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Blutmond

von

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In dem kleinen Hausflur brannte schon lange kein Licht mehr. Man kam nur mühsam voran, da die Kinder aus der Nachbarwohnung ständig irgendwel-che Spielsachen liegen ließen. Patrick Miller fluchte leise als er mit seinem Fuß gegen eine Kiste stieß und rieb sich den schmerzenden Zeh. Plötzlich hielt er inne und lauscht. Irgendetwas stimmte nicht, der junge Mann wusste jedoch nicht, was das war. Angestrengt horchte er, konnte aber nur seinen eigenen Atem hören. Moment! Das war es! Er konnte seinen Atem hören! Es war still im Gebäude, zu still. Die Straßengeräusche und Stimmen aus der Wohnung schienen schlagartig verschwunden zu sein. Er horchte auf ein Geräusch, das ihm verraten konnte, was vor sich ging, doch er hörte nur das Geräusch des Atems, seinen und den eines Fremden. Patrick schaute auf. Er war ungefähr zwei bis drei Meter vor ihm. Da Patricks Augen sich bereits an die Dunkelheit gewöhnt hatten, war es keine große Schwierigkeit, die Gestalt am Treppenende auszumachen. Groß und völlig regungslos stand sie da und schien ihn zu beobachten!

Langsam und unauffällig zog er seine Waffe aus dem Halfter.

"Das würde ich lassen, Detective", ertönte die dunkle volle Stimme der Gestalt. "Ich denke nicht, dass Sie schnell genug wären, mich überhaupt zu treffen."

Patrick stockte in der Bewegung. Wie konnte das sein? Er stand doch kom-plett im Dunkeln.

"Das kann ich Ihnen verraten, Mr. Miller. Ich sehe Sie, also stecken Sie die Waffe weg."

"Gut, und was wollen Sie von mir?"

Patrick hörte, wie sich der Fremde bewegte und konnte ihm nun fast ins Gesicht sehen, wenn es nur nicht so dunkel gewesen wäre! Das Mondlicht beleuchtete nur sein Haar, doch das Gesicht blieb verborgen.

"Geben Sie Ihren Fall auf und legen Sie ihn zu den Akten..."

"Wie? Wie bitte? Woher wissen Sie von meinem Fall?"

Er hörte den Fremden lachen, ein drohendes unheimliches Lachen. "Ganz einfach! Die Jungs sind es nicht wert, dass man sich mit ihnen befasst. Sie verschwenden nur Ihre Zeit mit wertlosem Müll!"

Patrick blieb der Mund offen stehen. Was hatte er da gerade gehört?

"Wert... wertloser Müll? Wie ...wie können Sie so von Menschen reden? Es waren noch Kinder!"

Er sah wie die Gestalt mit den Schultern zuckte. "Es waren seelenlose Hül-len, sie hatten ihren Zweck erfüllt..."

"Zweck? Welchen Zweck?", Patrick musste sich zwingen, ruhig zu bleiben.

"Das ist doch unwichtig! Sie sind schnell gestorben... bis auf den letzten. Er war wirklich hartnäckig! Hat mich viel Mühe gekostet, ihn endlich ruhig zu stellen..."

"Sie... Sie haben diese Kinder getötet?"

"Ja, natürlich. Haben Sie etwa gedacht, das sei das Werk irgendeines Ama-teurs? Wollen Sie mich beleidigen?"

Detective Miller sah, dass sein Gegenüber die Hände in die Hüften stemmte und sich drohend aufrichtete.

"Sie sind... krank! Sie sind krank! Das Werk eines Amateurs? Nein, das war kein Amateur! Das war ein Psychopath!!! Sie sind ein Psychopath! Das waren noch Kinder!", stammelte Patrick, fing sich jedoch gleich darauf wieder und zog seine Waffe. "Sie sind verhaftet, wegen mehrfachen Mordes von Minderjährigen!"

"Haha! Sie wollen mich verhaften? Das ist ja lächerlich! Ich empfehle mich", meinte der Fremde und drehte sich um.

In diesem Moment konnte Patrick das Profil des Mannes sehen und ehe er reagieren konnte, war er verschwunden. Der junge Mann rannte zum Hin-tereingang und riss die Tür auf. Nichts! Dann der Vordereingang, wieder nichts. Fluchend kehrte er in den Flur zurück und stieg die Treppe hinauf. Als er am Treppenabsatz ankam, sah er eine Gestalt, die sich an der Wand entlang tastete.

Blitzschnell riss er seine Waffe hoch und zielte auf die Gestalt. "Keine Bewegung oder ich schieße!"

Er hörte ein erschrockenes Japsen und fragte: "Wer sind Sie?"

"Ich bin... Ann... Winston. Ich wohne... unterm Dach", kam die zögerliche Antwort.

Frustriert stieß Patrick den Atem aus und steckte die Waffe zurück. "Miss Winston, sollten Sie nicht so spät schon zu Hause sein?"

"Ich habe Stimmen gehört und Poltern. Sie haben mich aber erschreckt, Mr. Miller. Ist irgendetwas passiert?"

"Nein, nein. Keine Sorge. Alles okay, ich bin nur etwas übermüdet und sehe schon an jeder Ecke Gespenster", er lachte humorlos. "Einer sollte endlich mal dem Hausmeister Bescheid geben, dass das Licht defekt ist!"

Ann lachte trocken. "Gott sei Dank neigen Sie nicht dazu, erst zu schießen und dann zu fragen. Ich werde morgen mal anrufen und nachfragen, der Fahrstuhl funktioniert ja auch nicht richtig."

Patrick nickte und verabschiedete sich. Er hatte die junge Frau schon früher bemerkt, immerhin lebte sie ja schon acht Jahre hier und er war ihr schon oft begegnet. Sie war sympathisch, ungefähr in seinem Alter, sehr hübsch, schien anständig zu sein, kurz um: die perfekte Schwiegertochter. Seine Mutter lag ihm nun schon seit Jahren in den Ohren, er möge doch endlich seine Freundin mit nach Hause bringen. Seufzend schloss er seine Wohnung auf und ließ sich müde gegen die Tür sinken. Der Fremde geisterte noch die ganze Nacht in seinem Kopf herum.



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