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Erwärme mein Herz

von

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Abendrot

weiter gehts!

vorletztes kapitel, leute! ^^

das letzte ist schon fertiggestellt, sollte als auch bald kommen, wenn ich nochmal drüber gelesen habe.

verzeiht evtl. fehler. ihr wisst ja, keine beta-leserin mehr...
 


 

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Kapitel 43: Abendrot
 

Hitomi hatte ihn eigentlich nicht so überrumpeln wollen, jedoch war jetzt die perfekte Gelegenheit, das Thema anzusprechen.

Cheat sagte lange Zeit nichts.

Er starrte sie nur an, rang um Worte, fuhr sich nervös durch seinen blonden, lockigen Haarschopf. Irgendwann sprach er dann aber doch.

„Sieht man das so leicht?“, fragte er, zweifelnd, mit einem Unterton, der zeigte, dass er auf eine negative Antwort hoffte.

Hitomit wandte sich ihm und zu und nickte bedächtig.

„Ja. Jeder sieht es.“

Sie ließ die Worte ein wenig wirken und fuhr dann fort: „Ich weiß es allerdings schon, seit ich das erste mal auf Gaia war, als du noch ein Kind warst. Erinnerst du dich an Allen’s Verletzung, die Dilandau ihm zugefügt hat?“

Cheat erinnerte sich. Natürlich erinnerte er sich.

Es war seine erste Begegnung mit dem Ritter des Himmels gewesen.

„Eure identischen Augen… Sie sind mir gleich aufgefallen… Und dann bin ich nach und nach hinter die ganze Geschichte gekommen.“

Hitomi sah ihm tief in eben jene, charismatischen Augen und lächelte ihn ein wenig aufmunternd an.

„Auch wenn der Fürst von Fraid im letzten Krieg gefallen ist… Du hast noch immer einen Vater, ist das nichts wert?“

Cheat presste seine Lippen aufeinander, sein Gesichtsaudruck war gequält.

„Das mag sein. Aber ich habe nichts von ihm. Allen und ich… Wir haben zuviel Verantwortung zu tragen… Unser Stand lässt es nicht zu, dass wir Vater und Sohn sind.“

„Hast du jemals mit ihm darüber gesprochen?“

Jetzt sah Cheat ihr in die Augen, starr fast. Der Schmerz schien ihn zu überrollen.

„Niemals. Sooft wir uns in den letzten Jahren gesehen haben, wir haben niemals darüber gesprochen. Das ist einfach nicht möglich! Wir können und nicht einmal richtig ansehen, mit diesem Wissen…“, presste er zwischen den Zähnen hervor.

„Aber Cheat…“ Hitomi machte einen Schritt auf ihn zu und berührte seine Schulter.

„Das alles ist doch so lange her! Niemand würde dich oder Allen heute noch für den Fehler deiner Mutter verantwortlich machen! Was in meinen Augen aber eigentlich gar kein Fehler war… Du bist so ein wunderbarer Mensch, gerade WEIL du Marlene’s und Allen’s Sohn bist…“

Sie rüttelte ihn ein wenig, fixierte ihn mit ihrem Blick, lange und unnachgiebig.

„Ich finde, dieser Kampf hat uns wieder einmal gezeigt, was wichtig ist: Die Menschen die wir lieben. Es ist wichtig zu wissen, wohin man gehört. Und du bist Allen’s Sohn! Jeder weiß es! Nur ihr beide wollt es euch nicht eingestehen!“

Cheat lächelte matt.

„Ich habe dich schon immer für deine Kraft bewundert, Hitomi…“

„Meine Kraft?“, fragte Hitomi überrascht.

„Ja. Du sagst was du denkst. Vermutlich weil du nicht aus dieser Welt bist, kannst du Dinge so anders sehen, so wie sie sind. Ohne Komplikationen, ohne Ausflüchte…“, antwortete Cheat voller Bewunderung.

Eine Bewunderung, der sich Hitomi gar nicht gewachsen fühlte.

„Ach was…“, winkte sie ab. „Ich sage viel zu selten was ich denke. Auch ich habe in der Vergangenheit viele Fehler gemacht… Fehler, die ich so gerne wieder gut machen würde.“

Jetzt war Cheat es, der sie wieder fixierte.

Und er schaffte es so viel leichter als sie… Man konnte diesen unglaublichen Augen einfach nicht entkommen.

„Van wird es schaffen, da bin ich mir sicher…“
 

Da war es wieder.

Dieses Gefühl… Ein schwarzes Loch aus Verzweiflung, Unwillen und Sorge. Sie hatte es doch tatsächlich geschafft, für ein paar Minuten nicht an Van zu denken, sich nicht in dieses Loch fallen zu lassen.

Doch jetzt traf sie allein die Erwähnung seines Namens wie ein Schlag. Was tat sie da? Wieso stand sie hier unten am Strand und plauderte mit Cheat? Wieso war sie nicht bei Van?

Sie klammerte sich an Cheat’s Schulter fest, da sie andernfalls einfach umkippen würde, und zwang sich dazu, zu atmen.

Tief. Ein und Aus. Ein und Aus.

„Ich würde es nicht überleben, käme es anders…“, wisperte sie.

Cheat nickte verständnisvoll.

„Er wird es schaffen, genau wie Allen“, sagte er und zwang seine Mundwinkel erneut zu einem flüchtigen Lächeln.

Hitomi spürte, wie das Gefühl langsam wieder etwas abebbte, das schwarze Loch sich wieder zurückzog.

Sie durfte sich nicht so gehen lassen… Eine kleine Weile noch musste sie stark sein, solange, bis Millerna sie endlich zu Van lassen würde. Bis dahin musste sie sich auf Cheat konzentrieren, das sagen, was sie ihm sagen wollte.

„Du hast dir Sorgen gemacht um Allen, hab ich recht? Ich habe es gesehen…“

Wieder nickte Cheat knapp.

„Es war furchtbar. Da hat man 20 Jahre Frieden, plötzlich passiert so etwas und… Da kommt man ins Grübeln…“, sagte er stockend.

„Ich wünschte wirklich, es wäre anders zwischen uns… Wenn ich daran denke, dass Allen hätte sterben können und ich hätte ihm noch nie gesagt… Wie viel Respekt ich vor ihm habe…“

„Ich glaube, das weiß er auch so“, erwiderte Hitomi.

Sie seufzte und legte ihren Arm jetzt ganz um Cheats Schulter. Er war einen ganzen Kopf größer als sie, von daher musste sie ein Stück nach oben greifen.

Das Meer lag in seiner ganzen Schönheit vor ihnen und obwohl die Wellen immer noch wild und schnell heran rollten, so war der Wind doch angenehm, fegte die trüben Gedanken hinfort, die Hitomi ansonsten wieder zu übermannen drohten.

Der Sturm hatte sie wirklich und wahrhaftig aufgelöst, es war kaum zu glauben. Dafür konnten sie jetzt bis an den Horizont blicken, dort wo der Ozean zu enden schien.

„Cheat…“, begann Hitomi erneut.

„Ich weiß von Allen, dass er eine ähnliche Haltung zu dir hat. Stand und Sitte hindern ihn daran, zu dir zu stehen. Aber ich finde, es ist an der Zeit, das zu ändern. Gaia hat erneut zusammengehalten, um einen weiteren, großen Krieg abzuwenden. Für mich ist das ein Neuanfang. Vielleicht sollte es das auch für dich und deinen Vater sein.“

Sie betonte das Wort „Vater“ mit besonderem Nachdruck und wartete auf Cheats Antwort.

Dieser hatte mittlerweile freundschaftlich seinen Arm um ihre Taille gelegt, sein Blick folgte aber der Brandung, die vor seinen Stiefelspitzen halt machte und sich wieder langsam in den Sand zurückzog.

„Vielleicht hast du Recht Hitomi… Es wird Zeit ein paar Dinge zu klären.“

„Das finde ich auch. Vor allem, wo du doch jetzt so eine süße Halbschwester hast!“

Cheat riss entgeistert die Augen auf, sein Gesicht verriet vollkommene Verblüffung.

„Stimmt! Das habe ich noch gar nicht richtig realisiert!“

Er starrte erst Hitomi an, dann wieder seine Füße und fing auf einmal an zu lachen. Laut und voller Energie.

„Es ist unglaublich! Ich habe eine Schwester! Und Allen Shezar ist mein Vater…“, jauchzte er in den Wind hinein.

Er löste sich von Hitomi und ging dann suchend am Ufer entlang.

„Was suchst du?“, fragte Hitomi sogleich und folgte ihm langsam.

Cheat grinste.

„Den schönsten Stein dieser Insel. Ich möchte ihn Alana schenken…“

Er bückte sich und hob mehrere in Frage kommende Kandidaten auf, warf ein paar in hohem Bogen in die Gischt und wog andere kritisch in seinen Händen ab.

„Als ich noch ein Kind war, hat mir meine Mutter oft einen schönen Stein aus Astoria mitgebracht… Auch wenn es nur ein Stein war, für mich war es der größte Schatz.“

„Das glaube ich…“

Hitomi lächelte und hob selbst auch einen der Kiesel auf. Er war strahlend weiß, etwa Daumengroß und hatte ein kleines Loch in der Mitte.

Sie rieb ihn mit dem Ärmel ihres Mantels trocken und hielt ihn gegen das Licht.

„Oh! Ein Meerauge!“, sagte Cheat, als er wieder näher kam und Hitomi’s Stein erblickte.

„Meerauge?“

Hitomi beäugte ihren Stein kritisch, so als würde ihr plötzlich ein mysteriöser Augenaufschlag entgegen klimpern.

Cheat klärte sie sogleich auf: „Es gibt da so eine Geschichte, die mir ebenfalls meine Mutter erzählt hat… Angeblich sind Steine mit einem Loch in der Mitte Tränen des Meeres selbst. Nur zu Stein geworden. Wenn man einen findet, bringt er demjenigen Glück und Schutz…“

Hitomi blickte fasziniert auf ihren kleinen Fund hinab.

„Davon kann ich wirklich etwas brauchen“, murmelte sie nachdenklich.

Ein Bild von Van flackerte durch ihre Gedanken und sie schob sich den Stein tief in ihre Manteltasche.
 


 


 

Sie liefen noch eine Weile am Strand herum, beobachteten die fleißigen Helfer aus ganz Gaia, die versuchten, den Ort des Grauens so gut wie möglich aufzuräumen.

Es herrschte ein ständiges Ein und Aus am Steg der schwarzen Perle. Offenbar wurden die brauchbaren Sachen wie Lebensmittel und Kleidung hinaus geschafft. Hitomi wusste auch, dass Dryden das Schiff untersuchen ließ und Dornfels’ Unterlagen angefordert hatte.

Sie würde ihm das nicht nehmen… Sollte er ruhig in Dornfels’ Aufzeichnungen forschen und alles für die Nachwelt festhalten. Vielleicht würde jemand eine Lehre daraus ziehen.

Ein paar andere Soldaten hievten gerade Allen’s stark lädierten Gymilef Sheherazade zurück an Deck der Crusardor, was nur mit Hilfe von vielen Seilen und vereinten Kräften möglich war.

Escaflowne war mittlerweile tief in den Sand gesunken. Hitomi wusste nicht, was mit dem Gymilef passieren würde und wollte auch gar keinen Gedanken daran verschwenden… Es stand nicht in ihrer Macht etwas zu tun.

Nur Van allein konnte den Drachen steuern, aber das war im Moment absolut nicht denkbar.

Sie wandte ihren Blick traurig von dem Gymilf ab, der schon zweimal in ihrem Leben viel zu tief in einen Krieg verwickelt war.

Am oberen Ende des Strandes sah sie ein paar Männer, die sich an die Zaibacher Pferde heranwagten, die verstört und geängstigt an die Felsenwand gedrängt waren.

Wenigstens sie waren heil davon gekommen. Zwar bestimmt mit einem riesigen Schock, aber dennoch lebendig…

„Vielleicht sollten wir uns langsam auf den Weg machen?“, schlug Cheat vor und nickte in Richtung des Felsenspaltes.

Hitomi hatte schon lange jegliches Zeitgefühl verloren, aber sie ahnte, dass der junge Fürst richtig lag.
 

Sie bahnten sich einen Weg durch die arbeitenden Helfer und ignorierten geflissentlich die lange Linie von Toten, die am oberen Rand des Strandes, dort wo der Sand feiner und weicher war, aufgebart waren.

Hitomi wollte Baijne nicht sehen. Nie wieder.

Sie schloss die Augen, schluckte und ging schnellen Schrittes an den Opfern vorbei, bis sie wieder festen Boden unter ihren Füßen spürte.

Dann ging sie voran, den schlammigen, aufgeweichten Pfad hinauf und trat schließlich in den schmalen Spalt ein, der schon beim ersten Mal nichts Gutes verheißen hatte.

Cheat fragte sie noch ein paar Dinge, die sie ihm knapp beantwortete. Die Episode der Opferung lag ihr ebenso schwer auf der Seele, wie Van’s gerupfte Flügel oder Baijne’s Hand an ihrem Oberschenkel…

Sie schauderte wieder und versuchte die Erinnerungen schnell abzuschütteln.

Aber sie konnte Cheat auch gut verstehen…

Wenn man selbst nicht alles miterlebt hatte, erschien es ziemlich unwirklich.

„Dornfels wollte also eine Art… Eigenen Planeten aus Gaia machen?“, fragte er, als sie in den breiten Felsenkessel kamen, der ein einziges Schlammloch war.

Hitomi würde oben auf dem Schiff wohl wieder ein frisches Kleid brauchen…

„So klingt es wohl am einfachsten…“, erwiderte sie.

„Er wollte seine eigene Welt erschaffen, nach den Regeln die er vom Mond der Illusionen kannte. Er wollte euch Fürsten und Könige ausrotten und was noch viel wichtiger ist: Er wollte Gaia für jeden zugänglich machen, solange er nur genug Geld dafür bekam. Denn das steckt meiner Meinung nach mal wieder hinter allem. Die Gier nach Reichtum…“

Hitomi wusste es nicht besser zu erklären. Vielleicht würde es sogar Dryden in ein paar Jahren besser können, nachdem er alle von Dornfels’ Notizen durchgeackert hatte…

Aber fest stand: Dornfels hätte Gaia seiner Seele beraubt und hätte trotz all seiner Zukunftsweisenden Reformen das Leben von Tausenden zerstört.

Sie hob den Saum ihres Kleides an so gut es ging, drohte aber alle zwei Schritte umzuknicken.

Der Schlamm war knöcheltief und ihre geschnürten Schuhe gingen nur ganz knapp über den Knöchel.

„So ein Dreck!“, fluchte sie, was Cheat ein glucksendes Lachen entlockte.

„Was machen wir jetzt?“, fragte er dann, als sie am Siegel angelangt waren und ihre Augen gegen das gleißend helle, aber wohltuend warme Licht abschirmten, welches nach wie vor aus der unsichtbaren Pforte im Fels strahlte.

„Warten… Lange kann Dryden ja nicht mehr brauchen…“

Cheat nickte und verlagerte sein Gewicht von einem Bein aufs Andere, weil er ansonsten wieder zu versinken drohte.

Sie hätten sich prinzipiell auch auf das Siegel stellen können, aber Hitomi war nicht wohl dabei. Auf diesem gold-gerankten Podest waren viel zu viele Menschen ermordet worden und dann auf unheimliche Weise verschwunden. Das Siegel hatte ihre sterblichen Überreste einfach verschlungen und nur das Blut zurück gelassen…
 

Hitomi’s Gedanken drifteten wieder ins Dunkel ab. Sie spürte richtig, wie sich der vergangene, grausame Tag wieder in ihr ganzes Denken drängen wollte…

„Cheat!“, sagte sie dann laut.

„Erzähl mir irgendetwas!“

Cheat musterte sie kurz, abschätzend - und schien zu verstehen. Er erzählte ihr etwas, nur um sie von ihren düsteren Gedanken abzulenken.

Er erinnerte sich an die vergangenen Jahre, die Hitomi verpasst hatte, erzählte ihr davon, wie er seinen Frau kennen gelernt hatte und von den Verhältnissen in Fraid.

Van erwähnte er mit keinem Wort.

Hitomi lauschte andächtig, nickte ab und zu oder gab einen zustimmenden Laut von sich.

Auch wenn Cheat es wirklich schaffte sie abzulenken, es wurde Zeit, dass Dryden wieder auftauchte. Sie fing an zu frieren, was in dem tiefen Felsenloch kein Wunder war.

„Dryden, verdammt…“, murmelte sie in ihren Mantelkragen und steckte ihre Hände noch tiefer in die Taschen.

Es kam ihr vor als warteten sie schon Stunden… Wenn sie ihren Blick nach oben wandte, konnte sie auch sehen, dass der Tag sich langsam verabschiedete… Der Himmel wurde dunkler, die Sonne zog sich langsam zurück und hinterließ ein paar Streifen von violett und orange.

Wäre das atlantische Licht nicht gewesen, im Felsenkessel wäre es sicherlich schon stockdunkel.

Hitomi überlegte, dass sie wohl lieber auf dem Schiff bleiben und Dryden ein bisschen mehr hätte vertrauen sollen, als sich endlich etwas tat: Das Licht flackerte und spuckte im nächsten Moment ein paar keuchende Männer aus. Ihr Anführer Dryden machte das Schlusslicht.

Hitomi trat zurück, um die schwer beladenen Männer vorbei zu lassen. Jeweils zwei von ihnen trugen die Leichen von Binnjae, Kagou und drei Zaibacher Soldaten an Schultern und Füßen. Andere hatten sich Bruchstücke eines glitzernden, funkelnden Gesteins auf den Rücken gehievt. Dryden hatte tatsächlich Wort gehalten und das Siegel zerstört…
 

Er trat auf Hitomi zu und überreichte ihr mit einem matten Lächeln Van’s Katana.

„Du solltest es seinem Besitzer zurück geben…“, sagte er und drückte es ihr in die Arme. Hitomi nickte und presste das Schwert an ihre Brust.

Dryden wandte sich wieder ab und winkte zwei große, breitschultrige Hünen zu sich, die mit mächtigen Äxten bewaffnet waren.

„Ich brauche eure Dienste noch einmal… Alle anderen gehen voraus zum Strand… Bringt die Bruchstücke an Bord und die Toten zu den anderen“, ordnete er an.

Die Männer stapften nickend durch den tiefen Schlamm davon und verschwanden im Felsenspalt. Ihr Befehlshaber wandte sich wieder Hitomi zu und blickte versonnen auf einen fernen Punkt hinter ihr.

„Ich kann nicht leugnen, Hitomi, dass mich dieser Ort tief beeindruckt…“, wisperte er, erst dann sah er sie richtig an. „Aber ich verstehe was du fühlst und ich respektiere deinen Wunsch, den Eingang zu verschließen.“

Er sagte es traurig, mit einem Funken Widerwillen, wie sie es von ihm gewohnt war. Aber Hitomi hatte nicht vor, seinem flehenden Blick nach zu geben.

„Dryden. Im Prinzip ist dieser Ort jetzt keine Gefahr mehr… Das Siegel ist zerstört, du könntest den Eingang offen lassen und für den Rest deines Lebens durch diese Stadt wandeln um sie zu erforschen…“, sagte sie geschäftsmäßig.

„Aber das ist es nicht wert. Es hatte schon seinen Sinn, dass das atlantische Volk untergegangen ist, so süchtig wie sie nach der Macht über einfach alles waren… Das Schicksal, die Zeit… Das konnte nicht gut gehen! Atlantika ist der letzte Rest von ihrer Herrschaft und sollte wieder verschlossen werden. Für die Menschen die sterben mussten und um die Vergangenheit abzuhacken.“

Sie fixierte Dryden’s grün-braune Augen düster und versuchte ihn mit jeder Faser ihres Körpers zu beschwören.

„Bitte Dryden… Beende es.“
 

Dryden’s Gesichtsausdruck wandelte sich innerhalb von Sekunden von gequält zu verärgert und dann zu resignierendem Verständnis.

„Du hast wie immer Recht, Hitomi… Meine Abenteuerer-Seele wollte mich mal wieder verblenden…“, sagte er leise.

Er nickte wie zu sich selbst und deutete seinen beiden Axtschwingern mit einem Handwink näher zu treten.

„Macht es wie zuvor.“

Er trat zurück, zog Hitomi und Cheat mit sich und sie beobachteten die beiden Hünen dabei, wie sie fast zärtlich ihre Äxte hoben. Die Klingen sausten mit einem tiefen Summen hinunter, und sobald sie auf die goldenen Linien im Siegel trafen, verlosch das atlantische Licht mit einem Schlag.

Hoffentlich für den Rest von Hitomi’s Leben…
 


 


 


 

Sie ließen den Felsenkessel hinter sich.

Der Siegel Abdruck war in 4 Teile gespalten und absolut nicht mehr zu gebrauchen. Die goldenen Muster im Fels würden wohl über die Jahre verblassen und die Siegelteile würden, so hoffte Hitomi, nach dem nächsten Sturm im Schlamm versinken…
 

Als sie wieder aus dem Felsen hinaus traten, dämmerte es bereits und die Sonne war dabei, sich gänzlich in den Ozean zu stürzen. Allerdings mit dem herrlichsten und schönsten Abendrot, das Hitomi jemals gesehen hatte!

Der Himmel war in fast jeder Farbe schattiert… Dunkelblau, violett, grünlich, gelb, orange und rot. Der atlantische Himmel schien dagegen eine aufdringliche, rumorende Alternative zu sein.

„Ich finde, dass wir es in der wirklichen Welt nicht besser haben könnten…“, sagte Hitomi andächtig und blickte in die Ferne hinaus.

„Hmhm…“, stimmte Cheat ihr zu und verharrte ebenfalls für einen kurzen Moment, um dem wunderschönen Naturschauspiel bei zu wohnen.

Dryden schaute ebenfalls in ihre Richtung, wurde aber dann von einem seiner Helfer angesprochen.

„Herr Dryden… Wir wären soweit…“

Dryden nickte und winkte Cheat und Hitomi mit sich.

„Es gibt noch etwas zu tun, bevor dieser Tag vorbei ist…“

Hitomi zuckte bei seinen Worten fast ein wenig zusammen. Natürlich… Die Bestattung. Die letzte Aufgabe für Heute.

Sie kamen an die lange Linie von Toten, die nebeneinander lagen, die Augen geschlossen, die Hände auf der Brust verschränkt. Jetzt wusste Hitomi auch, wofür die Helfer all die Kleider und Stoffe aus der schwarzen Perle geschafft hatten…

Der große Teil der Opfer war damit bedeckt, ein letzter Dienst für ihre tapferen Seelen. Dieses Privileg war aber nicht allen vergönnt: Am äußeren Rand der Linie lag das gesamte Volk des flüsterndes Windes, alle bis auf Brisaeye.

Von ihnen hatte keiner eine Stoffbedeckung abbekommen.

Hitomi wollte nicht hinsehen, aber sie hatte Baijne schon längst erspäht. Er lag in der Mitte seines Volkes und wirkte nicht einmal im Tod friedlich.

Sein Gesicht war seltsam verklemmt und das Blut, das fast seine gesamte Kleidung durchtränkt hatte, verlieh ihm die passende Grausamkeit.

Er war auch jetzt nicht schön anzusehen und Hitomi wandte ihren Blick voller Ekel ab. Es war unvermeidlich, dass ihr wieder Bilder von seinen Berührungen, seinem lüsternen Gesicht durch die Gedanken zuckten.

Mit geschlossenen Augen presste sie Van’s Schwert stärker an ihre Brust und wartete darauf, dass der Moment vorüber ging.

Das Übelkeitsgefühl ebbte langsam wieder ab und sie wagte es, die Augen wieder zu öffnen.

Mittlerweile hatten sich einige Fackelträger versammelt und postierten sich vor den Gefallenen.

„Fangt an“, ordnete Dryden an.

Die Fackelträger traten vor und kippten wohl so etwas wie hochprozentigen Alkohol über die Tücher und Körper, um sie dann anschließend anzuzünden.

Sofort griffen die Flammen über, breiteten sich über die gesamte Fläche auf und schossen lodernd in den Abendhimmel.
 

Dryden begann dann zu sprechen, sein Blick war wieder auf keinen bestimmten Punkt gerichtet, lag in der Ferne: „Feuer. Es nimmt alles mit sich und lässt nichts zurück. Wir in Gaia glauben, dass es eine reinigende Wirkung hat und die Seele der Menschen sofort ins Jenseits trägt…“

Hitomi spürte, wie sich Gänsehaut auf ihren Armen ausbreitete.

Dryden’s Worte waren wahr und doch so beklemmend.

„Das glauben wir in meinem Land auch…“, stimmte Hitomi zu und blickte in die Flammen, die jetzt die gesamte Opferlinie ergriffen hatten, sogar Baijne.

Sie wusste nicht, was mit seiner Seele passieren würde, so schwarz wie sie gewesen war. Aber es war wohl das Beste, wenn auch sie schnellstmöglich weiter getragen wurde…

Eine solche Seele sollte nicht unter den Lebenden verweilen.
 

„Mögen sie in Frieden ruhen!“, verkündete Dryden dann für alle Anwesenden.

Hitomi aber blickte über das Feuer hinweg und beobachtete die blutrote Sonne dabei, wie sie jetzt vollständig im Ozean versank.

Der wohl schlimmste Tag in ihrem Leben war vorüber.

Das Feuer nahm den letzten Rest davon mit sich.
 


 

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Nachwort:

Entschuldigt, dass auch in diesem Kapitel noch nichts zu Van's Zustand gesagt wird. aber ich fand es wichtig, dieses Gespräch mit Cheat zu führen und die Opfer ordentlich zu bestatten.

ich hoffe es hat euch gefallen und man konnte alles nachvollziehen.

mir fiel es ein wenig schwer, Hitomi's Gefühle richtig darzustellen. ich bin selber leicht verwirrt, wegen all dem, was passiert ist... und dann diese ungewissheit... ^^

aber lest selbst, im nächsten und letzten Kapitel von dieser Geschichte: "Für immer"
 

bis dahin, schöne grüße
 

Chiyo-san
 

Musik zu diesem Kap: the editors



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Kommentare zu diesem Kapitel (7)

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Von: abgemeldet
2008-09-27T14:47:13+00:00 27.09.2008 16:47
Ist ein schönes Kap.
Das mit Van ist zwar wichtig, hätte in diesem Kap aber auch nicht viel verloren gehabt, also alles halb so wild.
Auf den nächsten Kommi fürs letzte Kap. musst du leider noch ein wenig warten.
Alles liebe
Von: abgemeldet
2008-09-25T15:48:11+00:00 25.09.2008 17:48
einfach nur klasse kappi.
ich finds toll, dass die opfer eine entsprechende bestattung bekamen..
das letzte, was man für sie hätte tun können.
dryden war das beste. er stellt seine neugierde an zweite stelle.
drydens letzten worte waren sehr schön.
bin mal gespannt, was mit van ist. bitte sag, dass es ihm gut geht..
aber irgendwie hört sich "für immer" teilweise negativ an..
mach weiter soo
lg, yesilli
Von:  Yuki_Salvatore
2008-09-25T12:13:32+00:00 25.09.2008 14:13
mal wieder ein supi kapi muss ich sagen ^^
und ich finde hitomis gefühle haste gut rüber gebracht also ich konnte es auf jeden fall spüren ^^
gut das dieser ort nun versiegelt is...es sind immerhin schreckliche sachen dort passiert und hitomi hat recht mit dem was sie sagte.

hmm jetzt neigt sich diese ff wohl wirklich dem ende zu v.v echt schade denn es hat mir sehr viel spaß gemacht ^^
aba nun gut ein kapi bleibt ja noch und darauf freu ich mich ^^

greetz BlackGaara
Von:  AvalonsHexe
2008-09-24T19:17:46+00:00 24.09.2008 21:17
WOOOOOAAAAAAAHHHHHH ... Hammer Hammer Hammer ... wie immer ... ich kann es nicht glauben dass es nur noch ein kappi geben soll *schnief* das kannst du doch nicht machen *heul* das geht nicht ...

schreib weiter so dein schreibstil ist der hammer ... warte schon sehnsüchtig auf das ende von der ff ... hoffentlich gehts van bald besser ... *sehnsüchtig auf ein happy end hoff*

LG Wichti
Von:  Heartless_Wolf
2008-09-24T17:57:21+00:00 24.09.2008 19:57
AAAAAAAH
nur noch ein kapitel dann
muss ich wieder abschied von van und hitomi nehmen
;O; woah ich liebe deinen schreibstil und
alles an der story oo und du machst es echt
spannend um van! x.x ich kann es kaum abwarten
;) thiihii ich freu mich schon aufs letzte kapitel


lg wolfü
Von: abgemeldet
2008-09-24T16:41:56+00:00 24.09.2008 18:41
Du hast mal wieder ein super Kapitel abgeliefert, es war klasse geschrieben. Besonders gut hat mir Hitomis Gespräch mit Cheat gefallen. Ich finde es schön das du alle Charaktere so gleichmäßig mit einbeziehst. Und das Dryden sein Forscherherz hinterm Berg gehalten hat und Wort gehalten hat, war von ihm wirklich eine große Geste.
Und dennoch hatte ich so gehofft endlich etwas von zu hören, aber eigentlich finde ich klingt der Titel vom letzten Kapitel (*aaaaaahhhhh - letztes Kapitel....Alarm* ) sehr positiv und ich bin sehr gespannt wie es weiter geht.
Ich denke in diesem Kapitel bekommen unsere Lieblinge noch einmal deine ungeteilte Aufmerksamkeit...!
Freu mich schon

Liebe Grüße

Nicki
Von: abgemeldet
2008-09-24T14:16:33+00:00 24.09.2008 16:16
Wow!!!

Echt super dieses Kapitel! Und das Gespräch zwischen Hitomi und Cheat war einfach nur super! Du hast Cheat´s Gefühle super rüber gebracht!!

Dryden hat Wort gehalten! Und die Bestattung hast du super beschrieben und die letzten Worte von Dryden waren echt super!

Trotzdem möchte ich wissen wie es Van geht und der Titel des letzten Kapitels "Für Immer", kann man das positiv sehen??

Ich bin gespannt auf das große Finale!

Lg RanMori


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