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Zweiter Betriebsausflug des Enma-Cho 1998

angesiedelt nach Band 8, weil ich weder Zeit noch Geld hatte ihn zu kaufen v.v
von

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TAG 3, 28. Dezember 1998

So, hier, ich bin doch noch dazugekommen^^.

Warnung: Ich neige dazu, mir äußerst komplizierte Sachen auszudenken. Es wird also noch ein langer Weg bis zum Ende. Nach diesem Kapitel sind wir dann ungefähr bei der Hälfte. Glaub ich. Ja.
 

Aber jedenfalls viel Spaß damit^^, es wird superspannend!
 

TAG 3, 28. DEZEMBER 1998
 

Surrend schob sich der Staubsauger wie von Geisterhand bewegt über den dicken roten Teppich. Er wanderte am Kamin vorbei, den man allerdings hatte ausgehen lassen. Als der surrende Sauger sich dem Tisch näherte und eben damit beginnen wollte, sich über die Gebäckbrösel vom Vortag herzumachen, blieb er plötzlich stehen. Das Surren wurde leiser und verstummte. Watson kam hinter dem Gerät hervorgetrappelt (ha!... wer hätts gedacht^^). Zögernd steuerte das merkwürdige Wesen (das von der Größe her bequem in den Staubsauger hineingepasst hätte...) auf einen der Stühle zu. Vorsichtig streckte Watson die Hand aus, zuckte jedoch gleich wieder zurück. Einem Moment der Stille folgte ein zartes Rupfen und Zupfen, dann eiligstes Getrappel, als Watson aus dem Zimmer stürmte.

"Graf! Graf!" Röchelnd und rotierend platzte der Minibutler in das Arbeitszimmer des unsichtbaren Adeligen. Der Graf wurde nicht gern gestört (vor allem nicht, wenn er sich ein Album mit Fotos von Tsusuki ansieht^^) und erwiderte deshalb ziemlich unwirsch: "Was gibt's denn?"

"...!" Der arme Watson wusste vor Aufregung weder aus noch ein. Seine Arme ruderten wie Windmühlenflügel(chen).

"Was willst du denn mit den Blumen?" fragte der Graf verdutzt, um dann hocherfreut zu ergänzen: "Die sind doch nicht etwa von...?!"

Heftiges Kopfschütteln.

Der Graf knickte ein (sofern das bei ihm sichtbar ist...^^).

"Bitte, Ihr mir folgen...! Graf...!" brachte das arme Wesen hervor und zischte ab. Den durchsichtigen Edelmann beschlich ein mulmiges Gefühl, das schon auch an Verwirrung grenzte. Er folgte Watson bis ins Esszimmer...

...und hätte er es nicht mit eigenen Augen gesehen, er hätte es nicht geglaubt: Auf dem mit rotem Samt bezogenen Stuhl - und auf dem Boden darunter - wuchsen BLUMEN!!!

Der Graf rieb sich die (unsichtbaren) Augen und trat näher. Er stieß eine Blume an, betrachtete sie, pflückte sie und roch daran. Sie war echt!

Hinter der Maske materialisierte sich ein dickes blumiges Fragezeichen. Es nahm das Aussehen von Plätzchen an, als der Blick des Grafen auf den Tisch fiel: Von den Kuchen und Keksen, die gestern ratzeputz aufgegessen worden waren, lagen einige von jeder Sorte auf der sauberen Tischdecke. Allerdings beschränkten sich sowohl Kekse als auch Blumen lediglich auf einen einzigen Sitzplatz:

Tsusukis.
 

__________
 

"Brrrh!" machte Hisoka. Der Wind hatte ihm die Kapuze vom Kopf geweht. Frierend wickelte er sich fester in seinen Schal und seine Jacke und zog die Kapuze bis tief in die Augen.

"Schnapsidee!" grummelte er.

Die vier Todesengel Tsusuki, Hisoka, Konoe und Tatsumi befanden sich auf einem kleinen Segelschiff, das einem historischen Modell nachgebaut war. Aufgrund des schlechten Wetters waren die Mitarbeiter des Enma-Cho die einzigen Touristen auf dem Boot. Sie schipperten durch seichte Gewässer und besahen sich die schöne Landschaft der Insel Kyushu. (Ich war noch nie da, habe keine Ahnung, wo da ein Fluss ist oder wo Meer, aber ich finde Bootfahren gehört einfach zum Urlaub dazu.)

Hisoka war schlecht.

"Hach, ist das nicht hinreißend?" schwärmte Konoe. "Mir geht bei diesem Panorama immer richtig das Herz auf!"

Der Chef erntete einige Seitenblicke von seinen Mitarbeitern, was ihm jedoch gar nicht auffiel.

"Ganz toll..." Hisoka begann schon mal profilaktisch abzuschätzen, wie lange er bis zur Rehling brauchen würde, um dort sein Frühstück loszuwerden. Nur für den Fall, dass er den winterlichen Wellengang nicht mehr würde ignorieren können...

"Alles in Ordnung, Junge?"

Konoe klopfte ihm auf die Schulter.

"Wurgs", gab Hisoka von sich.

"Du siehst so blass aus..."

"Mir... ist kalt"; brachte Hisoka mühsam hervor.

"Ihm ist schlecht", ergänzte Tsusuki.

"Dabei hast DU sicher mehr gefrühstückt", stellte Tatsumi wahrheitsgetreu fest.

"Geh nach Mittschiff, Junge!" meinte der Kapitän, der das Gespräch mit angehört hatte, mit rauer Stimme. "Da schwankts nicht so."

Hisoka schlich davon, die Hand vor dem Mund.

"Schade." Konoe wandte sich wieder dem Ufer zu. "Oh, da ist ja schon der Tempel von Sowieso, und da ist das berühmte blablabla..." (Ich hab doch keine Ahnung ^^')

Der Chef war in seinem Element. Begeistert erzählte er Tsusuki und Tatsumi, der in seine Fäuste blies, ums sich zu wärmen, von den landschaftlichen Schönheiten der Insel Kyushu...

Gegen Mittag erreichten sie - noch zusammen mit Hisokas Frühstück^^ - einen hübsch gelegenen kleinen Hafen. Ihr Steg führte durch einen Garten zu einem Gasthaus.

"Den Tisch für "Tatsumi"? Ja, fünf Personen, ein Uhr? Wenn Sie mir bitte folgen würden...?" Nach einer freundlichen Begrüßung führte sie der Wirt zu einem Tisch am Fenster, von wo aus man einen schönen Ausblick auf das Wasser hatte. Der mit Wolken bestreute blasse Himmel spiegelte sich in den hohen Wellen, die Herbstlaub und Treibholz mit sich trugen. Die Gegend war von einer dünnen Schneeschicht bedeckt und wirkte wie mit Puderzucker bestreut.

"So, da wären wir!" Zufrieden setzte sich Konoe an den Tisch und sah in die Runde. Tatsumi war nicht sonderlich gesprächig, wie so oft; außerdem war er gerade dabei, die Eiszapfen von seiner Brille zu lösen. Hisoka war immer noch ziemlich bleich und offensichtlich mit seinem Magen beschäftigt, auch wenn er versuchte, sich nichts anmerken zu lassen. Tsusuki studierte abwesend die Speisekarte, doch auch bei ihm zeigte sich nur dann und wann ein Lächeln.

Konoe seufzte. Wataris Fröhlichkeit fehlte merklich in dieser Runde. Dass solche Diskrepanzen aber auch immer während der Feiertage auftraten! Er beschloss, die Stimmung nicht noch weiter in den Keller zu ziehen, indem er jetzt das Thema Watari anschnitt (ein Stück schneid *kicher* <- stellt sich das grade bildlich vor).

Während dem Essen entwickelte sich dann aber doch eine angeregte Unterhaltung, und sogar Kurosaki ging es nach der Vorspeise bereits besser.

So gegen zwei legte Tsusuki als letzter seine Serviette weg und seufzte satt und zufrieden. "Hmmm, war das lecker! Besonders der Nachtisch..."

"...von dem du mir ja kaum was gelassen hast", bemerkte Hisoka spitz.

"Ah...! Du hast doch selbst gesagt..."

"Jaja, schon gut." *g*

Konoe fasste sich ein Herz: "Watari hat wirklich was verpasst. Schade. Sollen wir ihm was mitbringen?"

"Das würde ihn sicher freuen." Tatsumi schlürfte aus seiner halb vollen Teeschale.

"Hast du dich bei ihm entschuldigt?" fragte Konoe Tsusuki. Diesem bildete sich ein grooßer Schweißtropfen...

"Äh...ja, heute morgen war ich im Keller..." Tsusuki hatte den Kopf in die Handfläche gestützt und schob wie gelangweilt ein einzelnes Reiskorn durch seine Schale. "...Aber Watari hat nicht aufgemacht. - Er bringt mich um, wenn ich sein Labor noch mal betrete...!" fügte er als Rechtfertigung noch hinzu.

"Dann bringst du ihm das Paket", beschloss Konoe. (<- poah Chef, wie fies!) Er winkte dem Kellner, bezahlte die Rechnung und ließ sich für "unseren vielbeschäftigten Erfinder", wie er sich ausdrückte, eine Portion einpacken.
 

__________
 

Mit dem Paket stand Tsusuki nun des Abends vor der Tür zu Wataris Labor. Hisoka war in der Krankenstation auf der Suche nach einem Mittel gegen Seekrankheit.

Außer Tsusuki befand sich niemand in diesem Teil des Gebäudes. Der lange, neonbeleuchtete Gang war menschenleer und sah auch dementsprechend blankgeputzt aus. Selbst die Rauch- und Brandspuren, von denen Hisoka erzählt hatte, waren von Wataris Tür verschwunden. Tsusuki starrte auf das Namensschild aus mattiertem Edelstahl.

Schließlich fasste er sich ein Herz und klopfte.

"Watari?" fragte er ängstlich und mit einem dicken Schweißtropfen. Das Geräusch verhallte ungehört in dem leeren Gang und Tsusuki kam sich noch einsamer vor als zuvor. Erst jetzt realisierte er, wie kalt es in diesem Keller war...

"Watari!" rief er, diesmal etwas lauter. Nichts geschah. "Ich bins, Tsusuki! Äh..., ich bring dir nur was zu Essen aus dem [...] (Hilfe, Name gesucht ó.ò!)."

Stille.

"Wenn du nicht aufmachen willst dann stell ich dir's vor die Tür. Es ist ja eh schon kalt..." Tsusuki horchte. Nicht das leiseste Klappern war aus Wataris Labor zu hören.

"Watari..." sagte Tsusuki leise. Er fühlte Traurigkeit in sich aufsteigen. War Watari wirklich so böse, dass er überhaupt nicht mehr mit ihm reden wollte?

"Watari, es tut mir leid!" rief Tsusuki laut. "Ich wollte nicht, dass... Es tut mir leid, dass soviel kaputt gegangen ist! Mach bitte die Tür auf, Watari!"

Nichts rührte sich.

"Yutaka...", flüsterte Tsusuki und ließ den Kopf hängen. Was sollte er denn noch tun? Mit zusammengebissenen Zähnen stellte er das Essenspaket auf den Boden. Doch als er sich wieder aufrichten wollte, stellte er fest, dass er sich am liebsten vor die Tür seines Freundes gehockt hätte, um gar nicht mehr aufzustehen.

"Wenigstens... geht das Essen hier nicht kaputt", murmelte er, mehr zu sich selbst, als er sich jetzt der Kälte des Ganges wieder bewusst wurde. Traurig schlich er die Treppen hinauf zurück in seine Wohnung.

Dort erwartete ihn eine außergewöhnliche Überraschung: In der Küche stand ein fertiges Abendbrot. Tsusuki blinzelte verwirrt.

"...Hisoka?" fragte er vorsichtig in den Raum.

"Hallo?" fügte er an, als niemand antwortete. Er sah sich misstrauisch um und ging dann auf das Tablett zu. Merkwürdigerweise war es genau jenes Tablett, das er heute morgen zum Abräumen benutzt hatte. Und bei näherem Hinsehen entpuppte sich auch das Geschirr und sogar des Essen selbst als äußerst frühstücksähnlich.

Zögernd probierte Tsusuki einen Reiskuchen. Dann zuckte er die Schultern und begann zu mampfen. Wer auch immer der unbekannte Wohltäter war: Dies war Tsusukis Wohnung, und somit auch sein Essen! Wie auch immer es derjenige geschafft hatte, durch die verschlossene Tür...

Tsusuki erstarrte mitten in der Bewegung. Eine lähmende Furcht befiel ihn. Er sauste los, riss die Türen auf...

...und erstarrte, als sein Blick auf sein Bett fiel. Es war voller PFLANZEN!!! Selbst das Shôji-Fenster, an das er manchmal mit dem Kopf stieß, machte grüne Triebe und bildete bereits weiße Knospen...

"Uaaah...!!!" Steif wie ein Brett kippte Tsusuki nach hinten, um in Ohnmacht zu fallen, doch stand ihm dabei glücklicherweise sein Sofa im Weg. Sein Rückrat machte eine schmerzhafte und unglaublich vitalisierende (<- das heißt ohnmachtshemmende) Bekanntschaft mit der gepolsterten Rückenlehne. Sternchen und Kringel stoben in alle Richtungen, ebenso Splitter des Sofas.

"Aua Wawawa...!!" rief Tsusuki perplex. Mühsam kraxelte er aus dem Trümmerhaufen heraus (das ist schon der zweite in dieser Geschichte, Mr. Tsusuki! *tsetse* ^^') und versuchte sich in der Realität zu orientieren. Frühstück? Nein, es war doch Abend... Und Blumen in seinem Bett...?

Tsusuki sprang auf und floh zur Tür, wobei er bereits knöchelhohes Reisgras überqueren musste, das neben seinem Sofa gewachsen war.

"Hisoka! Tatsumi!" schrie er durchs Enma-Cho. "-Hilfee!!" kam als nächstes.

"Tsusuki!" Der Sekretär des Enma-Cho trat aus dem Kopierraum heraus auf den Gang, gefolgt von Konoe.

"Tatsumi! Ta...!" Asato keuchte. "Ma... Mein Bett!!"

Die beiden anderen bekamen ziemlich große Augen mit ziemlich kleinen Punkten drin. Oder gar keinen.

"Äh..." Konoe machte ein richtig breites Gesicht, während Tatsumi den rotierenden Asato bei den Schultern packte.

"Tsusuki! Was ist denn los?"

Tsusuki schnaufte wie eine alte Eisenbahn und klammerte sich an seinen Vorgesetzten (<- das muss es auch erst mal geben! n.n). Dann wurde ihm erst langsam klar, wie das, was er hier brachte, bei den anderen ankommen musste, und er lief knallrot an.

Binnen einer Hundertstelsekunde befand Tsusuki sich zwei Schritte weiter weg.

"Äh, ich meine...", am liebsten wäre er vor Verlegenheit gestorben... was ja so gesehen nun wirklich völlig unmöglich war. Armer Tsusuki! ^^'*patpat*

"In meinem... meinem Schlafzimmer! Da wachsen PFLANZEN!!!"

Tatsumi und Konoe sahen Tsusuki an. Dann schielte jeder zum anderen hinüber, hilfesuchend. Über ihrer beider Köpfe bildete sich eine Wolke, die ein groooßes Fragezeichen enthielt.

"Hast du Topfpflanzen?" fragte Konoe vorsichtig.

"Hast du schlecht geträumt? (<- hey, er wird sensibler! *juchuh^^*)- Oh, du hast noch Reis im Gesicht." Tatsumi zog ein Taschentuch heraus und wischte Tsusuki den Mund ab.

"Neirm!!" machte dieser erbost. "Nein! Menno! Irgendwie wächst in meiner Wohnung alles!!"

Die beiden anderen sahen sich wissend an.

"Auf dem Boden auch?" fragte Tatsumi vorsichtshalber.

"Ja!" Tsusuki war kurz vorm kleinlauten Schmollen. "Wieso? Woher weißt du...?"

"Na, dann lass mal sehen!"
 

__________
 

"Kein Zweifel, die sind echt!" stellte Konoe erstaunt fest. "Ein richtiges Blumenbeet... äh...-bett!"

"Sag ich doch!" schmollte Tsusuki rechthaberisch.

"Wie beim Grafen...", murmelte der Chef.

"Wie?" wollte Tsusuki wissen.

Tatsumi rückte seine Brille zurecht.

"Dem Grafen ist das gleiche passiert", begann er zu erläutern. "Bei ihm sind auch Blumen gewachsen, und Plätzchen, und zwar genau dort, wo du gestern während dem Tee gesessen warst, Tsusuki."

Asato glubschte in Tatsumis stechende Augen und weigerte sich noch zu kapieren, was vor sich ging.

"Plätzchen...?" war das einzige, was er von sich gab.

Konoe räusperte sich. Er betrachtete die Blume, die er noch in der Hand hielt, wie jemand, der gerade aus tiefen Gedanken an die Oberfläche zurückkehrt. Mit einer linkischen Bewegung legte er die Rose (es war eine Rose) auf den Tisch.

"Ohne dich jetzt böswilligerweise daran erinnern zu wollen", begann er umständlich, "aber könnte das eventuell etwas mit deinem... ähem.. Unfall in Labor zu tun haben?"

Tsusukis Gedanken begannen sich zu drehen.

"Ö...", war das vorläufige Ergebnis seines Nachdenkens. Dann schüttelte er seinen Kopf und zwickte sich mit Daumen und Zeigefinger in die Nasenwurzel.

"Ich weiß nicht", bekannte er schließlich. "Kann sein, dass... Aber vielleicht...?"

"Wie werden Watari wohl fragen müssen." Tatsumi drehte sich um. In Tsusukis Gesichtsausdruck mischte sich ein eindeutig unangenehmes Gefühl.

"Als ich vorhin unten war, hat er nicht geantwortet..." Aber die andren beiden waren schon unterwegs. Tsusuki senkte den Kopf und beeilte sich, ihnen nachzukommen.
 

__________
 

Watari hockte in der Mitte des Nirgendwo, hielt seine Knie umschlungen und starrte müde in die pechschwarze Finsternis. Er hatte es aufgegeben, seine Umgebung abzutasten, nachdem er festgestellt hatte, dass er sich im Kreis bewegte. Obwohl Murakis Unlicht etwas anderes hatte vermuten lassen, stieß man nach ungefähr zwanzig Schritten in allen Richtungen auf eine kreisrunde Wand. Sie war genauso glatt, makel- und geruchslos wie der Fußboden, bis auf ein paar verklebte Fugen. Eine Tür gab es nicht.

Watari war eingeschlossen in diesem Loch und harrte seines Schicksals. Er hatte jedes Zeitgefühl verloren. Seine digitale Armbanduhr war ausgefallen, selbst die kleine Lampe daran ging nicht mehr. Bannsprüche waren erst recht nutzlos.

Er schauderte, doch nicht nur vor Kälte. Das Warten auf die Rückkehr von Muraki schien schier unerträglich. Einerseits wünschte er sich, so schnell wie möglich aus diesem schwarzen Loch herauszukommen, doch andererseits hing womöglich Tsusukis Leben davon ab, dass er Zeit gewann. Vielleicht bot sich irgendwann die Möglichkeit zur Flucht. Und außerdem fürchtete Watari sich vor Murakis Zorn. Wenn der Arzt ihm auf die Schliche kam... Oh, nein! Watari mochte gar nicht daran denken, auf was er sich da eingelassen hatte. Ich will hier raus! schrie seine eine Hälfte. Hoffentlich verreckt er, wenn er den Dünger schluckt! dachte seine andere Hälfte. Diese letztere galt es zu hegen und zu pflegen, denn die andere Seite durfte Muraki auf keinen Fall zu sehen bekommen! Was mochte ihm jetzt noch bevorstehen? Watari hatte nur geringe Ahnung, wo seine Schmerzgrenze lag, aber Muraki würde sicher nicht zögern, das herauszufinden... (uaha! *schlotter*)

Die zusammengekauerte Gestalt seufzte nervös in der Stille und erschrak vor ihrem eigenen Geräusch.

Was die anderen jetzt wohl gerade unternahmen? fragte Watari sich, um sich von seiner Furcht abzulenken. Da plötzlich glaubte er eine Veränderung wahrzunehmen. Er hob den Kopf. Man konnte es schlecht Licht nennen, doch Watari erkannte die Schemen seiner Hände vor sich im Dunkeln.

Rasch nahm das Licht zu. Sein Herz schlug immer schneller. Jetzt galt es, Muraki mit allem gegenüber zu treten, was ihm noch geblieben war: sein Stolz und sein flottes Mundwerk. Bäh, wie ironisch! dachte Watari angeekelt (Xp). Na warte...! versuchte er sich selbst zu motivieren.

Mit steifen Gliedern stand er auf.

Muraki erschien in dem hohen Lichtkegel, ohne dass auch nur das geringste Geräusch zu hören gewesen wäre.

Wo bin ich hier? fragte Watari sich zum x-ten Mal. Es war so hell, dass er blinzeln musste. Muraki brachte einen schwachen Luftzug mit, der nach Desinfektionsmittel, altem Tabakrauch und... Nitrat roch? Wie bitte? Hatte dieser durchgeknallte Arzt jetzt allen Ernstes diese Formel gepanscht und ...? Watari biss sich heftig auf die Lippen, um nicht in Grinsen auszubrechen. Für so blöd hätte er Muraki nicht gehalten.

Der Doktor hielt den Blick gesenkt, die Hände in den Hosentaschen vergraben. Watari beobachtete ihn schweigend, während sein Puls immer höher kletterte. Ihm wurde immer wärmer. Je länger der Doktor schwieg, desto stärker musste Watari gegen seine Angst kämpfen.

Nach einer schier unerträglich langen Zeitspanne zog Muraki die rechte Hand aus der Tasche. Sie hielt den Zettel mit der Formel. Watari schluckte. Seine Augen klebten daran, sodass er nicht merkte, wie Muraki den Blick hob und ihn beobachtete. Der Zettel stieg in die Luft und mit einem Mal wurde er in viele kleine Streifen zerschnitten. Es raschelte. Ein Windstoß löste die Schnipsel von Murakis Fingern und ließ sie schweben...

In Wataris Bewusstsein schrillten Alarmglocken, doch er konnte gar nicht anders als zuzusehen, wie das Papier sich in Lichtstrahlen verwandelte, flatterte, schillerte...

Das ist nicht real! Verdammt! Ich hätte wissen müssen, dass das nicht...! dachte er, doch es war zu spät. Das Licht schoss vor. Hastig wich Watari aus, doch die Strahlen wickelten sich um seine Gelenke, seine Beine und Arme, seinen Körper...

"Ah! Shit!" Er schrie auf, als die Fesseln sich zuzogen. "Du Bastard! Lass los!!" brüllte er. Binnen Sekunden hatten sich die Streifen so gespannt, dass Watari sich nicht mehr rühren konnte. Lediglich Kopf und Finger ließen sich noch etwas bewegen, der Rest seines Körpers war wie einbetoniert. Die Lichtstrahlen erstreckten sich gerade in alle Richtungen und endeten irgendwo im Nichts.

Muraki lachte leise. "Wie fühlst du dich?"

Watari rang nach Luft. "So dämlich kannst auch nur du fragen!" Er kochte vor Wut. Muraki lachte wieder.

"Du hast versucht, Zeit zu gewinnen, indem du mir eine falsche Formel gegeben hast. - Wie kläglich." Langsam kam der Arzt auf Watari zu, dessen Verstand sich nun rabiat zu Wort meldete: Muraki versuchte ihn hier aus der Reserve zu locken! Wenn er erst einmal seine Selbstbeherrschung verlor, würde es dem Arzt ein leichtes sein, ihn zu brechen und die Formel zu erfahren. Das durfte er auf keinen Fall zulassen, AUF GAR KEINEN FALL!!

"Dabei spielt Zeit überhaupt keine Rolle", fuhr Muraki seelenruhig fort. "Du könntest hier Jahrhunderte verbringen, und niemand würde dich finden."

Schwarze Angst streckte ihre Finger nach Watari aus, doch er verscheuchte sie. Pass auf! hallte es in seinem Kopf.

"Das dürfte wohl als Bedenkzeit genügen, damit dir die richtige Formel wieder einfällt." Murakis Augen glitzerten gefährlich. (<-Wah! *schauder*)

"Und falls das nicht Wirkung zeigt, gibt es, wie gesagt, noch andere Möglichkeiten..."

Muraki streckte die Hand aus, um den Todesengel unters Kinn zu fassen, doch Watari schnappte zu und biss in den vorgereckten Finger.

"Hsss!" Der Doktor sog wütend die Luft ein. Watari spuckte ihm das Blut ins Gesicht.

"Auf die Formel kannst du warten, bis du schwarz wirst!" schrie er. Es klang viel überzeugter als Watari sich fühlte, doch es gab ihm neuen Auftrieb.

Der Arzt leckte sich das Blut vom Finger und lächelte hämisch. "Ah, mein lieber Yutaka. Du verkennst deine Lage. Noch bevor ich mit dem Warten begonnen habe, wirst du dir wünschen, dass du mir mehr geben kannst als nur deine Formel..."

"Und wovon träumst du nachts?" Wataris Augen funkelten kampfeslustig mit Murakis um die Wette. Verdammt! dachte er, als die weiße Gestalt völlig unbeeindruckt auf ihn zu kam. Dieses Mal war Muraki vorbereitet. Er packte Wataris Haar mit der Linken, sein Kinn mit der Rechten und zwang ihn durch den Druck seiner Finger, den Mund zu öffnen.

"Ah, neimmh!!!"

Watari würde übel, als er Murakis Lippen auf den seinen spürte. Plötzlich war ihm eiskalt, und gleichzeitig brannte ein furchtbares Feuer in ihm. Die Wut über seine Demütigung ließ ihn sich wie wild wehren, und die Tatsache, dass es rein gar nichts nützte, drehte ihm den Magen um. Jeden Augenblick glaubte er, es könne nicht mehr schlimmer kommen, doch die Übelkeit verstärkte sich immer mehr. Muraki schien sich wie ein Eiszapfen immer tiefer in seine Seele zu bohren und seinen Widerstand zu lähmen...

Endlich hörte es auf. Watari schwindelte. Um ihn herum drehte sich alles und er keuchte unkontrolliert. Ohne die Fesseln wäre er vermutlich auf die Knie gesunken...

Muraki lächelte leise. Langsam ließ er den hustenden Shinigami los, dem der Kopf sofort nach unten fiel. Muraki trat einen Schritt zurück und betrachtete ihn amüsiert. (<-Perversling)

Watari rang um seinen Verstand. So hilflos und gedemütigt hatte er sich seit seinem Tod nicht mehr gefühlt. Muraki konnte mir ihm alles machen was er wollte, ganz gleich, was er tat. Watari spürte, wie seine Widerstandskraft von Rissen durchzogen war... er war nahe, ganz nahe daran aufzugeben und seine Formel zu verraten, es fehlte nur noch ein kleiner Moment...

Da plötzlich sah er Tsusuki vor sich.

Tsusuki, wie er am Boden kniete und einen toten Kopf hielt, überwältigt vom Wahnsinn. Tsusuki, wie Muraki ihn entführte, Tsusuki, wie er Toda lächelnd die Arme entgegenstreckte, Tsusuki in der Krankenstation...

Dieser Arzt hatte ihm das angetan...

Das würde Watari nicht noch einmal zulassen!

Er spannte sich. Seine schlaffen Hände ballten sich zu Fäusten, als seine Kraft sich neu entzündete. Zornig hob er den Kopf und funkelte Muraki an. Sein Verstand begann wieder zu arbeiten, sogar verschärft unter dem Einfluss seiner starken Gefühle.

Er spuckte auf den Boden. Der Geschmack war ekelerregend.

"Wie kläglich!" höhnte er, Muraki nachahmend. "Das kann ja sogar Tatsumi besser!" (Warnung! *an alle die mich jetzt würgen wollen* Zu diesem Satz gibt es weder eine Geschichte noch Hintergedanken von mir. Watari ist hier kräftig am blöffen, wie ihr sicher gemerkt habt. <- Jaaa, Watariii! *anfeuer* - WEITERLESEN *Befehl*)

[eine Randnotiz, etwas später... ]

(<- Inzwischen gibt es eine Geschichte (siehe später)... ich nun wieder *gg*. Aber wer so was nicht lesen will, der muss ja nicht.^^)

Muraki hob die Augenbrauen und schob seine Brille hoch. An seinem rechten Zeigefinger klebte noch immer Blut.

"Es geht hier nicht um dich", erwiderte er eiskalt. Watari stieß die Luft durch die zusammengebissenen Zähne. Verflucht, ließ dieser Kerl sich denn gar nicht provizieren?! (Denk doch auch mal an deine Gesundheit, Watari! óò)

"Das war nur ein Vorgeschmack für dich." Der Doktor begann Watari wieder zu umkreisen. "Ich habe schon als Kind gern Verstecken gespielt. (Echt? - Ich auch!!^^) Man geht von verschiedenen Seiten an die Sache heran..." Sein Kopf befand sich jetzt neben Wataris Ohr. Diesem lief ein Tropfen in die Stirn. "...dann liegt mehr Reiz in dem Spiel." Muraki bemerkte zufrieden, wie der Wissenschaftler vor Anspannung bebte. "Ich könnte deine Formel schon längst haben, Yutaka", flüsterte er eindringlich. Watari schluckte, grub die Nägel in die Handflächen und stellte sich vor, wie er diesem Arzt seinen Ellbogen in die Visage rammte. Oder doch besser etwas tiefer...!

Muraki setzte seinen Weg fort. (Wähä, ich muss auch fort >.<! *2h Trompete spiel, aufs Klo geh* Wieder da *holleri* XD WEITA!) Watari fragte sich ernsthaft - und das nicht zum ersten Mal - wer oder was Muraki nur zu so einem Monster hatte werden lassen. Wieso besaß der Kerl kein Gewissen?

"So oder so wirst du irgendwann klein beigeben." Muraki lächelte voller Gewissheit, und mit viel gutem Willen hätte man sogar ein Milligramm Mitleid in seinem Ausdruck entdeckt. Aber wie gesagt, nur mit viel gutem Willen, und von dem war Watari im Augenblick denkbar weit entfernt.

"Du getraust dich nicht, weiter zu machen, was?" stichelte er weiter. "Wovor hast du wohl Angst? Du bist bloß ein impotenter Feigling, der sich hinter zweideutigem Geschwafel versteckt. Du kriegst doch keinen, wenn du ihn nicht anbindest! Komm mir mal ohne diese Fesseln, dann wirst du was erleben, du eingebildeter Psycho-Grabscher!" (óò' *drop* Watarii! Mach mir kein Ärger mit der Zensur! PS: Weiter so! ^^*olé*^^)

Die Schimpfkanonade prallte an Muraki ab wie Regen an einer Fensterscheibe. Besaß er denn überhaupt Gefühle?!

"Du strengst deinen Verstand wirklich nicht sonderlich an", sagte er ungerührt. "Ich bin enttäuscht." (<- grusel!)

"Ooooch", machte Watari giftig, "wie schade."

Der Doktor setzte ein Lächeln auf, in dem Grausamkeit und Vorfreude sich auf eine nicht jugendfreie Weise miteinander vermischten. Unsrem Chemiker schwante nichts gutes...

"Du glaubst tatsächlich, dass du für mich einen Wert besitzt." Muraki kicherte belustigt. "Wie naiv. Du bist es nicht wert, dass ich jemand anderen eifersüchtig mache. (<- er meint Tsusuki) Außerdem wäre es niveaulos (meint ihr nicht auch^^?), und es ginge viel zu schnell."

"Arschloch", knurrte Watari. Ihm fehlten die Worte, zum ersten Mal. Aber er musste weiterreden! Solange er diesen Irren in ein Gespräch verwickelte, konnte er hoffen, halbwegs gesund aus dieser Sache herauszukommen...

Muraki war schneller. "Du hättest mir die Formel sagen können. Die erste Gelegenheit ist vorbei."

Ein zweiter Lichtkegel erschien. Seine Farbe war wärmer als Murakis grelles Weiß und er befand sich außerhalb der physischen Wand (<- die Watari vorhins ertastet hat). Eine Frau stand darin. Sie trug ein enges T-shirt mit einem Hundefoto darauf und einen langen, braun-rot karierten Rock, der ihre Knie verdeckte. Das glatte schwarze Haar fiel ihr offen bis unters Schlüsselbein. Sie war in den Vierzigern.

Als sie den Kopf hob, riss Watari die Augen auf.

"Misao!"
 

__________
 

"Die Tür geht nicht auf!"

Konoe trat zurück und betrachtete die Tür zu Wataris Labor von oben bis unten. "Sie ist mit einem Bannfluch verschlossen. - WATARI!!!" Er hämmerte mit der Faust auf das Holz. Tsusuki verkrümelt sich vorsichtshalber...

Keine Reaktion.

"Wenn du nicht aufmachst, werde ich einen Gegenbann sprechen. Das ist eine dienstlichen Anordnung: Mach die Tür auf!"

Erwartungsvolle Stille folgte. Tsusuki starrte ängstlich und hoffnungsvoll auf die Tür, wobei er das Essenspaket, das er vom Boden gerettet hatte, umklammert hielt.

"Also gut!" sagte Konoe schließlich. Tatsumi verschränkte die Arme, damit man nicht sah, sie nervös er war. Tsusuki begann, seine Finger zu verknödeln.

"Ich werde jetzt die Tür öffnen!" verkündete der Chef laut. "Zur Seite, bitte!"

Nur zu gern machten seine Angestellten ihm Platz. Der Chef streckte beide Hände mit der Innenseite nach vorne aus, wobei er die eine senkrecht und die andere waagrecht darüber hielt. Er macht praktisch das Zeichen für "Auszeit", nur mit den Handflächen nach vorne. (Muss ich selber erst kapieren... *gähn*)

Während er murmelte, schob Konoe seine waagrechte Hand langsam vor der Senkrechten nach unten, bis sie ein Kreuz bildeten. Mit einem lauten "Ha!" riss er die Hände zurück, ballte gleichzeitig die Fäuste und sprang in Deckung. Die Tür krachte aus den Angeln und zerlegte sich unter fürchterlichen Geräuschen in ihre kleinsten Einzelteile (Zahnstocher).

Als der Splitterregen aufhörte, erhoben sich die drei vorsichtig und riskierten einen Blick in das Labor. (<- Hisoka liegt im Bett)
 

__________
 

Watari erinnerte sich an das vielleicht wichtigste Gespräch seines früheren Lebens, als sei es erst gestern gewesen. Misao stand in der Tür seines Arbeitszimmers und starrte ihn mit dieser Mischung aus Stress und Resignation an, die selbst er nicht in ein Lächeln verwandeln konnte. Sie hatten sich seit Monaten nicht mehr gesehen und Watari fühlte ein schlechtes Gewissen in sich aufsteigen... (Ich hab mir solche Mühe gegeben, damit das nicht kitschig wird... óò Falls doch, vergebt mir! *versag*)

Sie ging an ihm vorbei zum Fenster und betrachtete den herbstlichen Blätterregen.

[Um der Historie gerecht zu werden: Watari hat eine Brille wie Tatsumi, trägt die Haare etwas länger als die Beatles und kleidet sich in einen anthrazitfarbenen (das ist grau) Rollkragenpulli. Misao hat eine steifgebügelte weiße Bluse an und einen ziemlich langen braunen Rock. - Die Beatles sind hässlich! >.<]

"Es tut mir leid", begann sie. "Es ist vorbei. Irgendwie... hab ich mich nie wirklich darauf eingelassen."

Watari schwieg. Die Konstruktionspläne auf dem Schreibtisch schwirrten noch in seinem Kopf.

"Hm", stellte er nur fest, denn Misao war noch nicht fertig.

"Ich kann keine Kinder bekommen." Ihre Stimme war tonlos. "Und du, und ich, wir hätten sowieso keine Zeit für... ach was! Es war dumm!"

"Nein, war es nicht."

Sie drehte sich um und setzte zu einer neuen Entschuldigung an, überlegte es sich jedoch anders.

"Jetzt erzähl mir nicht, dass du es bereust", sagte Watari mit gespielt beleidigter Miene. Misao musste lachen.

"Nein, aber..." sie wurde wieder ernst. Watari hob lächelnd die Augenbrauen und zuckte die Schultern. "Was solls." Er streckte die Hand aus. "Freundschaft?"

Misao kam zu ihm und ergriff sie. "Wär schön. - Aber du bist wirklich nicht böse?"

Er grinste. "So wenig wie du." (<- Schön, wenn man sich so einig ist^^)
 

Jetzt stand Misao mit tränenüberströmtem Gesicht in dem sanften Licht. Ihre Hände, die Watari viel jünger und dunkler in Erinnerung hatte, hielten ein unförmiges Bündel aus Stoff. Sie drückte es fest an ihren Schoß.

"Sie ist an Krebs gestorben." Watari kehrte in die Wirklichkeit zurück. Was man so Wirklichkeit nennen mochte. "Gebärmutter. Metastasen. Einundvierzig Jahre alt, ledig." Muraki tastete sie mit seinen Blicken ab. Sie schluchzte und packte das Bündel noch fester.

"Lass das!" Watari zog an den Fesseln. "Was hast du mit ihr gemacht?"

"Sie ist deine zweite Gelegenheit, Yutaka."

"Hätt ich mir denken können..."

"Die Formel."

"Hoffentlich kratzt sie dich ordentlich, wenn du sie anfasst!"

Misao schluchzte.

"Sie friert." Muraki klang fast erfreut. "Und sie ist sehr müde. Ich habe sie aus ihrem Todesschlaf geweckt, für dich."

Watari konnte nicht umhin, eine Grimasse zu schneiden. "Nur schade, dass wir nie richtig verliebt waren. Sonst HÄTTEST du sie wunderbar als Druckmittel benutzen können."

Muraki trat hinter Misao und legte die Hand auf das Bündel.

"Zwei." sagte er freundlich.
 

__________
 

"Solche Bannflüche benutzt Watari nicht." Konoe trat vorsichtig über die Schwelle des Labors. Misstrauisch sah er sich um. "Hier sieht's ja wirklich schlimm aus..." Das Deckenlicht brannte.

"Da hinten!" rief Tatsumi und eilte durch das Gewirr von Tischen, Schränken und Regalen. Die beiden anderen folgten ihm hastig. In einer Ecke lag der Todesengel neben einem umgekippten Bürostuhl, das Gesicht ihnen zugewandt, die Brille verrutscht. Die langen Haare am Hinterkopf waren mit Blut verklebt, das schon getrocknet war.

"Ah! Er muss gestürzt sein... Watari!" Tatsumi bückte sich, doch eine Art Blitz flammte auch, verbrannte ihm die Finger und warf ihn gegen die anderen.

"Uff!"

"Waaah...!"

Zum Glück stand diesmal nichts im Weg. -

"Runter pon meimer Nape!"

"Oh, bitte um Verzeihung, Chef!" Tatsumi beeilte sich aufzustehen. Viele weiße Funken knisterten in seinen abstehenden Haaren; er sah aus wie Biene Maja mit Weihnachtsbeleuchtung. *muahaha* (<- sich wechschmeißt)

"Was war das?" fragte Tsusuki Tatsumi, der seine Finger pustete.

"Ein Bann", antwortete dieser leicht genervt. (Biene Maja... Aahaha!)

"Seht mal!" rief Tsusuki. Der am Boden liegende Wissenschaftler war von einem seltsamen Schimmer umgeben. Es sah aus, als verdichte sich das Licht um ihn herum...

"Was ist das?" flüsterte Tsusuki.

"Es kommt von dort." Konoe zeigte nach links.
 

__________
 

Muraki hob lässig die Hand und wischte durch Misaos Körper wie durch eine Rauchfahne. Die Frau schluchzte klagend und verschwand. Ihr Licht erlosch. Der Doktor kam mit dem Bündel zu Watari zurück und hielt es ihm hin. Langsam zog er das Tuch ab.

"Erkennst du das?"

"Hah!" Watari holte erschrocken Luft. Muraki hielt eine dicke Metallkassette, in deren Deckel ein historisches Bild von Nagasaki eingraviert war. Darunter stand: "Zu bewahrende Schätze". Verkrustete Erde klebte auf der Metallschachtel, doch ihre vier Schlösser waren alle gesichert, die Siegel noch unversehrt.

Watari fühlte, wie Kälte in ihm aufstieg. Wenn Muraki diese Schachtel öffnete ...dann war alles verloren. Diese kleine Kiste war der Grund, warum Watari einst zum Todesengel geworden war...

"Misao hat es auf deine Bitte hin mit in ihr Grab genommen." Der Doktor ließ seine Finger über den eingravierten Schriftzug gleiten. "Deine wertvollsten Schätze. Sie hat mir verraten, was darin ist..." Die Finger wanderten zu dem Siegel.

Watari zitterte. "Hör auf!" stöhnte er. Murakis Lächeln entblößte seine weißen Zähne und seine Augen glitzerten gefährlich.

"Unzählige Baupläne, Yutaka. Pläne für Waffen, die eine Insel wie Japan mit einem Schlag von der Landkarte verschwinden lassen könnten..."

"Hör auf!!!" schrie Watari. Tränen liefen ihm über die Wangen.

"Einige Leute würden sich sicher freuen, diese Pläne zu besitzen."

"Nein...!" rief Watari heiser. "Das darf nicht...!"

"Es lässt sich ganz einfach verhindern." Muraki kam wieder so nah, dass Watari seinen Atem spüren konnte. Die Kassette befand sich nun direkt vor seinen Augen. Greifbar nah, und doch unerreichbar.

Eine Träne tropfte auf den Deckel.

"Die Formel, Yutaka." Muraki rückte noch näher...
 

*badauz* *schnaaaarch* [0:35h]

(Wer schreibt nachts um eins noch sadistische fanfiction? - Ich! Ich steh dazu! *torkel*)
 

__________
 

Der Blick der drei Todesengel fiel auf einen kleinen Tower, der halb versteckt unter dem Schreibtisch stand.

"Das ist Wataris Windows-Rechner", stellte Tatsumi fachkundig fest.

"Woher weißt du das?" wollte Tsusuki wissen.

"Nun, er funktioniert, obwohl er nicht soll, er funktioniert nicht, wenn er soll, und man hat nie eine Ahnung, woran man ist."

"Aha", machte Tsusuki.

"Vielleicht hat er einen Virus?" überlegte Konoe. Das merkwürdige Licht um Watari kam aus der Leuchtdiode des Laufwerks, vor der es sich zu einem schmalen Strahl bündelte. Eine Zange ragte quer aus dem Gehäuse. Der Deckel war abgenommen.

Liebe Güte, dachte Tatsumi, gut, dass Watari Ingenieur geworden war und nicht Chirurg... Vorsichtig näherte er sich dem Gerät. Der Bildschirm auf dem Tisch zeigte nur weiß. Tatsumi tippte etwas, doch die Tastatur war schwammig; es passierte nichts. (<- Das gibt's, das hab ich gelesen. Dann ist der PC ziemlich im Eimer...)

"Abgestürzt."

Tsusuki und Konoe seufzten.

"Und was jetzt?" fragte der Chef in die Runde. "Wieso haben wir in dieser Behörde freilaufende Windows-Computer, die meine Angestellten vom Stuhl werfen?"

"Ich weiß nicht, Chef, aber ich würde vorschlagen, dass wir den Stecker ziehen..."

"Spinnst du!?" entrüstete sich Tsusuki. "Und wenn er dann nicht mehr aufwacht?!" Er baute sich hinter Watari auf, bereit, ihn mit Zähnen und Krallen gegen Tatsumi zu verteidigen.

"Was schlägst du denn vor, Tsusuki?"

"Äh... dingens...", er tippte mit dem Finger in die Luft.

"Du meinst Reset?"

"DAS Wort hab ich gesucht!"

"Wenn du glaubst, dass ich das Ding anfasse, hast du dich getäuscht", schnarrte Tatsumi und zeigte auf seine Finger. Konoe trat neben ihn.

"Steckt der Rechner auch mit in dem Bann?" Ehe Tatsumi ihn aufhalten konnte, hatte Konoe sich gebückt.

-BRRZL!!!-

Funken stoben in alle Richtungen.

"Ich fürchte ja", bemerkte der Sekretär lakonisch. Rauchend kam Konoe wieder zum Vorschein. Eben wollte er zu einem Schwall von Worten ansetzen, doch Tsusuki rief: "Seht mal!"

Er kniete neben Watari und musste sich zurückhalten, um diesen nicht zu berühren.

"Er weint! Seht doch!"

Wataris Hände zuckten. Tränen rannen ihm aus dem geschlossenen Augen, doch alles andere an ihm blieb reglos wie zuvor.

Das Licht verstärkte sich.

"Watari...!" Tsusuki bückte sich noch tiefer. "Yutaka!!"

"Ich zieh den Stecker!"

"Nein!!" Doch Tatsumi war schon an der Wand und griff nach dem Kabel. Es blitze erneut.

"Arrgh!! Verflucht!" Mühsam richtete er sich auf. "Tsusuki! Die Sicherung! Am Ende vom Gang, die letzte Tür links! Leg alle grünen Schalter um!"

"A-aber...!"

"Beeil dich, verdammt noch mal! Au!" Tatsumi hatte sich das Schienbein angeschlagen.

Konoe protestierte wütend: "Und was ist mit den Zentralrechnern?!"

"Die haben doch einen Sonderkreis...Au!" Tatsumi hinkte zu Watari zurück, dessen Atem jetzt stoßweise ging.
 

__________
 

Die Spannung der Fesseln löste sich. Watari schnellte nach vorn und wollte nach der Kassette greifen, doch Muraki wich benahe gelangweilt aus und rammte ihm den Metallkasten ins Kreuz. Mit einem Schrei klappte Watari zusammen. Die Strahlen hatten ihn so eingeschnürt, dass ihm alles weh tat. Seine Beine waren wie taub und in seinen Ohren pochte es. Er krümmte sich.

"Eine schwere Bürde, nicht wahr?" Muraki lächelte wissend, während seine Finger genüsslich die Kassette streichelten. "Das Gefühl ist mir nicht fremd. Wir haben mehr gemeinsam als du ahnst, Yutaka."

Watari brüllte wie ein Wahnsinniger und schaffte es, sich hochzustemmen.

Muraki schmunzelte. "Erstaunlich."

Er hob die Hand und um seine Finger sammelten sich die Lichtstrahlen, verdichteten sich zu Papierfetzen und fügten sich zu einem Zettel zusammen, der Watari vor die Füße schwebte. Ein Stift fiel daneben.

"Das ist deine letzte Chance." Muraki ragte wie ein gefallener Engel über Watari auf. In seinen Augen glomm ein unirdisches bleiches Licht, das keinen Zweifel an der Entschlossenheit dieses Mannes zuließ.

Watari gab auf. Er war Todesengel geworden, um seine Erfindungen und die seiner Familie vor mutwilligem Missbrauch zu schützen. Er hatte sich entschieden.

Vergib mir, Tsusuki, dachte er und griff nach dem Stift.
 

__________
 

Tsusuki rannte den Gang entlang und riss die letzte Tür auf. Eine Staubwolke flog ihm entgegen. Hustend wich er zurück und spähte in den düster beleuchteten Raum. Er hatte ungefähr die Größe seines Wohnzimmers und enthielt etwa zwanzig Sicherungskästen mit jeweils mindestens zweihundert Schaltern.

"Verdammt, Tatsumi!" Hilflos sah er sich um. Dann stürzte er auf den nächststehenden Schrank zu. Vergib mir, Watari, betete er und begann alle Schalter umzulegen. Als er in der Mitte des Schranks angekommen war, sah er einen kleinen Zettel mit der Aufschrift: Archiv.

"Oh... ups!" stotterte er und verdrängte das Bild der vor Wut brodelnden Gushoshins aus seinem Kopf. Wo war nur der Schrank für den Keller! Wo!?
 

__________
 

Es dauerte, bis Wataris zittrige Hand die lange Formel aufgeschrieben hatte. Das Elixier bestand aus verschiedenen Basismischungen, die alle einzeln und unterschiedlich lang entwickelt werden mussten. Die Zahlen und Buchstaben verschwammen vor seinen Augen.
 

__________
 

Da war der Schrank! Tsusukis Hände fuhren hastig über die Schalter.
 

__________
 

Watari streckte die Arme aus. Mit der einen Hand hielt er Muraki die Formel hin, mit der anderen forderte er seine Kassette. Der Doktor hob den Kasten und griff nach dem Zettel...
 

__________
 

Das Licht ging aus. Die Notbeleuchtung sprang an und verbreitete eine rötliche Dunkelheit, die den Namen Licht nicht verdiente. Tsusuki drückte weiter auf die Schalter, bis auch die letzte Sicherung draußen war und rannte dann ohne zu verschnaufen ins Labor zurück.
 

__________
 

In dem Moment, als Watari die Kassette packte, stach ihm ein greller Blitz in die Augen, gefolgt von pechschwarzer Finsternis. Es gab keinen Boden mehr, kein Oben und Unten, nur die Kassette war noch da. Watari klammerte sich an den Metallkasten wie ein Ertrinkender an ein Stück Holz, und plötzlich, ohne Übergang, fand er sich auf hartem Untergrund wieder.

Jemand rüttelte ihn an den Schultern. Es tat weh, denn sein ganzer Rücken war steif.

"Watari!!"

Der Wissenschaftler tauchte aus den dunklen Gefilden seines Unterbewusstseins auf und öffnete die Augen.

-Nebel-

Wo zum Henker...!, dachte er, da fühlte er die Kassette in seiner Hand. Er packte sie so fest, dass seine Knöchel weiß wurden...

Jemand setzte ihm seine Brille auf die Nase. Watari blinzelte. Der Sekretär des Enma-Cho beugte sich erleichtert lächelnd über ihn.

"Tatsumi...!" Warme Hände wischten ihm zärtlich die Tränen ab. (<- das hat er verdient, der arme Watari)

"Du zitterst ja!" Tatsumi rieb ihm die Arme, um ihn zu wärmen.

Watari sortierte seine Gedanken. Bildfetzen umkreisten einander und fügten sich allmählich zu einer logischen Abfolge. Er riss die Augen auf und schoss kerzengerade in die Höhe. Tatsumi hatte gerade noch Zeit, auszuweichen.

"Was...! Was ist denn?" rief er überrascht.

"Natürlich...!" flüsterte Watari.

"Hä?" Tatsumi und der Chef verstanden nur Bahnhof. Konoe betrachtete die Kassette argwöhnisch.

"Watari? Geht es dir gut? Du warst..."

Tatsumi wurde von Tsusuki unterbrochen, der zur Tür hereinrauschte. Als er den aufrecht sitzenden Watari erblickte, fiel ihm der größte Stein seines Lebens vom Herzen. (Fast der größte^^)

"Du meine Güte! Ich dachte schon...!"

"Hah!" Watari richtete sich auf, langte nach der Zange in dem Rechner und riss sie heraus. Alle beobachteten ihn erschrocken und schwiegen.

"Äh... die Sicherung ist draußen..." bemerkte Tatsumi.

Watari durchbohrte den Rechner mit den Blicken. Dann glätteten sich die Zornesfalten in seinem Gesicht und er fing an zu begreifen.

"Oh", sagte er schließlich. Achtlos legte er die Zange weg und umklammerte die merkwürdige Metallkiste wie Kazusa ihren Teddybär. Seine Bewegungen waren fahrig. Keiner der Anwesenden konnte sich erinnern, Watari jemals so hilflos gesehen zu haben.

Keiner bis auf Konoe. Langsam ging der Chef neben ihm in die Hocke. Er deutete auf die Kassette.

"Watari. Ist das...?"

"Er hat die Formel", sagte Watari tonlos.

Schweigen.

"Welche Formel?" fragten alle drei gleichzeitig.

"Die Formel für... das Elixier zur... vollständigen physischen Verwandlung..." Der Chemiker bückte sich noch tiefer über seine Kiste.

"Wer hat sie?" fragte Tatsumi.

Watari beugte sich immer weiter nach vorn, bis seine Stirn fast den Boden berührte.

"Muraki", flüsterte er mit gebrochener Stimme.

Alle schwiegen betroffen.

Schließlich hob Tatsumi seinen völlig erschöpften Kollegen auf und legte ihm den Arm um die Schultern. Watari lehnte sich gegen ihn und begann hemmungslos zu weinen.

"Verflixter Arzt", brummte Konoe.

"Aber echt", murmelte Tsusuki benommen. Er stand immer noch in der Tür und versuchte gerade das Ausmaß der Tragödie zu begreifen. Wenn Muraki sich in jede x-beliebige Person verwandeln konnte... dann konnte er von jetzt an niemandem mehr trauen!

Meine Güte, das war doch hoffentlich nicht wahr! Tsusuki brach der Schweiß aus.

Und der arme Watari! Die Götter allein wussten, was dieser Arzt mit ihm angestellt hatte... Tsusuki fühlte bitteren Hass in sich aufsteigen. "Wenn ich den in die Finger kriege, dann...!" Seine Knöchel knackten, als er die Hände zu Fäusten ballte.

Ja, und dann? Nicht einmal Toda hatte diesem Arzt etwas anhaben können... Muraki war kein Mensch, soviel stand ja schon mal fest. Kein Normalsterblicher hätte die Schwarze Flamme auch nur eine Sekunde überlebt, und kein Mensch war fähig, sich ins Enma-Cho einzuhacken und den Geist eines Todesengels zu entführen!

Muraki hatte seine Macht gezeigt, und das war vermutlich nur der Anfang.

Ängstlich sah Tsusuki zu Konoe hinüber. Diesem schien das gleiche durch den Kopf zu gehen. Mit tiefen Falten in der Stirn und einem grimmigen Gesichtsausdruck durchquerte er das Labor und ging an Tsusuki vorbei zur Tür hinaus.

Dieser verschränkte die Arme gegen die Kälte und näherte sich den beiden anderen. Er ging neben Watari in die Knie und legte ihm die Hand auf die Schulter.

Tatsumi schlug sie weg.

"He...!" rief Tsusuki überrascht.

"Wag es nicht!" drohte Tatsumi. Tsusuki war sprachlos. "Du hast ihm doch die ganze Sache hier eingebrockt!" Wütend starrte ihn der Sekretär an. "Wärest du nicht hier eingebrochen wie eine Lawine wäre das alles gar nicht passiert!"

"...! Aber... aber ich...!"

Sein Vorgesetzter stieß in grob weg. "Hau ab!" rief er. "Mach dass du wegkommst...!"

"Aufhören!" Watari machte sich von Tatsumi los. "Hört doch auf..."

Ein wenig betreten verstummten die andren beiden.

"Kümmert euch doch lieber um... das Sicherheitssystem...!" Watari knickte ein und verlor das Bewusstsein. Tatsumi fing ihn auf, hob ihn hoch wie eine Puppe und trug ihn fort. "Ich bringe ihn zur Krankenstation", sagte er tonlos und ließ Tsusuki allein in dem dunklen Labor...



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Khay
2005-01-19T16:33:53+00:00 19.01.2005 17:33
Schön spannend gemacht!!Schon ok wenn du noch andre Sachen zu tun hast. mach weita so!!*smile*
wenn de Zeit hast weitamachen!
Grüße


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