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Katzenjagd

von

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Wie man Katzen fängt...

Wie man Katzen fängt...
 

Misha runzelte missgelaunt die Stirn und sah sich auf seiner Straße um. Einige der Straßenlampen waren in diesem ärmlichen Viertel kaputt und in der Ecke, in der er kauerte, war es stockduster, doch er sah trotzdem genug.

Schließlich kannte er sich hier aus, wie in seiner Westentasche!

Er wusste genau, wie alles in der Dunkelheit auszusehen hatte.

Und so wie jetzt, sollte es nicht aussehen!!!

Langsam wütend werdend knirschte Misha mit den Zähnen und betrachtete die Bewegungen, die durch die kalte Straße ging.

Das war kein Betrunkener. Dafür waren die Bewegungen zu sicher und ruhig. Wer wagte es da nur in seine Gasse zu kommen?! In sein Territorium?!

Jemand stieß gegen eine Mülltonne. Scheppernd fiel der Deckel zu Boden. Schritte wurden laut, wurden durchdringend von den hohen, bröckelnden Hauswänden zurückgeworfen.

Ein Schrei halte zu Misha herüber.

"Da ist einer!"

Ein kleiner Schatten huschte an seinem Versteck vorbei.

/Tobi!/

Überrascht horchte er, was weiter geschah.

Es waren vier Männer. Sie verfolgten Tobi. Seinen Tobi!

/Scheißkerle! Na wartet!/

Schnell sprang er aus dem Loch in der Hauswand, in dem er bis jetzt gehockt hatte und auf Beute gesinnt hatte, und rannte den fiesen Kerlen flink hinterher.

"Hey! Ihr Pisser!"

Er stoppte und die Eindringlinge fuhren herum.

"Noch einer!"

/Ach...der Trottel hat ja Augen im Kopf! Boah!/

Gereizt verschränkte Misha seine Arme vor der Brust und sah diesen Mistkerlen entgegen, die gerade seinen Bruder verfolgt hatten.

Es war ihm egal, dass es vier waren, es war ihm egal, dass sie alle größer und breiter und wütender aussahen als er. Niemand! Absolut niemand hetzte seinen Bruder!

Kalt beobachtete er, wie die vier Gestalten auf ihn zukamen. Sie bewegten sich langsam, da er keine Anstalten machte abzuhauen.

Misha betrachtete jedes einzelne Gesicht seiner Widersacher und wusste schließlich, wer ihm da gegenüber stand.

/Na toll...Schon wieder in meiner Straße.../

"Hier gibt es nichts für euch. Hier wird niemand für euch arbeiten. Wir verdienen unser eigenes Geld."

Die vier Männer blieben stehen und im Zwielicht sah er, dass die vier untereinander kurze, überraschte Blicke austauschten. Er hatte sie überrumpelt.

Das war gut.

"Du bist wohl einer von diesen Trotteln, die immer noch denken, uns aufhalten zu können, was?! Kann es sein, dass du lebensmüde bist?!"

"Der einzige, der hier lebensmüde ist, bist du, Scheißer. Raus aus meiner Straße."

Seine Gegenüber brachen in Lachen aus. Mishas Wut stieg. Diese blöden Gorillas! Die hatten keine Ahnung, in was für Schwierigkeiten sie sich da hineinmanövrierten!

Ein kaltes Grinsen breitete sich auf seinem Gesicht aus.

Wenn jemand aus seiner Gruppe auch nur ein Haar gekrümmt wurde, würden Köpfe rollen...

/Manchmal können sie mir schon etwas Leid tun...Diese dummen Laufburschen.../

Der Älteste der Männer, der eben schon gesprochen hatte, trat einen Schritt auf ihn zu und somit in den blassen Schein einer gelben, leicht flackernden Straßenlampe. Jetzt konnte Misha ihn genau mustern.

Wilde, vom Kopf abstehende, straßenköterbraune' Haare, ein breites Gesicht, mit kleinen Augen, einer großen Nase und einem breiten, zu einem gehässigen Grinsen verzogenem Mund.

"Gott, was bist du hässlich. Deine Mutter muss sich nach deiner Geburt die Seele aus dem Leib gekotzt haben."

Misha konnte sich ein breites Grinsen nicht verkneifen. Er hatte es vermisst dumme Gorillas zu beleidigen.

Jedoch schien dieser sich nicht sonderlich zu ärgern.

"Du scheinst mir geistig verwirrt zu sein...Vielleicht sollten wir dir ein paar Medikamente geben, damit du dich nicht selbst verletzt."

"Behalte deine Scheißdrogen. Das hab ich nicht nötig."

Abermals begannen die vier Kerle zu lachen. Deren Ungerührtheit nervte Misha langsam. Wo waren die guten, alten Zeiten' hingekommen, als sich diese Putzteufel noch über jeden Spruch aufgeregt hatten?! War die goldene Ära' des kopflosem Vorstürmens vorbei?!

/Wie schade...Ich hätte ihnen gerne die Fressen poliert...aber so macht das ja gar keinen Spaß!/

Misha verzog leicht schmollend den Mund und bedachte die hohllose Breitnase mit einem gereizten Blick.

"Ihr seid ja geradezu langweilig...Seit wann seid ihr plötzlich so ernst und geschäftlich?!"

Der Sprecher' zuckte die Achseln und grinste breit.

"Die Zeiten haben sich geändert...Neuer Chef, neues Geld, neue Aufträge."

Misha hob eine Augenbraue.

/Neue Aufträge?! Keine kleinen Huren und Diebe mehr aufsammeln um sie zu erpressen?! Wie das...? Neuer Chef?! Davon hat man mir nichts gesagt?! Warum weiß ich nichts?! Fuck!/

Ein leichtes Unwohlsein breitete sich in seinem Magen aus.

Das Leben in den Straßen war gefährlich. Wissen ist Macht. Wenn man einmal den Überblick über die Territorien, Straßen und Bandenchefs verloren hatte, war man verloren. Bis jetzt hatte er immer Wissen gehabt! Bis jetzt wusste er immer über alles genau Bescheid! Man musste ihn nur fragen! Er wusste alles! Aber warum das nicht?!

"Du wirkst leicht abgelenkt...Geschockt?! Keine Panik, du bist der erste, der es erfährt...Ist noch ganz frisch."

Er beruhigte sich wieder etwas.

Gut. Er hatte seinen Stand nicht verloren.

/Nur...was jetzt?! Ich denke nicht, dass sie mir von ihrem Auftrag erzählen werden./

Einer der Männer kicherte auf.

"Hey, Jo. Siehst du, wie er geradezu darauf brennt, was zu erfahren?!"

Der Kerl unter der Lampe nickte grinsend, ließ den Blick jedoch nicht von Misha.

Nun gut. Er war aber auch ein Blickfang.

Sarkastisch verzog er die Lippen und verlagerte sein Gewicht auf sein rechtes Bein.

Er fragte sich, wann die Keilerei endlich anfing. Seine Fingerspitzen kribbelten schon.

"Du willst wissen, was wir für unseren neuen Boss machen müssen?!"

Misha würdigte den Mann, der am weitesten von ihm weg stand und gesprochen hatte, keines Blickes. Allesamt Trottel.

Breitnase lachte auf und schüttelte seufzend den Kopf.

"Na gut...Wir suchen jemanden. Aber..."

Zu spät bemerkte Misha die Person hinter sich. Arme schlangen sich um seinen Oberkörper und pressten seine Arme schmerzhaft an seine Brust. Überrumpelt versuchte er sich frei zu strampeln, konnte sich jedoch keinerlei Platz machen. Im Gegenteil schnürte ihm der andere nur noch mehr die Luft ab.

Er musste aufkeuchen und bohrte seine Fingernägel in die Unterarme seines Gegners. Den juckte das jedoch wenig.

/Scheißpaviane!!! Und Tobi hätte schon längst jemanden schicken können! Feige Mistkröte!/

Breitnase's Lachen hallte durch die Straße.

Jetzt doch etwas wütend bemerkte er, Breitnase näher kommen.

"Wir sollen zwar jemand bestimmtes suchen, aber es ist ja nicht schlimm, wenn wir dich gleich mitnehmen. So zum kleinen Zeitvertreib, kleine Kratzbürste."

"Fick dich! Ich bin niemandes Zeitvertreib! Und deiner schon mal gar nicht, Breitnase!"

Die vier, nein, fünf!, Männer lachten laut. Mishas wütendes Schweigen wurde ignoriert.

"Ihr geht mir auf die Nerven..."

Breitnase zuckte die Schultern und kam auf ihn zu, stellte sich genau vor ihn und grinste ihn in das Gesicht.

"Du hast Pech, dass du dich in unseren Weg gestellt hast, Kratzbürste."

Mishas runzelte angeekelt die Nase.

"Putz dir mal öfters die Zähne, du As."

Immer noch lachend hob Breitnase eine Faust um schlug ihm hart ins Gesicht.

/Ungh...Voll ins Schwarze.../

Mishas Sicht verschwamm. Er hatte gar keine richtige Gelegenheit um Schmerz zu empfinden. Ihm schwanden nämlich kurz darauf die Sinne.
 

Joan Devlin drückte seinen Zigarillostummel im Aschenbecher aus und starrte blicklos aus dem Fenster.

Er versuchte sich einen Überblick über sein momentanes Leben zu verschaffen. Es war nicht unbedingt zufrieden stellend.

Dieser Job ging ihm auf den Sack.

Er fühlte sich sexuell nicht gerade befriedigt.

Und sein Privatleben lag sozusagen auf Eis'. Ziemlich schmerzhaft wohlgemerkt.

Und das alles nur, weil sein beschissener, alter, neuer Boss unbedingt seinen verfickten Sohn suchen musste, den er irgendwann mal aus dem Haus geschmissen hatte und jetzt nicht mehr wieder fand.

Tja. Pech, würde er sagen.

Tja. Pech, Joan!', sagt dieser verdammte, reiche Kerl, der halb mit einem Fuß in der italienischen und mit dem anderen in der russischen Mafia hing. Und mit dem in der Mitte hing er in seinen eigenen gerade aufgebauten Mafiaplänen.

Schöne Scheiße.

Natürlich wurde er da mit hineingezogen.

Er hatte nichts mit dem einen Bein zu tun und nichts mit dem anderen. Und schon gar nichts mit dem, was in der Mitte hing!

/So ein ekelhafter, verschrumpelter, Raucherlungen-steinreich-Kerl, der mit seinen knapp 40 aussieht wie 60...Und für so einen Scheißer arbeite ich...Gratulation, Joan! Du hast mal wieder den Jackpot eingeheimst! Toll! Dafür wirst du einst in den Geschichtsbüchern zu lesen sein.../

Bewegungen unten auf der Straße veranlassten ihn dazu den Blick zu senken.

Jo hatte jemanden angeschleppt, der sich ganz schön heftig wehrte.

Es war eine Frau. Die Haare waren lang. Joan konnte gerade noch ein paar helle Löckchen aus der schwarzen Kapuze, die man über den Kopf gezogen hatte, herauslugen sehen.

/Toll...Wie soll man vernünftig arbeiten können, wenn vollkommen verblödete Angestellte Frauen anstatt Männer beschaffen! Trottel! Wenigstens haben sie die Kapuze nicht vergessen.../

Schlecht gelaunt zog er die Vorhänge zu und durchquerte das Wohnzimmer seiner Wohnung, die über dem neuen Hauptquartier lag.

So musste er nicht Stunden mit dem Auto im Stau stehen um zum Arbeitsplatz zu kommen.

Joan seufzte und fuhr sich kurz durch die kurzen, schwarzen Locken. Seine Kleidung saß wie immer perfekt.

Dann würde er mal hören, was Jo zu seiner Verteidigung zu sagen hatte!

Was besseres als Druck in der Lendengegend viel dem eh nicht ein.

/Na...das kann ich ja noch verstehen...aber nicht unbedingt billigen.../

Er seufzte auf. Wann kapierte es Jo, dass er Vergewaltigungen nicht leiden konnte?! Sie würden die Tuse wahrscheinlich wieder irgendwo aussetzen müssen. So viel Arbeit wegen einer dummen Frau und einem noch dümmeren Angestellten.

Knurrig trat er in seinen Flur und dann ins Treppenhaus hinaus. Sich seinen Text für die Strafpredigt zusammenrückend ging er die Stufen hinunter. Das Geräusch von Schlägen, Tritten und polternden Schritten hallte durch das ganze Treppenhaus.

/Die hat ja richtig Feuer unterm Arsch.../

Amüsiert lehnte er sich im 1. Stock über das Geländer und blickte nach unten, wo Jo und drei seiner Kumpanen versuchten das um sich tretende, schlagende, kratzende und sich windende Etwas in Schach zu halten und über die Treppe in den Keller zu kriegen.

"Was wird das?!"

Jos Kopf fuhr erschrocken nach oben zu ihm.

"Äh, Joan! Hi! Haben wir dich geweckt?! Tut mir Leid!"

"Beantworte die Frage."

Joan sah deutlich wie sein breitschultriger Angestellter schluckte und sich etwas mehr auf ihn als auf seine Beute konzentrierte. Das war ein Fehler, denn sofort, bekam die Frau den Arm frei, den er bis jetzt festgehalten hatte, und schlug ihm damit voller Wucht ins Gesicht.

"Miststück!"

Fluchend trat der Mann ihr in die Kniekehlen und sah mit Genugtuung, wie die Frau in die Knie brach und ein Knie mit voller Wucht ins immer noch verhüllte Gesicht bekam.

"Was denn jetzt?!"

Jos Blick schoss wieder zu ihm hoch. Entschuldigend lächelnd und den Kopf in den Nacken gelegt, damit er ihm genau ins Gesicht sehen konnte, setzte er eine Unschuldsmiene auf.

/Lächerlicher Kerl.../

"Den haben wir in so einer alten, verrotteten Straße aufgegabelt, als wir 'nen Knirps verfolgt haben. Der ist vollkommen lebensmüde. Und da sich meine Männer sowieso mal eine Belohnung verdient hatten, dachte ich..."

"Klappe."

Jo verstummte sofort.

"Verhörsaal. Keiner fast...das...unsittlich an..."

Sein Befehl wurde sofort befolgt und die Männer bemühten sich jetzt den -durch die unangenehme Begegnung des Knies und des Gesichts- Bewusstlosen weiter die Kellertreppe herunterzukriegen.

Mit geringschätzig verzogenem Mund folgte Joan ihnen und machte sich Gedanken darüber, was Jo eben gesagt hatte.

/'Den hab ich...' Ein Er'?! Wenn er so dumm war, sich Jo in den Weg zu stellen, könnte das mal eine Abwechslung sein...Dann muss ich mich nicht mit einem Sandsack begnügen./

Sie hatten gerade die Treppe überwindet, da wurde das Persönchen schon wieder munter. Der Kerl begann sich wieder zu wehren, zwar waren es nur fahrige Bewegungen, aber er schien nicht willens zu sein einfach aufzugeben.

Joan hob eine Augenbraue und amüsierte sich über die Mühe die die dummen Schläger mit diesem kleinen Kerlchen hatten.

Jedoch kam ihm noch nicht einmal ein Grinsen über die Lippen. Dafür war seine Laune noch zu schlecht.

Die Tür zum Verhörsaal wurde in Angriff genommen. Jetzt wirklich amüsiert durfte er beobachten, wie der Kleines es schaffte ohne etwas zu sehen, seine Füße gegen den Türrahmen zu stemmen und sich somit so weit wie möglich von der Tür fern zuhalten.

/Klever, der Kleine. Aber nicht klever genug./

"Loslassen."

Die Männer befolgten seinen Befehl so schnell, dass der Gefangene nicht schnell genug reagieren konnte und keinen Fuß mehr auf den Boden bekam. So fiel er hintenüber auf den Boden.

Jo war der erste, der begann zu lachen, die anderen grölten keine Sekunde später mit.

Nur Joan schüttelte den Kopf und musterte den perplex daliegenden Jungen.

"Packen und in den Raum tragen."

Das Lachen verstummte und er genoss es, dass auch diesem Befehl sofort Folge geleistet wurde. Der Gefangene wurde an Armen und Beinen ergriffen und durch die Tür gehoben.

Dieses Fliegengewicht war kein Problem für die Schläger. Zufrieden trat Joan in den Raum und wartete darauf, dass Jos Beute etwas unsanft auf die noch recht neue Matratze in eine der Ecken des Raumes abgelegt wurde.

"Kapuze abnehmen."

Jo griff nach dem abstehenden Zipfel und ein verwuschelter, hellblonder Lockenkopf kam zum Vorschein.

Wütend blitzten stechend grüne Augen zwischen den unordentlichen Strähnen in die Runde.

Ein undeutlicher Protest wurde laut. Man hatte dem Kleinen einen Klebebandstreifen auf den Mund geklebt.

Endlich mal eine gute, kreative Idee. Das hatten diese Hohlköpfe bestimmt aus irgendeinem Film.

"Gut. Alle raus."

"Aber, Joan! Das..."

Ein unterkühlter Blick aus den Augenwinkeln in Jos Richtung reichte schon aus um seinen ihm unwürdigen Angestellten zum Schweigen zu bringen.

Sofort wurde das Feld geräumt. Die Tür fiel etwas lauter zu, als sie sollte, worauf er ein wenig geringschätzig das Gesicht verzog. Das würde Ärger geben. Sie waren hier schließlich nicht bei den Asozialen.

Joan trat ein paar Schritte zurück und lehnte sich an den Tisch, der samt zwei gegenüberstehenden Stühle mitten im Zimmer stand, das bis auf die Matratze und einem von der anderen Seite einsehbaren Spiegel vollkommen leer war.

Zuerst einmal ignorierte er seinen Gast und zupfte ein wenig an seinem Hemd herum. Es war staubig hier unten.

Er war lange nicht mehr hier gewesen. Vor einer knappen Woche hatten sie den letzten Mann hier vernommen. Er hatte nicht viel gewusst, wusste noch nicht mal, dass der alte Sack Cadoret glücklich verheiratet war und drei Söhne hatte, von denen ihm allerdings alle drei abgehauen waren.

Es hatte ihnen wirklich nichts genützt und Joan hatte Jo erlaubt den Mann zur Strecke zu bringen, so wütend war er gewesen. Da hatten sie ihn durch die halbe Stadt gejagt nur um zu erfahren, dass der Dreckskerl keinen blassen Schimmer hatte, obwohl er zu einem der größten Informanten der Stadt gehörte, einer, der seine Nase überall hineinsteckte.

Nun...Joan würde sagen, dieses Mal steckte seine Nase in einem Plastikbeutel bei einem weiteren Informant, von dem der Tote behauptet hatte, er wüsste mehr über Cadorets Brut.

Ein lautes Magenknurren ließ ihn aufsehen. Seiner war das aber nicht gewesen.

Zum ersten Mal an diesem Tag legte sich ein Grinsen auf Joans Gesicht. Sein Gegenüber war oberhalb des Klebebandes verdächtig rosig geworden.

Dafür, dass der Kerl sich eben noch so erbittert gewehrt hatte, war er jetzt erstaunlich ruhig.

/Wahrscheinlich gibt es noch intelligente Menschen auf der Welt und er kann sich denken, dass er gegen mich keine Chance hat./

Das Magenknurren wiederholte sich kläglich.

Joan stieß sich leicht vom Tisch ab und ging ein paar Schritte auf seinen Gefangenen zu.

"Hast wohl Kohldampf, was?!"

Sein Gegenüber zuckte die Schultern. Es sollte störrisch und cool wirken, doch ihm kam es nur ziemlich verlegen und unsicher vor.

"Muss dir nicht peinlich sein. Selbst ich habe zwischendurch Hunger."

Eine Augenbraue hob sich bei dem kleinen Kerlchen. Spott.

/Treib's nicht zu weit, Knirps.../

Als nächstes richtete sich sein Gegenüber ein wenig auf, verschränkte seine Arme vor der Brust.

/Warum sie ihn nicht gefesselt haben, weiß wohl selbst der Herrgott nicht.../

Joan seufzte auf und fuhr sich durch seine dunklen Locken.

So konnte er doch nicht arbeiten!

"Zieh das Klebeband ab. So lässt es sich schlecht reden."

Mit einem Ratschen wurde das Band abgerissen und ein verzogener Mund kam zum Vorschein.

/Ja ja...Klebeband tut ekelhaft weh...hmm...besonders auf so weichen Lippen.../

Ein wenig überrascht von diesem Mund, der sich ihm so plötzlich gezeigt hatte, betrachtete er das Gesicht eingehend. Er musste zugeben, ein hübsches Gesicht. Er konnte es Jo nicht verübeln, dass er diesen Knirps mitgebracht hatte.

"Sag Bescheid, wenn du mit Gaffen fertig bist!"

Joan zog die Augenbrauen nach oben, als er das Gezischte hörte, und bedachte die vor ihm hockende, männliche Zicke' mit einem herablassenden Blick.

"Sag Bescheid, wenn du fertig bist, dich lächerlich zu machen, Kleiner."

Die Reaktion, die er dann bekam, warf ihn fast schon ein wenig aus der Bahn.

Ein Schmollmund!

Dieser Rotzbengel zog einen Schmollmund!

Ein Schmollmund, der ihn plötzlich wieder daran erinnerte, dass er sein Liebesleben in der letzten Zeit vollkommen vernachlässigt hatte.

Wieder gab es ein Magenknurren. Und diesmal lief sein Gegenüber wirklich rot an. Es war ein erfrischender Anblick, wie sich die Röte langsam im Gesicht verteilte und das Rot immer dunkler wurde.

Joan erlaubte sich ein Seufzen.

"Es hat wohl keinen Sinn dich verhungern zu lassen. Ich werde dir jemanden mit Essen schicken und dich schlafen lassen. Morgen erzählst du, wer du bist und was Jo alles angestellt hat."

Sein Gefangener blinzelte ihn mit seinen grünen Augen verwirrt an und erst jetzt fiel Joan auf, wie groß sie waren, wie klar und stechend dieses Grün war. Wie Minze.

In Gedanken schüttelte er sich. Was war nur plötzlich los mit ihm?! Das war ja unerträglich! Dieser Raum hatte wohl eine grauenvolle Wirkung auf seine kühle Art die Dinge und Menschen zu betrachten.

Da sein Gegenüber seine Zähne vor Überraschung wohl nicht aufbekam, wandte Joan sich um und verließ mit einem Bis Morgen.' den Raum.

Er schickte einen Friedfertigeren von Jos Leuten mit ein paar Broten zu ihrem Gast und ließ diesem sogar Bettzeug bringen.

Joan wusste wirklich nicht, was mit ihm los war. Er war heute ja richtig gnädig!

/Ich sollte mir langsam mal Gedanken darüber machen, ob mich die Enthaltsamkeit nicht ein wenig irre macht...Vielleicht sollte ich mir bald wirklich noch einmal einen kleinen Zeitvertreib gönnen...Mal sehen...vielleicht unseren Rotzbengel?!/

Mit einem breiten Grinsen auf den Lippen zog er sich aus und schlüpfte in seine Schlafanzughose. Kurz darauf kroch er unter seine Bettdecke und schloss entspannt die Augen. Nur um grüne Augen vor sich zu sehen.

/Oh ja...ich hab so einen Zeitvertreib wirklich nötig.../
 

© by Niemue



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2006-02-21T11:54:32+00:00 21.02.2006 12:54
Hallöchen!! Wann geht es weiter? Misha ist soooo kawaii!! Ich liebe deinen schreibstil. Mach weiter so und lass dich nicht entmutigen. Ich harre treu einer Fortsetzung deiner Geschichten.

dein Fan sweety


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