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Dunkle Nächte

Wenn das Schicksal zuschlägt...
von

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Die Spuren der vergangenen Nacht

Kapitel 35

Die Spuren der vergangenen Nacht
 

Ein unangenehmes Geräusch weckte ihn und nur mit Mühe wollte sein träger Verstand arbeiten. Das musste sein Handy sein. Der Wecker. Alles fühlte sich schwer an und auch das Atmen war nur unter Anstrengungen möglich. Müde kämpfte er darum, den Arm zu heben und sich durch das Gesicht zu fahren. Wo war er eigentlich? Tag? Ort? Bett? Sein Kopf schmerzte grausam und er wusste noch, dass zu viel Alkohol daran schuld war. Vorsichtig öffnete er die Augen und blinzelte in die Dunkelheit. Sein Handy erleuchtete das Zimmer ausreichend, um schon einmal grob zu erkennen, wo er war. Oder vielleicht eher, was da auf ihm lag. Helle Haare? Blonde Haare? Bilder der letzten Nacht kamen zurück und eine Woge der Verzweiflung erfasste ihn. „Scheiße!“ Murmelte Seto und schloss die Augen erneut. In seinen Ohren donnerte noch immer das Piepen des Weckers, welches nun ein unangenehmes Stechen in seinen Gehörgängen auslöste. „Joseph! Lass mich mal aufstehen.“ Kam nur mit brüchiger Stimme von dem Brünetten und er stieß ihn vorsichtig an. Der Kopf des 19-Jährigen lag auf seiner Brust und dieser hatte einen Arm um ihn gelegt, unwillig das quälende Geräusch wahrzunehmen. Es dauerte noch drei weitere Versuche, bis der junge Mann sich mit einem Stöhnen von ihm rollte und einen Fluch murmelte.

Sein Körper schmerzte, als er sich auf die Seite wälzte und mit der linken Hand auf dem Nachttisch nach seinem Handy suchte. Seto schickte ein Stoßgebet gen Himmel, welcher Gott ihm auch immer gnädig war, als seine schlanken Finger das schmale Gerät ertasteten. Er zog es an sich und nur kurz zögerte er, dann stellte er die Schlummerfunktion ein. In spätestens 10 Minuten würde es wieder klingeln. 29% Akku… er musste das Ding unbedingt aufladen. Neben ihm brummte es und der Blonde schien langsam wach zu werden.
 

„Ist es schon so weit?“ Kam nur leise gemurmelt und mit aller Mühe zwang sich Seto dazu, den Kampf gegen die Bettdecke zu beginnen, um in die Höhe zu kommen. „Ja, leider…“ Antwortete der Firmenführer und sein Blick fiel auf den jungen Mann, der ihn aus trüben Augen anblinzelte. Zumindest glaubte er das, denn im Dunkeln war das schwer zu sagen. Mit einem erneuten inneren Kampf entschied er sich zu der Quälerei, die Lampe anzuschalten. Sein Arm schmerzte, die Augen kniff er zusammen, als das Licht grell den Raum flutete. Dieser Morgen war alles andere alles schön. Den Alkohol, den er gestern getrunken hatte, bereute er nun sehr. Nur kurz versuchte er zu blinzeln, doch das helle Licht brannte noch immer in seinen Augen. „Verdammt, diese Nacht war viel zu kurz!“

Ein Brummen kam von der anderen Bettseite. „Ich gebe dir ja selten Recht, aber heute morgen würde ich gerne noch länger schlafen.“ Der Stimme des Blonden konnte man deutlich anhören, dass er ebenso müde und erschöpft war. Sie hatte diesen unverkennbaren Ton, der immer nur dann auftrat, wenn die Nacht zu kurz und zu wenig erholsam war. Müde fuhr sich der 19-Jährige mit der Hand über die Augen. Auch er versuchte in das helle Licht zu blinzeln. „Ich habe jetzt echt Hunger.“

Diese Aussage überraschte Seto, daher blickte er zur Seite. Langsam gewöhnte er sich an das helle Licht der kleinen Lampe. So erkannte er, dass der junge Mann neben ihm ebenso schrecklich aussah, wie er klang. Die blonden Haare waren verwuschelt, unter den Augen hatte er dunkle Ringe und er wirkte unglaublich erschöpft. Die Handgelenke stachen dunkel hervor und ihn überkam direkt ein Anflug einer unerwartet tiefen Schuld. Es war nicht das erste Mal, dass er übergriffig gewesen war. Allerdings immer in einer deutlich bewussteren Art und vor allem war es eher eine Vorliebe derer, die er unterwarf. Eine gewisse Scharm traf ihn und er blickte wieder zu seinem Telefon. „Wenn wir uns beeilen, können wir noch eine Kleinigkeit essen. Schaffst du es, in einer viertel Stunde fertig zu sein?“
 

Eine kurze Weile herrschte schweigen und dann hörte er, wie sich der andere schwer auf die Seite rollte. Ein Klicken kündigte die zusätzliche Lichtquelle an und die Decke wurde zurückgeschlagen. „Ja, ich denke schon. Spätestens in zwanzig Minuten bin ich fertig. Und du?“ Kam müde und kurz musterten die blauen Augen den Rücken des 19-Jährigen. „Ja, ich denke, dass schaffe ich auch.“ Er schwieg und entschied sich nach einem inneren Ruck, ebenfalls aufzustehen. „Willst du… noch einmal über gestern Abend sprechen?“ Fragte er mit belegter Stimme. Wie er sich nun dem anderen gegenüber verhalten sollte, wusste er nicht.

„Nein!“ Kam prompt. „Ich meine, schon… irgendwann… heute… morgen… keine Ahnung. Aber nicht jetzt. Jetzt versuche ich zu verdrängen, was gestern Nacht gewesen ist und mich auf unseren Job zu konzentrieren. Eigentlich will ich wieder zurück ins Bett. Das war‘s. Mehr nicht. Aber darum sind wir nicht hier.“ Sie hatten sich nicht angesehen und Seto griff nach seiner Hose. Er zog diese flüchtig an, so wie auch sein Hemd. Schnell hatte er alles eingesammelt und stand nun bereit neben dem Bett, um wenigstens ins andere Zimmer zu huschen. Unerwartet stand dort Joey. Die braunen Augen hatten einen seltsamen Glanz und dann kam plötzlich eine Aussage, die beinahe widersinnig wirkte. „Seto, eines will ich dir aber echt sagen. Versuche nie wieder nett zu mir zu sein. Du bist echt scheiße darin!“
 

Dieser Satz kam so direkt und trocken, dass der Firmenführer ihn nicht einzuordnen wusste. „Ähm….“ War alles, was er schaffte und so musste Joey lachen. „Du hast Mokuba versprochen, dass du versuchst, zu mir netter zu sein. Das war eine scheiß Idee, weil du wirklich, wirklich grauenhaft mies darin bist, nett zu einem zu sein. Da ist mein Arabisch besser, als deine Fähigkeiten.“ Vielleicht lag es am Irrwitz dieses Augenblickes, aber er musste direkt antworten. „Du kannst Arabisch?“

Spott lag in dem müden Gesicht und die weichen, breiten Lippen, die so gut zu verwöhnen wussten, zogen sich frech zu einem Grinsen. „Nein, kein einziges Wort. Also, so gut ist deine Gabe im „Ich versuche nett zu sein.““ Stichelte der Blonde nun und die Yen Münze fiel nicht. Joey wartete und beobachtete den Mann, bis er erkennen konnte, wie die Worte in den noch immer verkaterten Verstand sickerten. „Oh….“ Kam als erstes und dann wurde der 22-Jährige wirklich rot. „Ja… also… ich… nein…. Ich werde es ganz sicher nicht noch einmal versuchen.“ Stotterte er und Joey war nicht sicher, ob er ihn jemals zuvor hatte stottern hören. „Sehr gut, dann aber raus mit dir. Ich will duschen. ALLEIN!“ Er musste ein wenig lachen, als er das sagte, doch die Angst steckte in seinem Herzen.

Mit ihm Seite an Seite aufzuwachen war komisch. Er hatte sich an diesen Mann… angekuschelt? Nach all dem? Na ja, er hatte geschlafen. Vielleicht hätte er sich an jeden angeschmiegt, der dort gelegen hätte. Trotzdem… dieser Morgen… die letzte Nacht… das war… kompliziert. Das war etwas, dass er nicht beschreiben konnte. Nun, dafür war er jetzt offiziell keine Jungfrau mehr oder? Zählte das?
 

Sie beide waren erledigt. Erledigt in jeglicher Hinsicht. Selbst Seto, der jede Schwäche kaschieren konnte, wirkte erschöpft und übernächtigt. Natürlich war dieses auch den Arabern aufgefallen und das gestern noch offene Geplänkel wurde nun zu einem eher distanzierteren Beobachten. Beiden Männern war klar, dass diese Situation mehr als ungünstig war. Man konnte sie sogar als extrem miserabel beschreiben. Wenn sie die Wahrheit sagten, waren sie geliefert, eine Lüge würde es aber auch nicht glaubhafter machen. Was bitte sollte denn geschehen sein, dass sie so aussahen? Joey versuchte die blauen Handgelenke zu verbergen, doch sicher war er sich nicht. Wahrscheinlich hatten sie auch diese bemerkt. Es dauerte eine Stunde, bis die alles entscheidende Frage gestellt wurde. “It's obvious that last night left its mark. You both look more like you're here less for a contract and more for enjoyment.”

Seto schloss die Augen und atmete hörbar ein. “I am very sorry, if we give that impression. There were unexpected complications yesterday.” Begann er und die Blicke der drei Männer wanderten von ihm zu seinem blonden Sekretär, der reflexartig die Arme unter den Tisch zog. “Unexpected complications?” Fragte der anscheinend Tongebende unter den Geschäftsmännern und die beiden Japaner sahen sich an. Es war ein Moment des Schweigens, der sie auf seltsame Weise miteinander verband, als lägen sie einen Schwur ab, diese Sache gemeinsam durchzustehen. “Unexpected complications like an angry girlfriend?” Begann der Firmenführer, denn genau so hatte es ja begonnen. Doch das brachte die drei Araber mit ihren feinen Anzügen und den schwarzen, wuschigen Bärten nicht dazu, verständnisvoller zu wirken.
 

Dann war es Joey, der tief durchatmete. “I know that anything we can tell you, will likely result in this deal not going through. We've been acting childish and stupid and I understand that you wouldn't want to do business with someone like that. I think that you at least deserve truth.” Schweigen herrschte und Seto blickte ihn aus diesen eisblauen Augen fragend und erstaunt an. Was hatte der Kerl vor? “As a company leader, Kaiba shouldn't make decisions based on hurt feelings, and yet he's human too. He got into a fight with his girlfriend and ended up getting angry and hurt over the odd cocktail or two last night. I knew this couldn't end well and a man like him never sits alone for long. Of course there were a lot of pretty women who wanted to make him forget his anger.” Er machte eine Pause und musste tief durchatmen. ”I may just be his secretary, but he badly needed a friend. One who ignores his comments and nonsense and takes him to his room as soon as possible. It's not so easy with a drunk Kaiba though. We argued, he was mad, I was mad and we were both bleary-eyed. We both ended up short of sleep and we look like we've been drinking all night.” Joey war ehrlich. Erschreckend ehrlich und doch hatte er nicht die Wahrheit gesagt. Der junge Mann gab gerade so viel von der Wahrheit preis, dass sich jeder selbst ein Bild machen konnte. Diese Worte kaschierten die Wahrheit und ließen einiges aus, doch es traf den Kern der letzten Nacht perfekt.

Innerlich unruhig beobachtete Seto die Gesichter der Männer ihnen gegenüber und sah Verwunderung und Zweifel. “Why did you decide to do this? It might be true that he needed a friend like you, but that didn't mean you had to be one.“ Fragte nun der Araber, der links saß. Das war jedoch auch eine Frage, die Seto durch den Kopf ging. “Well, how should I explain that? I've known this man for so long now. I know he has bad sides, but I also know his good sides. I work for him now, but that's what made me realize that he's so much more than the childish image I used to have of him.” Joey zuckte mit den Schultern, denn er konnte es nicht besser erklären. Seto hingegen war erstaunt. Joey hatte gute Seiten an ihm gefunden?

Die drei Männer sahen den Blonden an und tauschten vielsagende Blicke. Sie schienen zu überlegen und dann sprach der dunkelgebrannte Araber, den Joey irgendwie als den Anführer der drei in Verdacht hatte. Leider verstand er kein Wort, denn der Mann hatte sich für die Arabische Sprache entschieden und richtete seine Worte direkt an den brünetten Firmenführer. Diese tauschten einige Worte und es klang sehr, sehr ernst. Joey spürte, wie sein Herz bis zum Halse schlug und dann nickte Kaiba.

Als der 22-Jährige aufstand, konnte er spüren, wie ihm der Atem stockte. Er hielt die Luft an. Wartete. „Was… was ist los?“ Fragte er leise und bekam nur einen strengen Blick. Schnell beeilte er sich und deutete noch eine Verbeugung an. Er war überfordert und Angst hatten ihn ergriffen, dass er diese Verhandlungen zum Scheitern verurteilt hatte.

Mit großen Augen schloss er die Tür hinter sich und sah Seto an. „Was ist denn jetzt los?“ Fragte er erneut und konnte es nicht glauben. Hatte er jetzt alles versaut und die ganze Reise war umsonst? Das durfte nicht sein! Seine Gedanken kreisten um diese verdammte Pressekonferenz und an die Aussage, dass Seto extra einen Betrag eingerechnet hatte, für genau solche Fälle. Aber das hier würde das doch sicher übersteigen oder?
 

„Beruhige dich wieder, Joseph!“ Kam etwas angespannt endlich von dem Älteren und er sah in die weiten, braunen Augen. „Ich weiß nicht, ob der Vertrag jetzt platzt oder nicht. Sie wollten sich noch einmal in Ruhe besprechen, denn diese Aktion hat sehr deutlich gemacht, das ich die Kontrolle verloren habe und ohne dich wahrscheinlich ziemlich dumme Dinge angestellt hätte.“ Er ließ aus, das dies genau der Fall war. Er hatte dumme Dinge angestellt. Sehr dumme Dinge!

„Also ist es eher wie eine Pause?“ Fragte er und schluckte laut. „Ja, nennen wir es so. Eine Pause.“ Brummte der Brünette und fuhr sich unterbewusst mit der Hand durch die Haare, die noch immer wirkten, als wäre ein Hauch von Feuchtigkeit in ihnen. „Ich glaube, ich hätte jetzt gerne einen Tee.“ Kam plötzlich von ihm und er blicke zu Joey hinüber. „Willst du auch einen?“ Fragte er halb abwesend und erhielt ein Nicken.

„Wie wahrscheinlich ist es, dass der Deal jetzt geplatzt ist?“ Diese Frage war leise und beinahe kleinlaut gestellt. Er wusste, dass es seine Schuld wäre. Immerhin war er es, der die Wahrheit oder eher, etwas der Wahrheit entsprechendes gesagt hatte. Hätte er seinen Mund gehalten und einfach nur gesagt, dass sie kaum geschlafen hatten, wäre es anders ausgegangen. „Ich habe wirklich keine Ahnung.“ Es fiel dem Brünetten schwer, diese Worte zu sagen und doch sah er dabei Joey direkt an. „Ich muss gestehen, dass ich noch nie in solch einer Situation war. Wenn ich bisher Mist gebaut habe, konnte ich das immer von meinen Geschäften fern halten. Doch dieses Mal habe ich es wohl endgültig übertrieben.“ Seine Stimme klang eher einem tiefen Brummen gleich und er wirkte noch angeschlagener, als es die letzte Nacht geschafft hatte.
 

„Es tut mir leid.“ Kam leise von Joey, der den Kopf gesenkt hatte. Erstaunt musterte der Firmenführer dieses Verhalten und folge einem seltsamen Impuls. Er hob die Hand und wuschelte durch die blonden Haare. „Schon gut, dass habe ich mir selbst eingebrockt. Dafür muss ich gerade stehen und es hat mich ja niemand dazu gezwungen. Du hast ja schon gestern Morgen sehr treffen festgehalten, wie es zwischen mir und Viktoria weiter gehen würde. Du hattest Recht. Ich sage es nicht gerne, aber dir war von Anfang an klar, dass der Abend schlecht laufen wird. Hätte ich gleich auf dich gehört, wäre mir die ganze Situation überhaupt nicht passiert.“ Etwas Sanftes lag in dem Gesicht des 22-Jährigen und er lächelte schwach. „War das ein Kompliment ohne Demütigung?“ Joey grinste breit, die schlanken Finger lagen noch immer auf den blonden Haaren. Ein schwaches Lachen erklang. „Ja, dass war es.“
 


 

Völlig irritiert kam Kamil näher. Er konnte sich die Nachricht von Seto nicht erklären. Die beiden jetzt hier sitzen zu sehen, erschöpft, müde und irgendwie nur mit einem halben Ohr anwesend, ließ ihn das Schlimmste ahnen. War der Vertrag geplatzt? Er trat mit einem besorgten Blick näher und begrüßte die beiden ruhig. “Hello you two, what happened?” Erschrocken sahen die zwei Männer zu ihm auf. Sie hatten nicht mitbekommen, dass sich Kamil ihrem Tisch näherte. Auch dieses Mal hatten sie das Restaurant mit dem großen Aquarium gewählt und sich in die möglichst hinterste Ecke verzogen. Der Araber hatte daher einen Moment gebraucht, um sie zu finden. “You really look awful. Are you doing good?” Fragte er besorgt, nun in einem noch offensichtlicheren Ton.

Es war Seto, der nickte. Er wirkte nun wirklich erschöpft, die Nacht und der Tag hatten deutliche Spuren an ihnen hinterlassen. “Yes, basically we are fine. The deal is done, so far on good terms, but we're pretty tired.” Gab er an und Kamil setzte sich. “Now? I thought the contract wasn't supposed to be finalized until tomorrow.” Wieder ein Nicken von Seto und der Blonde erhob sich. „Ich bin gleich wieder da. Muss nur auf die Toilette.“ Murmelte er auf Japanisch und Kamil sah ihm fragend nach. Der Blonde wirkte angeschlagen und steckte die Hände in die Hosentaschen, als er davon schlich. Der Kopf eingezogen zwischen den hängenden Schultern, leicht nach vorne gebeugt. “Maybe I need a few more details.” Gab der Dunkelhäutige von sich und blickte seinen Freund wieder an. Er trug einen ähnlich roten Turban, wie am Tag zuvor. Nur hatte dieser andere, silberne Elemente eingearbeitet und das weite, typische Hemd war aus einem samtenen, weichen Braun.
 

Nun wechselte Kaiba die Sprache und begann auf Arabisch zu erzählen, was gestern vorgefallen war. Der Araber sah ihn fragend an und blickte noch einmal über die Schulter dem Blonden nach. Er kommentierte nichts, sondern hörte nur schweigend zu. Dann berichtete Seto von dem Morgen, davon, wie er aufgewacht war und der 19-Jährige auf seiner Brust schlief. Er berichtete von dem Geschäftstreffen und davon, wie schlussendlich die Frage gestellt wurde, warum sie so erschöpft waren. Kamil hob die Augenbrauen, als ihm die Antwort Joeys zugetragen wurde und er fragte, ob sich der Brünette darüber im Klaren war, dass er diesen Deal nur bekommen hatte, weil Joey so ehrlich war. Ein stilles Nicken, bis sich Seto dazu durchrang. Mit schwerer Stimme, aber einen schmalen Lächeln bestätigte er diese Aussage. Das war der unerwartete, einmalige Wheeler-Cham. Es war schwer, ihm zu widerstehen und ein Mann, der für seine kleine Schwester alles tat und gleichzeitig für seinen Chef in die Bresche sprang, wenn er dabei war, die Kontrolle zu verlieren, war in einem Land, in dem die Familie und die Treue essenzielle Glaubensbestandteile warne, offenbar Gold wert. Ohne Joey hätte er den gestrigen Abend wahrscheinlich mit drei Frauen geschlafen, wäre völlig verkatert gewesen und im schlimmsten Fall hätten seine Geschäftspartner von dem Fall gehört. Ganz dumm, denn aus der Nummer wäre er nicht wieder heraus gekommen. Frauen respektlos behandeln und maßlos trinken? Dafür gab es keine Erklärung!

Aus einer Art Liebeskummer einen zu viel getrunken zu haben und von einem guten Freund gerettet zu werden, stand jedoch für einen menschlichen Charakter und eine gute Bindung zu den Menschen, die er bezahlte. Denn es wurde aus Joeys Worten deutlich, dass er es nicht tat, weil Seto sein Chef war, sondern weil er ihn für diesen Moment als Freund betrachtete.
 

Dennoch gab es einen Punkt, den Kamil nicht einfach übergehen konnte. Ganz offensichtlich gab es gestern einen unerwarteten Übergriff. Zwar hatte sich der Araber schon gedacht, dass sein Freund einer gemeinsamen Nacht nicht widerstehen konnte, aber dass es so ablaufen würde, überraschte ihn dann doch. Er kannte diesen Mann schon viele Jahre und sie hatten sich über Themen ausgetauscht, die nur in einer wirklich engen Freundschaft angesprochen wurden. So wusste Kamil, das immer eine gewisse Brutalität in den Intimitäten des anderen lag. Normalerweise war dem oder der anderen dabei allerdings klar, worauf sie sich einließen, dass Joey nun weder wusste, was ihn erwartete, noch überhaupt einmal in seinem Leben Sex gehabt hatte, ließ ihn einen vorwurfsvollen Blick aufsetzten. Der Brünette seufzte und wusste, wie Recht Kamil damit hatte. Er fühlte sich schon den gesamten Tag diesbezüglich schuldig.

Als Joey wieder zu ihnen zurück kehrte, bestellten sie ihr Essen und es herrschte eine unangenehme Stille. Sie hatte etwas Drückendes, das nicht nur von der Erschöpfung kam. Schnell war dem Blonden klar, worüber die beiden in seiner Abwesenheit gesprochen hatten und er warf Kamil einen Blick zu, der schlicht weg sagte: Halt die Klappe! Noch immer versuchte er nicht darüber nachzudenken, denn sonst würde er sicher schreiend vom Tisch aufspringen und sich in die nächste Ecke verdrücken, die er finden konnte. Der gestrige Abend erschien ihm eher wie ein Traum. Vielleicht war das auch gut so, denn wenn er seine dunklen Handgelenke betrachtete, hatte er das Gefühl, über einem großen Abgrund zu sehen, der ihn einfach verschlang, wenn seine Gedanken den letzten Abend genauer auseinander nahmen.
 

Sie entschieden sich, die Koffer zu packen und das Hotel zu verlassen. Der Vertrag war unterschrieben und es gab keinen Grund mehr, länger hier zu bleiben. Da sie jedoch erst morgen Abend fliegen wollten, hatten sie noch den restlichen Tag und den morgigen, den sie hier verbringen konnten. Kamil lud sie zu sich ein und Seto nahm dieses Angebot gerne an. Auch Joey gefiel der Gedanke, nicht noch einmal in diesem Zimmer schlafen zu müssen. Als er packte, stellte er noch etwas fest. Er hatte am Morgen nur die flüchtigsten Handgriffe durchgeführt, die dreckigen Kleidungsstücke in den Schrank geworfen und die Spuren der letzten Nacht entsorgt. Nun hatte jemand das Zimmer durchgelüftet, das Bett frisch gemacht und die Handtücher ausgetauscht. Alles sah wieder wie neu aus und es lag sogar ein kleines Stück Schokolade auf dem Kopfkissen.

Alles zusammen zu packen, dauerte nicht lange und er lenkte sich damit ab, dass er Mokubas Tipps folgte, wie er den kleinen Koffer gut füllen konnte, damit alles ordentlich aus sah. Der kleine Kaiba hatte anscheinend viel Erfahrung in solchen Dingen. Na ja, wenn er immer seine Sachen für spontane Übernachtungen bei Aiko-chan packte, dann war das kein Wunder. Allerdings brachte ihn das zu einem neuen Thema. Wann wollte der Kleine Seto eigentlich seine Freundin vorstellen? Bisher hatten sie sich darauf geeinigt, das Ganze nicht zu überstürzen. Keiner von ihnen erwartete, dass er ausgewachsene Stinkstiefel Seto dabei nett reagierte. Doch irgendwann mussten sie es tun.
 

Noch im Auto dachte er darüber nach und sah dem Treiben draußen auf der Straße zu. Irgendwie kam ihm der Gedanke, dass nichts von dem echt war. All das, war wie ein Spiel. Für die Gäste, die Touristen, für die Reichen. Niemand hier war wirklich… oder eher, niemand zeigte sein wahres Gesicht. Weder die Gebäude, noch die Arbeitenden. Alles trug ein strahlendes Lächeln, denn nur das war akzeptabel. Keine Schwächen, keine Fehler, nichts war erlaubt, das Menschlichkeit ausdrückte.

Doch die Müdigkeit ließ diese Gedanken immer langsamer werden, bis sie schließlich zum Stillstand kamen und der Blonde einschlief. Er hatte nicht darauf geachtet, wo sie entlang fuhren und so ließ er sich von dem sanften Hin und Her des Wagens weit fort schicken. Er träumte von den Wellen des Meeres, die ihn warm umfassten. Seine Hände und seine Füße waren im Wasser und verwundert blickte er an sich herab. Schwarze Schuppen? Was genau war das? Erschrocken wich er zurück, als er die gewaltigen Klauen erkannte und mit einem Ruck öffneten sich die schwarzen Schwingen auf seinem Rücken.
 


 

„Joseph!“ Überfordert zuckte der junge Mann zusammen und sah aus großen honigbraunen Augen zu dem Brünetten auf. Er verstand nicht, was er sah. Waren da nicht eben noch Wellen, warmes Wasser und Schuppen? Ergab das Sinn? Nein, oder? Er sah in die blauen Augen, die ihn anblickten und auf den Grund seiner Seele schauen wollten. „Du hast geschlafen, Joseph. Ist alles ok?“ Fragte er erneut und ein Blinzeln folgte. Er musste ins hier und jetzt zurück finden. Das war nur ein Traum. Sie waren wieder hier in Dubai…

Verwirrt sah sich der junge Mann um, während er aus dem Auto kletterte. Seto hatte ihm Platz gemacht und so war er nun aus der hinteren Ecke der Limousine heraus gekrochen. Draußen war es warm. Sehr warm. Zu warm für das, was er anhatte. Sein Blick fiel auf das große, helle Haus, vor dem sie nun parkten. Es wirkte im ersten Moment wie ein großes Wohnhaus, gar nicht sonderlich besonders. Etwas, dass Joey nicht erwartet hatte. Ein leichter Wind wehte durch seine blonden Haare und er konnte die See richten. War das Meer noch immer ganz in der Nähe? Er hatte nicht mitbekommen, in welche Richtung sie gefahren waren. Das Haus war schlicht, wirkte auf gewisse Weise so, wie er sich ein arabisches Haus vorstellte. Obwohl es deutlich größer war, als das, was er sich für eine Person dachte. „Sag mal, lebt Kamil hier allein?“ Fragte er und versuchte die Abmessung einzuschätzen. Er war sich nicht sicher, aber es wirkte unglaublich breit und hatte sicher drei Etagen.
 

„Nun ja, vom Personal abgesehen, ja, lebt er allein.“ Beantwortete Seto die Frage und der Blick des Blonden wanderte die Straße entlang. Einige große Villen reihten sich hier aneinander. Sie parkten vor der Garage und ein schlichter Vorgarten erstreckte sich vor dem Gebäude. Er war verwundert. Es wirkte eher so, als wäre es ein gestelltes Bild. Nicht wirklich dafür gedacht, dass er genutzt wurde. Es war eher so, als wäre er im besten Fall noch ein Durchgang in das Haus hinein. Zwei junge, arabische Männer waren schon dabei, das Gepäck aus dem Kofferraum zu nehmen und Kamil stand vor der großen Flügeltür des Hauses. Eine Flügeltür? Noch einmal musterte er die Villa, die wie ein großer, eckiger, nach oben gezogener Würfel wirkte. Die Fenster waren der heißen Temperatur nach klein und nach innen liegend. Überall befanden sich schlichte Fresken, die aus einfachen geometrischen Formen bestanden, dem Ganzen aber einen schönen, passenden Touch gaben. Dennoch wirkte die Front geschlossen und nur die große Überdachung, welche auf vier Säulen stand und die Eingangstür überschattete, schien etwas einladender.

Schweigend folgte Joey den beiden Männern, denn auch Seto war schon auf dem kleinen, hübsch angelegten Plattenweg, der direkt vom Stellplatz hinüber zum Hauseingang führte. Dieser befand sich mittig und interessiert wagte er den ersten Schritt. Vielleicht gab es ja noch eine Überraschung für ihn, wenn er schon das Gefühl hatte, dass hier alles irgendwie anders wirkte, als es sollte. Die Müdigkeit und die Erschöpfung noch immer im Nacken, rieb er sich über die schmerzenden Augen, während er hörte, wie sich die beiden Freunde auf Arabisch unterhielten.

Neugierig trat er neben seinen jetzigen Chef und warf einen Blick hinein in den großen Innenhof. Für einen Moment war er überfordert. Die braunen Augen wurden rund und er trat ohne weitere Worte einfach ein. Sein Blick wanderte über das kleine, grüne Paradies, mit dem er hier nicht gerechnet hatte. Das dreistöckige Gebäude besaß einen großen Innenhof, in dessen Mitte ein Brunnen stand. Sitzkissen waren auf dicken, weichen Teppichen verteilt und luden zum Verweilen in dem schattigen, kühlen Hof ein. Überall standen große Töpfe mit Farnähnlichen Pflanzen, die ihre großen, Blätter beinahe dekorativ in den Raum hielten. Überall konnte er Lampen sehen, die am Abend einen unglaubliches Lichtspiel veranstalten mussten. Sein Blick ging aufwärts. Säulen trugen die beiden oberen Rundgänge und auch hier waren überall Pflanzen versteckt. Das Geländer, welches sich jeweils einmal um den ganzen Innenhof zog, war mit kleinblättrigem Efeu zu einer hübschen, grünen Wand geworden, hinter der er die dunklen Holztüren nur zu einem Stück sehen konnte.
 

Doch dann fiel sein Blick weiter auf die andere Seite, der große Rundbogen hatte es ihm angetan und die dazu gehörige Tür. Noch eine Flügeltür, der ersten genau gegenüber. Als sollte man einmal über den Platz… bevor Joey wirklich verstand, was er da tat, waren seine Füße schon in Bewegung. Die erste Tür war eine absolute Augenweide. Feinste, kleine Holzstreben hielten streifenfreie Glasplatten, zeigten Bogen und Kreise, bildeten feine Muster, doch das interessierte ihn nicht. Schnell hatte er seinen Weg über den Platz gefunden und bemerkte nicht, wie erstaunt ihm die beiden Männer nach sahen.

Die dahinter liegende Tür war ähnlich, wie die erste, durch die er hindurch war, mächtig und beschützend. Sie war das Außenportal und gerade trat eine junge Frau ein. Sie trug ein elegantes, dunkelrotes Kleid, auf dem sich geschwungene Muster in schwarz verspielt zeigten. Ihr Hijab war passend ebenso schwarz, wie diese Verzierungen. Ihr Gesicht perfekt eingefasst von dem Stoff, kein Härchen war zu erkennen. Ihren feinen Gesichtszügen war ihre unglaubliche Schönheit dennoch anzusehen. Sie blickte überrascht zu Joey auf und wollte ihn gerade begrüßen, als er einfach an ihr vorbei durch die große Flügeltür schritt.
 

Jetzt verstand er. Jetzt begriff er, warum der Eindruck am Eingang so seltsam war. Der Wind wehte ihm direkt ins Gesicht und trug das Geräusch der Wellen mit sich. Vor ihm lag eine großzügige Terrasse, die von Mauern abgeschirmt war. Ein Sonnensegel spannte sich darüber und bot so Schatten und eine gewisse Privatsphäre. Ohne auf ihre Worte zu hören, trugen ihn seine Füße weiter. Er konnte gar nicht inne halten und schon war er am Ende der Treppe angekommen, die abwärts führte. Das Erstaunliche an diesem Haus war nicht der Eingang zur Straße, sondern der „Garten“! Vielleicht war es die Müdigkeit, vielleicht war es der Traum, doch nur einen Moment später hatte er seine Schuhe und seine Socken abgestreift und trat hinaus in den beinahe heißen Sand.

Die Dame war verwirrt und entschuldigend sah sie zu ihrem Herrn auf, der nun mit seinem guten Freund ebenfalls auf der kühlen Terrasse stand. Seto lachte hingegen und erklärte auf Arabisch, dass man bei dem jungen Mann nie wüsste, was als nächstes passierte. Verlegen nickte die 23-Jährige und sah aus ihren bernsteinfarbenen Augen dem jungen Mann nach.

Der Wind wehte hier deutlich kräftiger und zerrte etwas an seinem weißen, feinen Hemd. Die Sonne brannte beinahe erbarmungslos auf ihn und den Strand herunter. Er konnte Stimmen hören, die sich unterhielten, doch am Strand selbst war kaum einer. Joey ging immer weiter, direkt auf das Wasser zu und dann war es soweit. Die erste neckende Welle erreichte seine Füße und der Ausdruck völliger Begeisterung erhielt noch einen Hauch Überschwang. Schnell zog er die Hosenbeine hoch und lachte, als das Wasser erneut warm über seine Füße schwappte. Das Meer! Wie sehr er es liebte!
 

Er wusste nicht, wie lange er schon mit den Füßen im Wasser stand als ihn endlich eine Stimme erreichte. „Kommst du da auch wieder raus?“ Fragte Seto, der nun gezwungenermaßen ebenfalls die Schuhe ausgezogen hatte und noch an dem Fleckchen Strand stand, der trocken war. „Nein, ich denke nicht!“ Rief er und drehte sich um. Im nächsten Moment ging er in die Hocke und schöpfte mit beiden Händen Wasser.

Der Schwall traf den Brünetten mitten auf der Brust. Er hatte nicht damit gerechnet, dass er solch einen Angriff erleben würde. Völlig überfordert stand er da, das weiße Hemd nass und der 19-Jährige grinste ihn breit an. „Was denn? Es ist das Meer!“ Rief er und nur knapp wich Seto einem neuen Angriff Wasser aus. Das war doch nicht sein Ernst oder?

Kamil lachte und stand nun auch ohne Schuhe und mit hochgekrempelter Hose neben seinem Freund. “What's that supposed to be?“ Fragte nun der Araber und auch die hübsche Frau stand in einer gewissen Distanz zu ihnen. “I know you see this every day, but it's the sea! The sun! The beach!” Argumentierte der Blonde und schien abzuschätzen, ob er auch Kamil mit dem Wasser treffen würde. Die beiden Männer am Strand sahen sich an und schüttelten nur den Kopf. “And what's so special about it?” Wollte nun der Araber wissen und Joey sah zu der jungen Frau, die hinter vorgehaltener Hand kicherte. “You understand me right? I don't have to explain this to you.” Fragte er sie direkt und mit einem schüchternen Blick zu den beiden anderen meinte sie mit einer Stimme, die einem das Herz aufgehen ließ. “It's the sea! The sun! The beach!”
 

Was dann geschah, würden Seto und Kamil lange nicht vergessen. Djamila, deren Namen Joey noch nicht kannte, sah über die Distanz hin in seine Augen, ein Blick so tief und verstehend, als kannten sich die beiden schon ein Leben lang. Schweigen herrschte und verwirrt sahen die beiden anderen Männer zwischen ihnen hin und her. Doch bevor noch jemand etwas sagen konnte, blitzte ein Schalk in den bernsteinfarbenen Augen auf, den Kamil noch nie bei Djamila gesehen hatte. Nur einen Herzschlag später rannte diese los und schupste den Araber vor sich her Richtung Meer. Joey hingegen war aus dem Wasser gekommen und hatte nach Setos Handgelenk gegriffen, um diesen hinein zu ziehen.

Seto schrie, als er das Gleichgewicht verlor und vornüber stürzte. Auch Kamil ging es nicht besser und er landete im Wasser. Djamila lachte. Sie lachte aus vollem Herzen und freudig schlug sie mit Joey ein. Ihr Lachen erfüllte den ganzen Strand und während sich die beiden Männer wieder aus dem Wasser rappelten, traten die zwei Chaoten die Flucht an. “You will pay for that, Joseph!“ Rief Seto, der nun endlich aus dem Wasser gekommen war und keine trockene Stelle mehr am Leib hatte. Doch er bekam nur ein Lachen. “Try it! Try it!” Rief er und ein herrliches Spiel begann.
 

Kamil war für einen Moment nicht im Stande, irgendetwas zu tun. Er stand dort, bis zu den Knien im Wasser und sah zu Djamila. Er kannte sie seit Kindestagen. Sie war sein Besitz, sein Spielzeug, sein Eigentum, aber er hatte sie noch nie so lachen hören. Ihr Kleid war mittlerweile zur Hälfte nass und auch ihr Hijab, denn beim Toben griff sie immer wieder mit den Händen danach, damit er ja nicht verrutschte. Sein Herz klopfte wild und er beobachtete ihre leuchtenden Augen ihre roten Wangen. Zum ersten Mal in seinem Leben sah er ihre wahre Persönlichkeit.

Wer war dieser Joey, das ihm wie viele Sekunden gereicht hatten, um diese Frau völlig zu verändern? Er hatte mit einem einzigen Blick der sonst so unterwürfigen Frau ein ganzes Leben geschenkt. Wildheit, die er nie erwartet hatte. Schönheit, die er nicht an ihr kannte. Völlig fasziniert und überfordert betrachtete er sie und dann bekam er einen Schwall Wasser ab. Ein Lachen. War er das? Was tat er hier? Er setzte sich von ganz allein in Bewegung und jagte ihr nach. Sie hatte das Kleid gerafft und lachte auf eine so ehrliche und klare weise, dass er diesen Ton wohl nie wieder in seinem Leben vergessen konnte.
 


 

Ein spitzer, von Entsetzen geprägter Schrei zog über das Wasser. Der schwarze Stoff hatte nun zu viel Wasser abbekommen und rutschte von ihrem Kopf. Schwarze, wunderschöne Haare, die streng nach hinten gezogen waren, kamen darunter zum Vorschein. Nur einen Moment, dann hatte sie ein nasses, weißes Hemd darüber. Ein zweiter Schrei erklang, denn sie wusste nicht genau, woher der nasse Stoff kam. Als sie die Augen wieder öffnete, sah sie die nackte Brust eines Mannes. “I didn't see anything, absolutely nothing!” Erklang eine ihr bekannte Stimme und als sie aufblickte, sah sie in Joeys Gesicht. Er hatte die Augen zusammengekniffen und stand nun halb nackt vor ihr. Djamila lief tief rot an. So nahe war sie einem fremden Mann noch nie gekommen. Dieser hier war auch noch halb nackt.

In diesem Moment geschah noch etwas Unerwartetes. Das Lachen der vier hatte auch andere zu dem Spiel dazu geholt und als diese erkannten, in welch misslicher Lage Djamila war, umringten sie nur kurze Zeit später einige Männer und positionierten sich so mit dem Rücken zu ihr, dass niemand ihre Haare sehen konnte. Erleichtert und verlegen griff die junge Frau nach dem schwarzen Stoff und schob ihn wieder richtig. Ganz sicher war sie sich nicht, immerhin hatte sie keinen Spiegel. “I think it's ok. I... I'd better go back inside. That's enough.” Murmelte sie und zog das weiße Hemd fest über ihren Kopf. “Ok, maybe we should all go inside. I think I got too much sun.” Gab er verlegen von sich und sie musste leise lachen, als sie seine Verlegenheit hörte.
 

Kamil war es, der näher kam und Joey sanft zur Seite schob. Er griff nach dem weißen Hemd und warf einen Blick in das hübsche Gesicht, in dem die Röte auf den Wangen lag. Für einen Moment war er nicht fähig, etwas zu sagen. Sein Blick war wie gebannt auf die hübsche Frau gerichtet und er hatte das Gefühl, sie so zum aller ersten Mal zu sehen. So lebendig, voller Leben und Freude. Sein Herz klopfte so schnell, dass es weh tat und er hielt die Luft an. Es dauerte eine Weile, bis er sich räusperte und dann in diesen fremden Worten zu ihr sprach. Ein Lächeln zeigte auf ihrem Gesicht und sie nickte. Die Männer, die sich um sie gescharrt hatten, drehten sich nun um und es wurde lachend diskutiert. Joey wusste nicht, worum es ging, doch die Aufbruchsstimmung war deutlich zu erkennen.

Sie alle zog es zurück an den Strand, raus aus dem Wasser und mit einem breiten Grinsen schubste Djamila etwas Wasser in die Richtung des Blonden, der neben ihr ging. Dieser kicherte und tat es ihr gleich. Nachdenklich sah Kamil den beiden nach, er stand noch immer im Wasser, hatte ein paar Worte mit den Menschen gewechselt, die er nicht wirklich kannte. Sie lebten nun schon seit ein paar Jahren an diesem Strand, Haus an Haus und doch ging es immer nur darum, wer den teureren Wagen fuhr, das bessere Haus hatte, die hübscheren Frauen sein nannte. Doch einmal außerhalb dieses Kreises waren sie sich nie begegnet. “How does he do that?” Fragte der Araber plötzlich und setzte sich langsam in Bewegung. Er stand noch bis zur Hüfte im Wasser, der nasse, rote Turban rutschte ihm fast vom Kopf und sah zu seinem Freund. Der Brünette war ebenfalls völlig durchnässt und das weiße Hemd klebte an seinem Oberkörper. Er zuckte mit den Schultern und meinte leicht belustigt. “That's the magic of Joseph Jay Wheeler! He manages to touch people's hearts and makes them do things that are completely irrational. You never get used to that! “


Nachwort zu diesem Kapitel:
So, das Ende des Aufenthaltes in Dubai kommt näher. Ich hoffe, dass ich im nächsten Kapitel endlich den Rückflug angehen kann und dem Teil näher komme, der nicht geplant ist. Sprich, es gibt zwar einige wichtige Punkte, die wir vor uns haben, aber auch einiges an Freiraum, in dem so nette Szenen, wie die am Meer stadtfinden können. Ich dachte, dass es allen beteiligten gut tut, wenn sie auch schöne Erlebnisse haben.
Es ist für mich noch immer unglaublich interessant, denn nichts von dem jetztigen Kapitel war jemals vorgesehen. Wir befinden uns noch immer in einem völlig neuen Teil der Geschichte.
Ich hoffe, dieses Kapitel hat euch gefallen und ihr seht es mir nach, dass die Passagen auf Arabisch nicht ausgeschrieben habe. :D Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  TaniTardis
2022-02-06T23:16:12+00:00 07.02.2022 00:16
Ach, es war wunderschön so wie es ist...perfekt. War wirklich schön auch Seto mal ausgelassen zu sehen. Ich denke diesen Moment am Strand mit Joeys liebenswerte Art wird er nie vergessen. Ich hab Angst davor was nun kommt wenn sie wieder zuhause sind. Bin aber trotzdem sehr gespannt wie es weiter geht...glg
Antwort von:  Traumfaengero_-
07.02.2022 08:46
Ein wenig was fürs Herz muss es ja auch sein! Ja, ich mag es auch gerne, ihn so ausgelassen zu sehen und ich glaube, dass es unserem Eisklotz sehr gut gut, andere Seiten an sich selbst kennen zu lernen.
Oh, keine Sorge, wenn sie wieder zurück sind, warten neue Probleme auf sie... ähm... Herausforderungen! Ich meine natürlich Herausforderungen! ;)

Liebe Grüße und bis zum nächsten Monat!
Von:  Wuwufan
2022-02-06T12:34:46+00:00 06.02.2022 13:34
Endlich ist der Monat um :) Joey scheint echt Weltmeister im Verdrängen zu sein. Wobei es auch verständlich ist, dass er sich nicht in diesem fremden Land mit der Situation auseinandersetzen möchte. Er ist ja leider auch komplett abhängig. Er kann ja nicht einfach gehen, da er weder die finanziellen Mittel noch die dafür nötigen Sprachkenntnisse hat. Abgesehen davon existiert das Wort „Flucht“ in seinem Wortschatz nicht. Freue mich schon sehr auf die schönen Momente. Bis nächsten Monat :D
Antwort von:  Traumfaengero_-
06.02.2022 14:01
Ja, das ist er wirklich. Allerdings verdrängt er auch bewusst, es ist nicht nur ein Reflex und aktuell ist der Gute auch extrem erschöpft. Daher konzentriert er sich sehr auf das, was gerade aktuell um ihn herum geschieht. Es wird der Moment kommen, in dem das nicht mehr geht. Abr es ist das Meer! Ich verstehe ihn da schon. In sehe Domino City immer eher im Landesinneren und ich meine, dass er zu Anfang von Yu-gi-oh! durch das Tunier das erste Mal auf dem Wasser war. Ich denke, er liebt das Meer und den Strand... wenn er nicht gerade irgendwo draußen auf einem Schiff ist. ;)
Mich fasziniert an Joey immer wieder, dass er niemals aufgibt und sich von äußeren Umständen nicht abhalten lässt. Damit beeinflusst er die Personen in seiner Umgebung und das mag ich so an ihm. :D

Liebe Grüße und bis zum nächten Monat!


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