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Harlekin

von

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Harlekin
 

Ihre Augen folgten dem roten Luftballon, der der Hand eines Kindes entglitten war, jetzt über den Rummel schwebte und schließlich zu einem kleinen, bunten Punkt am Horizont wurde, der verschwand. Ein leise Rascheln von Tüll neben ihr ließ sie zusammenfahren. Das weiß geschminktes Gesicht eines Harlekins blickte sie sanft lächelnd an, aber nach wenigen Augenblicken und ohne etwas zu sagen zog sich der Clown einige Schritte zurück und blieb dann wieder stehen. Stille Erwartung lag in seinen Augen. Verwirrt folgte sie ihm zögerlich, was ihm wieder ein Lächeln aus Gesicht zauberte. Er streckte ihr die von weißem Stoff umhüllte Hand entgegen, die sie fast willenlos ergriff. Sanft zog er sie mit sich, führte sie durch die schmalen Durchgänge zwischen den einzelnen Buden - scheinbar planlos, aber sie konnte ihre Hand seinem Griff nicht entziehen, bis er endlich vor einem der Häuser stehen blieb und sie losließ. "Was... was ist das hier?" Ihre eigene Stimme klang in ihren Ohren höher als sonst, schrill - fehl am Platz. Der Harlekin lächelte wieder nur, machte eine linkische Verbeugung und deutete gleichzeitig mit der rechten Hand auf das Schild über der Tür, auf dem in verschnörkelter Schrift 'Spiegelkabinett' stand. Dann machte er einige gezierte Schritte, öffnete die Tür und winkte sie hinein. Ein leichter Widerwille hatte sie erfasst, aber nicht stark genug um den Bann zu durchbrechen. Ihre Beine bewegten sich wie von selbst auf ihn zu und einige Schritte weiter stand sie im Inneren. Schummriges Licht, hundertfach gebrochen, von den verzierten, mannshohen Spiegeln des Ganges. Fasziniert wagte sie sich weiter nach vorne, der Laut, mit dem die Tür zu fiel drang kaum zu ihr. Das glitzernde Glas zog sie immer mehr in seinen Bann. Überall ihre eigene Gestalt, umrandet von Lichtern und dazwischen immer wieder das weiße Gesicht des Harlekins, der ihr folgte, sie langsam überholte und tiefer ins Innere des Kabinetts führte, bis zu einem goldenen, reich verzierten, venizianischem Spiegel, der sie magisch anzog. Wieder dieses Lächeln, die Handbewegung und dann zog er sich in den Schatten zurück. Mit großen Augen trat sie vor den Spiegel und blickte sich selbst an. Es war anders als sonst... Ihre Fingerspitzen berührten die kalte Glasfläche...

Ein gellender, ungehörter Schrei hallte durch das Kabinett. Dunkles Blut spritze auf die glatte Oberfläche des Spiegels, lief dann langsam nach unten und wurde auf dem Boden zu einer großen Pfütze. Der Harlekin trat auf den Spiegel zu und wischte mit betrübtem Blick das Blut ab. Dunkle Flecken blieben auf dem weißen Handschuh zurück.

Lächelnd schloss er die Tür und bewegte sich dann leichtfüssig von dem Kabinett - die rechte Hand zur Faust geballt - fort. Auf der Mitte des Platzes blieb er dann stehen, blickte seine Faust interessiert an, drehte sie so, dass er seine Finger sah und öffnete sie dann langsam. Kleine Flügel schlugen gegen die Handinnenfläche und hoben den bunten Schmetterling dann nach oben, in die Freiheit. Der Harlekin blickte ihm nach, bis er nur noch ein kleiner, schwarzer Punkt war. Zurück blieben nur die blütendweißen Handschuhe und ein lächelnder Clown mit weiß geschminktem Gesicht.
 

Fin



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Kommentare zu diesem Kapitel (8)

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Von:  Lady_Shanaee
2017-11-23T16:40:09+00:00 23.11.2017 17:40
Wow, der Harlekin, der sich die Opfer ins dunkle Spiegelkabinett lockt, um dann die Seelen (Schmetterlinge) aus den menschlichen Körpern in die Freiheit zu entlassen... Aber... ein Harllekin ist kein Clown. Er ist etwas anderes, nämlich tragisch. Ein Harlekin ist ein trauriger Clown, selbst wenn er lächelt.

Stilistisch könnte die Geschichte ein paar Absätze und etwas mehr Stimmung vertragen, aber ansonsten ist sie wundervoll geschrieben.
Von:  Rodo
2004-11-05T15:22:41+00:00 05.11.2004 16:22
Also, erst mal war da glaub ich irgendwo ein einziger kleiner Fehler, du hast glaub ich "aus Gesicht" statt "aufs Gesicht" geschrieben. Aber so was lässt sich ja korrigieren.

Um ganz ehrlich zu sein, das Thema kommt mir ziemlich bekannt vor jedenfalls von den Bildern her (ist in etwa das, woran ich bei "Abgrund" gedacht habe), und da ich sowas ja selber in meinem Kopf habe gefällt es mir natürlich, überhaupt kann man "Harlekin" als ästhetisch bezeichnen.

Aber: Mir geht es wie Senshi. Das Problem ist einfach, dass sich einem die Symbolik nicht so wirklich erschließt. Es wird einfach nicht klar, was der Clown jetzt mit dem Spiegel und dem Schmetterling zu tun hat und das ist trotz der Ästhetik etwas störend.
Von: abgemeldet
2004-10-26T16:50:37+00:00 26.10.2004 18:50
öhm ... @.@
wenn ich diese Story verstehen würd ...
könnt ich dir wohl mehr dazu sagen ^^°
aber der Stil ist super ...
genau wie die Idee!
(Auch wenn ich hier und da ein paar Kommas vermisst hab ^^)
*aber nicht kleinlich sein will*

Senshi-akuma
Von: abgemeldet
2004-06-23T18:58:30+00:00 23.06.2004 20:58
Die Geschichte gefällt mir sehr gut! Ich liebe Horrorstorys mit Clowns...auch wenn ich immer noch Angst vor Clowns habe... tja...Sehr schön geschrieben, man kann sich alles sehr gut vorstellen!
Von: abgemeldet
2004-06-11T06:08:58+00:00 11.06.2004 08:08
Da du auch bei dem WB mitmachst, dachte ich mir, ich guck einfach mal rein. ^^
Und ich bin echt beindruckt!!
Wow!!
Das Ende...
Die Story ist echt klasse!
Von: abgemeldet
2004-04-12T19:00:59+00:00 12.04.2004 21:00
schönes veröffentlichungsdatum xD

tolle geschichte ^^ kann man nix meckern
Von: abgemeldet
2004-04-04T22:09:39+00:00 05.04.2004 00:09
So etz komm ich^^ lachz.
Is wiedereinmal der Beweiß für deinen absolut unvergleichbaren still. Ich liebe diese story *wussel*
Doch wirklich super. Blut und alles passt. ich bin glücklich.^^
umknuff
Von:  Navaki
2004-03-07T19:00:25+00:00 07.03.2004 20:00
Danke fürs hochladen! ^^
Wie gesagt ich liebe diese Geschichte und werd mein bestes geben um sie so gut wie möglich in bildlicher Form rüberzubringen! *smile*

Navaki


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