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Shine

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Shine

Shine / A short Story
 

Kapitel Eins

Guten Morgen. So beginnt der Tag, und diese Geschichte. Eine kurze Geschichte und ziemlich unbedeutend, wenn man ein Stück weiter schaut und andere Geschichten mit dieser vergleicht. So funktioniert die Welt: Es gibt eine Ursache, die eine Wirkung zur Folge hat. Aber manche Wirkungen wirken mehr als andere, manche Ursachen haben mehr und größere Wirkungen, die mehr Menschen betreffen und größere Teile der Welten. Geschichten, die schwerer wiegen, wichtige Geschichten, die erzählt werden müssen. Und der Rest, der unbedeutende mit einer halben kleinen Wirkung und zwei Staubkörnern, wir freuen uns, wir erzählen uns selbst. Mein Name nebenbei ist Ravon Loki. Ich bin nichts weiter als ein sechzehnjähriger Schüler der Heevy High, freier Basketballspieler, verliebter Musiker, Geschichtenerzähler. Hey, sage ich. Ich bete die Sonne an und messe die Temperatur im luftleeren Raum. Morgens stehe ich auf dem Dach, sehe die Sterne sinken und die Leute vorübergehen, die wichtige Geschichten machen, und wenn sie mich sehen, grüßen sie, weil sie ebenfalls noch manchmal die Nacht auf dem Dach ihres Hauses verbringen und die Luft, die durch ihre Lungen strömt, ist ja dieselbe wie in meinen. Seltsam, oder? So viel Luft und irgendwann verbinden sich unsere restlichen Atome zu einem einzelnen Stern. Eine wichtige Geschichte und eine weniger wichtige, eine große Wirkung und eine kleine. Was für eine Welt. Mir wird schwindlig vom Drehen.
 

Kapitel Zwei

» Mach die Tür zu, es zieht! «, schimpfte ich, als Mercurius herein kam und besagte offen ließ. Das Fenster befand sich im selben Zustand und dementsprechend war das Wetter in meinem Zimmer. » Was willst du überhaupt hier? «

Er setzte sich auf den Stuhl vor meinem Schreibtisch direkt neben meinem Bett, auf welchem ich saß - die Tür stand noch immer offen. Er hatte schöne blaue Augen und tiefblaue lange Haare, zu einem Schwanz zusammengebunden, vom Wind kaum bewegt. Im Gegensatz zu meinen Blättern, die allesamt den fürchterlichen Drang verspürten durch den Raum zu fliegen wie eine dieser dicken Fliegen. » Was schreibst du? «, fragte er mit einem vergnügten Lächeln.

» Hausaufgaben. Literatur. Du kannst mir gerne helfen, wenn du schon da bist. Rechtschreibfehler suchen. « Ich reichte ihm ein paar Blätter, ordnete die restlichen. Ich bin ein chaotischer Mensch, aber im Chaos arbeiten kann ich nicht. Zumindest dann nicht, wenn etwas Vernünftiges dabei herauskommen soll. Und wieso war er nun hier? Aus welchem Grund? Er kommt mich oft besuchen und meine Mutter ist ganz begeistert von ihm, nur seine leider nicht von mir, sonst würden sie tauschen. Chaotisch bin ich und zu laut, die Musik ist zu laut, meine Rechtschreibung ist schlecht, die Leserlichkeit meiner Schrift auf ein Minimum reduziert, meine Lebenseinstellung einfach falsch. Mir sind die falschen Dinge wichtig und die richtigen das Gegenteil. Weshalb auch sonst sollte ich eine für die Welt belanglose Geschichte erzählen?

Mercurius seufzte und legte Papier und Stift zur Seite. Er hing zur Hälfte auf dem Tisch, zur anderen auf dem Stuhl und der Wecker neben ihm zeigte halb neun plus sieben Minuten und 21 Sekunden. Ein Lügner. Ein falscher Wecker. Weder tickte er noch hatte er je geklingelt. In Wirklichkeit waren knappe zwei Stunden vergangen. » Eigentlich «, sagte der Mensch, » wollte ich dich zu einem kleinen Spielchen einladen. «

Ich zog eine Grimasse. » Wieso hast du's nicht gemacht? Dann müsste ich mich jetzt nicht mit irgendeinem bescheuerten Buch rumquälen! «

» Ich find's gut. «

» Du findest alle Bücher gut! Streber. «

Er lachte. Er freute sich immer, wenn ich mich ärgerte. » Lola ist übrigens heute angekommen. «

» Was?! «, brüllte ich während des Aufspringens und wegen der offenen Tür sah ich meine Mutter vorbei laufen. Ihre blonden Locken wippten bei jedem Schritt. » Hast du sie gesehen? «

Er stand auf und schloss das Fenster.

Als ich Lola Navi das erste Mal begegnet bin, war ich selbst zwölf. Sie war zu Besuch bei ihrem Cousin und ihr Cousin ist mein Geliebter, seit einer Weile. Sein Name sei Mercurius Pheore und deswegen war meine Frage, ob er sie gesehen hat, auch völlig unpassend und die Antwort ein "Natürlich hab ich sie gesehen, du Idiot, sie wohnt seltsamerweise genau im gleichen Haus wie ich." Man merkt sofort, dass sie nicht aus Craydon kommt und sehr wenig mit uns Einwohnern zu tun hat. Sie ist ziemlich genial und ich kenne nur einen, der noch genialer ist, und er gehört zu denen, die bedeutende Geschichte schreiben, und stammt ebenfalls nicht von hier. Aber er ist verrückt, Lola dagegen ist halt anders als der Rest dieser Stadt. Sie ist sehr fremdartig gekleidet, hält nichts von grellpinken Fingernägeln zu schwarzem Lidschatten, einer braunen Jacke ohne was drunter und einer weiten Hose, die viel zu lang ist, umgekrempelt bis über den Rand der Schuhe, welche ihrerseits vier Zentimeter Absatz haben und bis und bis über die Knöchel reichen. Sie trägt Mode, die in der Welt außerhalb getragen wird und besser aussieht als wir. Sie ist sehr hübsch, trotz ihrer Fremdartigkeit, sie ist ein Mensch, hat dunkelbraune Haare, die kurz geschnitten sind bis auf Kinnhöhe. Die Augen sind blau wie die ihres Cousins, immer fröhlich. Sie ist immer fröhlich. Wohl der größte Unterschied zwischen ihr und den anderen Mädchen hier. Sie ist nett, ist lieb, lustig, naiv auf ihre genial-komische Weise. In einer Stadt wie Craydon könnte sie nicht überleben, aber das ist auch nicht notwendig, da ihre Heimat eine der schönsten Städte der Welt ist und die Welt ist groß. Wenn sie nicht gerade Mercurius besucht, und es ist selten, dass sie es tut, lebt sie in Niida, einer phänomenalen 5-Punkte-Stadt, eine der wenigen. In ganz Blue Fire gibt es nur drei und einen Stadtteil, die eine dermaßen hohe Bewertung erhalten haben. Kein Wunder also, dass dieses Mädchen zu denen gehört, die mit 25 verheiratet sind und sich im weiteren Leben nur um Haushalt und fünf Kinder kümmern. Trotz Genialität. Ich mag sie dennoch. Sie ist schön, hat eine schöne Stimme und ist eine Seltenheit in diesen hässlichen, halbtoten Zeiten. Ich denke, ich betrachte sie wie bestimmte Wissenschafter das Krabbeln ihrer Ameisen und die Vermehrung ihrer Viren. Ein Beobachtungsobjekt. Verhaltensforschung. Ich könnte ihr stundenlang dabei zusehen, wie sie auf dem Klo sitzt. Weiterhin denke ich auch, dass Mercurius von meiner Passion nicht begeistert ist. Aber sowas mag für andere wichtig sein. An mir geht es vorbei, solange er nichts sagt. Solange er es nicht ausspricht, darf es nicht von sich behaupten, dass es irgendeine Bedeutung besäße, hat es nämlich nicht. Bedeutungslos. Unwichtig. Wir schließen die Tür. Gehen, um Lola zu treffen. Wohin?, fragt Mama. Zu Mercurius, sage ich. Seid artig, ruft sie von irgendwo und meine kleine Schwester kreischt, weil die Katze sie gekratzt hat. Gut so, Katze!, lobe ich sie. Blödmann!, brüllt es aus dem Wohnzimmer. Und der blauhaarige Junge neben mir freut sich.
 

Kapitel Drei

Die Geschichte, die ich erzähle, eine unwichtige Geschichte. Nicht, dass sie keinen Inhalt hätte, hat sie schon, irgendetwas müssen die erzählten aneinandergereihten Wörter ja bedeuten, es ist jedoch nicht so, dass es weltbewegend wäre und unserem Leben für immer einen anderen Hauch geben würde. Eher nicht. Und ich werde auch nicht die Begegnung mit Lola erzählen. Das gehört hier nicht rein. Vielleicht weiter unten oder drei Tage später. Was ich vom Leben erwarte, ist ziemlich wenig. Wie ich mir mein Leben vorstelle? Ich weiß es nicht. Ich stehe da. Sie erzählt einen Witz und ich stehe da, lache nicht, schaue ihr beim Lachen zu. Es ist schwer zu sagen, was mir tatsächlich wichtig ist. Das alte Kinderfahrrad im Keller, mit dem ich nie gefahren bin und meine Musik. Wenn ich wieder einmal mit einem Lehrer deswegen aneinander gerate, weil mir die Schule nicht wichtig genug ist, dann sage ich Katze. Wenn ich nach Hause komme, begrüßt mich die Katze, das ist wichtig. Und Mercurius. Und der Eiersalat, den seine Mutter macht. Ich fürchte mich davor, wichtige Dinge zu vergessen, eigentlich wichtige Dinge. Nur deshalb bin ich ich. Ich fürchte mich davor, in ein Flugzeug zu steigen und mitten über dem Meer in zehntausend Fuß Höhe festzustellen, dass ich eine wichtige Sache zu Hause vergessen habe. Sie bewusst zu vergessen oder zu verlieren ist etwas anderes, aber das heimliche Plötzlich-Bemerken, dass irgendetwas fehlt, und wahrscheinlich nicht einmal mehr die Fähigkeit haben, sich an den Namen des Gegenstandes oder der Person, die Form und das Wesen zu erinnern, das macht mir Angst. Aber das ist falsch in dieser Welt. Wir sind verpflichtet uns zu fürchten. Niemand kennt den anderen, doch was nicht richtig ist, ist falsch. Was nicht falsch ist, kann dennoch unfalsch sein und ist trotzdem nicht richtig. So ist das hier. Ich beobachte einen Menschen, der mir nichts bedeutet, weil er mir nichts bedeutet, weil ich den Grund erfahren will.

Mercurius nahm meine Hand, zog mich ein Stück weg von Lola und dem anderen, der ihr Bruder war, den ich aber noch weniger kannte. » Rav « Er hatte den Kopf leicht nach unten geneigt, wie immer, und seine blauen Augen blickten mich eindringlich an. Es ist kaum zu glauben, aber ich bin drei Zentimeter größer als er. » Du siehst aus wie ein Verrückter. Hör auf damit. « Was für ein Mund, der bedeutende Wörter aussprechen kann. Was für eine Seele, die in der Lage ist jeglichen Wörtern Bedeutung und Form zu verleihen.

» Tut mir leid. Passiert manchmal. «

» Aber sag mal, was siehst du eigentlich? «

» Was? «

» Mit deinen Augen. Wie weit siehst du? «

Ich legte den Kopf schief, sodass meine schwarzen Haare ins Gesicht fielen. » Nicht wirklich weit. « Ich wandte den Blick ab von dem Mädchen hin zu ihm zwanzig Zentimeter vor meiner Nase. » Nicht weit. «

Es ist übrigens Frühling. Es gibt nichts Herrlicheres als die Stürme, die jedes Jahr wieder über die Stadt ziehen und Sand und Wind mitbringen. So viel Wind und die düsteren Wolken, die mit einer unglaublichen Geschwindigkeit heran rasen. Dann kommt der Regen vom Wind getrieben und lässt die einzelnen Häuser verschwinden, macht ein großes verwischtes Bild aus ihnen. Plötzlich steht man zu viert vor einem Schaufenster unter einer Markise und schaut zu wie die Schuhspitzen nass werden.

» Puh «, machte der Junge neben mir, während er sich den nassen blauen Pony von der Stirn strich, mit der anderen Hand eine Zigarette aus der Jackentasche angelte und sich ansteckte. » Vielleicht hört es in drei Stunden auf, dann kommen wir noch rechtzeitig zum Essen. «

Auf meiner anderen Seite, der linken, lehnte Lola an der Scheibe. Neben ihr wiederum ihr Bruder. Er begleitete sie immer nach Craydon oder umgekehrt. Ich glaube, er ist es, der hier die Leute kennt. Er passt besser in die Szene und die Mütze auf seinem Kopf stammt aus einem Laden in der Nähe. Sein Cridonisch ist nicht so sauber wie das seiner Schwester. Im Gegenteil. Sie ist wohl der einzige Mensch auf der Welt, der sämtliche Laute der cridonischen Sprache einwandfrei beherrscht. Er dagegen spricht wie der halbe Rest den miesen Craydon-Dialekt. Und er spielt auch Basketball, sagt Mercurius. Und wir haben sogar schon öfter zusammen gespielt, sagt derselbige. Seltsam eigentlich, dass ich mich nicht an ihn erinnere. Ich weiß nicht einmal, wie er heißt. Manche Menschen sind zwar der Meinung, dass Namen unwichtig sind und sie bedeuten tatsächlich arg wenig, die Hälfte aller Papageien nennt sich gleich. Trotzdem besteht eine bestimmte Notwendigkeit. » Mercurius «, flüsterte ich und beugte mich zu ihm. » Wie heißt Lolas Bruder eigentlich? «

Aus irgendeinem Grund amüsierte er sich schon wieder. » Jedes Mal das gleiche. Sein Name ist Kei. « Wie schön er im Regen aussieht, das Blau und das Grau laufen ineinander, die blasse Haut, der halb geöffnete Mund, der Regen, der über seine Wange läuft. Wie Tränen.

Was wirklich wertvoll ist? Das Wissen, einen solchen Moment erlebt zu haben.
 

Kapitel Vier

Ich habe mir überlegt, dass ich vielleicht doch eine weniger unbedeutende Geschichte erzählen sollte. Aber andererseits ... Worüber? Manchmal frage ich mich, was die Leute eigentlich über mich denken. Haben sie überhaupt eine Meinung? Über irgendetwas? Wenn man durch die Straßen einer Großstadt wie die Vidha Kuza läuft und sich umschaut, sieht man nicht viel. Menschen, sicher, und Häuser, Autos und gelbe Straßenbahnen, riesige Kreuzungen mit Fußgängerwegen, Laternen mit neonweißem Licht. Oberstadt mit Wolken, Unterstadt mit U-Bahntunneln. Lärm und Gestank nach Abgasen? Lautstärke, sicher, der Geruch wird herausgefiltert wie der Schmutz aus dem Regenwasser. Sicher, sicher. Und die einzige Verbindung zwischen allem scheinbaren Leben ist ein Netz aus Gedanken auf der Basis der Vernetzung von Computern. Jeder kann sich in dieses Netz einloggen, sich im Cyberspace die Zeit vertreiben. Ich war nicht ein Mal drin. Nicht ein Mal. Wohl jeder andere schon. Ich nicht. Ich mag Elektrizität. Das Flackern einer gelben Glühbirne. Das Summen von alten Radios. Der Takt, den das Metronom vorgibt, das mechanische. Wie das regelmäßige Atmen einen schlafenden Menschen. Wenn ich auf Level 12 des MainNets wäre, könnte ich an seinem Traum teilhaben. Und wenn ich seine Mutter dazu bewegen könnte, mir wenigstens etwas Sympathie entgegen zu bringen, gäbe sie mir möglicherweise das Rezept ihres Eiersalats.

Von meiner Nase tropfte das Wasser und bei jedem Schritt spritzte es auf der schmutzigen Straße. Wir rannten nach Hause, zu Mercurius. Blieb man einen Augenblick stehen und wandte das Gesicht gegen den Regen in den Himmel, sah man ein seltsames Schauspiel, das die Wolken vollführten. Helle und dunkle, vom Wind durcheinander gewirbelt. Es war schön. Aus der Ferne hörte man die Tiere im Wald kreischen, mitten drin musste es ohrenbetäubend sein.

» Wir machen noch einen kleinen Abstecher! «, rief Mercurius den anderen beiden zu, als wir kurz vor dem Ziel waren.

» Was? « Lola. Sehr entsetzt, obwohl es mit ihrer sanften, klaren Stimme fast nicht so klang. » Wir befinden uns mitten in einem Unwetter und ihr wollt noch Ausflüge machen? « Ein Auge zu ihrem Cousin, ein nächstes zu mir. » Ravon! «

Es gibt Wörter wie auch Geschichten, die manchmal mehr, manches Mal weniger Bedeutung besitzen, hier eine große Wirkung, hinter der Ecke eine kleine Wirkung hinterlassen. Das sind zum Beispiel Geschichten wie "Ich liebe dich" oder "Die Katze ist tot" und "Nein, du wirst nicht dort essen gehen, weil ich diese Frau nicht mag - Aber Ma, ohne ihren Eiersalat sterbe ich! - Dann stirb halt!" Sie ist eine eher unwichtige Person in meinem Leben. Die andere in ihr, die nicht versucht eine Mutter zu imitieren, ist wertvoller. Sie kommt direkt nach der Katze. Manche Wörter haben viele Wirkungen, verschiedene oder immer gleiche, gar keine auch oder unbemerkte. Wie das Einbahnstraßenschild in einem Teil der Stadt, in dem nur circa drei Autos leben. Aber solange man die Bedeutung nicht kennt, vermisst man sie nicht. Es sei denn, man sucht. Eine schlechte Sache, von der man die Finger lassen sollte. Man beginnt sich nach bestimmten Dingen zu sehnen und tut etwas, um sie zu erreichen oder zu erhalten. Einen Beruf, bei dem man über die Welt nachdenken kann, einen Beruf, den man während des Frühstückens ausüben kann. Und plötzlich haben einst unwichtige Teile des Lebens die einst wichtigen von ihrem Platz verdrängt. Bevor ich angefangen habe, meine Hausaufgaben ordentlich zu machen, hatte ich viel öfter die Gitarre in der Hand oder den Basketball, den Kopf meiner Schwester und Mercurius' Schatten. Was die Gesellschaft als falsch erachtet, treibt die Gesellschaft aus. Aber hat die Gesellschaft nicht immer Recht. Elektrizität. Und wenn ich mir vorstelle ein Vogel zu sein, lande ich als Hähnchen auf dem Grill.

» Was hältst du eigentlich von Unwettern? «, fragte ich ihn, als wir in der Kirchturmspitze neben der großen Glocke angelangt waren. » Dem Wort. «

» Unwetter wie unheimlich. Oder unwohl. «

» Kein Wetter, nicht heimlich und nicht fühlen? «

Er schaute mich an, dann die Welt unter uns, eine Stadt, nass und traurig. Tatsächlich? In den Kellern tanzen sie. Guten Morgen, heute fühle ich mich wohl. Guten Morgen, heute fühle ich mich nicht. Die Haare klebten an seiner Stirn, die Kleidung an seinem Körper. Das hier ist die einzige Kirche in ganz Craydon und Umgebung und hinter uns hängt eine Glocke, groß und mächtig, einsam mit ihrem einzelnen Klang.

» Mercurius. «

» Was denn? «

» Es ist kalt. «

» Ja ... Aber weniger bemerkenswert, wenn man weiß, dass das vorliegende Eis eine Mischung aus Wind und Regen ist. «

» Weniger bemerkenswert als was? «

» Die Tatsache, dass Eis auch im Gefrierschrank wächst. «

Hinten sieht man den ersten Vogel wieder Richtung Wüste ziehen und hinten in die andere Richtung hört man. Nichts. Der Wind flaut ab. Zuhause fliegen die Blätter nicht mehr durch den Raum und die Katze kommt aus dem Badezimmerschrank. Die Straßenlaternen leuchten. Ohne Grund. Flackern, werfen abwechselnd Gelb und Schatten auf das klare Wasser auf der Oberfläche der Stadt. E-Gitarre und Violine. Das Zittern lässt nach. Nur ein Tag in meinem Leben.

» Wie weit sieht du mit deinen Augen? «

» Nicht weiter als du. Aber weit genug, um zu wissen, dass der Wind Wolken bewegen kann. Und Wolken ... «

» Es wäre schön, wenn ich die Welt immer sehen könnte wie heute. « Bewölkt und klar. Das eine, das andere. Er schaut mich an. Ein Lächeln versteckt. Nur ein Tag in deinem Leben. Schau doch, wohin du willst, weiter als es möglich ist. Von Bedeutung ist die Art der Augen. Flieg doch wie die Katze über den Bach. Das Licht der Welt erblicken. Ein einzelner Stern.
 

Shine / A short Story - The End



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Kommentare zu diesem Kapitel (7)

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Von: abgemeldet
2010-08-04T18:22:14+00:00 04.08.2010 20:22
Das ist.. hm.. es ist anders. Es ist ach.. wie soll ich das beschreiben, ich mag deine Geschichte. Die Art und Weise, wie Ravon alles sieht.. er sieht nicht weit, er sieht das Unmittelbare - das, was andere nicht sehen. Ich fand die Stelle "Wie weit siehst du" usw sehr schön.
Und das:
"doch was nicht richtig ist, ist falsch. Was nicht falsch ist, kann dennoch unfalsch sein und ist trotzdem nicht richtig. So ist das hier."

Was soll cih sagen? Nachdem ich das gelesen hatte, sass ich ein paar Sekunden lang stumm und betäubt da. Sowas stimmt mich nachdenklich, aber es ist schön zu sehen, dass man nicht die Einzige ist, die manchmal ein Gedanken-wirr-warr produziert.

Ich werde sicher mehr von dir lesen, sobald ich dazu komme.
Von:  traumfresserchen
2009-12-11T14:50:58+00:00 11.12.2009 15:50
oh wow O.ô klingt vllt komisch, aber ich hätte am ende fast geheult, wieso, weiß ich auch nich^^
ich mag ravon. und mercurius.
ravon ist wie ein bild für die romantische unangepasstheit in unserer zeit. trotz seiner poesie bleibt er außenseiter (so interpretier ich des jedenfalls...)
ich liebe diese ff
<3
Von:  BAKKI
2008-03-28T16:25:58+00:00 28.03.2008 17:25
deine geschichte ist wiklich gut!!
du kannst nich nur gut malen sondern auch sehr gut schreiben!!^^
ich hab die geschichte seeehr gern gelesen, vorallem mag ich wie du die personen beschreibst!
lg
SiSH
Von: abgemeldet
2006-07-07T17:09:38+00:00 07.07.2006 19:09
Hm...ich weiß, es hört sich ein bisschen merkwürdig an, aber ich hab alles verstanden.

Vielleicht weil ich manchmal genauso denke, wie die beiden^^

An dieser Stelle müsste ich eigentlich sagen: tolle Story.
oder irgendetwas anderes in der Richtung.
Das Problem ist nur, dass ich das nicht sagen kann, weil es den Kern nicht trifft.
Weil das keine wirkliche Geshcichte ist, sondern wirklich gefangene und als Buchstaben in eine Datenbank eingravierte Gedanken, Gefühle.
Und die sind nicht toll oder großartig oder wow.
Sondern einfach nur echt.
Und, es hört sich zwar merkwürdig an, aber genau das ist es auch: Echt.

Gut gemacht

Grüße

Spielkind

P.S.: Ich hoffe du verstehst, was ich meine ;-)
Wenn nicht: Egal! Mich verstehen die wenigsten^^
Von:  Yuri-Li-Tsai
2006-07-06T10:23:34+00:00 06.07.2006 12:23
Am Anfang fand ich die Geschichte verwirrend, aber man verliert sich schnell darin und will nicht aufhören zu lesen.
Ab und zu gab es Dinge über die man kurz lachen konnte, aber die meiste Zeit hat man darüber nachgedacht, was er sagte.
Ich fand die Geschichte gut und würde mich freuen, mehr davon zu lesen.

Kurai-Chan
Von:  monophobie
2006-06-10T03:33:34+00:00 10.06.2006 05:33
... Ich bin ehrlich, diese Gesichte ist oberster Rang! (Und verzeichnet nur ein Kommentar? Das muss man ändern!)
Dein Stil ist unbeschreiblich, er hat etwas einzigartiges und hebt sich aus dem ganzen FF-Trott und Badficmob wirklich hervor. Schade, dass diese Geschichte nur so kurz war, ich hätte gern weiter gelesen und glaube mir... bei Hundert FFs ist die Chance, dass das passiert extrem gering.

Die Personen waren wirklich gut gewählt, mir gefielen ihre Auftritte und das Zusammenspiel ihrer Charaktere. Der Mix an Dialogen und Gedachten stand in einem ebenso gutem Zusammenspiel und hat mich wirklich manchmal in Schmunzeln gelegt, manchmal ins Nachdenkliche gezogen. Und ehrlich gesagt, denke ich kaum, dass ein Yaoi-Fangirly den Sinn dieser Fic mitbekommen würde... denn sogar ich musste manche Absätze mehrfach lesen um das Zwischenzeilige zu sehen.

Was mir besonders zusagte, waren diese zweideutigen- angekratzten und doch deutlich dargestellten Kritikpunkte an unserer (ach so heilen) Welt. Wie du Vergleiche und Gegensätze dieser beiden Welten gezogen hast, ohne wirklich hartnäckig darauf einzugehen gefiel mir. Es hatte etwas realistisches, was mir das Ich in dieser Gesichte noch mehr zusagen lies.
Wie du den Erzähler über sich und seine Welt denken liest, war sicherlich nur ein kurzer Abschnitt eines Gedankens (dessen komplexe Ausmaße unvorstellbar für mich wirken) die es gerade so reizvoll machten diese knappe Geschichte weiter zu verflogen.
Ein ganzes Buch über diese Gedanken und es gäbe einen revolutionären Umschwung!

Was ich noch hervorheben möchte waren die Ortsbeschreibungen! Sie haben nicht nur die Stimmung untermalt oder ein Geschehen eingeläutet... nein, sie waren fast wie eigene Charaktere. Wirklich unberechenbar und in ihren Details fast genauso ausgeschmückt wie die Personen an sich. Du hast sie verschmelzen lassen, sie so beschrieben, dass sie kaum auffielen, aber für den Moment eine Aufnahme waren und so ein ganzes Bild im Kopf darstellten.
Perfekt, was sollte man sonst sagen?

Ein Punkt auf den ich auch immer viel Wert lege sind die Dialoge, die bei dir mehr als nur stimmig waren! Nicht dieses typische Blabla mit dem sagte, sagte und pischpern und was weiß ich nicht, nein, sie waren stimmig und das machte sie wieder so passend. Die Personen hatten Stil und Charakter und das hast du damit noch einmal untermalt. (Auch wenn mir Anführungsstriche besser gefallen als Gänsefüßchen, kleiner Fabel)

Das Ende war eines mit dem ich wirklich mal leben konnte (Seltenheit Nummer zwei) und das mir wirklich sehr gut gefiel. Es hatte fast etwas Moralhaftes, Parabelähnliches... eine kleine Weißheit für den Weg, eben. Einige Autoren sollten sich daran mal ein Beispiel nehmen.

Und außer ein Paar Grammatikfehler fand ich keine Kritikpunkte, was mich zu dem Entschluss kommen lässt: Perfekt!
Anders konnte man es nicht beschreiben und wenn du diesen Stil beibehältst und noch mehr dieser kleinen Erzählungen schreibst, hast du einen treuen Fan mehr.

Und so findet sich doch einmal wieder eine Fiction in meinen Favoriten wieder, die weder unter eine Parodiesparte noch unter MSTing fällt.

Ich entschuldige mich nochmals dafür, dass dieser Kommentar für meine Verhältnisse doch Recht knapp bemessen ist, aber man werfe nur einen flüchtigen Blick auf die Uhr und verklage meine RPG-Kameradin, dass sie mich zu ewig langen Nächten zwingt in denen dann nichts besseres rauskommt, als... das.
Also, vielleicht hol ich’s noch mal nach... bis dahin verabschiede ich mich jedoch vorher.

©-Dini *olé*
Von:  Jules
2005-11-21T11:00:08+00:00 21.11.2005 12:00
Die Zeit die es gedauert hat bis ich mmir die Geschichte durchgelesen hab warn fünf Zigaretten plus Pausen dazwischen...Ich hätte gern mehr gehabt.Denn die Geschichte ist schön...aba für jemanden der nicht in deinem Kopf wohnt ist es schwer auf Anhieb sich in die Gefühlswelt der Akteure zu versetzen.Manches war leichter manches hab ich immernoch nicht nachempfinden können.
Aba sehr schön geschrieben und einiges wird hängen bleiben.
Die Szene unter der Markiese in der du die Farben und die Wirkung des Regens beschreibst ist besonders schön.
Aba spätestens nachdem du eins deiner Fanarts Waiting for Godot? genannt hast wollt ich gern wissen wie du so schreibst^^
nya...sehr gerne mehr davon...


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