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Crescendo der Schönheit

13. Wenn Geigen klingen
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Ich beziehe mich bei der Darstellung der Charaktere auf die Spiele, Pokémon Masters EX und Interpretationen von Fans sowie eigenen Vorstellungen (der Haupt-Anime mit Ash wird komplett ignoriert). ♥ Komplett anzeigen

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Ich bin nicht sonderlich gut

Es gab Zeiten in denen es Flordelis bedauerlicherweise schwerfiel die Schönheit der Welt nicht aus den Augen zu verlieren. Heute war einer dieser Tage.

Zunächst wirkte der Morgen recht einladend. Das Wetter war gut und die Vogel-Pokémon sangen im Einklang miteinander ein fröhliches Lied, um die warme Frühlingssonne willkommen zu heißen. Dennoch begann dieser Montag bereits mit viel zu vielen schlechten Nachrichten in den Medien, wie so oft. Zahlreiche Berichte über Narren, die es wagten mit ihrem Egoismus oder gar schlicht aus Spaß das Leben von anderen zu ruinieren. Von Menschen und Pokémon gleichermaßen.

Auch auf Flordelis sollte noch einiges an Ärger zukommen.

Etwas später erfuhr er in seinem Büro von einigen ernsthaften Problemen mit Geschäftspartnern, deren Absichten in Wahrheit seine wertvolle, harte Arbeit vergiften wollten, indem man sie hinter seinem Rücken für schändliche Zwecke zu missbrauchen gedachte. Natürlich trennte Flordelis sich unverzüglich von ihnen, gefolgt von nervenaufreibenden Stunden, in denen er versuchte den Schaden, den diese Verräter bereits angerichtet hatten, bestmöglich zu beheben. Zudem war einer seiner Zulieferer auch nicht so sauber, wie es von außen erschien, und, als wäre das alles nicht schon schlimm genug, hatten einige seiner Angestellten wertvolle Materialien entwendet, weil sie diese teuer weiterverkaufen wollten.

Was für ein überaus frustrierender Start in die Woche.

Nach all den Jahren besaß Flordelis durchaus eine solide Menschenkenntnis und doch gelang es einigen raffinierten Leuten noch ihn zu täuschen. Das ärgerte ihn. Maßlos. Warum gab es so viele, deren Ziel es war ihn zu sabotieren? Konnten diese abscheulichen Gestalten sich nicht einfach gegenseitig vernichten? Alles, was Flordelis wollte, war die Welt zu verbessern. Etwas zu geben und somit die Schönheit zu bewahren.

Was taten die anderen? Sie konnten nur nehmen. Immerzu nehmen und nehmen.

Je älter er wurde, desto mehr hielt er sich selbst für einen Narren, der verzweifelt etwas Unmögliches schaffen wollte.

Inzwischen war ihm bewusst, wie verseucht diese Welt schon längst war. Viel war von dieser Schönheit nicht mehr übrig. Wahrscheinlich hatten seine Erfindungen eher die hässlichen Schatten gestärkt, deren Klauen über allem lauerten, statt etwas Gutes zu bewirken. Wozu bemühte er sich überhaupt noch? Vielleicht sollte er einfach aufgeben und aufhören Zeit, Geld, sowie Energie für etwas zu verschwenden, das schon verloren war.

Seufzend rieb Flordelis sich mit Zeigefinger und Daumen über die Augen. Seine Gedanken waren wieder mal dabei sich zu verselbstständigen. Aus diesem Grund hatte er sein Büro auch früher als gewöhnlich verlassen, beinahe fluchtartig, obwohl es noch einiges zu regeln gäbe, und ließ sich soeben von seinem Chauffeur mit dem Wagen zum südöstlichen Tor von Illumina City fahren. Bevor ihn dieser ganze Ärger endgültig wahnsinnig machte, wollte er lieber der Einladung eines Freundes folgen. Genauer gesagt einer Einladung von Platan.

In der Mittagspause hatte dieser ihn spontan über den Holo-Log kontaktiert … und musste sich prompt von Flordelis eine ellenlange Tirade darüber anhören, wie sehr er Menschen verachtete, die nur nahmen und dadurch der Welt schadeten. Normalerweise war sonst stets Platan derjenige, der in einen Redefluss verfiel, diesmal war dieser jedoch kaum zu Wort gekommen. Am Ende hatte er trotzdem herzlich gelächelt und ihn nach der Arbeit zu einem Treffen eingeladen.

Um ihn auf andere Gedanken zu bringen, so lauteten Platans Worte.

Etwas Ablenkung täte Flordelis vielleicht wirklich gut, auch wenn es nichts an der Tatsache änderte, dass die Schönheit der Welt ausstarb. Mehr und mehr. In einem besorgniserregend rasanten Tempo. Möglicherweise war sie schon tot und hatte nur einige wenige Spuren zurückgelassen, welche bald gänzlich verblasst sein dürften.

… Bedeutete das, Platan, einer der wenigen guten Menschen und somit eine kostbare Rarität, würde auch eines Tages seinen Glanz verlieren?

Diesen Gedanken konnte er nicht weiter vertiefen, da sein Chauffeur den Wagen anhielt und ihn darauf hinwies, dass sie angekommen seien. Angespannt bedankte Flordelis sich knapp bei ihm und stieg aus. Anschließend strebte er zügig auf das Tor zu, Richtung Route 4, dem Parterre-Weg. Dort wollte Platan sich nachmittags mit ihm treffen, am Brunnen. Vermutlich weil er hoffte der Anblick der kunstvoll gestalteten Gärten könnten Flordelis ablenken und wieder von der Schönheit der Welt überzeugen. Oder gar von davon, wie viele fleißige Menschen es in Wahrheit gäbe, die auf ihre individuelle Weise etwas beitrugen.

Beispielsweise diese Gärten, welche zu beiden Seiten den Weg zierten und deren Anordnung perfekt miteinander harmonierte.

Da Flordelis zu früh am Treffpunkt ankommen würde, könnte er diesen – nett gemeinten – Plan vorab austesten, auch wenn er den erfolglosen Ausgang dieses Ausfluges schon vorhersehen konnte. Auf die Weise wäre es ihm zumindest möglich Platan direkt darauf hinzuweisen, dass sie ihre Zeit besser sinnvoll nutzen und in seinem Bistro etwas trinken gehen sollten, sobald er ebenfalls ankäme.

Stirnrunzelnd ließ Flordelis den Blick schweifen, während er dem Weg Richtung Süden folgte, um den Brunnen zu erreichen. Das Grün der Gräser und Hecken war irgendwie blass und trist, genau wie die Blumenwiesen. Keinerlei Ausstrahlung, alles wirkte seltsam leblos auf ihn. Anscheinend lag es aber nicht nur an ihm, denn es war nicht mal ein einziges Flabébé zu sehen und die bewohnten diese Route für gewöhnlich sehr zahlreich. Andere wilde Pokémon konnte er auch nicht entdecken.

Als er am Vorplatz in der Mitte der Route angekommen war, betrachtete Flordelis den imposanten Brunnen, der dort stand, eingehend. Zwei Statuen von Seepern schossen jeweils links und rechts einen Wasserstrahl in die Luft, an dem sich das Sonnenlicht brach. Die Nachbildung eines Perlus thronte auf einer Fontäne. Sicher hätte Platan das Funkeln und Glitzern des Wassers sowie den kleinen Regenbogen als magisch bezeichnet.

Flordelis … fühlte aber gerade überhaupt nichts bei diesem Anblick.

Angeblich war dies ein beliebter Treffpunkt für Verliebte, demnach erfüllte der Brunnen zwar einen Zweck, doch in seinen Augen erschien es ihm einzig wie eine Verschwendung von wertvollen Ressourcen. Und das frustrierte ihn nur noch mehr.

Schnaubend verschränkte er die Arme, wandte sich von dem Brunnen ab und schloss die Augen. Ob er Platan schreiben und ihn bitten sollte ihn stattdessen direkt im Bistro zu treffen, statt hier auf ihn zu warten? Nein, er wollte ihn nicht vor den Kopf stoßen und ihm zumindest seinen guten Willen zeigen. Daher beschloss er geduldig zu warten und bemühte sich darum nicht in seinem düsteren Gedankenlabyrinth verlorenzugehen. An diesem Tag kam ihm das aber fast unmöglich vor.

Wenn es wenigstens eine halbwegs interessante Ablenkung gäbe …

Wie auf Stichwort drang plötzlich etwas an seine Ohren. Leise, wie ein zartes, flüchtiges Klingeln eines Windspiels, an dem nur ein schwacher Atemhauch vorbei zog. Deshalb war er schon davon überzeugt, sich das nur eingebildet zu haben, aber als er sich darauf konzentrierte, nahm er es noch etwas deutlicher wahr. Melodische Töne, deren Klang etwas tief in seinem Inneren ansprach. Fast als würden sie ihn zu sich rufen.

Langsam öffnete Flordelis die Augen wieder und sah sich aufmerksam um. Außer ihm waren nur eine Hand voll anderer Leute hier. Manchmal warfen sie ihm einen neugierigen Blick zu, immerhin war er ein sehr bekanntes Gesicht in Kalos – das bald für einige negative Schlagzeilen sorgen dürfte, nach diesem grauenvollen Arbeitstag –, kümmerten sich ansonsten jedoch um ihre eigenen Angelegenheiten. Ein Skater zog zusammen mit seinem Pokémon, einem Zigzachs, seine Bahnen. Zwei junge Frauen unterhielten sich angeregt miteinander. Auf einer der Treppenstufen, die zum Vorplatz hinunter führten, saß ein älterer Mann mit seinem Morlord, und beide starrten nur zufrieden lächelnd vor sich hin.

Offensichtlich verursachte niemand von ihnen diese Töne und sie schienen sie auch nicht zu hören. Nicht mal die anwesenden Pokémon, auch wenn es daran liegen könnte, dass Zigzachs und Morlord abgelenkt waren. Aber Flordelis hörte sie weiterhin und wie von selbst setzte er sich in Bewegung, um herauszufinden woher sie kamen. Ihm blieb ohnehin noch etwas Zeit, bevor Platan am Treffpunkt erscheinen dürfte.

Also ließ er sich von seinem Gehör leiten, was erstaunlich gut funktionierte. Langsam wurden die anziehenden Tonabfolgen ein bisschen lauter, lockten ihn vom Weg nach Osten, bis an den äußersten Rand des sorgfältig gepflegten Gartens. Dort fand er eine Lücke zwischen den ordentlich aufgereihten Büschen, mit denen man die Route von der Wildnis abtrennen wollte, und wagte sich weiter vorwärts, ohne darüber nachzudenken.

Irgendwann erkannte er, dass es sich bei diesen melodischen Tönen um ein Lied handeln musste. Jemand machte Musik. In der Wildnis. Etwas daran war merkwürdig und doch faszinierte es ihn seltsamerweise viel zu sehr. Deswegen ging Flordelis entschlossen weiter, wobei sein Schritttempo sich mehr und mehr erhöhte.

Bald erreichte er einen Hain, in den ein Weg bestehend aus Blumen und wild wuchernden Gräsern hinein führte. Inzwischen lag das Lied überall in der Luft, kam einer Umarmung gleich, und strich sanft die schwere Last aus Frustration hinfort. Stattdessen breitete sich ein heilsames Gefühl der Schwerelosigkeit in seinem Herzen aus, wie er es noch nie zuvor gespürt hatte.

Was für eine melancholische und zugleich unbeschwerte Melodie das war. Ein Klang dessen Reinheit nach seinem Herzen griff. Trotz einiger schiefer Töne, die sich hin und wieder dazwischen mischten. Und doch brachten sie das Lied kein einziges Mal ins Wanken, was es umso berührender machte.

Die Neugier war inzwischen immens hoch, während Flordelis vorsichtig den Hain betrat, darauf bedacht nicht zu viele Blumen zu zertreten. Wer war für diese Musik verantwortlich? Nur wenige Sekunden später bekam er seine Antwort auf diese Frage:

Es war Platan.

Platan, der mitten in diesem verträumten Hain in der unberührten Natur zwischen all den Blumen stand, mit geschlossenen Augen sowie einem warmen Lächeln auf den Lippen, und Geige spielte. Die Art, wie er den Bogen über die Saiten gleiten ließ, war der Inbegriff von Eleganz. Flordelis hatte nicht gewusst, dass sein Freund dieses Instrument beherrschte.

Zahlreiche Flabébés und einige Floettes schwebten tanzend um Platan herum, vollführten eine elegante Choreografie, die perfekt zu der gespielten Melodie passte. Auch einige Ledybas und Wadribies lauschten gebannt dem Klang der Geige, während sie gemütlich auf den Blumen lagen wie auf einem weichen Bett. Eine kleine Gruppe aus Enecos saß auf einem Felsen, sie wiegten im Takt ihre Köpfe hin und her. Knospis lugten zwischen den Blumen und Gräsern hervor und summten leise mit.

Hier waren all die Pokémon vom Parterre-Weg also, friedlich vereint. Sie wollten Platans Geigenspiel zuhören und genossen es sichtlich. Kein Wunder, er strahlte geradezu von innen heraus, heller als das goldene Sonnenlicht, welches ihn umhüllte. Prismatischer als jeder Diamant. Die Atmosphäre war unbeschreiblich inspirierend. Auf einmal leuchteten die Farben der Natur in Flordelis' Augen so kraftvoll wie noch nie und glitzernde Partikel verliehen dem Gesamtbild noch mehr Magie.

Magisch. Wahrhaftig.

Nach langer Zeit begriff Flordelis endlich, wie Platan es meinte, wenn er etwas als magisch bezeichnete. Ergriffen legte er eine Hand auf seine Brust. Sämtlicher Ärger des Tages war gänzlich verschwunden. Dafür brachte das Lied sein Herz zum Blühen – genau so hätte Platan das sicherlich ausgedrückt, dieses überwältigende Gefühl.

Platan ...

Leider endete das Geigenspiel nach einer Weile und Platan atmete kurz durch, ehe er das Instrument sinken ließ und die Augen öffnete, um sich fragend an die Pokémon zu wenden. „Und? Wie war das? Das waren weniger Fehler als beim letzten Mal, oder?“

Natürlich bejubelten die wilden Pokémon ihn begeistert, worauf er leise lachte. „Vielen Dank~. Es freut mich, dass es euch gefallen hat.“

Hatte sich Platans Lachen schon immer wie ein zauberhaftes Glockenspiel angehört? Statt darüber nachzudenken sollte er wohl besser auf sich aufmerksam machen. Am liebsten hätte er für ihn applaudiert, wollte jedoch die Pokémon nicht verschrecken, daher beschränkte er sich auf Worte – auch wenn er niemals welche finden könnte, die beschreiben würden, wie sehr ihn dieser Auftritt bewegt hatte.

„Mir hat es auch gefallen“, verkündete Flordelis, mit tiefer, ruhiger Stimme.

Irritiert wandte Platan sich ihm zu. Kaum trafen sich ihre Blicke, sog sein Freund scharf die Luft ein.

„Flordelis?“ Erschrocken weiteten sich seine Augen. „Seit wann … wieso ...“

Einige wilde Pokémon zogen sich sofort zurück und versteckten sich. Verständlich, denn Flordelis besaß bei Weitem nicht diese reine Aura, die Platan umgab. Aus diesem Grund nahm er den Rückzug der Pokémon nicht persönlich, sie folgten nur ihren Instinkten. Er konzentrierte sich gerade ohnehin lieber auf Platan, dessen Reaktion ihn etwas verwunderte.

„Hätte ich dieses Talent von dir etwa nicht entdecken sollen?“, fragte Flordelis vorsichtig.

Ausnahmsweise konnte er nicht verbergen, dass ihn das irgendwie kränkte.

„... Talent?“, wiederholte Platan ungläubig.

Gefiel ihm dieser Ausdruck etwa nicht?

Falls dem so war, bot Flordelis ihm gerne etwas anderes an: „Geheimnis?“

„Nun ...“

„Du warst doch derjenige, der mich hierher bestellt hat“, erinnerte er ihn.

„Also, nicht genau hierher“, entgegnete Platan murmelnd und warf rasch einen Blick auf seine Armbanduhr. „Und du bist viel zu früh dran.“

Flordelis entglitt ein Seufzen und er verschränkte die Arme hinter dem Rücken. „Verzeih meine Pünktlichkeit. Wie du heute Mittag mitbekommen haben dürftest, war die Arbeit dabei mich zu ersticken, daher habe ich mein Büro vorzeitig verlassen, um frische Luft zu schnappen.“

Sacht schüttelte Platan den Kopf. „Ich wollte dir nicht das Gefühl geben, dass du dich entschuldigen musst. Es ist wirklich schön, dich früher als erwartet zu sehen.“

„Freut mich zu hören“, sagte Flordelis aufrichtig und wiederholte seine erste Frage nochmal: „Also? Was hat es nun mit diesem Geheimnis auf sich?“

„Oh, es ist so ...“ Vorsichtig legte Platan das Instrument in einen Geigenkasten, der wenige Meter von ihm entfernt zwischen den Blumen lag. „Ich bin nicht sonderlich gut, also wollte ich erst ausgiebig üben, bis ich mich sicher genug fühle, bevor ich mein Publikum auch auf Menschen ausweite, wenn überhaupt. Den Pokémon etwas vorzuspielen macht mir aber nichts aus, das beruhigt mich sogar. Und sie freuen sich darüber, also geben wir uns gegenseitig etwas.“

Etwas fassungslos hob Flordelis eine Augenbraue. „Nicht sonderlich gut?

„... Ja“, bestätigte Platan und blickte beschämt zur Seite, als er sich wieder aufrichtete. „Ich vermassle immer noch einige Töne.“

„Platan“, begann Flordelis eindringlich. Er verringerte die letzte Distanz zwischen ihnen endlich und ging auf ihn zu, so dass er ihm eine Hand auf die Schulter legen konnte. „Es gibt keinen Grund dafür, sich zu schämen. Du warst umwerfend. Dein Geigenspiel war sehr lebendig. Es war … wunderschön.“

Dieses Lob sorgte dafür, dass Platans graue Augen vor Freude glitzerten. „Tatsächlich? Wenn du das sagst, muss ich es wohl glauben.“

„Glaube es“, bat Flordelis nachdrücklich.

Platan lächelte verlegen. „In Ordnung, ich glaube es.“

Zufrieden nickte Flordelis ihm zu, während er sich in dessen Augen verlor, die in der Sonne fast wie Silber glänzten. Dabei hallte in seinem Inneren immer noch das Geigenspiel nach und wurde nicht leiser, im Gegenteil. In Form eines Crescendos fachte es eine Flamme an, die beinahe erlöscht wäre, nur weil er aufgrund all dieser Narren in der Welt kurz davor gewesen war seine Entschlossenheit zu verlieren. Seinen Blick für das, was sein persönliches Lebenselixier ausmachte.

Es gab noch Schönheit in dieser Welt. Der Kern davon stand genau vor ihm. Solange Platan lebte durfte er nicht einfach aufgeben, weil er und die anderen wenigen Menschen, die das Gute in sich trugen, diese Mühe wert waren.

Anscheinend starrte er Platan etwas zu lange in die Augen, da dieser sich ein wenig unsicher räusperte. „Du hast mich jedenfalls ganz schön überrumpelt. Ich habe heute auch früher Schluss gemacht, weil ich hier noch heimlich etwas üben wollte, bevor wir uns am Brunnen treffen. Auch zur Entspannung. Das ist mein persönlicher Rückzugsort.“

„Verstehe.“ Widerwillig löste Flordelis die Hand von seiner Schulter und ließ ehrfürchtig den Blick über den Hain schweifen. „Ein schöner Ort.“

Wie hätte Platan ihm den Geigenkasten erklären wollen, wenn sein Geheimnis eigentlich noch länger eines hätte bleiben sollen? Wollte er ihn hier liegenlassen und später wieder abholen?

„Nicht wahr?“ Lächelnd zwinkerte Platan ihm zu. „Da du ihn nun auch kennst, erlaube ich dir, ihn ebenfalls zu benutzen, wenn du mal Abstand von allem brauchst.“

Flordelis musste ein wenig schmunzeln. „Wie großzügig. Das weiß ich sehr zu schätzen. Danke, Platan.“

„Dein Dank kommt früher als erwartet.“ Ebenfalls schmunzelnd legte Platan eine Hand an sein Kinn. „Eigentlich wollte ich dir am Brunnen eine ganz besondere Geschichte erzählen, um dich aufzumuntern. Sie hätte dir bestimmt sehr gefallen, aber offensichtlich ist das nicht mehr nötig. Du wirkst bereits sehr gelöst. Deine Augen leuchten sogar richtig. War mein Geigenspiel wirklich so gut?“

Rasch winkte er ab, kaum dass er die letzte Frage laut ausgesprochen hatte. Dabei hätte Flordelis ihm gerne nochmal versichert, wie wunderschön es gewesen war. Allerdings respektierte er Platans Wunsch und ging nicht erneut darauf ein. Hoffentlich fühlte sich dieses außerordentliche Talent eines Tages dazu bereit zumindest ihm etwas vorzuspielen, nur ihm, denn er wollte das unbedingt noch einmal erleben.

„Würdest du mir die Geschichte trotzdem erzählen?“ Ein leichtes Lächeln huschte über seine Lippen. „Ich liebe es, dir zuzuhören.“

Platan war stets überaus leidenschaftlich, sobald er etwas erzählte, und egal, wie langatmig eine Geschichte auch sein mochte, er wusste einen stets zu fesseln. Einzig mit seiner Art und der Begeisterung, die in seiner Stimme lebte. Alles an ihm war einfach … unbeschreiblich liebenswert. Wie hatte ihm das erst jetzt so richtig bewusst werden können?

„Fein, fein~.“ Schwungvoll breitete Platan die Arme aus. „Dann machen wir es uns doch einfach hier gemütlich und du lässt dich von mir berieseln. Für dich gebe ich mir beim Erzählen auch besonders viel Mühe.“

Das glaubte Flordelis ihm sofort. Ein gutherziger Mensch wie Platan gab sich immer die meiste Mühe dabei, anderen etwas Gutes zu tun. Sein Strahlen würde niemals verblassen, egal wie hoffnungslos die Lage sein mochte. Wie schwach es von Flordelis war, dass er ernsthaft geglaubt hatte, sein Freund wäre nur noch ein letzter Fußabdruck der Schönheit dieser Welt. Noch einmal würde ihm das nicht passieren.

Ganz bestimmt nicht.

Dafür hatten die Klänge der Geige und das Bild von Platan, wie er sie spielte, sich bereits zu fest in seiner Seele verankert. Somit könnte Flordelis niemals wieder an der Schönheit zweifeln, selbst wenn er es wollen würde.

Lächelnd nahm Flordelis auf dem Felsen Platz, wo zuvor die Enecos gesessen hatten, und vollführte eine einladende Handbewegung. „Bitte, fang an. Ich kann es kaum erwarten dir zuzuhören, Platan.“

Motiviert nickte dieser ihm zu und blieb stehen, als er begann eine Geschichte zu erzählen, wobei er theatralisch gestikulierte. Schon nach kurzer Zeit kamen die wilden Pokémon wieder näher, trotz Flordelis' Anwesenheit, weil sie Platan lauschen wollten. In dem Punkt hatten sie etwas gemeinsam. Aus diesem Grund störten sie sich wohl auch nicht mehr so sehr an Flordelis, sondern genossen mit ihm zusammen diesen einzigartigen Moment, der diesen anfangs grauenvollen Tag neben dem Geigenspiel zusätzlich mit Glück erfüllte.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Für mich gehört es inzwischen einfach zu Platan, dass er Geige spielen kann. ♥ Er ist so elegant, da muss das einfach. >:3 Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Flordelis
2023-12-13T00:48:21+00:00 13.12.2023 01:48
*Hände reib*
Es ist on~!
... Und ich versuche mal, nich zu ausschweifend zu kommentieren. Mal schauen, ob ich das schaffe.

> Es gab Zeiten in denen es Flordelis bedauerlicherweise schwerfiel die Schönheit der Welt nicht aus den Augen zu verlieren.
I know that feel.

> Dennoch begann dieser Montag bereits mit viel zu vielen schlechten Nachrichten in den Medien, wie so oft.
Deswegen sollte man morgens keine Nachrichten sehen oder lesen. Das weiß doch jeder. Anfängerfehler.
... *steckt ihr eigenes Handy, mit dem sie nach dem Aufstehen durch Twitter streicht, langsam ein*

> Was für ein überaus frustrierender Start in die Woche.
Ein typischer Montag eben.

> Konnten diese abscheulichen Gestalten sich nicht einfach gegenseitig vernichten?
Hach, das wäre so schön. ;<

Flordelis hat einen echt schlechten Tag. ;<
Tut mir echt leid für ihn. Dabei will er im Grunde doch nur etwas Gutes schaffen.

> Flordelis … fühlte aber gerade überhaupt nichts bei diesem Anblick.
Junge, du hast Depressionen, du brauchst einen Therapeuten. Ich hab da einen an der Hand.
Vincent: *aufplopp* ???
Alo: Vincent kann Flordelis therapieren! =D
Vincent: ... In Ordnung.
Alo: Hurra! ^o^

> Leise, wie ein zartes, flüchtiges Klingeln eines Windspiels, an dem nur ein schwacher Atemhauch vorbei zog.
Das ist voll das schöne Bild. =O

> Die Art, wie er den Bogen über die Saiten gleiten ließ, war der Inbegriff von Eleganz.
ヽ(♡‿♡)ノ

> Prismatischer als jeder Diamant.
(/▽\*)。o○♡

> Hatte sich Platans Lachen schon immer wie ein zauberhaftes Glockenspiel angehört?
( ´ ▽ ` ).。o♡

> Ausnahmsweise konnte er nicht verbergen, dass ihn das irgendwie kränkte.
Verständlich. Ich wäre auch gekränkt, wenn mein bester Freund vor mir verbergen würde, dass er ein voll krasses Talent hat, das auch noch so schön ist.

Also alles in allem kann ich nur sagen, dass ich den One-Shot sehr mag. ♥
Flordelis' Verzweiflung ist sehr greifbar, genau wie sein Hass auf jene, die diese Schönheit beschmutzen, der ihn im Canon immerhin zu seinem Plan führte.
Aber es ist wundervoll, wie sehr Platan als das Gegenstück - das Leben - ihn noch von der Schönheit und dem Guten überzeugen kann, indem er einfach ist wie er ist. Und er Geige spielt. ♥
Ich liebe das Pairing immer noch; danke, dass du mit mir in dieser krassen Phase bist. Q^Q
Antwort von: Platan
13.12.2023 02:39
Alter, das nenne ich mal Turbotempo! O_O
Dieser Kommentar kam ja wie aus der Blitzkanone geschossen. Tausend Dank, meine Liebe. ♥♥♥
Ich bin wirklich immer froh, wenn dir das Zeug gefällt, was ich irgendwie zusammenschreibe. >_<
Und du hast dich echt arg zusammengerissen, um nicht ausschweifend zu werden. :D
Finde es jedes Mal faszinierend, wie viel alleine Smileys aussagen. So schön. :3

Platan wird immer die Welt verkörpern, die Flordelis sich so sehnlich wünscht. ♥


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