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Der Feensammler

von

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Er saß in der Mitte eines Pilzkreises. Das Lachen der Feen war um ihn herum. Es hörte sich unheimlich schön an. Er kam gerne hier her. An diesem Ort fühlte er sich geliebt und geborgen. Keine schrägen Blicke. Niemand zeigte mit dem Finger auf ihn und keiner lachte ihn aus.

Er beteuerte den Feen, dass er sie mochte und ihnen immer helfen würde. Ja, er wusste selbst, dass er so eine Seele in sich trug. Wie sehr wünschte er es sich auch fliegen zu können. Frei zu sein. Eine Fee zu sein.

Plötzlich war dort die Stimme seiner Mutter. Sie rief nach ihm. Wie immer verjagte ihre schrille Stimme die scheuen Wesen und er saß alleine in diesem Kreis. Das feuchte Moos fühlte sich kalt und unnahbar unter seinen Fingern an. Es hatte all seine Geborgenheit verloren. Das helle Klingeln verschwand immer mehr in der Angst, die ihre Herzen befiel.

Er rief nach ihnen. Flehte sie an, dass sie blieben. Doch sie verschwanden immer weiter, desto näher das Rufen seiner Mutter kam. Der Zauber zerbrach endgültig, als ihre ungeschickten Füße den Kreis zerrissen. Sie trampelte die Pilze nieder und zerstörte dadurch die Verbindung zu der Welt der fliegenden Wesen.

Sie fragte, ob er sie nicht gehört hätte. Er solle ihr antworten, doch er hatte schon längst vergessen, warum dies überhaupt wichtig sein sollte. Sie hätte Angst um ihn gehabt. Schließlich wäre dieser Wald riesig und man könnte sich leicht in ihm verlaufen.

Er aber nicht. Seine Feenfreunde würden ihn immer führen und niemals zu Schaden kommen lassen. Dort war wieder dieser bemitleidende Glanz in ihren Augen, der mit jedem weiteren Erwähnen der Feen ein Stück weiter von Hass aufgefressen wurde.

Sie habe ihm gesagt, dass er diesen Schwachsinn sein lassen sollte. Wenn er nicht aufhören würde, dann müsste sie ihn einweisen lassen. Früher ging es vielleicht noch als kindliche Spinnerei durch, doch jetzt wäre er zu alt dafür. Niemand würde ihn so ernst nehmen.

Er blieb sitzen und starrte weiter auf die Pilze um ihn herum. Die armen Früchte, die sie einfach umgenietet hatte und so die Verbindung zerbrach. Dies sollte nach manchen Überlieferungen Unglück bringen. Ob sie das überhaupt wusste?

Ihr Gesicht wurde kurz blass, als sie seine Frage hörte, doch dann war dort wieder dieser Zorn, der ihr jegliche Menschlichkeit raubte. Seine Mutter verwandelte sich vor seinen Augen erneut in dieses Monster, dem er nicht entkommen konnte. Das jede Fee auffressen und ihn in eine kalte Welt zurück zerren wollte.

Überall wo sie ihn berührte, entbrannte ein Schmerz, der versuchte seinen Glauben an die Feen zu verschlingen. Er spürte, wie ihr Hass an seinen Feenflügeln zerrte und hoffte, dass sie dieses Mal nachgaben und endlich verschwanden. Doch sie blieben für immer da. Er war eine Fee und das würde er sich niemals nehmen lassen. Egal, wie sehr sie sich auch anstrengte. Sein Glaube würde immer bleiben.

Dort war er wieder. Der Vorwurf, der versuchte ihm ein schlechtes Gewissen zu machen. Dass man sie auslachen würde, wenn er jeden von seinen Feen erzählte. Er solle doch endlich damit aufhören. Sie wollte wissen, was sie getan hätte, damit er sie so sehr strafte und ins Lächerliche ziehen wollte.

Erneut beteuerte er, dass er nicht log und auch ihr nicht schaden wollte. Die Feen wären echt und wenn sie doch nur einmal genau hinhören würde, dann könnte sie diese auch hören. Verwirrung trat in ihr Gesicht, als er neben sich auf das Gras klopfte. Wenn sie leise seien, dann könnte es durchaus sein, dass die Feen zurückkämen.

Er hatte so sehr gehofft, dass sie sich einfach neben ihm niederließ, doch erneut war dort diese Unverständnis und der Zorn, der daraus geboren wurde. Der Schmerz kam zurück und immer wieder nur diese eine Frage nach dem Grund.

Hatte sie ihn nicht dahin gehend erzogen, dass er nicht log? Warum verlangte sie es dann nun von ihm? Wieso konnte sie ihn nicht so annehmen, wie er war? Weshalb wollte sie sich nicht neben ihn setzen und seine Welt sehen? Liebte sie ihn nicht? Wer oder gar was war er für sie? Nur ein Statussymbol? Etwas, was sie verzweifelt versuchte so zu formen, dass es der Welt gefiel? Wieso sah sie sein wahres Ich nicht?

Plötzlich packte sie ihm grob an seinem Handgelenk und riss ihn in die Höhe. Zerrte ihn trotz seiner verzweifelten Gegenwehr hinter sich her. Weg von dem Kreis, den sie dadurch noch mehr zerstörte. Dort war das ängstliche Fiepen der Feen. Er spürte ihr Mitleid und wünschte sich, dass er bei ihnen bleiben könnte.

Immer wieder war dort diese eine Frage von seiner Mutter, die nach dem Grund suchte, weshalb man sie mit solch einem Kind bestrafte.

Solch ein Kind.... solch einKind... solch ein Kind....

Er war kein Kind, sondern eine Fee. Warum sah sie das nicht? Sie solle ihn gehen lassen, wenn sie es nicht verstand. Wenn sie ihn nicht wollte, dann würde er einfach hier bleiben. Hier bei den Feen, die ihn liebten. Sie solle ihn gehen lassen. Vergessen. Er brauchte ihre Liebe nicht, wenn sie seine Freunde nicht sah.

Solch einen Unsinn hätte sie noch nie gehört. Selbst wenn sie wollte, könnte sie ihn nicht hier lassen. Sie hatte die Verantwortung für ihn und somit musste er mit ihr kommen. Da hätten sie beide keine Wahl.

Unsanft stieß sie ihn in das rote Familienauto. Ein Kombi mit viel Platz. Viel Abstand zwischen ihn und seinen Eltern. Er solle sich anschnallen oder auch nicht. Dann könnte sie an den nächsten Baum fahren und die Sache hätte sich auch erledigt.

Er wusste, dass es nur ein Bluff war. Niemals würde sie ihr Auto wegen ihm beschädigen, dennoch ließ er sie in dem Glauben, dass ihre Drohung einen Effekt hätte und schnallte sich an. Vielleicht würde es irgendwann von Nutzen sein, wenn sie glaubte, dass sie noch irgendeine Macht über ihn hätte.

Er solle sich von dem Wald verabschieden. Es wäre das letzte Mal, dass sie ihn dorthin bringen würde. Sie hatte keine Lust mehr ihn dann stundenlang zu suchen nur weil er irgendwelchen Hirngespenstern hinterher lief. Schließlich hatte sie durchaus besseres mit ihrer Zeit zu tun und auch er sollte seine Prioritäten noch einmal überdenken.

Er schwieg und merkte, wie ihre Stimme immer mehr zu einem Rauschen wurde. Sehnsüchtig sah er dem Wald dabei zu, wie er Stück für Stück am Horizont verschwand und mit ihm das Lachen der Feen. Wie gerne würde er für immer dort bleiben. Zwischen ihren Reihen und mit ihnen feiern. Sie liebten ihn wenigstens...



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