erhob und wie Max sich ebenfalls wieder in Bewegung setzte. Ein paar Minuten später standen sie in der Wüste. Vor ihnen erstreckt sich das weite, flache Land. Hin und wieder zeichneten sich Silhouetten von aufgetürmten Felsformationen und Steinpyramiden vor dem dunklen Blau des Nachthimmels ab. Kai wusste, dass die meisten dieser Steinpyramiden sozusagen ,hohl' waren, leere Steingebilde, die kleine Burgen bildeten, in denen man sich perfekt verstecken konnte.
 

Die Nacht war jetzt entgültig hereingebrochen und am Himmel blühten die ersten Sterne auf. Zwischen ihnen stand ein abnehmender, aber noch recht großer Mond. Bei Vollmond, erinnerte er sich, war er in Nijan angekommen. Man konnte über die Wüste sagen, was man wollte, aber nicht, dass sie hässlich war. Nein, das war sie ganz und gar nicht.

Wenn man es darauf anlegte, konnte man in einem Blick tausend schöne Dinge erkennen. Bei Nacht war die Wüste noch schöner als am Tage. Bei Nacht, wenn der Mond alles in ein silbernes Licht getaucht hatte und die Felsen sich schwarz gegen den bereits dunklen, blauen Himmel abhoben. Nachts, wenn man nicht den Staub sehen musste, nicht, wie die Luft vor Hitze flirrte, nicht von der heißen Sonne gequält wurde, die wie ein Hammer auf den Köpfe der bedauernswerten Lebewesen am Boden schlug, die keinen Schatten finden konnten.
 

Kenny, der sich neben ihm keuchend auf den Boden plumpsen ließ, riss ihn aus den Gedanken. Max blieb stehen, obwohl auch er erschöpft war. "Wohin müssen wir jetzt?" Die Schönheit der Wüste bei Nacht schien ihn nicht zu interessieren. Kai ließ seinen Blick ein weiteres Mal über die Landschaft schweifen. Wo würde er sich verstecken, wenn er Takao wäre?

Kurzerhand steuerte er die nächsten Felsen an. Funkenstern hätte dort Schutz gesucht, wenn Takao ihr freie Zügel gelassen hatte. Vorausgesetzt, er hatte die Stute dabei. Wenn der Junge klug war, würde er ebenfalls einen der Felsen aufsuchen. Kenny und Max folgten ihm wieder hastig. Bald hatten sie die aufgeschichteten Felsen erreicht. Kai warf einen Blick zurück und musterte den Inselrand. Dann zwängte er sich durch einen Spalt und befand sich nun im Inneren der Felsen. Er hatte keine Ahnung, wie diese Gebilde zustande kamen, aber sie waren ganz nützlich.

"Kommt schon!" Kais Stimme riss Max und Kenny aus ihrer Lethargie. Hastig stiefelten sie hinter ihm her. "Bleibt hier." Kai lud das Gepäck ab. "Ich suche Takao." Rasch kletterte an den Felsen nach oben. Einen Moment verfluchte er sich, dass er sein Sichtglas bei seinem Gepäck gelassen hatte, aber das konnte er jetzt auch nicht mehr ändern. So musste er sich auf Dranzers weitsehende Augen verlassen, aber das würde genügen, hoffte er.
 

Oben fand er rasch einen guten Platz, von dem aus er alles um sich herum beobachten konnte. Zwar saß er hier auch wie auf dem Präsentierteller, aber wenn ihn jemand sehen würde, würde man ihn wahrscheinlich für einen Teil des Felsen halten.

Sein erster Blick galt wieder der Insel und diesmal konnte er mehr sehen bei den als die letzten beiden. Dutzende Menschen mussten auf den Beinen sein. Mehrer lange Züge heller Elektro- und Magielichter wälzten sich aus Sepun heraus, in verschiedene Richtungen. Ja, klar, sie wussten ja nicht, in welches Ziel sich die Hatesit gemacht hatten. Sie wussten noch nicht einmal, ob die Vier zusammen geblieben waren. Für einen Moment fragte er sich, was aus Takeru, Max' Mutter und Kennys Eltern geworden war, dann schob er den Gedanken beiseite.
 

Jetzt gab es wichtigeres. Zum Beispiel, Takao zu finden. Ob der Junge Ausschau nach ihnen hielt? War er überhaupt bis hierher gekommen? Eine rasche Bewegung lenkte Kais Aufmerksamkeit auf sich. Ob das...? Eine unförmige Gestalt kroch über die Ebene. Erst nach einiger Zeit erkannte Kai Pferd und Reiter. Also hatte Takao Funkenstern mitgenommen und die drei gesehen, als sie über die Ebene gelaufen waren.

Kai rutschte die Felsen wieder hinunter. "Kommt. Ich habe Takao gesehen." Er nahm wieder das Gepäck des Langhaarigen und verließ die Felsen. Max und Kenny folgten ihm, wieder einmal.
 

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Das war das letzte Kapitel für heute. Die nächsten gibt's dann, wenn die hier oben sind. ^.~
 

Bye

Silberwölfin



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