Mitwisser
7.Mitwisser
Ich weiß nicht mehr wie lange wir dort noch saßen. Ich hatte Sara in den Arm
genommen. Alle trösteten sich gegenseitig. Ich hasste mich dafür, dass ich
damit angefangen hatte... Jeder hatte seine Leichen im Keller. Manche
konnten was dafür, andere nicht. Die Turmuhr schlug 4. Saßen wir wirklich
schon 3 Stunden hier? Ich merkte, wie Sara sich gegen mich lehnte. Sie war
eingeschlafen. Der arme kleine Engel...Wie konnte man so ein liebenswertes
Wesen nur hassen? Es war mir ein Rätsel.
Yui gähnte. "Es ist besser, wenn wir jetzt gehen, sonst kommen wir ja
morgen früh gar nicht mehr aus dem Bett. Zum Glück ist heute Sonntag."
Sanji erhob sich torkelnd. Der Whisky steckte ihm ziemlich in den Beinen.
Auch die anderen machten sich daran zu gehen. Shin sammelte die Reste ein,
während ich Sara zum Haus trug. Ich wollte sie nicht wecken und außerdem
wollte ich nicht mit Shin allein sein...
Ich hatte keine Ahnung wie ich es geschafft hatte Sara durch das Fenster und
dann noch die Treppen rauf zu tragen... Nun lag ich neben meinem Bett und
hatte Kopfschmerzen. Nein, nicht von dem Alkohol, sondern weil ich im Schlaf
aus dem Bett gefallen war. Und zwar mit dem Kopf zuerst!
Mich aufrappelnd und mir den Kopf haltend, suchte ich die Uhr. Schock!!! Es
war bereits um 9! Normalerweise war 8.30 Uhr immer Frühstück. Wenn ich
wenigstens noch ein Brötchen haben wollte, musste ich mich beeilen! Warum,
zum Geier, hatte mich niemand geweckt??? In Rekordzeit zog ich meine Sachen
an und sprintete aus dem Zimmer. Auf dem Flur rauschte ich mit jemanden
zusammen, so dass wir beide umfielen. Autsch! Schon wieder auf die selbe
Stelle! "Gomen, Sakura-chan!" Ich blickte auf und sah in zwei
olivgrüne Augen. Mist! Warum musste der erste Mensch, dem ich nach dieser
Nacht begegnete ausgerechnet Shin sein?
"Geht schon! Ich hab einfach nicht aufgepasst." 'Schau ihm ja
nicht in die Augen! ' Ich spürte wie ich rot wurde. Die Erinnerungen kamen
langsam wieder...wir hatten uns geküsst. Mir fiel wieder ein, dass ich
Sorata heute erwürgen wollte. Schließlich hatte er das alles angezettelt!
Er half mir auf und wir gingen schweigend hinunter zum Speiseraum. Ich
getraute mir einen kleinen Seitenblick - Shin war genauso rot wie ich.
Vielleicht sollte ich... "Shin? Machst du dir etwa Gedanken wegen
letzter Nacht?" An dem erschrockenen Gesichtsausdruck erkannte ich,
dass auch er darüber nachdachte. "Da hast du wirklich keinen Grund zu!
Es war doch nur ein Spiel, nichts weiter!" Ich versuchte stark zu
lächeln. Irgendwie gelang es mir auch. Er nickte. Alles wieder in Ordnung!
Ich atmete tief durch.
Im Speiseraum angekommen, mussten wir uns das Lachen gehörig verkneifen. Da
saßen Tomo, Sorata und Yui und neben ihnen stand Frau Mizuka und schaute
wütend immer wieder auf die Uhr. Die 3 schienen eher tot als lebendig zu
sein. Bei jedem lauten Geräusch zuckten sie mit schmerzverzerrten Gesichtern
zusammen. "Jaja, so ein Kater ist was Schönes!" flüsterte Shin
neben mir. Von Sara, Sanji und Miko war noch nichts zu sehen. Die anderen
Kinder spielten an den Tischen und veranstalteten, zu Tomos, Soratas und
Yuis Leid, einen unglaublichen Lärm. Plötzlich bemerkte uns die Mizuka. Mit
wütendem Blick kam sie auf uns zu gerauscht.
"Was in Gottes Namen habt ihr gestern Nacht gemacht? Los, sagt schon!
Eure Freunde kann ich schlecht fragen, die bringen keinen Ton raus!!!"
"Wir? Wir haben doch nichts angestellt! Oder fällt dir was ein,
Shin?" "Nö! Also ich hab ganz friedlich geschlafen. Aber
vielleicht haben die anderen die Limonade von gestern nicht vertragen. Die
haben Sakura und ich nicht getrunken, weil die so komisch roch."
"Genau! Ich glaub, die war nicht mehr gut." "Ich krieg
noch raus, wo ihr heute Nacht wart!" "Aber Frau Mizuka! Wir
würden doch nie nach 18 Uhr das Gelände verlassen." Mit diesen Worten
ließen wir sie stehen und gingen frühstücken.
Um 11 erschienen dann auch die anderen 3 auf dem Hof. Da saßen wir 8 nun
zusammen und einige hielten sich immer noch den Kopf. "Soll die Mizuka
doch denken, was sie will! Ich sag ihr nichts." Sanji hatte schlechte
Laune, weil die Mizuka versucht hatte ihn auszuquetschen.
"Leute, das von heute Nacht sollte unter uns bleiben. Die Lehrer und
die Kleinen müssen ja nicht alles wissen." Ein einstimmiges Nicken war
die Antwort. Ein stilles Versprechen die Geheimnisse der anderen nicht
weiterzuerzählen. Wir waren alle angetrunken gewesen und jeder hatte mehr
gesagt als er je vorhatte zu sagen.
Mein Blick fiel auf Sara. Der kleine Engel brauchte keine Angst haben.
Solange sie hier war, würde ihr nichts passieren. Dafür würde ich sorgen!
Jetzt verstand ich, warum sie so abweisend gewesen war, als Morida
ausposaunt hatte, weswegen ich im Heim war.
Plötzlich lächelte sie mich an. Wir verstanden uns schon...sie brauchte
keine Angst vor mir zu haben, denn ich wäre der letzte Mensch auf Erden, der
ihr wehtun würde!