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Ein mal eins

von

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((36*6+84)/50) Wurzel 1

Aramis erwachte schlagartig aus der klebrigen Süße ihrer Träume, mit tauben Lippen und einem äußerst ekligen Geschmack im Mund. Eine Haarsträhne hing in ihrem Mund. Ihre Hand war eingeschlafen, weil sie unter ihrem Körper gelegen hatte und das Korsette stach unangenehm in ihre Hüfte.

Der Wein hatte seine Nebenwirkungen hinterlassen. Aramis erwachte mit der typischen Desorientierung einer durchzechten Nacht. Sie verschätzte sich in der Breite ihrer Schlafstätte, rollte sich zur Seite und fiel polternd zu Boden. Ab hier wusste sie ziemlich schnell wieder, wo sie sich befand.

"Was ist denn passiert?" Durch den Krach aus seinem viel zu kurzen Schlaf gerissen erschien Athos am Türrahmen. Bei seiner Frage erschrak Aramis und torkelte zurück. Seine Worte waren entschieden zu laut für ihre Ohren und den hämmernden Schmerz in ihrem Schädel. Wimmernd hielt sie sich den Kopf.

"Mhm", stöhnte sie.

Athos tastete sich durch den noch dunklen Raum und öffnete die Fensterläden. Helles Sonnenlicht flutete sein Wohnzimmer. Die Strahlen streichelten warm und sanft sein Gesicht. Aramis indes schlug sich die Hand vor die Augen. Das gleißende Licht brannte unangenehm in ihren Lidern.

"Mhm."

"Ist alles in Ordnung?" Fragend betrachtete Athos seine Besucherin. Das Kleid war zerknittert, ihr Gesicht nicht zu sehen, dass blonde Haar stand zu allen Seiten ab und trotze der Gravitation.

"Mhm."

"Du siehst furchtbar aus!"

"Mhm.".

"Geht es dir gut?"

"Mhm."

"Alles klar!" Athos zog die Fensterläden wieder bis auf einen lichtspendenden Spalt zusammen, damit sie die Hand von den Augen nehmen konnte. Dunkle Schatten lagen unter ihren Augenlidern. Das Muster des Polsters hatte seine Abdrücke auf ihrer Wange hinterlassen. Sie sah, wenn man es genau nahm, genauso aus, wie sie sich fühlte. "Danke!" nuschelte sie undeutlich. Es fiel ihr unglaublich schwer, mit ihrem trockenen Mund zu sprechen.

"Du siehst wirklich furchtbar aus", sagte Athos, während er ihr ein Glas Wasser reichte. "Wie nach einer durchzechten Nacht mit Porthos."

"Ich fühle mich schlimmer."

"Wie geht es deinem Magen?" Dieser meldete sich in diesem Augenblick zu Wort. Er hatte nur auf sein Stichwort gewartet. Das leere Loch in ihrem Magen zog sich lautstark zusammen und verlangte nach Nahrung.

"Er hat keinen Sinn für Anstand", kommentierte Aramis trocken. "Er schreit nach Essen. Ich werde mich gleich auf den Weg nach Hause... oh nein." Sie stöhnte laut auf, als ihr Blick auf das Fenster fiel und verzog das Gesicht zu stummem Wehklagen. "Nein! Ich kann nicht nach Hause gehen, nicht in diesem Aufzug. Es ist heller Tag." Anklagend wies eine alles andere als glücklich aussehende Aramis auf das Fenster. "Ich komme nie ungesehen nach Hause. Nicht bei meinen Nachbarn. Wie erkläre ich, dass ich hereingehe, aber nicht mehr herauskomme?" jammerte sie und sah Athos an. In ihren Augen brannte ein beunruhigendes Feuer.

"Oh, nein!"

"Du musst!"

"ICH habe mich nicht verkleidet und gebe vor jemand anderes zu sein, als ich es bin!" erwiderte Athos unnachgiebig.

"Ich nehme es mir notfalls mit Gewalt!"

"Oh nein, das tust du nicht!"

"Ich tue alles, um meine Identität zu wahren!" Er sah in ihren Augen, dass sie es bitter ernst meinte. Kam es zum Kampf würde er siegen, aber unter Verlusten. Mit einem resignierten Seufzer gab sich Athos geschlagen. "Ich gebe dir etwas von mir zum Anziehen und etwas zu Essen kannst du auch von mir bekommen. Du schuldest mir ohnehin noch eine Erklärung!"

Sein unfreiwilliger Gast zog eine Augenbraue hoch. "Etwas zum Anziehen könnte dir auch nicht schaden." Der leibhaftige Adonis stand noch immer halbnackt mit einer lose um die Taille liegenden Unterhose im Zimmer. Mit seinem anbetungswürdigen Körper stand er breitbeinig in der Zimmermitte und zeigte nicht die geringste Befangenheit. Aramis fühlte sich mit ihrem zerknautschten Kleid weitaus entblößter als er. "Stört dich das?" fragte er provozierend.

"Nein", sagte sie und starrte ihn genüsslich an. Er starrte zurück, verlagerte unbehaglich das Gewicht von einem Bein auf das andere und floh vor dem fordernden Blick in den tiefblauen Augen.

Zufrieden grinsend blieb Aramis zurück. Sie versuchte ihr Kleid zu glätten, an verschiedenen Stellen zu zupfen und zurecht zu rücken. Mit den Fingern fuhr sie sich durch das Haar, blieb hängen und ließ das sinnlose Unterfangen, ihr Erscheinungsbild ordnen zu wollen. Athos kam wieder zum Vorschein. Er war nun angekleidet und hielt auch Hemd und Hose für sie in der Hand. "Ich hole uns Essen. Im Schlafzimmer findest du Wasserkrug, Kamm und Minzeblätter", sagte er, während er seinem Gast das Wäschebündel zuwarf und in Richtung Küche davon schritt.

Minzeblätter? Aramis zuckte gleichmütig die Schultern, hob die Handfläche, blies ihren Atem in die hohle Hand und taumelte zurück. Minzeblätter!!!
 

Wenig später saßen sich beide am Tisch gegenüber. Wäre ein Bekannter zu ihnen gestoßen, hätte er in ihrer Erscheinung keinen Unterscheid zu sonst festgestellt. Ungewöhnlich schweigsamen vielleicht, aber können nicht gerade gute Freunde miteinander schweigen? Dieses Schweigen war allerdings geprägt durch Nervosität und Unbehagen. Der Freund von dem sich Aramis am meisten Verständnis und Anerkennung erhoffte, bereitete ihr die größten Schwierigkeiten. Was merkwürdig, fast lächerlich, aber eigentlich nur menschlich war, war, dass Athos vergessen hatte, weswegen ihm Aramis wahre Identität sauer aufstieß. War es gekränkter Stolz? Athos gehörte nicht zu den Männern, die ihre ,unantastbare Ehre' als Banner mit sich herumtrugen.

Beide saßen sich nun gegenüber. Helles Sonnenlicht erhellte den Raum und von der vergangen Nacht zeugten nur noch die dunklen Augenringe. Aramis steckte wieder in Männerkleidung und fühlte sich weitaus wohler, als noch vor wenigen Augenblicken.

Es war für Athos faszinierend, dass eine Frau nahezu seine Größe hatte und ohne Probleme mit der Länge seiner Kleidung zurechtkam. Er bemerkte, wie ihn sein Gegenüber lauernd beobachtete. Da er sie kannte, wusste er, dass ihr Körper bis zur letzten Sehne angespannt war, als wartete sie darauf reflexartig aufzuspringen und zu fliehen. Er hatte alles aufgetafelt, was seine Küche hergab.

Vorsichtig streckte Aramis die Hand aus, brach sich ein kleines Stück Brot ab und zwang sich zu kleinen Bissen, die sie langsam kaute.

Athos lächelte. "Du musst dich jetzt nicht manierlicher benehmen, nur weil ich weiß, wer du bist."

Sie hielt inne, musterte ihn misstrauisch und griff schneller zu. Die Bissen wurden größer und sie schlang das Essen fast hinunter. "Ich habe seit zwei Tagen nichts mehr gegessen", gestand sie mit vollem Mund. Ihre Körperanspannung ließ merklich nach. "Zum Glück habe ich heute keinen Dienst." Bei den letzten Worten hätte sie sich ohrfeigen können. Unsicher sah sie Athos an. Wie würde es sein, weiterhin gemeinsam mit Athos bei den Musketieren zu dienen? Würde Athos es zulassen oder war sie gezwungen die Musketiere zu verlassen?

Er schien aus ihrem Blick zu lesen. "Keine Angst! Ich habe dir doch versichert, dass ich dein Geheimnis für mich behalte", erwiderte er zwischen zwei Brotbissen.

"Ja, aber wirst du mich bei den Musketieren weiterhin akzeptieren? ... Ich habe es mir hart erkämpft", fügte sie hinzu, als lange Zeit keine Antwort erfolgte. "Sehr hart!"

"Ich erkenne an, was du leistest", erwiderte er ruhig, wie es seiner üblichen Art entsprach. "Gott weiß, was du dir erkämpfen musstest. Aber wer bist du nun, Aramis?"

Der letzte Bissen blieb Aramis im Hals stecken. Mühevoll schluckte sie ihn hinunter und legte den Brotkanten beiseite. Würde er ihre Gründe verstehen? Konnte er nachvollziehen, warum sie von zu Hause fliehen musste? Warum Rache für sie der einzige Ausweg zu sein schien?

"Was ich getan habe, habe ich weder getan, um jemanden böswillig zu täuschen oder zu betrügen, wie du es auszudrücken pflegtest, noch um Schaden anzurichten."

Er neigte nachdenklich den Kopf. "Gut, die Verteidigung hat die Verhandlung eröffnet und weiter?"

"Und weiter ... diese Verkleidung ist der Preis für meine Freiheit und ... meine Rache." Die letzten Worte sprach sie ganz leise.

"Deine Rache?"

Ihre Stimme wurde wieder fester. "Ja, Rache!" Aramis straffte ihre Schultern und begann zu erzählen, wie sie es vor gar nicht allzu langer Zeit auf der Festung auf Belle-Isls-en-Mer zu D'Artagnan getan hatte.
 

Athos schwieg lange. Aramis erinnerte sich, sich bei D'Artagnan weitaus wohler gefühlt zu haben. Warum war es so kompliziert geworden? Weil die Zeitspanne ihrer Freundschaft weiter reichte und tiefer war, oder weil ihre Beziehung zu Athos schon immer komplexer als zu den anderen zu sein schien?

"Muss ich jetzt jeden Abend drei Ave Maria sprechen?" witzelte sie, hielt aber den Mund, als sie seinen ärgerlichen Blick bemerkte. "Warum ist es so ein großes Problem für dich, Athos? Ich bin immer noch derselbe Mensch. Habe dieselben Eigenschaften, dieselben Fähigkeiten, dieselben Schwächen. Wenn du gewillt bist, dann braucht sich nichts zwischen uns zu ändern." Aramis holte tief Luft und begann nervös das Brotstückchen in ihrer Hand zu zerkleinern. "Und ihr unterschätzt uns. Es gibt viel mehr Frauen wie mich, als ihr wahrhaben wollt. Schon Shakespeare hat seinen Heldinnen Männerkleidung angezogen."

"Schon einmal etwas von Geschlechtertrennung gehört?"

"Schon einmal einen Tritt in den Hintern bekommen?" Beide grinsten.

"Du musst mir schon Zeit geben, deine Geschichte zu verdauen!" wandte Athos ein. "Was ist eigentlich mit Celinè?"

"Nichts. Sie ist der böse Zwilling und ich bin der Gute", fügte sie trotzig hinzu.

"Ihr mögt euch nicht besonders?"

"Doch", verbesserte ihn Aramis. "Wir lieben uns. Irgendwann kratze ich ihr die Augen aus." Wieder lächelten sich beide im stillen Einvernehmen an. Die Spannung der letzten Stunden war zurückgewichen.

"Hast du noch Hunger, Aramis?" Sie nickte.
 

Es war eigentlich ein ganz normaler Tag in Paris. Während die Sonne über den Horizont wanderte, wurde das Frühstück zum Mittagbrot. Puzzleteile fügten sich zusammen und ein Teil der Last der Lügen fiel von Aramis ab. Das Leben draußen ging weiter seinen gewohnten Gang. Sorgen brauchen sich beide eigentlich nicht zu machen. Was ihnen zu diesem Zeitpunkt als ausgeschlossen erscheint, erfüllt sich wenig später doch. Der Alltag würde beide schneller wieder einholen, als sie es für möglich hielten und in ihren Umgang miteinander wieder eine Natürlichkeit hineinbringen, die ihnen jetzt als unmöglich erschien. Der Alptraum dieses Abends würde verblassen, verletzte Gefühle wieder heilen und die Empörung weichen, - vor dem, was sie sechs Jahre lang miteinander verband. Denn schließlich waren nicht ihre körperlichen Merkmale miteinander befreundet, sondern ihre Wesen. Aber ob sie je mehr verband als Freundschaft, blieb entweder Aramis Wunschdenken oder Teil einer neuen Fanfiction.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  Kajuschka
2004-03-25T10:34:15+00:00 25.03.2004 11:34
Oh, ein neues Kapitel und noch das Ende des Fanfics...
Also genau genommen kann ich mich den anderen nur anschließen. Ein sehr schönes Ende, dass nach einer Fortsetzung aussieht oder nicht? ^^
Mach' auf jeden fall weiter so!
Von:  fastcaranbethrem
2004-03-24T11:30:55+00:00 24.03.2004 12:30
allen ein herzliches Danke für ihre kommentare.
zu euren fragen, eigentlich, theoretisch, ungefähr, wahrscheinlich ... sollten die überschriften ausgerechnet, die einzelnen Kapitelnummern ergeben
Von: abgemeldet
2004-03-24T09:31:35+00:00 24.03.2004 10:31
Na Hello,
also das Ende stellt mich voll zufrieden, man kann ja nicht immer zusammenkommen und so bleibt es unseren Köpfen überlassen, wie das Ende denn wirklich aussehen könnte :o)
Und außerdem muss ich mich Tach noch anschließen, denn wie um Gottes Willen sind dir nur diese Überschriften eingefallen? Das bleibt wohl auch ein Geheimnis, dass du nicht so schnell verraten wirst, oder?
LG und bis denne
Krisi
Von:  Tach
2004-03-23T17:29:31+00:00 23.03.2004 18:29
*lol* Na ganz tolles Ende XD. Das heißt jetz wir dürfen uns selbst ausdenken oder du nimmst es uns iiiiirgendwann mal ab...aber ich will wissen, was mit Celine wird! Und ich will, dass sie sich inn Arsch beisst, weil sie was verpasst hat! Da muss wohl noch ne Fortsetzung her hähä >:] Aber im großen und ganzen bin ich doch ganz zufrieden mit dem Verlauf dieses Zoffs ^^

Eine Frage hätte ich aber noch: Ergeben diese Überschriften irgendeinen Sinn? ich frag nur, weil ich im Leben nich auf die Idee kommen würde, es nachzurechnen...^^


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