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Anderswelt

- Aus dem Textbuch eines schwarzen Komponisten -
von

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Wer hat Angst vorm schwarzen Mann

8 Jahre später.....
 

Durch die Nacht heulten Sirenen, der laue Frühlingswind wehte um Beatrices Körper, die auf dem Dach eines verfallenen Hauses in Berlin-Friedrichshain saß. Die Himmel war ein Meer aus Schwärze und wogenden Schatten, kein einziger Stern war zu sehen. Nur der Mond schimmerte durch die Wolkendecke hindurch, er erweckte dabei aber den Anschein, als sei er ein großer Ball, gezeichnet von unzähligen vereiterten Wunden, was dem ganzen eine krankhafte gelbe Färbung gab. Unter Beatrice schlängelten sich die Autos durch die hier relatv engen Straßen und gaben dabei eine Lichterparade ab, die im ständigen Wandel war, und dadurch eine hypnotische Ausstrahlung hatte. Beatrice liebte diesen Platz. Weit weg von ihrem Wohnort, Charlottenburg, konnte sie hier in Ruhe über ihre Probleme nachdenken, hatte Zeit die Melancholie zu genießen und, so sie wieder etwas Interessantes gefunden hatte, ein Buch zu lesen. Sie kannte diesen Ort schon seit Jahren und kam immer regelmäßig hierher. Es war nicht so, dass sie mit ihrer Familie oder ihren Freunden Schwierigkeiten hatte, nein, sie war gerne alleine. Hierher hatte sie noch nie jemanden mitgenommen, selbst Tom, ihren Bruder, oder Marcus, ihren Freund, nicht. Dieser Platz gehörte ihr. Ihr ganz allein. Und daran würde sich nie etwas ändern. Doch irgendetwas war anders als sonst. Sie fühlte sich beobachtet, als ob jemand sie unentwegt anstarren würde, der hinter ihr stand. Sie drehte sich nocheinmal um, aber natürlich war dort niemand. Dann bemerkte sie ihn. Auf dem Dach des gegenüberliegenden Hauses stand ein junger Mann, der zu ihr herüberschaute. Sie wusste nicht, wie lange er das schon tat, aber auf jedn Fall lief ihr ein leichtes Frösteln über den Rücken. Immer wenn sie versuchte, seinen Körper näher zu betrachten, fing er an, vor ihren Augen zu verschwimmen und seine Umrisse begannen zu wachsen, besonders hinter seinem Rücken gab es große schwarze Schemen. Als der Mann ihren bemerkte, das sie ihn registriert hatte, drehte er sich um und ging. "Komisch", dachte Beatrice, "sonst kommt doch nur der Sicherheitsmann dort hoch. Ich habe noch nie einen von den Mitarbeitern gesehen." Mit einem Schulterzucken erhob sie sich, ordnete ihren langen schwarzen Samtrock und rückte die Nietenhals- und Armbänder zurecht., hing sich ihre schwarze Kampftasche um und setzte sich Richtung Treppe in Bewegung. Sie war ein außergewöhnlich schönes Mädchen, das eine gewaltige Ausstrahlung besaß. Bekleidet mit einem langen schwarze Samtrock und einem schwarzen Stoffmantel, sowie mit zahlreichen Nietenarmbänder, sowie Halsband und Springerstiefeln erkannte jeder sie zweifelsfrei als Gothic, der man ihr junges Alter von 15 Jahren nicht ansah. Die Naturschwarzen Haare umrahmten ein langes, schönes Gesicht, ihre Augen waren tiefblau und wissend. Beatrice machte immer einen sehr nachdenklichen, verträumten Eindruck, wobei sie jedoch jedes Detail ihrer Umgebung wahrnahm. Sie überraschte Leute immere wieder damt, dass sie sich auch die unwichtigsten Bemerkungen und Kommentare gemerkt hatte, und sie hatte eine hervorragende Kombinationsgabe. Ihr großes Manko war jedoch die Eiseskälte, die sie jedem Menschen zukommen lies, den sie nicht kannte und ihren übertriebendem Hang zur Leichtsinnigkeit, der sie jetzt wieder befiel. Sie tänzelte auf einer rissigen Holzbohle, welche bedrohlich knirschte. Unter ihr ging um die 5 Meter in die Tiefe, ein Sturz, der zumindest schmerzlich werden würde, wenn nicht sogar gefährlich in bruchtechnischer Hinsicht. Doch sie kam bis zum anderen Ende und lief durch das Treppenhaus auf zur Straße hinab. Unten angekommen schaute Beatrice sich unruhig um. Doch der Mann vom Dach war nirgendwo zu sehen. "Vielleicht war es nur ein Angestellter, der frische Luft schnappen wollte." Bei dieser beruhigenden Erklärung ließ sie es dann und lief auf die nächste Straßenbahnstation zu. Heute war Samstag also das treffen der "Kains Kinder" in Paules Metaleck. "Kains Kinder", das war eine Gruppe, die sich mit Okkultismus, biblischer Geschichte und dem Szeneleben in Berlin auseinandersetzt. Als Beatrice dann Warschauer Straße aus der S-Bahn stieg, kam ihr schon Marcus entgegen, ein großer Junge mit schwarzem Undercut-Haarschnitt, einem Nietenhandschuh, der sehr gefährlich aussah, sowie einem schwarzen Ledermantel und obligatorischen Springerstiefel. Sie fielen sich in die Arme und küssten sich lange. Hand in Hand liefen sie dann zur Kneipe, in ein alltägliches Gespräch über Schule und Leben vertieft. Die Straße war voller Menschen, aus den Kneipen der Simon-Dach-Straße klangen unterschiedliche Geräusche, von laut grölenden Fussball-Fans bis hin zu leichter Violinenmusik aus Nobelrestaurants. Das Metaleck war ein unscheinbares Gebäude, aus dem dunkelrotes Licht auf die Straße fiel. Mit einem kräftigen Stoß öffnete Marcus die Holztür .
 

Innen schlug ihnen laute Musik entgegen, der Wirt ein dicklicher Mann mit vielen Band-Aufnähern auf seiner fleckigen Weste schaute kurz hoch, lächelte ihnen freundlich zu und wandte sich dann wieder einem riesigem Krug zu, den er gerade mit Bier füllte. Marcus und Beatrice eilten auf einen kleinen dunklen Raum zu, in der drei Personen um einen Tisch saßen und sich leise unterhielten. "Ah, bequemt sich das Pärchen auch mal zu uns?", fragte ein kleiner Gothic, der eine kleine Brille auf der Nase hatte, "Es ist ja immer schön euch zu sehen. Besonders da ihr in letzter Zeit so oft hier gewesen seid!" Er bedachte die beiden mit einem vorwurfsvollen Blick. "Nun, ich hatte in letzter Zeit viel zu tun. Ich habe bald Abi Prüfungen.",entschuldigte sich Marcus. Beatrice sagte gar nichts. Sie konnte den Typen nicht leiden, der da probierte ihr eine Erklärung abzuverlangen, über Dinge, die ihn gar nichts angingen. Sie begrüßte die anderen beiden mit einer kurzen Umarmung. Die Bedienung kam, und Beatrice bestellte sich eine Drink, den sie noch nie probiert hatte. "Mal sehen, wie das Zeug schmeckt.", dachte sie. Marcus unterhielt sich angeregt mit dem Brillenträger über komplexe Integralgleichung, und die Lösung derer und auch die beiden anderen waren gerade in ein Gespräch über das letzte Konzert vertieft. Sie ließ ihren Blick durch den Teil des Lokals streifen, der für sie einsichtig war. Schon wieder hatte sie diese komische Gefühl in sich. Doch alles schien normal, der Billardtisch war gerde in Benutzung und zum Trotz aller mathematischen und physikalischen Gesetze und zum Ärger des Spielers traf die Kugel nicht das Loch, sondern prallte an der Bande ab. Beatrice folgte mit ihrm Blick der Kugel, bis diese stehen blieb und bemerkte dann eine Gestalt, die in einer dunklen Ecke saß und sie aus schwarzen Augen anstarrte. Der einzige Grund, warum man ihn überhaupt sah, waren die blutroten Punkte in seinen Augen. Beatrice fing an, trotz Wärme im Raum, zu frieren.
 

Der Mann hatte bezahlt und war irgendwann gegangen, doch nun hatte Beatrice Angst. Sie hatte eindeutig die Gestalt auf dem Dach in ihm erkannt, es war unzweifelhaft derselbe. Auf dem Weg zu ihrer Wohnung überkam sie immer wieder Anfälle von Furcht, die sie panisch werden ließen und sie schaute dann gehetzt um sich. Als sie dann endlich vor der Villa "Schwarzer Mamor" stand und den 14-stelligen Sicherheitscode eintippte, wurde sie wieder ruhiger. Die Tür öffnete sich langsam, und sie sah, wie sich beim Haus eine Tür öffnete und warmes Licht in die Nacht warf. Ein Hund kam bellend auf sie zu, wobei sein langes schwarzes Haar wehte. Fast wäre Beatrice gestürzt, so heftig warf sich der Hund auf sie. Lachend probierte sie sich zu befreien. "Ist ja gut Samuel. Freust dich, hmm?" Der Hund schaute sie erwartungsvoll an. "Ich habe nichts.....ab rein mit dir, Elise hat doch bestimmt noch was." Es war ein sehr eleganter Hund, der da vor ihr lief, und dennoch war er noch immer so tollpatschig und gutmütig wie in seiner Zeit als Welpe. Sie liebte ihn von ganzem Herzen, wahrscheinlich noch mehr als ihren Freund. Aber da der es nicht wusste, war alles ok. Beatrice schmunzelte bei dem Gedanken. Auf einmal registrierte sie einen Schatten. Blitzschnell drehte sie sich um, den kleinen Ritualdolch, den sie immer dabei hatte gezückt. Doch da war nichts. Der Garten war so wie vorher gewesen war., niemand hockte hinter einer Hecke, niemand stand hinter einem Baum. Doch auch Samuel schien etwas registriert zu haben und ließ erst ein kurzes Knurren von sich ertönen, legte aber dann die Ohren flach an und ging langsam rückwärts. "Komm Samuel, da ist nichts." Ihre Stimme sollte beruhigend wirken, eher auf sie statt auf den Hund, aber sie zitterte stark, sodass sie den gewünschten Effekt weit verfehlte. Beide gingen langsam zur Tür, dabei den Blick immer auf den gesamten Garten gehalten. Das letzte Stück rannten sie dann fast. in der Tür wartete schon Elise, die einen ziemlich erschrockenen Eindruck machte, was ihr aufgrund des Verhaltens des Mädchens und des Hundes nicht zu verdenken war. "Fragen sie erst gar nicht", blaffte Beatrice völlig entnervt. Etwas freundlicher fügte sie dann hinzu: "Entschuldigen sie bitte, mir geht es nicht so gut. Haben sie vielleicht noch etwas zu Essen für mich und den Hund?" "Natürlich habe ich das, und was das schlechte Befinden angeht, da kann ich ihnen nur raten die Musik nicht mehr so laut zu hören und nicht mehr mit diesen Kiffern", Elise sprach das Wort mit Abscheu aus, "zu verkehren." Darauf erwiderte Beatrice nichts mehr, denn sie wusste, das Elise sie an nichts hindern würde und darum würde ihr ein Streit nichts bringen. "Ach ja, ihr Vater will sie noch sehen, er hat gerade Besuch", ergänzte Elise, "Und das Essen bringe ich in ihr Zimmer." "Vielen Dank!" Beatrice setzte sich in Bewegung und Samuel folgte ihr. Sie stieg die alte Treppe empor, die aus Holz gegossen zu sein schien, denn sie hatte noch nie eine Fuge oder einen Riss in ihr entdeckt. Die Tür zum Arbeitszimmer ihres Vaters war aus schwarzem Ebereschenholz, das alles Licht in sich aufzusaugen schien. Der silbernde Türklopfer hatte die Form eines Löwenkopfes, der sie mit, so schien es, vor Schmerz weit aufgerissenen Augen flehend anstaarte. Doch ohne sich um diese Imagination zu kümmern, nahm sie den Klopfer und ließ ihn gegen den Löwenkopf fallen. Von den beiden Stimmen, die nur unverständlich und sehr leise nach Außen klangen, erhob sich eine und rief: "Herein". Sie drückte die schwere Klinke herunter, was ihr schon einiges an Kraft raubte und ließ dann ihre restliche bei dem Versuch die Tür weit genug zu öffnen, um in den Raum schlüpfen zu können. Als es ihr dann letztendlich doch gelang, stand sie in einem großen Zimmer, dessen Volumen hauptsächlich durch einen großen hözernden Schreibtisch und einen riesigen Ohrensessel eingenommen wurde, in dem ihr Vater saß. Ihm gegenüber stand ein nicht ganz so großer Sessel, in dem eine Person saß, die Beatrice nocht nicht sehen konnte. "Darf ich vorstellen, meine Tochter Beatrice." Der Sessel drehte sich. "Sehr erfreut, wirklich sehr erfreut..." Jetzt blieb für Beatrice die Zeit stehen und ihr Gesicht weitet sich vor Schrecken, verlor alle Farben, die nicht von dem weißen Puder unterdrückt wurde. Schwarze Obsidanaugen mit kleinen roten Punkten fixierten sie.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2004-12-26T08:57:55+00:00 26.12.2004 09:57
Hallo!

Ein Sprung von acht Jahren?
Das ist interessant!! *nick*
Es sind ein paar kleine Rechtschreibfehler drin, aber deine Beschreibungen....die haben es mir dieses Mal besonders angetan!! Wie du das Äußere und die Umgebung beschrieben hast...und eben diese "Pause" von mehreren Jahren...Das Kapitel war wirklich mehr als interessant zu lesen!
Ciao

Pitri


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