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Till death...

Salt in my wounds, until the bitter end
von

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Chapter 4

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Chapter 4
 

Es war Donnerstag. Und es war 12Uhr30. Noch ein halbe Stunde, dann würde ich ihn endlich wieder sehen. So nervös wie jetzt war ich mein ganzes Leben noch nicht gewesen.

Mein Vater war für mich bisher immer unerreichbar gewesen, denn ihm war es verboten worden mich zu sehen und ich wusste nicht, wo ich ihn finden sollte, sodass ich ihn immer nur dann gesehen hatte, wenn es etwas Rechtliches zwischen ihm und meinen Stiefeltern zu klären gab.

Langsam begab ich mich nach unten, in den Flur.

Es war immer noch regnerisch draußen, dazu kam jetzt ein dichter Nebel, sodass man nicht weiter, als ein paar Meter gucken konnte. Zum Glück war der Park am Ende der Straße nicht sonderlich groß, lediglich ein paar Bäume, Bänke und dazwischen Rasenflächen und Büsche. Außerdem war er sehr licht.

Ich verabschiedete mich von Marina, indem ich ihr einen Kuss gab und sie bat, auf sich aufzupassen, dann verließ ich das Haus und wandte mich nach rechts, in die Richtung, wo der kleine Park war. Ich wusste, dass ich viel zu früh da sein würde, aber ich hielt es nicht mehr aus still zu sitzen und nichts zu tun, außer warten, warten und nochmals warten. Der Weg zum Park würde höchstens, wenn man sehr langsam ging, drei Minuten dauern, also begann ich jeden Pflasterstein in Reihen abzugehen, wobei ich sie auch noch zählte. So verstrichen ungefähr zehn Minuten, bis ich beim Park angelangt war. Entnervte Fußgänger, die es etwas eiliger als ich hatten, überholten mich und verschwanden rasch wieder im Nebel, vereinzelt fuhren Autos an mir vorbei.

Im Park selber konnte ich keine Pflastersteine mehr zählen, denn die Wege waren aus Sand. Etwas zögerlich ging tiefer hinein. Ich hielt Ausschau nach meinem Vater, auch wenn ich mir sicher war, dass er noch nicht da war. Der Nebel erlaubte mir nicht den ganzen Park zu überblicken und ich begann zu bereuen, keinen festen Treffpunkt ausgemacht zu haben, so wanderte ich immer hin und her in der Hoffnung, dass wir uns auf die Art und Weise nicht verfehlen konnten.

Endlich rückte der Zeiger meiner Armbanduhr auf fünf Minuten vor um eins. Es war nicht mehr allzu lange hin. Mein Magen fühlte sich langsam so an, als würde er sich zu einem schmerzenden Klumpen zusammenziehen und ich begann immer rastloser zu werden.

Würde er pünktlich sein? Ich wusste nur, dass er zu gerichtlichen Terminen immer überpünktlich erschien, vielleicht würde er genau wie ich zu früh kommen, weil er es nicht mehr aushielt, mich wieder zu sehen. Oder Lucifer hatte ihn nicht erreicht und ich war völlig umsonst hergekommen. Eventuell wollte er mich auch gar nicht sehen...

Ich verscheuchte die Gedanken. Warum sollte ein Vater seine Tochter nicht sehen wollen? Ich war mal wieder total in Selbstmitleid versunken, schalt ich mich in Gedanken selber eine Närrin. Warum dachte ich bloß immer solchen Unsinn?

Schritte erklangen hinter mir.

Erschrocken hob ich den Kopf und drehte mich mit einem Ruck um. Ein grauer Schemen zeichnete sich gegen den Nebel ab und schälte sich langsam daraus hervor. Nur noch einige wenige Schritte, dann... die Person, die aus dem Nebel trat, war eine Frau, nicht mein Vater.

Enttäuscht ließ ich den Kopf hängen und trat zur Seite, um ihr nicht im Weg zu stehen.

Die Frau schaute mich etwas verwirrt und irgendwie auch besorgt an. "Sag mal, kenn ich dich nicht?"

Ich schüttelte den Kopf. Diese Frau hatte ich mit Sicherheit noch nicht gesehen.

"Aber du kommst mir so bekannt vor. Nenne mir doch deinen Namen? Vielleicht erinnere ich mich daran.", beharrte sie.

"Elena.", sagte ich zögernd.

"Elena...", wiederholte die Frau nachdenklich. "In welchen Kindergarten bist du gegangen?"

"Häh?", machte ich völlig verdutzt. "Keine Ahnung. Ich glaube auf einen, der hier ganz in der Nähe ist. Wieso?"

"Ich bin Kindergärtnerin und oft sehe ich Jahre später Kinder wieder, die ich mal betreut habe."

"Ach so..."

"Was machst du eigentlich so ganz alleine hier draußen, vor allem bei diesem Sauwetter?", fragte sie.

"Ich warte auf jemanden.", antwortete ich ausweichend.

"Du holst dir noch einen Schnupfen in deinem kurzen Rock. Bist du sicher, dass du auf jemanden wartest?"

"Natürlich. Ich bin noch nicht so vertrottelt, dass ich nicht weiß, was ich mache.", erwiderte ich ärgerlich. Was sollte diese dämliche Fragerei?

"Ich dachte vielleicht, dass du erst mal zu mir kommst und dich aufwärmst. Schätzchen, es ist doch nichts, wo für du dich schämen brauchst, wenn du kein Zuhause hast.", sagte die Frau mit einem Lächeln.

"Wie bitte? Sie haben ja einen Schuss in der Birne. Sehe ich so aus, oder wie?", entgegnete ich heftig. Diese Frau regte mich auf. Was bildete die sich eigentlich ein? Wütend setzte ich zu einer weiteren Beleidigung an, aber da erschallte eine Stimme hinter mir, die meinen Namen rief. Hastig drehte ich mich um und rannte in die Richtung, die perplexe Frau allein lassend, aus der die Stimme meines Vaters erklungen war.

"Elena!"

Jetzt nahm ich auch noch Schritte wahr, die sich auf mich zu bewegten. Ein schmaler, dunkler Schatten wurde vom Nebel freigegeben und ich warf mich mit einem Freudenschrei in die ausgebreiteten Arme meines Vaters, wobei ich ihn fast umriss, denn er war nicht sonderlich größer und wesentlich zierlicher als ich. Lachend versuchte er die Balance wieder zu finden.

"Nicht so stürmisch, Mäuschen, nicht so stürmisch." Er schob mich auf Armeslänge von sich. "Du lächelst noch genauso süß wie eh und je.", grinste er. Dann fiel sein Blick hinter mir und wurde misstrauisch. "Wer ist denn das?", fragte er leise.

Ich zuckte mit den Schultern. "Keine Ahnung, die hat mich einfach angesprochen und gedacht, ich hätte kein Zuhause.."

Er ließ mich los und tat ein paar Schritte auf die Frau zu. "Hey, lassen sie meine Tochter in Ruhe, klar?", rief er zu der nur undeutlich wahrnehmbaren Person im Nebel.

"Ich habe deiner Tochter nichts getan, Tom."

Mein Vater wurde bleich, obwohl das kaum noch ging, denn seine Haut war fast so weiß, wie Papier. "Kassidy...", hauchte er fassungslos.

Ich trat erschrocken neben ihn und legte meinen Arm um seine Schultern. "Wer ist die Frau? Woher kennst du sie?", fragte ich ihn, wobei meine Stimme besorgter klang, als sie eigentlich sollte. Ich spürte, dass er am ganzen Leib zitterte.

Zornig ballte er die Fäuste. "Lass mich in Ruhe, Kassidy, was willst du noch von mir? Du hast bekommen, was du wolltest und damit genug. Und wehe, du sprichst auch nur noch ein einziges Wort mit meiner Tochter, dann... dann..." Er brach ab, doch der ungesprochene Teil seines Satzes schien in der Luft zu schweben, wie eine kurz vor der Detonation stehende Bombe.

Kassidy drehte sich mit einem Ruck um und verschwand im Nebel, nachdem sie meinen Vater und mich noch einige Sekunden mit einem undeutbaren Blick angestarrt hatte.

"Vati, wer war das?", brach ich das Schweigen.

"Niemand, den du zu kennen brauchst. Es ist sogar besser, wenn du sie nicht kennst, Schatz.", antwortete mein Vater, den Blick immer noch starr auf die Stelle gerichtete, an der diese geheimnisvolle Kassidy verschwunden war. "Komm." Er riss sich davon los. "Lass uns in irgendein Café gehen, auf jeden Fall irgendwo hin, wo es trocken und warm ist." Er lächelte mich zärtlich an, aber ich hatte das Gefühl, dass ein seichter Schmerz dieses zerbrechliche Gebilde von Lächeln zerstörte. Aber ich nickte nur und versuchte daran zu denken, dass ich es ausnutzen musste meinen Vater endlich mal ungestört sehen zu können. Also folgte ich ihm, als er mich an der Hand nahm und wie ein kleines Kind aus dem Park und in ein kleines gemütliches Straßencafé führte. Wir setzten uns ans Fenster. Die Sitzmöglichkeiten bestanden aus je zwei Bänken, die immer um einen rechteckigen Tisch platziert waren.

Ich kuschelte mich an meinen Vater, der ohne die dicke Jacke noch zarter aussah. In dem hellen und warmen Licht, dass die Lampen verströmten, erkannte ich, dass er ziemlich erschöpft war, denn er hatte schwarze Schatten um die Augen und er wirkte etwas zu knochig in dem jungen Gesicht, als dass es einfach nur auf seinen schlanken Wuchs zu schieben war. Die braunen Haare rahmten leicht zerzaust sein Gesicht und seine grünen Augen leuchteten froh, wenn mein Blick sie streifte. Er hatte eine gerade, schmale Nase, ebensolche Augenbrauen und volle Lippen. Das weich geschwungene Kinn ließ seine Gesichtszüge weiblicher erscheinen. Ich entdeckte einen unnatürlichen Schimmer auf seinen Lippen, wie als wenn er Lippenstift tragen würde, aber ich verscheuchte den Gedanken schnell wieder.

"Wie geht es dir, Spatz? Lucifer meinte, dass du nicht sonderlich glücklich bei deinen Stiefeltern wärest.", riss mich mein Vater aus meinen Gedanken.

Ich zuckte zusammen. Hatte ich ernsthaft geglaubt, er würde das Thema nicht ansprechen?

"Schon, aber müssen wir das jetzt besprechen?", fragte ich in gequältem Ton. "Wir sehen uns jetzt endlich mal alleine, lass uns doch wenigstens für solche Momente so tun, als wenn es keine Stiefeltern gäbe, ja?" Ich schaute ihn bettelnd an. "Bitte, bitte, bitte." Ich faltete die Hände flehend unter dem Kinn.

Er musste lachen. "Na gut, wenn du willst." Ein leises Seufzen entrang sich seinen Lippen und ich spürte, wie seine Brust sich unter dem tiefen Atemzug hob und senkte. "Sagen wir also, du lebst bei mir. In einer großen Villa irgendwo im Nirgendwo."

Jetzt musste ich lachen. "Ja, und wir haben ganz viele Katzen als Haustiere und Marina ist auch da und außerdem nehme ich Privatunterricht und du bist Besitzer einer Hotelkette."

"Genau." Mein Vater lächelte gedankenverloren. "Das wäre doch ein Leben, nicht?", fragte er so leise, dass ich ihn kaum hörte.

"Schon, aber wenn wir es hätten, dann würden wir es gar nicht zu schätzen wissen, weißt du? Mir würde auch eine hübsche kleine Wohnung am Fluss reichen, meinetwegen eine Katze als Haustier und ich muss nicht mal ein eigenes Zimmer haben, würde mir auch eines teilen mit dir." Ich schaute ihn fragend an. "Was sagst du dazu?"

"Anspruchslos wie immer.", antwortete mein Vater mit einem Grinsen. "Aber es würde mir auch vollkommen reichen. Du gehst ganz normal zur Schule und ich arbeite - ganz normal."

Seine Worte waren wie ein Schlag ins Gesicht. Ich hatte gar nicht mehr daran gedacht, dass er seinen Körper verkaufte, um sich finanziell über Wasser zu halten.

In einem plötzlichen Anfall von Mitleid schlang ich meine Arme um ihn und drückte ihn so fest an mich, dass er überrascht nach Luft schnappte.

"Mein Engel...", hörte ich ihn flüstern.

Verlegen löste ich mich nach ein paar Sekunden wieder von ihm.

Eine Kellnerin fragte, was wir bestellen wollten. Wir blieben einfach nur bei Tee. Während wir auf das warme Getränk warteten, redeten wir über dieses und jenes, mein Vater erkundigte sich nach der Schule, was ich in meiner Freizeit tat, für was ich mich interessierte, woher der Hang zur schwarzen Kleidung kam, was für Musik ich hörte und was für Bücher ich las, welche Filme ich geschaut hatte in letzter Zeit, was meine Gesundheit machte, ob ich irgendwelche Allergien hatte... ich hatte das Gefühl, dass er alles über mich wissen wollte, was er in den letzten Jahren nicht von mir mitbekommen hatte. Lachend versuchte ich ihm jede Frage so genau wie möglich zu beantworten.

Zwischen uns machte sich so ein Gefühl von Wärme und Vertrautheit breit, wie ich es noch nie bei einem Menschen empfunden hatte, außer bei Marina. Trotzdem war es etwas anderes, viel spezielleres, denn ich kannte meinen Vater nicht halb so gut wie Marina. Sein Lächeln kam mir vor, wie das liebevollste, was ich je gesehen hatte, die Gefühle, die sich in seinen Augen widerspiegelten, waren ungleich zärtlicher und die Art, wie er sich mir gegenüber verhielt, spiegelte mehr von seinem jahrelangen Leiden wieder, als er bestimmt zugeben wollte.

"Sag mal", begann mein Vater plötzlich, "kommt nur mir das so vor oder ist das hier drinnen irgendwie kälter geworden?"

Beunruhigt sah ich mich um, als wenn ich dadurch die Kälte besser spüren würde, aber mein Vater hatte recht, es war kälter geworden und nicht nur das, es war, als wenn ein unangenehmer Hauch mit der Kälte hereingekommen war. Das Unbehagen wurde so stark, dass ich es körperlich spüren konnte.

"Was ist das?", hauchte ich entsetzt.

Mein Vater hatte sich aufgerichtet und schaute sich alarmiert um. "Ich weiß es nicht."

Die Menschen um uns herum waren ebenfalls unruhig geworden. Die meisten hatte das kleine Lokal bereits verlassen, andere waren im Aufstehen inbegriffen.

"Lass uns gehen." Die Unruhe war in mir so sehr herangewachsen, dass ich es nicht mehr aushielt auch nur eine weitere Sekunde auf dieser Bank zu sitzen. Die Angst streckte ihre Klauen nach mir aus und begann mir langsam, aber sicher die Kehle zu zuschnüren.

Mein Vater rührte sich nicht vom Fleck, wie erstarrt saß er da, ich konnte nicht mal erkennen, ob er atmete. "Bitte, komm, ich will hier raus.", flehte ich und griff nach seiner Hand, während ich aufstand.

Ich erschrak. Seine Hand war eiskalt und er krallte sich plötzlich mit solcher Kraft in meine Hand, dass es wehtat. Seine Augen irrten völlig verängstigt im Raum umher, in dem sich mittlerweile niemand mehr befand. Die Temperatur schien noch weiter zu sinken, ich konnte meinem Atem als weiße Wolke vor meinem Gesicht erkennen.

"Tommy...", begann ich wieder mit inständig beschwörender Stimme.

Eine liebliche Frauenstimme begann zu singen. "Meister, Meister,..."

Entsetzt fuhr ich herum. Die Stimme schien aus dem Nichts zu kommen, von überall her, sodass man keine eindeutige Richtung wahrnehmen konnte.

"...gebt mir Rosen..."

Endlich bewegte sich mein Vater doch. Langsam erhob er sich, meine Hand immer noch in seiner haltend, und bewegte sich auf die Mitte des Raumes zu, von dem nun ein helles, grünes Licht zu erstrahlen begann. Dabei zog er mich unbarmherzig mit sich. Ich begann ihn wieder zu bedrängen, dass er doch mit mir raus kommen möge, aber er war wie in Trance, schien mich nicht zu hören.

"...Rosen auf mein weißes Kleid..."

Aus meiner Angst war nun pure Panik geworden. Ich wusste nicht, was das alles zu bedeuten hatte, aber ich spürte ganz deutlich, dass es nicht gut war. Dies waren Mächte, an denen ein Sterblicher nicht rühren sollte, sonst könnte es ungeahnte Auswirkungen haben und das nicht nur auf ihn sondern auf die ganze Welt.

"...stecht die Blumen..."

Ich zerrte an dem Arm meines Vaters, aber dieser schien auf einmal ungeheure Kräfte zu entwickeln, denn es bedurfte ihn nicht einmal der geringsten Anstrengung mich einfach weiter zu dem Licht hin zu zerren.

"...in den bloßen, unberührten Mädchenleib."

Ich begann zu schreien, als eine Gestalt aus dem Licht trat. Es konnte nicht wahr sein, nein, ich musste einfach träumen. Solch eine Kreatur konnte es nicht mehr geben...



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von: abgemeldet
2005-11-02T09:06:04+00:00 02.11.2005 10:06
was isses?
waaahhhhh *angsthab*^^
das war jetzt echt überraschend....wow super kapitel!
Von: abgemeldet
2005-10-06T17:01:09+00:00 06.10.2005 19:01
was soll man dazu noch sagen, einfach genial...du hast echt das Talent zum schreiben. Das solltest du wirklich ausüben *g*


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