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Der Falkenclan

Stellungnahme s. Blog
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Rückkehr nach Sichelstein

So, ihr lieben. Hier habt ihr meine druckfrische, neue Geschichte. Die Idee schleppe ich schon seit Anfang Februar mit mir rum. Allerdings brauchte sie ein wenig Zeit um zu reifen ^^°
 

Inspiriert, oder besser auf die Idee gebracht wurde ich ein kleines bisschen durch Rouges ,(K)ein gewöhnlicher Ausflug' und Fys ,Herz gegen Verstand'. Darum, und weil die beiden echt tolle Freundinnen und Autorinnen sind, ist den beiden auch das erste Kapitel gewidmet *knuddel*.
 

Der Falkenclan
 

Kapitel 1 - Rückkehr nach Sichelstein
 

- Burginternat Sichelstein 5 km - stand da auf dem kleinen weißen Schild. Ich verstaute meinen CD-Player sowie meine Sommerjacke in den Tiefen meines Rucksacks und sah dann aus dem Busfenster hinaus auf die schöne Landschaft um Burg Sichelstein herum. Wir fuhren gerade das letzte Stück über die stille Landstraße. Mais-, Weizen- und Roggenfelder zogen langsam vorbei, abwechselnd gelegen zwischen weiten Waldstücken und saftigen, grünen Wiesen. Das Wetter meinte es richtig gut mit uns armen Schülern, die nun wieder aus den wohligen, entspannenden Sommerferien zurück in den knallharten Schulalltag mussten. Die Sonne strahlte vom wolkenlosen Himmel und wenn man nach vorne hinaus dem Bus sah, konnte man ein Flimmern auf der erhitzten Teerstraße erkennen, so heiß war es draußen.
 

11. Klasse... Wie doch die Zeit verging. Ich konnte mich noch gut daran erinnern, wie ich vor sechs Jahren das allererste Mal diese Fahrt machte. Damals hatte es schrecklich geregnet. In der nahen Kleinstadt stieg ich aus dem Zug und musste mein Gepäck durch den strömenden Regen zu einem der Busse hin schleppen, die die Schüler vom Bahnhof zum Internat brachten. Bis ich den dummen Bus gefunden hatte, war ich schon bis aufs letzte Hemd durchnässt. War ich froh, als ich endlich drin saß. Ich hatte aus dem Fenster geschaut und voller Ungeduld das erwartet, was auf mich zukommen sollte. Ich war immer aufgeregter geworden. Und dann hatte ich zwischen den Regenschleiern das erste Mal Burg Sichelstein gesehen.
 

Und genau wie damals war ich auch heute noch genauso fasziniert vom Anblick der großen Burg auf der kleinen Anhöhe an den Klippen des Meeres. Mit dem Unterschied dass mir heute kein Regen die Sicht nahm, sondern sich die große, graue Burg mit den vier hohen Türmen in ihrer ganzen Pracht vor meinen Augen auftat.
 

Hinter mir nahm ich plötzlich aufgeregte Stimmen war. "Wenn er nicht nett zu uns ist, kann er sein blaues Wunder erleben, so einfach ist das!" Neugierig schaute ich mich um. Hinter mir saßen zwei Jungen die sich wie ein Ei dem anderen glichen. Beide sahen eher schmächtig aus, hatten strohblondes Haar, blaue Augen und eine Menge Sommersprossen auf der Nase.

"Eben drum. Vielleicht ganz praktisch. Hätten wir gleich eine Testperson.", pflichtete der andere Zwilling seinem Bruder gerade bei.
 

Ich musste mir ein Grinsen verkneifen. Die beiden waren ganz sicher neu. Fünftklässer, auch liebevoll "Frischlinge" genannt. Ich drehte mich um, kniete mich auf die Sitzpolster und legte meinen Kopf auf den Armen ab.
 

"Na, über welche bösen Leute macht ihr Zwei euch denn so große Sorgen?", fragte ich.
 

Die beiden Jungen schreckten auf und sahen zu mir hoch. "Ni-nichts!" stotterte einer der beiden hastig. "Ach jetzt kommt schon! Geht's vielleicht um einen Lehrer?", fragte ich verständnisvoll. "Nee, das nicht.."... "...aaaaber? Na los, raus mit der Sprache!" Jetzt wollte ich aber wissen worum es ging.

"Naja.. also...", zögernd sah er seinen Bruder an. Der zuckte mit den Schultern. Na prima. Die Sprache von Zwillingen ist ein Buch mit sieben Siegeln... "Tja also gut. Unsere Schwester hat uns erzählt, alle Neuen kriegen auf Sichelstein einen Mentor zugewiesen. Der muss einem alles zeigen und so weiter. Aber die Mentoren sollen alle richtig fies und schleimig sein! Sie zwingen einen Sklavendienste zu machen. Aufräumen muss man für sie! Und Hausaufgaben machen! Wir sind jetzt die ganze Zeit am Überlegen wie wir uns dadurch mogeln könnten!", beim letzten Satz schlug er sich total entsetzt die Hand vor den Mund.
 

Ahhhha darum ging es also. Na, dann wollten wir die beiden mal ein wenig verunsichern... Ich grinste innerlich...
 

"Soso. Ihr wollt also einen Weg finden, vor eurem Mentor zu fliehen? Das ist ja niedlich..." Ich kramte einen richtig fiesen, überheblichen Blick aus der Truhe meiner Schauspielkenntnisse. "... Ich fürchte das kann ich nicht durchgehen lassen. Da ich selbst einer der Mentoren bin, werde ich das unverzüglich dem Lehrkörper mitteilen müssen. Nennt mir bitte eure Namen." Ich genoss mit einer schadenfrohen Genugtuung die Wirkung meiner Worte. Die beiden Jungs rissen entsetzt den Mund auf und sahen sich panisch erschrocken an.
 

"Und jetzt", hängte ich lachend an "macht mal euren Mund wieder zu. Meine Güte, ihr glaubt ja wohl nicht, dass ich euch bei irgendwem verpfeife, ehe wir überhaupt in der Penne sind!"
 

Die Gesichter der beiden hellten sich unwillkürlich wieder auf. "Wirklich?"
 

"Jep, wirklich", bestätige ich lächelnd. "Außerdem kann ich euch beruhigen. So schlimm sind wir Mentoren auch nicht. Verratet ihr mir im Gegenzug denn, wie ihr heißt?"
 

Sie stellten sich als Richard und Rainer vor, die aber bevorzugt Trick und Track gerufen würden. Ihre ältere Schwester Annabelle, die jetzt die 8. Klasse in Sichelstein besuchen würde, war mir nicht unbekannt. Sie hatte auch schon so allerhand über die beiden Lausbuben von Zwillingen berichtet. Na das konnte ja heiter werden!
 

Ich stellte mich den beiden auch noch kurz vor, als der Bus auch schon auf dem Innenhof der Burg eintrudelte. Wir erhoben uns von unseren Plätzen, um kurz danach aus dem Bus zu stolpern und uns in Begrüßungsgetümmel zu stürzen, der jetzt, da die Busse mit den "Zugfahrern" angekommen waren, seinen Höhepunkt erreichte. Ich für meinen Teil ging aber erst mal in aller Gemütlichkeit mein Gepäck abholen, denn später würde am Kofferraum die Hölle los sein.
 

Mit meiner Reisetasche, meinem Koffer und meinem Rucksack bepackt ließ ich meinen Blick über den belebten Innenhof gleiten um nach einem bekannten Gesicht zu suchen. Kein bekannter Blick traf meinen, dafür schnappte ich gerade einen aus zwei kalten, grauen Augen auf, die zu einer Person am anderen Ende des Hofes gehörten. Mir lief ein kalter Schauer über den Rücken. Wie festgewachsen stand ich da und mochte mich nicht rühren. Hilfe...! Das graue Augenpaar gehörte zu einem Jungen mit schwarzen Haaren und einer großen, schlanken Statur. Ich hatte ihn noch nie im Internat gesehen, was dann ja wohl bedeuten musste, dass er neu war. Ich schätzte ihn aber auf den ersten Blick ein bisschen älter ein als mich. Und...
 

Ich konnte meine Gedanken über diesen außergewöhnlichen Neuen nicht weiterstricken, denn vom anderen Ende des Hofes her erreichte ein spitzer Aufschrei meine Ohren.
 

"ROMY!!!!"
 

Schon bevor ich mich umgedreht hatte wusste ich, wer da nach mir gerufen hatte. Pechschwarze Haare, blasse Haut, meerblaue, schlitzförmige Augen, die mir aus dem gutmütigen, runden Gesicht entgegenstrahlten - das war meine Freundin Tess!
 

Naja, zumindest sah sie so aus, als ich sie vor 6 Jahren das erste Mal sah. Denn meine beste Freundin hatte helle Freude daran, so genannte "Stylistische Experimente" an sich selbst auszuprobieren. Wer oder was da jetzt auf mich zustob, war ein siebzehn jähriges Mädchen mit dunkelblauen Haaren, die in einer exotischen Hochsteckfrisur steckten, mit einem Ausdrucksstarken Make Up um die schlitzförmigen Augen, gekleidet mit einem irren Mix aus knallbunten Aisa-Fummel.
 

Ich konnte mich kaum wehren, so zugepackt wie ich dastand und die Wucht der Umarmung riss mich fast von den Füßen. Ich ließ dann aber das Gepäck Gepäck sein und schloss die Arme um meine beste Freundin, die ich volle sechs Wochen lang nicht mehr gesehen hatte.
 

"Hach, wie schön die wieder zusehen!", meinte Tess glücklich. Sie löste die Umarmung, hielt mich einen Stück weit weg von sich und setzte dann in gespielt mütterlichem Ton hinzu: "Gut siehst du aus, mein Kind!" "Ja, du auch", erwiderte ich lachend.
 

Gleich danach hellte sich Tess' Gesicht noch mal um eine Nuance auf, sofern das überhaupt noch möglich war, und sie teilte mir strahlend mit: "Romy, du glaubst nicht, was für ein Glück wir Zwei haben! Stell die vor, uns wurde tatsächlich das Turmzimmer im Ostturm zugewiesen!!!"
 

Mir klappte fast die Kinnlade runter. Das Turmzimmer im Ostturm?! WOW! In Sichelstein war die Zimmerunterteilung wiefolgt. Die Fünft- und Sechstklässler hatten Acht-Bett-Zimmer. Die Siebener und Achter Sechs-Bett-Zimmer und die Neuner und Zehner durften sich Vier-Bett-Zimmer teilen. Ab der elften Klasse aber, war man in Doppelzimmern untergebracht und wir hatten, wie ich so gerade eben erfahren hatte, das allerschönste Mädchen-Doppelzimmer auf ganz Sichelstein abgestaubt!
 

"Wie haben wir das denn hinbekommen?", fragte ich Tess während wir durch den Eingang ins Gebäude gelangten und ich mich damit abmühte, mein Gepäck die endlos vielen Treppen hochzuschleppen. Tess deutete meine Frage schon ganz richtig, denn bis letztes Jahr wurde das Turmzimmer immer von der Schulsprecherin und ihrer Freundin bewohnt. Nur war die letzte Schulsprecherin im letzten Jahr abgegangen und das Zimmer hätte eigentlich ihrer Nachfolgerin zugestanden.
 

"Die neue Schulsprecherin ist Verena Halmsing aus der 12. Und die leidet an chronischer Höhenangst und wollte unter keinen Umständen dieses Zimmer beziehen. Also wurde ein neues Pärchen ausgelost und uns schien das Glück wirklich hold gewesen zu sein! Aber das Beste ist ja noch, dass wir auch das letzte Jahr noch dort wohnen dürfen, auch wenn Verena schon aus der Schule ist!", schilderte mir meine beste Freundin die Situation.
 

Oh Junge, das waren ja echt mal super Neuigkeiten! Das neue Schuljahr fing schon so richtig gut an!!!
 

Während Tess mit mir sprach, lotste sie mich durch die Eingangshalle, hinüber in den Ostflügel, durch ein Labyrinth von Fluren und Treppen (>Und auf die Idee mir mal was von dem Gepäck abzunehmen kommt sie nicht...<) bis schließlich das Gelächter der Schüler, die beim Beziehen der Schlafsäle eifrig die spannendsten Ferienerlebnisse austauschten, verklang, wir am Ende eines Flures um die Ecke bogen und halt machten. Vor mir ragte eine schmale Wendeltreppe hinauf. Tess stieg hinauf. Ich hingegen überlegte, ob ich meine Koffer hochschleppen oder sie später holen sollte. Die Überlegung kostete mich ca. eine viertel Sekunde als ich erschöpft meinen Koffer fallen ließ, mein Reisetasche absetzte und Tess die Treppe hinauf folgte.
 

Ich erreichte das Ende der Treppe - und kippte fast rückwärts wieder hinunter. Der Ausstieg der Treppe lag im Zentrum eines vollkommen runden Zimmers. Der Raum war nicht besonders groß, dort standen zwei Betten (eins davon war schon bezogen mit einer rot-pinken Bettwäsche mit goldener Stickerei...), ein runder Holztisch mit zwei Stühlen (auf dem Tisch stand etwas, das wohl eine Art Blumenstrauß darstellen sollte - Sehr exotisch), in der Ecke war ein Waschbecken angebracht (dessen Ablage vollgestopft war mit irgendwelchen Stylingprodukten) und dann sah ich noch zwei, in die Wand eingelassene, Doppeltüren. Eine davon stand offen und dahinter konnte ich in das Schrankinnere sehen, das schon zur Hälfte mit farbenfrohen Klamotten zugepackt war. Folglich musste das andere dann wohl mein Schrank sein.
 

Ich ging zu meinem Bett und schaute mich noch mal eingehend im Zimmer um. Dann sah ich Tess an, die ihr strahlendes Lächeln immer noch nicht verloren hatte und mich nun wieder mit funkelnden Augen angrinste. Ich grinste mindestens so breit zurück und mit einem "Es ist einfach perfekt!"-Aufschrei warf ich mich rücklings aufs Bett.
 

"Nicht wahr?! Und wir haben sogar ein eigenes Waschbecken!", jubelte meine beste Freundin nun. "Auf dem du schon deinen ganzen Schminkhaushalt wieder abgeladen hast, ich sehs. Muss ich mit meiner Zahnbürste wohl auf dem Nachtisch bleiben, was?" seufzte ich zurück. Tess schenkte mir einen Hundeblick, den ich nur wieder mit einem Lächeln erwidern konnte. Dann erhob ich vom Bett und ging zum Fenster hinüber. Ich legte den Fenstergriff um und öffnete es. Schon schlug mir eine Woge frischer, rauer Meeresluft entgegen, die ich in großen Zügen einatmete. Ich sah nach unten. Unser Zimmer befand sich in einer wirklich schwindelerregenden Höhe. Nunja, das dürfte aber eigentlich für mich kein Problem darstellen, denn etwa 5 Meter weiter unten fing seitlich vom Turm schon das Dach an. Wenn ich leise war, würde Tess -wie immer- nichts mitbekommen. Und das sollte und durfte sie ja auch nicht. Ich musste mein 'kleines Geheimnis' hüten wie einen Goldschatz.
 

Ich weiß nicht, wie ich es dann schlussendlich doch noch geschafft habe, die Koffer die Wendeltreppe hochzubekommen, jedenfalls hatte ich um halb sieben meine Sachen, wie es sich gehört, in meinen Schränken und Kommoden untergebracht, während Tess nur die ganze Zeit Kräcker futternd auf ihrem Bett gesessen ("Wir kriegen doch noch Abendessen!" - "Du weißt ganz genau das ich dem Fraß hier nichts abgewinnen kann!") und mir von ihren Ferienerlebnissen erzählt hatte. In der Ferne ertönte der Essensgong und Tess und ich verließen unser neues Reich um in den Speisesaal zu gehen.
 

Nach einer halben Ewigkeit ("Der einzige Nachteil an dem Turmzimmer ist, dass es am Ende der Welt liegt!") traten wir durch die Tür und steuerten den rechten hinteren, "unseren", Tisch an.
 

Am Tisch saßen bereits Petra, Denise, Christin und Lydia, vier unserer Klassenkameraden. Sie schienen sich bereits angeregt zu unterhalten und als wir ankamen, konnte ich gerade noch ein "Und er sieht so cool aus!" von Lydia aufschnappen, die sich begeistert die langen blonden Locken aus dem Gesicht strich. Jungs... Das war so klar. Die liebe Lydia kam sich wie eine Prinzessin vor und wahrscheinlich hätte sie auch eine echt gute abgegeben. Sie hatte nichts anderes im Kopf als sich hübsch zu machen, andere herumzukommandieren (Mit einem Mal fielen mir die Zwillinge wieder ein... Jede Wette Annabelle hatte Bekanntschaft mit Lydia gemacht?!), eine riesen Show aus jedem ihrer Auftritte zu machen UND natürlich - Jungs. Die Prinzessin träumte von ihrem Prinzen. Unsere Prinzessin hatte allerdings in den Dingen einen so gewaltigen Verschleiß, dass man sich zwischen Tom, Andre, Christoph, Jonas und so weiter und so weiter gar nicht mehr zurechtfand.
 

Dann wurde das Essen aufgetischt. Jetzt spürte ich so langsam, dass ich den ganzen Nachmittag nichts weiter als einen Apfel gegessen hatte. Hatte ich einen Kohldampf! Ich liebte das Essen am ersten Abend! Kartoffeln, Braten, Schnitzel in Sahnesoße, Erbsen, Spargel, Kohl und unzählige von Salaten. Für die Fastfoodfreaks standen zwischen den ganze Köstlichkeiten Schüsseln mit Pommes Frites, kurzum - hier gab es für jeden etwas! Naja, außer für Tess. Die saß unglücklich vor ihrem Teller auf dem eine Kartoffel und 3 Pomfrites liegen hatte und wünschte sich, das Essen würde nach Blickkontakt verschwinden. Die Nachspeise schoss jedoch den Vogel ab. Es gab für jeden einen riesen Becher Vanilleeis (ich liebe Vanilleeis!). Während ich mit einem seligen Gesichtsausdruck mein Eis löffelte, fing Lydia wieder an, von ihrer neusten Entdeckung zu schwärmen.
 

"Er hat genau die richtige Größe. Oh man, ich wette sein Body ist ein Traum! Und dieses Pechschwarze Haar. Und habt ihr seinen Blick gesehen? Aus diesen wahnsinnigen grauen Augen? Wie ein Raubvogel der..." Hey, Moment mal. Diese Beschreibung passte ja total exakt genau auf den seltsamen Kerl von heute Nachmittag! Gegen meinen Willen lauschte ich nun dem Gespräch.
 

"Wer das wohl ist? Und in welche Klasse geht er wohl?" fragte Lydia mit glänzenden Augen. Hm, ja das würde mich allerdings auch interessieren. Seltsamer Kerl, da sollte man doch schon wissen, woran man ist! "Er kommt in die 12 und sein Name ist Raphael Mondstein", erwähnte Tess neben mir während sie sich Mineralwasser ins Glas goss. Vollkommen verdattert sah ich sie an. Woher wusste sie das denn nun schon wieder?! "Ich hab heute Nachmittag mitbekommen, wie er sich mit der Finkenberg gezofft hat..." setzte meine Freundin dann hinzu weil ich nicht die einzige war, die sich wunderte, wieso Tess so gut informiert war.
 

Mir kroch plötzlich ein seltsamer Duft in die Nase. Modrig, verrucht, verraucht - Ih gitt! Der kam mir doch irgendwie bekannt vor. Postwendend kam auch schon die Auflösung. "Wie herrlich dass das unwissende Weibervolk auch schon informiert ist. Aber lasst euch eins gesagt sein. Ihr werden diesen mysteriösen Fremden nicht belästigen, wagt es doch und ihr seid des Todes! Seine Aura so stark wie der Geruch des schwarzen Blutes das an den unförmigen Körpern der Geschändeten..."
 

"Lass gut sein Moni! Es gibt hier manche Leute die noch was essen wollen!", warf ich ärgerlich dazwischen. Ramona... Unsere Gruftiebraut. Ok, Lydia war einfach nur selten dämlich, aber diese Frau war gefährlich intelligent, durchgeknallt und eine echte Horrorzicke! Sie jagte jedem hier ganz schön Angst ein, aber dass sie mich mit ihrem dämlichen Gequatsche von meinem Vanilleeis abhielt war zuviel! Und das es hierbei auch noch um einen Kerl ging, brachte das Fass zum Überlaufen!
 

"Romy... Auch dich scheint es ja wieder hierher verschlagen zu haben. Traurig aber war. Wo ich jedes Jahr aufs Neue hoffe, dass dich der Meister der Dunkelheit endlich mit den dunklen Schwingen der Erlösung umhüllt..."
 

Leider musste ich sie ein weiteres Mal unterbrechen! "Tja, Unkraut vergeht eben nicht. Wiedersehen.", meinte ich süßlich lächelnd. Ich stand auf, ließ mein Eis stehen und zog Tess hinter mir her.
 

"Diese Tante hat doch echt einen total Schaden. Bin ich froh, wenn wir die nächstes Jahr los sind", sagte Tess trocken, während wir uns auf den Weg zum Mentorraum machten. "Stimmt genau. Aber wenn sie das wirklich ernst meint, sollte Lydia sich nach einem anderen Sunnyboy umsehen. Zicken kann sie genauso gut, aber mit soviel hinterhältiger Intelligenz wie Ramona sie hat, kommt sie nicht mit.", entgegnete ich besorgt.
 

Dann öffnete ich die Tür zum Mentorraum. Der MR war ein Raum für alle Schüler, die das Amt des Mentors angenommen hatten, meistens so um die zwanzig. Und hier wurden in jedem neuen Schuljahr die neuen Schüler auf Sichelstein ihren Mentoren zugewiesen - und umgekehrt. Der Raum war noch ziemlich leer und mit einem wehmütigen Blick dachte ich an meinen schönen Eisbecher zurück... Ich ließ mich neben Tess in einen Sessel fallen und wartete.
 

Nach und nach füllte sich der Raum. Sowohl neue Schüler als auch Mentoren hatten das Abendessen beendet und gesellten sich zu uns. Die einzige, die jetzt noch fehlte war Frau Finkenberg. Das war die Lehrerin, welche die Verantwortung für die Mentorenschaften hatte.
 

Dann öffnete sich die Tür. Frau Finkenberg kam herein und wandte sich sofort entschuldigend an die Runde. "Entschuldigt bitte vielmals. Ich habe unterwegs noch einen Neuling aufgegabelt, der sich verlaufen hatte. Aber ich denke jetzt können wir beginnen. So, alle neuen Schüler stellen sich jetzt bitte mal and dieser Seite auf, die Mentoren bitte an die andere Seite an die Wand."
 

Sie stellte sich in die Mitte und schon folgte der "verirrte" Neuling durch die Tür. Ach du heiliger Wackelpudding. DER schon wieder. Der hatte sich so sicher nicht verirrt wie das Amen in der Kirche! Und dem Blick nach zu urteilen, den er Frau Finkenberg zuwarf, konnte man schon sehr leicht schlussfolgern, warum Tess die beiden heute streitend gesehen hatte. Au weia, wenn das mal gutging...
 

"Ja, dann fangen wir mal an.", Frau Finkenberg zückte fröhlich ihre Liste. Und es ging los. "Petra Anders?" Petra gab sich kurz zu erkennen. "Ah ja, sehr schön. Dein Schützling ist Lisa Jinden. Lisa, geh bitte zu Petra hinüber." Ein ziemlich kleines Mädchen mit einer Brille und kurzen, schwarzen Haaren trat an Petras Seite und erwiderte den freundlichen Gruß der älteren.
 

Tja, und so ging das weiter. Bis irgendwann dann endlich... "Romy Schwabe?" Ich hob kurz meine Hand. "Ah, Romy ja.. Für dich habe ich eine ganz besondere Aufgabe." Nanu? Was mochte das denn wohl sein? Verwundert sah ich die Lehrerin an. "Richard und Rainer Tetchter, bitte nach vorne treten." Ahh, das hatte es also damit auf sich. "Ich denke du wirst auch mit Zweien wohl fertig werden", lachte Frau Finkenberg. "Ja aber immer doch", bemerkte ich grinsend und hielt den Zwillingen zur Begrüßung meine Handflächen hin. Die Beiden schlugen ein und stellten sich dann breit grinsend zu meiner Linken und zu meiner Rechten auf.
 

Tja, meine Glücksträhne schien gar nicht mehr zu reißen, heute. Das würde bestimmt lustig werden, mit den zweien.
 

Die Zahl der Neuen auf der anderen Seite wurde immer überschaubarer. Schließlich waren nur noch sehr wenige übrig.
 

"Theresa van Lachtensee bitte?" Tess stand neben mir und war offensichtlich wohl mal wieder am Träumen. Sie fixierte ausdruckslos einen Punkt an der Wand. "Theresa?!" kam die Stimme von Frau Finkenberg nun etwas energischer. "Tess!", zischte ich leise und trat ihr auf den Fuß. Augenblicklich schreckte sie auf. "Wie, was? Ähm, achso ja hier...", stotterte sie und lief rot an. "Theresa, du wirst der Mentor von Raphael Mondstein sein. Raphael, bitte komm herüber." Tess' Augen weiteten sich vor Schreck und ihr Kopf wirbelte zur Tür. Der Unglückskerl mit Namen Raphael hatte die ganze Zeit am Türrahmen gelehnt. Nun stieß er sich lässig ab und lief langsam auf Tess zu. Tess schien unter diesen durchdringenden kalten Blicken immer kleiner zu werden. Gerade wollte mein Freundin zu einem gemurmelten "Hallo" ansetzten, da war er auch schon grußlos an ihr vorbei und lehnte sich mit verschränkten Armen an die Wand hinter uns. Arme Tess. Die Sache schien ihr gar nicht geheuer zu sein...
 

Ein paar Minuten später waren alle Neuen auf die Mentoren aufgeteilt und Frau Finkenberg griff das Schlusswort auf. "Ja, eure Mentoren werden ab jetzt eine Art Vertrauensperson für euch hier sein. Sie werden euch den Einstieg erleichtern und ihr könnt immer zu ihnen kommen, wenn ihr Fragen oder Probleme habt. Auch, wenn es solche sind, mit denen ihr euch nicht traut, an den Lehrer zu wenden. So, morgen früh werdet ihr alle noch vom Unterricht befreit sein, damit die Mentoren den Neuen alle Ecken und Enden unseres Internates zeigen können. Nach dem Mittagessen könnt ihr dann noch etwas zusammen unternehmen, meist haben die Mentoren da schon etwas geplant.", endete sie zwinkernd.
 

Die Lehrerin verließ den Raum, und ihr folgten die Schüler. "Also dann bis Morgen früh. Ich schlage vor, wir treffen uns in der Eingangshalle am alten Gemälde, okay?", fragte ich die Zwillinge noch schnell. "Geht klar, bis Morgen!"
 

Dann wartete ich noch auf Tess die aber schon wie belämmert neben mir stand. "Er ist sofort abgehauen", murmelte sie bedrückt. Ich seufzte. Dieser Blödmann!
 

Tess und ich legten wieder den Weg zum Ostturm zurück. Als wir die Wendeltreppe hinaufgestiegen waren, entfloh Tess ein leidenes Stöhnen. "Och nee! Jetzt muss ich auch noch meinen Koffer zu Ende auspacken!"
 

"Na dann viel Spaß", erwiderte ich mitleidslos und ging dann zum Schrank um meinen Pyjama herauszukramen. Zehn Minuten später stand ich vor meinem Bett und ließ mich in die schwarze Satinbettwäsche sinken. Die hatte mir Tess letztes Jahr zusammen mit einem weißen Laken zum Geburtstag geschenkt. Ich liebte schwarz und weiß! Deswegen trug ich auch nur Kleidung in diesen Farben, die ja eigentlich keine Farben waren.
 

Ich wollte Tess eigentlich noch beim Aufräumen zusehen und dabei mit ihr über Morgen reden, aber ich fühlte mich mit einem Mal total schläfrig. Ich musste das jetzt ausnutzen, wenn ich schon mal früh ins Bett konnte. Heute hatte ich noch frei, aber Morgen würde der komplette Alltag wieder beginnen. Und mit dem Gedanken fielen mir auch schon die Augen zu...
 

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Das war also das erste Kapitel. Und was meint ihr? Soll ich weiterschreiben? Naja, es ist noch nicht soviel passiert, aber das ist für ein erstes Kapitel ja nicht so ganz untypisch... Ich wollte auch immer mal in der "Ich"-Form schreiben, ich hoffe ich mache das alles richtig ^^°
 

Ich denke, das nächste Chap werde ich auf jeden Fall noch schreiben, da wird's ein wenig spannender. Und dann, ja mal sehen, dann liegts an euch =)

Ein neues Mitglied

Da bin ich wieder, wie versprochen ;) Tja, also das wäre das 2. Kapitel. Ich hoffe alles in allem ein wenig unterhaltsamer als das erste. Hmja. Wie schon angedroht: Jetzt liegt es an euch, ob ich weiterschreibe oder nicht. Ist Erpressung ich weiß, aber was soll man machen ^^° ...
 

Der Falkenclan
 

Kapitel 2 - Ein neues Mitglied
 

"Romy! Romy, los aufstehen!!!" Die Stimme meiner Freundin riss mich unsanft aus dem Schlaf. Och nee, nicht aufstehen! Ich grummelte irgendwelche unverständliche Worte vor mich hin, zog mir die Decke bis zur Nasenspitze und kuschelte mich wieder ein.
 

Und WUMM, und weg war meine Decke. Empört öffnete ein Auge ein wenig und wollte gerade zum Protest ansetzten als Tess gleich noch nachsetzte: "Jetzt STEH AUF! Man Romy wir haben total verschlafen!!! Es ist halb neun!!!"
 

HALB NEUN?! So schnell war ich noch nie wach gewesen. Wie von der Tarantel gestochen sprang ich aus dem Bett, wobei ich versuchte, mir meinen Pyjama schon halb auszuziehen. Die Aktion endete damit, dass ich, das Gleichgewicht verlierend, umfiel und unsanft auf dem Boden landete. Tja, so fit ist man morgens kurz nach dem Aufstehen eben noch nicht. Stöhnend erhob ich mich und stolperte zum Kleiderschrank. Während ich mir hastig ein paar neue Klamotten überstreifte, schweifte mein Blick durch unser Zimmer. Na das sah ja prächtig aus...
 

"Du hast ja gar nicht mehr aufgeräumt.", stellte ich trocken fest. Tess die am Waschenbecken stand und gerade ein paar Buntstifte im Knoten ihrer Hochsteckfrisur befestigte sah sich schuldbewusst um. "Tja also weißt du... Ähm. Ich machs schon noch!" Typisch Tess. Sie hat ihren Kopf überall, aber nicht da wo er hingehört! Zwei Minuten später gelang es mir, Tess von ihrem Platz am Waschbecken zu vertreiben. Und um zwanzig vor neun rasten zwei ziemlich verpennt aussehende Elftklässlerinnen die Flure von Burg Sichelstein entlang. Jetzt musste ich auch noch das Frühstück ausfallen lassen, na wunderbar!
 

"Musst du auch in die Eingangshalle?", fragte ich Tess und keinen Wimpernschlag später rannte ich fasst in sie hinein. War die doch tatsächlich wie angewurzelt stehen geblieben! "Ich-Ich hab keine Ahnung... Der Kerl ist doch gestern sang und klanglos abgehauen. Der will sich bestimmt nicht mit mir treffen, was soll ich denn jetzt machen?" "Wie wärs mit: Ihn suchen?" Was Besseres viel mir gerade wirklich nicht ein, zumal ich mich selbst jetzt wirklich beeilen musste. "Was bleibt mir auch anderes übrig... Dann werd ich mal, machs gut!" Mit diesen Worten bog meine Freundin am Fuß der Eingangshallentreppe ab und ging in Richtung Jungenschlafsäle.
 

Mein Weg führte mich zu dem verstaubten alten Gemälde, das Burg Sichelstein zeigte und sicherlich schon vor der Internatszeit hier gehangen hatte. Seltsam... Eigentlich hätte ich ein ziemlich wütendes Zwillingspaar dort erwartet, bei dem ich mich erst mal fürs Zuspätkommen entschuldigen musste, aber stattdessen war nur eins dort: Gähnende Leere. Ich stand also vor dem Bild und sah ziemlich dumm aus der Wäsche.
 

Mit einem ziemlich unguten Gefühl in der Magengegend drehte ich mich einmal ganz langsam um die eigene Achse. Irgendetwas stimmte hier nicht. Misstrauisch beäugte ich die Umgebung bis ins kleinste Detail. Es herrschte überall erdrückende Stille, da ja der Unterricht schon längst begonnen hatte... Dann wurde es plötzlich kühl. Ein eiskalter Windstoß durchfuhr die große Eingangshalle. Verschreckt drehte ich mich um. Das Eingangsportal war weit aufgerissen. Und dann hörte ich etwas. Ein Flüstern. Fast wie ein eisiger Hauch... "Du kannst nicht entkommen... werde dir folgen... dich finden ... überall!" Meine Hand glitt langsam an meiner Kleidung entlang, bis ich ein kühles, festes Stück Metall zwischen meinen Fingern fühlte. Ich umklammerte es fest und sah mich dann entschlossen um. Jetzt hieß es Ruhe bewahren, was auch immer das war, als "Falke" war es meine Aufgabe es, möglichst ohne Aufsehen zu erregen, wieder dahin zu befördern wo es hergekommen war! Verdammt, und das gleich zu Anfang! Man, direkt nach den Ferien war ich bestimmt nicht in Höchstform!
 

Wieder erklang die schaurige, leicht blecherne Stimme "Komm... Komm zu mir..." Verflucht, was zum Henker war das?! Noch bessere Frage: WO war das?! Unsicher stieß ich mit dem Rücken gegen die Wand.
 

Und dann ging alles furchtbar schnell. Ich fühlte, wie von oben etwas auf mich zuraste, aber noch bevor ich mich verteidigen konnte, fühlte ich, wie es mich streifte. Erschrocken trampelte ich ein paar Schritte an der Wand entlang, geriet ins straucheln und war schon im Begriff meinen Dolch zu ziehen, als ich stockte.
 

Vollkommen perplex starrte ich dieses Ding vor mir an. Ein kleines, schwarzes Plüschknäuel, das wohl eine Spinne darstellen sollte, mit einem angebastelten Mikro baumelte vor meiner Nase herum. Die blecherne Stimme klang nun lange nicht mehr so unheimlich, könnte vielleicht daran liegen, dass mir statt einem heisern Flüstern schallendes Gelächter entgegenklang...
 

Ich brauchte ein paar Sekunden, bis mir die ganze Situation klar wurde. Ich sah hoch und erblickte - na, wen wohl. Trick und Track an der Balustrade über mir. Track hielt das Ende des langes Bandes an welchem die Spinne hängt in der Hand und Trick war im Besitzt eines kleinen Dinges, das wie ein Radio aussieht, aber wohl der andere Teil zum Spinnenmikro sein musste. Beide konnten sich vor Lachen schon fast nicht mehr auf den Beinen halten.
 

Wütend schnaubte ich auf. Ich schnappte mir das Spielzeug und drückte so fest zu, dass das übertragene Gelächter von einem hässlichen, knirschenden Geräusch übertönt wurde und schließlich ganz erlosch. Die beiden Übeltäter schienen zu bemerken, dass etwas nicht stimmte, aber bevor sie reagieren konnte, hatte ich mich mit einem mächtigen Satz nach oben begeben, auf dem Geländer aufgebaut und schaute wie ein Racheengel auf die Jungs hinunter.
 

Mit einem zornigen Blick warf ich ihnen die Überbleibsel ihrer "Spinne" vor die Füße. "Könntet ihr mir vielleicht mal verraten, was das sollte?!" Track, dessen Gesichtszüge ein wenig herber waren, als die des Bruders schaute schuldbewusst zu mir hoch. "Naja, wir hielten es für eine lustige Idee..." Die beiden schafften es nicht, ein schelmisches Grinsen zu unterdrücken. "DAS IST NICHT LUSTIG!!!!", brüllte ich aufgebracht.
 

Als die beiden vor Schreck zusammenzuckten und die Köpfe senkten tat es mir auch schon wieder leid. Die beiden konnten ja nicht wissen... Ich stieg hinunter und wuschelte den beiden grinsend durch das strohblonde Haar. "Hey, wieso probiert ihr solche Dinge nicht in Zukunft bei Leuten aus, dies verdient haben? Ihr werdet noch genug Gelegenheiten haben, glaubt mir..."
 

Hoffnungsvoll hoben die beiden wieder die Köpfe und lachten mit an. "Freunde?" Ich hielt ihnen die Handflächen hin. "Freunde!" Im Nachhinein war die ganze Sache sowieso viel zu offensichtlich gewesen. Von den anderen wäre bestimmt keiner auf so eine dumme Sache hereingefallen. Tja, ich musste noch viel lernen.
 

"Ok, dann legen wir mal los. Ich hab übrigens total verschlafen, entschuldigt bitte. Ja, also ich schlage vor..." Ich stoppte. Trick war zurückgeblieben und schaute traurig auf das, was ich von dem kleinen, gemeinen Gegenstand übrig gelassen hatte. "So ein Mist. Der ist hin. Und das war so 'ne Fummelei!"
 

"Ach was. Ich kenne jemanden, der das Ding im Nu wieder hinbekommt. In der zwölften Klasse gibt es einen Typen namens Bibo. Er ist auf so Sachen wie Computer und technische Spielereien spezialisiert. Fragt den heute Abend mal. Er hat braune Haare und ist ziemlich groß. Ihr könnt ihn gar nicht verfehlen.", tröstete ich.
 

"Ähhhm. Da gibt es ein kleines Problem..." druckste Track herum. "Hm? So? Und welches?", wollte ich wissen." "Tja, also heute Morgen hat diese aufgetakelte Zicke Lydia unsere Schwester beleidigt. Und später ist ihr dann dummerweise eine ganze Schüssel Müsli auf den Kopf ausgekippt. Und sie meinte ja unbedingt, wir wären das gewesen..." ergänzte Trick seufzend. Ich grinste. Na wie die DA denn wohl drauf kommt? "Und jetzt haben wir heute Abend ein Date mit unserem Klassenlehrer." "Gleich am ersten Tag. Na ihr seid mir vielleicht ein paar... Ok, dann frag ich ihn, wenn ich ihn mal sehe."
 

Wir stoppten an einem Treppenkreuz. "So. von hier aus kann man zu jedem beliebigen Teil der Burg kommen." Und so begann meine Führung durch die Burg. Es hab Schüler, die kannten sie nach ihrem ersten Jahr auswendig und solche, die am Ende ihrer Schulzeit nicht einmal jeden Winkel des Schlosses gesehen hatten. Ich hingegen gehörte eher zur ersten Gruppe. Ich hatte mich schon von Anfang an für die Burg interessiert und meine gesamte Freizeit dazu genutzt, sie besser kennen zu lernen.
 

Ich zeigte den Zwillingen alle Klassenräume, Fachräume, den Informatikraum, alle Aufenthaltsräume für die einzelnen Klassen wo ein Großteil der Hausarbeiten erledigt und auch sonst ein großer Teil der Freizeit verbracht wurde, die Räumlichkeiten der einzelnen Arbeitsgemeinschaften wie der Schülerzeitung, der Foto- und Film-AG, der Tanz-AG usw. die Flügel, in denen sich die Zimmer der Jungen aller Alterstufen befanden. Genauso wie den Flügel der Mädchen. Als wir zu diesem kamen erklärte ich: "So, prägt euch alles hier gut ein. Für die meisten ist die Führung der erste und letzte Besuch des jeweils anderen Flügels. Nur in absoluten Notfällen dürft ihr in den anderen Flügel."
 

Zuletzt zeigte ich den beiden die Bibliothek. Ich mochte unseren "Bücherfriedhof", eigentlich sehr gerne. Es war jetzt nicht so, als hätten wir einer Lagerhalle gleich endlos viele Regal-Reihen vollgestopft mit uralten Wälzern, aber eine gewisse Ansammlung von den verschiedensten Büchern gab es schon. Hier waren aber meistens nur die Schüler der höheren Klassen anzutreffen, die nach Informationen für den Unterricht suchten. Am Ende des Ganges, der zwischen den Bücherregalen herführte, waren ein paar große Fenster angebracht, die denjenigen in einer Kirche gleich kamen. Durch sie konnte man hinunter auf den Innenhof blicken. Dort war allerdings im Moment keine Menschenseele zu sehen, da ja alle Schüler schon Unterricht hatten. Fast alle.
 

Am Treppenkreuz trennten wir uns wieder. "Na dann, wir treffen uns um zwei draußen an der alten Linde, wie abgemacht.", verabschiedete ich mich. Für den Nachmittag hatte ich mir nämlich was Besonderes ausgedacht. "Was machen wir denn jetzt heute Nachmittag?", drängelte Trick. "Überraschung", grinste ich nur kurz. "Also, dann bis um zwei!", rief ich noch und wandte mich dann Richtung Ostflügel um die Stunde vor dem Mittagessen noch zum Relaxen auszunutzen.
 

Die beiden Jungs waren echt goldig. Ich war ja mal gespannt, wie es Tess so ergangen war. Mit diesem komischen Kerl. Irgendwie mochte ich ihn nicht. Er hatte so eine abweisende Art. Irgendwas war mit dem faul. Was, darauf konnte ich mir momentan noch keinen Reim machen, aber da war irgendwas.
 

So gedankenverloren stieg ich die Treppe zu unserem Zimmer hoch. "Hi Tess, bist du schon wieder d-" Das letzte Wort verschluckte ich vor Überraschung. Ich sah zu Tess' Bett herüber und unter einem Kissenberg von orange-roter Bettwäsche saß zusammengerückt ein wimmerndes Etwas. "Tess!", rief ich bestürzt und setzte mich auf die Bettkante. Als meine Freundin merkte, dass ich da war, zog sie sich die Decke vom Kopf. Sie sah wirklich fürchterlich aus. Die schwarzen Haare, waren total zerzaust und hingen nur noch halbherzig in der schönen Frisur. Das Make Up war verschmiert und in zwei nassen Striemen lief die Wimperntusche an ihren Wangen herunter.
 

Mitleidig nahm ich meine Freundin in den Arm und redete ihr beruhigend zu. "Hey..hey, was ist denn los?" "Ich werde nie wieder rausgehen, nie wieder!", schluchzte Tess. "Oh, Romy, dieser Blödmann und Ramona und - ach ich werde schrecklichen Ärger bekommen!" Na jetzt wollte ich aber wirklich wissen, was passiert war. Ich hielt Tess eine Armlänge von mir weg und forderte sie auf, zu erzählen.
 

"Ach weißt du, eigentlich gibt es da nicht viel zu erzählen. Ich bin also zu den Schlafsälen gegangen und hab gefragt, ob jemand Raphael heute Morgen schon gesehen hätte. Aber Fehlanzeige, niemand hat was bemerkt. Und sein Zimmernachbar war schon weg, also blieb mir nichts anderes übrig als zu suchen. Ich bin also los und hab ganz Sichelfels nach diesem unmöglichen Kerl abgesucht. Irgendwann, als es zum Ende der dritten Stunde läutete, bin ich Bibo in die Arme gerannt. Du weißt ja, dieser große Kerl auch aus der Zwölf. Man hatte mir gesagt, dass er mit Raphael ein Zimmer teilt, also hab ich ihn gefragt, ob er nicht wüsste, wo ich ihn finden könnte. Bibo hat mir dann erzählt, das Raphael gleich nach dem Aufstehen rausgegangen ist. Also hab ich da weitergesucht. Ich bin auch draußen das ganze Gelände abgelaufen, ohne Erfolg. Ich wollte mich gerade wieder umdrehen, da hab ich ihn gesehen. Er kam von der Waldstraße. Weiß der Teufel wo der gewesen ist! Ich habe dann also am Eingangstor gewartet, bis er kam. Aber meinst du der hat mich beachtet?! Sang- und klanglos ist der an mit vorbeigelaufen! Der hat einfach so getan, als wäre ich nicht da! Ich hab mir dann aber einen Ruck gegeben und bin ihm hinterhergelaufen. Ich hab ihm gesagt, dass ich ihn den ganzen Morgen schon gesucht hätte. Da hat er sich umgedreht. Und hat mich angesehen. Einfach nur angesehen. Das war total gruselig! Der hat ja so kalte Augen. Plötzlich hat er sich wieder zurückgedreht und ist weitergelaufen. Und ich bin ihm die ganze Zeit gefolgt, ich hab mich einfach nicht getraut, ihn noch mal anzusprechen. Und dann - kam auch noch Ramona mit ihrer Klasse." Tess Stimme versagte.
 

"Schon gut", meinte ich mitfühlend, "das kannst du dir sparen. Ich kann's mir schon denken, nach der Nummer gestern Abend.", seufzte ich. "Das kannst du nicht, es war so schrecklich. So erniedrigend! Ich hasse sie. Und diesen Idioten auch!!! Oh nein, wenn die Lehrer das erfahren mit ich meinen Mentortitel los, was soll ich denn bloß tun?" Wieder bahnten sich salzige Tränen den Weg über ihre Wangen.
 

"Aber es war ja nicht deine Schuld!", erwiderte ich heftig. "Du kannst doch nichts dafür, wenn dieser Typ sich so bescheuert benimmt! Du erklärst es der Finkenberg gleich beim Mittagessen einfach, sie-" "Nein, ich geh nicht runter!", erklärte Tess schon fast panisch. Ich seufzte. Dann würde ich sie eben fragen, aber davon sagte ich Tess lieber nichts.
 

Es gongte. War schon Zeit fürs Mittagessen? Sollte wohl so sein. "Ich geh jetzt auf jeden Fall essen. Soll ich dir was mitbringen?" Tess schüttelte nur den Kopf und ließ sich zurück in die Kissen sinken. Ich stieg die Treppe wieder runter und überlegte auf dem Weg zum Speisesaal, was man am besten gegen diesen Idioten unternehmen konnte. Eigentlich sah ich da nur eine einzige Möglichkeit. Das passte mir zwar ganz und gar nicht in den Kram, aber was sollte ich sonst tun. Dann musste ich jetzt wohl nur noch Frau Finkenberg davon überzeugen...
 

Im Speisesaal angekommen setzte ich mich zu den anderen an den Tisch. Tess war ganz plötzlich schlecht geworden, sie wollte sich bis heute Nachmittag lieber ausruhen, entschied ich. Nichts auf diesem Tisch ließ vermuten, dass es noch gestern so leckeres Essen gegeben hat. Seufzend tat ich mir den Eintopf auf. Naja, der schmeckte eigentlich ganz okay. Mir war ja eigentlich alles egal, so lange es keine Bohnen gab. Ich schlang das Essen rasch herunter, weil ich Frau Finkenberg nicht verpassen wollte.
 

"Hallo Romy! Ich hab dich gestern gar nicht mehr gesehen. Wie geht's?" Ich drehte mich um. Der Junge, der mich gerade mit seinem breiten Südstaaten Akzent angeredet hatte, war Bryan Anders, ein Junge aus meiner Klasse. Bryan war Anfang der 7. Klasse nach Sichelstein gekommen. Ursprünglich kam er aus den Staaten. Als er in unsere Klasse kam, machten alle einen ziemlich großen Aufstand und für fast jeden stand fest das "Bryan was von Romy will". Wahrscheinlich stimmte das auch und vielleicht stimmte es auch jetzt noch, aber das beruhte nicht auf Gegenseitigkeit.
 

Obwohl man sich einen Jungen wie ihn eigentlich nur wünschen könnte. Wie es sich für einen Amerikaner gehört, spielt er natürlich einen der Nationalsports wie Football, Baseball, oder wie es bei ihm jetzt eben der Fall war, Basketball. Und das verstand er richtig gut. Seit er Chef der Jungenmannschaft war, ging es mit den Erfolgen steil bergauf. Da hatte ich schon Mühe, meine Mädels genauso gut in Schach zu halten.
 

Und verstecken brauchte er sich auch nicht. Groß, breitschultrig, muskulös, braungebrannt, die dunkelblonden Haare hell gefärbt und verwuschelt vom Kopf abstehend, meerwassergrüne Augen, Zahnpastalächeln - ja er hätte sich ohne Probleme mit Brad Pitt messen können.

"Hey Bryan", begrüßte ich ihn. "Alles im grünen, und bei dir? Schöne Ferien gehabt?" "Echt super! Ich war in den Ferien wieder in den Staaten und hab endlich mal wieder ein gescheites Spiel gesehen!" "Wow, cool! Und mich hast du hier gelassen? Wie konntest du nur?", fragte ich gespielt beleidigt. "Kommt nie wieder vor, Ehrenwort!", entgegnete er lächelnd.
 

"Du, sorry, aber ich muss los. Ich muss noch dringend mit der Finkenberg reden. Wir sehen uns!" Ich erhob mich. "Romy warte mal!" Bryan hielt mich zurück. Fragend sah ich ihn an. "Werfen wir demnächst mal wieder ein paar Körbe zusammen? Ich hab da ne neue Technik, die musst du mal sehen!" "Ja aber immer doch", grinste ich. Dann drehte ich mich um.
 

Frau Finkenberg verließ gerade den Raum. Ich hechtete hinterher und hielt sie an. "Frau Finkenberg!"
 

Ich rannte die Treppen in den Ostturm hoch. Als ich die letzte Treppe nahm, rief ich schon mal Tess. "Tess! Los, mach dich mal wieder ordentlich zurrecht, du musst um zwei los!" Naja, dass sie nicht viel verstehen würde, war mir ja vorher schon klar. Also setzte ich zu einer knappen Erklärung an. Meine Freundin sah mich total perplex an.
 

"Getauscht?! Ist das dein Ernst?!" "Ja, so ist es. Und lass dir von den beiden Kleinen nichts vormachen, die haben's faustdick hinter den Ohren. Aber ihr werdet schon zurrecht kommen. Ich hatte vor mit ihnen eine Art Rallye zu machen. Hier sind ein paar Zettel, wo ich alles vorbereitet hab. Treffpunkt ist um zwei unten an der Linde."
 

Ihre Augen glänzten. "Oh Romy, das ist so lieb. Aber was ist den mit dir?" Ich lachte kurz und gehässig auf. "Ich? Oh, ich werde mich mal unseren lieben Herrn Mondstein vornehmen und ihm erklären, dass hier andere Sitten herrschen!"
 

Tja, ich hatte es tatsächlich getan. Ich hatte Frau Finkenberg gebeten, dass ich und Tess unsere "Schützlinge" tauschen dürfen. Tess würde mit den Zwillingen ebenso gut wie ich zurrecht kommen, und ich wusste auch schon, wie ich mir Raphael vorknöpfen würde.
 

Um zwei Uhr verließ ich mit Tess das Zimmer und während sie sich auf den Weg nach draußen machte, überlegte ich, wo ich Raphael suchen konnte. Gerade dachte ich daran, was ich machen sollte, wenn er auf seinem Zimmer war wo ich ja nicht hindurfte, als ich ihn die Eingangshalle durchqueren sah. ,Göttliche Eingebung', dachte ich grinsend und lief ihm hinterher.
 

"Hier, den soll ich dir von Frau Finkenberg geben", mit diesen Worten drückte ich ihm den Zettel mit der Erklärung in die Hand. "Wir haben getauscht, Tess und ich", erklärte ich knapp. Ich sah ihn an um zu sehen, wie er reagieren würde. Er warf einen kurzen Blick auf den Zettel, dann sah er kühl an. Wollte er mich damit einschüchtern? Pah, Weihnachten! Da musste er schon früher aufstehen.
 

"Naja, eigentlich unternimmt man ja nachmittags irgendetwas, aber da du ja heute früh schon raus warst, hab ich gedacht, ich zeig dir jetzt die Burg. Einverstanden?" Immer noch sah der Kerl mich so an. Meine Güte! "Hey, was ist?", fragte ich forsch, "hast du deine Zunge verschluckt?!" Etwas genervt erhob er nun zum ersten Mal seine Stimme. Sie war dunkel, aber melodiös. "Ich habe nicht vor, an einer dieser kindlichen Aktivitäten teilzunehmen." Oh, der Herr war sich zu fein? Na, DAS hatten wir gerne.
 

"Tja, das ist dein Pech, ich bin dein Mentor und du musst dir wohl oder übel alles von mir zeigen lassen" klärte ich die Sachlage. "Ist ja sehr zuvorkommend, aber ich bin keine fünf mehr, ich finde mich selber zurecht. Ich habe nicht um einen ,Mentor' gebeten. Und jetzt lass mich bitte in Ruhe." Seine Stimme war ziemlich kalt und obwohl er höflich gesprochen hatte, war ich mir sicher, dass ich ihn nervte. Aber das beruhte ja nur auf Gegenseitigkeit.
 

"Jetzt hör mir mal zu! Hier ist es nun mal Tradition, dass alle Neuen, egal ob 5. oder 13. Klässler ihren Mentor haben. Nur weil du keine Lust darauf hast und dich für ach-so-selbstständig hälst, wird hier keine Ausnahme gemacht! Ich hab die Aufgabe dir die Umgebung zu zeigen und genau DAS habe ich auch vor! Und jetzt komm mit, oder willst du hier Wurzeln schlagen? Wie gehen hoch!"
 

Jetzt sah er aus, als hielte er das ganze für einen Witz. Und er machte keine Anstalten mir zu folgen. Mein Gott, langsam wurde mir das zu bunt! Wütend drehte ich wieder um, packte ihn am Handgelenk und zog ihn hinter mir her. "Soll ich dich jetzt an die Kette legen, oder kommst du freiwillig mit?" Ärgerlich zog er seine Hand weg. "Na geht doch."
 

Genau wie heute Morgen die Zwillinge führte ich nun Raphael kreuz und quer durch die ganze Burg. Allerdings war es nicht halb so lustig wie heute Morgen. Ich hatte eher das Gefühl, ein Eisblock würde hinter mit her laufen. Die Hände in den Taschen, den Blick abgewandt lief er lustlos neben mir her. Ich wusste nicht mal, ob er überhaupt ein einziges Wort aufnahm, von dem was ich ihm unterwegs erzählte.
 

Irgendwann gegen Spätnachmittag kamen wir in die Bibliothek. "Das hier ist unsere Bibliothek. Also falls du mal irgendwas nachschlagen musst, geh hierhin, hier findet man so ziemlich alles. Geleitet wird das hier von der Bibliotheks-AG und-" "Gibt's hier auch Bücher über die Burg?" Total überrascht sah ich ihn an. Nicht nur, dass er mal von sich aus nach fast 3 Stunden was gesagt hatte, nein er interessierte sich auch noch für die Burg!
 

"Du interessierst dich für die Burg?", fragte ich deswegen etwas perplex. "Warum nicht?" Er zuckte mit den Schultern. "Schließlich verbringt man die ganze Zeit hier und die meisten Burgen haben eine recht interessante Geschichte." Mit einem Mal war er mir schon sehr viel sympathischer. Ich strahlte. "Ja stimmt! Die Geschichte von Sichelstein ist total spannend! Es gibt hier haufenweise Bücher in denen man was findet. Die hab ich aber fast alle schon durch. Ich könnte stundenlang darüber reden!" schwärmte ich.
 

Und dann stürmte ich sofort los. Dritte Reihe links, ganz am Ende der Regalreihen standen die ganzen Bücher. "Hier", klang meine Stimme dumpf vom Ende des Ganges, "das ist ein ziemlich neues Buch indem alles Wissenswerte steht. Halt so an Basiswissen. Damit würde ich anfangen." Ich drückte ihm den Wälzer in die Hand. "Danke" Danke?! Naja, unhöflich war er ja wirklich nicht. "Auf dem Buchrücken steht eine Nummer. Du nimmst dir da vorn eine Karteikarte, füllst sie aus und schreibst dann die Nummer von dem Buch drauf", erklärte ich deswegen großzügigerweise.
 

Um kurz vor sechs trennten wir uns wieder. "Tja, also dann ciao. Und wenn du irgendwas wissen willst kannst du mich fragen, okay?" "Jaja, schon gut" mit den Worten drehte er sich um und lief in Richtung Jungenschlafsääle davon. Ich seufzte. Den verstand mal einer!
 

Beim Abendessen berichtete Tess mir von dem Nachmittag mit den beiden Jungs. Sie war total beigeistert und Trick und Track schien es auch gefallen zu haben. Ich war froh, dass sie wieder lachen konnte. Und ich lebte ja schließlich auch noch. Später saßen wir bei den anderen im Aufenthaltsraum und unterhielten uns ein wenig. Ich quatschte mit Bryan noch ein wenig über das Spiel, was er Live hatte mitverfolgen dürfen, hinter unserem Rücken tuschelten ein paar Weiber wieder über diverse Beziehungsgerüchte und Lydia beklagte sich bei den anderen über Ramona - es war eigentlich wie immer. Um neun verkündete Tess, dass sie hochginge, weil sie müde war. Ich grinste. So früh schon? Das passte mir wunderbar in den Kram!
 

Eine halbe Stunde später verabschiedete auch ich mich. Leise schlich ich unser Zimmer hoch. Von Tess' Bett aus vernahm ich ruhiges, gleichmäßiges Atmen. Gut, sie schlief also schon. Ich nahm meine Jacke vom Stuhl und machte mich dann am Fenster zu schaffen. Ich stelle es offen, kletterte hinaus in die frische Nachtluft und zog es dann von außen wieder zu und stellte es auf Kipp.
 

Meine Augen gewöhnten sich schnell an die Dunkelheit und im hellen Licht der Sterne, sprang ich leichtfüßig vom Fenstersims auf das tiefer liegende Vordach. Ich sah mich um, ob mich auch niemand gesehen hatte. Das schien nicht der Fall zu sein, denn alles lag ganz ruhig da. Ich lächelte zufrieden, denn jetzt würde nichts mehr schief gehen. Ich legte vorsichtig die Spitzen meiner Zeigefinger aneinander, schloss die Augen, konzentrierte mich mit aller Macht und war im nächsten Augenblick nicht mehr zu sehen.
 

Die Unsichtbarkeit brachte mir jedes Mal aufs Neue eine Unglaubliche Freiheit. Niemand konnte mich sehen, alle Wege standen mir offen. Ich hüpfte fröhlich vom Dach herunter und bewegte mich schnell in Richtung Hof. Immer wenn ich nach einem Sprung wieder auf dem Boden aufsetzte, stoben die Kieselsteine auseinander. Gedankenverloren bewegte ich mich weiter.
 

Aber plötzlich hörte ich das große Eingangsportal knarren. Himmel! Hoffentlich hat mich niemand gesehen!!! Schnell war ich auf der Waldstraße und damit außer Gefahr. Genüsslich stob ich durch die dunkle Nacht. Nach einer Weile kam ich an meinem Ziel an. Dunkel und still, lag das große, alte, Landhaus in der kühlen Nachtluft. Das schon etwas mitgenommen aussehende Anwesen lag ein paar Kilometer vor der Stadt und der Garten drumherum war so ungepflegt, dass das Haus sich hier schon ein "Spukhaus-Image" zugelegt hatte.
 

Ging ja auch ganz schön gruselig zu da drinnen... Bei dem Gedanken daran, was für ,gruselige Monster' darin hausten musste ich unwillkürlich auflachen. Ich öffnete die schwere Eichentür. Ich hörte Stimmen aus dem großen Speisesaal. Ohje. Eine Besprechung. Mist, Besprechungen begannen immer um Punkt zehn Uhr! Ich lief schnell zur Tür und schlüpfte in den Raum.
 

"Ach sieh an. Unser Küken ist wieder im Lande. Und wie immer ein bisschen spät dran." Ein junger Mann mit weißblondem Haar, der gerade noch zu einen undefinierbarem Punkt in der Nähe der Tür geschaut hatte, sah nun auch schon wieder in zwei vor Zorn funkelnde braune Augen. "Sehr witzig Tom! Ich wusste ja nicht mal das wir ne Besprechung haben!" "Schon gut Romy, du kennst ihn. Aber jetzt machs dir gemütlich, es wird spannend!", meinte Julia. "In wiefern?", wollte ich wissen. Aber da wandte sich Julia auch schon zu der offen stehenden Tür, die in den nächsten Raum führte. "Es sind alle da, wir können loslegen!"
 

Aus der Tür kam eine schmale Person. Margarete war schon alt. Sehr alt. Ihr Haar strahlte in einem unglaublichen weiß und sie strahlte eine solche Weisheit und Stärke aus, dass mir jedes Mal ein Schauer über den Rücken lief. Ihre blau-grauen Augen blickten im Raum umher, in dem es bei ihrem Betreten schlagartig ruhig geworden war.
 

"Liebe Freunde", erhob sie ihre gütige Stimme, "ich freue mich sehr, dass wir heute Abend wieder komplett sind, da ja viele von euch die Möglichkeit der Ferien genutzt haben um mit der Familie oder allein im Ausland neue Erfahrungen zu sammeln." Dabei lächelte sie in die Runde. "Aber eigentlich hat die Besprechung heute Abend einen ganz anderen Grund."
 

"Ich möchte euch mitteilen, dass wir ab heute ein neues Mitglied des Falkenclans in dieser Region begrüßen dürfen!" Ein neues Mitglied? Cool! Bis jetzt war ich fast fünf Jahre lang "Die Neue" gewesen. Wer jetzt wohl kam? Margarete sprach auch schon weiter. "Vielleicht wird ihn der eine oder andere schon mal gesehen haben, bei Romy bin ich mir dessen sogar ziemlich sicher, denn unser Neuer besucht ebenfalls das Internat Sichelstein."
 

WAS? Vom Internat? Plötzlich hatte ich ein seltsames Gefühl in der Haut. Und dann blitzte es plötzlich durch meine Erinnerungen. Der Blick. Das seltsame Gefühl. Die Distanz. Konnte das sein?
 

"Jetzt komm bitte herein, hier beißt dich keiner", erklang die freundliche Stimme Margaretes.
 

Jetzt betrat die Person den Raum, mein Herz schlug bis zum Hals - und setzte im nächsten Augenblick ein paar Schläge aus...
 

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Muaahhh, Cliffhanger!
 

Fies? Naja, erst mal muss ich mich für die lange Wartezeit entschuldigen. Ich hatte so ein paar Kreativitätskrisen (ich liebe das Wort ^o^). Die Stellen die ich überbrückt habe sind auch echt schlecht geworden. Ich bin auch nicht zufrieden, aber ich hatte einfach den Papp auf, weil einfach nicht wusste, wie ich weiterschreiben sollte und alles hat sich so lang hingezogen.
 

Dafür hab ich ein paar andere Sachen reingebracht, die überhaupt nich geplant waren! Da wäre zum Beispiel die Sache mit Bryan. Nicht nur die Szene war nicht geplant, nein die komplette Figur ist mal eben so entstanden. Genauso wie das mit dem Basketball. Warum gerade Basketball? *gg* Inspiriert durch einen Klassenkameraden (ich kann nur hoffen, dass er nie die Geschichte lesen wird - ahh peinlich! ^^°) Mir gefällt Bryan aber ganz gut. ;)
 

Also stell ich es jetzt einfach on und warte ab wies ankommt und wenn's nicht ankommt... heul ich mein Kopfkissen voll. Ach nein, besser - ich überarbeite das ganze bei Lust und Laune noch mal. Oder - ach ich weiß nicht! Sagt mir bitte einfach, wie ihrs findet!
 

So und jetzt zu euren ganzen lieben Kommentaren:
 

@Fy: Daaaaanke *knuddel* Tja was ,Internatsgeschichten' angeht: Dolly 4 Ever, weißt ja ;) Und die Idee hab ich ja von dir geklaut ^^°
 

@Rouge: Ok, sorry so GANZ schnell ging's nicht *schuldigung* Aber danke für die Komplimente!!! Wird versuchen so weiterzumachen ;)
 

@Estel: *ahhh* *kreisch* Ich hätte ja niiiee gedacht, dass ich einen Kommi von jemandem kriege, von dem ich sonst noch nie was gehört hab. Vielen Dank!
 

@yvonne1: *nochmalkreisch* Noch jemand! Danke!!!
 

@ninax: Auch dir danke ;) Tja, das lässt sich bei solchen Geschichten nicht vermeiden. Aber wenn dann eher Dolly...

Verschwörungen

ELF! E-l-f... Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen!!! Ohh, ich hab mich ja so gefreut über diese vielen Kommis, ich konnte mein Glück kaum fassen!!! Es bereitet mir solche Freude, dass so viele Leute meine FF lesen, das könnt ihr euch gar nicht vorstellen! Vielen, vielen Dank! *edit: 13! /*edit
 

Der Falkenclan
 

Kapitel 3 - Verschwörungen
 

Wolkenfetzen jagten über den sonst sternenklaren Himmel. Das Eingangsportal von Burg Sichelstein öffnete sich knarrend. Die vermummte Gestalt zuckte leicht zusammen als sie das Geräusch von knirschendem Kies ganz in der Nähe vernahm und verbarg sich im Schatten der schweren Tür. Aber die Geräusche erstarben rasch und er konnte es nun wagen sich im Schutze der Dunkelheit schleichend über den Hof hinüber zu dem Waldstück zu begeben. Langsam verschwand er im Wald und verschwamm allmählich mit der Dunkelheit...
 

"BUH!"
 

"AH!" Total erschrocken wand er sich mit einem Ruck um. "Bist du wahnsinnig geworden?!", zischte es unter dem schwarzen Umhang her. "Hey Alter! Wusst' ich doch, dass du das bist!" Raphael sah sich einem jungen Mann gegenüber, ungefähr so alt wie er selbst. Der Mann hatte hellblonde, fast weiße, lange, glatte Haare, die er in einem Pferdeschwanz trug. Er war groß und schlank. Seine Haut leichenblass. Und doch lag auf seinen Lippen ein schalkhaftes Grinsen. Zwei lange, spitze Eckzähne blitzten im silbernen Mondlicht auf.
 

Der schwarzhaarige ließ seinen Umhang hinab gleiten. Mit einem emotionslosen Ausdruck in den Augen musterte er den Vampir. "Poldi, schön dich mal wieder zu sehen. Ich merke du erfreust dich bester Gesundheit." Sein Gegenüber verzog leicht das Gesicht. Er hasste es, aufgezogen zu werden. "Tja, Raffi-Schätzchen-", er legte eine kleine Kunstpause ein, "bis auf die Tatsache das ich immer noch tot bin, geht's mir prächtig."
 

"Untot träfe es wohl eher. Und hüte deine Zunge, du weißt mit wem du hier sprichst." Der Blick aus den grauen Augen war kälter als je zuvor. "Schon gut, großer Meister", beschwichtige der Blonde ihn, "Nicht gut drauf heute, was? Eigentlich haben wir noch nicht mit dir gerechnet. Sagtest du nicht, du wolltest erst im Winter anreisen?"
 

"Ich habs mir anders überlegt. Es ist unauffälliger zu Schuljahresbeginn anzureisen. Alles andere würde nur zuviel Aufmerksamkeit erregen. Außerdem werden diese Falken langsam lästig!", Raphael lehnte sich gegen einen Baumstamm. Ein bitteres Auflachen klang von dem Mann her, den er mit "Poldi" angeredet hatte.
 

"Lästig, wenn es nur das wäre. Sie sind schlimmer als eine Plage. Wo wir auch sind, sie lauern uns auf. Wir haben kaum noch Gelegenheit Nahrung aufzunehmen. Ihre Ausbildungen werden von mal zu mal besser. Die Mitglieder zahlreicher. Es... Sie sind-" Er brach ab und starrte mit hasserfülltem Blick auf den Waldboden. "Emilia ist vor ein paar Monaten ermordet worden. Sie hat sich auf der Suche nach Essen zu weit an den Stadtrand herangewagt. Einer von diesen Schweinen hat sie geschnappt. Verfluchte Bastarde!"
 

Raphael sah seinen Freund betroffen an. Emilia war, soweit er wusste, sein Mädchen gewesen. Der Vampir hatte sie wohl sehr gern gehabt. Geliebt... Der Schmerz schien schon etwas abgeklungen zu sein. Deshalb ging er nicht näher darauf ein. Es ging jetzt in erster Linie darum, dass diese verdammte Falkenclan-Organisation den Vampiren immer gefährlicher wurde. Viel zu gefährlich.
 

"Hör zu. Ich bin hier um das zu regeln. Freiwillig bin ich bestimmt nicht in dieses gottverlassene Nest gekommen. Auf der Schule ist irgendwo ein Falke. Und junge Mitglieder sind die instabilsten. Durch ihn kommen wir an die Regionszentrale. Dann können wir zuschlagen."
 

"Wie ist es denn eigentlich, so als kleiner Schuljunge?", fragte der Vampir grinsend. Raphael seufze schwer. "Frag nicht. Es ist einfach schrecklich. Die haben mir gestern so ein ängstliches Gör angehängt, die mir "alles zeigen sollte". Ein Blick hat gereicht um sie zum Schweigen zu bringen. Allerdings ist sie mir die ganze Zeit gefolgt und ich konnte mich drinnen nicht ungestört umsehen. Noch bescheuerter ist, dass ich seit heute Nachmittag noch eine andere an der Backe habe. Es ist mir verdammt noch mal nicht gelungen sie abzuwimmeln. So was von nervig!", grummelte der schwarzhaarige ungehalten.
 

Der andere lachte. "Oh man, was ein Stress..." "Tja, wenigstens scheint sie ziemlich gut über die Burg bescheid zu wissen. Und dieses Wissen könnte noch recht nützlich sein...", räumte er dann wiederum ein. "Och, wenn sie dir zu nervig werden, schick sie doch mal zum Essen vorbei. Wir würden uns sehr freuen..." Die beiden jungen Männer lachten.
 

Aber plötzlich hielt Raphael inne. Mit einem Ruck drehte er sich um. Aus einem Gebüsch etwas weiter weg war ein Rascheln gekommen. Er verengte die Augen zu Schlitzen und im nächsten Augenblick krochen bläulich-weiße Flammen an den Zweigen hoch. Ein paar Sekunden später war das Gestrüpp zu Staub zerfallen. Ein kleines Mädchen kauerte nun ungeschützt auf dem kalten Waldboden. Sie trug nur ein weißes Nachthemd und durch ihre langen, schwarzen Haare strich sacht der Wind. Ihre großen Augen blickten angstvoll zu den beiden Männern hinauf.
 

Raphael sah sie an. Dann streckte er langsam seinen Arm aus. An der Handfläche bildete sich ein kreisender Faden von schwarzem Dunst. Mit einer Handbewegung und den leisen Worten "Tja Kleine, zur falschen Zeit am falschen Ort..." schickte er ihn los. Ehe sich die Kleine versah, hatte der dichte schwarze Nebel sie gänzlich verschluckt. Erbarmungslos drückte er auf die Sinne. Er drang ein in Mund, Nase, Ohren, in Nerven und Blut. Der kleine, wehrlose Körper zuckte unter Todesqualen noch ein paar Mal auf, bevor auch die Luftzufuhr verpestet war. Ein unterdrücktes Keuchen, ein kläglichen Wimmern und das Mädchen lag regungslos auf dem Waldboden. Ihre Augen weit aufgerissen, blutunterlaufen. Die Haut kalkweiß und ein dünnes Rinnsaal von tiefrotem Blut, das an ihren Lippen herablief. Das alles noch immer überdeckt von einem schwachen, schwarzen Dunst. Sie war tot.
 

"Man Raphael! Das wäre so ein schöner, kleiner Imbiss zur Mitternacht gewesen!", schmollte der hellblonde Vampir. "Leopold von Michterhan, jetzt sei nicht so verfressen!", gab Raphael amüsiert zurück. "Grausam wie eh und je", seufzte Leo, "meinst du echt, die hätte uns verraten?" "Lieber ein Toter mehr, als einen Zeugen der uns verrät. Ich muss jetzt gehen. Ich will nicht, dass mein toller Zimmernachbar meinen kleinen Ausflug spitzkriegt. Ich komme die Tage mal wieder vorbei. Au revoir, mein Freund!"
 

Und mit diesen Worten war Raphael, in seinen Umhang eingehüllt, in der Dunkelheit verschwunden.
 

Leo seufzte. Sein Blick fiel auf das kleine Mädchen. Noch immer lag sie unverändert da. "Na toll, und wer räumt hier jetzt auf?", grummelte der Vampir zu sich selbst. Er warf einen Blick auf den schwarzen Dunst. "Na, ich pack die ganz sicher nicht an". Er wandt sich um und machte sich auf die Suche. Auf die Suche nach einer weitern, unschuldigen Seele, die ihr Leben heute Nacht lassen sollte. Damit er die nächste überleben würde...
 

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"BIBO?!", hallte mein überraschter Aufschrei durch den Saal. A-aber ich dachte - wieso um Himmels Willen denn Bibo?! Irgendwo im Raum räusperte sich jemand. Ich wurde rot, hatte gar nicht bemerkt dass ich aufgesprungen war, und ließ mich jetzt wieder in den Sessel sinken.
 

"Dies ist Christian Borke. Er ist 17 Jahre alt und besucht, wie ich gerade erwähnte, wie Romy das Internat Burg Sichelstein. Und ab heute ist er ein Bestandteil des Clans. Ich hoffe ihr nehmt ihn gut auf." Margarete schob den großen, schlaksigen Jungen in die Mitte des Raumes wo er nun schutzlos den neugierigen Blicken ausgeliefert war. "Und nun, möchtest du vielleicht selbst noch etwas sagen Christian?"
 

"Ähm.." Bibo wurde rot. Aber dann räusperte er sich und sagte: "Naja, eigentlich möchte ich nur sagen, dass ich von so gut wie niemandem "Christian" genannt werde, viele wissen nicht einmal dass ich so heiße. Ich werde Bibo genannt. Und ich will noch sagen, dass es mir einen große Ehre ist, auch wenn ich es immer noch nicht so recht glauben kann, was hier so alles passiert."
 

"Da sei unbesorgt, du wirst es eher fassen können, als dir lieb ist", meldete sich nun ein etwas stämmiger, älterer Mann, der am Fenster gestanden hatte. Er lächelte Bibo freundlich an.
 

"Romy?" Ich drehte mich um. Dann ging ich zu Margarete herüber, die mich gerufen hatte. "Ich hatte gedacht, vielleicht könntest du Christian alles hier zeigen. Ihr kennt euch doch sicherlich schon." "Ja gern", erwiderte ich.
 

"Los, komm mit Großer", grinste ich und deutete ihm mir zu folgen. Und so führte ich zum dritten Mal an diesem Tag jemanden herum. "Das gerade war der Speisesaal. Eigentlich sind wir dort nur, wenn ein wichtiges Treffen ansteht. Sonst sitzen wir meistens da rum..." Und mit diesen Worten öffnete ich eine Tür die in eine Art Wohnraum oder Salon führte. Im Kamin prasselte ein Feuer, vor den großen Fenstern hingen schwere Vorhänge und auf dem dicken, alten Teppich standen ein paar bequeme Sessel.

Bibo schaute sich neugierig alles an. Nach dem Salon nahm ich mir das obere Stockwerk vor. Eine breite Treppe führte hinauf. Oben gab es ziemlich viele unbenutzte Zimmer und deshalb zog es dort recht heftig. Auch das Dach war an einigen Stellen zerstört und nur notdürftig wieder geflickt worden. Aber irgendwie war ich nicht Recht bei der Sache. Den Schock, dass Bibo von nun an das Geheimnis um den Falkenclan mit mir teilen sollte hatte ich so halbwegs verkraftet, aber... Aber da war diese Sache mit Raphael. Ich war mir so sicher gewesen! Ich meine, ok, er könnte ein ganz normaler, verschlossener, arroganter Gruftie sein, nur irgendwie glaubte ich nicht so recht daran. Er war so..., ja, irgendwie so geheimnisvoll.
 

"Nicht wahr?", riss mich eine Stimme aus meinen Gedanken. "Hä?", ziemlich bedäppert sah ich Bibo ins Gesicht. "Na, Raphael. Ich bin leider Gottes mit ihm auf einem Zimmer, weißt du. Er ist wirklich sehr seltsam drauf..." Bedäppert änderte sich auf: Zu Tode erschrocken!
 

"W-was?! A-aber ich hab doch gar nicht-" Ich brach ab. Immer noch zu geschockt von dem, was gerade passiert war. Ich war mir ganz sicher: So sehr ich auch mit den Gedanken abgeschweift war, ich hatte nicht vor mich her geredet! Während mein Gehirn auf Hochtouren arbeitete, sah ich noch immer hoch, in das Gesicht von Bibo.
 

Dessen Gesichtsausdruck änderte sich plötzlich genauso rasch, wie meiner vorhin. Von verwirrt auf - entsetzt. Er schlug sich die Hand vor den Mund. "Oh SORRY! Tut mir Leid, Romy, wirklich!! Ich hab das nicht gewollt, es ist einfach so passiert!" HÄ?! Jetzt verstand ich gar nichts mehr. Ich glaube, ich gehe dann mal wieder zu ,bedäppert' über...
 

"...Margarete hatte mir noch eingeschärft, vorsichtig zu sein. Aber, nunja das ist alles noch so neu für mich und ich habs einfach nicht so unter Kontrolle, wie ich mir das vorgestellt hab!" Gaaanz langsam setzten sich die Rädchen in Bewegung. Zweiundzwanzig....Dreiundzwanzig - Pling! Ich lachte laut auf. "Ach SO ist das! Deine Fähigkeit natürlich. Du kannst - Gedankenlesen?! Wow!"
 

Erleichtert bildete sich ein Grinsen auf seinen Lippen. Er wurde rot. Dieser schüchterne Kerl, wie süß. Innerlich musste ich grinsen. "Jaa, allerdings. Naja, wie gesagt, ich habs nicht unter Kontrolle..." "Ach, das ging mir genauso, keine Panik. So gut wie keiner beherrscht seine Fähigkeit von Anfang an perfekt. Aber den Dreh hast du bald raus." "Was... was ist denn deine Fähigkeit, wenn ich mal so direkt fragen darf?"
 

Meine Güte, der Kerl war schüchtern. Ok, ich konnte ja nicht von einem Jungen erwarten, der meiner Erfahrung nach immer als stiller Außenseiter gegolten hatte, dass er sich mit mir so locker unterhielt wie mit seinem besten Freund. Ich war ja nun mal an der Schule bekannt wie ein bunter Hund. Zugegeben - es gefiel mir schon irgendwie...
 

"Jep, darfst du! Und wo wir schon mal dabei sind: Du kannst mich von nun an alles fragen, wonach es dir beliebt. Ich finde es richtig klasse, dass ich jetzt einen Falken immer so unmittelbar in meiner Nähe habe. Auf uns kommt noch viel Arbeit zu, du wirst sehen... Und das wird nicht immer ganz ungefährlich werden. Aber du wolltest ja was zu meiner Fähigkeit wissen. Nun. Schließ mal bitte ganz kurz die Augen."
 

Bibo tat, was ich sagte. Ich legte rasch wieder meine Finger übereinander und brachte all meine Konzentration auf, so wie ich es immer geübt hatte. Dann ging ich grinsend einmal um den Hünen herum, stellte mich auf die Zehenspitzen und flüsterte ihm ins Ohr: "Du kannst sie wieder aufmachen!"
 

Erschrocken wand er sich um. Aber seine Augen blickten ins Leere. Ich amüsierte mich königlich über dieses dumme Gesicht und das verdutzte Mienenspiel. Er drehte sich einmal um die eigene Achse, doch so sehr er auch alles genaustens absuchte: Er konnte mich nicht sehen. War ja auch nicht weiter verwunderlich, ich WAR ja auch nicht zu sehen.
 

"Romy, lass die dummen Scherze! Komm raus!", sagte er sichtlich verunsichert. "Wo raus denn? Ich bin doch hier", erwiderte ich scheinheilig. Jetzt noch verunsicherter trat er einen Schritt von mir weg. "Was soll das?!" "Du wolltest doch wissen, was meine Fähigkeit ist, oder? Hier sieh." Ich zwickte ihn lächelnd in die Seite. "Au!" Einen weiteren Schritt tat er nun zur Seite. "Du bist unsichtbar?" "Jep!", bestätigte ich lächelnd. "Aber das geht nicht! Das ist unmöglich! Das ist physikalisch völlig unmöglich!"
 

"So?" Ich schloss kurz die Augen um die eigenartige Barriere, die ich immer in meinem Inneren bildete, wenn ich unsichtbar war, fallen zu lassen. Als ich sie einen Bruchteil einer Sekunde später wieder öffnete, war ich wieder live und in Farbe zu sehen. "Und wie erklärst du dir den physikalischen Hergang des..." GEDANKENLESENS? Ich brachte den Satz in meinem Kopf zu Ende, konzentrierte mich auf das letzte Wort und sah dabei meinem Gegenüber fest in die Augen. In irgendeinem Buch hier hatte ich gelesen, dass Blickkontakt das Gedankenlesen ungemein erleichterte. Es schien auch geklappt zu haben, denn Bibo blickte mit einem Mal sehr verlegen drein.
 

"Du hast Recht. Ich kann mir das bloß einfach nicht so genau vorstellen...", erklärte er mir seufzend. "Oh, das wirst du schon noch lernen. Du neben deiner eigenen auch alle anderen Fähigkeiten lernen. Beherrschen kannst du natürlich immer nur die eigene, aber du musst über einfach alle bescheid wissen. Und das sind nicht gerade wenige!"
 

"Ja, Margarete sagte mir schon, dass ich viel nebenbei lernen müsste. Sowohl theoretisch als auch praktisch." Ich lächelte in mich hinein. "Ist sie nicht eine wunderbare Person?" "Ja das stimmt. Sie kam mir gleich so...so weise vor, ja das ist es. Unglaublich alt und weise. Aber in keinster Weise schwach! Weißt du, wie alt sie ist?" Ich lächelte wieder und sah ihn an. "Vielleicht wirst du mir nicht glauben. Ich konnte es zuerst auch nicht fassen. Aber ich verspreche dir, du wirst in nächster Zeit noch so viele unglaubliche Dinge kennen lernen, dass du auch dies irgendwann glaubst. Margarete ist sehr alt. Sie überlebte viele ihrer Freunde, sehr viele. Ebenso wie ihre gesamte Familie. Sie erlebte viele solcher Sommer wie jetzt. Um genau zu sein waren es bis jetzt siebenhundertneunundsechzig..."
 

Wir liefen gerade die breite Treppe wieder herunter und bei den letzten Worten geriet Bibo ins Stolpern und krallte sich hastig am Geländer fest. "Was?", flüsterte er heiser. "A-aber das ist-" Ich blickte ihn verständnisvoll an und während ich das leise Wort erklingen ließ, kreuzte ich die Finger. "Unmöglich?", klang es von einer unbestimmten Stelle auf der Treppe her. Eine Sekunde später konnte er mich wieder vor sich sehen.
 

Nun hatte ich ihn aber langsam vollkommen überfordert. Er kratzte sich am Kopf und sah skeptisch auf mich herunter. Tja, überstrapazieren wollte ich ihn nicht. "Komm mit", bat ich ihn deshalb, "Ich hab zum Erzählen lieber einen ruhigen Ort." Ich öffnete eine Tür, die gegenüber der des Speisesaals lag und bemerkte erst beim Hineingehen dass ich auch die dritte Führung an diesem Tag mit der Bibliothek beendete.
 

Allerdings war das Bücherzimmer des Hauptquatieres im Vergleich zu dem der Burg sehr klein. Es war einfach ein Raum, auf dem Boden ein weicher, dunkler, violetter Teppich, an den großen Fenstern schwere Samtvorhänge in derselben Farbe. Zwei Wände waren komplett bis unter die Decke mit Büchern zugestellt. Es gab einen Schreibtisch mit einer alten, englischen Leselampe und eine Sitzgruppe in der anderen Ecke des Zimmers bestehend aus einem kleine Tisch, einer weichen Couch und zwei ebenso weichen, großen Sesseln. Das sachte Leuchten der Wandleuchter tauchte den Raum in schummeriges Licht.
 

Ich kuschelte mich in einen der Sessel und Bibo nahm gegenüber von mir Platz. Dann begann ich zu erzählen. Ich erzählte ihm alles, was ich über Margarete und den Falkenclan wusste, alles was man auch mir erzählt hatte.
 

"Weißt du, Margarete war eine der Gründungsmitglieder des Falkenclans. Denn gegründet wurde er im Jahre 1300. Es war im Mittelalter und zu der Zeit war vieles anders. Es gibt tausende Legenden über diese Zeit und ebenso viele Menschen, die sie erzählen, aber kaum jemand ahnt, dass das, was er da erzählt zum größten Teil wahr ist und nur ein wenig ausgeschmückt ist. Dass es all die Drachen, die bösen Zauberer und die mutigen Ritter wirklich gegeben hat.
 

Die Gründungsmitglieder waren verschiedener Herkunft. Manche waren alte und sehr weise Wanderer, die viel herumgekommen waren. Dann gab es mutige Kämpfer, die in ihrem Leben schon so manches Ungeheuer ob menschlich oder fantastisch zu Strecke brachten. Und dann gab es natürlich die Magier. Sie alle folgten eines Tages der Einladung eines Mannes. Er rief sie alle zusammen. Denn er hatte einen Traum. Er lebte auch damals schon lange auf dieser Welt. Länger als man sich je vorstellen könnte. Und immer hatte er das Leid gesehen, dass zu allen Zeiten von bösen Mächten auf dieser Welt ausging.
 

Er sagte einmal "Das Böse ist nicht nur in den Herzen der Menschen. Man findet es ebenso in eigenständiger Gestalt. Es überfällt die Menschen. Und einen jeden trifft es hart, denn am Anfang ist jeder Mensch unschuldig. Aber es gibt auch Menschen auf der Welt, welche die Kraft haben zu helfen. Die das Böse zurückhalten können. Und ein jeder, der in der Lage ist es zu tun, muss es auch tun. Er hat die Pflicht es zu tun. Es ist seine Aufgabe, sein Leben lang."
 

Dieser Mann trug den Namen Ivan Edo. Er war wohl der älteste und weiseste Mann, den die Welt je gesehen hatte. Er beherrschte die Gabe der weißen Magie. Und er hatte den Traum. Und die Idee. Er wollte eine Elite-Einheit aufbauen, die stark genug sein würde, gegen das Böse anzutreten, in welcher Gestalt es auch immer auftreten mag. Jedoch konnte er diese Idee nicht alleine verwirklichen. Er brauchte Hilfe. Und die boten ihm seine Freunde gern.
 

So entstand der Falkenclan. So wurden die Dolche geschmiedet. So wurde der Bann gesprochen, einem jeden Mitglied eine magische Fähigkeit zu geben. So wurde die Formel laut, die uns unsere unmenschlichen, Kampffähigkeiten gibt. Diese Formeln, Banne und Rituale sind für die Ewigkeit geschaffen. So lange es das Böse auf dieser Welt gibt, so lange wird es uns geben. Und so lange ist es unsere Aufgabe, unsere Pflicht jeden Menschen auf dieser Welt zu schützen. Egal ob ich Afrika oder am Nordpol - wir sind überall und immer da.
 

Wie ich schon sagte, Margarete war eine dieser Gründer, denn auch sie ist eine mächtige weiße Magierin, auch wenn sie damals noch verhältnismäßig sehr jung war. Sie trug mit ihrer Magie ein großes Stück zur Errichtung bei und suchte sich anschließend Europa als ihren Standpunkt des Clans aus.
 

Niemand weiß so genau, warum, aber irgendetwas trieb sie in dieses gottverlassene, kleine Nest nahe der Ostsee. Keiner hat eine Ahnung, warum sie hier blieb und nicht nach London, Paris, Wien und so weiter ging. Jedenfalls ist sie hier. Und wir können wahnsinnig stolz darauf sein, denn es gibt nur noch sehr, sehr wenige Gründer, die solch eine lange Zeit überlebt haben. Margarete ist sehr weise. Und ich denke, du weißt jetzt genauso gut wie ich, dass wir sie schätzen können, wollen und müssen."
 

Bibo sah mich nachdenklich und beeindruckt zu gleich an. Er nickte langsam. Dann fragte er: "Ivan Edo. Das Oberhaupt, was passierte mit ihm?"
 

"Oh ja, das hätte ich beinahe vergessen! Es gab irgendwann eine Zeit, in der die Kirche sehr mächtig wurde. Damals gewann das Böse immer mehr an Macht. Zum Beispiel wurden Frauen bei lebendigem Leibe verbrannt, vielleicht weil sie rote Haare hatten und nur in eine unglückliche Situation rutschten. Viele Menschen mordeten und töteten einander und das ohne wirklichen Grund. Der Grund war nicht Rache, der Schrei nach Gerechtigkeit oder etwas Vergleichbares es war der Glaube. Die grundlose Gewalt wurde immer heftiger, bis schließlich das Böse die Welt heillos zu übermannen schien.
 

Der Clan erlitt in diesen Zeiten sehr viele Schäden und Verletzungen, die nie heilten. Böse Wesen häuften sich und viele, sehr viele Mitglieder ließen ihr leben. Nun war es so, das Ivan Edo bis zu dieser Zeit immer langsam begonnen hatte, schwächer zu werden. Es erreichte irgendwann den Punkt, dass man es ihm auch ansah. Es dauerte sehr, sehr lange, wie ich bereits sagte, aber irgendwann war auch für Ivan Edo der Zeitpunkt gekommen, diese Welt zu verlassen. Irgendwann schlief er friedlich ein. Er starb zwar nicht als Krieger in einem offenen Kampf, aber im Stillen hatte er sein ganzes Leben lang gekämpft. Er hinterließ auch nichts Sichtbares. Nicht so etwas wie eine Waffe, oder ein Buch, das die Welt retten könnte.
 

Er hinterließ seine Weisheit und seine Lehre in den Seelen der Falken. Er gab ihnen alles, er schenkte der Welt seine Liebe und seine Kraft und da ist sie bis heute. Und deshalb wird das Böse nie gewinnen, wenn wir immer stark bleiben und lieben werden.
 

So. Das ist alles, was ich dir über die Entstehung und Aufgabe des Clans im Allgemeinen sagen kann. Interessiert dich jetzt im Moment noch etwas Bestimmtes?"
 

Er überlegte kurz. Dann schien ihm etwas einzufallen. "Ja, da wäre etwas. Ich würde gerne etwas über die Mitglieder hier erfahren. Was haben sie für Fähigkeiten?"
 

"Oh, unsere liebe Truppe. Naja, ich kann dir ein paar Dinge nennen. Also da wäre zum Beispiel Georg. Das ist dieser nette ältere Herr der dir gesagt hat, dass du es eher fassen wirst, als dir lieb ist. Auch wenn er nicht danach aussieht, so ist er doch sehr gut im Kampf. Er ist unglaublich stark und gelenkig. Er besitzt die sogenannte Fähigkeit des Bekehrens. Das ist eine unglaublich schwierig zu erlernende Fähigkeit. Bei ihr geht es darum, dass du in den Geist eines anderen Lebewesens eindringst und ihn dazu bringen kannst, etwas zu tun, was du willst. Georg beherrscht sie aber erstaunlich gut, du wirst dich wundern.
 

Dann gibt es noch Julia. Hast du sie gesehen? Eine junge Frau, Anfang dreißig mit kurzem Haar und eleganter Kleidung. Sie ist allein erziehende Mutter und hat eine zweijährige Tochter namens Lara, die ist total süß! Von Beruf ist Julia Anwältin und sehr intelligent. Ihre Fähigkeit ist die Telekinese. Sie kann Gegenstände nur mit ihrem Willen bewegen.
 

Und auf KEINEN Fall vergessen darf ich ja Tom. Tom, unser Casanova vom Dienst. Er ist Mitte zwanzig, hat hellblonde, kurze Haare und läuft top gestylt durch die Gegend. Ätzend! Er hat keine feste Freundin, aber mindestens immer so um die zehn Mädchen, bei denen er ständig wechselt. Und er macht so ziemlich jedes weibliche Wesen an, dass ihm über den Weg läuft, wenn es ihm nur attraktiv genug erscheint. Er ist ein schrecklicher Macho, Angeber und Weiberheld - aber dafür auch ein hervorragender Kämpfer. Er hat schon viele Vampire auf dem Gewissen, mehr als die meisten hier. Er ist unglaublich stark und ebenso schnell. In der Hinsicht macht ihm so schnell keiner was vor. Seine Fähigkeit verbindet er meist im Kampf, denn er kann teleportieren. Und dann..."
 

Ich gähnte herzhaft. "Sag mal, wie spät ist das eigentlich?" Ein Blick auf die Uhr verriet Bibo, dass es schon fast Eins war. "Naja, ich würde dann mal sagen, wir machen morgen weiter. Ich weiß ja nicht wie es dir geht, aber ich bin totmüde." Und noch konnte ich ein Gähnen nicht unterdrücken. Und wie das nun mal ist: Mein Gähnen steckte auch ihn an. Wir lachten leise.
 

"Ja, ist wirklich wohl besser", gestand auch er. Wir sagten den anderen bescheid, dass wir gingen, verabschiedeten uns noch schnell von Margarete und gingen dann hinaus in die sternenklare Nacht.
 

Unter dem weiten Sternenhimmel flogen wir förmlich nebeneinander durch die kühle Nachtluft. Etwas atemlos stoppten wir kurz vor dem Burggelände. "So, also bis dann. Wir sehen uns. Spätestens morgen Abend", verabschiedete ich mich. "Ja, machs gut." "Kommst du rein?", fragte ich ihn dann noch. "Jaja, klar." "Ok, ciao."
 

Er wandte sich gerade ab, als mir plötzlich noch etwas einfiel. "Bibo, warte mal!" Er drehte sich wieder um und sah mich fragend an. Ich zog etwas aus der Tasche. Ein kleines Plüschknäuel. "Hier, das ist ein kleines getarntes Mikro, mit dem mir meine Schützlinge einen Streich gespielt haben. Ich dachte es wäre was wirklich Gefährliches und habs aus Wut zerbrochen. Kriegst du das wieder hin?"
 

Bibo besah sich das kleine Häufchen Schrott und meinte dann lächelnd: "Klar, kein Problem." Ich strahlte. "Super! Hm, du könntest es am besten Tess geben, sie hat jetzt die Zwillinge. Kennst du sie? Meine Freundin Tess? Asiatisch, ziemlich klein, meistens auffällig gekleidet-" "J-ja, klar kenne ich sie", stotterte der Hüne. Überrascht blickte ich ihn an. Aber er sah angestrengt in eine andere Richtung. Irrte ich mich, oder war da ein Rotschimmer auf seinem Gesicht zu erkennen?
 

Naja, auch egal. Ich wollte jetzt nur noch in mein Bett und verabschiedete mich schnell um es auch gleich aufzusuchen...
 

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...und GENAU das sollte ich jetzt auch tun. Die Sätze mit der müden Romy kommen aus vollstem Herzen, es ist 2 Uhr -.- *Zzz*
 

Sorry, dass in dem Chap nicht so viel passiert ist *seufz* Wird noch anders! Die Überschrift ist übrigens zweideutig. Einmal gilt sie für die Seite des Bösen gegen den Falkenclan und einmal genau andersrum.
 

Hihi, VERARSCHT! Unschönes Wort, aber da sind mir viele auf den Leim gegangen, was? Kinners, also echt, das war doch so auffällig. Raphael als Mitglied des Clans, was sollte denn das bitteschön für ne Story werden? Ist doch laaangweilig. Nein, Raphael ist eher das Gegenteil, nämlich ein eiskalter Mörder. Ich hoffe, das kam deutlich raus ^^° Die arme kleine. Aber das musste sein, sorry...
 

Jaja, Bibolein ist der Neue. Ich mag diesen Kerl. Er erinnert mich ein klein wenig an meine Lieblingsfigur aus "The Tribe", den Techniker Jack. Nur ist Bibo nicht so sakrastisch, lustig frech und großmaulig (tolles Wort...). Könnt ihr euch schon vorstellen, was es mit der letzten Szenen auf sich hat? *hehe* Tjaa, die böse kleine Lena hat sie alle in ihrer Gewalt *höhö*
 

Ich weiß nicht, hat euch der Teil über die Entstehung des Clans gefallen? Oder hat dieser mittelalterliche Schub voll nicht ins Bild gepasst? Ich weiß nicht, das war -MAL WIEDER- voll nicht geplant gewesen, es überkam mich einfach so in dieser späten Stunde ^^°
 

Und jetzt eine kleine Neuerung: Die Idee kam mir beim KKJ lesen, weil Arina Tanemura dort zu jedem Kapitel ihre Lieblingsszene angibt. Ich hab gedacht, machen wir das doch auch. Ihr sagt mir eure und ich sag euch, was mir persönlich am Besten gefallen hat, wie wäre das? Wer macht mit?!

Also hier am Besten gefallen hat mir die Szene in der Raphael das kleine Mädchen umbringt (bin ich gemein *schauder*) und "Poldilein" darauf rumschmollt, von wegem dem Imbiss *gg* Und der kurzfristig entstandene Text über die Entstehung. Dabei besonders alles was sich um Ivan dreht.Ich hab bei dem Text Enya gehört, passte einfach wunderbar, die Musik *träum*
 

Und nun, ein weiteres Mal zuuuuu: EUREN GANZEN LIEBEN KOMMIS!!!!!!!!!!
 

Ich kann euch echt gar nicht sagen, wie ich mich gefreut habe. Jetzt im Moment sind es 13 Stück!!! Soviele Kommis hatte ich noch nie für ein einziges Kapitel! Und dann auch noch bei einer eigenen Geschichte! Ich freue mich sooo sehr, dass sie vielen gefällt!
 

Ich habe auch glaub ich noch nie so schnell ein Chap geschrieben. Sonst bin ich immer voller Unlust und lasse mir Zeit ;)
 

So, genug der Dankesreden, jetzt noch mal schnell einzeln zu euren Kommis:
 

@caligo: HABICH!!!!
 

@Angel_Kisu: Vielen Dank, freu mich total, das du begeistert bist. Jep, hab weitergeschreibt ;)
 

@LaChouchoute: Mehr als geil? Oh vielen Dank! *verbeug* Je, Romy und Raffi-Schätzcken, gelle? *hehe* Dafür hab ich die beiden ja "gemacht" *har*
 

@Anca: Danke. Danke. Danke. ^^y
 

@Ran09: Ich liebe sie auch, deswegen hab ich sie ja geschrieben. Ja UND natürlich damit Leute wie du, die sie auch mögen begeistert sein können (auch wenn ich so was NIE werwartet hätte). Danke!
 

@Ninax: Kannst du dir, soso *hähä* Neeee, kannst du nicht! WIRD nämlich ne Überraschung ^^
 

@Estel: Juhu, ein treuer Leser! *knuffz* Freut mich sehr, dass du das zweite Kapitel auch gelesen hast. Soll ich dir mal was verraten? Für das Interesse an der Burg ist mir erst beim Schreiben dieses Chaps eine Gute Idee gekommen ^^°
 

@Water2003: Hey, dich kenn ich! Du hast mir den 100. Kommi bei Rouges" (K)ein gewöhnlicher Ausflug" streitig gemacht! *lol* Danke natürlich auch dir vielmals fürs Lesen!Wie ich da aufhören konnte? Ich bin gerne fies! *hehe* Ich hoffe, es ging einigermaßen schnell genug (Und steck die Pistole wieder ein! *gg*)
 

@Shadowgirl: *schüttel* Na, lebst du noch? Ich hoffe doch sehr, dass ich meinen neuen Fan nicht gleich zur Strecke gebracht hab! Heiß ich Raphael?! Und ja du hattest vollkommen nicht Recht, es war nicht Raffi *fg* Bist schön in meine kleine Falle getappt. So fies bin ich zu neuen Fans. Schuldigung *sich schämen tut*
 

@LittleDestiny: *auf die knie fall* *träne aus den augen wisch* DANKE! Vielen, vielen Dank für diesen lieben Kommi. Ich wäre fast von Stuhl gefallen, für dieses Hammer Kommentar. Dieser Kommentar voll konstruktivem Lob und so vielen Komplimente *jetzt los heu* Danke!!!! Ich hoffe, dir war das Antwort genug ;)
 

@Crokodile: Oho?! O.O Ein Männlicher Leser?! Ja gibt's denn so was? *jump* Genial! Danke!
 

@Azaya: Ahh, dankeschön! Ewig? Oh, das ist lange, ob ich so lange schreibe, kann ich dir nicht versprechen *gg*
 

@Flaimdra: Hey, ich sagte nix von Bezahlung. Ich bin nämlich keine *gebt mir 5 kommis oder ich schreib nicht weiter*-Tante *das mal klarstellen will* Ich hatte nur keine Lust, weiterzuschreiben, wenn's eh keiner liest. Also kannst du ab jetzt das Kommischreiben auch sein lassen... - SCHERZ! NEIN! Tu das bloß nicht, freu mich doch immer so ^^ Und auch hierversetzt es mich in Freude, dass es dir gefällt :D
 

Na toll, jetzt ha'm wer von halb drei. Scheiße, nä...
 

Zum gutem Schluss: Also, ein paar haben schon draum gebeten, ich tue es SEHR gerne, also wenn ihr wollt, sage ich euch liebend gerne bescheid, wenn ich ein neues Chap am Start habt, müsst euch nur melden!!! *alleknuffz* Lena
 

PS: Entschuldigung, für den vielen zusätzlichen Text *gomen*

Katz und Maus

Und der Rest, bin n bisschen spät, sorry... - Und: DANKE ROUGE!!!!
 

Der Falkenclan
 

Kapitel 4 - Katz und Maus
 

Regen. So geht das jetzt schon eine Woche lang. Ich bekam noch irgendwann die Krätze, wenn das nicht bald aufhört! Lustlos saß ich auf der Fensterbank in unserem Aufenthaltsraum und sah den dicken Tropfen zu, wie sie immer und immer wieder gegen die Scheibe prasselten. Draußen ist es schon fast dunkel. Dabei ist es erst halb fünf. Aber der September neigt sich ja auch schon seinem Ende zu. Alles grau in grau draußen. Eigentlich müsste ich ja jetzt auch noch soviel schreiben. Die Interpretation für Deutsch, den Aufsatz in Französisch und einen weiteren über Harpyien für den Clan - aber ich blieb lieber auf der Fensterbank sitzen und sah dem Regen zu.
 

Ich lehnte meinen Kopf gegen das kühle Glas. Mir kam es so vor, als währe ich schon wieder eine halbe Ewigkeit hier. Soviel ist in diesen Wochen schon passiert. Mir schwirrte immer noch der Kopf. Irgendwie war es schon schön, hier so zu sitzen. Entspannend nach diesem ganzen Stress.
 

Rückblick
 

Das ganze ging ja schon direkt diesem Morgen los, nach jedem Abend, als ich und Bibo nach unserer ersten Begegnung im Hauptquartier zurückgekehrt waren. Als ich am nächsten Morgen den Speisesaal betrat, war es an den Tischen schon verdächtig still. Lautes Gelächter und Geplärre war an den meisten Tischen ausgetauscht worden durch aufgeregtes Gemurmel oder betretene, stumme Gesichter. Ich nahm mir meine Tageszeitung vom Stapel und schon nach ein paar Sekunden war mir klar warum die Stimmung hier so gefroren war.
 

"Mysteriöser Tod einer 7-jährigen", hieß es da schon in großen schwarzen Buchstaben auf dem Titelblatt. Abwesend setzte ich mich auf meinen Platz und überflog mit schnellen Blicken den langen Artikel. ,Ein Sparziergänger entdeckte am Morgen... einem Waldstück nahe der Stadt, nicht weit entfernt des Internats... informierte sofort die Polizei... Ursache unklar ... keinerlei Hinweise auf Täter oder Tatwaffe ... Augenzeugen zufolge hätte ein schwarzer Dunst den Leichnam umgeben, diese Gerüchte wurden von der Polizei aber nur ungern bestätigt ... noch nie einen solchen Fall...'
 

Da war doch was faul. Die Sache gefiel mir nicht. Ich schlang schnell ein paar Bissen hinunter und ging dann wieder aus der Halle. Ich musste unbedingt mit Bibo reden, am Besten noch vor dem Unterricht. Allerdings konnte ich ihn nirgendwo entdecken. Als ich zusammen mit Tess einige Zeit später zum Musiksaal lief, hatte ich Glück.
 

"Hälst du mal bitte eben?" Mit diesen Worten hatte ich Tess meinen Krempel in die Hand gedrückt und rannte hinter dem Jungen her. "Bibo!" Er hörte mich und wand sich um. "Hast du schon Zeitung gelesen?", fragte ich ihn. "Ähm, ne, ich war ein bisschen spät dran heute.", gestand er.
 

"Na gut, hier les es dir durch. Es ist was passiert. Die Sache stinkt zum Himmel, ich würde sagen, wir setzten uns noch heute Nachmittag zum Hauptquartier ab." "Hä? Sag mal spinnst du oder was?!" "Les erst mal, den Rest bereden wir beim Mittagessen, ciao!"
 

Mit einem ziemlich dummen Gesichtsausdruck starrte er mir hinterher, als ich zurück zu Tess lief. Einen Moment lang blieb sein Blick dort kleben, ehe er sich besann, noch mit den Achseln zuckte und weiterging.
 

Ich saß unruhig auf meinem Platz. Immer wieder schweifte mein Blick aus dem Fenster. Ich kippelte mit den Füßen auf und ab und knetete nervös meine Finger. Die Musikstunde ging an mir vorüber, ohne dass ich auch nur das Thema mitbekommen hatte. Ich hörte die Stimme unseres Lehrers in meinen Ohren. Sie klang dumpf und tonlos. Kein Wort erreichte meine Gedanken. Die Minuten flossen zäh dahin. Tick, tick, tick. Der Sekundenzeiger bewegte sich so langsam, noch ein wenig langsamer und er würde rückwärts laufen!
 

Irgendwas war nicht in Ordnung, das sagte mir mein Gefühl. Ein weiterer von hunderten verzweifelten Blicken auf die Uhr teilte mir mit, dass es noch eine halbe Ewigkeit bis zum Mittagessen wäre. Was war da passiert. Meine Gedanken kreisten, meine Augen tränten fasst, von diesem angestrengtem "auf-den-Tisch-starren". Ich versuchte mich krampfhaft an irgendetwas zu erinnern, zu dem die Beschreibung dieses Mordes passen würde, aber mir fiel einfach nichts ein! Es machte mich fast wahnsinnig. Seit ich vierzehn war, wälzte ich die Bücher des Clans, aber bis jetzt war mir noch nichts in dieser Richtung zwischen die Finger gekommen. Verdammt!
 

Bildete ich mir das ein, oder war es unfassbar warm in diesem Raum? Ich spürte fast, wie sich die Schweißperlen zwischen meinen Ponysträhnen einen Weg über meine Stirn bahnten. Was wäre, wenn...
 

"FRÄULEIN SCHWABE?!"
 

Mein Kopf schnellte nach oben. Scheiße! Das war das Letzte was ich jetzt gebrauchen konnte! Dennoch, kneifen war nicht drin. "Eh-ehm, ja bitte?", fragte ich vorsichtig. "Ich versuche seit geraumer Zeit Ihre Aufmerksamkeit zu erhaschen, ich stellte Ihnen gerade eine Frage". Der wütende Blick meines Lehrers traf mich. Ich begann innerlich zu kochen. Du verdammter Idiot! Ich zerbreche mir gerade den Kopf über einen Mörder, dessen nächstes Opfer genau so gut DU sein könntest! Was interessiert mich dieser Musikscheiß?!
 

Was wäre denn, wenn die ganze Sache noch viel wichtiger ist als wir dachten, und wir kamen nicht rechtzeitig zum Hauptquartier? Ich hielt das nicht mehr aus!
 

"Mir ist so schlecht", jammerte ich auch gleich drauflos. Ich hielt die Arme vor dem Bauch verschränkt und versuchte zusammengekrümmt auf meinem Stuhl zusammenzusinken und gleichzeitig eine wahnsinnig leidvolle Miene aufzusetzen. Mein Lehrer zog argwöhnisch eine Augenbraue hoch. "So plötzlich?"
 

"Ja verdammt", quetschte ich heraus. Eigentlich mochte ich den Thor ganz gerne, und Musik war auch noch allzu schlimm., darum hatte ich auch eigentlich nicht das Bedürfnis, hier so eine Show abzuziehen. Dann war's wohl Schicksal, dass wir gerade jetzt Musik hatten. Herr Thor war hart, aber fair und das schätzten die meisten (inklusive ich) an ihm. Er ließ sich nicht durch Tränen, durch Schleimigkeiten oder andere Dinge (ihr glaubt ja nicht, was manche Mädchen hier tun, um keine sechs in Mathe zu kriegen...) weich klopfen, und verarschen ließ er sich auch nicht. Er war eben ein Kumpel-Lehrer, ohne dabei gleich einen auf Seelenklempner oder Doktor Sommer zu machen, aber er konnte auch durchgreifen.

Leider bekam ich den 7. Sinn (vielleicht war's bei ihm ein Sinn für Schüler?) von Herrn Thor gerade jetzt auch zu spüren.
 

"Was genau fehlt Ihnen denn?"

"Magenkrämpfe", wimmerte ich.
 

Verdammt. Reif für die Oper war die Vorstellung echt nicht. ,Lass mich gehen, bitte lass mich gehen!' betete ich innerlich. Allerdings war dieser Blick mit der erhobenen Braue nicht gerade zu meinem Vorteil zu deuten. Mist, mist, mist! Ach komm schon!
 

"Herr Thor, ich finde das total unfair von Ihnen! Sehen sie denn nicht, dass es Romy wirklich schlecht geht?! Sie haben doch überhaupt keine Vorstellung davon! Das ist ja mal wieder typisch Mann! Sie verstehen doch davon gar nichts!" Vor Überraschung hätte ich das Spielchen fast aufgegeben. Ich linste vorsichtig durch den Raum.
 

Christin saß entrüstet auf ihrem Platz und funkelte Herrn Thor wütend an. Ich musste mir das Kichern verbeißen. Natürlich. Christin, unsere Gerechtigkeit in Person, die Gründerin aller Anti-Diskriminierungs-Kampagnen. Die war immer so drauf und ging mir manchmal ziemlich auf den Wecker, aber in diesem Moment würde ich sie am liebsten küssen! Ein letzter leidvoller Blick zum Lehrerpult und - Bingo! Er kapitulierte. Geschafft!
 

"Na gut, Sie können gehen. Begeben Sie sich zur Krankenstation. Wer begleitet Romy?"
 

Was, wer, wie, wo?! Von begleiten hatte niemand was gesagt! "Ich, ähm, ich habe ein Mittel auf meinem Zimmer, vielen Dank, das geht schon. Ich muss mich nur ein bisschen hinlegen", erklärte ich fast flehend. Und ehe er mich zurückhalten konnte, hatte ich mich in meiner leicht gekrümmten Haltung zur Tür hervorgearbeitet und glitt hinaus.
 

Draußen lehnte ich mich erst mal gegen die kühle Wand. Au weia, das war knapp... Ich sah auf die Uhr. Halb zwölf. Schon so spät? Aber bis zum Mittagessen dauerte es noch eine ganze Stunde und so lange konnte wollte ich vor allem nicht mehr warten! In schnellen Schritten lief ich die Flure entlang. Es war seltsam, hierher zu laufen, wenn Unterricht war. So still. Ich beschloss ohne Bibo vorzugehen und schlug den Weg zum Ostturm ein. Aus dem Portal rauszugehen war zu riskant, selbst wenn ich unsichtbar wäre...
 

DASH
 

Huch! Ich konnte mich gerade noch auf den Beinen halten, indem ich mich an dem weichen etwas festhielt, in das ich hineingelaufen war, nachdem ich in Gedanken versunken um die Ecke gebogen war.
 

"Pass doch auf!" Schnell stolperte ich zurück. Na ganz toll. Der 12. Jahrgang. Und natürlich latschte ich bei meinem Glück direkt in die liebenswerteste Person von allen hinein. "Pass doch selber auf!", erwiderte ich unwirsch und machte Anstalten weiterzulaufen. Allerdings versperrte mir da jemand den Weg. Ein Jemand, der kalt auf mich herabsah und sich nicht darum scherte, dass seine Klasse schnatternd an ihm vorbeilief. Aber dafür hatte ich jetzt echt keine Zeit!
 

"Ey, man Raphael, jetzt mach platz, ich muss weiter!" Immer noch sah er argwöhnisch auf mich herab. Jetzt wurde es mir langsam aber zu bunt hier, bin ich im Kindergarten?! Wütend zischte ich: "Jetzt pass mal auf "Raffi-Schätzchen", wenn du nicht sof-"
 

Ein Luftzug, ein kurzes Knurren und ich fand mich mit dem Rücken an die weiße Wand gedrückt wieder. Er stand direkt vor mir und blickte unheilvoll zu mir runter. Als ich ihm verwirrt in die Augen sah, wusste ich, dass ich einen Fehler gemacht hatte.
 

Es war nicht einfach so, dass ich mich "wütend ansah". Dieser Blick war anders, er jagte mir Angst ein. Aber war es gleichzeitig irgendwie... ja, irgendwie schön. Aber war ,schön" wirklich das richtige Wort? Ich wusste es nicht. Ich wusste gar nichts mehr. Die klaren, grauen Augen zogen mich in ihren Bann und diesen vermochte ich nicht zu lösen. Es war, als würde man mir den Boden unter den Füßen wegreißen. Ich drohte zu fallen. In der grauen Endlosigkeit dieser Augen zu versinken.
 

Ich fühlte mich schwach. Gänsehaut breitete sich über meinen Rücken aus. Irgendwo in mir läuteten dann doch die Alarmglocken. Aber sie waren dumpf und schwach. Trotzig versuchte ich dem Blick standzuhalten. Ich fühlte mich, als würde ich das nicht mehr lange aushalten. Ich musste mich wehren, jetzt sofort!
 

"Wage es nie wieder, mich so zu nennen". Es war der Klang seiner Stimme der mich in die Realität zurückholte. Sie war kalt und drohend, für mich klang sie seltsamerweise dunkel und melodiös - angenehm, gradso wie beim ersten Mal. "L-lass-mich-los!", presste ich hervor.
 

"Ich habe dich nicht festgehalten", gab er gelassen zurück und ging langsam den Flur hinunter. Wie vom Donner gerührt blieb ich zurück. Es stimmte, er hatte mich gar nicht festgehalten. Aber warum, warum hatte ich mich dann nicht gewehrt?! Ihn weggestoßen, einfach an ihm vorbeigegangen? ,Seine Augen, dieser Blick', sagte mir eine leise Stimme in meinem Kopf. Das war es gewesen, was mich festgehalten hatte. Er hatte mich nicht festgehalten...
 

"Hast du doch", sagte ich leise. Das wissende Grinsen auf seinen Lippen konnte ich nicht sehen.
 

Viel Zeit um über das gerade Geschehene nachzudenken, das mich, zugegeben ziemlich verwirrt hatte, blieb mir nicht, denn im selben Moment hörte ich schnelle Schritte hallen und jemand kam auf den Flur. Es war Bibo. Es schien so, als hätte er den Anschluss an seine Klasse verloren.
 

"Romy, was machst du denn hier?" Etwas atemlos kam er vor mir zum Stehen. "Ich bin auf dem Weg zum Hauptquartier", erklärte ich ohne große Umschweife. "Hast du den Artikel gelesen?" "Ja", gab er nachdenklich zurück. "Und?" "Also bis vor ner Weile hätte ich das ganze für einen Mord gehalten, über den sich die Klatschpresse das Maul zerreißt, aber jetzt. Du hast wohl recht, sieht sogar für mich so aus, als hätte da jemand die Finger im Spiel gehabt, den man außer Gefecht setzten sollte."

"Man sollte jeden Mörder außer Gefecht setzten..." "Du weißt wie ich das meine! Was meinst du war es? Vampir?" "Ich wünschte es wäre so. Ich habe keinen blassen Schimmer. Ich kenne kein dunkles Wesen, das auf diese Art und Weise tötet. Vampirleichen sehen anders aus. Außerdem verscharren sie die Leichen. Vampiropfer sind immer ,verschollen'.
 

"Was war es denn dann?", fragte Bibo mich stirnrunzelnd. "Ich weiß es nicht, Bibo. Ich weiß es nicht." Ich schaute ihn an, sah ihn aber nicht. Ich sah ins Leere.
 

"Ist alles in Ordnung mit dir?" "Hm, was?" "Ist was? Du bist so blass." Stirnrunzelnd blickte er auf mich herab. "Ist nichts", erwiderte ich unwirsch. "Kommst du jetzt?"
 

"Aber ich muss zum Medienraum! Wir haben Schule, falls du es noch nicht mitgekriegt hast, was ist wenn-"

Ungeduldig unterbrach ich ihn. "Wenn jemand fragt ist mir auf dem Weg in mein Zimmer plötzlich schwarz vor Augen geworden und du hast mir geholfen. Mir geht's nämlich nicht gut, weißt du." "Ah ja..." "Jetzt komm!" Und damit packte ich ihn am Arm und wir machten uns auf den Weg.
 

"Da seid ihr ja endlich!" "Was heißt hier ,endlich', dir ist schon klar, dass wir eigentlich noch in der Schule sein müssten?!" "Nicht, wenn ihr die Zeitung gelesen habt."
 

Es war das zweite offizielle Treffen innerhalb von zwei Tagen. Allerdings war es sozusagen eine Sondersitzung. Aber alle waren da. Hatte ich mich also doch nicht getäuscht. Die Sache schien ernst zu sein. Den Kopf auf die Hände gestützt saß ich am Tisch und wartete mit den anderen zusammen auf Margarete.
 

"Was meinst du, was passiert ist?", fragte ich Julia die neben mir saß und ihre kleine Tochter Lara auf dem Schoß hatte. "Ich weiß nicht so genau. Margarete ist mit Gregor und Tom vor ein paar Stunden zu dem Waldstück gegangen. Sie müssten jetzt bald zurückkommen. Dann wissen wir mehr."
 

Die kleine Lara rutschte ungeduldig auf dem Schoß ihrer Mutter hin und her. "Mama, wann gehen wir denn jetzt zum Spielplatz?" Die großen Augen sahen erwartungsvoll hoch. "Nicht mehr lange mein Schatz, wir müssen uns aber erst noch anhören, was Margarete sagt."
 

"Hey Lara", ich lächelte die Kleine an. "Was hast du denn da auf deinem T-Shirt stehen? Das sieht ja toll aus!" Sie strahlte mich an. "Das ist ein Vogel", verkündete sie stolz. "Ein..ein Kobiri." Ich lachte. "Soso, ein Kobiri..." Julia lächelte. "Ko-li-bri. Ist nicht schlimm. Ist auch noch ein bisschen schwer."
 

Da öffnete sich die Tür. Herein kamen Tom, Gregor und Margarete. Schlagartig wurde es still. Man hätte die berühmte Stecknadel fallen hören können.
 

Margaretes Lächeln war nicht so strahlend wie sonst, ich sah es sofort. Das alte, gütige Gesicht lag zudem in tiefen Sorgenfalten. Sie ging zu ihrem Platz am Kopf des Tisches und setzte sich.
 

Die alte Frau holte tief Luft und begann zu sprechen. "Ich grüße euch. Schön dass ihr alle gekommen seid. Ich weiß, es war sicherlich nicht ganz einfach, aber in Anbetracht der Situation..." Sie verstummte kurz, räusperte sich aber kurz drauf und sprach weiter.
 

"Ich vermute, ihr alle seid hier, weil ihr heute Morgen den Zeitungsartikel gelesen habt." Sie legte die Zeitung ausgebreitet auf den Tisch und schon von weitem leuchtete mir die große Überschrift entgegen.
 

"Wie dort besagt, kam in der Nacht vom gestrigen Tag auf den heutigen ein kleines Mädchen um. Ich kann euch sagen, es war kein Unfall. Es war Mord. Ein Mord den wir hätten verhindern müssen. Dennoch hatten wir nicht die Chance es zu tun, da wir es nicht gewusst haben. Da ich es nicht wusste. Nun, hat jemand eine Ahnung, durch welches Wesen das Mädchen getötet wurde?" Niemand sprach. Wieder diese erdrückende Stille. Dann sprach Margarete weiter.
 

"Nun, ich habe es auch nicht erwartet. Wir haben es in dieser Region hauptsächlich mit Vampiren und Werwölfen zu tun. Manchmal verirren sich andere Wesen her, aber dies ist eher selten. Aber in diesem Fall. Das Mädchen wurde nicht durch ein Wesen in dem Sinne getötet. Sie starb durch einen Fluch. Er nennt sich "Nebel der Geschändeten". Es handelt sich hierbei um höhere Zauberei. Ganz klar zu erkennen, an dem schwachen schwarzen, aber gefährlichen nebeligen Dunst, der das Opfer noch Stunden später umgibt. Und dieser Fluch kann nur von einer Person heraufbeschwört werden, die der schwarzen Magie mächtig ist."
 

"Willst du damit sagen, es gibt hier in der Gegend wieder einen schwarzen Magier?!", fragte Tom ungläubig.
 

Margarete nickte. Ihr Gesicht sah nun ernst aus. Sehr ernst.
 

"Aber das ist unmöglich! In Deutschland gibt es seit hunderten von Jahren keine schwarzen Magier mehr! Und sowieso. Es gibt kaum noch schwarze Magier. Auf der ganzen Welt nur noch ganz wenige! Warum sollte ausgerechnet einer in dieses kleine Nest kommen?!"
 

"Hm, mal überlegen, vielleicht weil es hier rein zufällig eine mächtige weiße Magierin gibt?!", schnauzte ich Tom an und meine Stimme triefte vor Sarkasmus. "Halt die Klappe Kücken, was weißt du denn schon", gab er zurück. Ich wollte ihm gerade etwas ziemlich unsittliches entgegenschleudern da ging Julia dazwischen.
 

"Dann lass mal hören Tom. Wer war es dann?" Tom kam ins straucheln. "Das... Ähm."
 

"Unser Superheld hat ja bloß Angst, dass es nicht einer von den verrückten Freaks ist, die er in einem Zigarettenzug erledigt", kam es von einem jungen Mann mit lockigen Haaren her, der mir gegenüber saß und den Namen Michael trug.
 

"Das ist nicht witzig Micha!", sagte Georg scharf. Der Lockenkopf senkte betreten den Blick.
 

"Ähm Entschuldigung..." Bibo hatte leise seine Stimme erhoben. Alle Blicke richteten sich nun auf ihn, was ihn schlagartig wieder erröten ließ. "Äh, ähm, ich wollte... Welche Gefahr geht von einem schwarzen Magier aus?"
 

Georg seufzte. "Naja, also. Es ist eigentlich so, dass die schwarzen Magier die stärksten Feinde des Falkenclans sind. Du kannst schwarzer Magie nur auf eine einzige Art und Weise entgegnen und das ist mit der weißen Magie. Die Magier verkehren mit Mächten, die so gewaltig sind, dass du dir es nicht einmal ansatzweise vorstellen kannst. Über Magier ist ferner bekannt, dass immer zwei Magier zur gleichen Zeit geboren werden. Und egal für welchen Zweig der Magie sich der eine entscheidet, der andere wird stets den anderen Weg gehen. Andersherum genauso. Und einmal im Leben tritt ein weißer einem schwarzen Magier entgegen. Dieser Kampf ist entscheidend. Einer von beiden überlebt ihn nicht, der andere lebt und kämpft für seine Sache weiter."
 

Auf diesen Vortrag hin herrschte abermals Schweigen. Bis sich Margarete erhob. "Nun gut. Ich möchte, dass ihr alle eure Augen offen haltet. Irgendwo in dieser Gegend hält sich ein schwarzer Magier auf. Wir wissen nichts über ihn. Weder Geschlecht, noch Aussehen, noch Stärke, noch Absicht. Allerdings halte ich ihn oder sie für keinen Anfänger, denn einen solchen Fluch erhebt man nicht gerade locker weg. Dennoch müssen wir auf der Hut sein. Es dürfen nicht noch weitere Leben beendet werden. Seid auf der Hut. Alles was euch verdächtig erscheint, meldet ihr sofort..."
 

Rückblick Ende
 

Ja, so war das gewesen. Eine ziemlich ernste Angelegenheit. Allerdings war seit dem Mord an dem kleinen Mädchen nichts mehr geschehen. Bibo und ich hatten schon überlegt, ob der Feind vielleicht nur auf der "Durchreise" gewesen sei. Aber irgendwie glaubten wir dann doch beide nicht daran.
 

Ich musste an Bibo denken. Jenen zurückhaltenen, schüchternen, liebenswerten Riesen der sich im letzten Monat geradezu zum Superheld gemausert hatte. Gestern hatte er es doch tatsächlich beim Training geschafft, mich im Kampf zu besiegen! Schnell wie eine Schlange schlug er zu, er war ein guter Kämpfer. Und das scheint auch seinem Ego gut zu tun. Ich fragte mich, ob dass die Leute aus seinem direkten Umfeld auch schon gemerkt hatten.
 

Er war es auch, der eingegriffen hatte, als Micha und Tom dabei waren, sich halb tot zu prügeln. Tom, der Casanova vom Dienst hatte Micha vor zwei Wochen in der Disko das Mädchen ausgespannt. Micha war danach so eingeschnappt, dass er kein Wort mehr mit Tom redete. Dieser hatte ihn darauf so provoziert, dass es zum Kampf kam. Die beiden Streithähne hatten nur ihren hormongesteuerten Hass aufeinander im Sinn und da das Kräfteverhältnis bei den beiden ein bisschen anders war, als bei zwei Schuljungen hätten sie sich wirklich ernsthaft verletzten können.
 

Aber Bibo schritt ein - und kugelte sich die Schulter dabei aus. Zum Glück merkte es keiner und wir konnten ihn noch gut wieder zusammenschustern. Mir war der Riese mit dem weichen Herz und der schüchternen Art in dieser Zeit richtig ans Herz gewachsen. Mit ihm konnte ich über den Clan reden. Mit ihm konnte ich trainieren. Er war einfach wie - ja, wie der Sandkastenfreund, den man nach zehn Jahren wieder fand und der immer noch so war wie früher. Nur dass ich Bibo vor zehn Jahren noch nicht kannte...
 

Tess trieb so ihre Späße mit Trick und Track. Die beiden Jungs saßen oft mit dem so ungleichen ,großen' Mädchen zusammen. Außerdem waren die Zwillinge mit dem Semmelblonden Haar zu den Schrecken des Internats mutiert. Ich konnte mich nicht daran erinnern, dass es jemals so viele Strafarbeiten für zwei Fünftklässler gehagelt hatte.
 

Allerdings konnte ich mich ebenfalls nicht daran erinnern, dass jemand je der alten schrulligen Köchin rohe Eier zwischen den schweren Kochtöpfen versteckt hatte und einen Zettel mit "Ich bin ein bisschen spät und hatte fürs Kochen und Anmalen noch keine Zeit mehr, gez. Der Osterhase" dazwischen gelegt hatte. Und nach Bibos erfolgreicher Reparatur hatten auch schon ziemlich viele Schüler Bekanntschaft mir dem Burggespenst alias dem "Spinnenmikro" gemacht.
 

Bryan war in den Ferien noch besser geworden. Er hatte ja eindeutig die bessere Technik drauf, wie ich neidlos anerkennen musste. Und unter normalen Umständen hätte er mich zehn Mal in die Tasche gesteckt. So war es auch meistens. Nur wenn ich ihn mal ärgern wollte, punktete ich ohne Ende und durchbrach jeden Block. Ich war nicht der Techniker, aber dafür war ich zig mal schneller als er. Und außerdem hatte er mir angeboten, mir die neue Technik beizubringen - unter der Vorraussetzung, dass er mich dann auch mal ins Kino einladen durfte.
 

Der gab wohl nie auf. Ich war einfach nicht der Typ Mädchen, die mit einem -zugegeben sehr- attraktiven Typen ins Kino gehen und sich irgendeine Schnulze reinziehen, nur weil er sie nett anmacht. Aber das war wohl kaum nachzuvollziehen. Vor allem nicht für jemanden wie Bryan. Ich sah in den meisten Jungen sowieso nur den Kumpel und da war es völlig egal, wie sie aussahen und wie sie sich so gaben. Aber das wohl eben gerade aus dem genannten Grund. Es heißt ja, Ausnahmen bestätigen die Regel. Aber es gab da einfach keine Ausnahme. Wobei...
 

Lydia hatte mal wieder einen neuen "Freund". Heißt, sie erzählt jedem der es wissen will, wie toll es doch sei, mit diesem Typ aus der 13. rumzumachen, und demonstriert das Ganze beizeiten auch noch an jeder Ecke. Igitt, abartig. Seltsamerweise widerfährt sie so ein ,Knutschanfall' nie, wenn Herr Mondstein sich gerade in Sichtweite befindet. Dann steht unser Prinzesschen immer da und tut, als warte sie auf ihren Traumprinzen.
 

Leider gibt es da ja noch jemanden der ganz scharf auf den Prinzen ist. Wobei der "Prinz" in diesem Falle wohl eher als abgedrehter Gothic-Freak gehandelt wird. Ramonas Blicke kreisen um ihn wie die eines Raubvogels um seine Beute.
 

Also, wenn ihr mich fragt - Er ist weder das eine, noch das andere. Raphael ist nicht der Durchschnitts-Gruftie mit dem leicht durchgedrehten nicht vorhandenen Funkeln in den Augen und schon gar nicht der Märchenprinz-Saubermann, wie Lydia ihn schon hätte. Aber er ist auch kein Mittelding daraus, er ist - Einfach anders.
 

Seit jedem Tag bei dem Weg vom Musiksaal hatte ich kein einziges Wort mehr mit ihm gewechselt, und auf den Fluren traf man ihn selten an. Aber wenn, dann senkte ich jedes Mal den Blick in Furcht vor diesen Augen. Untypisch für mich, das war mir schon klar, aber irgendwo war da etwas in mir, was sich davor fürchtete. Gleichzeitig gab es auch etwas, das sich dagegen sträubte, aber dieses etwas zog in so einer Situation meistens den Kürzeren. Ach was solls, ich sollte mich nicht so verrückt machen, deswegen...
 

Inzwischen war tiefe Nacht heraufgezogen. Draußen konnte man nun außer einer undurchdringlichen, pechschwarzen Dunkelheit rein gar nichts mehr erkennen. Ein Blick in den Raum zeigte mit, dass ich auf meiner kalten Fensterbank sitzend die letzte im Raum war. Ich war so müde. Die große Uhr an der Wand zeigte halb elf. Na toll. Ich hatte die Zeit vollkommen vergessen. Gerade wollte ich mich mit dem Gedanken anfreundend, Morgen einen Anschiss wegen einer nicht geschriebenen Interpretation und eines nicht vorhandenen Aufsatzes zu kassieren auf den Weg in mein Zimmer rauf begeben, als mir siedend heiß der verdammte Harpyien-Aufsatz wieder einfiel.
 

Verdammt! Den musste ich unbedingt noch schreiben. Mit dem grauenvollen Gedanken an eine lange Nacht bummelte ich zum Tisch und packte meinen Kram zusammen. Plötzlich fiel mir etwas auf. Da lagen weniger Bücher wie vorher! Da fehlten ein Französisches Wörterbuch, ein Roman und -was das schlimmste war- "Aufzeichnungen eines Ritters auf Burg Sichelstein zwischen 1659 und 1672", denn gerade in dem Buch hatte ich den Zettel mit den Informationen über die Harpyien als Lesezeichen benutzt!
 

Verzweifelt durchwühlte ich alles auf dem Tisch, aber die Bücher waren nicht mehr da! Gerade wollte ich mich völlig durch den Wind auf einen Stuhl fallen lassen, da fuhr ich mit einem Ruck wieder in die Höhe, so als hätte auf der Sitzfläche ein Nadelkissen gelegen. Mir war nämlich gerade etwas eingefallen. Dunkel erinnerte ich mich daran, wie Petra mich glaube ich, gefragt hatte, ob sie meine Bücher mit zurück in die Bibliothek nehmen sollte... - Ja! Das war es! Ich Esel hatte natürlich genickt. So was Dummes, aber auch!
 

Ich löschte das Licht und schlich auf den dunklen Flur hinaus. Mit leisen Schritten machte ich mich auf den Weg zur Bibliothek. Ich wusste, wie ich mich bewegen musste, damit ich keinen Laut von mir gab. Und ich wusste auch, dass mich keiner erwischen würde. Außerdem war ich viel zu müde, um jetzt noch großartig von meiner Fähigkeit Gebrauch zu machen.
 

Ich öffnete leise die Tür und schloss sie eben so leise wieder hinter mir. Dritte Reihe links, ganz hinten. Den Weg hätte ich auch im Schlaf gefunden. Zielstrebig ging ich auf das Regal zu. Ich runzelte die Stirn und suchte im Dunklen nach dem Buch. Gut dass ich als Falke mit einer unverschämt guten Sehfähigkeit gesegnet war, in dieser Finsternis hätte ich die Hand nicht vor Augen sehen können! Dann hatte ich den Titel auch schon auf einem Buchrücken entdeckt und zog es rasch heraus. Dummerweise hatte es sich irgendwie verhakt und beim Herausziehen purzelten zwei weitere Bücher heraus und landeten geräuschvoll auf dem Boden. "Verdam-"
 

"Wenn du hier schon nachts rumschleichst solltest du wenigstens so umsichtig sein und nicht einen Krach veranstalten der die ganze Burg aufweckt!" - Ich schrie. Diese gelassene Stimme hatte mich derart erschreckt, dass ich so laut aufschrie, dass es mir fast selbst in den Ohren wehtat. Zu allem Übel stieß ich mir natürlich volle Kanne die Birne, als ich -noch immer im Aufschrei- zurückwich.

"PSCHT! Bist du noch zu retten?!" Und im gleichen Moment legte sich eine Hand vor meinen Mund um meinen Schrei jäh verstummen zu lassen. Wenn dieser jemand sich davon erhofft hatte, ich würde mich beruhigen: Ich hätte ihm sagen können, dass er gerade einen Fehler machte.
 

Mir schoss eine Flut von Bildern in den Kopf. Ich war vierzehn, meine langen blonden Haare blut- und dreckverschmiert und der große Vampir drückte mir mit einer Hand den Mund zu, während er mit der anderen meinen Hals zur Seite zog. Es war das erste Mal. Der erste wirkliche Kampf. Er war so groß, so stark und er hatte mich. Er würde mich töten. Jetzt gleich würde ich seine Zähne spüren, die sich in meine Halsschlagader bohren würden. Panik stieg in mir hoch. Das unbezähmbare Gefühl der Angst. Und instinktiv...
 

... tat ich genau dasselbe wie damals. Mit aller Kraft bäumte ich mich auf und warf ihn über meine Schulter in das andere Bücherregal. Im Fall streifte er den Lichtschalter an der Wand.
 

Blinzelnd, weil ich mich an das helle Licht gewöhnen musste und schwer atmend sah ich hinunter. Und da lag er. Am Boden auf dem schmalen Gang, bedeckt mit einem Haufen Bücher die herausgefallen waren, als er gegen das Regal gekracht war. Leise stöhnend rieb er sich den Hinterkopf und verstrubbelte dabei sein Pechschwarzes Haar so, dass es in alle Richtungen abstand. Ich schluckte als er zu mir hochsah. In den grauen Augen spiegelte sich etwas, dass ein wenig wie Unverständnis oder Reue aussah.
 

"Super Aktion. Dir ist schon klar, dass wir gleich das gesamte Personal hier auf der Matte stehen haben, die schreckhafte Furie?!"
 

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Ente für heute. Scheiße, Leute ihr bringt mich um, es ist halb elf und ich hab morgen Schule! Und jetzt noch die Kommiantworten. Au weia.
 

So, aber noch ganz wichtig: DANKEEEEEEE!!!!! Tausend Dank an Rouge! Sie hat meine Story empfholen! *hüpfhüpfhüpf* Ich hab mich sooooo gefreut! Ist das toll *heul*
 

Ach ja, ich hab was kleines Spoilermäßiges in Sachen meiner Story gebastelt, zu sehen in meinem Steckbrief als Foto.
 

Noch kurz zu meiner Lieblingsszene: Natüürlich die letzte *kicher* Der ultimative Schulterwurf. Tja, man sollte niemanden mit seinem Trauma konfrontieren, auch keine Falken, neinnein...
 

So jetzt geht's los *starschuss*:
 

@Fy: Ah gut, dass dir die Geschichte gefallen hat. Freut mich ^^° Aber als Buch? Die Disku hatten wir ja schon *g*
 

@Angel_Kisu: Jaja, reingefallen. Ich weiß dass du gedacht hast, es sei Raff. Aber tja, so spielt das Leben (oder sollte ich sagen: So ,schreibe' ich?)
 

@Estel: Yeah, yeah, ich liebe deine Kommis! Danke!!
 

@Black_Cat13: Heyyy, jemand der mich versteht! Gibs ja gar nicht ;D (Sach ma, hast du n neuen Nick?)
 

@LaChouchoute: Ja, der Bibo. Ich mag ihn auch. Eigentlich steh ich ja auch nicht so auf Bad-Boys aber Raffi macht nun mal die Story spannender. Aber ich musste einfach jemanden wie Bibo einbauen *hihi*
 

@LittleDestiny: Auch reingefallen, mach dir nix draus *auf die schulter klopf* Dir hat auch die Geschichte gefallen? Ohh, wie cool, freut mich :D
 

@Water2003: Ich sag nur ein Wort: Ok!
 

@Ran09: Und die nächste im Bunde der Reingefallenen. Bist nicht allein, wie du siehtst.
 

@Rouge: Oh Angst? Aber nicht doch *hehe* Aber danke für das Lob. Heyho, der Poldi. Ich mag ihn auch. Mal schaun, ich weiß noch nicht, wann er wieder vorkommt *am kopf kratz*
 

@Azaya: Danke für das Lob! Ich bemühe mich auch wirklich. Geschwollen Schreiben kann ich gar nicht *gg*
 

@Shadowgirl: Oh tut mir Leid, wenn ich dich enttäusche... War nicht meine Absicht. Tja, aber ich kann dich trösten: Sooooooo böse isser net (bzw. er wird gezähmt *mitderpetischenknall* *wechlöl*) Ja, Laura kenne ich. Aber so doll finde ich es nicht. Geklaut habe ich auch da und zwar die Idee mit der Telekinese. Alles andere war schon vorher meinem kranken Hirn entsprungen *gg*
 

@Flaimdara: Einer reicht mir, voll und ganz, aber danke =) Puh, mal gucken ob ich 10 Din A 4 Seiten über die Entstehung zusammenkriege. Ich glaubs eher net ^^° Die Kleine? Hm, niemand besonderes, sie war eigentlich mehr Mittel zum Zweck (ich bin grausam...-.-').Ich fands nur noch grauenvoller, wenn Raffi ein kleines Mädchen so zur Strecke bringt.
 

@Spinnchen: Hallihallo =) Danke fürs Lesen! Und danke für den Kommi!
 

@caligo: Gar nicht schlimm. Besser spät als nie XD (Hört sich an, als müsste man das Chap einfach gelesen haben, oder? Bin ich arrogant...) Ja, stimmt dadurch lässt sich die Story in vielerlei Hinsicht interessanter.
 

*GÄHN* Gute n8...

Strafe muss sein

Boa, mich gibt's auch noch. Jaha. Entschuldigt vielmals fürs lange Wartenlassen. Und leider ist dieses Chap auch nicht so der Hammer... Mehr dazu am Schluss.
 

Der Falkenclan
 

Kapitel 5 - Strafe muss sein
 

Es dauerte eine Weile, bis der Sinn des gerade Ausgesprochenen in meinen grauen Zellen ankam. Aber dann kapierte ich. Und in diesem Augenblick kapitulierte die ängstliche Seite in mir. Mir war das so was von scheißegal.
 

"Du Vollidiot! Hättest du dich nicht so an mir rangeschlichen, hätten wir jetzt gar kein Problem!", zischte ich ihn mit zornfunkelnden Augen an.
 

"Ja, aber sicher...! Wenn du hier einfach reintrampelst wie der Elefant im Porzellanladen, geradewegs an mir vorbeistiefelst und dann auch noch so einen Höllenlärm hier verursachst!"
 

"Ich bin hier nicht ,reingetrampelt'! Außerdem hätte ich den ,Höllenlärm' gar nicht ,verursacht', wenn du mich nicht so dämlich von der Seite angelabert hättest!"
 

"Hätte ich gewusst, dass du darauf aufschreist wie am Spieß, und danach einen Mordanschlag auf mich verübst, hätte ich auch ganz sicher den Mund gehalten!"
 

"DU BIST DOCH SELBST SCHULD, DU IDIO-"
 

"Sh! Da kommt jemand!"
 

Jetzt hörte ich sie auch, schnelle Schritte auf dem Flur... "Das Licht", keuchte ich und betätigte schnell den Schalter an der Wand. Im Nu war er wieder stockdunkel. Durch den schnellen Wechsel konnte ich rein gar nichts mehr sehen und schwankte irritiert. Ich fühlte wir mich Raphael grob in Richtung der Ecke drängte.
 

"Tu mir n Gefallen, Kratzbürste und halt wenigstens jetzt deinen Schnabel, ich hab keinen Bock auf Ärger", kam eine leise Stimme bedrohlich von irgendwoher nahe bei mir aus der Dunkelheit.
 

Wütend schnaubte ich, für eine angemessene Antwort war jetzt nicht die Zeit, ich schwankte noch immer und stolperte zu allem Unheil jetzt auch noch über meine eigenen Füße. "Ah!-" Ich wollte mir gerade auf die Lippen beißen um nicht aufzuschreien und mich auf einen harten Fall gefasst machen, da packten mich zwei Hände und er zog mich zu sich ran. Den Arm um meinen Oberkörper gelegt, drängte er sich in die hinterste Ecke und zog mich sacht mit. "Shhh..." Der hatte gut reden. Gerade jetzt mochte ich mich gar nicht mehr beruhigen. Mein Herz raste so schnell, dass ich Angst hatte, es würde jeden Moment in tausende von Stücken zerspringen.
 

Dann öffnete sich die Tür. Undeutlich konnte ich durch die ganzen Regalreihen hindurch den schmalen, schwachen Strahl einer Taschenlampe erkennen. Ich hielt die Luft an. Der Lichtstrahl bewegte sich langsam weiter den Mittelgang hinauf. Mir wurde langsam schwindelig. Wenn uns hier jemand finden würde... Das gäbe Strafarbeiten in hohen Ausmaßen. Dann fiel mir plötzlich noch etwas anderes siedend heiß ein: Ich stellte mir vor wie es aussehen würde, wenn jemand uns in dieser Situation sehen würde! Nein...
 

Unwillkürlich bockte ich auf und machte Anstalten mich dem Griff zu entwenden. Denn ich hatte begonnen zu schwitzen wie im Hochsommer. Das war alles viel zu viel auf einmal. Ich hatte so ein seltsames Gefühl. Das heißt, eigentlich war es mehr ein Mischmasch aus tausenden Eindrücken, die meine Gefühlswelt aufpuschten wie ein Ecstasy-Cocktail.
 

Als er meinen Widerstand bemerkte, drückte er mich noch fester an sich. Er neigte seinen Kopf ein wenig hinunter und es schien fast so, als wollte er mir lautlos etwas zuflüstern. Denn alles was ich spürte, war sein heißer Atem, der an meiner Ohrmuschel entlangstrich. Es jagte mir einen warmen Schauer über den Rücken.
 

Das war doch alles total verrückt. Ich, die nie irgendeinen Jungen mit mehr als einem netten Blick bedachte hatte, stand da spät nachts dicht gedrängt an einen Kerl, der eigentlich der totale Vollidiot war und hatte Schiss, er würde meinen Herzschlag hören können, der inzwischen so heftig war, dass er in meinen eigenen Ohren dröhnte. Oder bildete ich mir das nur ein?
 

Dann geschah etwas unerwartetes. Der dünne Lichtstrahl wurde plötzlich ganz schwach, dann blitze er wieder auf. Hey, das sah mir aber verdammt nach einer leeren Batterie aus! Und wirklich. Ein paar Mal flackerte das Licht noch auf und dann war es wieder gänzlich dunkel. Man hörte jemanden wütend murren und Schritte, die sich über den Flur von der Bibliothek wegbewegen.
 

Erleichtert atmete ich aus. "Das war knapp", murmelte ich und löste mich wieder von ihm. "Allerdings", gab er kalt zurück. Mittlerweile hatten sich meine Augen wieder an die Dunkelheit gewöhnt. Ich sah, dass er den Boden musterte. Um ehrlich zu sein: Es sah katastrophal aus. So ziemlich alle Bücher waren aus dem Regal gefallen, gegen das ich ihn geworfen hatte. Ich holte noch einmal tief Luft und pustete mir eine Ponysträhne aus der Stirn.
 

"Ich würde sagen, wenn wir beide aufräumen, geht's schneller, okay?", fragte ich ihn. Statt einer Antwort bückte er sich und griff nach ein paar Büchern die er dann fein säuberlich zurück ins Regal stellte. Ich zog die Brauen hoch. Na schön, mir sollte es recht sein. Ich schnappte mir ebenfalls einen Stapel und stellte ihn zurück ins Regal.
 

Allerdings fand ich das Buch nicht wieder, weswegen ich eigentlich hergekommen war. Als dann fast alle Bücher wieder an ihrem Platz waren, sah ich es als letztes auf dem Boden liegen. Es war wie in einem dieser schlechten Filme: Ich griff danach und streifte seine Hand, die ebenfalls danach griff. Während ich meine Hand wie elektrisiert wieder zurückzog, nahm er sich das Buch mit den Worten "Das wollte ich mir eh ausleihen." Was?! "Äh, n-nein, das geht aber nicht!", stotterte ich. Verdammt, wieso stottere ich?!
 

"Ach nein?", fragt er mich, "Und warum nicht?". Na toll. Was soll ich ihm denn jetzt sagen? Obwohl das einfachste wäre ja einfach die Wahrheit... "Weil da noch ein Zettel drin ist und da sind Notizen drauf, die ich für meine Hausaufgaben brauche, ich hab ihn darin gelassen, deswegen bin ich hier.", erkläre ich ihm. "Hm, der hier?" Da hält er ihn auch schon in der Hand. Gut das er zusammengefaltet ist. Ich schnappe danach, aber er zieht seinen Arm hoch.

"Hey, was soll das? Gib her!", forderte ich wütend. Er sah mich kalt lächelnd an. "Na was denn? Liebesbriefchen?" "Nein verdammt, das sind Notizen. Und zwar meine. Jetzt GIB HER!", fauchte ich ihn wütend, schnellte einen Schritt auf ihn zu und riss ihm den Zettel aus der Hand. Ich stand direkt vor ihm und blickte ihn zornfunkelnd an.
 

"Ich will ja Ihre traute Zweisamkeit nicht stören, aber Ihnen beiden ist schon klar, dass es verboten ist, sich nach einundzwanzig Uhr dreißig noch außerhalb der Schlafsäle aufzuhalten?", ertönte eine beflissene, gehässige Stimme hinter uns.
 

Während ich mich erschrocken umdrehte, schloss Raphael mit einem das-darf-jetzt-nicht-wahr-sein -Blick die Augen. Mit einer Hand schirmte ich den hellen, blenden Strahl einer -wirklich einwandfrei funktionierenden- Taschenlampe ab. Hinter uns stand die Person, die ich jetzt am allerwenigsten von allen hier stehen haben wollte. Unser allseits beliebter Hausmeister Herr Weiss. Der alte Sack war stinkfaul und rührte keinen Finger. Und ein ekeliger Schleimbeutel war er obendrein. Wenn ein Mädchen vor ihm stände, dessen Ausschnitt weit und dessen Rock kurz genug wäre und ihn voll labern würde, hätte es gar kein Problem ohne Meldung davonzukommen.
 

Ich gehörte nicht zu dieser Gruppe von Mädchen und hatte es mir gleich in der ersten Woche mit ihm verscherzt. Und da er Grufties auch nicht abkonnte und er Raphael mit Sicherheit für einen solchen hielt, waren unsere Chancen gut aus der Sache rauszukommen gleich null.
 

"Ihr glaubt ja gar nicht, wie gerne ich euch überhebliche, besserwisserische Nervensägen selbst bestrafen würde, aber leider bleibt es dem Lehrer vorbehalten, wenn er in die Sache mit einbezogen ist. Und zu eurem Glück ist Frau Finkenberg gerade auf dem Weg hierher."
 

Wie auf ein Stichwort trat Frau Finkenberg in die Bibliothek. "Diese beiden habe ich hier gerade in ihrer trauten Zweisamkeit gestört. Anscheinend wollten sie gemeinsam das Inserat unser Bibliothek gewaltsam zerstören und auch entwenden.", gab der Hausmeister grimmig von sich und sah auf das Buch, welches Raphael in der Hand hielt.
 

WAS?! Also das mit der trauten Zweisamkeit war ja schön die Höhe, aber jetzt sollten wir hier auch noch randaliert haben?! Das Schlug dem Fass den Boden aus, so eine Unverschämtheit! Dieser alte Sack! Ich wollte gerade aufbegehren, als Raphael mir auf den Fuß trat. Unwillkürlich verstummte ich, obwohl ich es eigentlich gar nicht vorhatte.
 

"Romy? Raphael? Sie beide? Von Ihnen hätte ich ja wohl etwas mehr erwartet. Romy, Sie sagten mir damals, Sie wollten mit Theresa tauschen, da Ihre Freundin unglücklich mit ihrem Schützling wäre. Ich finde es sehr unfair von Ihnen, mich mit so einer Geschichte zu belügen, nur damit Sie sich einen Vorteil in Ihrem Interesse beschaffen können!"
 

Ziemlich belämmert starrte ich Frau Finkenberg an. Was zum Donnerwetter sollte das denn heißen?! So langsam dämmerte mir was... "Und was Sie angeht, Raphael, so hätte ich niemals von Ihnen gedacht, dass sie jüngere Schülerinnen verführen nur um sie dann in kriminelle Machenschaften einzubeziehen!"
 

Das durfte doch alles nicht wahr sein...! Raphael bedachte die Lehrerin nur mit einem abwertenden Blick. "Das wird Konsequenzen für Sie haben! Für Sie beide! Ich möchte sie morgen vor dem Mittagessen in meinem Büro sehen! Und jetzt machen Sie, dass Sie auf Ihre Schlafzimmer kommen!"
 

Wäre ich nicht so müde gewesen und hätte mich nicht so zerschlagen gefühlt: Ich hätte ihr ordentlich die Meinung gesagt. So was konnte man doch nicht auf sich sitzen lassen! Aber ich hatte einfach keinen Bock auf eine Diskussion. Ich wollte nur noch in mein Bett.
 

Also ging ich einfach geradewegs zur Tür. Raphael tat es mir gleich. Wir liefen den Korridor hinunter. So ein verdammter Mist. "Toll", grummelte ich, "das gibt Strafarbeit und Nachsitzen." Er schwieg. Hatte der Idiot mich eigentlich gehört?!
 

Wir waren am Ende angekommen und ich stellte mich ihm abrupt und wütend in den Weg. "Ich rede mit dir! Das ist alles deine Schuld!" Er sagt immer noch nichts, zieht nur argwöhnisch eine Augenbraue hoch. Der Kerl treibt mich noch in den Wahnsinn!
 

"Jetzt guck nicht so blöd! Wenn du mir einfach den bescheuerten Zettel gegeben hättest, dann-" Fassungslos brach ich ab. In aller Seelenruhe spazierte er an mir vorbei ohne auch nur im Geringsten darauf einzugehen, was ich gerade gesagt hatte.
 

Jetzt reichts! "HEY!", fauchte ich stocksauer. Er blieb stehen. "Hör zu, halt einfach die Klappe, okay? Behalt deine lächerlichen Zickereien für dich, nerviges Gör.", gab er gereizt zurück und ging weiter.
 

Ich blieb zurück. Ner-viges - Gör?! Ich war viel zu empört, um ihm jetzt noch irgendetwas Gepfeffertes zurückzugeben. Dieser-! Der Abend war die absolute Katastrophe. Stöhnend schlich ich die Treppen zum Ostturm hoch. Oben angekommen ließ ich mich so wie ich war ins Bett fallen und schlief sofort ein, den Zettel mit den Notizen noch in der Hand.
 

°°°
 

RING RING RINGRINGRING - Nein! Das brutale Geräusch des Weckers riss mich aus dem tiefen, viel zu kurzen, Schlaf. Stöhnend streckte ich einen Arm aus und tastete nach diesem schrecklichen Gerät. Ich legte meine Hand drauf - und das Ding rutscht weg, landet mit Gepolter auf dem Boden und macht einen Höllenlärm.
 

"Verdammte Scheiße", murre ich in meine Kissen. Widerwillig setzte ich mich auf um mich danach schwerfällig aus dem Bett zu wuchten. Wo war dieser bescheuerte Wecker?! Ich torkelte verpennt umher und da passierte es.
 

"AUUUUUUUU!!!!" "SCHEISSTEIL!!!" Ich saß auf dem Bett und rieb mir den bloßen Fuß, mit dem ich gerade heldenhaft auf den Wecker getrampelt war. Man, tat das weh. Das zwiebelt, aber so was von... Wütend packte ich mir den Wecker und schleuderte ihn mit aller Macht an die Wand. Es gab ein rasselndes Geräusch, dann erlosch das Klingeln und im Zimmer war es still.
 

Schließlich nahm ich mir ein Herz und hinkte zum Waschbecken. Na toll. Das blühende Leben lachte mir entgegen. Ha ha. Ich schloss die Augen und fuhr mir mit der Hand übers Gesicht. Aber davon wollten diese tiefgrauen Schatten unter meinen Augen sich nicht beeindrucken lassen. Ich verstand das gar nicht, wann war ich denn im Bett, dass ich SO aussah?!
 

,So sehr spät war es gar nicht, du hattest nur nicht gerade das, was man einen entspannten Abend nennt', hörte ich eine leise Stimme in meinem Kopf. Super, besten Dank auch! Genau das brauchte ich jetzt. Ich sah auf die Uhr. Es war halb sieben. Wenn mich nicht alles täuschte, war heute Samstag. ,Und was machst du dann hier? Warum bist du nicht im Bett, he?' Das war zur Abwechslung mal ein guter Vorschlag von mir selbst.
 

Mit müdem Blick wandte ich mich dem Fenster zu. Was für eine Leistung! Wir hatten heute zur Abwechslung mal Regen. Gibs ja gar nicht. Auf der Treppe waren Schritte zu hören. Tess erschien vor mir. Vor Müdigkeit wirkten ihre Augen noch kleiner als sonst und die langen blau-schwarzen Haare lagen ziemlich zottelig auf ihrem Haupt.
 

Tess gähnte. "Warum veranstaltest du hier so n Krach? Und wieso bist du überhaupt schon auf? Wenn ich nicht aufs Klo gemusst hätte, läge ich jetzt noch schön in den Federn..." Ich gähnte ebenfalls. Tja, das steckte eben an. "Ich hab keinen blassen Schimmer. Ich wollte auch gerade wieder ins Bett." Lächelnd reckte Tess ihren Daumen in die Höhe "Spitzen Idee."
 

Einen Augenblick später lagen wir wieder in unseren Betten. Ich schloss erschöpft die Augen. Das Geräusch von Regen auf dem Dach ist schön, dachte ich noch, bevor ich wieder einschlief.
 

Ich wachte auf, als ein schwacher Sonnenstrahl hell auf meine Augenlider fiel. Ich blinzelte, öffnete die Augen und musste enttäuscht feststellen, dass es nur eine winzig kleine aufgerissene Stelle in der dichten grauen Wolkendecke war. Ich setzte mich auf und strecke mich. Mein Blick fiel auf den Wecker, der noch immer in der Ecke lag. Ich drehte meinen Kopf seitlich und konnte erkennen, dass es halb elf war. Zeit aufzustehen. Der zweite Blick in den Spiegel an diesem Tag gefiel mir schon besser.
 

Während ich mir die Zahnbürste angelte, überlegte ich, warum in drei Teufels Namen ich den Wecker nicht ausgestellt hatte. Ich kaute gelangweilt auf den ausgelutschten Borsten herum, als mir einfiel, was ich eigentlich gestern Nacht noch hatte erledigen wollen. Der Aufsatz! Och nö... Nach dem Mittagessen musste ich schon mit Bibo zum Hauptquartier, weil ich das Training gestern Abend hatte ausfallen lassen. In der kurzen Zeit schaffte ich das nie. Mist!
 

Wo ich gerade bei Mittagessen war, da fiel mir doch noch was ein. "Das wird Konsequenzen für Sie haben! Für Sie beide! Ich möchte sie morgen vor dem Mittagessen in meinem Büro sehen!..." Herzlichen Glückwunsch. Da war ja auch noch diese ,Angelegenheit' von gestern Nacht. Womit hatte ich das nur verdient? Ich spuckte den weißen Schaum ins Waschbecken und spülte nach. Nachdenklich stierte ich in die weiße Porzellan-Senke. Dann hob ich den Kopf und betrachtete erbost mein Spiegelbild.
 

Raphael! Das war alles seine Schuld! Dieser Blödmann! Dieser Affe! Dieser- argh! Was hat der denn auch mitten in der Nacht in der Bibliothek zu suchen? (Gegenfrage: Was hat Romy mitten in der Nacht in der Bibliothek zu suchen?) Hinter mir regte sich etwas. Tess wachte auf. Dann wollte ich mich mal beeilen, bevor das Waschbecken für die nächste halbe Stunde besetzt war.
 

"Sag mal, wann bist du gestern Abend eigentlich ins Bett gegangen? Ich hab dich gar nicht mehr gehört." Sollte ich ihr es erzählen, oder nicht? Ich entschied mich dafür. Tess war meine beste Freundin, ihr konnte ich alles erzählen und ich musste ihr sowieso notgedrungen schon zuviel verheimlichen.
 

"Mir ist gestern Abend sehr spät noch eingefallen, dass ich noch einen Aufsatz schreiben muss. Leider hat Petra das Buch dafür in die Bibliothek gebracht, also musste ich es noch holen. Dabei bin ich aus irgendwelchen unerfindlichen Gründen an unseren Mr. Ich-nehm-mir-von-nichts-was-an Mondstein geraten. Und dann hatten wir auf einmal Weiss und Frau Finkenberg vor unserer Nase stehen. Jetzt muss ich mir vorm Mittagessen noch eine Strafarbeit abholen.", schloss ich seufzend.
 

Tess drehte sich um und sah mich ungläubig an. "Romy Schwabe, du kannst mir ja sagen was du willst, aber dieses Schuljahr ist irgendwie weitaus chaotischer wie die davor.", meinte sie schließlich kopfschüttelnd. Da hatte sie Recht. Vollkommen Recht.
 

Halb zwölf. "Ich mach mich dann mal auf den Weg", verabschiedete ich mich von Tess. Das Büro von Frau Finkenberg war in der Nähe des Mentorenraums. Als ich in den Flur einbog sah ich Raphael, der schon an der Wand gelehnt wartete. Mir fielen seine letzten Worte von gestern Abend wieder ein. Unkontrolliert kroch die Wut in mir hoch. Dieser arrogante Mistkerl!
 

Schweigend stellte ich mich in einigem Abstand von ihm ebenfalls an die Wand und verschränkte die Arme. Die Minuten zogen sich dahin wie zähes Gummi. Das dauerte... und dauerte...
 

Bis schließlich irgendwann Schritte den Korridor entlang hallten und Frau Finkenberg auf uns zukam. Mit einer ziemlich missbilligen Miene sah sie uns an. "Ah, schön das Sie beide bereits hier sind. Ich möchte sie gerne beide einzeln sprechen. Raphael, Sie folgen mir bitte zuerst."
 

Und damit waren die beiden im Büro verschwunden. Ja, genau das brauchte mein aufgewühltes Innenleben jetzt. Ich allein hier draußen und er da drinnen und ich hab keinen blassen Schimmer davon, wie er die Geschichte wohl schildern würde. Nervös rieb ich die Hände aneinander. Was er da wohl erzählte? Und - was noch viel wichtiger war - wie sollte ich die Geschichte schildern?
 

Am besten ich bliebe größtenteils einfach bei der Wahrheit. Ja, das wäre wohl das Beste. Ich hab meine Hausaufgaben in der Bibliothek liegen lassen und bin dort rein zufällig auf Raphael getroffen. Fertig, aus, Ende.
 

Man, was machten die da so lange?! Wie auf ein Stichwort öffnete sich die Bürotür. "Romy, jetzt Sie, bitte!" Hörte ich die Stimme der Lehrerin. Raphael trat aus dem Büro. Demonstrativ drehte ich den Kopf in eine andere Richtung. Ich wollte gerade hinein gehen, als er mich im Laufen anrempelte. Was sollte das denn jetzt schon wieder?! Ich drehte mich zu ihm, um mich zu beschweren. Aber bedachte mich mit einem kurzen Blick und ging dann schnell an mir vorbei.
 

Hä? Wie sollte ich das denn jetzt verstehen? Eine Möglichkeit wäre ja, dass er nicht mehr alle Tassen im Schrank hat, aber auch wenn er arrogant ist, davon ging ich dann doch nicht aus. Die Stimme von Frau Finkenberg unterbrach meinte Gedanken. "So Romy, erzählen Sie mir bitte, wie es sich zugetragen hat, dass sie sich zu dieser späten Stunde gestern Nacht noch in der Bibliothek aufgehalten haben. Noch dazu in Begleitung?"
 

Ich erzählte die Geschichte so, wie ich sie mir zu Recht gelegt hatte. Da war ja bis jetzt nichts Schlimmes dran. Frau Finkenberg sah mich nachdenklich an. "Soso, soweit klingt das alles ja sehr schlüssig, zumal ich in den ganzen Jahren selten etwas Schlechtes von Ihnen gehört habe, Romy. Aber eines möchte ich noch wissen: Wie erklären Sie sich die Tatsache, dass die Bücher in dem Gang in dem Sie sich aufhielten vollkommen chaotisch, wahrscheinlich hastig wieder in das Regal gestellt wurden? Es scheint ja beinahe so, als wollte jemand mit Absicht die Bibliothek verwüsten und hat sich dann schnell eines besseren besonnen, als er jemanden kommen hörte."
 

Wütend sprang ich auf. "Entschuldigen Sie bitte, aber was hätte ich denn bitte für Gründe die Bibliothek zu verwüsten?! Das ist eine vollkommen absurde Unterstellung, ich wollte mir lediglich dieses eine Buch holen!" "Setzten Sie sich bitte!", wurde ich auch gleich darauf zurechtgewiesen.
 

Ich ließ mich zurück auf den Stuhl fallen. "Nun, wenn Sie die Sache so sehen, werden Sie mir bestimmt jetzt den wahren Hergang der Geschichte schildern, nicht wahr?" Ich saß in der Falle. Ich konnte ihr ja schlecht erzählen, dass ich mich da mehr oder weniger mit Raphael geprügelt hatte. Und erschwerend kam noch hinzu, dass ich ja nicht wusste, wie er es erzählt hatte.
 

Jetzt hieß es improvisieren... "Ähm...", setzte ich an. "Bitte?" Ok, Romy denk nach. Warum fällt ein Regal um. Hm, vielleicht bin ich einfach gestolpert und gegen das Regal gestoßen. Wenn ich nur wüsste, was er gesagt hat! Aber - Moment mal! Gestoßen... Zusammengestoßen! Das wars. Das gerade eben sollte also den berühmten Wink mit dem Zaunpfahl darstellen.
 

Ich holte Luft. "Also, ich bin in den Gang gelaufen, indem sich auch Raphael befand. Nur wusste ich das nicht und bin mit ihm zusammengestoßen. Dabei sind etliche Bücher aus dem Regal gefallen und wir mussten sie schnell wieder einräumen, weil wir uns schon dachten, dass jemand den Krach gehört hat."
 

Frau Finkenberg sah aus wie jemand, dem man den Sieg vor der Nase weggeschnappt hatte. "Danke, Sie können dann gehen, ich gebe Ihnen nach dem Mittagessen weiter bescheid." Damit war das Gespräch wohl beendet und ich ging raus. Raphael war nicht mehr da. Ich seufzte. In dem Augenblick ging der Gong zum Mittagessen und ich machte mich auf den Weg zum Speisesaal. Die anderen waren schon da. Heute gab es riesen Töpfe voller Gemüsesuppe. Mit grünen Bohnen - igitt! Aber hatte ich was anderes an diesem Tag erwartet? Ich musste die Dinger mal wieder verschwinden lassen. Keine Servietten mehr da... Ich stand auf um neue zu holen. Ich stand gerade an dem Tisch, als jemand neben mir nach einem Salzfass griff.
 

"Was hast du ihr erzählt?" Ich nahm meine Serviette. "Dass die Bücher aus dem Regal gefallen sind, weil wir im Dunkeln zusammengestoßen sind.", erwiderte ich, drehte mich um und ging. Ok, vielleicht war es eine gute Idee mit dem Zusammenstoß, aber das änderte nichts an der Tatsache, dass er Schuld an der ganzen Sache war.
 

Als ich gerade dabei war voller Elan die Bohnen aus meiner Suppe zu fischen, kam Tess an den Tisch. "Hey, hast du den neuen Aushang am schwarzen Brett gesehen?" Ich schüttle den Kopf. "Die Fahrt nach Berlin ist für den 9. November angesetzt. Und da steht wir sollen in den Gruppen von unseren Zimmerbelegungen gehen. Ist das nicht cool? Wir beide in Berlin? Auf dem Kuhdamm? Ich hab gehört da gibt's die absolut abgefahrendsten Geschäfte, die du dir vorstellen kannst!"
 

Ich nickte zustimmend. Tess übertrieb mal wieder mit ihrer Shopping-Wut, aber das war ja endlich mal eine gute Nachricht heute. Mit Tess in Berlin - das musste einfach lustig werden. Und als es dann zum Nachtisch auch noch Vanilleeis gab, ging ich schon wieder in riesen Schritten auf meine altbewährte gute Laune zu.
 

"Ha und die Fahrt ist nur für die elfte und zwölfte Klasse! Wenn die Tussi nicht gerade im Kofferraum mitfährt, bleibt sie hier. Und dann hab ich ihn einen ganzen Tag für mich alleine! Ein Tag wird reichen. Wenn wir erstmal zusammen gehen, hat dieser abnormale Gruftie sowieso nichts mehr zu sagen!", kam es da zwei Plätze weiter und irgendetwas sagte mir, dass da Lydia saß...
 

"Sag mal Tess, die zwölfer fahren nicht reinzufällig auch mit nach Berlin?", fragte ich Tess, obwohl ich mir die Antwort eigentlich schon denken konnte. "Doch, sicher. Sonst wird der Bus ja nur halb voll. Und deswegen ist doch die Fahrt auch nur alle zwei Jahre."
 

Freude oh Freude. Ich spring gleich aus dem Fenster... Ok, Romy, sieh' das positiv, schließlich fährt Bibo dann mit! Außerdem: Ich hatte ja Tess. Eigentlich hat sich nichts geändert. Ich werde mit Tess über den Kuhdamm ziehen und es wird lustig werden, jawohl! Und da war ja auch noch mein Vanilleeis.
 

Als ich den Becher bis aufs Letzte ausgeschleckt hatte, erhob ich mich. Ich wollte direkt nach dem Mittagessen mit Bibo losgehen. Jetzt musste ich ja erst noch auf Frau Finkenberg warten. Also stellte ich mich in die große Halle und wartete. Irgendwann kam Frau Finkenberg mit Raphael im Schlepptau an. Unwillkürlich musste ich grinsen. Das erinnerte mich an den ersten Abend.
 

So, jetzt war ich mal gespannt. Frau Finkenberg war bekannt für ihre Kreativität, was das Verteilen von Strafarbeiten anging. Vom Hof fegen, zum Turngeräten in der Sporthalle reparieren, hinüber zum Schuppenaufräumen bis hin zum Strafarbeiten schreiben in spiegelverkehrt, hier hatte es schon so ziemlich alles gegeben.

"Da Ihre Aussagen miteinander übereinstimmen, scheint sich ja tatsächlich nichts wirklich schlimmes letzte Nacht in der Bibliothek ereignet zu haben", beginnt sie. Das klang ja schon mal nicht schlecht. "Daher", so sagt sie weiter, "will ich von einer strengen Strafe mal absehen. Allerdings kann ich Sie ja nicht ganz ohne Strafe davonkommen lassen. Sie bekommen eine Aufgabe, dürfen diese aber in Teamarbeit lösen."
 

Teamarbeit?! Mit dem? Wie hieß das noch so schön? Scotti, beam me up! Aber wie sich herausstellen sollte, was das nicht mal das Schlimmste an der ganzen Sache. "Wie sie sicherlich wissen, findet am 9. November unsere Fahrt nach Berlin statt. Eigentlich war es vorgesehen, mit dem Zimmernachbar eine Gruppe zu bilden. Bei Ihnen werden wir da eine Ausnahme machen. Sie werden zusammen Berlin erkunden und mir dann einen Bericht über ihren Ausflug verfassen."
 

Scotti, beam mich up, aber ein bisschen plötzlich! Das durfte nicht wahr sein! Damit war der einzige Lichtblick an diesem Tag auch schon wieder zunichte gemacht. Mit Raphael durch Berlin. Klasse. Toll. Super! Frau Finkenberg nickt uns noch einmal zu. "Ich denke, damit werden alle gut fertig werden. Einen schönen Tag noch Ihnen beiden." Ich überlege gerade, ob ich sie nicht um zehn Jahre Burg-putzen überreden soll, zwinge mich aber stattdessen zu einem knappen Nicken.
 

Eine halbe Stunde später laufe ich mit Bibo in Richtung Stadt und erzähle ihm die Sache mit Raphael. "Und, was ist jetzt die Strafarbeit?", fragte er mich. "Frag lieber nicht", erwidere ich und setzte dann hinzu: "Ich kann dir nur schon mal sagen, dass du Tess durch Berlin begleiten darfst." Fragend sieht er mich an. Ich grinse. "Oder hast du was dagegen", flöte ich scheinheilig. "N-nein! Wie kommst du denn darauf?!", kommt es fast bestürzt von ihm zurück.
 

Als wenn ich nicht genau wüsste, dass er gerade innerlich Purzelbäume schlägt, weil er statt mit Raphael mit ,seiner' Tess durch Berlin ziehen darf. Naja, wenn schon ich kein Glück habe, dann doch wenigstens die zwei. Und mal davon abgesehen hat die Sache noch einen Vorteil. Ich stelle mir gerade Lydias Gesicht vor, wenn sie davon erfährt...
 

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Blub. Was anderes ist dazu ja wohl nicht zusammen. Das Chap ist scheiße, ich weiß schon. *schäm* Tut mir leid. Aber ich wollte endlich mal weiterschreiben. Eigentlich sollte der Kern dieses Chaps ganz woanders liegen, aber irgendwie ist mir die Strafen-Sache viel zu weit ausgeschweift und deswegen verschieb ich den eigentlichen Inhalt in das 6. Kapitel. Da wird's dann auch wieder interessanter, versprochen!
 

Meine Lieblingsszene in diesem Chap ist alles was sich um diesen Satz hier dreht: , Das heißt, eigentlich war es mehr ein Mischmasch aus tausenden Eindrücken, die meine Gefühlswelt aufpuschten wie ein Ecstasy-Cocktail.' *hihi*
 

So, jetzt bitte ich noch mal vielmals um Entschuldigung für die lange Wartezeit. Ich war in letzter Zeit selten am PC. Aber jetzt ist die stressigste Zeit in der Schule rum, wir haben alle Arbeiten geschrieben. Am 21. gibt's Ferien. Möchte mich für meine Vernachlässigungen entschuldigen.
 

So, jetzt aber zu den Kommis!
 

@Rouge: Die Szene mit dem Blick kam eigentlich mehr so spontan, umso besser dass sie dir gefallen hat :D Ja, die Szene mit dem Rückblick mag ich auch. Ich sollte mehr davon schreiben *überleg*
 

@Azaya: Danke für die Blumen. Sicher stell ich mehr davon ins Netz. So lange, bis es zuende ist ;)
 

@Water2003: Also ich fand das Ende gut *hihi*
 

@Caligo: Hey, wir sind beim 4. Kapitel, da darf doch noch nicht so viel passieren, sonst ist doch die Luft raus (und mir laufen die Leser weg *ah!* *kreisch*) Tut mir leid für dein Herz, ehrlich...
 

@LaChouchoute: Ich weiß ich weiß. Die beiden sinn ja so süß. Aber die müssen sich noch ein bisschen gedulden *hähä* Und - hey, das 's mein Raffi! Kriegst du nicht XD
 

@aqualight: Ja, du wiederholst dich, aber bei so was kannst du dich ruhig wiederholen bis du schwarz wirst. Ich hab da nischt gegen ^^° Ich mochte ihn auch, den Schulterwurf. Aber die Tarnung ist nicht futsch. Raffi dachte nur, er war zu überrunpelt ^^ Vielen, vielen Dank für die Empfehlung & dass du dich so oft nach der Story erkundigt hast *knuffs*
 

@Fy: Danke, danke, danke. Du magst Romy? Da freu ich mich aber :) Vielen Dank für den Kommi! Hdl
 

@YvonneStraubi: Hallöchen =) Schön das dir die Story ein bisschen gefällt!
 

@Mirumy: Hallo! Das ist ja mal ein netter Besuch *grinz* Danke für die Komplimente, hab mich sehr gefreut!!!
 

@searose: Meine Rede! Schick ihn in die Knie, Romy *kicher* Cool, das ich hier in deine Kragenweite passe ;)
 

@Angel_Kisu: Kein Problem, vielen Dank für den Kommi!
 

@Shadowgirl: *flöt* Naja, war ja nur ein bisschen abgeschaut... Ich mag Harry trotzdem lieber. Jetzt, wo ich das 5. öfter gelesen habe, gefällts mir schon besser. Nein, die beiden konnten sich nicht mehr retten, ich bin fies, ich weiß. Raffi wird gezähmt, ich stell mir gerade Romy mit Peitsche vor *rofl*
 

@ninax: Böse, böse. Tja, so kanns gehen...
 

@Black_Cat13: Hm, ich finde es kommt immer auf den Charakter an. Ob er jetzt richtig interessant oder einfach nur fies ist. Und das die Guten immer gewinnen ist ja schon immer so gewesen, gehört halt zum Happy End mit dazu *g*
 

@Flaimdara: Danke für das Herz ;) Ich wollte dich aber nicht dermaßen aus der Bahn werfen, sorry ^^°
 

@lynja: Aloha ^^y Jaja, hier meine Jungs *grinz* Ich mag sie auch =)
 

@Onisha: *freufreufreu* Toll, dass dir die Story gefällt *strahl*
 

@Estel: Kommis sind ja kein muss, ist nicht so schlimm! Hab extra für dich diesmal keine Cliffi eingebaut, bin ich nicht nett? Danke für den Kommi =)
 

@sunnygirl07069: Sowas nennt man Phsychologie. Ohne Cliffhanger ist doch die Stor öde *hehe*
 

Boa ey super, was vieler Text. Das kommt von den vielen Kommis... Soll jetzt nicht heißen, dass ihr die weglassen sollt! Dafür schreibe ich ja gern etwas mehr =) Bis dann!

Vampire

Wieder da ;) Gewidmet ist dieses Chap noch mal Rouge, ich hab irgendwie das Gefühl ich müsste etwas wieder gutmachen *sniff* Viel Spaß damit!
 

Der Falkenclan
 

Kapitel 6 - Vampire
 

"AHHHHHHHHHHHHHRGH!" Mir bleibt keine Zeit mehr mich abzurollen und so knalle ich mit voller Wucht gegen die kalte Steinwand. Zusammengesackt hocke ich am Boden und der Schmerz zieht sich durch jede Faser meines Körpers. Wütend fahre ich mit der Handfläche über mein Gesicht. Was war nur heute mit mir los?! Ich war doch sonst nicht so unkonzentriert.
 

Plötzlich werde ich wie von Geisterhand hochgehoben und finde mich an einen anderen Körper angeschmiegt wieder. Verwirrt richte ich meinen Blick nach oben und er trifft auf zwei dunkelblaue Augen, die mich schmeichelnd ansehen. "Entschuldige Kleines, ich war zu hart zu dir. So behandelt man keine junge Lady... Wie kann ich das nur wieder gutmachen?"
 

Bevor er auch nur auf den Gedanken kommen könnte, sein Gesicht dem meinen noch mehr zuzuwenden, habe ich meine Faust auf seine makellose Nase gerammt. Keuchend springt er zurück. Ich hingegen rapple mit wütend wieder auf. "Jetzt zum allerletzten Mal! Lass deine Griffel weg du unverbesserlicher Chauvi! Wer hat gesagt das wir schon fertig sind?!"
 

Mit diesen Worten greife ich Tom an und bringe ihn mit einem gestreckten, bedacht platzierten Kick in die Magengrube zum Kapitulieren. Zum Schluss beuge ich mich zu ihm runter, lege meine Hand auf seine platinblonden Haare und mit den Worten "Ohh, hat der Kleine Tommy Aua gemacht?" wuschle ich brutal durch seinen topgestylten Haarschopf.
 

"Hör sofort auf!", schreit er entsetzt und springt auf. Ich reiße mich zusammen, um nicht laut loszulachen. "Haha, ey Alter, lass die Finger aus den Steckdosen, das ist nicht gut für die Frisur!", brüllt da hinter mir aber auch schon Micha. Alle anderen haben ihr Training auch unterbrochen und lachen bei Toms Anblick los.
 

Der hat in dem Moment nur noch Augen für mich und stürzt wütend auf mich zu. "Ahhh!", kreische ich los und laufe davon. "ROMY! Du Miststück, bleib sofort stehen!!!!", keift Tom hinter mir. "Ich hab dich auch lieb!", flöte ich zurück und beschleunige meine Schritte. Der Kerl scheucht mich im Zickzack durch den weitläufigen Trainingsraum.
 

Als ich an der Tür vorbeirenne, knalle ich allerdings gegen Bibo, der gerade den Raum betritt. Wir purzeln durcheinander und finden uns auf dem Boden wieder. Als Tom auf uns zukommt kreische ich gespielt entsetzt auf und verstecke mich hinter Bibo. "Bibo, ich hab Angst, der böse Tommy will mir wehtun!", piepse ich.
 

"Hä?" Bibo sieht ganz so aus, als erfasse er die Situation nicht so wirklich. "Ach vergiss es", faucht Tom abfällig. Kopfschüttelt rappelt sich der Riese wieder auf die Füße und wendet sich den anderen zu. "Hey, ich wollte eigentlich fragen, wer von euch Hunger hat. Ich wollte Pizza holen."
 

Der Vorschlag wird mit viel Freude angenommen und ein paar Minuten später hat Bibo eine überdimensionale Liste mit Bestellungen in der Hand. Ungläubig sieht er sich den Wisch an. "Himmel, wer will das denn alles essen?!" "Jaja, du hast ja gut reden!", mische ich mich ein, "Vom Lesen und Lernen wird man ja auch nicht hungrig. Du hast dich ja mal wieder ganz galant vom Training gedrückt heute! Wenn du seit sieben Stunden trainieren würdest, könntest du auch 'Ochsen fressen."
 

"Ok, ok", räumt Bibo ein, "aber wenn ich das alles alleine mitkriegen soll, brauch ich einen Laster." "Dann komme ich eben mit und helfe tragen", schließe ich. Und auf dem Weg zur Tür setzte ich dann noch unüberhörbar hinzu: "Dann muss ich wenigstens keine Angst vor irgendwelchen wildgewordenen Chauvis mit Sturmfrisur haben!" Hinter uns ertönt ein entnervtes Fauchen und ich schließe schnell die Tür.
 

Der nachtschwarze Himmel ist nur leicht bewölkt, aber trotzdem sind nur vereinzelt blass schimmernde Sterne darauf auszumachen. Der Wind pfeift ganz ordentlich und ich ziehe meine Regenjacke etwas höher. "Hoffentlich fängt es jetzt nicht wieder an zu regnen", meint Bibo mit besorgtem Blick zum Himmel.
 

"Tom würde sich nicht mehr einkriegen, wenn ich wie ein begossener Pudel wieder ankommen würde", brumme ich. Bibo lacht. "Was hast du dem eigentlich getan, dass er so hinter dir her war?" "Pah, der ist ja wohl selbst Schuld! Wenn der mich noch einmal angräbt, dann kann er sein blaues Wunder erleben!!!"
 

Bibo grinst. "Ich weiß gar nicht, was du hast. Er sieht doch gut aus." "Aber er ist ein unverbesserliches Macho-Schwein! Und er ist ein Angeber! Und-" "Und außerdem machst du dir ja sowieso Nichts aus Jungs, was?", gibt er zurück.
 

Ah, er will mich wohl ärgern, was? Aber nicht mit mir Freundchen, da hast du eindeutig aufs falsche Pferd gesetzt! Scheinheilig lächle ich in die Nacht. "Immer noch besser, wie seine Angebetete nur aus der letzten Reihe anzuhimmeln, und noch nicht mal ihre beste Freundin über sie auszuquetschen. Und das als Junge, tztztz..."
 

Bingo! Auch in der Dunkelheit ist nicht zu verkennen, dass er bis unter seinen dunklen Haarschopf dunkelrot anläuft. Ich muss lachen. "Ach komm schon Bibo! Jetzt tu doch nicht so. Außerdem ist es völlig okay. Tess ist der wunderbarste Mensch auf der Welt!" "Da hast du ausnahmsweise mal Recht", gibt er leise zurück. Ich runzle die Stirn. "Nur leider wird das in tausend Jahren nichts mit euch beiden werden, wenn du nicht mal in die Puschen kommst. Darauf, dass Tess den ersten Schritt macht, kannst du warten, bis du schwarz wirst!"
 

Beklommen sieht er mich an. "Aber was kann ich denn schon machen? Sie kennt mich doch gar nicht! Und was könnte ich schon haben, dass sie sich für mich interessieren würde..." Ungläubig schüttle ich mit dem Kopf. "Och, du könntest jeden der ihr auch nur ein Haar krümmen wollte zu Brei schlagen, aber egal. Genauso egal wie die Tatsachen, dass du eine Intelligenzbestie, ein Technikgenie und ein wunderbarer Gesprächspartner bist. Junge, junge!"
 

Schweigend starrt er die Landstraße an. Vor uns tauchen die ersten Lichter der kleinen Stadt auf. "Aber..." Das Wort verliert sich in der Dunkelheit, ebenso wie das Seufzen, das folgt. "Jetzt hör mal zu Bibo. Mach einfach irgendwas. Egal was. Nur du musst irgendetwas machen, am Schluss schließt sie sich in Berlin noch irgendeiner kichernden, shopping-süchtigen Clique an!"
 

"Nur über meine Leiche", knurrt er. Ich muss lachen. "Na dann: viel Glück!" "Kann ich brauchen..." "Das du gleich aus jeder Mücke 'nen Elefanten machen musst..." Und wahrscheinlich hätten wir noch ewig so weiter diskutiert, wären wir nicht durch lautes Geschrei unterbrochen worden.
 

Die Ursache für den Krach liegt bei einer Fabrikhalle vor uns, in der für heute Nacht eine wilde Party angesetzt war. Anscheinend hatte das junge Partyvolk heute Abend Langeweile, denn obwohl es erst acht Uhr war, war schon die erste Schlägerei im Gange. Etwas weiter davon entfern standen eine Clique, die gerade offensichtlich die Bekanntschaft mit einer anderen geschlossen hatte. Jedenfalls schienen sie sich ganz angeregt zu unterhalten und noch angeregter zu flirten.
 

Kurzum, es war eben genau so, wie man es von einer solchen Fete erwarten würde. Einer der Gründe, warum ich für so einen Quark nichts über habe. Gerade ziehen Bibo und ich an dem Cliquentreffen vorbei, als mich etwas stutzig macht.
 

Mit einem unbehaglichen Gefühl werfe ich einen Blick zurück. "Hey, Romy, jetzt trödel nicht so rum!" Bibos Stimme holt mich wieder zurück und ich stoße mit zügigen Schritten zu ihm auf. "Oder war da etwa ein wahnsinnig attraktiver junger Mann dabei, den du jetzt unbedingt kennen lernen willst?", fragt er mich breit grinsend. Das nicht, aber ich bin mir sicher, ich hab aus dem Augenwinkel etwas aufblitzen sehen. Naja. Auch egal. Wie war das noch mit den Mücken und Elefanten.
 

Ich entschließe mich dazu, Bibo erst einmal in die Seite zu puffen. "Nö, du lagst da vorhin schon ganz richtig: Ich mache mir nichts aus dem ganzen Kram!" "Dann verpasst du was...", gibt er zurück. "Tz, du musst es ja wissen! Hol mal lieber den Zettel raus, wir sind gleich da."
 

Als Bibo in der gemütlichen kleinen Pizzeria das Bestell'zettelchen' auf die Theke legt, fallen dem jungen Mann, der dahinter steht, fast die Augen aus dem Kopf. Kopflos stürmt er in die Küche. Kurz darauf tritt der breit grinsende Besitzer der Pizzeria, ein herzlicher Italiener Mitte fünfzig heraus.
 

"Ahh, mal wieder eine Monsterbestellung für unseren Fantasy-Club, was? Grüß dich Romy!" "Hi!", grüße ich zurück, "jaa, der Hunger ging mal wieder mit uns durch, ist das zu schaffen?" "Na klar, ihr bestellt ja zumindest immer das Gleiche, da stellt sich irgendwann die Routine ein. Aber ich frage mich jedes Mal, was ihr da eigentlich treibt, dass ihr dermaßen Hunger bekommt!"
 

Wie immer antworte ich ihm, dass er das gar nicht wissen will, weil wir, ein Haufen eingeschworener Fantasy-Fans, sowieso zu verrückt für seine Ansichten seien. Weil es meistens eine geschlagene Stunde dauert, bis unsere Bestellung abgearbeitet ist, wird schon mal das "Geschlossen"-Schild an die Tür gehängt. Während der langen Wartezeit lümmeln Bibo und ich uns in den kleinen Sitzecken und unterhalten uns lautstark mit den Leuten aus der Pizzeria, die in der Küche stehen.

Dem Besitzer fällt sofort auf, das Bibo neu dabei ist. Dieser wiederum macht sich darauf einen Heiden Spaß daraus eine halsstarrige Geschichte über seinen Vorlieben als Fan der verschiedensten Theorien über den Mythos von Atlantis zum Besten zu geben.
 

Wir erfahren dies und jenes. Der Weihnachtsmarkt soll dieses Jahr wieder besonders schön werden. Es sollen sich noch mehr Buden wie in den letzten Jahren angemeldet haben und die kleine Eisfläche mit dem Schlittschuhverleih sollen wieder aufgebaut werden. Dann erzählt man uns noch, dass die andere Pizzeria der Stadt dicht machen will. Ich freue mich für die Leute hier, die dann als die einzigen Pizzabäcker der Stadt gute Geschäfte machen würden.
 

Inzwischen bewahrheitet sich draußen der Verdacht von Bibo, es schüttet wie aus Eimern. Als wir dann aber um kurz nach neun die Pizzabäckerei verlassen, nieselt es nur noch leicht. Diesmal vermeiden wir den Weg an der Diskothek vorbei. Wir machen uns die Nachtschwärze und die Gammeligkeit eines alten Waldweges zur Nutze um das Stück zum dem alten Landhaus in ein paar Sätzen zu überbrücken, schließlich wollen wir ja nicht, dass unsere Pizzen kalt werden.
 

Angekommen werden wir schon sehnsüchtigst erwartet. Das Essen findet spontaner Weise in der Trainingshalle auf dem Boden statt, da die meisten immer noch da waren. Als ich kauend im Schneidersitz auf dem Boden hocke, fällt mir plötzlich etwas ein. "Margarete", beginne ich mit vollem Mund.
 

Margarete, die gerade dabei ist mit Julia ein Stück Salamipizza gegen eines mit Pilzen und Ananas zu tauschen, dreht sich zu mir um "Ja?" Ich schlucke meinen Bissen hinunter. "Ich hab mich nur gerade gefragte, ob es in der Zwischenzeit irgendetwas gab, was auf den schwarzen Magier hingewiesen hat. Es ist schon einige Zeit vergangen, seit diesem Vorfall mit dem kleinen Mädchen."
 

"Man, du bist so blöd, wenn ja, dann hätte ja wohl etwas in der Zeitung gestanden, meinst du nicht?!", mischt sich da Tom ein. Wütend will ich ihm widersprechen, als Margarete das Wort ergreift. "Ich glaube nicht, dass Romy das so gemeint hat, Tom", meint sie lächelnd. Dann wendet sie sich an mich. "Nunja, im Moment scheint er sich ruhig zu verhalten." Ich will gerade beginnen zu sprechen, als sie weiterredet. "Aber ich fürchte ich kann die Theorie, dass er sich nicht mehr in der Gegend nicht bestätigen. Er befindet sich immer noch hier, ich spüre seine Gegenwart. Nicht gerade sehr angenehm, möchte man meinen...", sie macht daraufhin ein so gespielt leidendes Gesicht, dass wir alle schmunzeln müssen.
 

"Irgendwann will ich mal so werden wie sie", erzähle ich Bibo später, als wir auf dem Weg zum Internat zurück sind. "Man, hier ist es verflixt dunkel und glitschig, warum wolltest du eigentlich diesen Weg nehmen?!" ', grummelt er zurück. "Weil's ne Abkürzung ist! Und jetzt stell dich nicht an wie ein Mädchen!" In der Dunkelheit streckt er mir die Zunge heraus.
 

Naja, irgendwo hat er ja auch Recht. Gemütlich ist der Weg durch den durchnässten Wald wirklich nicht. Dann durchbricht ein Geräusch die Nacht, das mich augenblicklich stoppen lässt. "Pscht!", zeige ich Bibo an, dass er anhalten und sich still verhalten soll.
 

Und da ist es wieder. Weit entfernt hört man ein unterdrücktes Schluchzen. Ich überlege fieberhaft. So rein theoretisch wäre es ja möglich, dass sich jemand verlaufen hat, aber ich denke diese Möglichkeit kann ich leider ausschließen, denn da sind noch andere Stimmen zu hören und die klingen eher höhnisch und amüsiert.
 

"Was ist los?!", zischt Bibo. Ich wende mich zu ihm. "Ich will nur für dich hoffen, dass du gut trainiert hast, vergangene Wochen, das sieht mir nämlich verdammt nach einem Haufen Vampire beim Essen aus!", sage ich leise.
 

Ich kann seine erste Reaktion nicht erkennen, weil sein Gesicht im Schatten liegt. Aber dann schluckt er und meint mit grimmigen Gesicht: "Na dann mal los!" Daraufhin schleichen wir leise durch das nasse Unterholz, bis wir uns schließlich dem Geräuschpool nähern. Ich gleite leise einen Baum hinauf.
 

Mir zeigt sich ein Bild, wie es in den einfachsten Lehrbüchern beschrieben war. Eine Gruppe Vampire, die im Schutz der Dunkelheit aufgebrochen waren und sich auf eine hinterhältige Art und Weise ihre Opfer herbeigeschafft hatten. Ein spitzer Eckzahn blitzte auf.
 

Ich sprang vom Baum und gesellte mich wieder zu Bibo. "Deswegen bin ich gerade bei der Disko stehen geblieben! Siehst du den großen Kerl da links? Ich erkenne ihn wieder, er stand da, wie vermutlich die anderen auch alle. Ich hab für einen kurzen Augenblick seinen Zahn gesehen!" "Wieso hast du denn nichts gesagt?", brummte Bibo wütend. "Ich war mir nicht sicher! Außerdem hast du auch nichts gemerkt!"
 

"Ja, ok, schon gut", beschwichtigte er mich, "Was machen wir?" Ich überlegte und behielt dabei die bevölkerte Lichtung im Auge. Aber die Vampire waren immer noch dabei mit ihrem Essen zu 'spielen'. "Ein Überraschungseffekt hat wenig Sinn, die Jungs und Mädels würden wahrscheinlich einen dermaßen hysterischen Aufruhr verursachen, dass wir nachher noch einen von denen abstechen. Ich würde sagen, wir machen 's auf die coole Tour..."
 

Ich stellte mich aufrecht hin. Dann blickte ich zu Bibo. Er war ein bisschen blass um die Nase. "Wir machen das schon! Und wenn wir unsere Dolche ziehen, sehen die Anderen, wenn wir Hilfe brauchen. Also dann: Fertig?" Er straffte die Schultern und nickte kurz.
 

Ihre Jeans war zerrissen, das T-shirt durchnässt und dreckig, die Augen des Mädchens glitzerten tränenüberströmt. Der Kerl mit den dunklen, strähningen Haaren, der mir an der Disko aufgefallen war, stößt sie in diesem Moment wieder mal aus einer brutalen Umklammerung auf den Waldboden. Dort sitzt sie jetzt da wie ein geschlagener Straßenköter und wimmert.
 

Ein Junge, der von einem Vampirmädchen in Schach gehalten wird, begehrt auf. "Ihr dreckigen Biester!!!! Ihr wollt unser Blut, unser Leben! Warum nehmt ihr es euch nicht einfach? Warum müsst ihr uns so fertig machen?!"
 

Der Vampir grinst ihn verächtlich an. "Ach weißt du Kleiner, wir wollen auch mal unseren Spaß haben..."
 

"Falsche Antwort, Fledermaus!" Manchmal wundert es mich, wie ich in so einer Situation so cool und vor allem kalt bleiben kann. Im nu stehen wir mitten zwischen ihnen. Ich zähle fünf Vampire und sieben Jugendliche, von denen zwei Mädchen sind, die schon ohnmächtig am Boden liegen.
 

Für einen Moment sind sie überrascht. Allerdings nicht besonders lange. Aber darauf hatten wir es ja auch nicht abgesehen. Der große Vampir, den ich als den Anführer ausmache mustert mich scharf. Ich blicke ihn kaltschnäuzig an. Schließlich setzt er wieder seinen höhnischen Blick auf.
 

"Und wer seid ihr Witzfiguren? Eigentlich waren wir zum Essen ja schon komplett. Aber ihr könnte bleiben wenn ihr wollt. Die beiden Tussen da unten können wir so schon einbuddeln." Ich halte meinen Blick konstant an ihm fest. Jede Faser meines Körpers ist gespannt.
 

Plötzlich lacht der Vampir auf. Ich rühre mich nicht. "Oder - ohhh! Ihr seid wahrscheinlich gekommen um euren kleinen Freunden zu helfen! Ist ja niedlich! Was wollt ihr machen? Uns mit euren bösen Blicken zu Fall bringen?"
 

Die Runde der Blutsauger lacht hämisch auf. Das Mädchen bedachte mich mit einem Blick aus ihren eiskalten Augen und höhnt dann: "Hey Charlie, wahrscheinlich haben sie ihre Handys und sind jederzeit bereit die Polizei zu alarmieren! Oder - Ah! Vielleicht haben sie es schon getan?!"
 

Wieder ertönt kaltes Gelächter um uns herum. Immer noch stehe ich unverändert da. Dann gleitet meine Hand hinunter. Als ich das kalte Metall umfasse, strömt eine unglaubliche Macht durch meinen Körper und ich fühle mich stark, unendlich stark!
 

"Ich bin nicht hier um Räuber und Gendarm zu spielen, Vampir!", meine ich und ziehe meinen Dolch. Bibo neben mir tut es mir gleich. In der kalten Nachtluft glimmt das schöne Metall bläulich auf.
 

Ich genieße das Gefühl, wie die Vampire einen unwillkürlichen Satz nach hinten machen. Es ist totenstill auf der Lichtung. Bis... "Falken", keucht einer der anderen Vampire. "Nee, Rotkehlchen, weisste Fledermaus!"
 

Und mit diesen Worten eröffne ich den Kampf, denn ich stürze mich mit gezücktem Dolch auf den Vampir. Als er sein Opfer schnell wegstoßen will, ist es bereits zu spät. Denn ich war schneller und die Spitze meines Dolches bohrt sich geradewegs in seinen Unterleib. Gelähmt von kalten Schmerzen fällt er wie ein Stein zu Boden.
 

Hinter mir ertönt ein schreckliches Geräusch. Es ist ein einziger qualvoller Schrei von Menschen. Von hunderten. Aber er dauert nicht lang, und dann verstummt er und mit dem letzten Schrei von all den Menschen, die er getötet hat, zerfällt der mächtige Vampirkörper zu feinem Staub. Bibo hat ihn mitten ins Herz getroffen, was den sofortigen Tod einforderte.
 

Ich versuche nicht näher darauf einzugehen, aber dieser Schrei jagt mir jedes Mal aufs Neue einen Schauer über den Rücken. Anscheinend scheint auch jemand gemerkt zu haben, dass eine winzige Lücke in meiner Konzentration klafft und eben diese wird mir zum Verhängnis.
 

Eine eisenharte Faust rammt in meine Magengegend und ich taumle keuchend zurück. Ich nehme meine Kraft zusammen und greife den größeren an. Ich habe nur irgendwie das Gefühl, dass er mich nicht für voll nimmt. Er schafft es irgendwie meinen Tritten und Schlägen gerade noch so auszuweichen. Verdammt noch mal!
 

Dann schnellt plötzlich sein linker Fuß hoch. Von der Wucht des Trittes werde ich nach oben geschleudert, um aber gleich darauf von einem harten Schlag auf den Rücken wieder auf den Waldboden zurückbefördert zu werden. Für einen kurzen Augenblick liege ich mit dem Gesicht im nassen Laub und überlege, mit welcher Technik ich ihn denn nur schlagen könnte, als der Vampir mich brutal an den Schultern packt und aufrichtet.
 

Eine eiskalte Hand schließt sich um meine Kehle. Es bereitet diesem Monster keine Mühe, mich auf seine Augenhöhe heraufzuheben. Langsam wir meine Luft knapp. Aber ich kann zappeln wie ich will, ich stecke in der Falle. Verzweifelt versuche ich seinen Griff zu lockern, aber er ist fest wie eine Eisenklammer. Und genauso fest drückt er auf meine Luftröhre. Ich sehe seinen spitzen Eckzahn vor meinen Augen.
 

Das darf nicht wahr sein! Langsam steigt Panik in mir hoch. Wie durch einen Schleier tauchen auf einmal Szenen aus dem Schulalltag vor mir auf. Trick und Track im Bus, Tess die vor dem Spiegel steht, Bryans breites, amerikanisches Grinsen, zwei graue Augen...
 

Was wird das wenn's fertig ist?! Unwirsch schüttle ich den Kopf. Ich muss meinen Kopf freikriegen, wo kämen wir denn dahin wenn ich mich von so einem blutsaugenden, eisblockartigen Ekelviech dahinmeucheln lassen würde. Und plötzlich kommt mir eine Idee. Ich reiße den Kopf hoch um dann mit rasender Geschwindigkeit meine Zähne in der Hand des Vampirs zu schlagen.
 

Ein Schmerzensfluch und ich pralle auf den belaubten Boden zurück. Diesmal verliere ich keine Zeit und springe sofort wieder auf. Ich versuche kontrolliert zu atmen, was aufgrund meiner wie blöd schmerzenden Kehle gar nicht so einfach ist. "Miststück", faucht die Fledermaus und stürzt sich wieder auf mich. Diesmal weiche ich aus. Ich hab mein kaltes Lächeln zurück. "Seit wann hat denn ein Vampir Angst vor Beißerchen?", höhne ich zurück.
 

Ich ziehe meinen Dolch und greife ihn frontal an. Er ist davon so überrascht, dass er einen unüberlegten Satz nach hinten macht. Dabei gerät er ins Straucheln und landet schließlich auf dem Boden. Jetzt hab ich ihn! Ich nagele ihn auf dem Boden fest und versuche verbissen mit dem Dolch sein Herz anzuvisieren. Das ist gar nicht mal so einfach, denn er durchschaut das Manöver und wendet sich verbissen hin und her.
 

Schließlich wird es mir zu bunt und ich stoße einfach zu. Doch kurz bevor meine Hand unten ist, stößt mit voller Macht gegen mich. Keuchend liege ich auf dem Boden. Dieses Vampirartige Frauenzimmer mit den kalten Augen war für die Attacke verantwortlich. Hektisch schweift mein Blick hin und her. Es ist das erste Mal, dass ich mich gegen zwei Vampire durchsetzen müsste.
 

Bibo ringt etwas weiter abseits verbissen mit dem letzen Vampir. Die jungen Leute haben sich inzwischen allesamt aus dem Staub gemacht, nur die beiden ohnmächtigen Mädchen liegen noch unverändert am Boden.

Dann sehe ich noch etwas auf dem Boden liegen und mit einem Ausdruck des Entsetzten keuche ich auf. Da liegt mein Dolch! Verdammte scheiße, die Klinge meines Dolches blitzt da hinten zwischen dem modrigen Laub auf!!!
 

Wenn ich denke es kann nicht mehr schlimmer kommen, habe ich mich mal wieder getäuscht, denn unglücklicherweise haben meine Gegner ebenfalls gemerkt, dass ich unbewaffnet bin. Und schon hat der größere mich wieder am Kragen und presst mich an einen Baum. Ich fühle, wie etwas Nasses und Warmes von meinem Hinterkopf meinen Nacken hinunterrinnt. Mist.
 

Fieberhaft überlege ich, wie ich mich ein zweites Mal auf dieser Lage befreien sollte. Aus dem Augenwinkel sah ich, wie dieses Weibsstück in die Richtung meines Dolches hetzt. Ein hässliches Grinsen zieht sich über mein Gesicht. Hoffentlich wird sie versuchen ihn aufzuheben!
 

Im nächsten Moment wünsche ich mir, ich könnte meine Emotionen besser unterdrücken denn der Anführer dreht sich aufgrund meines Gesichtsausdruckes um. Gerade bückt sie sich nach meiner Waffe als er aufschreit. "LASS DAS!" Verwirrt sieht sie ihn an. "Wenn du versuchst den Dolch eines Falken an dich zu nehmen stirbst du, die verdammten Dinger sind verflucht!"
 

Erschrocken weicht sie einen Schritt zurück. Verflucht, wieso weiß der Kerl eigentlich so gut bescheid?! Aber ich hab gerade noch ein ganz anderes Problem, denn die Tussi begehrt auf wie eine wilde Furie und springt auf mich zu. Weil ich mich nicht rühren kann, landet ihre Faust mit geballter Stärke auf meinem linken Auge und ich heule auf vor Schmerzen. Gleichzeitig knallt der Hinterkopf mit der Platzwunde abermals an den Baumstamm.
 

Na Prost Mahlzeit! Verdammt tut das weh. Wieder blitzt der Eckzahn auf. Diesmal schwebt er genau vor meinen Augen. "Stirb" Verzweifelt kneife ich die Augen zusammen. Nein! Ich will nicht sterben! Nicht jetzt, nicht hier, nicht so! Hilfe!
 

Plötzlich surrt etwas scharf an meinem Kopf vorbei und schlägt in dem Baum. Ich reiße die Augen wieder auf und kann ihnen kaum trauen: Ein paar Zentimeter neben meinem Kopf steckt mein Dolch im Baumstamm!!!
 

Die beiden Vampire wirbeln herum. Da steht Tom. Im nächtlichen Nebel wirkt er wie ein Geist. Ich glaube, ich war noch nie so froh ihn zu sehen. Zwischen seinen Fingern dreht er seinen eigenen Dolch. "Hey, ich will auch mitspielen...", säuselt er.
 

Ich atme auf und reiße dann meinen Dolch aus dem Baumstamm. Gerettet!
 

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Und Ende. Ich bin mal gnädig: Kein Cliffhanger *smile* Aber ich musste dieses Chap abschließen, weil das nächste nämlich ein kleines Special mit eigener Story wird.
 

Und erstmal: Ich habe wohl für einige Missverständnisse gesorgt, was die Berlinreise angeht: Ja Leute, sie kommt, aber nicht in diesem Chap... Die Story, die eigentlich im 5. vorkommen sollte, war der Kampf mit den Vampiren.
 

So, zum Kapitel selbst: Ich bin ganz zufrieden. Auf jeden Fall besser als das letzte ^^d Irgendwie gefällt mir die Idee mit dem Pizza holen *lach* Und nun zu dem Kampf: Kann man sich das durchlesen? Ich hab vorher noch nie so was geschrieben, ich hoffe es ist okay und kommt gescheit rüber. Lieblingsszene? Wo Bibo erfährt, dass er seinen ersten richtigen Kampf vor sich hat. Er ist ja schon ein ganz tapferer, gelle?
 

Ach ja, die Geschichte, dass sich die Vampire in der Disko ihre Opfer suchen ist ein bisschen aus "Darkness" abgeschaut (auch wenn's da andersrum ist ^^°). Es musste halt für den Verlauf der Story so sein, ich hoffe Desertflower ist mir nicht böse.
 

Ich bin ja eigentlich wohl ganz stolz auf mich, dass ich dieses Chap so schnell über die Bühne gebracht hab. Ich bin nämlich gerade dabei, Mangas malen zu lernen. Ich kann nämlich überhaupts nicht zeichnen, wills aber so gerne lernen *sniff*
 

Zu Euren Kommis:
 

@Angel_Kisu: Dankeschön. Freut mich echt, dass dir das mit dem anrempeln gefallen hat, irgendwie kams mir im Nachhinein ein bisschen billig vor ^^° Aber dann ist ja gut ;)
 

@LaChouchoute: Jaja, die beiden. Sin schon knuffig ^^y
 

@Shadowgirl: Oh man, der arme Wecker ^^° Jaja, ich hab da was explosives für die Berlinreise geplant, kommt aber wie gesagt, erst später. Sorry.
 

@Mirumy: Wahh, will mit Romy tauschen XD Für dich auch: Auf die Berlinfahrt musst noch warten... - Wars denn einigermaßen schnell genug?
 

@aqualight: Danke für die ehrliche Meinung. Hast Recht, diese Lückenfüller sind echt nervig *grmpf* Man, was habt ihr alle mit meinem Stil? Ich weiß gar nicht was daran so gut sein soll, ich schreib doch ganz normal ^^°
 

@Azaya: Jaaaa, Ferien! Schön das dir das Chap trotz allem so gut gefallen hat =)
 

@Ninax: Danke, danke. Aber jetzt mal ein ernstes Wort: Wo sind sie denn die Kekse?! Könntest ja echt mal welche rüberrücken ;D
 

@Sedio: Willkommen an Bord ^^y Viel Spaß beim Lesen!
 

@sunnygirl07069: Jaa, DAS wüsstest du wohl gerne, was? *gg* Keine Angst, ich hab mir da was einfallen lassen.
 

@Flaimdara: Nicht schlimm ;) Ja, du hast es mal genauso bezeichnet, wies gemeint war. Der erste Schritt, huuuuh ^ö^ Ich glaube das nächste Chap wird dir gefallen ;)) Und was deine Vermutung angeht: Hmmm Geheimnis!
 

@Onisha: Jetzt im Ernst? Ahh, ich find das ja geil wenn Leute über meine Geschichte lachen können :DDDDD Freut mich riesig!
 

@Black_Cat13: Vielen Dank =) Die Szene im Speisesaal findest du gut? Cool! Ich find das toll, wenn sich Leute für so kleine Nichtigkeiten interessieren ;) Was der Raffi gesagt hat? Öhm, noch nichts ;)
 

Fertig. Das nächste Kapitel wird, wie gesagt, ein kurzes Special. Darin wird es sich um Tess und Bibo drehen, also seid gespannt ;) Danach wird dann vorraussichtlich die Berlinfahrt kommen.
 

Wünsch allen die wie ich Ferien haben und natürlich auch allen anderen viel Spaß draußen an der frischen Luft!!!!

Interlude - Heldentaten

Heyho, ich lebe noch =) Viel Spaß bei diesem kleinen Zwischenspiel!
 

Der Falkenclan
 

Interlude - Heldentaten
 

Ich weiß gar nicht mehr so genau, was passierte. Ich kämpfte mit diesem riesigen Vampir. Und dieser Bastard gab einfach nicht nach. Ich wollte es ja auf keinen Fall zugeben, aber als Romy mir sagte, dass wir kämpften müssten, kroch Panik in mir hoch.
 

Aber, hey, ist das denn ein Verbrechen? Ich meine, da kommst du nichts ahnend in ein neues Schuljahr, gehst felsenfest davon aus, dass du die Zeit so wie all die Jahre davor als aussenseiterisches, verkanntes Genie verleben wirst und dann so was. Als Margarete mir vom Falkenclan erzählte und davon, dass ich einer der "Auserwählten" sei, dachte ich echt, ich sitze ich falschen Film.
 

Und dann Romy. Natürlich kannte ich Romy vorher. Ok, nicht wirklich, aber irgendwie kannte sie ja jeder auf Sichelfels ein wenig. Ich kannte sie sogar noch ein bisschen besser. Sie war schließlich ihre beste Freundin. Ich hätte aber nicht gedacht, dass sie wirklich so nett ist. Ich hab sie als wunderbaren Kumpel mit ner ganz gesunden Portion Selbstbewusstsein lieb gewonnen.
 

Aber ich hab sie nie nach ihr ausgefragt. Das war mir einfach zu peinlich. Als es an jenem Abend dann rauskam, dass Romy es wusste, viel mir irgendwie ein Stein vom Herzen. Ganz besonders, als sie mich auch noch darin bekräftigte. Gott, ich war glücklich. Wenigstens kurz. Wenn dieser Kampf nicht dazwischengekommen wäre, wäre ich noch an diesem Abend zu ihr gegangen, da bin ich mir ganz sicher.
 

Nunja. Aber jetzt war mein Tatendrang ungefähr wieder auf Höhe des Grundwasserspiegels. Verdammt. Wieso war das so kompliziert? Ich meine, ich könnte doch nie im Leben einfach so zu ihr gehen. Sie kannte mich ja noch nicht einmal! Ich wollte ja auch nicht sagen, dass ich sie unbedingt kannte. Aber ich liebte sie. Ich liebte ihren Namen. Ich liebte diese Abkürzung, die doch eigentlich so viel besser zu ihrem Wesen passte. Ich liebte ihren ausgeflippten Stil, ebenso wie ihre Schüchternheit. Ich liebte Tess.
 

Aber es sollte wohl auf ewig mein Geheimnis bleiben. Dachte ich zumindest nach dieser Nacht. Irgendwann hatten wir diese Bestien alle besiegt. Nun existierte vielleicht noch der Staub, der weit über die Länder hinaus getragen werden würde. Aber dafür, dass es mein erster richtiger Kampf war, zog er im Nachhinein gesehen ziemlich bedeutungslos an mir vorüber. Das war einfach alles zuviel auf einmal.
 

Wie auch immer, ich hatte ihn überlebt. Zurück blieben nur ein paar ekelhafte Schnitt- und Schürfwunden an meinem Oberkörper. Aber das war alles. Romy hatte es da schon ein wenig heftiger getroffen. Sie hatte ne gewaltige Platzwunde am Hinterkopf, ein hübsches Veilchen und diverse andere kleinere Blessuren. Sie war im Krankenflügel.
 

Ein Blick auf die Uhr zeigte mir, dass ich schon wieder viel zu spät dran war. Wütend fegte ich schnell allen Kram vom Schreibtisch in meine Tasche. Soviel, wie hineinpasste. Dann wandte ich mich zu meinem Zimmergenossen. "Hey, Raphael, wieso hast du mir nicht gesagt, dass wir's schon so spät haben?!" Er lag noch in aller Ruhe auf diesem Bett und starrte Löcher in die Luft. Zumindest sah es für mich so aus. "Hast du gefragt?", kam die leicht genervte Antwort. Ich stöhnte auf. Aus diesem Kerl sollte mal einer schlau werden.
 

"Toll und ich krieg jetzt wieder kein Frühstück", murrte ich mehr zu mir selbst und wandte mich der Tür zu. "Oh, heul doch!" Er tauchte plötzlich neben mir auf und wir gingen zum Physiksaal rüber.
 

Wie üblich war um diese Zeit auf den Fluren ziemlich viel los. Man verstand sein eigenes Wort nicht. Nicht, dass Raphael der optimale Gesprächspartner wäre, bei ihm musste man ja für jedes Wort zuviel ein Gebet zum Himmel schicken...
 

Als wir um die letzte Ecke bogen, fanden wir seltsamerweise den Flur in Stille vor. Zwei laute Mädchenstimmen ausgenommen, die sich gegenseitig angifteten. Es waren Ramona, diese Gruftie-Tante und ein Mädchen, das glaube ich Lydia oder so, heißt. Sie stritten sich lauthals, womit sie alle Aufmerksamkeit auf sich zogen.
 

"Du wirst aufhören dich so penetrant an ihn ranzuwerfen, du kleine Schlampe!" Das war Ramona's dunkle Stimme. "Tz, du glaubst ja wohl nicht im Ernst das es so ein schwarzes, stinkendes Etwas wie dich bei ihm jemals Chancen haben könnte, wenn ich mich haben kann!" Lydias Stimme klang irgendwie so, als wäre sie unbedingt darauf bedacht geziert zu klingen, was ihr aber irgendwie misslang.
 

Und es ging weiter. "Oh, wusstest du eigentlich schon, dass die 11. und 12. Klassen gemeinsam auf diese Fahrt gehen? Ein Tag genügt mir, um ihn zu kriegen, da muss ich ja nicht auf irgendwelche Miststücke Rücksicht nehmen, die mir mein Glück nicht gönnen.", flötete das Mädchen jetzt. Oha. Ramona starrte sie so hasserfüllt an, dass man es fast fühlen konnte.
 

Aber plötzlich wandelte sich ihr Gesichtsausdruck. Es schien, als hätte sie sich wieder unter Kontrolle und während ihr üblich-hämisches kaltes Lächeln ihre Lippen zierte, sah sie Lydia herablassend an. "Tz, wenn ich's mir so überlege ist es lachhaft, dich ernsthaft zu fürchten. Du bist doch nur ein dummes, naives Püppchen. Du denkst dein Leben ist perfekt hier und jedermann findet dich unwiderstehlich, was?" Ramona lachte auf.
 

"Gott. Du hast doch keine Spur Persönlichkeit! Du bist einfach nur eine Barbiepuppe, die jeden Morgen Stunden vom Spiegel steht und sich ihr Selbstbewusstsein aufs Gesicht pudert. Was meinst du eigentlich, warum es doch noch ein paar Idioten gibt, die sich mit dir abgeben? Bestimmt nicht, weil du so intelligent bist, oder so ein unvergleichlicher Gesprächspartner. Meinst du, es liegt an deinem albernen Kichern, oder eher doch ein deinem einfältig dümmlichen Gesicht?"
 

Scheiße, das hatte gesessen. Naja, ehrlich gesagt, es schien zu stimmen, was Ramona da gerade vom Stapel gelassen hatte, aber es ihr so kalt lächelnd zu sagen? Diese Macht, die sie besaß so auszunutzen? Auch wenn das Prinzesschen nicht besonders helle war, jetzt sah sie aus als hätte sie jemand offen ins Gesicht geschlagen.
 

Dann geschah etwas Unerwartetes. Etwas für mich schier Unglaubliches. Aus der Menge löste sich eine Gestalt und ging auf Ramona zu. Und dann sprach sie.
 

"Du gemeine alte Fledermaus! Geht's dir noch gut?! Wer musste sich denn erst mal ein "schwarzer-Kult-Image" zulegen, damit man sie überhaupt bemerkt?! Hm, das lag bestimmt nicht daran, dass du ja von dir aus schon so eine tolle Persönlichkeit hast! Meinst du mit deiner lächerlichen Art jeden fertig zu machen der dir im Weg steht, kannst du es allen beweisen? Du bist doch keinen Deut besser wie sie!!!!" Es war Tess. Es war wirklich Tess. Meine kleine Tess. In mir ging alles durcheinander. Ich war total neben der Spur: Woher nahm sie nur plötzlich den Mut, so mit Ramona zu reden???
 

Es war, als hätte man in ein Wespennest gestochen. Ramona drehte sich zu Tess um und rang um ihre Fassung. Sie sah wirklich beängstigend aus. "Ach sieh mal einer an. Unsere mongolische Heulsuse mit den Flohmarktklamotten will für Gerechtigkeit sorgen?" Ein irres Lachen entfloh ihrer Kehle. "Ich denke, von allem was ich von dir gesehen habe, kannst du noch weniger mitreden als unser Prinzesschen. Oder warst das nicht du, die heulend zu ihrer ach-so-tollen Freundin gerannt ist, weil sie es nicht fertig gebracht hat, ihm das Schloss zu zeigen? Sie ist dumm genug um alles zu glauben" und nickte zu Lydia, "aber du bist einfach nur armselig."
 

Ich warf meinem Nebenmann einen verdatterten Blick zu. Es ging also um Raphael, aha. Das alles dauerte nur ein paar Sekundenbruchteile, denn in mir kroch etwas hoch. Tess war blass geworden. Am liebsten würde ich...
 

"Du bist doch bloß neidisch", sagte da plötzlich Tess, und versuchte ihre zitternde Stimme ruhig zu halten, "Du bist doch auch nur scharf auf diesen Raphael und du kriegst deine lächerliche Eifersucht auf Romy kaum noch unter den Hut!"
 

Das gab der schwarzen Hexe endgültig den Rest. Ich bekam es kaum mit, da drückte sie Tess an die Wand. Es war ein angsterfülltes Wimmern von ihr, das sich geradewegs in mein Herz bohrte. Und dann sah ich es: Die Hexe hatte ein Messer gezogen - und spielte damit an Tess Kehle herum. Mein Verstand hätte wahrscheinlich ausgesetzt, aber ich zwang mich ruhig zu bleiben, wenn Ramona erschrak wurde es für Tess gefährlich.
 

Eine Maske aus eiskaltem Hass und Wut zog sich über mein Gesicht und ich war darauf bedacht, auch meine Stimme so wirken zu lassen.
 

"Lass sie los."
 

Verwundert richteten sich alle Blicke auf mich. Auch der von Ramona. "Was war das?", fragte sie fast belustigt. Ich nagelte sie mit meinem Blick fest. "Du lässt sie jetzt sofort los, oder ich kann für nicht mehr garantieren!", zischte ich drohend.
 

Jetzt lachte sie und begann mich aufzuziehen und zu verspotten. Ich ging langsam auf sie zu. Sie hörte schlagartig auf und blickte zur Seite. Innerlich musste ich lachen, was sie tut ist lächerlich! Und da sah ich es. Nur aus dem Augenwinkel, aber doch ganz klar, es lief wie in Zeitlupe. Die Faust die mir einen Schlag versetzten sollte, schlage ich weg, lange bevor sie bei mir ankam.
 

Und einer der anderen Grufties flog gegen die Wand. Es wurde schlagartig totenstill. Ich ging weiter auf Ramona zu. Die hatte eben aufgeschrieen. Ich packte mir ihren Arm und zog ihn nach hinten. Überrascht keuchte sie auf. Dann schlug ich ihr das Messer aus der Hand, aber so, dass es tief in der kalt betonierten Wand stecken bleibt.
 

Das unheilvolle Knacken in ihrem Handgelenk hatte ich dabei mal übersehen. Sie sank vor mir nieder und hält sich vor Schmerzen keuchend ihre Hand. "Du wirst ihr nie, NIE wieder zu nahe kommen, oder du wirst die wünschen mir nie begegnet zu sein, hab ich mich klar ausgedrückt?!"
 

Ich fass es nicht, jetzt versuchte dieses unmögliche Weib auch noch, einen trotzigen Blick aufzusetzen?! "OB ICH MICH KLAR AUSGEDRÜCKT HABE?!", donnerte ich. Alle Anwesenden zuckten zusammen.
 

In dem Moment schrillte die Glocke gnadenlos durch das ganze Schloss und alle verschwinden fast fluchtartig vom Korridor.
 

Es war, als hätte ich was verpasst, plötzlich war ich allein auf dem Flur. Naja fast. Da war noch jemand. Jemand ganz entscheidendes. Sie stand immer noch an der Wand. Und sie starrte mit immer noch perplex an.
 

Ich fühlte wie mir langsam heiß wurde. Na toll, was jetzt? Was sagte ,Mann' als Möchtegernheld denn jetzt?! "Alles in Ordnung bei dir?" Jeah, das klang ja schon mal nicht schlecht.
 

Tess nickte und ein kleines Lächeln zierte ihre Lippen. Ich wollte auf der Stelle schmelzen... Dieses Lächeln. "J-ja mir geht's gut", sagte sie, und setzt dann noch ein "Danke" hinzu.
 

Und nun? Ich war mit meinem Latein am Ende kaum das es begonnen hatte, echt toll! Ok, man, sagte ich zu mir selbst. Du hast das angefangen, also ziehst du das jetzt durch. Das ist die Chance überhaupt die garantiert nie wieder kommt und du wirst verdammt noch mal nicht den Schwanz einziehen!!!!
 

Wir standen da und schwiegen. Ich musste was unternehmen, jetzt gleich sofort! Nur was zum Teufel?! Ich überlegte fieberhaft. Meine Gedanken kreisten. Es war wie durch Nebel. Verdammt noch mal! Wenn ich noch mal irgendjemanden treffen, der behauptet, es sei leicht zu flirten, dem werde ich was erzählen!
 

"Hättest - Ich - du - muss - Lust - dann - auf - mal - einen - in die - Spaziergang - Klasse."
 

Hoppla. Da waren wir beide gleichzeitig. Was hatte ich da eigentlich gesagt?! Aber noch viel schlimmer; was hatte sie gesagt? In die Klasse. Oh nein. Ich warf alle meine Bedenken über Bord, versuchte ein charmantes Grinsen und sagte dann schnell nocheinmal:
 

"Hättest du Lust auf einen Spaziergang?" Wieso war ich mir so verdammt sicher, dass das mit dem charmanten Grinsen grünlich schief gelaufen war? Sie sah mich verblüfft an. Ich gebs ja zu: Ich war von mir selbst überrascht.
 

"Jetzt?", fragte sie. Was für eine Frage, wir mussten in den Unterricht. Ich hatte noch nie eine Stunde geschwänzt, Physik am allerwenigsten. Aber - eigentlich war das doch mal fällig... Ich grinste. "Auch ne Idee. Wieso nicht?"
 

Sie lachte. Korrektur von gerade: Jetzt wollte ich schmelzen!!! Dieses glockenklare Lachen... "Wieso nicht? Also ich hab Unterricht, du etwa nicht?" Ich weiß nicht wie mir geschah, ich weiß nur noch, dass ich darauf eine Schnute zog, die gleich darauf einem spitzbübischen Lächeln wich. Gütiger Gott, war ich denn noch zu retten?! Aber da plapperte ich auch schon weiter.
 

"Mich würde eh keiner vermissen", meinte ich schulterzuckend. Dann entschied ich mich für einen Hundeblick - oder so was in der Art... Dieser Satz schien mal ausnahmsweise etwas Gutes zu bewirken. Sie schien darüber nachzudenken und kaute auf ihrer Lippe herum. Gott, ich fand diesen Anblick ja so was von süß...
 

Dann sah sie mich mit funkelnden Augen an. "Soll ich dir mal was sagen? Du hast Recht! Mich auch keiner! Außerdem kann ich dir ja schlecht was abschlagen, wo du mir doch das Leben gerettet hast.", lachte sie.
 

Ich mochte meinen Ohren fast nicht trauen. Ein Date mit Tess. Am helllichten Tag und dafür auch noch Schule schwänzen? Das war einfach genial!
 

Und es wurde genial. Genial toll. Genial super. Total genial! Wir schlichen durch die Küche aus einer Hintertür raus und rannten zum Wald hinüber. Aus der feuchten Nacht gestern war ein nebeliger Tag hervorgegangen. Die Kälte kroch unangenehm in die Knochen. Der November war nicht mehr weit entfernt.
 

Und wir liefen durch den Wald und redeten. Über dies und jenes. Über völlig belangloses Zeug. Aber es war klasse, sich einfach mit ihr zu unterhalten. Ich hatte immer Angst, kein vernünftiges Wort herauszubekommen, aber es war ganz einfach.
 

Und was mich noch mehr verwunderte, war wie ähnlich sich scheinbar unsere Interessen waren. Sie mochte die gleiche Musik wie ich. Sie kannte Lieder von meinen Lieblingsinterpreten, bei denen jeder andere nur den Kopf schüttelte. Und andersherum war es ebenso! Sie liebte die gleichen Bücher wie ich. Ich hatte noch nie ein Mädchen gekannt, dass die "Avalon" Bücher allesamt gelesen hatte. Es war so ein gutes Gefühl.
 

Schließlich landeten wir in der Stadt und nach einem kurzen Augenblick des Überlegens, wurde das schlechte Gewissen wegen der Schule mit einem albernen Kichern beiseite geschoben und wir setzten uns in ein kleines Café und frühstückten. Als die Bedienung uns misstrauisch ansah, kicherte Tess wieder und faselte irgendwas von Freistunden wegen weiß der Teufel was.
 

Wir saßen da, tranken heißen Kakao, aßen Croissants mit Erdbeermarmelade und ich konnte mein Glück kaum fassen. War das eigentlich möglich? So von einen Tag auf den anderen?! Tess erzählte mir, dass ihre Mutter ursprünglich aus Japan stammt, aber dann später in Deutschland einen Mann kennengelernt hatte, ihren Vater. Der wiederum war aus den Niederlanden hinübergezogen, daher der Nachname.
 

Mir fiel auf, dass ich ihr gerne zuhörte. Besonders, wenn sie mir etwas von sich erzählte. Sie erzählte von ihrer lieben Mutter, ihrem humorvollen Vater, ihren vier Brüdern, von denen zwei älter und zwei jünger waren als sie und dem schönen Landhaus, in das sie vor einigen Jahren gezogen waren und, und, und.
 

Im Gegenzug erzählte ich ihr von der 6-Zimmer-Wohnung die ich zusammen mit meinem Vater und seiner neuen Freundin bewohnte, die im 3. Stock eines alten Plattenbaus in Leipzig lag und von meinem Lieblingsplatz auf der baufälligen Dachterrasse.
 

Dann schien uns plötzlich der Gesprächsstoff auszugehen. Die Situation gefiel mir nicht. Also redete ich wieder. Und das erstbeste Thema, was mir einfiel war: "Romy wird es nicht gefallen, die ganze Zeit ,nutzlos' im Bett herumzuliegen."
 

Tess grinste. "Stimmt. Das ist einfach nicht ihre Art. Sie muss immer irgendetwas machen. Und manchmal denke ich, sie könnte es besser vertragen, noch die halbe Nacht herumzuturnen, als ins Bett zu gehen."
 

Ich schluckte. Tess kannte ihre Freundin gut. Aber sie wusste nicht, dass Romy tatsächlich herumturnte. Und nicht nur sie. Ich genauso. Ich hatte ein Geheimnis vor Tess. Das war etwas, was mich bedrückte. Aber jetzt sollte ich mir keine Gedanken darum machen!
 

Hastig wollte ich das Thema abschließen "Hoffen wir mal, dass sie bis zur Berlin-Fahrt wieder voll in Fahrt ist." Tess hatte einen säuerlichen Gesichtsausdruck. "Wenn ich mit diesem-, diesem Eisblock den Tag in Berlin verbringen müsste, würde ich die Krankenstation vorziehen. Ich frag mich, wie Romy das alles so auf die leichte Schulter nehmen kann."
 

Ich tat, als würde es mir gerade wieder einfallen. "Ach ja. Eine von Finkenbergs wahnsinnig pädagogischen Strafmaßnahmen. Damit haut sie voll rein. Raphael war stinksauer. Ich meine, er ist nicht gerade der Typ, der Sachen durch die Gegend wirft, aber er war deutlich gereizter, als sonst. Ich will mir ja nichts anmaßen, aber ich denke, er hätte meine Begleitung der von Romy vorgezogen", grinse ich.
 

"Und was wirst du tun, jetzt wo die die zweifelhafte Ehre versagt ist?", fragte Tess mit gezierter Stimme. "Naja, ich hatte vorgehabt vor irgendwem auf den Knien zu rutschen, damit sie mich mitgehen lassen", seufzte ich. Dann sah ich sie an. "Und du?"
 

"Ich muss mich wohl oder übel einem dieser shopping-süchtigen Tussen-Cliquen anschließen", seufzte sie nun ebenfalls. Ok, das war mein Stichwort. Noch ein weiters Mal sah ich sie an. Ich musterte sie kritisch. Wenn mir doch nur irgendetwas verraten würde, was gerade in ihrem Kopf vorgeht! Aber jetzt war es zu spät zum umkehren.
 

Es war meine Absicht es zu tun und jetzt musste ich alles auf diese Karte setzten. "Sorry, wenn ich das jetzt so sage, aber irgendwie klingt das ganze ziemlich lächerlich." Ich schlucke. Das war ja jetzt wohl absolut katastrophal. Irgendein wirres Zeug zu reden, ich wollte doch eigentlich nur...
 

Sie lachte leise. Und sah mir dann in die Augen. Ich hatte noch nie eine Asiatin mit blauen Augen gesehen. Und ihre sind dabei nicht nur irgendwie blau, sie sind von diesem tiefen, dunklen Lagunenblau, geradeso wie der tiefste Ozean dieser Erde. Ich könnte mich darin verlieren.
 

"Stimmt irgendwie", erwiderte sie leise. Sie räusperte sich. "Hör mal, ähm Bibo. Irgendwie... ich weiß nicht, ich kannte dich gar nicht. Und ich weiß nicht, warum du mir heute Morgen geholfen hast. Aber ich dachte, jetzt wo wir.... Ich dachte vielleicht könnte ich..."
 

Hatte ich eigentlich schon erwähnt wie verdammt süß sie war, wenn sie verlegen herumstotterte und dabei auch noch rot wurde? Ich unterbrach sie. "Eigentlich wollte ich damit gerade nur sagen, dass es doch eigentlich logisch wäre wenn- Tess, hast du nicht Lust mit mir Berlin, äh, unsicher zu machen?" Unsicher ist ein gutes Wort. So fühle ich mich. Oder? Eigentlich gar nicht so besonders. Vielleicht war ich gar nicht mal so erbärmlich?
 

"Oh. Ja klar! Gerne!" Sie strahlt. Sie strahlt mit diesen unverschämten Augen - aber was das wichtigste ist: Sie - hat - ,ja' - gesagt! Ich fühlte, wie mich irgendetwas packte und mir-nix dir-nix in den 7. Himmel katapultierte.
 

Etwa eine Stunde später, passend zur Mittagessenszeit waren wir zurück in der Schule. Das würde Nachsitzen und Strafarbeiten geben, soviel war sicher. Aber das war es mir wert. Allemal. Wir standen vor dem Portal.
 

"Bibo?"
 

"Hm?" Ich wandte mich ihr zu. "Ich wollte mich noch mal richtig für heute Morgen bedanken. Das war echt toll. Eigentlich bin ich eher nicht der Typ, der sich bei so einem Zickenterror einmischt, aber Lydia tat mir irgendwie leid. Ich - ich hatte echt Panik wie sie da auf einmal mit dem Messer ankam. Und du - du warst so mutig. Naja", sie zuckte mit den Achseln, "du warst ein richtiger Held. Vielen Dank dafür!"
 

Ein letzter warmer, strahlender Blick aus den blauesten Augen der Welt und wir trennten uns. Ich war ihr Held? Oh Jesus, diese Strafarbeiten waren es so was von wert! Und wenn ich's mir recht überlege, hätte ich dieser Ramona gerne gleich das Genick gebrochen. Ach, ich hätte alles gemacht! Ich war ihr Held...
 

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Vorneweg: Ihr sollt jetzt nicht denken, ich hab die ganzen Ferien über nichts getrieben, ich habe z.B. einen informativen Blogeintrag verfasst *HUST* (Soll heißen, ihr könntet ruhig mal was dazu sagen!), ein neues Kapitel bei meiner anderen Eigenen Geschichte online gestellt, eines der in dem Blogeintrag genannten Projekte angefangen und außerdem ein paar Ideen für ein neues großes Projekt notiert.

So, jetzt bin ich gespannt. WAS haltet ihr davon??? Eigentlich wollte ich das Zwischenspiel aus der Allgemeinsicht herausschreiben. Aber dann habe ich eine FF geschrieben aus der Ich-Sicht mit Zwischenspielen aus der Sicht von der anderen Person gelesen. Ich habs einfach mal probiert. Und es ging mir wesentlich leichter von der Hand, wie das Allgemeine Ding!
 

Aus Bibo's Sicht zu schreiben macht echt Spaß! Naja, es ist natürlich möglich das kein Junge auf dieser Welt so derartig heftig und süß schwärmt wie er, aber ich glaube trotzdem ganz fest daran *lach*
 

Lieblingsszene? Alles!!!!
 

Hm, jetzt sind die Ferien fast um. Und ich muss mich an das Berlin-Chapter machen. Das wird verdammt schwer, hab ich so das Gefühl. Ich hoffe von ganzem Herzen, ich krieg es hin.
 

Zu euren Kommis:
 

@aqualight: *g* Romy und ihre billigen Ausreden *lol* Aber dafür darf sie jetzt im Krankenflügel gammeln *fg*
 

@Black_Cat: Ja, der Tommy. Ist ja doch noch zu was zu gebrauchen. Was hast du eigentlich immer mit Raffis Reaktion? ^^ Da es dir so wichtig war, hab ich's eingebaut...
 

@Onisha: Freue mich, dass du es für gut befunden hast. Jaa, Tess und Bibo... - I <3 them *aww*
 

@Mirumy: Ja, es war der erste Kampf. Danke auch für deine Zustimmung *smile* Bei der Vorstellung wie man den großen Tom kleinkriegt, indem man seine Frisur zerstört fand ich auch sehr lustig ^^
 

@LaChouchoute: Tz, Bibo zieht in den Krieg und du findest das lustig, also so was *tztztz* XD
 

@Angel_Kisu: Ein Tom-Fan? Holla! Cool! Find das großartig! Vielleicht kriegt er noch mal einen Auftritt *grinz*
 

@Azaya: Horror? Echt? Huch. Hatte ich nicht vor. Aber nun denn. Solange es gefällt, ist das ja auch schnuppe XD
 

@Rouge: Liebe deine Kommis :o) Danke für das Lob *freu*
 

@Gummibaerchen88: Mir war schon klar, dass alle auf Raffi fliegen. - Aber das ist meiner klar?! *lach* Danke auch dir *smile*
 

Und auch noch vielen Dank an: Inulein, Sedio, Naseweiss, rhena04 & july20 !!!!!!!!

Berlin... Berlin? Berlin!

Herrgott noch mal, da habt ihrs ^^°
 

Der Falkenclan
 

Kapitel 7 - Berlin... Berlin? Berlin!

Oder: Currywurst und Rotwein
 

9. 11. Punkt zehn Uhr, nebelig, feucht, kalt. Kurzum: Wir hatten endlich November! Wurd' ja auch mal langsam Zeit, ha, ha.... Ha. Wir standen seit einer halben Stunde vor den -geschlossenen- Türen des Busses, der den elften und zwölften Jahrgang nach Berlin bringen sollte.
 

Eigentlich wollten wir ja um halb zehn schon gefahren sein, aber man kennt das ja: Irgendjemand ist immer zu dämlich, sich an die Abfahrtszeiten zu halten. Und wenn irgendjemand dann auch noch so ein paar bescheuerte Tussen waren, die so spät sind, weil sie ja noch ihr gesamtes Schmink-Repertoire austesten mussten, war das echt zum Abgewöhnen!
 

Ich schlang meine Arme ein wenig fester um den Körper. Eigentlich hatte ich meine lange, dunkelgraue Wolljacke angezogen, weil sie warm hält. Aber die unangenehm feuchte Kälte kroch einem trotzdem in alle Poren. Brr... Wieso konnten die nicht wenigstens die Türen aufmachen und uns in den Bus lassen. Mit sehnsüchtigem Blick dachte ich an den geheizten Innenraum.
 

Ich trat ungeduldig von einem Fuß auf den anderen. Na toll! Ich liebte meine weite, schwarze Hose über alles, aber leider war sie bei diesem Wetter - kombiniert mit Turnschuhen - absolut unpraktisch. Sie schlört die ganze Zeit auf dem Boden herum und geht dabei 1. kaputt und saugt sich 2. mit Wasser voll. Ich wollte endlich in den Bus!
 

Es gab anscheinend doch noch eine höhere Macht: In diesem Augenblick tauchte die Barbiesektion der zwölften Klasse endlich auf. Noch ein letztes Mal durchzählen - und wir waren vollzählig.
 

Die Türen sprangen auf und die übliche Rangelei um die besten Plätze begann. Ich glaube, das ändert sich nicht mehr, solange ich auf dieser Schule bin. Tess und ich waren mit die Letzten die einstiegen und bekamen so den Platz ganz vorne, gleich hinter den Lehrerplätzen. Naja, es gab schlimmeres.
 

Die lange Fahrt verbrachten wir hauptsächlich damit, Karten, Schiffe versenken und Tic Tac Toe zu spielen und natürlich zu quatschen. Tess hörte außerdem auf einem Ohr Musik. Ich fands sehr rücksichtsvoll von ihr, konnte ich doch mit dieser No-Name-Band aus den USA herzlich wenig anfangen...
 

Als ich ihr das sagte, lächelte sie. "Bibo kennt sie auch! Und er hat sogar schon das brandneue Album. Import natürlich, bestimmt sauteuer. Aber den Livemitschnitt hat er auch bis jetzt vergeblich gesucht - E6 übrigens."
 

Ich verzog das Gesicht. "Volltreffer", seufzte ich. Dann besann ich mich aber darauf innerlich zu grinsen. Ich war ja so was von stolz auf ihn! Tess hatte mir alles von vorne bis hinten erzählt und immer wieder geschildert, dass sie nie darauf gekommen wäre, dass Bibo so nett sei, und so weiter, und so weiter.
 

Ich war gerade dabei, fieberhaft zu überlegen ob ich Tess zwei Karten ziehen lassen sollte, oder ob sie womöglich auch eine ,7' in petto hatte, als plötzlich aus den Lautsprechern eine laute Stimme erklang. Ich schreckte auf.
 

"So ihr Lieben, wir müssten in 15 Minuten an unserem Ziel angelangt sein und ich gebe euch jetzt noch vorab ein paar Hinweise." Es war Frau Finkenberg die vorne beim Busfahrer stand und sich das Mikro erobert hatte. "Wir machen diese Fahrt jetzt seit mehr als 10 Jahren, seit der Wende um genau zu sein. Und nach ein paar Fahrten ist uns klar geworden, dass wir das übliche seesighting eigentlich von der Liste streichen könnten. Ihr seid alle (beinahe) erwachsene junge Menschen die sich auch selbst in der Hauptstadt zurrecht finden werden.
 

Ich werde jeder Gruppe gleich einen Fahrplan der Berliner U- und S-Bahn in die Hand drücken und dann könnt ihr tun und lassen was ihr wollt. Illegale Sachen ausgeschlossen, soviel dürfte klar sein. Wir treffen uns um punkt, ich wiederhole punkt acht Uhr wieder am Bus. Auf Nachzügler warten Strafarbeiten, haben wir uns verstanden? Danke, das wars!"
 

Sie wollte sich gerade wieder setzten, als ihr noch etwas einzufallen schien. "Ach, da wäre noch eine Sache. Für zwei der hier Anwesenden ist dieser Ausflug mit einer zu verrichtenden Strafarbeit verbunden. Die beiden haben den Auftrag den Tag in unserer Hauptstadt gemeinsam zu verbringen und alles zu protokollieren. Wenn ihr also Raphael und Romy dabei entdecken solltet, wie sie getrennte Wege gehen, meldet ihr es mir sofort, verstanden? Wer das versäumt, dem blüht das gleiche wie den beiden!"
 

Ich vergrub den Kopf in meinen Händen. Das war mal wieder typisch Finkenberg. Ja auch auf Nummer sicher gehen! Damit war jeder Fluchtversuch unmöglich. Derweil brach im Bus Tumult aus und jeder beglückwünschte uns lautstark zu unserer tollen Arbeit. Ich setzte ein ,ja-ihr-könnt-mich-auch-alle-mal'-Grinsen auf und ließ es über mich ergehen.
 

Ich hatte nur irgendwie das Gefühl, Lydia als ,nette Klassenkameradin' verloren zu haben. Wenn Blicke töten könnten, würde ich in null komma nix 10 Meter unter der Erde liegen. Aber, tz, was konnte ich denn dafür? Ich hatte mir den Tag auch anders vorgestellt, ganz im Ernst!
 

Eine knappe viertel Stunde später hielt der Bus in Berlin Kreuzberg vor einem schäbig aussehenden Jugendhaus, welches einen Busparkplatz zur Verfügung stehen hatte. Die Gegend wirkte alles andere als luxuriös, eingekesselt von alten Plattenbauten und das Jugendhaus weckte auch nicht gerade den vertrauensseligsten Eindruck.
 

Ich atmete tief durch, während im Bus alle nach ihren Jacken und Taschen griffen. Tess bemerkte es und lächelte mich an. Dann drückte sie mich einmal kurz an sich. "Du machst das schon, keine Sorge! Und wenn er sich nicht benimmt, dann wird er sein blaues Wunder erleben, ich kenn' dich doch!"
 

Etwas wehmütig aber doch dankbar erwiderte ich das Lächeln. Tess hatte irgendwie Recht. Ich würde schon nicht daran sterben.
 

Nachdem wir alle aus dem Bus gestiegen waren, zerstreuten sich die einzelnen Gruppen ziemlich schnell. Übrig blieben Raphael und ich. Selbst die Lehrer und der Busfahrer waren schon weg. Und wir zwei standen da, wie bestellt und nicht abgeholt.
 

Ich seufzte. "Na schön. Also was hälst du zuerst mal von ner Runde Seesighting, dann sind wir schon mal ein Stück weiter." Dieses knappe Nicken als Antwort sollte wohl so was wie ,ja' heißen. Ich zog den S-Bahn-Plan zu Rate. Wenn wir zu den Sehenswürdigkeiten wollten, sollten wir im Zentrum anfangen.
 

Die S-Bahn war nicht weit vom Parkplatz entfernt, nur ein paar Minuten zu Fuß. Sie verlief in diesem Teil über Brücken. Angekommen stellte ich mich noch einmal vor dem Plan auf. Ich fuhr mit dem Finger die zu fahrenden Strecken entlang. "Also, ich denke wir fahren erstmal hierhin, da ist das Brandenburger Tor nicht weit und von da aus können wir ja dann zu Fuß weitergehen." Die Antwort blieb aus. Hätte mich auch stark gewundert...
 

"Wahnsinn!!! Ist das groß!" Ich stand mit aufgerissenen Augen vor dem Wahrzeichen Berlins, dem Brandenburger Tor und starrte es an. Das war aber wirklich verdammt groß! Als ich langsam hindurchging, jagte es mir tatsächlich eine Gänsehaut über den Rücken. Eine wirklich imposante Erscheinung.
 

Ich sah das "Adlon" und den Reichstag, aber während das Luxushotel auch bei Novemberwetter nichts von seiner Eleganz verlor, sah die riesige Glaskuppel bestimmt besser aus, wenn das Sonnenlicht darauf glitzerte, und nicht, so wie jetzt, der Regen hinunterrann.
 

Herr von und zu Mondstein besann sich währenddessen darauf, die Arme verschränkt und vollkommen gelangweilt vor dem Tor stehen zu bleiben, und mich mit einer missbilligenden Miene anzusehen. Was hatte ich erwartet? Das er in kindlicher Ausgelassenheit durch die Gegend hüpfte? Wohl kaum... Bei der bloßen Vorstellung musste ich mir das Lachen verkneifen. Was blieb, war ein breites Grinsen.
 

Aber auch das sollte er nicht mehr zu Gesicht bekommen, denn auf dem Weg zurück zu ihm wurde ich sozusagen von mir selbst unterbrochen. In Form eines lautstarken Grummeln, das von meiner Magengegend her rührte. Hunger! Ich hatte Hunger! Es war halb zwei und ich hatte heute Morgen um acht gefrühstückt. Das hielt doch kein Mensch aus!
 

Irgendwie schienen diese Gedanken direkt in höhere Sphären übergegangen zu sein, denn mit meinem Adlerblick fiel mir ein Currywurststand ins Auge. Genau das richtige! Ich spurtete also geradewegs an Raphael vorbei und stellte mich an.
 

Zwei Pappschalen mit Currywurst balancierend ging ich zu Raphael zurück. Der Blick, den er mir zuwarf war mal wieder alles andere als nett... Tz! Ich setzte einfach wieder ein Lächeln auf und drückte ihm eine der Schalen in die Hand. Dann fing ich an zu futtern.
 

"Was soll das denn?" Ich schluckte. "Für dich. Du musst doch auch Hunger haben, oder nicht? Also ich hab wahnsinnigen Kohldampf!" "Selbst der größte Hunger könnt mich nicht dazu bringen, das da zu essen", grummelte er leise.
 

Bitte? Ey, wir waren hier in Berlin! Man kann doch nicht nach Berlin fahren, ohne Currywurst zu essen! Kam der denn vom Mond?! (Wortspiel, oh Wortspiel...) Unverständlich sah ich ihn an, während ich auf einem Stück Pelle herumkaute.
 

"Das ist widerlich!", erklärte er mit einem Blick auf mich. "Nö!", erwiderte ich und tunkte ein Stück Brot in die rote Sauce. "Das ist saulecker!", nuschelte ich dann. Demonstrativ drehte er sich weg und besah sich das Treiben unter dem Brandenburger Tor. Ich seufzte, nahm ihm die Schale wieder weg und futterte dann seine Wurst auch noch auf. Hmpf. Blöder Idiot!
 

Wenig später packte ich den Müll zusammen, warf ihn in einen Papierkorb und ging zurück. "Das war nur gut gemeint", meinte ich. Er würdigte mich keines Blickes. "Danke, ich kann auf deine Samariter-Attentate verzichten!" Ich musste mich mal kurz korrigieren. Absolut total bescheuert-blöder Vollidiot!
 

Das Ende vom Lied war, dass wir die nächsten Stunden damit verbrachten schweigend kreuz und quer durch Berlin zu spazieren. Die Stimmung lag irgendwo weit unter dem Gefrierpunkt. Das einzige, womit ich mit hin und wieder ablenken konnte, war, mir kurze Notizen zu machen, wo wir überall so vorbeikamen. Allerdings war das ziemlich eintönig...
 

Irgendwann kam ich zu dem Schluss, dass es am Ende noch Kritik von der Finkenberg geben würde, wenn wir den ganzen Tag stumm durch Berlin latschen. Das trug nämlich nicht so wirklich dazu bei, dass wir uns aussöhnten.
 

Ich bleib ruckartig stehen. "So geht das nicht weiter. Ich habe keine Lust den ganzen Tag nur neben dir her zu laufen, als wäre ich dein treudoofer Hund! Nur weil du dir zu fein bist, mal ein wenig Konversation zu betreiben!"
 

Mit kalten Augen sah er mich an. "Falls du jetzt vorhast hier wieder mal so kleinkindhaft herumzuzicken, kann ich darauf verzichten, okay?" Jetzt platzte mir aber bald mal der Kragen! Wieso tat der eigentlich immer so, als wenn ihn das alles gar nicht anginge?!
 

"Ich zicke nicht herum!!! Meine Güte, es kann ja wohl nicht zu schwer sein, mal wenigstens ein bisschen nett zu sein! Ich könnte jetzt mit meiner besten Freundin hier sein, aber NEIN. Stattdessen laufe ich mit einem Eisklotz-ähnlichem Wesen hier durch die Gegend, das seine Zunge verschluckt hat! Meinst du mir macht das Spaß?! Du könntest dir ja wenigstens mal ein bisschen Mühe geben!"
 

Seine Hand schloss sich wie eine kalte Eisenklammer um mein Handgelenk. "So, jetzt hörst du mir mal zu! Ich habe auch nicht darum gebeten mit dir giftspuckender Natter den Tag zu verbringen! Glaubst du eigentlich jeder Mensch ist wie du und hüpft den ganzen Tag freudestrahlend durch die Gegen wie in irgendeinem Kitschfilm?! Du bist echt nicht auszuhalten, du nerviges Balg!"
 

Damit ließ er mich los und ging in das nächstliegende Geschäft hinein. Ich blieb fassungslos zurück und rieb mir das Handgelenk. Dieser elendige Hund! Wie konnte er es wagen, so mit mir zu reden! Irgendwo hinter mir hörte ich ein Kichern. Ein paar Tussnellas aus der Zwölf standen etwas weiter abseits. Ich seufzte genervt auf. Mir blieb ja wohl nichts anderes übrig. Also stiefelte ich auch in den Laden hinein, in dem Raphael gerade verschwunden war.
 

Als ich die gläserne Tür öffnete, klingelte ein Windspiel über mir. Der Laden sah von außen viel kleiner aus, als er eigentlich war. Die Atmosphäre war seltsam. Fast unheimlich. Aber auch irgendwie schön.
 

Es war ein Antiquitätengeschäft oder etwas Ähnliches. Alles hier schien so unglaublich alt. Hinter dem Tresen stand eine ältere Frau, die mir freundlich zunickte. Etwas zögerlich nickte ich zurück. Dann hörte ich neben mir jemanden und verschwand schnell in einem Seitengang.
 

Auf der anderen Seite des Ganges lief Raphael durch den Raum. Ich hatte einfach keine Lust jetzt klein beizugeben und wieder zu ihm zu gehen. Ich wusste, dass ich es irgendwann sowieso tun musste, denn bis er auf mich zukam, das konnte lange dauern. Naja, es würde nie passieren...
 

Und so sah ich mich noch ein wenig um. Am Ende des Ganges und so ziemlich ganz hinten fiel mir ein Buch auf. Es lehnte zwischen einer alten Spieluhr und einem hölzernen Kästchen. Vorsichtig zog ich es heraus. Ich zog eine Braue hoch.
 

Also, hier hatte seit hundert Jahren bestimmt keiner mehr abgestaubt. Ich pustete einmal darauf und die feinen Staubpartikel wirbelten hoch. Das Buch war alt. Bestimmt sehr, sehr alt. Das alte Pergament war grau, vergilbt und steif. Vorsichtig schlug ich die Seiten um. Ich hatte Angst, ich könnte etwas zerbrechen.
 

Das Buch war handgeschrieben. Allerdings konnte ich mit dem Inhalt nichts anfangen. Ich konnte die Schrift nicht entziffern. Ich konnte sie noch nicht einmal lesen. Sie beinhaltete Laute, die einfach keinen Sinn ergaben. Sie hatten gar keinen Klang. Trotzdem. Dieses Buch faszinierte mich. Irgendwie...
 

Ein Geräusch von der anderen Seite des Regals durchbrach meine Gedanken. Neugierig linste ich auf die andere Seite. Da stand Raphael. Am Ende des anderen Ganges stand irgendein großes Möbelstück und er stand direkt davor. Er bemerkte mich nicht. Wenn ich nicht so verdammt sauer auf ihn wäre, würde mich diese Szene jetzt glatt an Romeo und Julia erinnern.
 

Aber was tat er denn da? Er trat noch ein Stück näher heran. Jetzt konnte ich etwas erkennen. Das, wovor Raphael da stand, war ein Klavier. Es war mit einer ebenso dicken Staubschicht bedeckt, wie mein Buch.
 

Etwas an der Situation war eigenartig. Etwas lag in der Luft. Etwas war da, zwischen diesem alten Klavier und dem jungen, geheimnisvollen Mann, der vor ihm stand. Seine schlanken Finger fuhren über das alte Holz. Gedankenverloren strich er darüber. Ich traute mich kaum zu atmen.
 

Dann drehte er seinen Kopf etwas und ich sah seine Augen. Konnte das sein? Konnte das wirklich sein? Ich glaubte es einfach nicht. Dieser Ausdruck in den sonst immer kalten, grauen Augen. In ihm spiegelten sich Hoffnung. Schmerz. Und unvorstellbare Sehnsucht. Erinnerungen...
 

Mir lief es kalt den Rücken hinunter. In meinen Augen brannte es. Langsam hob er den Deckel an. Dann strich er über die Tasten. Noch immer diesen seltsamen Ausdruck in den Augen. Mit dem ersten Ton kroch mir eine Gänsehaut in alle Glieder.
 

Es wurden mehr Töne. Und unter der Führung seiner Finger verbanden sie sich zu einer wunderschönen Melodie. Dieses Lied. Es klang so alt. So alt wie das Klavier, auf dem es gespielt wurde.
 

Dann hörte ich ein Geräusch im Eingangsbereich. Ich sah, wie die alte Dame, gefolgt von einem jüngeren Herrn in Richtung des Klaviers ging. Schnell verließ ich den schmalen Gang. Ich versperrte ihnen den Weg. "Bitte. Ich bitte Sie inständig, lassen Sie ihn spielen. Es geht doch nichts kaputt, oder?" Ich flehte schon fast. Meine Stimme kaum mehr als ein Flüstern. Die beiden sahen sich an.
 

Mir fiel etwas ein. Ich drückte der Frau das alte Buch in die Hand, das ich die ganze Zeit fest umklammert gehalten hatte. "Ich würde das gerne kaufen", sagte ich leise und lächelte sie an. Die alte Dame nickte, nahm das Buch und ging wieder an den Tresen. Der junge Mann zuckte mit den Schultern und verschwand ebenfalls.
 

Ich ging nun langsam der Musik hinterher, bis ich fast unmittelbar hinter ihm stand. Noch immer stand er da und seine Hände glitten wie von selbst zu den schweren Tasten. Aber jedes Stück hat ein Ende, sowie es einen Anfang besitzt. Der letzte Ton klang noch lange in meinen Ohren.
 

Ich wusste zuerst nicht, was ich jetzt tun sollte. Dann sagte ich einfach das, was mir durch den Kopf ging. "Das war- das war wunderschön." Er drehte sich nicht um und meine Stimme war nur ein Hauch, aber ich wusste, dass er es gehört hatte.
 

Ich holte tief Luft. "Kannst- ich meine, könntest du noch etwas spielen?", fragte ich. Und ganz leise setzte ich dazu: "Bitte..." Ich sah es nicht. Ich hätte es nie vermutet. Er tat es auch nur, weil ich es nicht sah. Sonst hätte er es nicht gemacht, niemals. Aber in diesem Moment lächelte er.
 

Ein paar Notenblätter lagen auf dem Klavier. Sie sahen nicht so alt aus. Sie sahen eher so aus, als würden sie aus einem Übungsbuch stammen. Er nahm sie und fing an zu spielen. Dieses Lied kannte ich. Aber es hatte sich noch nie so wunderschön angehört wie in diesem Augenblick.
 

Lady in Red. Nicht einmal Chris de Burgh selbst konnte es so spielen, wie Raphael das tat. Ich glaube, ich hatte nie zuvor etwas so schönes gehört. Nie. In meinem ganzen Leben nicht. Wie machte er das nur? Ich war wie verzaubert. Und ich wünschte, es könnte ewig dauern. Dieser stickige, staubige, enge Antiquitätenladen, dieses alte, Staub bedeckte Klavier, dieses Lied und der Mann der es spielte. Den ich eigentlich nicht leiden konnte. Und der mich in den Wahnsinn trieb. Aber. Es war so wunder, wunderschön....
 

°°°
 

Bahnhof Zoo. Hier mussten wir raus. Es war schon sechs Uhr als wir jetzt die Straße überquerten und auf die Gedächniskirche zusteuerten. Der Kuhdamm war ebenso Pflicht wie das Brandenburger Tor, die Siegesseule und Currywurst. Das war eben so, da biss keine Maus einen Faden ab.
 

Es war schon irgendwie unheimlich. Es war schon dunkel und der Bau der alten Kirche hob sich wie eine riesige Schattengestalt ab. Kein einziges Licht, dass dort brannte. Schon komisch. Aber auch im völligen Dunkel gab die Vereinigung des alten und des modernen Baus ein abstraktes Bild ab.
 

Wir gingen zügig weiter. Es war ein tolles Bild, ein beleuchtetes Schaufenster neben dem anderen. Manche Geschäfte sahen so teuer aus, dass man sich nicht einmal traute näher heranzutreten und andere wiederum gehörten jenen Ketten an, deren Filialen man in fast jeder Stadt finden konnte.
 

Auf einmal fiel mir bei einer Nobelboutique etwas ins Auge. Wie angewurzelt blieb ich vor dem Schaufenster stehen und starrte den Rollkragenpullover an. Er war pechschwarz und hatte am Kragen eine silberne Schnalle. Sehnsüchtig sah ich ihn an. War der toll!
 

"Hat die Puppe gerade ihre Position gewechselt, oder warum starrst du da so hinein?", erklang seine ruhige, kalte aber für mich trotzdem melodiöse Stimme neben mir. Ich deutete auf den Pulli: "Schau dir den mal an! Man, der sieht klasse aus! Ich muss da rein!" Bittend sah ich ihn an.
 

Raphael Mondstein. Er war anders wider Willen. Er war cool, er war kalt. Er war unberechenbar, intelligent. Wenn er für nötig hielt, machte er auch mal ein Wort zuviel und klang dann fast höflich. Ebenso gut konnte er wütend werden, wie ich auch schon feststellen durfte.
 

Aber in diesem Moment hatte er diesen typischen ,alles-nur-kein-Shopping!!!!'- Blick, den einfach alle Männer draufhaben, wenn man vorhat sie in ein Klamottengeschäft zu schleifen. Und ich konnte einfach nicht an mich halten. Ich musste einfach loslachen. Und es dauerte seine Zeit, bis ich mich soweit beruhigt hatte, dass ich wieder einen Hundeblick aufsetzten konnte.
 

"Oooch, bitte, jetzt komm schon. Dauert nicht lange! Wirklich! Nur der Pullover, versprochen!" Die Antwort war ein entnervtes Schnauben. Diesmal riss ich mich zusammen, grinste nur wie ein Honigkuchenpferd, fasste ihn am Ärmel, zwitscherte "Danke", und zog ihn in das Geschäft.
 

"Tut mir Leid, der ist nur noch in XS vorrätig", waren die Worte der Verkäuferin und obwohl ich gerade gedacht hatte, dass mir die Verkäuferin eigentlich mal sympathisch wäre, war es irgendwie jetzt Essig mit der Sympathie.
 

Ich war enttäuscht. Schade. Der war so toll. Aber ich war nun mal keine dieser zierlichen, magersüchtigen Püppchen. Für einen winzigen Augenblick tat mir das fast Leid. Dann zuckte ich mit den Achseln. "Schade. Naja, kann man nichts machen", meinte ich.
 

Dann grinste mein Gegenüber mich an. "Aber ich glaube in rot ist er noch da!" Sie wuselte davon, ehe ich sie aufhalten konnte. Ein paar Augenblicke später war sie wieder da. In den Händen mein Pulli, aber nicht in schwarz sondern in einem warmen Weinrot. Ich seufzte. "Es tut mir leid, aber die Farbe sagt mir nicht ganz zu...", erklärte ich ihr. Eigentlich sagte mir ja gar keine bunte Farbe zu. Es war nicht so, dass ich das Rot nicht mochte, aber ich trug nun einmal nur schwarz-weiß und damit basta! Aber anscheinend hatte die Tante das übersehen.
 

"Oh. Das ist schade. Aber dieses Rot würde Ihnen bestimmt sehr gut stehen!", ereiferte sie sich. Egal ob sie das jetzt ernst meinte, oder mich nur ködern wollte, ich wehrte ab und dann standen wir wieder draußen im Nieselregen.
 

Jetzt brauchte ich dringend irgendetwas, was mich aufmunterte. Und das war ganz sicher kein Novemberwetter. Und ich war mir irgendwie ebenfalls ziemlich sicher, dass Raphael der Falsche für den Part war (Haaaaha).
 

Und war das nicht immer so? Da denkst du, es kann nicht mehr viel schlimmer kommen und dann... Nein, der Himmel gab sich nicht mehr mit Nieselregen zufrieden, jetzt fielen immer dickere Tropfen aus den Wolken.
 

Ich folgte Raphaels Fingerzeig und wir flüchteten in ein Einkaufszentrum. Hier war es hell, warm und vor allem trocken. Das war schon mal besser. Aber der absolute Hammer erwartete uns, als wir ein paar Schritte hineingingen.
 

Im Erdgeschoss befand sich eine Wasseranlage, über die eine schmale Brücke. Und dann darüber! Die normale Decke war an dieser Stelle einer riesigen Glaskuppel gewichen. Im ersten Stock war ein wunderbares Café.
 

Es hatte diesen südlichen Terrassen-Flair. Die Nischen verliefen treppenartig angeordnet untereinander und auf jeden freien Quadratzentimeter standen Pflanzen und Blumen. Um das ganze abzurunden standen überflüssigerweise, aber absolut passend, weiße Sonnenschirme bei den Tischen. Es war - einfach unglaublich!
 

Und wieder riss er mich aus meiner Trance. "Da hoch?", fragte er und er sollte sich mal nicht einbilden, dass ich den amüsierten Unterton überhörte! Ach was solls... Ich nickte gutgelaunt.
 

Ich ließ mich entspannt in den weich gepolsterten Stuhl sinken und schloss die Augen. In meinem Nacken kitzelte mich eine Grünpflanze, irgendwo tiefer unter mir klang das Plätschern der Wasseranlage und das leise, undeutlich verschwommene Stimmengewirr im Café zog mich in seinen Bann.
 

Ich öffnete die Augen wieder, aber der Zauber hielt weiter an. Eine Kellnerin lächelte mich an. Ich brauchte keine Karte zum Wählen. Um mich jetzt wieder vollkommen glücklich zu machen, fehlte nur noch eines:
 

"Einen Becher Vanilleeis, bitte." Sie notierte und wandt sich dann an Raphael. Ich spürte förmlich, wie sie unter dem kalten, abschätzenden und absolut durchdringenden Blick zusammenschrumpfte. Als sie sich das bestellte Glas Rotwein aufschreiben wollte, zitterte ihre Hand ziemlich heftig und es hätte nicht viel gefehlt, dann wäre ihr der Kugelschreiber heruntergefallen.
 

Das ganze erinnerte mich an Tess' erste Reaktion auf Raphael. Ok, ich meine, er ist fast etwas unheimlich und unter Umständen könnte ich mir vorstellen, dass er einem auch Angst einjagt, aber doch nicht in diesem Ausmaße! Das Café war gut besucht, trotzdem verging nicht einmal viel Zeit bis unsere Bestellungen kamen.
 

Oh wooooow.... Könnte mir mal jemand bitte verraten, wo ich das Rezept für dieses göttliche Vanilleeis herbekomme? Hmm, das war eine Sünde, hundert prozentig!
 

Und prompt war wieder irgendjemand scharf drauf, mir diesen Moment des Genusses zu vermiesen. In diesem Fall in Form einer vollbusigen Platin-Blondine die bis zum Anschlag mit irgendwelcher Schminke vollgekleistert war und deren ebenso blonder Lackaffenmacker ihr die ganze Zeit durchs Gesicht schlabberte.
 

Normalerweise zog diverses Ekelerregendes nicht meine Aufmerksamkeit auf sich, aber diese Frau trug doch tatsächlich einen Rollkragenpullover mit silberner Schnalle am Kragen - in schwarz! Toll! Wieso war das nicht meiner? Gab es denn keine Gerechtigkeit in dieser Welt?!
 

Mehr oder weniger aus Frust schaufelte ich einen riesigen Löffel Eis in meinen Mund. Es schmeckte genauso wie vorher, aber trotzdem konnte ich es nicht mehr genießen. Eigentlich war es lächerlich... Aber ich war auch nur ein Mädchen! Und Mädchen stehen auf schöne Klamotten!
 

Ich fragte mich wirklich, warum ausgerechnet immer solche - Einheits-Tussis solches Glück hatten, die man eh alle in eine Schublade stecken konnte!
 

"Ach, nur wegen diesem blöden Pullover? Man könnte meinen, das Eis wäre sauer...", sagte Raphael da und drehte sich wieder zu mir um, nachdem er meinem Blick gefolgt war. Hatte ich das letzte laut gedacht? Hoppla...
 

"Ja und? Ich weiß, was du denkst. Warum hab ich ihn dann nicht einfach in rot gekauft. Ab-" "Nein", unterbrach er mich. Ich runzelte die Stirn. Ja klar. Natürlich hatte er das gedacht! Es stand ihm quasi ins Gesicht geschrieben!
 

"Ich habe nur gedacht, dass du es dir selbst ausgesucht hast, wie im schwarz-weiß Film herumzulaufen, und deswegen keinen Grund hast so ein Theater zu veranstalten", erklärte er. Ehrlich gesagt, war ich schwer beeindruckt. Denn eigentlich hatte er so was von Recht. Aber ich hatte im Moment absolut keine Lust, das zuzugeben.

Stattdessen zog ich ihn auf: "Ja klar. Wer's glaubt! Du hast gedacht: ,Warum nimmt dieses verdammte, nervige, kleine Gör nicht den verdammten roten Pullover anstatt hier jetzt herumzuheulen!'"
 

Seine Augenbraue schoss fast bis unter seinen Haaransatz. Ich lachte und sponn fröhlich weiter. "Also nicht? Aha, dann hast du am Ende noch gedacht: ,Uargh, wehe die kauft sich den roten Pullover, das würde ja grauenvoll aussehen!'"
 

Er schüttelte nur den Kopf. Ich gabs auf. Als wenn er auf so einen Scherz mit einsteigen würde. Ich schleckte meinen Eisbecher bis aufs Letzte aus. Raphael hob sein Weinglas.
 

Die satte, rote Flüssigkeit schwappte sanft hin und her. Ich erwischte mich dabei, wie ich mit meinem Blick genau verfolgte, wie er das Glas an seine Lippen hob. Aber nicht nur erwischte mich. Er ebenfalls.
 

Sein Blick traf meinen. Und da war es wieder, jenes vertraute, vollkommen überschwemmende Gefühl, dass mich erfasste, beim Anblick seiner Augen. Ich sollte jetzt den Blick senken. Aber ich brachte es nicht fertig. Und irgendwie hatte ich das ungute Gefühl, er wusste das genau.
 

Denn er war es, der diesen intensiven Blick wieder aufhob, so wie er ihn aufgefangen hatte. Dafür nahm er jetzt abermals sein halbvolles Weinglas und schwenkte es hin und her, als wollte er mich damit hypnotisieren.
 

"Fünfzig Jahre alt. Vor fünfzig Jahren haben Menschen die Trauben von den Reben gepflückt und diesen Wein daraus gemacht. Auf irgendeinem alten, verstaubten Regal hat er so lange gelagert. Er schmeckt alt. Trocken und säuerlich, ganz typisch. Er hat mehr miterlebt wie die meisten Menschen in diesem Café. Ein tiefdunkles rot. Die gleiche Farbe wie das Blut, das durch unsere Adern fließt."
 

Er stellt das Glas genau vor meine Nase. "Und jetzt stell dir mal vor, er wäre schmutzig-grau wie das Regenwasser in einer Pfütze."
 

Wie vom Donner gerührt starre ich das Glas an. Für den Bruchteil einer Sekunde kommt es mir so vor, als hätte der Wein wirklich die Farbe von Regenwasser. Aber, das konnte gar nicht sein! Ich blinzelte verwirrt. Und er war wieder dunkelrot.
 

Ich fragte mich, was ihn dazu veranlasst hatte, derartig mit mir zu reden. Besonders, wo er doch sonst nie ein Wort zuviel machte...
 

"...was meinst du, wer ihn dann trinken würde? Vielleicht eine handvoll Leute, die seine wahren Qualitäten zu schätzen wissen. Aber die meisten würde wohl sein Äußeres abschrecken. Wer weiß, vielleicht hatte er einmal diese Farbe? Und irgendwann hat er sie geändert? Vielleicht haben seit dem Tag alle den Wein getrunken. Aber wirklich genossen haben ihn doch wohl nur die, die ihn auch getrunken haben, als er noch die schmutzig-graue Farbe von Regenwasser in einer Pfütze..."
 

Hatte er etwa vor, mich damit zu verwirren? Natürlich hatte er das! Und er hatte es geschafft. Ich wusste nicht, was ich davon halten sollte. Wirklich nicht.
 

°°°
 

Es war schon fast halb neun. Unser Glück war, dass direkt hinter uns ein paar Mädchen ankamen, die gleich ihre neuen Freunde zum Verabschieden mitgebracht hatten. Und - wie soll man sagen. Diese Freunde sahen nicht unbedingt sehr vertrauenserweckend aus...
 

Ich hatte gar nicht gemerkt, dass wir schon so lange in dem Café gesessen hatten. Uns war es mit Hängen und Würgen noch gelungen, uns in eine vollkommen überfüllte U-Bahn zwanzig Uhr zehn Richtung Kreuzberg zu quetschen.
 

Ich konnte mir vorstellen, dass ich herumlief, wie Falschgeld. Dieses komische Verhalten von Raphael hatte mich vollkommen aus der Bahn geworfen. Ich freute mich eigentlich auf eine geruhsame Rückfahrt mit Tess.
 

Allerdings sah es nicht danach aus, als wenn Tess das gleiche vorgehabt hatte. Auf meinem Fensterplatz saß Bibo und jeder der beiden hatte einen Stöpsel vom Discman im Ohr. Und jeder der beiden summte schwungvoll irgendeine wahnsinnig tolle Musik mit.
 

Ich schlenderte trotzdem mal hinüber. Tess strahlte mich an. "Romy! Hey! Du wirst es nicht glauben! Das Livealbum! In so einem kleinen Musikladen. Du, es macht dir doch nichts, dass ich noch ein wenig mit Bibo Musik höre, oder? Ich meine, hey, die LIVE CD!"
 

Ich lächelte müde und winkte ab. Gegen das Livealbum kam ich wohl nicht an. Ich ließ meinen Blick durch den Bus schweifen. Irgendwie hatte ich es geahnt, dass der einzigste freie Platz...
 

"Darf ich?" Er hatte aus dem Fenster in nächtliche Schwärze hinausgesehen und drehte sich zu mir um und es gelang ihm nicht ganz, seine Überraschung zu verbergen. Ich lächelte. "Mein Platz ist besetzt. Von deinem Nachbar..." Wortlos rückte er zur Seite.
 

Ich ließ mich auf den Sitz neben ihn fallen. Die Plätze am Gang mochten ja sehr praktisch für so Schnattergänse sein, aber ich für meinen Teil hätte lieber ein wenig die Augen geschlossen.
 

Der Bus setzte sich in Bewegung. Das Gefühl im fahrenden Bus zu sitzen und die Wärme hüllten mich ein. Ich merkte erst jetzt, dass ich total fertig war. Schläfrig wie ich war, gab ich bald den Kampf auf und meine Augen fielen zu.
 

Ich merkte nicht, dass mein Kopf an seine Schulter sank. Und den seltsamen Blick, mit dem er meine ruhigen Gesichtszüge musterte, sah ich auch nicht. Aber das Seltsamste war, dass er nichts anderes tat, als wieder den Kopf zum Fenster zu drehen. Er ließ mich schlafen.
 

Ich war weich gebettet. Warm und mit jedem Atemzug nahm ich seinen Geruch in mir auf. Nur war ich zu der Zeit schon tief im Reich der Träume...
 

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*gähn* *gleich vom Stuhl kipp* Halb eins. Sonntag Abend. Ich bin heute um sieben Uhr aufgestanden. *gäääähn*
 

Man, ich bin fix und fertig. Aber dafür das Kapitel auch. Endlich!!!! Ich habe keine Lust, mich jetzt wieder tausendmal für das völlig verspätete Kapitel zu entschuldigen, zu der Sache lest in meinem Webblog. Ich weiß das es spät ist. Sorry (jetzt hab ich's doch getan). Ein Wort noch zur Entschädigung: Das ist bis jetzt das längste Chap. 4994 Wörter. Ohne diesen Kommentar.
 

Auch die Antworten auf eure letzte Kommentare fallen jetzt mal aus. Ich brauche nämlich den Platz für wichtige zusätzliche Erklärungen. Tut mir echt leid *verbeug*!

Trotzdem hier noch vielen Dank an: aqualight, LaChouchoute, Jess_Éire, Shadowgirl, Inulein, Angel_Kisu, Ninax, capricious, Mirumy, fany10(Welcome!) HEAL!
 

Was ich sagen wollte. Falls einer von euch aus Berlin kommt oder sich dort auch nur annähernd auskennt: ES TUT MIR LEID! Ich hatte auf keinen Fall die Absicht, Berlin zu verhunzen! Ich war selbst erst ein einziges Mal dort. Es war vor ca. einem Jahr. Und weil unser Bus eine Panne hatte, durften wir abends noch mal zwei Stunden auf dem Kuhdamm herumschlendern, dass war alles.
 

Ich kenne mich am Brandenburger Tor nicht aus. Ich bin nur dran vorbeigefahren. Eben so wenig gibt es natürlich diesen Antiquitätenladen. Der ist einzig und allein meiner Fantasie entsprungen. Also, wenn ihr jetzt durch Berlin rennt und den Laden sucht, ist es nicht meine Schuld, wenn ihr ihn nicht findet!
 

Was es aber ganz sicher gibt, ist das Café. Es handelt sich hierbei um das "Café Tiffany's" im Europa Center Berlin. Das ist ein Kaufhaus am Kuhdamm. DA war ich nämlich wirklich. Und mich hat damals dieses Café dermaßen beeindruckt, dass ich es einbinden MUSSTE!
 

Also, bitte keine Korrekturen zu irgendwelchen Berlinfakten, außer es ist etwas ganz drastisches, ok? Ich hab es ja nur geschrieben, um die Story heranzutreiben...
 

Falls jetzt irgendjemand vom Inhalt des Chaps total enttäuscht ist, tut es mir leid. (Was mir alles Leid tut... -.-) Ich habe nie behauptet, dass dieses jetzt das Chap der Chaps wird. Es ist schon extrem wichtig für die Entwicklung der Story gewesen aber ich denke mal die großen romantischen oder dramatischen Szenen kommen erst später.
 

So, zum Schluss: Ich hoffe, es hat euch trotzdem gefallen. Ich bin schon sehr auf euer Feedback gespannt!

Fair Play?

Der Falkenclan
 

Kapitel 8 - Fair Play?
 

Es war Sonntag. Es hatte gefroren in der Nacht zuvor, die Natur war bedeckt von einem eisigen Flaum. Die frühe Vormittagssonne, die vom fast wolkenlosen, strahlenden Himmel schien stand noch tief, bahnte sich aber schon ihren Weg über Hügel, Felder und Wälder. Es war, als läge ein Zauber auf der Welt, denn alles glitzerte gleich einer endlosen Kristallwiese.
 

Raphael Mondstein bekam von diesem wundervollen Schauspiel der Natur nichts mit. Die Umgebung um ihn herum war dunkel, feucht. Es roch modrig. Das spärliche Feuer einiger Fackeln warf flackernde Schatten an die steinernen Wände.
 

"Nett hast du's hier", bemerkte der junge Mann trocken. Aus dem Schatten löste sich die Gestalt eines zweiten Mannes. Dessen langes, platinblondes Haar wirkte stumpf in der Dunkelheit. Seine Lippen zierte ein schiefes Lächeln.
 

"Danke großer Meister", erwiderte er. Und lehnte sich an die Wand. Raphael trat zu ihm hinüber. Kurz berührten seine Hände das alte, verzierte Holz des Sarges, der an der Wand stand, dann blitzte er Leopold spöttisch an. "Ein Sarg? Seit wann greifst du auf die ,traditionellen' Methoden zurück?"
 

"Seit die sicheren Zeiten vorbei sind. Wir sind nirgends mehr sicher, vor...vor diesen elenden...! Warum bist du eigentlich nicht vor ein paar Tagen, wie verabredet gekommen? Ich persönlich halte wenig davon, wenn ich sonntags nicht ausschlafen kann!"
 

Die Augen unter dem schwarzen Haaransatz verfinsterten sich. "Gab es noch weitere Angriffe, seit diesem vor ein paar Wochen?"
 

"Nein. Aber der war ja auch schon schlimm genug, oder? Charlie. Ich hätte nie gedacht, dass ausgerechnet ihm so etwas passiert. Er und seine Leute waren für den Westteil dieses Gebietes verantwortlich. Und jetzt sind sie alle weg. Wir mussten die Verteilung neu organisieren. Es ist ein großer Verlust."
 

"Wir werden sie kriegen. Aber ich habe bis jetzt einfach noch niemanden bemerkt. Es ist nicht so leicht, wie ich gedacht hatte. Vor allem, weil man nie seine Ruhe hat! Diese Schule ist das reinste Irrenhaus! Deshalb komme ich erst heute. An dem Tag war irgendein Ausflug." "Und du bist mitgefahren?", fragte der Vampir grinsend.
 

Finster sah Raphael ihn an. "Mir blieb wohl nichts anderes übrig. Ich, als gestandener kleiner Schuljunge hatte eine Strafaufgabe zu erledigen... " Sein Gegenüber brach in lautes Gelächter aus. "Was?!", keuchte er, "du?! Raphael Mondstein muss seine Strafarbeiten machen, ich werd' nicht mehr! Wie bist du denn da dran gekommen?"
 

"Erinnerst du dich daran, wie ich dir erzählt hab, dass man mir irgend so ein Gör angehängt hat? Dieses dumme Kind behindert mich extrem in meiner Arbeit! Andauernd taucht sie auf und nervt mich zu Tode! Ich war eines Abends in der Bibliothek um zu schauen, ob irgendwo alte Aufzeichnungen aufbewahrt wurden. Gerade, als ich etwas Passendes gefunden hatte, kam sie in der Dunkelheit auf mich zugestiefelt. Ich wollte sie ruhig stellen, aber irgendwie hatte das eher nicht den gewünschten Erfolg. Tatsache ist, dass auf einmal der Hausmeister und ein Lehrer vor unserer Nase auftauchten... - und warum grinst du eigentlich so affig, Poldi?!"
 

"Hört sich ja prickelnd an, wirklich. Pass bloß auf, dass dir die Kleine nicht den Kopf verdreht, verehrter Meister...", erwiderte der Angesprochene.
 

"Hör auf, mich ,Meister' zu nennen. Soweit ich weiß, hatte ich nicht vor, dich zu einem Magier auszubilden, oder? Tja, wenn, dann wüsstest du wenigstens, dass mir von dieser Seite keinerlei Gefahr droht. Mir würde es sowieso besser auskommen, wenn sie tot wäre, aber das wäre leider zu auffällig. Also muss ich mich noch weiter mit ihr rumschlagen", endete Raphael achselzuckend.
 

Nachdenklich sah ,Poldi' ihn an. "Weißt du", setzte er dann an, "ich kaufe euch das nicht so ganz ab. Sicher, ihr Magier seid ein uraltes Geschlecht und es gibt einige wenige, die ausgebildet werden, aber du kannst mir doch nicht erklären, dass ihr abstinent gegen die Liebe seid!"
 

"Willst du damit sagen, ich würde mich in den Regeln meiner eigenen Art nicht auskennen?", zischte der schwarzhaarige kalt. Der Vampir schluckte unbehaglich und schüttelte dann den Kopf. "Natürlich nicht", sagte er leise.
 

Raphael stieß sich von der Wand ab und wandte sich zum Gehen. "Also dann, ich möchte, dass ihr weiterhin Augen und Ohren offen haltet. Und dass es mir unverzüglich berichtet wird, ereignet sich auch nur der kleinste Zwischenfall. Ansonsten sprechen wir uns in ein paar Wochen wieder. Au revoir."
 

Als er die düstere Gruft verließ kniff er unweigerlich die Augen zusammen. Das helle Licht der Sonne fiel geradewegs an einem Baumstamm vorbei, genau in sein Gesicht. Mit ein paar schnellen, gemessenen Schritten, war er wieder auf dem Waldweg und schlenderte in Richtung Internat zurück. Leise seufzte er.
 

Der letzte Satz von Poldi hatte ihm zu Denken gegeben. Ihm war von jeher kein einziger Magier zu Ohren gekommen, der verheiratet war, oder anderweitig einen Partner hatte. Magier verliebten sich nicht, sie mussten sich auf ihre Ausbildung und auf ihre Aufgabe konzentrieren. Sie hatten ihre Stellungen zu waren.
 

Er glaubte nicht an die Liebe. Warum auch? Die Liebe war eine große Lüge, sie brachte in den meisten Fällen nur Unglück über die Menschen. Er könnte nie eine Frau lieben. Sie nehmen - ja. Das schon. Er hatte schon viele Frauen gehabt. Aber wirklich befriedigen konnte ihn nur der Kampf. Dazu war er geboren und zu nichts anderem.
 

,Pass auf, dass dir die Kleine nicht den Kopf verdreht'. Dieser Kommentar war absolut lächerlich! Eigentlich wäre es wirklich besser, wenn sie tot wäre. Vielleicht sollte er sie einfach umbringen? Dann müsste er wenigstens nie herausfinden, warum ihn in ihrer Nähe immer so ein ungewöhnliches Gefühl beschlich...
 

Er dachte an dieses kleine Geschäft. An das Klavier. Es hatte soviel in ihm wachgerüttelt. Wie lange hatte er nicht mehr gespielt? Klavierspielen und Rotwein an einem verregneten Novembertag. Das rüttelte längst vergessene Erinnerungen wach...
 

In diesem Moment zuckte er zusammen; jemand rief laut seinen Namen.
 

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Sonntagvormittag. Das Licht der Sonne fiel breit gefächert durch die großen Fenster der Bibliothek. Ich seufzte, und setzte den Stift wieder aufs Papier. Ich hatte ganz vergessen, dass wir die dumme Strafarbeit heute abgeben mussten. Und jetzt musste ich gleich auch noch nach Raphael suchen, damit er das Geschriebene absegnete.
 

,Wir erwischten gerade noch die U-Bahn um zehn Minuten nach acht Uhr und kamen etwas verspätet beim Bus an', murmelte ich gerade, als jemand in die Bibliothek kam. Und - oh Wunder! Es waren Tess und Bibo. Das war ja mal was ganz Neues! Die beiden klebten seit einigen Tagen aneinander wie siamesische Zwillinge...
 

"Hier bist du!", rief Tess und kam auf mich zu. Ich nickte ihnen leicht zu, brachte dann meinen letzten Satz aufs Papier und sah wieder auf. "Gerade fertig", erwiderte ich. Dann wandte ich mich an Bibo. "Bibo, hast du ne Ahnung, wo Raphael steckt? Er muss das Ding unterschreiben, ich muss es bis Mittag bei der Finkenberg abgegeben haben, ich hab doch heute Abend keine Zeit mehr..."
 

Er sah mich an. "Was ist das denn? Ach, eure Strafarbeit? Hm, Raphael ist heute ziemlich früh raus. Er hat nicht gesagt wohin er geht, aber ich glaube, er ist in Richtung Wald verschwunden. Vielleicht wollte er einfach einen Spaziergang machen?"
 

Ich stöhnte auf. Jetzt auch noch nach draußen in die Kälte! Naja. Aber schönes Wetter war es ja schon. Ich verabschiedete mich von Tess und Bibo und ging nach oben in unser Zimmer, um mich schön dick einzupacken.
 

Auf dem Weg stieß ich auf Bryan. Er hielt mich an. "Oh, äh Romy!" "Hi!", grüßte ich lächelnd zurück. "Ähm ja, also, du hast heute das Spiel mit den Mädchen in der Stadt, nicht wahr?" aus irgendeinem Grund schien er verwirrt und zerstreut zu sein, so hatte ich ihn ja noch nie erlebt. "Ja? Natürlich, dass weißt du doch!", gab ich verwundert zurück.
 

Er wurde rot. "Naja, weißt du, es ist so. Also, ich kann leider nicht kommen, dass wollte ich dir nur sagen." Er sprach schnell und verhaspelte sich. Irgendwie war er komisch. Ich sah ihn fragend an. "Warum das denn nicht?" "I-ich hab schon was vor heute Abend, entschuldige bitte. Tjaa, ich - geh dann mal wieder. Ciao Romy!" Und weg war er. Ungläubig starrte ich ihm hinterher. Naja, vielleicht war es etwas familiäres, oder er hatte eine sechs geschrieben, oder was auch immer. Trotzdem - es war höchst ungewöhnlich, dass Bryan etwas wichtiger war als Basketball...
 

Dicke weiße Daunenjacke, Handschuhe, Schal und eine schwarze Wollmütze und es konnte losgehen! Kaum machte ich den ersten Schritt vor das Portal, wäre ich aber am Liebsten sofort wieder umgekehrt. Es war wirklich verdammt kalt geworden! Die erste Nacht diesen Winter, in der es richtig gefroren hatte.
 

Es war eine klare, kalte Nacht gewesen, von der zum Glück der klare Himmel geblieben war, vom dem nun hell und warm die Wintersonne schien. Wie eine Blume strecke ich mein Gesicht der Sonne entgegen, um ein wenig von der blassen Wärme einzufangen.
 

Ich schloss die Augen und atmete tief ein. Es roch nach Herbst. Nach nassem Laub, nach kalter Luft und eisigem Frost. Ich schlug den Weg Richtung Wald ein. Nachdem ich einige Minuten gelaufen war, beschloss ich einen schönen ausgedehnten Spaziergang zu machen. Ich musste ja nur zum Mittagessen wieder in der Schule sein. Bis dahin hatte ich Zeit.
 

Es wäre die reinste Sünde, den Weg bei einem solch schönen Wetter abzukürzen! Also spazierte ich mutterseelen allein durch den ruhigen Wald und genoss es einfach nur. Meine Wangen und meine Nasenspitze leuchteten rot vor Kälte, und ich hing meinen Gedanken nach.
 

Heute Nachmittag hatte ich ein Basketballspiel. Naja, nicht ich selbst, aber die Gruppe, die ich trainierte. Mädchen aus der fünften bis achten Klasse waren dabei und dieses Jahr hatten wir eine echt gute Gruppe, und ein Mädchen war eine ausgesprochene Spitzenspielerin. Wir spielten gegen die Realschule einer benachbarten Stadt. Wie jedes Jahr.
 

Es ging um einen alten, verrosteten Pokal. Würde es uns gelingen, dass hässliche alte Teil zum dritten Mal in Folge zu gewinnen? Das wäre toll. Ich würde es den Mädchen gönnen. Aber was war nur mit Bryan los? Vielleicht war er auch ganz einfach krank, fühlte sich nicht gut. Auf die Idee war ich bis jetzt noch gar nicht gekommen.
 

Dann dachte ich an Tess und Bibo. Die beiden waren einfach süß zusammen. Ich war mir ziemlich sicher, dass Tess Bibo ebenso sehr mochte wie er sie. Die beiden würden ein schönes Paar abgeben. Und es würde bestimmt nicht mehr lange dauern. Allerspätestens beim Silversterball. Ich freute mich so für die beiden.
 

Es hatte sie auf jeden Fall gelohnt, diese Strafarbeit wegen der Bibliotheksgeschichte zu kassieren. Aber, dachte ich dann, das hat es sich sowieso. Ich dachte an Berlin zurück. An dieses kleine Antiquitätengeschäft. Wie er auf diesem alten Klavier gespielt hatte. Obwohl es schon ein paar Tage her war, jagte mir der Gedanke daran zurück jedes Mal einen Schauer über den Rücken. Noch immer klang ,Lady in Red' in meinen Ohren, und ich bezweifelte, dass ich es jemals vergessen würde.
 

Ich wusste nicht, was es war, aber irgendetwas nahm mich gefangen, wenn ich in seiner Nähe war. Das war vom ersten Augenblick an so gewesen. Es war dieses unbeschreibliche Gefühl beim Anblick seiner Augen. Ich wusste, dass er vollkommene Gewalt über mich hatte, wenn er mich so ansah - ob er es auch wusste? Es war der dunkle Klang seiner Stimme. Es war sein feingliedriges, und doch so maskulines Wesen - es war einfach alles an ihm!
 

Und wieder zuckte dieser eine Gedanke wie ein Blitz durch meine Überlegungen. Hatte ich mich.... Vielleicht? Konnte das sein? Liebe? Ich wusste es nicht. Ich hatte mich noch nie in einen Jungen verliebt.
 

Aber irgendwie glaubte ich nicht recht daran. Liebe, dass stellte ich mir wie ein warmes Gefühl vor, dass einen erfüllt bis ins Äußerste. Einen starken Arm. Liebevolle Blicke. Rote Rosen. Kitschige Filme mit wunderschönen Liebesliedern. Ja, das war Liebe.
 

Nein, dass alles passte absolut nicht zu ihm. Also musste es etwas anderes sein. Aber was? Was denn nur? Ich sah auf und seufzte. Wieder mal führten mich meine Gedanken nur in die Irre. Wie schon so oft in den letzten Tagen. Dann sah ich plötzlich jemanden, der, wie ich, auch durch den Wald spazierte.
 

Ich lächelte. Sogar auf diese Entfernung gab es keinen Zweifel. Ich lief los und rief seinen Namen. "Raphael! RAPHAEL!!!" Er blieb stehen und drehte sich um. Leicht außer Atem kam ich vor ihm zum Stehen. "Hi", brachte ich hervor und lächelte ihn an.
 

"Was willst du denn hier?", kam es leicht gereizt zurück. "Ja, ich wünsche dir auch einen schönen guten Morgen!", gab ich trocken zurück. Als Dank erntete ich einen missmutigen Blick. Ich seufzte und drückte ihm die Mappe mit dem Text in die Hand, den ich verfasst hatte. "Hier. Das ist der Berlinbericht. Du musst nur noch unterschreiben, dann gebe ich ihn ab und sag, wir hätten das zusammen ausgearbeitet."
 

Lustlos blätterte er in dem Papier herum und überflog die Zeilen. Ich reichte ihm einen Kugelschreiber. Er reichte mir die Mappe samt Unterschrift zurück. "Und deshalb kommst du extra her? Das hätte ja wohl noch Zeit gehabt." "Hätte es nicht. Ich muss heute Nachmittag mit meiner Mannschaft zu einem Basketballspiel", gab ich zurück.
 

Eigentlich hätte ich noch einen bissigen Kommentar dranhängen sollen, aber mir war absolut nicht danach, diesen Moment zu zerstören. Es war ganz still. Dann zwitscherte irgendwo weit im Wald ein Vogel. "Es ist wunderschön heute, nicht wahr?", sagte ich leise. In dem Moment kroch die Sonne an einem Baumstamm vorbei und schien warm auf mein Gesicht.
 

Ich schloss die Augen, atmete tief ein und lächelte. Dann sah ich ihn wieder an. War ich jetzt verrückt geworden, oder war da der Rest eines flüchtigen Lächelns auf seinen Lippen gewesen? Naja, wahrscheinlich hatte ich mich verguckt, schließlich blendete die Sonne mich. Ich bildete mir zuviel ein. "Ist es, ja.", bestätigte er dann.
 

"Gehst du zurück?". Ich sah ihn fragend an. Er schüttelte den Kopf. "Hm, na schön. Ich muss aber. Ähm, ja, wir sehen uns", verabschiedete ich mich. Ich drehte mich um und schlenderte in Richtung Internat zurück, ohne mich umzusehen.
 

°°°

Der Bus, der die Basketballmannschaft in die Stadt bringen sollte, war rappelvoll. Wie immer hatte die Mannschaft jede Menge Fans mitgenommen. Es waren sogar etliche Jungs dabei. Diese Tatsache verwunderte mich jedes Mal aufs Neue. Aber eigentlich wars ja recht süß. Diesmal waren ziemliche viele Frischlinge an Bord.
 

Allen voran Trick und Track, die sich zu einer Art Statussymbol der jetzigen fünften Klasse gemausert hatten. Überall wo die beiden auftraten, gab es etwas zu lachen. Auch jetzt hing mal wieder der halbe Bus an ihren Lippen, weil sie irgendeine wilde Geschichte erzählten. Ich grinste und dachte an den ersten Tag nach den Ferien zurück, als ich das erste Mal auf die beiden getroffen bin. Seitdem war viel passiert.
 

Bibo bei den Falken, dieser Aufrur um den schwarzen Magier, Tess und Bibo - Raphael... Hm. Ich saß ganz vorne und sah auf die Straße. Hm. Ein wenig wurmte es mich doch, dass Bryan nicht dabei war. Er hatte mich noch nie hängen lassen! Er war zwar kein offizieller Trainer, aber es war bisher immer selbstverständlich gewesen, dass er mir unter die Arme gegriffen hatte. Bei jedem Spiel war er dabei gewesen.
 

Das Spiel wurde hart. Sehr hart. Wir kämpften verbissen und dank Daniela, unserer Spitzenspielerin, deren letztes Spiel dies hier sein würde, konnten wir bald einen wachsenen Vorsprung verbuchen.
 

Das schien der anderen Mannschaft ganz und gar nicht zu gefallen. Ich mochte den Trainer nicht. Er war vielleicht ein paar Jahre älter als ich, war sehr groß, noch größer als Bibo und noch dünner und schlaksiger. Seine Hände waren riesig, da passte glatt ein ganzer Ball hinein, er schien wie für diesen Sport gemacht. Aber er war ein arroganter Schnösel und ich konnte ihn nicht leiden.
 

Es passierte kurz vor der Pause. Daniel griff an - und das nächste was man sah, war, dass sie am Boden lag und vor Schmerzen keuchte. Ich schloss die Augen, hatte es von hier aus schon sehen können: Da war ein Knochen zu Bruch gegangen...
 

"FOOOOOOUUUULLLL!!!", heulten die Sichelsteiner durch die ganze Halle. Und sie hatten Recht. Ein recht großes, stämmiges Mädchen aus der Gegenmannschaft hatte Daniela so offensichtlich zu Fall gebracht, dass man fast hätte lachen können über diese Dummheit.
 

Jedoch pfiff der Schietsrichter nicht. Was sollte das denn bitteschön werden? Er zögerte und steckte dann doch seine Pfeife in den Mund. Dann sagte er etwas. Ich glaubte mich verhört zu haben. Freiwurf? Für die gegnerische Mannschaft, wegen eines vorgetäuschten Fouls mit Behinderung des Spieles?!
 

Wut wallte in mir auf. Mein Blick fiel auf den gegnerischen Trainer. Er schenkte mir ein süffisantes Lächeln. Jetzt war alles klar! Mir platzt fast der Kragen. Wir hatten so hart trainiert, hatten unseren besten Mann (bzw. Frau) verloren und jetzt war dieser verdammte Schietsrichter parteiisch?! Das durfte ja wohl nicht wahr sein!
 

Ein paar aus der Mannschaft waren nahe daran, den Verstand zu verlieren, sie brüllten herum und beschimpften den Schietsrichter. Dieser drohte ihnen mit Platzverweisen und so mussten sie mehr oder weniger geladen zurück auf ihre Positionen. Ich täte in diesem Moment ebenfalls nichts anderes lieber, als diesem Idioten gehörig die Meinung zu geigen, aber dafür war jetzt nicht die rechte Zeit.
 

Leider waren meine Mädels durch diesen Vorfall nicht gerade motivierter... Oder sagen wir besser: Das Spiel wandelte sich in eine absolute Katastrophe. In der wenigen Zeit bis zur Pause verloren wir unseren Vorsprung, schlimmer noch, wir standen am Ende doppelt so viele Punkte im Rückstand!
 

Ich war erleichtert, als es endlich Halbzeit war! In der Umkleidekabine war Trauerstimmung. "Hey, was ist los mit euch?", fragte ich in die Runde. Eines der Mädchen neben mir lachte bitter auf. "Was los ist? Wir sind total geliefert! Ohne Daniela sind wir verloren. Und dieser Schietsrichter ist total unfair!"
 

Ich holte tief Luft und legte dann los: "Ja stimmt. Der Kerl ist ein mieser Arsch. Genau wie diese Tussis aus der anderen Mannschaft. Aber merkt ihr nicht, dass ihr genau in die Falle getappt seid? Sie haben die stärkste Spielerin außer Kraft gesetzt, und haben gehofft, dass ihr daduch den Kampfgeist verliert. Und genau das habt ihr getan.
 

Dabei hab ihr gar keinen Grund dazu, euch so hängen zu lassen! Oder meint ihr, Daniela macht diese Mannschaft aus? Zum Basketballspielen gehören noch ein paar mehr! Lass euch nicht irritieren! Ihr seid gut! Ihr seid tausendmal besser als diese unfairen Schwachmaten! Ich müsst es nur wollen. Zeigt ihnen die Zähne, zeigt ihnen, dass ihr auch ohne Daniela nicht zu schlagen seid!
 

Das hier was Danielas letztes Spiel, nächstes Jahr ist sie in der neunten und raus aus der Gruppe. Wollt ihr etwa, dass ihr letztes Spiel verloren wird? Ihr müsst nicht für mich gewinnen, um Himmels Willen. Auch nicht für euch, wenn ihr nicht wollt. Aber ihr müsst für sie gewinnen! Kämpft für Daniela!!!"
 

Meine flammende Rede schien den erwünschten Erfolg zu haben. Sie zeigten die Zähne. Und tatsächlich gelang es ihnen, in der letzten Minuten den entscheidenden Korb zu werfen. Wir hatten gewonnen! Daniela kreischte am Telefon begeistert auf. Also würde der alte Pokal auch dieses Jahr wieder in unserer Vitrine stehen. Das geschah diesem unsportlichen Verein ganz Recht!
 

Als die plappernde, jubelnde Meute gegen sechs wieder in den Bus stieg, lehnte ich noch draußen an der Wand und atmete tief die kalte Luft ein. Dann stieg ich auch in den Bus, der, wie es die Tradition verlangte mit einem ohrenbetäubenden Hupkonzert durch die kleine Stadt fuhr.
 

Hier würden bald schon wieder die Stände des Weihnachtsmarktes stehen, dachte ich. Es war nicht mehr weit bis Weihnachten... Ich schaute auf die dunkle Straße und war mit einer Vorfreude auf die Weihnachtszeit erfüllt wie ein kleines Kind.
 

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So, wie haben es mal wieder geschafft ;) Ich bin eigentlich sehr stolz auf mich, ich hätte gar nicht damit gerechnet, dass ich dieses Kapitel so schnell fertig bekomme. Es ist mal wieder eines von diesen Kettengliedern die da sein müssen, um die Story am Laufen zu halten, aber in denen eigentlich nichts Besonderes passiert. Ich wusste auch nicht recht, was ich alles schreiben sollte, also hab ich einfach mal alle wichtigen Faktoren zusammengekratzt, die angesprochen werden mussten.

Raphael und die Vampire, Seine Gefühle, ihre Gefühle... Naja, und das mit dem Basketballspielen. Es war furchtbar langweilig zu schreiben. Aber ich kann ja schlecht zu Anfang alle möglichen Dinge aufzählen, von denen dann kein einziges näher beschrieben wird. Es war halt ein Lückenfüller =)
 

Ich mochte diese netten Gedankengänge. Ich fands sehr amüsant, über Raphaels Gefühle zu schreiben. Schon klar, es zieht ihn zu Romy hin, aber er hat Angst davor. Deswegen würde er es vorziehen sie umzubringen *lach* Als wenn er das tun würde... *smile* Das glaubt er ja wohl selbst nicht.
 

Das nächste Kapitel hab ich übrigens schon fertig ;) Ihr bekommt es in einer Woche. Es sei denn, ihr seid schnell mit den Kommis, dann könnte ich mich dazu hinreißen lassen, es schon etwas früher online zu stellen.
 

Da geht's dann auch ENDLICH mal ein wenig auf Tuchfühlung. Ich mag es sehr gerne. Aber ich will euch nichts verraten. Schließlich sollt ihr erst mal dieses bewerten :)
 

Kommen wir wieder zur Rubrik ,Eure Kommies', die das letzte Mal wegen Platzmangel wegfallen musste:
 

@xnina: Danke *knuddel* Und dein Teppich ist echt bequem!!! Daumen noch ^^d
 

@aqualight: Meisterwerk? Ah, hör auf, ich werd ja rot ^^° Aber ich freue mich sehr, dass es dir gefällt, ich hatte Angst, es würde sich irgendwie nicht lesen. Tja, unser Raffi, immer für ne Überraschung gut ^^
 

@Gummiebaerchen88: Na, war ich dir einigermaßen schnell genug? *hoff* Ja, ich mag Klavierspielen. Passt doch eigentlich ganz gut zu ihm. Das Buch...hmm.. hast nicht ganz unrecht ;) Tja, Raffi mag sie halt, aber ich hab nichts gesagt, ja?
 

@capricious: Ja, das mit Berlin ist ja schon abgehakt. Oha, noch ein Raffi-Fan. Ich sollte Fähnchen und Schals verteilen XD Ich mag ihn ja auch *hihi*
 

@Blackblade: Raphael, das Gefrierpäck? *rofl* Das find ich ja mal geil! Ich war noch nich im KDW, leider *sniff*
 

@Ming-Ling: Danke für die Blumen. Ich denke, das nächste Chap wird dir gefallen *hehe*
 

@Mirumy: Ja, an der Klavierszene lag mir viel. Danke für das Lob!! *Freu*
 

@Sedio: Raphael und putzig, was für ne Kombi :D Aber ja, wenn das mal was werden soll mit den beiden, dann muss er mal sein Maul aufkriegen. Auch wenn er sie nur anschnauzt ^^°
 

@sunnygirl07069: Merci ^^ Ich wollte den Schluss erst gar nicht so schreiben - gut, dass ich's gemacht hab ^^d
 

@Rouge: *streichel* Na, darf ich dir ein Whiskas bringen? *grinz* Ich hab zum Glück noch einige Klassenfahrten vor mir *freu*
 

@Shadowgirl: Tess und Bibo? Freilich ^^y Ich weiß nur noch nicht, wie ich das schreibe... *hm*

@Jess_Éire: Es gibt ihn wirklich! Ich hab ihn aus einem Katalog. Allerdings ist das so ein Nobel-Hochglanzprospekt, das Ding is teuer ^^°
 

@searose: Kein Problem, freu mich, dass du mitliest =))
 

@Inulein: Ich bin auch kein D-Zug *sniff* Hetz nicht so. Mäh.
 

@azaya: Boa, nur zwei Tage Unterschied zwischen deinem Kommi und dem neuen Chap, das haut rein, oder? ... türlich heißt es Kudamm. Ich schreib immer automatisch das ,h' mit. Ich bin einfach zu blöd..
 

So. Man, das wird auch immer mehr zu beantworten. Irgendwie muss ich das noch anders machen, sonst wird dieser Text länger als das eigentliche Kapitel. Wie auch immer: Bis nächste Woche!! *wink*

Tränen

Der Falkenclan
 

Kapitel 9 - Tränen
 

Einige Wochen später

Ach tat das gut. Ich mochte Sonntage. An manchen von ihnen konnte ich nämlich zur Abwechslung mal ausschlafen. Ich war noch total kaputt von gestern Nacht. Das Training hatte mir mal wieder einiges abverlangt. Trotzdem. Ein verschlafener Blick auf den Wecker zeigte mir irgendetwas an, was verdächtig nach ein Uhr aussah. Irgendwann sollte ich vielleicht doch mal aufstehen. Ich streckte mich und schlug die Bettdecke zurück.
 

Tess schien nicht da zu sein. Ich torkelte verpennt zum Spiegel und sah undeutlich in mein Spiegelbild. Ich gähnte und rieb mir den letzten Schlafsand aus den Augen. Dann bemerkte ich einen Zettel, der am Spiegel hing.
 

Liebe Romy,

stell dir vor, Bibo hat mich gefragt, ob ich Lust zu einem Spaziergang im Schnee hätte! Ich weiß nicht, irgendwie freue ich mich total... Ich bin so aufgeregt!
 

Wünsch mir Glück, Tess
 

Ich lächelte. Nein so was aber auch. Aber - Im Schnee? Ich ging zum Fenster rüber und zog die Augenbrauen hoch. Draußen war es so hell, dass es mich fast blendete! Alles war weiß. Hatte es also wirklich geschneit! Aber kein Wunder, heute war schon der 1. Advent. Wurde ja auch mal langsam Zeit. Die Weihnachtszeit hatte begonnen. Wie schön...
 

Ich wandte mich ab und ließ mich erst mal wieder aufs Bett fallen. Was sollte ich denn heute machen? Hm. Mal sehen. Ich stand auf und ging zum Kleiderschrank hinüber. Ich besah mir meine Kleidung. Auf einmal fiel mir etwas ins Auge, was ich schon seit einer Ewigkeit nicht mehr getragen hatte. Ich angelte mein kurzes Etui-Kleid mit dem Hahnentrittmuster darauf heraus. Wie alle meine Sachen war es - natürlich - schwarz-weiß. Ein spontaner Einfall, aber ok. Dann heute mal keine Hose, sondern etwas Schickes. Aber der erste Advent war ja auch eine Art Feiertag. Warum sollte man sich da nicht mal schick machen?
 

Weil es ja nicht nur draußen, sondern auch hier unter dem Dach sehr kalt war, durchwühlte ich meinen Schrank weiter bis ich fand, was ich gesucht hatte. Einen schwarzen Rollkragenpulli, eine dicke schwarze Strumpfhose und die gemusterten Stulpen, die ich vor zwei Jahren mal im Textilunterricht gestrickt, und danach nie wieder angefasst hatte.
 

Schließlich trat ich vor den Spiegel und betrachtete mich von allen Seiten. Ich musste zugeben, dass ich nicht mal schlecht aussah. Richtig erwachsen. Aber irgendwie nicht richtig elegant, so wie man ja eigentlich mit einem Kleid aussehen sollte. Und ich wusste auch warum. Meine Hand fuhr hoch zu meinem wuscheligen, kurzen Haarschopf. Seufzend ging ich zum Waschbecken hinüber und schnappte mir Kamm und Bürste. Aber diese verdammte Mähne ließ sich einfach nicht bändigen. Verdammt, warum war Tess denn nicht hier? Sie würde das sicher sofort hinkriegen.
 

Okay, mal überlegen, was würde Tess tun? ,Sie würde dich bis zur Unkenntlichkeit aufbrezeln', sagte eine Stimme in meinem Kopf und ich grinste. Ah! Da fiel mir etwas ein. Und wieder musste mein Schrank dran glauben. Diesmal musste ich ihn allerdings fast komplett ausräumen, bis ich endlich die kleine Schachtel fand. Nach beinahe einer halben Stunde suchen hatte ich sie endlich in den Händen. Ich öffnete den Deckel und stellte erleichtert fest, dass sich darin noch immer die Haarspangen befanden, die Tess mir vor einer halben Ewigkeit geschenkt hatte.
 

Zum Schluss schwebte meine Hand noch unschlüssig über der Wimperntusche. Jetzt stell dich nicht so an, los mach schon! -Nein, ich werde mich nicht so aufstylen! - Nun komm schon, Bryan wird dich unwiderstehlich finden. -Tess, nein! Und überhaupt, wer sagt denn, dass ich das will?! Ich grinste als ich an die Szene vorm letzten Sylvesterball dachte. Als Tess mich damals quasi zwingen wollte, doch mal Kohlstift und Wimperntusche auszuprobieren...Ich entschloss ich mich auch diesmal dagegen. Man konnte es auch übertreiben.
 

So. Der nächste Blick in den Spiegel: Perfekt. Geht doch alles. Ich konnte sogar elegant aussehen, wenn ich es nur wollte. Ganz zufrieden mit mir ging ich erst mal in den Aufenthaltsraum. Als ich eintrat fand ich ihn wie leergefegt vor, allerdings knallte sofort schon ein Schneeball ans Fenster. Ja sicher, es war schon Nachmittag und fast alle Schüler waren draußen. Ich ließ mich in einen Sessel fallen. Was sollte ich bloß tun?
 

Lange brauchte ich nicht überlegen, denn da fiel mir auch schon etwas ein. Ich nahm Zettel und Stift und malte schnell zwei Aushänge für eine Ersatzspielerin für unser Basketballteam auf. Daniela war immer noch außer Gefecht und wir brachten Dringend Ersatz. Bei der Arbeit kam mir auch gleich noch eine Idee. Ich würde gleich mal nach Bryan suchen, sicher hatte er Lust auf ein kleines Spiel. Wenn alle draußen bei einer Schneeballschlacht waren, würde die Halle bestimmt frei sein! Ja, das war wirklich genau das richtige. Endlich mal wieder eine Partie Basketball! Nicht das man vom ganzen Trainer Dasein noch den Bezug zum Spielen verlor!
 

Voller Vorfreude sprang ich auf. Einen Zettel befestigte ich am schwarzen Brett. Dann lief ich wieder hoch zum Ostturm, sprang in meine dicken, schwarzen Winterstiefel und zog mir schnell eine Jacke über. Zuletzt musste ich noch den Schlüssel für die Sporthalle einstecken. Draußen war es tatsächlich bitterkalt und der Schnee lag schon erstaunlich hoch. Ich musste mir den Weg hinüber zur Sporthalle richtig erkämpfen und fast wäre mir der Zettel auch noch weggeflogen. Es roch auch schon wieder nach neuem Schnee. Ich mochte diesen Geruch sehr gerne und sog die frische Winterluft tief ein.
 

An der Turnhalle angekommen musste ich feststellen, dass schon jemand darin war, denn das Licht brannte. Ich runzelte die Stirn. Für einen Sonntagmorgen mit Neuschnee sehr ungewöhnlich. Ich ging hinein und wollte gerade die Tür hinter mir schließen als ich jemanden rufen hörte.
 

"Hee! Halt! Bitte nicht zumachen, warte auf mich!" Schnelle Schritte näherten sich und als ich mich umdrehte, erblickte ich ein Mädchen das durch den Schnee so gut es ging auf mich zu rannte. Sie trug eine wollene Mütze unter der eine rote Lockenmähne hervorquoll, hatte ein schlankes, blasses, aber sehr hübsches Gesicht voller Sommersprossen und grüne Augen. Etwas atemlos kam sie mit geröteten Wangen bei mir an. Ich kannte sie nicht, schätzte sie aber so in die zehnte Klasse, vielleicht auch in die neunte.
 

"Danke." Sie lächelte mich an. Ich runzelte die Stirn etwas, was wollte die denn hier in der Sporthalle? "Ähm, bist du ganz sicher?-", fragte ich zögernd und deutete etwas unbeholfen in die Halle. "Ja natürlich!", antwortete mir der Lockenkopf und lief an mir vorbei durch die Tür.
 

Ich zuckte mit den Schultern und ging dann in die Trainerkabine um den Aushang zu befestigen. Dann hörte ich Stimmen aus der Halle. "Hey super gemacht, Champion!" Das war die Stimme des Mädchens gewesen. "Hm? Ach, hi! Melanie, was machst du denn hier?" Die andere Stimme war männlich. "Ich hatte Sehnsucht nach dir, mein Superheld..." Nein wie schmalzig.... "Na dann komm mal her, mein armer, kleiner Hase" Irgendwie kam mir die Stimme bekannt vor. Dann hörte man Gekicher und einen Ball, der ein paar Mal auf den Boden prallte und dann wegrollte.
 

Ich lugte vorsichtig in die Halle - und konnte im ersten Augenblick noch nicht recht glauben, was ich da sah. Es war Bryans Stimme gewesen! Er stand in seinem Bastekballdress unterm Korb, in inniger Umarmung mit dem rot gelockten Mädchen. Dann zog er ihren Kopf zu sich...Ich wandte mich schnell wieder ab. Ich wusste nicht wieso, aber der Anblick diese Szene hatte mir einen Stich versetzt. Nicht direkt ins Herz, aber irgendwo da ganz in der Nähe.
 

Ich hatte in Bryan immer nur den Freund gesehen. Immer nur den guten Kumpel, der mir mit seiner Flirterei vielleicht mal ein bisschen auf den Geist ging. Aber ich hatte nie darüber nachgedacht, dass er mir ja schlecht für immer und ewig hinterher rennen würde. Und jetzt hatte er eine Freundin. Ein Mädchen das er liebte, und welches seine Liebe auch erwiderte. Vielleicht ja schon länger und ich hatte es nur nicht gewusst. Mir kam der lächelnde Gesichtsausdruck des Mädchens in den Sinn, während ich ganz langsam wieder zurück zur Burg ging. Sie war wirklich hübsch. Und bestimmt sehr nett.
 

Mir war, als würde in ihrem Lächeln meine gute Laune untergehen. Langsam setzte ich einen Fuß vor den anderen und stierte nachdenklich in den weißen Schnee, der unter meinen Füßen knirschte. Ich merkte nicht einmal, dass mich ein Schneeball der "Chaos-Zwillinge" nur knapp verfehlte.
 

Ich merkte nur, dass irgendwas in mir gerade zerbrochen war. Ich fühlte mich eigenartig. Von der Euphorie nur ein paar Minuten vorher war nichts mehr übrig. Ich hatte das Gefühl, als ob ich nie wieder lachen könnte. Was ich auch in den darauf folgenden Stunden tat, das Gefühl verließ mich nicht. Es war, als würde ein monströses Nichts auf meinem Herzen liegen und mich innerlich zerfressen. Diese Gefühle nahmen mich gefangen und ich war verwirrt.
 

Irgendwann, vielleicht zwei lange Stunden später fand ich mich vor der Tür zur Bibliothek wieder. Aber die Faszination, die mich jedes Mal beschlich, wenn ich diesen Raum voller Gesichten und vergangener Zeit betrat, blieb diesmal aus. Es war mir vollkommen gleich. Langsam trugen mich meine Füße den Mittelgang entlang. Ich war ganz allein hier.
 

Ich lehnte an einem der großen Fenster und sah nach unten. Im Innenhof tollten Schüler aus allen Alterstufen herum und waren dabei, sich mit dem größten Vergnügen gegenseitig mit Schnee zu bewerfen. Ich sah in den Horizont hinaus. Der Himmel hatte sich verdunkelt und war nun von einem satten grau, das den nächsten Schnee ankündigte.
 

Als wären meine Gedanken gelesen worden, fing es sacht an zu schneien. Aber irgendwie interessierte mich das gar nicht mehr. Vor meinem geistigen Auge sah ich zwischen den Schneeflocken Bibo, der neben Tess durch den Schnee lief. Tess lachte, tollte kindisch durch die Gegend und auf Bibos Gesicht bildete sich bei diesem Anblick ein liebenswertes Lächeln. Als Tess dann seinen Blick auffing hörte sie plötzlich auf, lächelte ebenfalls und beide wurden rot. Bald würde ein Windstoß kommen, Tess würde frierend ihre Arme um ihren Körper schlingen und dann würde er seinen Arm um sie legen. Dann werden sie Arm in Arm durch die verschneite Winterlandschaft spazieren.
 

Dann tauchten zwei andere Gestalten am grauen Himmel auf. Bryan vollführte einen Ablauf geschmeidiger Bewegungen und versenkte locker und cool den Ball im Korb. Am Rand stand Melanie, das Mädchen mit den roten Locken und den Sommersprossen und jubelte ihm begeistert zu. Er breitete die Arme aus und sie sprang hinein. Er wirbelte sie ein paar Mal herum. Dann blieb er stehen, zog sie zu sich ran und hauchte ihr ins Ohr, dass er sie liebt.
 

Auch die beiden verschwanden wieder. Zurück blieb der graue Winterhimmel, aus dem die weißen Flocken schwebten. So klar und grau war er, der Himmel. Und unendlich weit, bis zum Horizont. Der Himmel blickte mich an und forderte es aus mir heraus. Ich fühlte mich schwach. Er blickte mich so intensiv und tief an, dass ich glaubte, in ihm verloren zu sein.
 

Ich löste einen meiner vor der Brust verschränkten Arme und legte meine Hand auf die Scheibe. Sie war kalt. Dann lehnte ich auch meinen Kopf dagegen. Ich konnte mein schwaches Spiegelbild erkennen. In meinen Augen spiegelte sich etwas, was vorher nie da gewesen war.
 

Oder... war es vielleicht doch da? Ja, ich glaube es war immer da, aber nie habe ich einen Gedanken daran verschwendet. Ich hatte sie nie gefühlt, die Einsamkeit. Das triste Alleinsein auf dieser Welt. Als ich dem endlosen Spiel meiner Augen die sich in der Scheibe spiegeln und der Scheibe die sich in meinen Augen spiegelt zusah, überkam es mich wie eine Flutwelle.
 

Das Gefühl, welches schon den ganzen Nachmittag auf mir lastete, es wurde immer schwerer. Das Nichts, was auf meinem Herzen lag, es drohte mir die Luft zu nehmen. Ich begriff, dass ich allein war. Ganz allein auf dieser Welt.
 

Bei dieser Erkenntnis verschwamm langsam alles vor meinen Augen, wurde der Kloß in meinem Hals immer größer. Irgendwann ertrug ich es nicht mehr und kniff meine Augen fest zusammen. Als ich sie wieder öffnete, perlten die dicken Tropfen der klaren, salzigen Flüssigkeit meine Wangen hinab.
 

Ich weinte. Ich hatte lange nicht mehr geweint. Ich hatte nie gern geweint. Und nie aus Angst oder Schwäche. Vielleicht mal aus Wut. Es war das erste Mal, seit ich denken konnte, dass ich wirklich weinte. Und aus welchem Grund? Ich hatte erkannt, dass es niemanden auf der Welt für mich gab. Ich stand hier. Und war bin ganz allein. Ganz allein.
 

"Tränen?"
 

Diese Stimme zerriss die Stille gleich einem Gewehrschuss und ich fuhr erschrocken herum. Da stand er. Die grauen Augen musterten mich ausdruckslos. Schnell wischte mit dem Ärmel übers Gesicht und blinzelte den letzten Rest der Tränen weg. Was wollte er hier? Wieso konnte er mich nicht einfach in Ruhe lassen? Er sollte gehen!
 

"Was willst du hier?", fragte ich ihn. Er antwortete nicht. Sah mich nur weiterhin an. "Geh, okay? Geh einfach! Verschwinde!" Lass ihn doch einfach auf mich hören, bitte...
 

"Ganz allein hier?" Allein. Dieses Wort berührte etwas in mir. Allein sein, das hieß niemanden zu haben. Es hieß, das Gefühl der Einsamkeit zu spüren. "Raphael. Bitte. GEH.", flehte ich schon fast. Ich wollte es verhindern. Wollte nicht, dass er mich hier so sah.
 

Die Tränen stiegen mir mit unaufhaltbarer Gewalt wieder in die Augen. Schnell drehte ich mich wieder weg. Etwas stieg in mir hoch. Ich legte die Hand vor den Mund um ein bitterliches Schluchzen zu unterdrücken. Ich sah nicht, wie er die Stirn runzelte. Sah nicht die erste Gefühlsregung in seinem Gesicht seit einer Ewigkeit.
 

Ich bebte unter den Krämpfen, die mir dieser Zustand brachte. Ich stand da, das Gesicht abgewandt, die Hand vor dem Mund und konnte einfach nichts dagegen tun. Aber ich sträubte mich dagegen. Mit aller Macht. Bei aller Ehre die ich besaß, es sollte aufhören! Und es wurde weniger. Ein bisschen schwächer.
 

War er nun endlich weg? Kaum merklich wandte ich mich etwas zur Seite. Ich stieß an einen Körper. Er stand direkt hinter mir. Dann drehte ich mich ganz um. Mit letzter Kraft verdrängte ich die Tränen. "Findest du das witzig?", brachte ich gebrochen hervor.
 

Ich nahm alles zusammen, was mir in diesem Moment zu Gute war. "Ich hab gesagt du sollst gehen! Warum gehst du dann nicht?! Lass mich! Lass mich in Ruhe! Du- Du gehst nicht weil es dir Spaß macht, nicht war?! Du-!" Ich konnte nicht mehr. Ich zitterte wieder am ganzen Leib und hatte so undenkliche Angst davor, wieder anfangen müssen zu weinen. Mit gläsernem Blick fixierte ich den Boden.
 

"Nein."
 

Dann spürte ich, wie er seine Hand unter mein Kinn legte. Er zwang mich, ihn anzusehen. Und dann traf mich wieder der Blick. Der Blick aus den klaren, grauen, endlosen Augen. Der Blick eines Winterhimmels, aus dem der Schnee fällt. Nur diesmal war er ganz anders. Ganz warm. Der Schnee würde noch am Himmel schmelzen...
 

Langsam wanderte seine Hand von meinem Kinn hoch zu meiner Wange. Er wischte über die Tränenspur. Wischte das salzige Nass einfach weg. "Hör schon auf..." Noch immer war sie so warm, seine Stimme. So leise, aber jedes Wort war so warm. Er stand einfach da und wischte sie weg, meine Tränen. Und die Berührung seiner starken Hände hinterließ ein angenehm prickelndes Gefühl auf meiner Haut. Es erinnerte mich daran, wie er in Berlin das Klavier gespielt hatte...
 

Irgendwo riss eine Mauer in mir ein. Irgendwo brach ein Damm. Ich zitterte noch stärker. Dann war die Berührung verschwunden. Ich traute mich einfach nicht, ihn anzusehen. Was sollte ich bloß tun? Dann legte er mir ganz sachte eine Hand auf die Schulter. Sie rutschte langsam darüber hinweg, über meinen Rücken.
 

Jetzt war mir alles egal. Ich warf mich gegen seine Brust und fing an, jämmerlich zu schluchzen. Er stieß mich nicht weg, er stand da, hielt mich fest. Seine andere Hand strich beruhigend über meinen goldblonden Haarschopf. Mein bitterliches Weinen war nicht mehr quälend. Es war befreiend. Es war befreiend dadurch, dass er da ist und mich festhielt. Ich war nicht allein.
 

Ganz langsam wurde es weniger. Der unaufhaltbare Schwall meiner Tränen klang langsam ab. Schließlich war es vorbei. Endlich vorbei. Ich hörte auf zu schluchzen, hörte auf, leise zu wimmern. Gleich würde er mich bestimmt loslassen. Schließlich hatte ich ja aufgehört zu weinen. Aber das wollte ich nicht. Irgendwie kam mit einem Mal sehr dumm vor.
 

Unsicher löste ich mich aus der Umarmung und ging einen Schritt nach hinten. Stille. Niemand von uns sagte ein Wort. Ich fühlte, dass ich mich bedanken wollte. Ich wollte ihm einfach sagen, wie sehr ich ihm dankte. Aber über meine trockenen Lippen kam kein Wort. Stattdessen musste ich heftig schniefen. Verdammt. Wie peinlich. Andererseits, konnte es denn noch peinlicher werden als ohnehin schon?!
 

"Taschentuch?" Ich sah hoch, er hielt mir ein blütenweißes Stück Stoff unter die Nase. Ich griff danach und schnäuzte mir die Nase. Nachdenklich stierte ich auf den Boden. Ich holte tief Luft, jetzt oder nie.
 

"Danke", sagte ich leise. Wie würde er jetzt wohl reagieren? Nun, er reagierte gar nicht. Auch eine Möglichkeit... Er stand neben mir und sah aus dem Fenster. Der Himmel war wieder etwas heller geworden, aber die Schneeflocken wirbelten noch immer munter umher.
 

Ich weiß nicht, wie lange wir so da standen. Es war vollkommen still. Zuerst folgte ich seinem Beispiel und ließ meinen Blick auf der weiten, verschneiten Landschaft ruhen, aber dann sah ich ihn an. Seinem Blick war nicht zu entnehmen, was er dachte. Es hätte mich ehrlich gesagt auch überrascht.
 

Schließlich riss er sich vom Fenster los und erwiderte meinen Blick. Dann wandte er sich um. "Ich denke, ich werde mal einen Spaziergang machen." Mit diesen Worten ging er auf die Tür zu. Überrumpelt, wie ich war, konnte ich nichts machen. Ich sah ihm einfach nach. Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Ich wusste nur, dass ich nicht wieder alleine sein wollte!
 

"Raphael?" Mein Herz klopfte. Er blieb stehen. Und drehte seinen Kopf zurück. "Darf- darf ich mit dir gehen?", fragte ich leise. Meine Stimme war heiser und ich wusste, dass in meinen Augen die Hoffnung abzusehen war.
 

Ich konnte seinem Blick wieder einmal nicht länger standhalten und senkte die Augen auf den Boden. Ich hörte Schritte und wie sich die Tür öffnete. Ich ließ den Kopf hängen. Es war einfach eine blöde Idee gewesen! Wie war ich überhaupt auf so einen Unsinn gekommen?!
 

"In fünf Minuten an der Linde, aber beeil dich!", und die Tür fiel ins Schloss. Ein paar Sekunden lang starrte ich auf die geschlossene Tür, bevor sich ein strahlendes Lächeln auf meine Lippen schlich. Ausnahmen bestätigen die Regel...Und es gab diese eine, diese beste Ausnahme von allen!
 

Ich sprang die Treppen zum Ostturm hoch. Oben angekommen stellte ich mich ans Waschbecken. Meine Augen waren vom vielen Weinen noch etwas gerötet. Ich schlug mir etwas kühles Wasser durchs Gesicht. Schon besser.
 

Dann ließ ich mich aufs Bett fallen. Während ich meine Stiefel zuschnürte und die Stulpen zurechtzog, wollte mir dieses selige Lächeln noch immer nicht abhanden kommen. So verzweifelt ich vor gerade noch gewesen war, so voller Wärme und Hoffnung war ich jetzt. Es war ein unbeschreibliches Gefühl.
 

Ich griff nach meinem dicken Schal und wickelte ihn fest um den Hals. Dann zog ich die schwarze, gefütterte Blazer-Jacke über, für "bessere Gelegenheiten", wie meine Mutter mir sagte. Sie war aus schwarzem Samt. Zum Schluss schnappte ich mir die Handschuhe und stellte mich vor den Spiegel.
 

Ich strahlte. Immer noch... Und ich fühlte mich in diesem Moment einfach nur... Ja, ich fühlte mich schön. Schön und glücklich. Ich warf einen Blick zum Fenster. Es schneite nicht mehr. Seltsam. Manchmal lagen Leid und Glück so nah beieinander. Wo wäre ich jetzt, wenn es ihn nicht gäbe? Wenn niemand gekommen wäre?
 

Ach du Schreck! Ich riss mich vom Anblick der verschneiten Landschaft draußen ab und machte mich auf den Weg. Ich stürzte die Treppen hinunter, rannte durch die Eingangshalle, stieß das schwere Portal auf und sah mich atemlos um.
 

Erleichtert atmete ich aus. Da stand er. Unter den kahlen Ästen der großen Linde, die nun unter der Last des Schnees fast zusammenbrachen. Sein Blick hing in der Ferne. Aber dann wandte er den Kopf und sah hoch zu mir. Zögernd hob ich die Hand etwas. Und dann ging ich die Stufen hinunter und rannte durch den weißen Schnee auf ihn zu.
 

Kleine Eiskristalle wirbelten in alle Richtungen davon. Mein erhitzter Atmen kondensierte an der eisigen Luft. Wieder atemlos blieb kam ich vor ihm zum Stehen. Ich lächelte ihn an. Er lächelte nicht zurück. Aber seine Augen waren noch immer so warm wie vorhin in der Bibliothek. Ich weiß nicht, ob er es bemerkte. Aber für mich war es das schönste, was ich je erlebt hatte. Ich würde diesen Moment mein ganzes Leben lang nicht vergessen. Wie wir im Schnee unter der Linde standen - und er mich mit seinen warmen, grauen Augen ansah...
 

Wir liefen los. Langsam, ohne Hast. Ich hatte jedes Zeitgefühl weit, weit weg verbannt. Es war ganz still. Es war wunderschön.
 

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So. Fertig. Ich hatte diese Story schon von Anfang an als ,ersten Kontakt' geplant. Und als ich mal wieder eine Blockade hatte, hab ich mal wieder an anderen Szenen überlegt, die später noch kommen. Dabei sind mir zu diesem Kapitel noch so einige sehr gute Einfälle gekommen und die musste ich sofort auf Papier bringen. Ich hab dieses Kapitel zwischen dem 4. und 5. geschrieben. Und es ging mir auch relativ einfach von der Hand.
 

Den Schluss habe ich aber dann, vor der eigentlichen Veröffentlichung noch einmal umgeschrieben. Jetzt ist er besser. Es ist nicht perfekt, aber mir gefällt es. Ich weiß nicht, ob man Romys Gefühle nachvollziehen kann. Ich kann sie nicht erklären, aber es war von vorneherein klar, dass auch ein Mensch wie Romy eine Schwache Stelle hat. Auch wenn sie bis jetzt nichts davon wusste.
 

Die Gefühle von unserem Herrn Mondstein sind natürlich noch abstrakter. Wollte er Romy nicht gerade im letzten Kapitel noch dahinmeucheln? Ich weiß auch nicht, was ihn zu seinem Handeln bewegt hat. Vielleicht verrät er es uns noch?
 

Naja.. Ach ja und was diese detaillierte Beschreibung des Aussehens angeht: Ich wollte einfach mal beschreiben, wie Romy aussieht, wenn sie sich hübsch macht. Außerdem ist das mein Lieblingsoutfit für sie und ich wollte unbedingt dass sie das bei dem ersten Date trägt *eg*
 

Und nun natürlich noch, VIELEN, vielen lieben Dank für eure Kommentare. Hab mich so gefreut *sniff* Ihr seid die besten!! (Ganz große Danksagung an: Deedochan, searose, Ming-Ling, Pep, capricious, Inulein, Gummibaerchen88, aqualight, Tasumi und Sedio !!!)
 

Hierzu wollte ich noch anmerken, dass ich auch dafür dankbar war, wenn einige ihre ehrliche Meinung zu der Qualität des Chaps geäußert haben. Und natürlich habe ich mich gefreut, wenn es trotz der Tatsache, dass es ein Lückenfüller ist, gefallen hat!

Spuren im Schnee (Teil I)

Hm, bringt es was, euch zu versichern, dass es mir so unendlich Leid tut, für diese unmenschlich lange Wartezeit? Nein? Hab ich mir gedacht...
 

Der Falkenclan
 

Kapitel 10 - Spuren im Schnee (Teil I)
 

Frankreich 1873
 

Der erste richtige Schnee in diesem Jahr war über Nacht gefallen. Eigentlich viel zu früh. Aber schon der Sommer war zu kurz und kalt geraten und hatte sich zum Schluss in ein Regiment aus Sturm und Regengüssen verwandelt. Da kam auch dieser frühe Wintereinbruch nicht mehr überraschend.
 

Ein paar kleine Kinder tobten draußen auf dem kleinen Dorfplatz freudestrahlend im Schnee herum. Was für die Erwachsenen eine zusätzliche Last und für die Bauern eine schiere Katastrophe bedeutete, das war für sie einfach nur ein Geschenk des Himmels und eine riesige Freude. Zu lange hatte der heftige Regen sie in den Häusern eingesperrt. Da kümmerte es sie gar nicht, wenn sich ihre Lippen nach Stunden draußen in der Kälte schon leicht blau verfärbten.
 

In diesem Moment krachte ein Schneeball an die Schaufensterscheibe eines kleinen Bücherladens und zwar so heftig, dass das Glas anfing zu vibrieren. Einen Moment lang standen die Kinder starr vor Schreck. Aber das Glück war ihnen hold, es schien gerade niemand im Laden zu sein, der das kleine Missgeschick bemerken konnte.
 

Sie täuschten sich. Tatsächlich war der Besitzer des Ladens, ein gewisser Monsieur Marceau gerade hinten im Wohnbereich seines Hauses, aber sein Sohn saß auf einem kleinen ungemütlich aussehenden Hocker zwischen zwei Bücherregalen und las ein Buch. Als der Schneeball das Glas traf, fuhr er so sehr zusammen, dass ihm das Buch aus den Händen rutschte. Es landete mit dem ausgestreckten Buchrücken nach oben auf dem staubigen Boden. "Jules Verne - Le tour du monde en quatre-vingts jours"(*) hieß es auf dem noch sehr neu aussehenden, ledernen Einband.
 

Leise fluchend hob der junge Mann das Buch vom Boden auf und überprüfte, ob die Seiten im Innern Knicke oder sonstige Schäden aufwiesen. Das fehlte gerade noch. Das Buch war gerade neu erschienen, jetzt hatte er so lange drauf gewartet, dass es mit einer der Bestellungen für den Laden ankam und dann passte er nicht richtig darauf auf. Sein Vater würde rasend werden vor Wut. Es beschädigtes Buch konnte er nicht mehr verkaufen. Sowieso - wer mit Büchern nicht umging wie mit einem Neugeborenen, der war in den Augen seines Vaters ein Verräter an die Kunst der Buchbinder und Autoren.
 

Kaufen würde sein Vater es auch nicht, dafür war es viel zu teuer. Hinzu kam noch die Tatsache, dass Monsieur Marceau, den in den letzten Jahren durch seine Spannenden Romane bekannt gewordenen Jules Verne mit der gleichen Hingabe verabscheute, mit der sein Sohn ihn abgöttisch verehrte. Er hatte das Buch nur bestellt, weil es sicherlich ein weiterer Erfolg des Autors werden, und sich gut verkaufen würde.
 

Liebevoll strich der siebzehnjährige Raphael Marceau, Sohn des Buchhändlers Jean Piere Marceau, der das schwarze Haar seines Vaters geerbt hatte über den Buchrücken. Schon jetzt wusste er, dass auch der neue Roman des Monsieurs Verne eine faszinierende, großartige Geschichte war. Obwohl es schon Mittag war und er bereits seit dem Morgen hier saß und in dem Buch las wusste er noch immer nicht, welches Land die Hauptperson des Buches, der englische Gentleman Phileas Fogg als erstes auf seiner Reise um die Welt aufsuchen würde. Er platzte zwar fast vor Ungeduld und Neugier, aber er zwang sich trotzdem das Buch langsam zu lesen.
 

Einmal, weil er das Buch genießen wollte, aber der wichtigere Grund war, dass er sich jede Seite, jede Zeile, jedes Wort genau einprägen wollte. Denn er durfte das Buch nur so lange halten und lesen, bis es verkauft würde. Wie es bei allen anderen Abenteuerromanen des Jules Verne auch war. Bis auf eine Ausnahme.
 

Es war jetzt drei Jahre her, da im Buchladen eines Nachts ein Feuer ausgebrochen war. Raphael, damals vierzehn Jahre alt, hatte seinem Vater und seiner Mutter zuerst geholfen, die vielen wertvollen Bücher zu bergen, als er plötzlich bemerkt hatte, dass sich das Feuer auch einen Weg in das Wohnhaus gebahnt hatte. Als nächstes fiel ihm auf, dass seine kleine Schwester Joelle, die noch ihre Jacke hatte holen wollen immer noch nicht zurück war.
 

Der Junge dachte nicht mehr nach, sondern rannte einfach geradewegs in das Flammenmeer hinein. Nach einiger Zeit hörte er das erstickte Wimmern, welches vom Prasseln des Feuers fast übertönt wurde. Er wusste bis heute nicht genau, wie er es in jener Nacht geschafft hatte, aber Raphael gelang es irgendwie mitsamt seiner Schwester aus dem brennenden Haus zu entkommen.
 

Sein Vater, der seinem Sohn ein Leben lang nicht mit mehr als Härte und Strenge begegnet war, war so froh über die Rettung seiner kleinen Tochter, die sein ein und alles war, dass er Raphael die originale Ausgabe des damals neusten Roman von Jules Verne schenkte. "Vingt mille lieues sous les mers"(**) in zwei Bänden. Sie waren Raphaels größter Schatz. Es war sein absolutes Lieblingswerk des Verne, die unendliche Tiefe der Meere übte eine nie zuvor gefühlte Faszination auf ihn aus.
 

Ein Jahr später starb Joelle. Eine Lungenkrankheit. Sie litt furchtbar in ihren letzten Wochen. Nach ihrem Tod wurde sein Vater noch verschlossener und härter als vorher. Selbst seine Mutter konnte nicht mehr zu ihm vordringen. Raphael las jeden Abend ein paar Seiten. Egal wie müde und erschöpft er war, egal wann er am nächsten Morgen aufzustehen hatte. Und er ging vorsichtig mit ihnen um, sie sahen noch so aus wie an dem Tag, an dem er sie bekommen hatte. Sein Vater wäre stolz auf ihn. Wenn er sich überhaupt noch für ihn interessieren würde.
 

Auch wenn er mittlerweile jede Seite auswendig konnte; der Roman war sein größter Schatz, nicht zuletzt deshalb, weil er die einzige Verbindung zu einer Zeit war, in der er seinem Vater etwas bedeutet hatte.
 

Mit einer Hand spielte er nervös mit dem kurzen Pferdeschwanz herum, zu dem er seine glatten, schulterlangen Haare gebunden hatte. Mit der anderen blätterte er nach der Seite, auf der er zuletzt gewesen war. Endlich hatte er sie gefunden. Gerade war er dabei zu erfahren, dass die Reise Mr. Fogg und seinen Diener Passepartout zuerst nach Ägypten führen sollte, da schallte die Stimme seiner Mutter aus der Küche.
 

"Raphael? Raphael! Es ist Besuch für dich gekommen!"
 

Seufzend legte er das Buch aus den Händen. Behutsam stellte er es zurück in das Regal. Dicht gedrängt zwischen den anderen Büchern stand es da und sah aus, als hätte es schon ewig an genau dieser Stelle verharrt. Etwas wehmütig lächelte er.
 

Aber er würde ja hier auf ihn warten. Sein neuer, geliehener Schatz. Man konnte Raphael Marceau beim besten Willen nicht als naiv bezeichnen, trotzdem konnte er in diesem Augenblick auch nicht ansatzweise erahnen, dass er den größten aller Romane von Jules Verne nie zuende lesen sollte.
 

Nochmals hörte er seine Mutter rufen. "Raphael? Bist du da? Hast du gehört?" Er richtete sich auf. "Ja, Mutter! Ich komme!"
 

In der Küche war Madame Marceau gerade dabei einen duftenden Brotlaib aus der Backröhre zu holen, und stattdessen einen noch rohen Apfelkuchen hinein zu schieben. Als er eintrat drehte sie sich zu ihm um und sagte lächelnd: "Sieh nur Schatz, wer uns besuchen kommt!"
 

Mit dem Rücken zur Hintertür, die auf den Hof hinausführte, stand dort ein Mädchen. Sie mochte vielleicht ein Jahr jünger sein als Raphael. Lange, rotbraune Haare flossen ihr in Locken über die Schultern, die braun-grünen Augen funkelten. Ein Schwanenhals, eine gerade Nase mit feinen Sommersprossen - sie war zweifellos eine Schönheit geworden und im ersten Augenblick hatte er Mühe, sie wieder zu erkennen.
 

Aber als sie ihn lächelnd mit "Guten Tag, Raphael" begrüßte, wusste er, wer vor ihm stand. Er lächelte zurück. "Cecile! Das muss ja schon Jahre her sein!" "In Wirklichkeit waren's knapp zweieinhalb Monate. Auf dem Sommerfest, weißt du nicht mehr?"
 

Sie hatte Recht. Das Sommerfest hatte am wirklich letzten schönen Tag des Sommers stattgefunden. Sie hatten sich dort kurz gesehen. Er hatte sie aber dort nicht weiter beachtet, weil er sich zuvor wieder einmal fürchterlich mit seinem Vater gestritten hatte.
 

"Kind. Was führt dich her? Oder wolltest du uns einfach so mal wieder besuchen? Der Kuchen ist allerdings noch nicht fertig, du hast ja gesehen, dass ich ihn gerade erst in die Röhre geschoben habe." Das war Madame Marceau. Cecile die bis zu diesem Augenblick immer noch mehr oder weniger verlegen zu Raphael gesehen hatte, was diesen übrigens ziemlich verwirrte, lächelte nun fast erleichtert. "Ich bin auf Marie-Antoinette hergekommen. Sie brauchte dringend wieder mal einen gescheiten Ausritt nach diesem scheußlichen Wetter - ich übrigens auch! Und mein Vater schickte mich her, um das hier abzugeben."
 

Cecile zog ein altes Buch mit verschlissenem Umschlag aus dem Mantel. "Das ist unsere Familienbibel. Ein paar Seiten haben sich gelöst und Vater meinte, dass sollte am besten von einem Fachmann wieder gerichtet werden. Er lässt fragen, ob Monsieur Marceau vielleicht Zeit dafür hätte."
 

Raphaels Mutter nickte. "Da bin ich mir sicher. Sag, Cecile, willst du nicht noch etwas hier bleiben? Du könntest dann nachher noch etwas heißes hier trinken und den Kuchen probieren. Mein Mann wird die Bibel bis dahin gewiss ausgebessert haben. Dann brauchst du den weiten Weg nicht ein zweites Mal zu kommen."
 

"Oh, das wäre wunderbar, vielen Dank!" "Dann vertreibt euch die Zeit ihr beiden. Ihr werdet euch viel zu erzählen haben, so selten wie ihr euch jetzt nur noch seht!" und damit wandte sich Raphaels Mutter wieder ihrer Arbeit zu.
 

"Wo hast du Marie-Antoinette gelassen?", fragte Raphael. "Ich habe sie hinten im Hof angebunden. Meinst du, ich könnte ihr noch einen Eimer Wasser geben, sie wird bestimmt durstig sein." "Aber auf jeden Fall!"
 

Der junge Mann legte sich einen Schal um den Hals und warf seinen Wintermantel über. Dann folgte er Cecile nach draußen. Er ging rüber zu dem kleinen Nebengebäude das als Pferdestall und Geräteschuppen genutzt wurde um einen Eimer zu holen. Da fiel sein Blick auf etwas, dass im Halbdunkeln der Scheune stand und ihm kam eine Idee.
 

Nachdem sie die Stute getränkt hatten erzählte er Cecile davon. "Sag mal, was hälst du davon, wenn wir ihren Gatten vor den Pferdeschlitten spannen und einen kleinen Ausflug machen bis der Kuchen fertig ist?", fragte er und klopfte Marie-Antoinette auf den schlanken Hals.
 

"Ludwig?", fragte Cecile lachend. "Das ist ein wunderbarer Einfall! Das ihr ihn immer noch habt! Die Felder habt ihr doch schon lange verkauft, oder?" "Ja, nach dem Feuer damals um die Reparaturen zu bezahlen. Aber mein Vater hat es nicht übers Herz gebracht Ludwig wegzugeben. Wir haben ihn schon so lange...."
 

"Weißt du noch, als unsere Väter die Pferde kauften? Meiner die feurige Vollblutstute als Reitpferd und deiner den schwerfälligen Kaltblüter für die Arbeit auf dem Feld. Wir dachten damals die beiden würden doch so außergewöhnlich gut zusammenpassen!"
 

"...und nannten sie nach einem französischen Königspaar, weil wir das Thema gerade im Geschichtsunterricht behandelten, ja", ergänzte Raphael lachend.
 

Einige Zeit später zog der schwerfällige Ludwig den kleinen Pferdeschlitten über verschneite Felder außerhalb des Dorfes. Da der Schlitten keinen großen Innenraum mit Sitzplätzen hatte, saß Cecile vorne neben Raphael auf dem Bock und sah zu wie das Pferd geduldig durch die weiße Landschaft trabte.
 

Außerdem Schnauben des Pferdes und dem schleifenden Geräusch, das die Kufen auf dem Schnee verursachten war die Umgebung in vollkommene Stille getaucht. Raphael hatte nichts dagegen, still neben ihr zu sitzen, ganz im Gegenteil. Er liebte die vollkommene Ruhe im Einklang mit der Natur. Und wenn er sie mit einem lieben Menschen teilen konnte - umso besser.
 

Trotzdem hatte er das Gefühl, irgendetwas sagen zu müssen. Als Kinder hatten sie schließlich fast jeden Tag zusammen gesessen und auch später, bis zu der Zeit als Cecile mit ihrer Familie weggezogen war, hatten sie sich oft gesehen. Anscheinend hatte sie sich gefreut, ihn wieder zu sehen... kurzum - irgendetwas musste er ja jetzt wohl sagen.
 

Er warf ihr einen Seitenblick zu und sagte einfach das erstbeste, was ihm in den Sinn kam: "Du hast dich ganz schön verändert..." Sie grinste. "Nett, dass du das auch mal bemerkst. Dachtest du, ich bleibe auf ewig die süße Kleine mit einem runden Gesicht voller Sommersprossen?"
 

"Ich - nein! Aber du... Ich hab dich eben lange nicht gesehen", antwortete er und setzte hinzu: "Jedenfalls nicht richtig bewusst". Dann sah er sie noch einmal an und grinste. "Aber du kannst so erwachsen und hübsch werden wie du willst: Die Sommersprossen auf deiner Nase wirst du nicht los!"
 

War sie bei den Worten "erwachsen und hübsch" schon im Begriff gewesen, leicht zu erröten, wandte sie nun wütend das Gesicht ab und rieb mit dem Handrücken über ihre Nase, als könne sie feinen Sommersprossen mit einer Bewegung wegwischen. "Ach Mensch...", klagte sie unglücklich.
 

Raphael lächelte. "So war das nicht gemeint. Sie machen dich in keiner Weise unattraktiver. Sie gehören einfach zu dir. Und du bist eine wunderschöne junge Mademoiselle, da beißt keine Maus einen Faden ab. Du kannst stolz darauf sein.", beschwichtigte er seine alte Freundin.
 

Das Mädchen mit den roten Haaren sah auf. Raphael sah ein verzaubertes Glänzen, welches sich in ihren Augen widerspiegelte. Sie strahlte ihn an. So hell wie die Nachmittagsonne, die in diesem Moment durch die Wolkendecke brach und auf den weißen Schnee fiel. Sie ließ die verschneite Landschaft glitzern wie einen endlosen Kristallpalast.
 

Etwas verwirrt lächelte Raphael leicht zurück. Dann fiel ihm etwas ein. "Ach - ich hab dich auf dem Sommerfest mit Joseph Sandoz tanzen sehen. Ich habe gehört, er ist dein Freund. Ein wirklich netter Kerl, ich muss die wirklich gratulieren. Ihr passt toll zusammen!"
 

Und das stimmt im wahrsten Sinne des Wortes. Mochte man Cecile als begehrtes junges Mädchen im Umkreis bezeichnen, so war Joseph gewiss das passende Gegenstück. Er war ein sehr gut aussehender junger Mann, ein Jahr älter als Raphael, der Sohn des Hufschmieds und hatte einen netten und unkomplizierten Charakter.
 

Raphael richtete seinen Blick wieder auf Ludwig und bemerkte nicht, wie Cecile neben ihm den Kopf hängen ließ. Dann vernahm er ihre leise Stimme. "Raphael, könntest du kurz halten?", bat sie ihn, "Ich möchte eben aussteigen".
 

Er tat wie ihm geheißen und hielt das alte Pferd langsam an. Schließlich kam der Schlitten zum Stehen. Raphael sprang leichtfüßig vom Bock und landete mit einem dumpfen Geräusch mit den Füßen im Schnee. Er sank fast bis zu den Knöcheln ein. Dann ging er um den Schlitten herum und reichte Cecile die Hand, um ihr zum Bock hinunter zu helfen. Er wollte nicht, dass sie sich mit ihrem langen, dicken Winterrock verhedderte und womöglich noch mit der Nase im Schnee landete.
 

Sie kam ebenfalls auf dem weichen, weißen Untergrund zum Stehen und ging geradewegs ein paar Schritte an ihm vorbei. Mitten auf der weitläufigen Wiese, auf der sie sich gerade befanden blieb sie stehen. Neugierig folgte Raphael ihr.
 

Sie neigte den Kopf, schloss die Augen und legte ihn dann langsam wieder in den Nacken. Sie atmete tief durch, öffnete schließlich die Augen wieder und starrte in den grauen Himmel hinauf. Er wollte sie gerade fragen, was sie da tat, da kam sie ihm zuvor. "Schließ die Augen".
 

Halb verwundert, halb argwöhnisch zog Raphael eine Augenbraue hoch. Er starrte auf ihren Rücken und fragte sich, was zum Teufel sie damit bezwecken wollte. Als sie sich aber nicht umdrehte um Weiteres zu erklären seufzte er und schloss die Augen.
 

Wie lange er so stand wusste er nicht. Er wartete und wartete und begann mit seinen Fußspitzen in den dicken Winterstiefeln herumzuwackeln, damit sie nicht steif wurden. Schließlich vernahm er mit gespitzten Ohren, dass sie sich umgedreht hatte. Das Knacken ihrer Schritte im Schnee und das Schleifen ihres langen Rockes verrieten ihm, dass sie auf ihn zukam.
 

Sie musste, so schätzte er, jetzt direkt vor ihm stehen. Und noch immer hatte er keine Ahnung, worauf dies alles hinauslaufen sollte. Plötzlich verspürte er ein eigenartiges Gefühl. Er wollte gerade die Augen wieder öffnen, da war alles was er noch spüren konnte, ihr warmer Atem der nah - viel zu nah an seinem Gesicht entlangstrich. Dann spürte er weiche Lippen, die sich sanft auf seine eigenen drückten.
 

Erschrocken riss Raphael die Augen auf. Cecile löste sich von ihm, nur um einen Wimpernschlag später mit zitternder Hand über seine Wange zu streichen. In ihren Augen standen Tränen. "Du hast nichts verstanden, nicht wahr? Nein, gar nichts hast du verstanden..."
 

Fassungslos starrte er sie an. Nein, sie hatte vollkommen Recht. Er verstand nichts, aber auch wirklich gar nichts in diesem Moment! Die zierliche Person aber, war schon dabei ihm seine Fragen zu beantworten. Sie schlang die Arme um seinen Rücken und drückte sich fest an seine Brust.
 

Erstickt schluchzte sie auf. "Ich liebe dich Raphael! Dich! Dich! Nur dich! Dich ganz allein! Und sonst niemanden. Du bist für mich der wichtigste Mensch auf der Welt!!! Ich würde alles tun, ich würde sterben für dich! Warum kannst das denn nicht verstehen..." Ihre Stimme wurde schwächer. Kraftlos krallte sie sich in seinem Mantel fest.
 

In Raphaels Ohren rauschte es. Er stand einfach da und konnte sich nicht rühren. Er konnte es schlichtweg nicht begreifen. Sie war Cecile. Sie was seine alte Freundin Cecile, die er kannte, seit er sich selbst kannte. Sie war das hübscheste Mädchen im ganzen Umkreis. Es gab nahezu keinen Jungen, der sie nicht gerne eingeladen hatte. Warum dann gerade er? Warum gerade er?
 

Er war ihr alter Freund aus Kindertagen, ein guter Freund, aber - Liebe? Das war doch absurd! Wie konnte sie ihn lieben? Wie konnte sie auf die Idee kommen, dass er sie lieben würde? Raphael hatte viel über die Liebe gehört und gelesen. Er war zwar noch nie richtig verliebt gewesen und wusste nicht, was die Liebe wirklich war, aber er wusste, was sie nicht war.
 

Und das hier, das war sie nicht. Das konnte sie einfach nicht sein. Mit dieser Erkenntnis nahm er Cecile sanft aber bestimmt an den Oberarmen und schob sie von sich weg. Er wandte sich wieder dem Schlitten zu. "Komm, steig auf. Ich bringe dich wieder zurück."
 

Es waren die letzten Worte, die für lange Zeit in der Luft hingen. Auf dem Bock versuchte Raphael, sich nur auf das Pferd und die Lenkung des Schlittens zu konzentrieren. Er schenkte der Landschaft keinerlei Beachtung mehr, suchte einfach nur den kürzesten Weg zurück nach Haus.
 

Cecile verneinte die Frage nach einem Stück Kuchen und nahm nur still und leise die restauriere Familienbibel an sich. Verwirrt sah Madame Marceau zwischen ihrem Sohn und dem jungen Mädchen hin und her.
 

Cecile ging mit schnellen Schritten auf ihr Pferd zu, dass Raphael hielt und schwang sich in den Sattel. Er sah sie ein letztes Mal an. "Es tut mir leid", sagte er leise, mit einer Stimme, die nicht zu ihm zu gehören schien.
 

Ein trauriges Lächeln huschte über ihr Gesicht. "Leb wohl, Raphael..." Sie wendete die Stute und ritt davon. Das Klappern der Hufe im Galopp wurde durch den Schnee gedämpft und war bald nicht mehr zu hören.
 

Er sah ihr nach. Lange, nachdem sie verschwunden war. Er wusste, dass ihre Freundschaft zerbrochen war. Und das sich in seinem Leben dadurch etwas ändern würde. Aber das an diesem Tag noch soviel mehr zerbrechen würde als eine Freundschaft und dass sich an diesem Tag sein ganzes Leben ändern würde, dass wusste er nicht...
 

°°°
 

"RAPHAEL?!"
 

Er schrak zusammen. Kopfschüttelnd sah ich ihn an. Wo der nur mit seinen Gedanken war... Jetzt sah er mich an. Dann wieder das Buch in seiner Hand. Und im nächsten Augenblick ließ er es mit einem wütenden blick zurück auf die restlichen Bücher fallen. Dann drehte er sich um, und stapfte davon.
 

Verwundert sah ich ihm nach. Dann schenkte ich dem alten Mann an dem Stand mit den vielen alten Büchern ein entschuldigendes Lächeln. Nachsichtig lächelte der zurück. Ich nahm das Buch in die Hand, auf das Raphael so lange Zeit wie in Trance gestarrt hatte und betrachtete es neugierig. "Jules Verne - Le tour du monde en quatre-vingts jours" stand auf dem alten Einband. Ich klappte es auf. Uwrgh! Schnell klappte ich es wieder zu und legte es zurück. In feinstem, fließendem Französisch geschrieben, ne, nichts für mich! Da würde ich wahrscheinlich noch Alpträume von bekommen!
 

Ich wandte mich von dem kleinen Stand auf dem Weihnachtsmarkt ab und folgte Raphael. Weiß der Geier, was dem wieder für eine Laus über die Leber gelaufen war!
 

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* "Le tour du monde en quatre-vingts jours" = "In 80 Tagen um die Welt", erfolgreichster Roman von Jules Verne (franz. Sciencefiction Schriftsteller, 1828-1905), Erstausgabe erschienen im Jahre 1873
 

** "Vingt mille lieues sous les mers" = "20.000 Meilen unter den Meeren", Roman von Jules Verne (s. oben), Erstausgabe erschienen im Jahre 1870
 

Irgendwie bin ich tierisch gemein, ich weiß. Da wartet und wartet (und wartet in diesem Fall) man darauf, dass die Story weitergeht und dann kommt irgend so ein komisches dazwischen geschobenes Chapter. In diesem Fall gibt es sogar noch einen zweiten Teil dazu, es sei mir verziehen. Aber der ganze Schmarrn passte beim besten Willen nicht in ein Chap. Schon allein diese Passage ist ungefähr dreimal so lang ausgefallen, wie ich gedacht hatte ô.o
 

Gott, wo ich mir gerade eure ganzen Namen zur Danksagung rausschreibe und eure Kommies noch mal alle lese, komme ich mir immer schäbiger vor T.T
 

Ihr wart alle so furchtbar doll lieb und habt soooo tolle und oft auch ausführliche Feedbacks zum letzten Chap gegeben und was mache ich? Ich lasse mir fast 5 (!) Monate Zeit mit dem Update. Oh Gott, oh Gott, oh Gott.
 

Ein riesen großes Dankeschön an:

Deedochan, aqualight, capricious, Sedio, Tasumi, Shadowgirl, Ming-Ling, Mirumy, Pitri-chan, Azaya, Gummybaerchen88, Inulein, LaChouchoute, Cathleen, Moonwolve und an Ran09 & yumata die das 10 Chap als Anlass genommen haben, mir den ersten Kommentar zu schreiben.
 

Ich liebe euch alle <3 Und vielen, vielen Dank!!! Und ich hoffe ihr könnt mir noch mal irgendwie verzeihen und bestraft mich nicht mit "der-schreibe-ich-keine-Kommentare-mehr" ...
 

Lg, eure Renako



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Von: abgemeldet
2009-04-13T13:31:42+00:00 13.04.2009 15:31
omg ich liebe dein FF jetzt schon ^^ ist echt super ^.^

glg Mei-Linn
Von: abgemeldet
2006-08-24T11:43:49+00:00 24.08.2006 13:43
Schon wieder ich =)
Oh komm schon SCHREIB SCHREIB SCHREIB SCHREIB
ich werde ansonsten einen Terror vernstalten ;)
mfg
Von: abgemeldet
2006-08-23T18:20:17+00:00 23.08.2006 20:20
Also echt!! Ich stimme Divinity voll und ganz zu! Jetzt warten wir schon alle sooo lange! Schreib doch bitte bitte endich mal weiter. Deine FF ist der totale Wahnsinn. Großartig! Ich hab noch nicht viele so tolle FFs gelesen wie deine. Es wäre echt schade wenn du nicht mehr weiter schreiben würdest. Also tu deinen treuen lesern doch einen Gefallen und SCHREIB!! ;)
Von:  Divinity
2006-08-21T20:40:31+00:00 21.08.2006 22:40
Also nun hab ich mich hier nur deinetwegen angemeldet um dir zu sagen das, das was du hier mit uns allesn veranstalltest echt SCH**** ist! Du hast echt Talent und die Story ist echt der totale Wahnsin. Wieso schreibst du nur nicht weiter? Ich meine an zu wenig Motivation kann es dir ja wohl kaum fehlen, denn es gibt hier bereits eine Menge an ungeduldigen Lesern die auch hin und weg von deiner Geschichte sind und auch sehnlichst darauf warten das es weiter geht. Mach doch endlich weiter oder gib wenigstens OFFIZIELL an das die Geschichte auf Eis liegt oder Komplett weg fällt. Dann wissen wenigstens alle woran sie sind und schauen nicht ständig sehnsüchtig nach ob du endlich von den Toten auferstanden bis. So...das wollte ich einfach mal loswerden und ich hoffe du liest das und denkst vieleicht auch mal über meine Worte nach. Es ist nicht böse gemeint, nicht das du mich jetzt falsch verstehst. Ich ziehe echt den Hut davor was du geschaffen hast und fände es einfach nur unheimlich schade wenn das jetzt alles für die Katz war. Also denk mal darüber nach. Bis denn dann!

LG
Divinity
Von: abgemeldet
2006-06-12T17:43:19+00:00 12.06.2006 19:43
wieder nihcts neues... buu das ist ja zum Haare raufen =(
Von: abgemeldet
2006-05-10T20:51:32+00:00 10.05.2006 22:51
Das bin wieder ich ^^
Aaaalso.. ich schaue jeden Tag nach ob du was reingepostet hast.. und muss ich mich von neuen immer wieder enttäuschen. Du hast mich mit deiner Geschichte soo süchtig gemacht.. echt -.-
Darkimpression hat volkommen recht.. wenn du das nicht freiwillig machen willst, dann zwingen wir dich dazu ;)
Naa.. Spaß bei Seite ..
Aber das wäre ur, ur , ur fies wenn du uns nioch lange warten lässt.

bussal deine _Chiyo
Von:  Asketenherz
2006-05-09T14:01:21+00:00 09.05.2006 16:01
Es schockt mich zu sehen, dass du schon Ewigkeiten nichts mehr on geladen hast. Du trägst das Schicksal der Welt in deinen Händen! Ist dir das denn nicht klar? Nun, zumindest meins. Oder noch genauer meinem Glauben an das gute in Autoren, die so geile Geschichten schreiben und plötzlich Abstinenzler werden. Das kannst du uns nicht antun! Nicht nach einer so komplexen und wundervollen Geschichte mit Abmurcks-Raphaels und Hyperaktiv-Romys. Ich habe nun endlich mal gelesen, denn die Geschichte ist mir vor längerem schon aufgefallen und nun stelle ich fest, dass es nicht weiter geht! *ist fassungslos*
BITTE MACH DAS NICHT!!! Nimm Tastatur und Word wieder in die Hand und rette die Menschheit samt armer Leser!

Schreib! *hält dir ne Knarre an den Kopf*

SCHREIB schreib, schreib.

Das wars, Grüße Darkimpression.

p.s. (I.) Oh ach so, das letzte Kap hat mir gut gefallen, hab fast vergessen das du ja eigentlich Amateurschriftstellerin bist. (* kann kein größeres Lob aufbringen *)
>.< XD

p.s. (II)

Nun fang schon an zu schreiben!
Von: abgemeldet
2006-05-06T20:05:55+00:00 06.05.2006 22:05
Hallo ^^
Ich will dich zuerst ein mal WARNEN: du hast gerade womöglich einen Fehler begangen --> du hast diese ff geschrieben und somit hast du einen Fan wie mich für immer und ewig gewonnen..
Manno ich liebe deinen Schreibstil und die Genre der Geschichte... Du gestaltest das vollkommen spannend
Übrigens ich finde die Chara von Romy total süß und niedlich
halt war das eine gute Idee mit dies Chara.. nicht immer wieder das selbe Schema ^^
Ich flehe dich an schreib schnell weiter , wie du bereits erwähnt hast es war totaaaal fies von dir gerade jetzt einen Flashback zu machen und überhaupt aufzuhören.. ehh bitte, bitte schreibe so schnell du kannst.

Uhhh ich hoffe ich habe jetzt nicht zu viel geschrieben -.-
Für immer und ewig, dein neuer Fan
_Chiyo
Von: abgemeldet
2005-05-10T13:38:26+00:00 10.05.2005 15:38
you are back !!! yehy holt den Champanger ^-------^
*anflausch* schreib weiter ^--^
ciao , ne
blackblade
Von: abgemeldet
2005-05-06T17:32:35+00:00 06.05.2005 19:32
yaahhh... endlich!!!
hat mir wirklich gut gefallen, hoffe du schreibst schnell weiter!!
lg Ran 09


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