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Rendezvous nach Dienstschluss

1. Türchen des Fanfiction-Adventskalenders 2023
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Hallo und willkommen zum 1. Türchen des Fanfiktion-Adventskalenders 2023!!

Falls euch aufgefallen ist, dass die Überschrift mit "o1. Dezember 2019 – Sonntag" datiert ist, obwohl der o1. Dezember 2023 doch ein Freitag ist - dies geschah mit Absicht ;) ...
Lasst euch von dem Datum aber nicht abschrecken oder vom Lesen abhalten.

Ich wünsche euch eine schöne Vorweihnachtszeit,
irish C: Komplett anzeigen

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Rendezvous nach Dienstschluss


 

Rendezvous nach Dienstschluss (o1. Dezember 2019 – Sonntag)
 

Eine kalte Brise wirbelte erste Flocken in die vorweihnachtliche Luft. Kate stolperte aus der Haustür und hob den Blick. Der Dezemberhimmel erstreckte sich über ihr. Doch das Funkeln der Sterne zu sehen, gelang ihr nicht. Schwer hingen die Wolken, als drohe jeden Augenblick eine Märchengestalt damit, sie aufzuschütteln und eine Schneekaskade auf die Stadt loszulassen. Nochmals zerrte sie den grotesk-bunten Schal enger um ihren Hals, rückte die schwarze Wollmütze zurecht und stieg die steinernen Stufen hinab.

Was sie dazu bewog, sich am ersten Sonntag im Dezember in den bitterkalten Abend hinauszuwagen? Die Antwort war gleichermaßen frustrierend wie erfreulich und trug nur einen Namen: Nick

Sein beruflicher Aufstieg hatte ihm Türen geöffnet und Chancen ermöglicht, die Alec Spyer, sein Agent und Manager, unmöglich verstreichen ließ. Nick war sein neues Aushängeschild. Er war unverbraucht, brachte frischen Wind in das eingestaubte Image des Mannes und sorgte für reichlich neue Klienten. Denn wenn es einem unscheinbaren Jungen von der britischen Insel gelang, die Karriereleiter in Windeseile hinaufzuschießen, wollten auch andere am Kuchenstück nagen. Dass Nick durch die Beziehungen Spyers an Kontakte geriet, die ihn förderten, war großes Glück. Doch all der Taumel barg auch Schattenseiten. Nicht jeder, der sich ihm im ersten Augenblick wohlgesonnen zeigte, meinte es auch ehrlich mit ihm. Eine Lektion, die Nick schwer zu schaffen machte.

Er bat Alec, für die nächsten Wochen keine Termine zu buchen. Dass es Kate jedes Mal mit der Angst bekam, weil sie nicht nur um Nicks Gesundheit fürchtete, verschwieg sie. Nick war, gemäß seinen eigenen Worten, alt genug, um auf sich aufzupassen.

»Ich lande schon nicht vollgepumpt mit Drogen in einer versifften Gasse im kalifornischen Hinterland«, hatte er ihr weiszumachen versucht. Dass ihm an jeder Ecke ominöse Substanzen angeboten wurden, brachte er nicht nur Sprache. Auch die Partys, auf die Alec ihn schleppte und ihm riet, sich zu amüsieren, verheimlichte er Kate. Zumindest die abscheulichen Geschichten, wenn sich junge Starlets, unter Alkohol- und Drogeneinfluss, an gierige Männer klammerten. Dass keine Gelegenheit ausgelassen wurde, ihm hartes Zeug, Pillen und Frauen anzubieten – Kate würde rasen vor Wut und Eifersucht. Dass er kotzend über der Toilettenschüssel hing, hatte er lediglich den Antipasti zu verdanken, die ihm am Büffet entgegensprangen. Und nun war er seit gut drei Wochen wieder in New York, ließ sich von seinen Mitbewohnern aufziehen und kratzte bei den alten Arbeitgebern nach Jobs, die ihn weniger aus der Bahn warfen.

Kate zwang ihre Gedanken in andere Richtungen. Sie sollte sich auf das Hier und Jetzt konzentrieren, doch die kleinen, bösen Hirngespinste ließen sich nie leicht vertreiben oder hinter einem Lächeln verbergen. Für solche Aktionen war sie nicht geschaffen. Immer dann, wenn Nick in einen Flieger stieg, zerbrach etwas in ihr. Erst waren es nur winzige Teile, dann wurden die Puzzlestücke größer, nahmen bizarre Formen an, als wollten sie nie wieder zusammenpassen. Als schleife Schmirgelpapier langsam aber stetig die harten, spitzen Kanten ab, die ein verzerrtes Bild zurückließen.

Wieder musste sie innehalten, sich einschärfen, dass sie sich keinen Anspruch auf Nick erlauben durfte. Ihre Romanze war einzig dem Zufall geschuldet. Ein nettes Unterfangen, das ihr geordnetes Leben durcheinanderbrachte. Und es wäre langweilig, in einer Beziehung festzustecken, in der der eine den anderen vollkommen vereinnahmte. Kate schauderte. Viel zu oft kam ihr das Gespräch in den Sinn, als Nick ihr erzählte, wie sehr es ihm davor graute, in einer Beziehung festzustecken, die zu nichts führte. Seine Worte mochten eine Ewigkeit her sein, doch für Kate bedeutete es, dass er an etwas Ernsthaftem nicht interessiert war. Er war jung - natürlich war er das – wollte etwas erleben, sich hinauswagen und ausprobieren. Dass er ihr mehr als ein Mal bewies, dass die gefallenen Worte von damals nicht der Wahrheit entsprachen, schubste ihr Gefühlskarussell mit jeder Aktion von neuem an. Ein kleines Lächeln umspielte ihre Lippen bei dem Gedanken daran, mit welch merkwürdigen Unternehmungen er seine eigenen Worte infrage stellte. Kate schüttelte den Kopf, besann sich ihres Vorhabens. Dieses Mal würde sie ihn überraschen, ob es ihm gefiel, oder nicht!
 

Nach seiner Rückkehr hatte Nick einige Klinken putzen müssen. Vor wenigen Tagen erst hatte er ihr mitgeteilt, dass er eine Stelle als Auspacker bei Whole Foods Market auf der 4 Union Square South ergattert hatte. Kate verschwieg ihm ihre Angst nicht, dass sie befürchtete, dass ihn all der Glamour, die schicken Hotels und die Menschen, die ihn umflatterten, zu sehr für sich einnahmen. Ein Fall aus unbekannten Höhen, doch Nick kam damit zurecht, sich wieder dem Alltagstrott zu widmen.

Den Weg ins East Village beschritt sie mit beinahe schlafwandlerischer Sicherheit. Nach der drei-wöchigen Pendelei im Sommer, vom East Village in die Upper West, war ihr die Strecke ins Blut übergegangen. Schnaufend hielt sie vor dem Geschäft, das Waren aus biologischem Anbau führte, und zupfte abermals die schwarze Wollmütze zurecht. Gegen sieben, so hatte Nick ihr versichert, hätte er Dienstschluss. Kate wagte es nicht, den Laden zu betreten, und wartete stattdessen am Eingang, ob ihr nicht ein bekanntes Gesicht begegnete. Sie schüttelte ihr Handgelenk frei, um sich der Uhrzeit zu versichern. Kate sah auf und hätte fast den jungen Mann, der soeben aus der warmen Obhut ins Freie schlüpfte, verpasst.

»Hey«, rief sie und hoffte, nicht den falschen Jungen zu erwischen. »Hey!«

Er wandte sich nach ihr um und wirkte nicht weniger verblüfft, nach dem er die Fremde in seinem Rücken abschätzig gemustert hatte. »Hey, Kate - was?«

Erleichtert sackten ihr die Schultern nach vorn. »Wenn ich noch mehr Jungs anspreche, verklagt mich der Schuppen wegen Belästigung der Kunden!«

Seine starre Miene wurde weicher, bis sich seinen Lippen zu einem amüsierten Lächeln bogen. »Wie viele Kerle wolltest du denn aufreißen?«

Kate zuckte die Schultern. »Eigentlich nur einen, aber ... es kommen so viele Leute aus dem Laden, da hatte ich Mühe, den Richtigen zu erwischen.«

»Und, hast du den Richtigen erwischt?«, neckte er und trat die wenigen Schritte auf sie zu.

»Wenn du mich nicht verklagst, dann vielleicht«, sinnierte Kate.

Nick neigte den Kopf, wieder zeigte sich ein abwägender Ausdruck auf seinem Gesicht. »Ich überleg’s mir.«

Seine Worte quittierte sie mit einer beleidigten Schnute. Dann streckte Kate die behandschuhten Finger nach ihm aus, sobald Nick in greifbarer Nähe zu ihr stand. Ein Grinsen zupfte an seinen Mundwinkeln, dann glitt sein Blick an ihr vorbei, die Straße hinauf. »Muss ich mir Sorgen machen? Ist etwas passiert?«

Sie schüttelte den Kopf. »Nein.«

Vorsicht zierte sein Gesicht. »Du ... holst mich so gut wie nie ab. Hast du was vor?«

Kate schmälerte den Blick. Dieser Kerl war ein wandelnder Gefühlsdetektor, vor dem sich nichts so leicht verheimlichen ließ. Kate hingegen war erschütternd leichter aufs Glatteis zu führen. Ihre Antwort fiel knapp aus. »Ja.«

»Du bist so einsilbig, irgendetwas stimmt nicht!«, sinnierte er. Sie langte nach seiner Hand und zog ihn mit sich in die Richtung, aus der sie gekommen war. »Kate?«

Kate blickte neben sich und es gelang ihr nur mit knapper Mühe, einem älteren Herrn samt Hund auszuweichen. »Ja?«

Nicks Lippen kräuselten sich zu einem Lächeln. »Ist das ein Date?«

»Ja«, knurrte sie, starrte dennoch stur geradeaus.

»Ein öffentliches, offizielles Date?« Sein Lächeln schwoll zu einem Grinsen an.

Abrupt hielt sie inne und drückte seine Hand dabei eine Spur zu fest. »Nick!«, stöhnte Kate ergeben. »Wenn wir uns nicht beeilen, dann kommen wir zu spät. Ich habe Plätze reserviert, und die sind dann weg!«

»Geht’s ins Kino?«, fragte er und ließ sich von ihr durch die Straßen ziehen.

»Nein«, murrte Kate.

»Dann«, hob er an, »gehen wir schick Essen, ja?«

Ein schwerer Seufzer drang an seine Ohren. »Nein.«

»Muss ja ziemlich interessant sein, wenn du dich an einem Sonntagabend mit mir triffst«, riet Nick und versuchte, sich anhand der Straßenschilder zu orientieren.

»Es ist eine Überraschung«, erklärte Kate nach langem Zögern, ehe er ihr mit seiner Neugierde noch Löcher in den Bauch fragte.

»Aber du hasst Überraschungen«, sagte er unumwunden.

»Ist auch so«, stimmte sie zu.

»Weil man dich so leicht verarschen und aus der Fassung bringen kann«, legte Nick nach und biss sich grinsend auf die Lippen, als er ihrem verstimmten Blick begegnete. »Ich bin ja schon still.«
 

Mit schnellen Schritten hetzte Kate den Gehsteig in Richtung Norden hinauf. Nick hatte kaum Gelegenheit, sich dem weihnachtlichen Glanz anzunehmen, der ihnen auf dem Weg begegnete. Dass eine Anspannung von ihr ausging, blieb ihm nicht verborgen, denn Kate vergewisserte sich beinahe sekündlich der Uhrzeit. Ihr Tempo verlangsamte sich, als er seine bloßen Finger mit ihren verschränkte. Eine Geste, die ihr das Herz flattern ließ. Es mochte ihm entgehen, doch für Kate bedeuteten diese kleinen Botschaften mehr, als Nick vermutete.

»Wenn du so rennst, kriege ich noch einen Herzinfarkt«, murmelte er und zog sie sanft an seine Seite. »Willst du mir nicht sagen, wo es hingeht, statt mich eine halbe Stunde lang die 6th Avenue hinaufzujagen?« Erst verzog Kate das Gesicht, dann schüttelte sie den Kopf. »Du bist ziemlich stur.«

Ein knappes Lächeln huschte ihr über die Lippen, das Nick mit einem Seufzen quittierte. An der Ecke zur East 40th Street bog Kate nach rechts ab. Restaurants und Cafés säumten den Weg rund um den Bryant Park. Nick horchte auf, als der Verkehrslärm von juchzenden Stimmen und weihnachtlicher Musik übertönt wurde. Kate suchte nach einer geeigneten Stelle, um die Straße zu überqueren, und endlich kam das Ziel in Sichtweite.

»Da wären wir«, verkündete sie mit mulmigem Gefühl, ob ihr die Überraschung gelungen war.

Erst neigte Nick den Kopf, dann wurden seine Augen groß. »Du willst Eislaufen?«

»Ja, ich dachte, dass -«, murmelte Kate, wagte es jedoch nicht, weiterzugehen. »Wenn du nicht willst, dann ...«

»Doch, klar!«, rief Nick und zog sie mit sich, hielt inne und warf einen Blick hinter sich. »Wo müssen wir hin? Ist das umsonst? Hast du Schlittschuhe dabei?«

Akribisch huschte sein Blick über Kate hinweg. Doch eine große Tasche machte er nicht aus.

»Keine Angst, es ist kostenlos. Allerdings müssen wir uns Schuhe borgen«, erklärte Kate und lotste ihn zu dem Stand, an dem die Eislaufschuhe verliehen wurden.

Der robuste Pavillon, der den Verleih beherbergte, war nur wenige Meter entfernt. Kate und Nick schlüpften durch die Tür. Acht Mitarbeiter nahmen sich den Eislaufbegeisterten an. Als sie an die Reihe kamen, trat Kate an den Schalter und nannte der grimmig dreinschauenden Dame das zuvor angemietete Zeitfenster.

»Braucht ihr Schuhe?«, fragte sie und beide nickten. »Probiert sie erst mal an, bevor es losgeht. Wenn alles passt, dann kommt wieder her und einer meiner Kollegen regelt alles Weitere.«

»Ist ziemlich viel los, was?« Nick lehnte sich an den Tresen und richtete seinen Blick auf die Gäste, die auf der Bahn draußen ihre Runden drehten.

»Das täuscht«, sagte die Dame. »Zu den späteren Stunden werden es weniger. Zumindest an einem Sonntag. Gegen dreiundzwanzig Uhr ist fast niemand mehr auf dem Eis. Trotzdem haben wir bis halb zwölf geöffnet.«

Sie nannten der Frau die entsprechenden Größen. Diese wandte sich an ihren Mitarbeiter und er überreichte ihnen die Schlittschuhe. Nick erspähte Holzbänke an der Fensterseite, die auf die Eisbahn zeigte. Sie ließen sich darauf nieder und tauschten das Schuhwerk. Als beide entschieden, dass alles an Ort und Stelle saß, stakste Kate zu einem der Angestellten. Dieser reichte ihr eine Marke, sodass die Straßenschuhe nach Ablauf der Zeit wieder getauscht werden konnten. Das Geld wechselte den Besitzer. Mit warnenden Worten wurden beide auf die Eisbahn entlassen.

Umständlich setzte Kate einen Fuß vor den anderen und klammerte sich haltsuchend an die Bande. Die Kufen waren rasiermesserscharf. Nick schien die Tatsache, sich auf gefrorenes Wasser zu begeben, nicht zu scheuen. Todesmutig, wie Kate empfand, begab er sich auf die Bahn und glitt wenige Längen über das Eis. Er wandte sich nach ihr um und neigte den Kopf. Sie tat nicht einen Schritt.

Nick schlitterte auf sie zu. Seine Anwesenheit milderte ihre Nervosität nicht. Langsam wagte sich Kate vor, die Finger noch immer um das kalte Metall des kleinen Walls geschlungen. Ein wenig zu schwungvoll hievte sich Kate aufs Eis, der linke Fuß entglitt ihr und die Kufe rutschte auf dem frostigen Boden entlang.

»Hoppla!« Ein beängstigendes Keuchen begleitete ihren Ausruf.

Abschätzig betrachtete Nick ihr Vorhaben. »Kate? Kommst du?«

»Nick, ich ... ich muss dir etwas gestehen«, murmelte sie und geriet wieder ins Schlingern. »Ich kann nicht Eislaufen. Ich stand noch nie auf Kufen.«

Seine Augenbraue hob sich amüsiert. »Wäre mir gar nicht aufgefallen.«

»Haha, spar dir deinen Sarkasmus!«, murrte Kate und hievte sich in eine weniger peinliche Pose.

»Aber du kannst Inlineskaten?«, fragte er, rückte zu ihr auf und hielt sie zwischen seinen Armen an der Bande gefangen. Die dicken Schichten Stoff verhinderten es, ihre Nähe noch weiter zu suchen.

»Das habe ich schon Jahre nicht mehr getan«, murmelte Kate zerknirscht und straffte sich, sobald sie die Schwere seines Körpers in ihrem Rücken bemerkte.

Nick bettete sein Kinn an ihrer Schulter. Sein warmer Atem kitzelte ihr rechtes Ohr. »Okay, also: Wenn du nicht Schlittschuhlaufen kannst, warum sind wir dann hier?«

Ihre starre Haltung sank in sich zusammen. »Ich wollte dir etwas bieten. Etwas, das du vielleicht noch nicht getan hast.«

»Mit dir?«, riet er. »Du meinst außer Sex?«

Kate seufzte erschöpft. »Warum brichst du das jetzt darauf herunter?«

»Weil es Spaß macht. Mit dir.« Er schob sich näher an sie heran, streifte mit seiner kühlen Wange ihr Gesicht. Kate zwang die aufkommenden Worte nieder. Der Druck seiner Arme um ihren Leib wurde fester. »Okay weißt du was? Dann schiebe ich dich an.«

»Was?«, keuchte Kate.

»Ich sagte: ‚ich schiebe dich an‘«, wiederholte er und schob seine Finger unter die klammen Hände, die sich noch immer um die eisige Bande krallten. »Kate, du solltest loslassen. Außerdem ist von unserer Stunde nicht mehr viel übrig.«

Kate schluckte an dem Kloß in ihrem Hals. Ihr Magen rumorte. Widerwillig löste sie ihre Finger von dem Metallrahmen. Ihr Schwanken und die angsterfüllten Laute ließen ihn schmunzeln.

»Wir machen langsam und vorsichtig«, gebot Nick ihr und Kate fuhr zusammen. Bedächtig drehte er sie in Richtung Eisfläche, umfasste ihre Hüften und schob sie in gemächlichem Tempo vorwärts. »Rechter Fuß, linker Fuß. Siehst du? Ganz langsam und vorsichtig.«

Die Angst, dass ihr die Kufen entglitten, begleitete sie mit jedem Schritt. Als Nick seine Hände von ihr nahm, ruderte sie hilflos mit den Armen, fiel nach vorn, doch es gelang ihr, den Schwung mitzunehmen, um die Balance zu halten.

»Tu das nie wieder!«, fauchte Kate verstimmt und glitt mit reichlich Abstand zu ihm über das Eis.

Mit aller Gemütlichkeit umkreiste er sie. »Hey, ich bin auch kein Profi, siehst du?«

Und als wolle er seinen Worten Taten folgen lassen, geriet Nick gefährlich ins Schlingern.

»Nick! Wenn du dir den Hals brichst!«, rief Kate alarmiert.

Er fing sich bemerkenswert schnell, langte nach ihren behandschuhten Fingern und zog sie mit sich.
 

»Wieso kannst du das so gut?«, fragte Kate, nachdem es ihnen gelang, die Bahn ein Mal zu umrunden.

»Kann ich gar nicht.« Nick ließ ein Zucken der Schultern erkennen. »Aber ich habe früher Hockey gespielt.«

»O, das wusste ich gar nicht.« Ihre Lippen hoben sich zu einem zaghaften Lächeln.

»Nicht in einer Liga oder so. Drei Jahre in einem Verein, bis ich ungefähr zwölf war. Rugby war mir zu brutal«, erklärte er.

Seine Worte brachten sie zum Lachen. »Und wie passt das Schlittschuhlaufen da hinein?«

»Es war mehr Inline-Skaterhockey.« Nick nahm den Blick von ihr und sah sich um. Die Menge an Eisverrückten hatte nachgelassen, so, wie es die Dame vom Verleih gesagt hatte. »Willst du es allein versuchen?«

»Was?«, fiepte Kate. Ihr wurde ganz flau im Magen.

»Okay, war ‘ne blöde Idee. Na komm!« Wieder fasste er nach ihr und zog mit Kate an der Hand über die eisige Fläche. »Ist dir warm genug?«

Kate schüttelte den Kopf. »Nein, eigentlich nicht.«

Nick rutschte an ihre Seite und hinderte Kate in ihrem Vorhaben, weiterzulaufen. Er drehte sie zu sich, umschlang ihre Mitte mit beiden Armen und küsste sie so stürmisch, dass der Schwung sie nach hinten riss. Es gelang ihm noch, sie vor einem gefährlichen Sturz zu bewahren. Doch Kate verlor das Gleichgewicht und fiel rücklings aufs Eis.

»Au«, krächzte sie.

»O, Kate!« Hastig versuchte Nick auf die Füße zu kommen und griff nach ihren Händen.

Kate setzte sich auf und rieb sich den Hinterkopf, doch sie machte keinerlei Anstalten, sich von ihm aufhelfen zu lassen. Sie zog die Beine in den Schneidersitz und linste zu Nick empor. »Das hätte ich nicht mal auf geradem Boden überlebt«, murrte sie, zupfte sich die Mütze vom Kopf und taste vorsichtig nach einer Beule.

Noch immer zeigte sich Angst auf seinem Gesicht. »Bitte entschuldige!«

»Nichts passiert, mir ist nur ein wenig schwindelig«, erklärte Kate und versuchte, eigenhändig aufzustehen. Nick kam ihr zu Hilfe. Sowie die Mütze wieder auf ihrem Haupt thronte, horchte Kate auf.

Aus den aufgestellten Lautsprechern drang Merry Christmas Everyone von Shakin‘ Stevens und Kate geriet ins Schwärmen. »Oh, ich liebe dieses Lied.«

»Hm, ich halte es da eher mit Paul McCartney«, murmelte Nick und blickte mit banger Miene neben sich. »Ist auch wirklich alles in Ordnung?«

Kate klopfte den dunklen Parker ab und keuchte auf. »Puh, wow. Da ist mir doch tatsächlich für zwei Sekunden das Herz in die Hose gerutscht.« Noch etwas wackelig auf den Beinen, setzte sie sich in Bewegung. Doch Nick blieb, zum Ärgernis der Gäste, mitten auf der Eisbahn stehen. »Nick, komm schon. Es ist alles okay. Mir ist nur ein wenig schwummerig, aber das ist der Schock. Und wenn man vom Pferd fällt, soll man wieder aufsteigen, richtig?«

Nick verzog das Gesicht, folgte ihr nach und hakte sich bei ihr unter. »Du weichst mir jetzt nicht mehr von der Seite!«

Kate stieß ein schnaubendes Lachen aus. »Ich glaube, Eislaufen ist mit dir gefährlicher.«

»Und wenn ich verspreche, mich zurückzuhalten?«, fragte er und erntete ein Zucken der Schultern. »Nicht dass du denkst, ich würde dich nicht mehr aufs Kreuz legen wollen.«

Ihr Lachen spülte über die letzten Takte von Last Christmas hinweg. »Ich würde es ungern auf gebrochene Knochen ankommen lassen.«

»Dann schlage ich vor, dass wir uns ein warmes, lauschiges Plätzchen suchen«, hob Nick an.

Kate versicherte sich der Uhrzeit. Die Zeiger wiesen auf kurz vor neun. »Gutes Timing.«

»Und für den Fall, dass es doch eine Gehirnerschütterung ist, ist das nächste Krankenhaus nicht weit.« Seine Worte quittierte sie mit einer erhobenen Augenbraue.
 

Sie gaben die Schuhe zurück und ließen die Eisbahn hinter sich. Nick hauchte in seine Hände und rieb die Handflächen aneinander. Zur Stärkung und um sich aufzuwärmen, lud Kate ihn auf eine heiße Schokolade ein, die an einem der übrigen Stände entlang des Bryant Park zu haben war.

»Das Date ... war wohl doch eher ein Reinfall, hm?«, fragte sie vorsichtig und pustete den süßlichen Dampf von ihrem Becher.

Nick verschluckte sich umgehend und hustete. »Bist du verrückt?«

Kate neigte den Kopf. »Ist das eine rhetorische Frage?«

»Das war eines der besten Dates, das ich je hatte«, gab er ihr zur Antwort.

Sie ließ sich den letzten Tropfen Kakao auf der Zunge zergehen und verkniff sich die forsche Frage, ob er bisher viele Dates gehabt hatte.

»Und? Wohin entführst du mich morgen?« Wieder drang ihr Lachen an seine Ohren.

Kate blinzelte perplex. »Ich muss arbeiten.«

Nick zuckte die Schultern.

»Und ich muss noch durch die halbe Stadt toben«, fuhr Kate fort.

»Das heißt, das Date ist zu Ende? Und wir gehen nicht in die Verlängerung?«, fragte er. »Das mit dem warmen, lauschigen Plätzchen war ernst gemeint.«

Ein Schmunzeln zierte ihre Lippen. »Gut. Einverstanden. Wenn du unbedingt willst.«

»O ja, will ich! Ich will so viel Zeit, wie nur möglich mit dir verbringen.« Nicks Worte waren unumstößlich.

Kate schluckte und wusste kaum, ob sie sich geschmeichelt fühlen, oder panisch und ängstlich das Weite suchen sollte. »Klingt gruselig.«

»Vielleicht, aber ich denke, dass wir trotzdem einiges nachzuholen haben, hm, Kitty?« Hitze, die sie eindeutig dem Heißgetränk und dem dicken Wollschal zuschrieb, kroch ihr vom Hals aufwärts in die Wangen.

»Okay«, murmelte sie und ließ es zu, dass Nick die benutzen Becher zurückgab, er nach ihrer Hand griff und sie nach Hause brachte.



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