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Spliss

Yaoi - Original (Fortsetzung zu "Haarspaltereien")
von

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Home, sweet Home

Mainz, 23.01.2011

Guter Vorsatz für das neue Jahr (oder generell für alle noch folgenden Jahre ;) ist ja wieder mehr zu schreiben und mich auch um meine alten Geschichten mal wieder zu kümmern. Deshalb mache ich mich jetzt auch mal wieder an Spliss und werde hier nach und nach die überarbeiteten ersten 3 Kapitel und die noch folgenden, neuen Kapitel posten.
 

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Titel: Spliss

Teil: 1/?

Autor: Esther (esda)

eMail: natsu_esda@web.de

URL: http://www.natsu.de.vu/

Genre: reale Welt

Bewertung: --

Warnungen: Yaoi, rheinhessischer Dialekt

Claimer: alles mir ^^

Inhalt: Das ist die Fortsetzung von "Haarspaltereien", an die "Spliss" nahtlos ansetzt. Lest, wie es mit Mark und Richard weitergeht oder auch nicht weitergeht *eg*

Kommentar: Begriffserklärungen hab ich diesmal ohne Fußnoten ans Ende angehängt. Die Fußnoten, die noch im Text sind, sind andere (nervende XD) Kommentare von mir.

Feedback: immer her damit ^^
 

Ein herzliches Dankeschön an Chess und Joneleth fürs Beta! *drück*
 

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Spliss
 

Kapitel 1: Home, sweet Home
 

Die Zugfahrt über hatte Mark geschlafen. Als der ICE gegen zehn Uhr abends endlich den Hauptbahnhof in Mainz erreichte, sprang er, die Reisetasche über die Schulter gelegt, geradezu erleichtert heraus.

Sabine guckte irgendwie müde aus der Wäsche und gähnte, während sie einen ihrer Koffer mit letzter Kraft aus dem Zug manövrierte.

Richard hatte wieder kommentarlos ihr zweites Bleigeschoss herausgehievt, während er zusätzlich seine eigene Tasche in der linken Hand schwenkte.

Ungeduldig wippte Mark mit dem Fuß, als er an der Rolltreppe auf die beiden wartete. Er wollte endlich nach Hause, in sein Bett – und zwar alleine! Denn sonst würde er wohl kaum zum Schlafen kommen...

Genervt starrte er auf seine Armbanduhr. Ihre Eltern mussten schon da sein. Sie sollten lieber zusehen, dass sie zum Parkplatz kamen. Lange konnten die dort ja nicht stehenbleiben. [1]

Er grinste schadenfroh beim Gedanken daran, dass Bine die ganze Zeit über nicht mit ihm gesprochen hatte. Hey! Der bisher ungeschlagene Rekord lag bei drei Tagen; vielleicht musste er ihre Stimme dieses Mal noch länger nicht ertragen?! Seine Ohren würden es ihr danken!

In hoffnungsvoller Erwartung musste er sich wirklich beherrschen nicht laut "Ein schööööner Tag" zu singen. Schließlich war es nur die Angst davor, von wütenden Passanten gelyncht oder den Bahnbutzen einkassiert zu werden, die ihn davon abhielt.

Mark überraschte es kein bisschen, dass zuerst Richard in seinem Blickfeld auftauchte und erst sehr viel später sein von ihm heiß und innig geliebtes Schwesterherz. Sie schien nicht nur ziemlich beleidigt sondern auch ziemlich fertig zu sein. Noch kaputter als er – und das, wo er sich an dem Tag doch um so vieles mehr verausgabt hatte! Wieder konnte er ein Grinsen nicht unterdrücken.

"Los, Bine!", hetzte er sie. "Die warten bestimmt schon. Außerdem will ich heim!"

Hellblaue Augen blitzten auf, funkelten ihn bitterböse an.

Natürlich war sie sauer – aber nicht wegen dem Kommentar eben. [2]

Tatsächlich konnten sie ihre Eltern schon ungeduldig auf dem Parkplatz warten sehen, nachdem sie es geschafft hatten, die Straße zu überqueren, ohne dabei von Bussen oder Straßenbahnen niedergestreckt zu werden, was wirklich gar nicht so leicht gewesen war! [3] Natürlich, dass ihre Alten mal wieder alle beide gekommen waren. Ihr Vater hatte nämlich nie Lust alleine zu fahren und seine Frau ließ er um die Uhrzeit nicht alleine fahren. Von wegen weil es so gefährlich wäre im Dunkeln zu fahren.

Als die beiden aus dem roten Ford Focus stiegen und ihrem Nachwuchs entgegenkamen, um sie vom Gepäck zu entlasten, grinste Mark fies, zog die Baseballkappe vom Kopf und schüttelte die offenen Haare aus.

Seine Mutter sah ihn skeptisch an, sagte aber nichts - wohl weil Richard noch dabei war, der irgendwie hilflos lächelte. Sie machte damit Marks Hoffnung auf einen entsetzten Aufstand fast gänzlich zunichte – aber ihr Gesichtsausdruck alleine war ja auch schon was wert.

Allerdings zog sie dann die Augenbrauen dichter zusammen und forderte dann ernst, in typisch mütterlichem Ton: "Zieh doch die Sonnenbrille ab. Es ist doch dunkel, du machst dir ja die Augen kaputt!"

Marks Grinsen verschwand aus seinem Gesicht und er zog zögerlich, nach einem entschuldigenden Blick zu Richard, der ihm allerdings auch zustimmend zunickte, die dunklen Gläser von der Nase.

Die Reaktion war genau die, die er erwartet hatte und obwohl er seine Mutter gerne mal schockte, war die Bestürzung, die er nun in ihren Zügen lesen konnte, nicht in seinem Sinne.

"Was ist denn nur mit deinem Gesicht passiert?!"

Richard trat hastig auf sie zu und hob beruhigend die Hände. "Es tut mir leid. Das ist meine Schuld. Ich..."

"Ach, mach dir keine Gedanken, Mama." Mark lächelte sie herzerweichend an, während er im Hintergrund den überraschten Blick seines Vaters registrierte. "Ich hab nur... na ja... das Haarfärbemittel nicht vertragen." Zur Verdeutlichung hielt er ein paar dunkle Strähnen hoch. "Ist in ein paar Tagen bestimmt wieder weg. Nicht der Rede wert." Er zuckte gleichgültig mit den Schultern und lächelte immer noch, als sei nichts dabei. Und dem war Marks Ansicht nach auch wirklich so. Schließlich musste er sein eigenes Gesicht ja nicht ständig sehen – nur andere Leute.

Sein Vater sah ihn kopfschüttelnd an. "Das kommt davon, wenn man sich die Haare färbt!", belehrte er weise. Er selbst stand ja zu den silbernen Strähnen, die so langsam sein Haupt schmückten und konnte überhaupt nicht verstehen, warum die jungen Leute sich solches Zeugs in die Haare schmieren mussten.

/Nein./, korrigierte ihn Mark in Gedanken. /Das kommt davon, wenn man sich von *Richard* die Haare färben lässt!/ Eins stand fest, an *seine* Haare würde dieser Typ jedenfalls nicht mehr rankommen.

Richard seufzte lautlos und faltete sich immer mehr zusammen. "Entschuldigung", murmelte er nochmals, kleinlaut.

Frau Berger winkte ab. "Ach... Sie können doch nichts dafür, dass er so empfindlich ist!"

Der Friseur musste schmunzeln. Genau dasselbe hatte Mark auch gesagt!

Nachdem sie das Gepäck verladen hatten, sah Mark Richard fragend an. "Wie kommst du jetzt eigentlich nach Hause?"

Richard lächelte sanft und deutete zum Bahnhof.

"Sag mal, bist du gestört?!", fuhr Mark ihn wütend an. "Du wohnst im selben Ort und willst allen Ernstes mit dem *Zug* heimfahren, wo hier doch noch ein Platz frei ist?!"

Bevor Richard auch nur den Mund zum Protest öffnen konnte, hatte Mark ihm schon die Reisetasche aus der Hand gerissen, im Kofferraum verstaut und diesen zugeknallt. So blieb Richard gar nichts anderes übrig als ins Auto der Bergers zu steigen und Mark wie gewohnt auf der Rückbank zwischen sich und Sabine einzuquetschen.

Mark wusste ganz genau, dass Sabine sich durch die bloße Anwesenheit von Richard und ihm gemeinsam, so dicht nebeneinander, um einiges unwohler fühlte, was ihn sich sogleich ungleich wohler fühlen ließ.

Richard hätte Mark für diesen niedlichen Pseudo-Wutausbruch in dem Moment gerne umarmt, wusste aber nur zu gut, dass dies einem Selbstmord glich. Sabine guckte schon die ganze Zeit so böse, Mark hatte es bestimmt nicht gerne, wenn Richard das vor seiner Familie tat und wer garantierte ihm eigentlich, dass dessen Vater nicht den gleichen Hang zu Gewalttätigkeiten wie Mark hatte..?! Man konnte jedenfalls nie sicher sein...

"Danke", brachte er deshalb nur leise und beherrscht hervor, während sich alle Beteiligten anschnallten und Frau Berger den Wagen aus der Parklücke manövrierte.

"Geht das auch wirklich in Ordnung, wenn ich mitfahre?", vergewisserte er sich noch mal schüchtern.

Marks Mutter lachte. "Sie sind mir gut! Bezahlen meinen beiden Kindern einen Aufenthalt in Berlin..."

"Im Vier-Sterne-Hotel!", ergänzte Mark strunzend.

"WAS? Vier Sterne?!! Sind Sie wahnsinnig?!", verlor sie den Faden und schüttelte den Kopf.

"Dann erst recht!" Damit lenkte sie den Wagen zurück auf die Straße.

Während der Fahrt herrschte einträchtiges Schweigen. Frau Berger fragte zwar ein paar Mal nach, wie es denn so gewesen sei, aber die Antworten fielen immer derart einsilbig aus, dass sie es schließlich aufgab und die Wortkargheit ihrer Kinder auf deren Müdigkeit schob.

Mark hätte auch wirklich gerne die Augen geschlossen und wieder eines seiner heißgeliebten Nickerchen gehalten. Allerdings war ihm die Gefahr, dass er sich dabei an Richard kuschelte oder vielleicht sogar im Schlaf zu reden begann zu groß, so dass er sich unter größter physischer und psychischer Anstrengung wach hielt.

Bine hingegen schien wirklich ein wenig zu schlafen. Den Kopf an die Nackenlehne gebettet, hörte man von ihrer Seite nur gleichmäßige Atemzüge und ein leises Schnarchen, das Mark grinsen ließ. /Hoffentlich hat sie schöne Alpträume!/

Die größte Mühe sich zusammenzureißen hatte jedoch Richard. Neben Mark zu sitzen, mit ihm zusammenzusein und ihn doch nicht in die Arme schließen zu dürfen, glich für ihn seelischer Grausamkeit. Irgendwie konnte er es dann auch überhaupt gar nicht verhindern, dass sich seine rechte Hand auf den linken Oberschenkel seines Geliebten schlich und diesen vorsichtig zu streicheln begann.

Und Mark reagierte darauf...

Auf eine Weise, die Richard wehtat.

Zuerst verkrampfte er sich, was Richard an den angespannten Gesichtszügen sehen konnte, dann streifte er mit einer eher beiläufigen Bewegung gar Richards Hand von seinem Knie.

In Richard zog sich alles zusammen. Er fühlte sich durch diese Geste wie von einem Dolch durchbohrt, den ihm Mark lachend mitten ins Herz rammte und dann genüsslich mehrfach darin herumdrehte.

Jetzt, wo er zum ersten Mal genauer darüber nachdachte und die Welt nicht mehr durch die rosarote Brille eines schwulen Verliebten zu sehen versuchte, wurde ihm bewusst, dass Mark ihm nie besonders viel Zuneigung entgegengebracht hatte. Mal abgesehen von ihrem Erlebnis im Hotelbett, war dieser ihm gegenüber nahezu durchweg mürrisch gewesen und nicht gerade das, was man als zärtlich und liebevoll bezeichnen würde. Allein die Vorstellung, dass dies das Einzige bleiben sollte, was sie je geteilt hatten, es keine Beziehung geben würde, drehte ihm den Magen herum – und plötzlich bereute er es, nicht doch mit dem Zug gefahren zu sein.

Andererseits... hatte doch gerade diese miesepetrige Art Marks immer ihren besonderen Reiz auf ihn ausgeübt. Und hatte dieser Pseudo-Macho ihn nicht oft genug angelächelt und war eher gegenüber anderen grob gewesen?!

Er seufzte leise und schüttelte innerlich den Kopf. Vielleicht interpretierte er auch einfach zu viel in diese eine Handbewegung, aber es schien ihm doch schon so, dass Mark sich nicht sonderlich gerne von ihm berühren ließ...

Bei all diesen tiefsinnigen Überlegungen und Erwägungen, die doch zu nichts weiter führten – höchstens zu unschönen Falten auf seiner attraktiven Stirn –, bemerkte Richard erst gar nicht, wie sich eine Hand zögerlich auf seine legte. Erst, als die fremden Finger begannen sich mit seinen zu verflechten, schreckte er aus seinen Grübeleien auf und schielte vorsichtig zu Mark herüber. Dessen Miene war versteinert wie zuvor, mit dem Blick durch die Frontscheibe in die Ferne gerichtet, und ließ keinerlei Gefühlsregung erkennen.

Richard konnte sein Herz schneller schlagen spüren. /Scheiße, warum bist du nur so? Warum tust du nur sowas?/

Dieser Junge schaffte es wirklich ihn in erstaunlich kurzer Zeit die ganze Palette möglicher Gefühlsregungen am eigenen Leib spüren zu lassen.

In diesem Moment fühlte er sich jedenfalls gänzlich durch den Ansturm einer Mischung aus Verwirrung, Zuversicht, Sorge und Glückseligkeit überrumpelt. Er hoffte, dass er sich einfach nur zu viele Gedanken machte und seine Zweifel gänzlich grundlos waren.

Nur mit größter Mühe gelang es ihm sich so weit zusammenzureißen, nicht durch die Freude über diese kleine Berührung, diesem winzigen Hinweis auf Marks mögliche Zuneigung zu ihm, wie ein dämliches Honigkuchenpferd zu grinsen und gleichzeitig vor lauter Rührung zu heulen.

Die restlichen zwanzig Minuten Fahrt vergingen für Richards Geschmack viel zu schnell. Gerne hätte er noch ein bisschen länger mit Mark Händchen gehalten. Doch in dem Moment, in dem Frau Berger im Rückspiegel zu ihnen nach hinten sah und Richard fragte, wo sie ihn denn abladen solle, zog sich Marks Hand fast ruckartig zurück. Auch wenn sie ihre auf dem Sitz liegenden, miteinander verschlungenen Hände unmöglich hatte sehen können, war das Mark wohl zu riskant gewesen.

Richard suchte im Spiegel den Blickkontakt zu Marks Mutter und lächelte ihr sanft entgegen. "In der Breiten Straße, bitte."

Mark drehte sich zum ersten Mal, seit sie in den Wagen gestiegen waren, zu ihm herum und sah ihn fragend an. Dann stellte er trocken fest: "Da hast du es aber nicht weit zur Arbeit...!"

"Nein, ich wohne über dem Salon." Richard konnte sich ein breites Grinsen nicht verkneifen. "Da muss ich eh noch nach dem Rechten sehen...", meinte er dann nachdenklich, mehr an sich selbst gerichtet. Er konnte nur hoffen, dass seine Angestellten ihm in den vier Tagen nicht alles zerlegt hatten. Und auch wenn er wusste, dass seine Leute zuverlässig waren und er sich ganz bestimmt viel zu viele Sorgen machte, würde er nicht eher ruhig schlafen können, bevor er sich nicht vergewissert hatte, dass alles beim Rechten war.

"Augenblick mal, was meinst du damit?"

Mark dummes Gesicht war Gold wert – und so unglaublich süß! Man konnte beinahe sehen, wie sich die kleinen Rädchen hinter seiner Stirn bewegten und sein nach Schlaf verlangendes Hirn Schwerstarbeit leisten musste. Besonders schön war auch der Wechsel der Mimik von Verwirrung zu langsam dämmernder Erkenntnis anzusehen.

"Dir *gehört* das Beautiful Hair?!!"

Richard lachte warm. "Das will ich doch hoffen, Kleiner, schließlich musste ich einen nicht unerheblichen Kredit aufnehmen, um die Räume zu kaufen."

/Oh, klar, wie doof bin ich eigentlich?! Kein Wunder, dass der Kerl so gut bei Kasse ist, wenn der nicht nur irgendein Friseur ist sondern gleich der Chef vom Laden höchstpersönlich!!/

Leise grummelte er ein missmutiges "Nenn mich nicht 'Kleiner', Friseur!", was alle Anwesenden – ausgenommen Sabine – zum Lachen brachte.

Während Mark damit beschäftigt war den Schock zu verdauen, erreichten sie auch schon die Breite Straße und seine Mutter brachte den Wagen zum Stehen.

Als Richard bereits ausgestiegen war, haderte Mark noch eine ganze Weile mit sich, verließ aber dann auch das Auto und öffnete den Kofferraum.

Er reichte Richard seine Reisetasche und sah ihn dabei ein wenig traurig an. Er wusste nicht so recht, was er zum Abschied sagen sollte. Einerseits hätte er gerne gewusst, woran er war, andererseits wollte er vor den Augen seiner Eltern keine peinlich-schwule Szene abliefern.

Wieder musste Richard sich zusammenreißen – um nicht aus Reflex seinem Geliebten einen Kuss zum Abschied zu geben.

"Danke!", meinte ebendieser ehrlich, aber in Richards Ohren klang es viel zu neutral. "Danke für alles." Er lächelte seinem Friseur noch mal müde zum Abschied entgegen und stieg dann ohne ein weiteres Wort zurück in den kleinen Ford.

Richard sah dem sich entfernenden Wagen noch eine ganze Weile melancholisch hinterher, unfähig sich von der Stelle zu rühren.

~*~

Die restlichen drei Ferientage genoss Mark bei herrlich sommerlichem Wetter in einem Liegestuhl im Garten seiner Eltern. Die Lernerei zwischendurch und der dämliche, juckende Ausschlag, wegen dem er sich nicht mal auf die Straße trauen konnte ohne kollektives Gelächter auszulösen, gingen ihm zwar tierisch auf den Sack, aber zumindest wurde er von Bine damit beglückt, dass sie ihn nicht nur vor ihrer Stimme verschonte, sondern ihn sogar gänzlich zu ignorieren schien.

Anfangs hatte er zwar noch befürchtet, sie könne ihren Eltern die "Neuigkeit" kundtun, doch zu seiner angenehmen Überraschung war das bisher nicht geschehen. Nicht mal ansatzweise hatte sie etwas in die Richtung bei seinen Erzeugern verlauten lassen. Zumindest hatte er aber erwartet, dass sie ihn wenigstens mit wilden Flüchen und Beschimpfungen belegen würde, wie es sonst so ihre Art war. Dass das alles ausblieb, kam ihm schon mehr als merkwürdig vor. Er vermutete, dass sie aus verletztem Stolz, von ihrem Bruder einen potentiellen Liebhaber vor der Nase weggeschnappt bekommen zu haben, die ganze Sache einfach zu verdrängen und vergessen versuchte. Wie er seine Schwester kannte, war sie vermutlich wieder der irrigen Ansicht, vorgeben zu können, die ganze Angelegenheit sei nie vorgefallen, wenn sie nur mit sturer Beharrlichkeit nicht darüber sprach – was ihm selbst ja nur zu recht war.

Mark dachte schändlich wenig an einen gewissen Friseur, der sehnsüchtig auf ein Lebenszeichen von seinem jüngeren Geliebten wartete, aber selbst viel zu feige – und nach vier Tagen Abwesenheit von seinem Salon auch viel zu beschäftigt – um sich bei Mark zu melden.

Allerdings wurde Mark an die folgenreiche Berlinreise und damit auch an Richard nicht nur durch das permanente Jucken und Kratzen in seinem Gesicht erinnert, sondern auch insbesondere dann, wenn er morgens in den Spiegel sah und ihm ein schwarz-violett-haariges Monster entgegenblickte oder viel mehr aus zugequollenen Augen entgegenschielte. Der Ausschlag, den er Richard zu verdanken hatte und den er ihm trotzdem nicht übelnehmen konnte, hielt sich auch noch hartnäckig bis in die nächste Woche hinein, als die Schule nach den Ferien wieder begann.

Trotz der Sonnenbrille, deren Tragen ihm bei diesem verfrühten Sommerwetter wenigstens kein verständnisloses Kopfschütteln seiner Mitmenschen einbrachte, konnte doch ein jeder sehen, dass mit seinem Gesicht etwas nicht stimmte. Zudem verursachte seine neue Frisur einiges an merkwürdigen Blicken und spöttischem Getuschel, doch mit seinem unübertrefflichen Selbstbewusstsein und Ego machte ihm das nicht wirklich was aus. Naja... zumindest meistens.

Das Ganze ging zu Marks Entrüstung nämlich sogar so weit, dass ihn ein Klassenkamerad doch tatsächlich fragte, was das denn für eine tuntige Haarfarbe und für ein schwuler Schnitt wären.

Das war der Moment, in dem Mark – ganz zufällig – der Ellenbogen ausrutschte und mit der Nase besagten Klassenkameradens kollidierte...

Auch ansonsten hatte Mark in dieser letzten Schulwoche nach den letzten Schulferien seines Lebens nicht viel Spaß. Vielleicht wäre er ja melancholisch geworden, wenn er nicht so froh wäre die Schulzeit endlich hinter sich lassen zu können. Der Schulalltag und der damit verbundene Stress holten ihn leider viel zu schnell wieder ein. Denn obwohl in der darauffolgenden Woche bereits die Abiturarbeiten begannen, schonten die Lehrer sie keineswegs. Er war dermaßen damit beschäftigt sich wieder in die Routine aus Unterricht, Hausaufgaben, Lernen und Karatetraining einzugewöhnen, dass er Sabines neuerliches Schweigegelübde ihm gegenüber gar nicht angemessen würdigen und feiern konnte.

Immerhin verabschiedete sich glücklicherweise noch während der Woche der Ausschlag aus seinem Gesicht, so still und heimlich, dass Mark es gar nicht richtig wahrnahm. Erst, als er donnerstags ins Bad kam und nicht wie die vorherigen Tage beim Blick in den Spiegel einen frühmorgendlichen Schreck bekam, merkte er es. Anscheinend gab es doch noch so etwas wie Gerechtigkeit!

Dahingegen wurde er die mit fortschreitendem Verstreichen der Zeit immer intensiver werdenden Gedanken an einen stets lächelnden Wuschelkopf nicht mehr los. Besonders, wenn er abends alleine in seinem Bett lag, verspürte er ab und zu das ihm bis dato völlig fremde Verlangen nach einem warmen Körper neben seinem, an den er sich anlehnen konnte, die Sehnsucht nach jemandem, der ihn in den Arm nahm und ihm einen Gute-Nacht-Kuss gab. Diese fremden und ungewollten Gefühle vertrieb er zu Anfang immer schleunigst mit seiner in vielen Fällen bewährten Methode über die bevorstehenden Abiturarbeiten – vor allem die in Mathematik – zu sinnieren. Allerdings zog er die dümmlich-verliebte Sehnsucht schließlich doch der Übelkeit und dem Brechreiz vor, die diese Abschlussarbeitsgedanken bei ihm verursachten.

Er beschloss für sich, dass es so nicht weitergehen konnte. Schließlich war es doch ziemlich störend und seinem Abitur sicher nicht zuträglich, wenn ihm den ganzen Tag lang nur dieser seltsame Friseur im Hirn rumspukte.

Er musste sich Klarheit über seine eigenen Empfindungen und die von Richard verschaffen und die würde er nicht bekommen, wenn er sich vor einer Konfrontation mit dem anderen drückte. Tatsächlich kam ihm seine euphorische Lernerei schon geradewegs wie eine schlechte Ausrede, keine Zeit dafür zu haben, vor.

Freitags hielt er es dann nach über einer Woche Abstinenz von Richard endlich nicht mehr aus und er suchte abends nach dem Karatetraining den Frisiersalon "Beautiful Hair" auf. Er würde mit Richard reden müssen, um dem ein Ende zu bereiten...
 

Begriffserklärungen:

Bleigeschoss: (weil sich mein Beta beschwert hatte, erkläre ich auch dieses Wort) gemeint ist damit natürlich Sabines bleischwerer Koffer. Ich dachte "Bleigeschoss" sei ein allgemein gebräuchlicher Begriff für schwere Koffer und Taschen, da hab ich mich wohl aber geirrt. ^^°

Bahnbutzen: Butzen = Polizisten; Bahnbutzen sind folglich die Bahnpolizei; Man sollte es allerdings vermeiden einen Butzen als solchen zu bezeichnen, allein schon wegen dem Bußgeld, das einem das einbringt. *hust*

strunzen = angeben, prahlen; "strunzend" heißt also angeberisch, prahlerisch
 

Kommentare:

[1] -_- Wer den Mainzer Bahnhof kennt, WEISS was ich meine...

[2] Es lebe der Dativ! Hier müsste es natürlich richtig "des Kommentars" heißen, aber in Rheinhessen kennt man keinen Genitiv. *g*

[3] Wieder eine Spezialität des Mainzer Bahnhofes FTW!
 

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Erstveröffentlichung: 11.03.2004

Veröffentlichung korrigierte und überarbeitete Fassung: 23.01.2011



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Kommentare zu diesem Kapitel (6)
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Von:  esda
2004-10-04T17:56:26+00:00 04.10.2004 19:56
>Hast ja recht, da is wohl mal wieder meine Phantasie mit
>mir durchgegangen *hinterherrenn**einzufangen versuch*

*lach* Ach, ich finde die Vorstellung ja schon amüsant! XD *kicher* Vielleicht schreib ich eine Alternativ-Version zu "Spliss". Hm... *lachkrampf*

>(mündl.= da kann man wenigsten keine Rechtschreibfehler
>machen. *lach* Ehrlich, das war wirklich der Grund)

LOL Ne, mit der Rechtschreibung hatte ich zum Glück nie Probleme. Meine Mutter hat uns zur Grundschulzeit fast täglich mit Diktaten gequält. Im Nachhinein ist man ja dankbar ^^

>Englisch... uaghh! Die Frau hatte mich auf'm Kieker, der
>Rest war wegen überfüllten Stundenplan rausgeflogen *heul*
>irgendwas musste ja dran glauben...
>... bin ja schon still....

*lach* Ich mochte Englisch mehr als Deutsch. Da musste man nicht so viel LESEN.
Unglaublich aber wahr, ich hab mal nicht gerne gelesen ^^°

>Schööööön, ich wart auch geduldig ^.^

Musst Du leider auch, weil ich wirklich langsam bin *tropf* (zumindest momentan -.-)

Vielleicht sollten wir weitere, nicht Fanfic-bezogene Privat-Gespräche auf ENS verlegen, oder?!

cu
Esther
Von:  jabba
2004-10-04T12:55:18+00:00 04.10.2004 14:55
Hast ja recht, da is wohl mal wieder meine Phantasie mit mir durchgegangen *hinterherrenn**einzufangen versuch*

Ich hatte Mathe/Physik als LK, Geschichte und Deutsch(mündl.= da kann man wenigsten keine Rechtschreibfehler machen. *lach* Ehrlich, das war wirklich der Grund)
Englisch... uaghh! Die Frau hatte mich auf'm Kieker, der Rest war wegen überfüllten Stundenplan rausgeflogen *heul*
irgendwas musste ja dran glauben...
... bin ja schon still....

Schööööön, ich wart auch geduldig ^.^
Von:  esda
2004-10-04T12:38:29+00:00 04.10.2004 14:38
>Ah sooooo!
>..da hat er sich ja aber erstaunlich gut auf sein Mathe
>Abi konzentrieren können (Selber auch gemacht hab)

Ich hatte Mathe auch als Leistungsfach ^^° Und Englisch und Bio (mündliches Abifach war Erdkunde) *laber*

>Du sach mal, hat Mark eigentlich sowas wie nen besten
>Fraund, bei dem er sich ausquatschen kann? So a la: "Du
>weißt doch dass ich zu Ostern in Berlin war, mit diesem
>Frisör, so als Haarmodel, also da... weißt du... ich muss
>dich mal was fragen....." oder so ähnlich.

LOOOOOOOOOL
Kerle haben eher nicht so was wie 'nen "besten Freund", aber er hat natürlich ein paar Kumpel (vor allem Leute aus seinem Karate-Club). Er ist aber nicht der Typ, der über "sowas" reden würde und ich denke, dass er sich erst mal selbst über seine Gefühle klar werden muss. Und selbst dann würde er es nicht so "herausposaunen"...

>Aber du schreibst schon noch weiter, oder?

Jaaaa.... bin nur momentan sehr gestresst. Aber definitiv JA! Mir liegen Mark und Richard doch so am Herz, da kann ich gar nicht anders ^^
Von:  jabba
2004-10-04T12:35:04+00:00 04.10.2004 14:35
Ah sooooo!
..da hat er sich ja aber erstaunlich gut auf sein Mathe-Abi konzentrieren können (Selber auch gemacht hab)
Du sach mal, hat Mark eigentlich sowas wie nen besten Fraund, bei dem er sich ausquatschen kann? So a la: "Du weißt doch dass ich zu Ostern in Berlin war, mit diesem Frisör, so als Haarmodel, also da... weißt du... ich muss dich mal was fragen....." oder so ähnlich.

Aber du schreibst schon noch weiter, oder?
Von:  esda
2004-10-04T12:16:21+00:00 04.10.2004 14:16
>Dann ist sein erste "Abenteuer" im Hotel wohl
>auf "Unzurechnungsfähig wegen Allergie-Flash" (will
>sagen, er war irgendwie high) zurückzuführen. Würd ich
>mal so interpretieren

*lach* Ne, eher darauf, dass er spätpubertiert und sich zum ersten Mal verliebt hat - das aber immer noch nicht wahrhaben will - aber Hauptsache schon mal mit Richard geschlafen *lol*

Ne, im Ernst: Es sind einfach _Gefühle_ und die sind nie wirklich logisch zu erklären.
Von:  jabba
2004-10-04T12:13:57+00:00 04.10.2004 14:13
> Ist aber nur allzu verständlich, schließlich muss sich
> der "große Macho" erst mal damit abfinden, dass er
> schwul ist XD

Dann ist sein erste "Abenteuer" im Hotel wohl auf "Unzurechnungsfähig wegen Allergie-Flash" (will sagen, er war irgendwie high) zurückzuführen. Würd ich mal so interpretieren

bye
jabba
Von:  esda
2004-09-26T09:36:02+00:00 26.09.2004 11:36
Hi jabba! ^^

>Mark braucht wohl ein bisschen länger, um sich selbst zu
>verstehen, oder? ^.^

Ja, das braucht er! *schmunzel* Ist aber nur allzu verständlich, schließlich muss sich der "große Macho" erst mal damit abfinden, dass er schwul ist XD

Danke fürs Lesen =)

Esther
Von:  jabba
2004-09-26T09:32:53+00:00 26.09.2004 11:32
Hi Du
vor einiger Zeit bin ich im großen Netz zufällig auch deine "Haarspaltereien" getroffen. und nun finde ich diech hier bein mexx wieder und dann gibt's auch noch ne Fortsetzung. Ich bin ganz aus dem Häuschen.
Mark braucht wohl ein bisschen länger, um sich selbst zu verstehen, oder? ^.^
Winkewinke
dat jabba
Von: abgemeldet
2004-03-15T06:31:06+00:00 15.03.2004 07:31
hi du,
finds richtig gut das du weiter geschreiben hast ..die storry hat mir ja schon vorher gefallen und bin nu gespannt wie es weitergeht *smile*
bis dann *winktz*
melfe
Von:  esda
2004-03-13T14:21:43+00:00 13.03.2004 15:21
Danke für den Comment, Mistery! ^^
Tjaa... ich hab das Update auf meiner Website erst heute Nacht gemacht, deswegen war das dort gestern nicht mehr online *hust*.

*lach* Richard... das hast Du richtig erkannt! *g*
Und Mark... irgendwie denkt jeder, dass er Schluss machen will *ehehe* - mal sehen
und Du hast Recht: Haben sie überhaupt eine Beziehung?! Tja, zeigt sich noch in den nächsten Teilen ^^

Wegen Piraten der Karibik: Damit geht es weiter, wenn Whis endlich mal wieder Zeit und Nerv dazu mir die von ihr durchkorrigierte Fassung zu schicken *seufz* und sie mal wieder Zeit hat mit mir weiterzuschreiben *schnüff*

CU
Esther


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