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Metamorphose

Aus dem Selbst zurück zu Uns
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Diesmal ein Ausflug zurück in das Chaos, das Kai hinterlassen hat. Und ein kleiner Einblick in Voltaires Gedankenwelt. Vielleicht unnötig zu erwähnen, aber die jeweiligen (An-)Sichten der Figuren stellen natürlich nicht immer die tatsächliche Realität dar.

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Home is for the heartless

Ungewohnt viel Fußgetrappel ließen das Hiwatari Anwesen an diesem Vormittag eigentümlich aufgescheucht wirken. Eine Nachricht schien sich wie ein Lauffeuer unter den Bediensteten zu verbreiten, eine, die vor allem dem leitenden Butler den Schweiß auf die Stirn trieb, welcher diesen nun schon zum wiederholten Male mit seinem Einstecktuch weg tupfte. Unwirsch steckte der ergraute Mann den zerknautschten Stoff in die Gesäßtasche seiner Anzughose und hielt einen der vorbei eilenden jüngeren Bediensteten an. “Und?”, fragte er gewohnt streng, doch war offensichtlich, dass sein Nervenkostüm längst zu bröckeln angefangen hatte. "Flughafen. Nachts um 3.”, bekam er die knappe Antwort, auch sein Gegenüber schien alles andere als erfreut über die Lage. “Ja, na und wohin?!”, fuhr es doch etwas lauter aus ihm heraus, als er gewollt hatte und er räusperte sich korrigierend, “Wo ist er jetzt?”. “Wissen wir noch nicht. Vielleicht finden die Zimmermädchen noch was.”-”Geh und frag nach”, damit ließ er seinen Kollegen seinen Weg fortsetzen und das Einstecktuch fand wieder den Weg an seine Stirn. Es war nicht so, dass es unüblich war, den Hiwatari Spross nicht anzutreffen, sie hatten zwar ein paar Punkte im Zeitplan, an die auch er sich zu halten hatte, jedoch waren diese in der Regel spärlich genug gesät, als dass sofort auffallen oder stören würde, wenn er mal eine Weile nicht im Hause weilte. Ein ausgeräumtes Zimmer plus fehlendem Bewohner war jedoch eine ganz andere Sache und er kam nicht ganz umhin dies auch mit der neuerlichen Häufung der vom Familienkopf beanstandeten Treffen in Verbindung zu setzen. Letzendlich waren die beiden Hiwataris Pole vom gleichen Schlag, kamen sie sich zu nah, stießen sie sich ab. Das alles änderte nur leider nichts daran, dass die Schuld dennoch bei ihm gesucht und gefunden werden würde. Ein Blick auf die Uhr verriet ihm, dass in zwei Stunden ein weiteres dieser Treffen anberaumt war. Zwei Stunden, bis er wohl einen Kopf kürzer gemacht werden würde.
 

In einem großen, mit wertigen, dunklen Holzmöbeln zugestellten Arbeitszimmer, kam das schon fast angrenzende Chaos nur gedämpft an. Voltaire stand mit dem Rücken zu Tür und Schreibtisch und sah nach draußen. Das Büro lag im ersten Stock direkt über dem Eingang und ließ so eine gute Aussicht auf den gesamten Vorgarten, die Einfahrt und ,dank der generell erhabenen Lage des Villenviertels, auch über die Stadt zu. Er war schon ein ganzes Stück weiter als seine Dienerschaft und eine Mischung aus Genervtheit und Amusement zierte sein im Alter umso mürrischer gewordenes Gesicht.

Falls Kai dies als einen Akt der Rebellion sah, war dies ein ziemlich kläglicher. Noch bevor sein Enkel es wusste, hatte das Hiwatari Oberhaupt gewusst, wo es Kai hin verschlagen würde. Ein dreckiges Grinsen zog seine Mundwinkel nach oben. Ob der Junge sich auch für die Universität Sankt Petersburgs entschieden hätte, wenn er gewusst hätte, dass auch er selbst dort studiert hatte? Mit Sicherheit nicht. Doch auch ihm steckte ein Hiwatari im Blut, und sie würden sich nicht mit etwas Zweitklassigen zufriedengeben. Auch unbewusst fiel der Apfel nicht weit vom Stamm. Allerdings hatte es Voltaire nicht halb so viel Detektivarbeit gebraucht, um dies herauszufinden, denn die Uni hatte es sich nicht nehmen lassen, wenn so ein bekannter Name ein zweites mal in ihren Unterlagen auftaucht, der alten Zeiten Willen (und nicht zuletzt natürlich der Spenden und PR Willen), Kontakt aufzunehmen.

Es war amüsierend mit anzusehen, wie sein Enkel meinte, ihn so zu verabscheuen und abzulehnen und doch dabei genau den Weg ging, den er gehen sollte, den, den er für ihn vorgesehen hatte. Es war durchaus das effektivste, sie glauben zu lassen, sie würden nach ihrem eigenen Willen handeln. Halte einen Vogel in einem Karton fest und er wird sich in der Voliere fühlen, als wäre es die Welt. Er wusste, er hatte ihn viel stärker im Griff, als sich sein Nachfolger wohl jemals eingestehen oder verstehen würde.

Dass er für den Aufruhr im Haus gesorgt hatte, stellte ihn im gleichen Maßen zufrieden und unzufrieden. Es sollte schon das Mindeste sein, dass Kai es schaffte, ein paar niedere Bedienstete und Freunde komplett zu überlisten. Dennoch war es natürlich höchst ärgerlich, dass sein teures und gut ausgebildetes Personal es nicht einmal schaffte, die zwei Personen, die hier im ganzen Anwesen hausten, genug im Auge behalten zu können, um so etwas Großes wie einen Umzug einer der beiden Personen mitzubekommen.

Der Grauhaarige war durchaus überzeugt von Kais Potenzial. Es war offensichtlich, dass der Junge gewitzt und unglaublich zielstrebig war. Richtig gefördert würde er die Firma definitiv ohne Schande leiten können. Da konnte auch so ein angeheirateter Versager wie sein Schwiegersohn nichts mehr ruinieren. Doch bis es soweit war, musste er noch einiges an Arbeit in den Nachkömmling stecken. Leicht verklärte sich sein Blick und ein stummes Seufzen entrann ihm. Auch für seine Tochter…

Ein Klopfen ließ ihn wieder etwas mehr Haltung annehmen und sich zur Tür umwenden. Hatte sein Gesicht eben noch eine Weichheit innegehabt, die hinter den Zornesfalten tatsächlich so etwas wie einen Großvater vermuten lassen hätte, so war es nun wieder so hart und streng wie eh und je. “Herein”, bellte seine murrige Stimme durch das protzige Arbeitszimmer. Ein wahrscheinlich gleichaltriger, schmaler Mann mit Schnauzer und etwas buschigen Augenbrauen, aber fein säuberlich zurück gegelten ergrauten Haar trat ein.
 

Auch nachdem sie die Kameras im Schnelldurchlauf durchgesehen und die Zimmer des jungen Hiwataris auf den Kopf gestellt hatten, hatten sie nichts gefunden, was genaueres zu seinen Absichten und seinem Aufenthaltsort aussagte. Auch ihm war bewusst, wie durchaus peinlich und versagend die Situation für sie war und das milderte seine Nervosität kein bisschen.

Während er seine Hände knetete und sich länger verbeugte als er musste, begann er zu sprechen: “Herr Hiwatari, es gibt ein Problem.” Er war beinahe überrascht, dass überhaupt ein Ton, trotz des Kloßes in seinem Hals, aus ihm herauskam. Allerdings auch nur fast, immerhin war dies nicht sein erster Tag als Butler in diesem Haus. Ein schroffes Brummen seines Gegenüber deutete ihm fortzufahren: “Der junge Herr Hiwatari hat den Anschein nach das essentiellste seines Hab und Guts eingepackt und ist fortgegangen..nunja, wohl eher geflogen...wir wissen leider nicht wohin. Es geschah in der Nacht und es gelang ihm, unbemerkt zu verschwinden. Im Haus und in den Videoaufzeichnungen waren leider keine weiteren Hinweise zu finden. Wir würden uns als nächstes zum Flughafen begeben, um weiteres herauszufinden.-” Eine Handgeste seitens Voltaires ließ ihn verstummen. “Unfug! Wieso stelle ich 20 Leute an, die es dann nicht einmal schaffen, einen Bengel im Blick zu behalten! Eure Inkompetenz lässt mich wirklich zweifeln, ob hier auch nur einer sowas wie ein bisschen Verstand hat! Ich könnte euch alle rauswerfen und einen Köter anstellen und der würde einen anständigeren Job machen!”, ließ Voltaires prominente Stimme auch die im Gang stehende restliche Belegschaft zusammenzucken. Umso überraschender war die Ruhe, die nach einer kurzen Pause wieder in der Stimme des alten Herren lag, wenngleich sie auch vor Spott triefte: “Zu eurem Glück weiß ich genau, wo Kai sich aufhält. Räumt sein Zimmer auf und deckt die Möbel ab. Wenigstens dazu solltet ihr im Stande sein.”

Etwas verdattert sah der hagere Mann seinen Arbeitgeber an. Es dauerte einen Moment, bis er sich wieder fing und verstand, was die Worte bedeuteten. “Jawohl, wir werden sogleich beginnen.”, verbeugte er sich knapp und trat dann zügig wieder aus dem Büro. Sobald die große Holztür wieder in ihr Schloss gefallen war und ihm seine Belegschaft erwartend ansah-obwohl er sich sicher war, dass sie alles gehört hatten, fiel ihm ein Stein vom Herzen. Tatsächlich hatte er heute mit mindestens einer Entlassung gerechnet. Vielleicht wurde selbst der alte Hiwatari im Alter mild. Ein kurzes Lächeln schlich sich auf seine Lippen, welches auch seine Kollegen selten zu Gesicht bekamen, ehe er sich straffte: “Das Zimmer des jungen Herren ist aufzuräumen und einzumotten, hopp. Wir haben einen großen Fehler auszugleichen. Ich erwarte Perfektion.” Die Ansage ließ wieder Leben in der Belegschaft aufkommen und so löste sich der Pulk schnell in beide Richtungen des Ganges auf; und auch wenn die Schritte nach wie vor zügig waren, merkte man ihnen die Erleichterung dennoch an.

Insgeheim wurden jedoch schon die ersten Theorien gesponnen, wo Kai denn abgeblieben sein könnte, dass Voltaire so ruhig blieb, beinahe schon gut gelaunt schien.
 

Die Tage vergingen und der Alltagstrott hatte sich bald wieder eingestellt. Die Nachforschungen zu Kai hatten sie sobald eingestellt, wie herausgekommen war, dass Voltaire Bescheid wusste, aber abgesehen von der Info, dass sich von nun an fähigeres Personal um ihn kümmern würde, hatte der nun einzige Resident der Villa nichts weiter darüber Preis gegeben. Während der leitende Butler noch darüber grübelte, ob dies nun seine Strafe war und er sich das Vertrauen erst wieder erarbeiten müsste, brodelte unter ihm die Gerüchteküche. War der junge Herr wieder Teil eines von Voltaires experimentellen Projekten geworden? Oder hat das Oberhaupt ihn beseitigen lassen?! Die Tante von einer Freundin soll ihn ja neulich im Urlaub am Strand gesehen haben. Wann das genau war? Also…Nein, er wurde in Russland einberufen für den Militärdienst. Quatsch, nachdem er aus dem Kreisel spielen rausgewachsen ist, arbeitet er jetzt heimlich an seinem Debut als Sänger. - Genau, als ob das Herr Hiwatari jemals gutheißen würde…

Lautes Gezeter und energisches Klopfen unterbrachen das Getuschel im Foye und ließen die zusammengesteckten Köpfe der vier Dienstmädchen auseinanderfahren. Auch das hatte sich fast zum Alltäglichen entwickelt. Seufzend richtete sich die älteste unter ihnen ihre Uniform und schritt zur Tür, um sie zu öffnen, nur um sofort einen Schritt zurückzugehen und so knapp der Faust, die eigentlich die Tür als Ziel hatte, auszuweichen. “Herr Kinomiya.”, begrüßte sie mit wenig amüsiertem Gesicht den ungebetenen Gast, welcher von einen der Torsecurities festgehalten wurde, um ihn am ungefragten Eindringen in die Villa zu hindern. Der Angesprochene zeterte und kampelte, als ginge es um sein Leben. Als er jedoch merkte, dass ihn das nicht voran brachte, stellte er zumindest das Rumgehampel ein, der Griff des Wachmeisters blieb jedoch-aus Erfahrung-eisern. Wütend blitzten ihr nun zwei Augen, dessen blaugrau gerade eher an eine stürmische See erinnerten, entgegen. “Wo ist Kai?! Was habt ihr mit ihm gemacht? Ihr könnt ihn nicht hier einsperren!” , echauffierte sich der dunkelhaarige. “Ich weiß nach wie vor nicht, wie du darauf kommst, dass wir ihn einsperren. Geschweige denn, dass er überhaupt hier ist.”, sah sie leicht genervt auf den kleineren Japaner herab, ihr war bewusst, dass ihr Chef nicht immer sauber spielte, aber sich selbst würde sie sich nicht so etwas abstruses unterstellen lassen. “Hören Sie endlich auf, uns zu belästigen, bei so etwas penetranten kann ich verstehen, dass der junge Herr den Kontakt zu ihnen abgebrochen hat. Sehen Sie es ein und gehen Sie endlich nach Hause!”,ergänzte sie noch mit Nachdruck, ehe sie die Tür wieder vor seiner Nase ins Schloss fallen ließ. “Ups”, schämte sie sich kurz, die Beherrschung verloren zu haben, auf Türenknallen reagierte man hier im Hause ziemlich allergisch. Allerdings waren es nur ihre Kolleginnen, die nun bestärkend zu ihr liefen. “Wie lang er das noch durchziehen will?”, fragte eine. “Er muss doch mal merken, dass es zu nichts führt", entrüstete sich eine andere. “Vor allem, weil wir wirklich nichts wissen…”, fügte sie leiser hinzu. Vor der Tür nahm der Lärm wieder ab, anscheinend hatte die Security es geschafft, den Wildfang wieder zum Ausgang zu bewegen. “Fünf Mäuse, dass er morgen wieder kommt.”,kommentiere die dritte die aufkommende Stille trocken, gefolgt von einem Seufzen und Nicken der anderen.
 

“Ich weiß, was hier gespielt wird”, zischte Takao den jungen Mann an, der ihn nun wieder vor das Tor setzte. Diese hob nur unbeeindruckt die Augenbraue. Auch diese Geschichte hörte er sich nicht zum ersten Mal von dem Beybladechampion an. Der andere konnte ehrlich froh sein, dass sie im Jugendsport nicht derartige Paparazzi hatten, ansonsten hätte er sonst schon längst mit Negativzeilen gepunktet. Das Ganze hier war doch einfach nur noch irre. “Egal welche miesen Machenschaften Voltaire schon wieder im Schilde führt, ich falle da nicht drauf rein! Hast du gehört Kai?! Ich helfe dir! Ich vergess dich nicht, Kumpel!", schrie Takao beherzt in Richtung des Anwesens, bis der Wachtmeister ihm auch noch das Tor vor der Nase ins Schloss fallen ließ.. Ob die beiden wirklich Freunde waren? Irgendwie war das schwer für ihn vorstellbar.
 

Vor sich hin schimpfend, trat der blauhaarige ein weiteres Mal den Heimweg an. Eigentlich lief es doch zuletzt gut zwischen Kai und ihm, oder?! Er würde ihn nicht grundlos ghosten, oder?! Wo sie endlich Nummern ausgetauscht hatten, ein Schritt, den er von den verschlossenen Halbrussen längst nicht mehr erwartet hatte. Und auch Max und Rei, die doch etwas regelmäßiger mit ihm im Austausch gewesen waren, hatten von dem einen Tag auf den anderen nichts mehr von ihm gehört. Da war doch was im Busch. Frustriert raufte er sich die Haare. Er bildete sich zwar ein Kai inzwischen besser zu kennen, aber wenn er ehrlich zu sich war…verstehen tat er ihn immer noch nicht. Umso mehr hatte er sich gefreut, den Rest seiner und Reis letzten Schulsommerferien gemeinsam zu verbringen. Wie damals. Als Bladebreakers. Nein, noch besser, als Freunde. Er und Max hatten noch ein Jahr Schule vor sich, doch die älteren ihrer Vierergruppe standen vor der nächsten Etappe ihres Lebens und selbst er hatte verstanden, dass dies die letzte Gelegenheit sein würde. Nun waren die letzten Tage angebrochen, bevor Rei wieder nach China fliegen würde und von ihrem Lieblingsmuffel fehlte noch immer jede Spur. Richtig, sie hatten nichts. Rei hatte Kai zwar zufällig bei einer Aufnahmeprüfung für eine Uni getroffen, doch bei dieser und ähnlichen Unis hatte sich in ganz Japan kein Kai Hiwatari eingetragen, das hatte Kenny für sie, nachdem er ihn bekniet (und Rei ihm eine unterschriebene MingMing CD zugesteckt) hatte, ausgecheckt. Und was für Zukunftspläne hatte ein Kai Hiwatari sonst?

Nein, er konnte nicht daran glauben, dass Kai einfach abgehauen war, Voltaire musste einfach dahinter stecken.

Aber einfach war mit Kai ja sowieso nie was.

Erneut wählte er Kais Nummer, doch diesmal blieb der Warteton aus.

Kein Anschluss unter dieser Nummer.
 

If home is where the heart is, why do I feel so fucking heartless?



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