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Mein Weg zu Dir

von

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Mimi

Ich bin ziemlich nervös, als ich an diesem Abend Tais Wohnblock erreiche. Während ich die Treppen hoch steige, frage ich mich immer wieder, ob das wirklich eine gute Idee ist.

Was soll schon schief gehen? Es ist doch schließlich ein Abend, wie jeder andere auch. Wir saßen schon hunderte Male zusammen, haben einen Film geguckt und Popcorn gegessen. Oder wir haben mit Matt’s PlayStation gespielt. Oder stundenlang über Gott und die Welt geredet. Nur war bis jetzt keiner von uns beiden in einer Beziehung mit dem besten Freund des anderen. Ob ich mich wohl jemals daran gewöhnen werde, dass ich Tai ab jetzt mit Sora teilen muss? Ich hoffe es. Denn ich möchte so gerne mit ihm befreundet bleiben. Ich liebe ihn. Auch als Freund.

Immer wieder versuche ich mir ins Gedächtnis zu rufen, dass Tai niemals so reagiert hätte, wie ich es getan habe. Ich war eifersüchtig, von der ersten Sekunde an. Ich konnte es plötzlich nicht mehr in seiner Nähe ertragen, weil ich ihn nur noch mit Sora gesehen habe. Meine Eifersucht hat mich blind werden lassen, für das, was zwischen uns ist. Nämlich ein tiefes Vertrauen. Loyalität. Tai und ich sind immer füreinander da. Doch all diese wunderbaren Eigenschaften unserer Beziehung habe ich nicht mehr gesehen. Stattdessen habe ich mich nur darauf fokussiert, dass er jetzt in den festen Händen einer Anderen ist und habe ihn gemieden. So etwas hätte Tai niemals getan. Irgendwie schäme ich mich für mein Verhalten. Denn wäre die Situation umgekehrt gewesen, hätte Tai sich für mich gefreut, da bin ich mir sicher. Wahrscheinlich wäre es ihm leichter gefallen, weil er nicht in mich verliebt ist, aber trotzdem. Es wird wirklich Zeit, dass ich das hinter mir lasse, wie Matt gesagt hat. Dafür muss ich nur endlich mein dummes Herz abschalten. Sollte doch zu machen sein, oder?

Vor Tais Wohnungstür angekommen, atme ich noch ein mal tief durch. Ich hebe die Hand und möchte klingeln, doch noch bevor ich das machen kann, wird die Tür mit einem Ruck aufgerissen. Erschrocken weiche ich einen Schritt zurück.

Matt steht in der Tür und sieht mich mit großen Augen an. In der einen Hand hat er seinen Motorradhelm, in der anderen einen schwarzen Gitarrenkoffer.

»Hey, was machst du denn hier?«, fragt er mich irritiert und ich grinse unsicher. Oh man. Das ist das erste Mal, dass wir uns seit neulich Abend wieder gegenüber stehen. Ich habe überhaupt nicht mehr daran gedacht, weil ich viel zu sehr mit Dad und Tai beschäftigt war. Aber jetzt fällt es mir schlagartig wieder ein.

Verdammt.

Hoffentlich weiß Matt nichts mehr davon. Er war schließlich ziemlich betrunken.

»Ich, äh …«, stottere ich unbeholfen rum, was mir total peinlich ist.

Er grinst schief.

»Tai ist nicht da, falls du den suchst. Oder wolltest du zu mir?«

Scheiße. Er hat es also nicht vergessen.

Schnell schüttle ich den Kopf. »Nein, ich bin mit Tai verabredet. Er hat gesagt, er wäre zu Hause.«

Dass er nicht da ist, versetzt mir einen kleinen Stich ins Herz.

»Er ist noch unterwegs, aber du kannst gerne hier auf ihn warten«, sagt Matt, geht einen Schritt zur Seite und hält mir die Tür auf.

»Ja, das mache ich, danke.«

Da Matt allerdings immer noch mitten in der Tür steht und voll bepackt ist, muss ich mich ziemlich eng an ihm vorbei quetschen. Kurz berühren sich dabei unsere Beine, woraufhin mir ein Schauer über den Rücken läuft. Als ich zu ihm aufsehe, zucken seine Mundwinkel. Wie schön, dass er seinen Spaß daran hat.

»Okay, ich gehe dann mal«, sagt er und geht zum Glück nicht weiter darauf ein. »Du weißt ja, wo alles steht. Wenn du Hunger oder Durst hast, bedien dich einfach. Tai war gerade erst einkaufen.« Er grinst frech und will schon die Tür hinter sich zumachen, steckt jedoch noch mal den Kopf in den Flur. »Und Finger weg von meiner Plattensammlung. Ich mein’s Ernst, sonst gibt’s Ärger.«

Ich zische verächtlich und verschränke die Arme vor der Brust. »Du bist echt doof. Was will ich denn mit deiner komischen Plattensammlung?«

Andächtig zieht er eine Augenbraue in die Höhe. »Ich wollte es nur sicherheitshalber noch mal erwähnt haben. Ciao.« Dann macht er die Tür hinter sich zu.

»Ja, du mich auch«, werfe ich noch hinterher, aber das hört er nicht mehr. Ich gehe geradewegs ins Wohnzimmer und überlege, ob ich einfach in Tais Zimmer auf ihn warten soll. Aber dann kommt mir der Gedanke, dass da inzwischen vielleicht Sachen von Sora rum liegen könnten. Ein BH oder ein Slip von ihr. Und das möchte ich lieber nicht sehen. Also gehe ich geradewegs zu dem einzigen Schrank, der im Wohnzimmer steht und mache ihn auf. Ich nehme mir ein paar von Matt’s Platten heraus und sehe sie mir an.

»So, was haben wir denn da so Schönes?«

Viele der Bands habe ich noch nie gehört, deshalb wähle ich The Cure aus. Ich lege die Platte behutsam in den Plattenspieler, der auf der Kommode steht und starte das Album. Dann werfe ich mich auf den Teppichboden und verschränke die Arme hinter dem Kopf. Meine Füße wippen im Takt der Musik und ich starre an die Decke.

Wo Tai wohl steckt?

Na ja, er kommt sicher gleich. Er würde mich ja nicht zu sich einladen, wenn er gar nicht zu Hause wäre.

Die Platte lasse ich einfach laufen, während ich warte. Sie ist wirklich gut. Matt hat einen guten Geschmack. Als sie zu Ende ist, stehe ich auf und lege gleich die Nächste auf, diesmal von einer anderen Band - The Kooks. Hmm, noch nie gehört. Aber was soll's. Während ich sie laufen lasse, beschließe ich, einfach schon mal was zum Abendessen vorzubereiten. Wenn Tai nach Hause kommt, wird er sicher Hunger haben. Und mein Magen meldet sich auch so langsam zu Wort, da ich es nicht mehr geschafft habe, nach meiner Schicht im Café noch etwas zu essen.

Matt hat nicht untertrieben. Tai war wirklich gerade erst einkaufen, denn der Kühlschrank ist prall gefüllt. Ich entscheide mich für ein klassisches Currygericht mit Reis und während alles schön vor sich hin köchelt, mache ich mich wieder über Matt’s Platten her. Seine Musik gefällt mir so gut, dass ich schon ganz gespannt bin, was ich jetzt zu hören bekomme. Ich ertappe mich sogar dabei, wie ich einige Lieder mit summe oder in der Küche umher tänzle.

Nachdem das Essen gar ist und ich alles abgewaschen habe, was ich benutzt habe, gehe ich zurück ins Wohnzimmer und sehe auf die Uhr.

Verdammt. Es ist schon nach 21 Uhr. Ob Tai etwas zugestoßen ist? So langsam mache ich mir echt Sorgen. Ich checke mein Handy und erwarte eine Nachricht von ihm, dass er aufgehalten wurde und sich nur verspätet. Aber da ist nichts. Ich wähle seine Nummer und versuche ihn zu erreichen. Aber nach wenigen Sekunden werde ich weggedrückt.

Was zur Hölle …?

Ich drücke auf die Wahlwiederholungstaste und lasse es erneut klingeln. Dann wieder - weg.

Fassungslos sehe ich aufs Display meines Handys. Hat er mich gerade allen Ernstes gleich zwei Mal weggedrückt? Das ist doch wohl die Höhe! Spinnt er? Das hat er noch nie gemacht. Und das lässt für mich nur einen logischen Schluss zu. Er ist bei Sora.

Wieder ist er bei ihr und nicht bei mir. Diese verdammte Verabredung war seine Idee, nicht meine. Und jetzt versetzt er mich einfach? Mein Herz zieht sich schmerzhaft zusammen. Was ist nur los mit ihm? Ist das die Rache dafür, dass ich ihn mehrere Wochen lang gemieden habe? Was hat das alles zu bedeuten? Er hat sich doch so ins Zeug gelegt und nicht locker gelassen, bis ich mich auf dieses Treffen eingelassen habe. Und jetzt? Jetzt taucht er nicht auf und lässt mich eiskalt in seiner Wohnung stundenlang auf ihn warten? Das ist echt das allerletzte, Taichi Yagami!

Wutentbrannt schnappe ich meine Jacke und renne hinaus ins Treppenhaus. Ich knalle die Tür hinter mir zu und stürme davon. Doch bevor ich nach unten gehe, mache ich kurz Halt und überlege. Meine Finger krallen sich in das Geländer. Nein, ich kann so nicht gehen. Ich muss mir erst Luft machen.

Also schlage ich eine andere Richtung ein und gehe anstatt nach unten, nach oben. Ich stoße die Tür zum Dach auf und renne hinaus in die kühle Nachtluft.

Dann schreie ich.

So laut ich kann.

Und aus voller Kehle.

Ich schreie und schreie und schreie. All meine Wut bekommt endlich ein Ventil und wird wortlos von der Nacht verschluckt. Was für ein Gefühl!

Als meine Lunge zu brennen beginnt, verstumme ich schließlich und sacke auf meine Knie. Mein Atem geht schnell und innerlich bin ich immer noch komplett aufgewühlt. Die Enttäuschung sitzt tief und schmerzt. Ich spüre, wie mir die Tränen in die Augen schießen und diesmal halte ich sie nicht zurück. Ich habe keine Lust mehr, die Starke spielen zu müssen. Es reicht mir endgültig, also lasse ich ihnen freien Lauf. Wie Regentropfen fallen sie zu Boden und am liebsten würde ich mein verdammtes Herz gleich hinterherschmeißen. Warum musste ich mich nur ausgerechnet in Tai verlieben? Es hätte jeder andere sein können. Nur nicht er.

Ich weine einfach immer weiter und meine Schultern beben, bis ich keine Kraft mehr habe. Irgendwann versiegen meine Tränen und ich ziehe meine Beine dicht an meine Brust, um sie wie ein kleines Kind zu umklammern. Damit ich überhaupt noch etwas habe, woran ich mich festhalten kann. Warum fühle ich mich eigentlich so verdammt einsam? Ich hasse dieses Gefühl. Ich hasse Tai. Ich hasse meine Mutter. Und irgendwie hasse ich auch mich selbst, weil ich sie alle hasse und es doch eigentlich gar nicht will. Ich will mich ja für Tai freuen. Und auch für meine Mom. Aber es ist so verdammt schwer. Denn irgendwie habe ich das Gefühl, nicht mehr länger Teil ihres Lebens zu sein. Als hätten sie sich gegen mich entschieden. Und das tut verdammt weh.

»Hallo?«, höre ich plötzlich eine vertraute Stimme hinter mir. Ich muss mich nicht umdrehen, um zu sehen, dass es Matt ist, der eben aufs Dach gekommen ist.

Schnell wische ich mir die noch übrig gebliebenen Tränen von der Wange.

»Was willst du denn hier?«

»Na ja«, sagt Matt und ich höre seine Schritte hinter mir. Er kommt näher. »Ich bin eben nach Hause gekommen und die Nachbarn haben sich bei mir über den Lärm beschwert. Irgend so eine Verrückte ist wohl Hals über Kopf aus meiner Wohnung gestürmt und aufs Dach gerannt, um wie wild herum zu schreien.«

Er setzt sich neben mich und ich lache theatralisch auf. »Das gibt das Ereignis ziemlich genau wieder«, sage ich und vermeide es dabei, ihn anzusehen. Was ihn nicht daran hindert, mich von der Seite her zu mustern.

»Du hast echt ne Schraube locker, weißt du das?«

Jetzt schnellt mein Kopf doch in seine Richtung und ich sehe ihn entsetzt an. »Wie bitte?«

»Jaah«, sagt Matt gedehnt und legt die Unterarme auf seine Knie ab. »Du kommst hier her und brüllst die ganze Nachbarschaft zusammen, weil du sauer auf Tai bist? Ernsthaft, Mimi. So was verrücktes wie dich, habe ich in meinem ganzen Leben noch nicht gesehen.«

Zunächst klappt mir der Mund auf, doch dann pruste ich los. »So, wie du es sagst, klingt es wirklich ziemlich schräg«, gebe ich zu und halte mir den Bauch vor Lachen. Er hat ja recht. Mal ehrlich, was habe ich mir dabei gedacht?

»Das ist nicht nur schräg, das ist total krank«, grinst Matt nun breit. »Du solltest wirklich mal über eine Therapie nachdenken. Ich denke, eine Schrei-Therapie könnte genau das Richtige für dich sein - wenn es so was überhaupt gibt.«

Ich muss noch mehr lachen. So sehr, dass mir die Tränen in die Augen steigen. Doch diesmal sind es keine Tränen der Trauer.

»Du bist echt ziemlich unhöflich, weißt du das?«, entgegne ich, während ich mich langsam wieder beruhige.

Matt zuckt belanglos mit den Schultern. »Das macht nichts. Damit kann ich leben.« Er steht auf und geht weg.

»Hey«, sage ich empört und drehe mich zu ihm um. »Das war's schon? Du beleidigst mich, anstatt mich aufzubauen und haust dann ab?«

Er vergräbt die Hände in den Hosentaschen und lächelt verschmitzt. »Dich aufzubauen ist Tai's Job, nicht meiner. Außerdem hat irgendwer unten dieses super leckere Curry gekocht und ich habe echt Hunger.«

Er legt eine Hand auf seinen Bauch und zeigt dann auf mich. »Was ist? Kommst du mit?«

Ich schüttle den Kopf und lächle. So ein Idiot.

»Ja, natürlich«, sage ich, stehe auf und klopfe mir die Hose ab. »Hab ich ja schließlich nicht für dich gekocht.«

»Sondern?«

»Für Tai.«

»Dann wird es mir doppelt so gut schmecken«, lacht er, als wir die Treppen runter gehen. »Und ich werde alles aufessen. Bis auf den letzten Tropfen.«

»Du bist echt gehässig«, lache ich. Matt lacht auch, schließt die Wohnung auf und wir gehen rein.

»Auch damit kann ich leben.«

Weil das Essen schon etwas abgekühlt ist, mache ich es schnell noch mal warm und wir essen im Wohnzimmer. Wir sitzen beide auf dem Fußboden und Matt schaufelt sich mehr von dem Curry rein, als gut für ihn sein kann.

Wow. Und ich dachte, Tai wäre gefräßig. Kein Wunde, dass ihr Kühlschrank sonst immer leer ist.

»Wenn du noch mehr isst, wirst du platzen«, sage ich, während ich skeptisch beobachte, wie er sich noch eine Portion auf den Teller lädt.

»Ich hatte Bandprobe. Das war echt anstrengend und macht hungrig«, meint er mit vollem Mund und zeigt dann auf den Schrank hinter sich. »Wo wir gerade beim Thema sind. Was sollte das? Ich habe dir doch extra gesagt, du sollst die Finger davon lassen.«

Ohje. Ich lege den Kopf schief und schiele an ihm vorbei. Matt’s Platten liegen immer noch kreuz und quer auf dem Fußboden, so wie ich sie zurückgelassen habe.

»Tut mir leid«, sage ich und lege ein mitleidiges Gesicht auf. »Ich war nur neugierig.«

»Hast du wenigstens was Gutes gefunden, wenn du schon alles respektlos durchwühlst?«

Ich öffne den Mund und möchte mich eigentlich beschweren, weil ich nicht wühle. Und noch nie gewühlt habe. Aber dann entscheide ich mich doch anders.

»Ja, es waren einige gute Sachen dabei. Du hast einen guten Musikgeschmack.«

Kauend sieht Matt auf und grinst. »War das etwa ein Kompliment?«

Ich verziehe das Gesicht. »Niemals, nein.« Er grinst und isst weiter.

»Warum bist du vorhin auf dem Dach eigentlich so ausgerastet?«, fragt Matt plötzlich und ich sehe ihn irritiert an. Liegt das nicht auf der Hand?

»Weil ich sauer auf Tai war, das weißt du doch.«

»Wirklich? Nur deswegen? Ich meine, ich kenne dich jetzt schon ziemlich lange und weiß, dass Tai dich manchmal auf die Palme bringen kann. Ganz ehrlich, das geht uns allen so.«

Ich muss kurz lachen, bis ich wieder ernst werde. »Die letzten Tage waren ziemlich hart«, erzähle ich schließlich. »Oder besser gesagt: die letzten Monate.«

Tatsächlich ist es kein Geheimnis, was in letzter Zeit familiär bei mir abging. Das war alles kein Zuckerschlecken und ist es noch nicht. Nur kann ich inzwischen besser damit umgehen - habe ich gedacht.

»Wahrscheinlich lag es nicht nur an Tai, dass ich so die Fassung verloren habe«, sage ich schulterzuckend und stochere nebenbei in den Resten auf meinem Teller herum. »Mein Dad liegt im Krankenhaus. Morgen wird er zum Glück wieder entlassen, aber … als ich erfahren habe, dass er wegen meiner Mom und des Alkohols dort liegt, ist für mich eine Welt zusammen gebrochen. Manchmal habe ich das Gefühl, egal, wie sehr du versuchst für einen anderen Menschen da zu sein … Manchmal hast du einfach nicht die Macht zu verhindern, dass er sich zerstört. Verstehst du, was ich meine?«

Ich hebe den Blick und schaue in Matt’s Gesicht, der inzwischen fertig mit Essen ist und mir aufmerksam zuhört. Er nickt.

»Natürlich. Ich denke, jeder von uns hat sich schon mal derart hilflos gefühlt.«

»Ja«, stimme ich ihm traurig zu. »Ich habe mit noch niemanden darüber gesprochen, wie es meinem Dad geht. Ich denke, weil ich Angst habe, dann Dinge zu hören, die ich nicht hören will. Und die ich längst schon weiß.«

Inzwischen ist ein offenes Geheimnis, dass mein Vater ein Alkoholproblem hat. Dass er seinen Job verloren hat und nicht mehr weiß, wie er seine laufenden Rechnungen bezahlen soll. Die Sache mit meiner Mutter und ihrer Schwangerschaft hat ihm den Rest gegeben. Manchmal habe ich Angst, dass der nächste Tropfen das Fass zum überlaufen bringt. Dass nur noch eine einzige Sache passieren muss, bis es zu spät ist. Und ich dachte, dieser Moment sei vor wenigen Tagen gekommen, als das Krankenhaus anrief.

»Von mir wirst du das nicht hören«, meint Matt und ich sehe ihn dankend an. Es tut wirklich gut, dass er einfach nur zuhören kann, ohne kluge Ratschläge zu erteilen. Trotzdem sieht er mich mitfühlend an. Als würde er genau verstehen, was ich gerade durchmache.

»Es wird besser, Mimi. Versprochen. Jeder Sturm ist irgendwann vorüber.«

Ich lächle. »Ich weiß.«

Das tue ich wirklich. Es ist nur manchmal schwer, das Licht am Ende des Tunnels zu sehen, wenn der Tunnel einem so endlos lang erscheint.

Matt sieht mich mitleidig an und ich starre auf meinen Teller. Warum ist es mir so unangenehm, Gefühle vor ihm zu zeigen?

Weil gerade eine beklemmende Stimmung zwischen uns herrscht, räuspere ich mich schließlich. »Ich denke, ich gehe jetzt.«

Matt nickt, steht auf und begleitet mich zur Tür. Ich ziehe meine Schuhe an und werfe mir meine Jacke über.

»Nun«, sage ich schwergewichtig, als ich mich zu ihm umdrehe. »Richte Tai bitte aus, dass er mich mal kann. Kreuzweise.«

Matt lacht. »Sehr gerne.«

»Gut, bis dann.« Ich hebe die Hand zum Abschied, doch Matt öffnet erneut den Mund, um noch etwas zu sagen.

»Tut mir übrigens echt Leid, dass ich dir neulich Abend so auf die Pelle gerückt bin.«

»Oh, ähm …«, stammle ich voller Unbehagen, weil ich jetzt absolut nicht damit gerechnet habe, dass er mich auf diesen Abend anspricht. Ehrlichgesagt habe ich gehofft, dass sich unser Gespräch in der Bar durch den Alkohol in Schall und Rauch aufgelöst hat. Aber irgendwie bin ich mir jetzt doch unsicher, an was er sich alles noch erinnern kann. Deswegen pokere ich hoch …

»Ach, kein Thema. Du weißt doch eh nicht mehr, was du in der Nacht alles gesagt hast.« Triumphierend hebe ich das Kinn an, doch er grinst nur.

»Jedes einzelne Wort.« Sein Blick fixiert mich. Verdammt. Er meint es ernst.

Ich schlucke und versuche irgendwie zu verbergen, wie nervös mich dieses Gespräch macht. Und seine Nähe. Plötzlich ist es wie neulich Abend zwischen uns.

Es knistert.

Und das spüre nicht nur ich. Das macht mich wahnsinnig. Weil es nicht sein darf und nicht sein soll und …

»Ich muss jetzt gehen«, sage ich ausweichend, woraufhin er noch mehr grinst. Oh, man. Er hat mich genau durchschaut. Mal wieder.

»Alles klar.«

Ich schließe die Tür hinter mir und atme aus. Mein Gesicht glüht. Das muss aufhören, definitiv. Was auch immer das da ist, was Matt ins rollen gebracht hat. Es kann absolut nicht gesund sein. Schon gar nicht, weil ich in seinen besten Freund verliebt bin und ihm gegenüber auf keinen Fall solche Gedanken haben sollte. Schnell verdränge ich das - was wäre wenn? - wieder und denke daran, wie schön es war, mit Matt einfach nur zusammen zu sein. In seiner Gegenwart konnte ich meine Sorgen für einen kurzen Moment vergessen. Und das hat sich einfach gut angefühlt. Auf dem Heimweg springen meine Gedanken jedoch wieder zu Tai und ich werde traurig. Die Zeit, die ich heute mit Matt verbracht habe, wollte ich eigentlich mit ihm verbringen. Ich wollte ihm von meinen Sorgen erzählen, mich an ihn kuscheln, mich von ihm trösten lassen. Doch wahrscheinlich muss ich einfach einsehen, dass es nie wieder so zwischen uns sein wird. Vielleicht sollte ich mir einfach einen neuen, besten Freund suchen. Eigentlich bleiben ja da nur noch Kari und T.K., aber die beiden sind noch so jung und haben ganz andere Probleme. Teenie-Probleme. Sora kann ich, als jetzige Freundin von Tai, wohl auch vergessen. Joe ist zu beschäftigt und hat nur Arbeit im Kopf, genauso wie Izzy.

Toll. Und schon lande ich wieder bei Matt …

Er kann wirklich nett sein, wenn man hinter seine grummelige Schale guckt. Und er hört mir zu. Er versteht, was in mir vorgeht. Und trotzdem will mein Herz nur einen.

Oh, Tai. Warum bist du nur so ein Blödmann?



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von:  dattelpalme11
2022-07-24T19:45:04+00:00 24.07.2022 21:45
Soo nochmal ich für heute. Vllt schaffe ich bald auf dem neuesten Stand zu sein, aber wahrscheinlich bist du zu schnell :D
Okay also Mimis Situation ist echt beschissen. Mimis Mutter finde ich immer schwieriger. Die Alkoholvergiftung des Ehemannes so auf die leichte Schulter zu nehmen ist echt nicht gut. Sie hat ihr neues Leben und scheinbar ist ihr egal was aus ihm wird. Ich denke nämlich nicht, dass man so eine Nachricht behutsam überbringen kann, besonders nicht wenn man so euphorisch ist wie Mimis Mutter.

Und dann will sich Mimi mit Tai treffen und er ist nicht da. Vorher besucht er sie noch auf der Arbeit mit Sora. Also die drei zusammen finde ich immer sehr unangenehm zu verfolgen. Ich denke, da wird viel untergeschluckt und wenig miteinander geredet.

Warum Tai nicht auftaucht, ist für mich auch nicht so nachvollziehbar. Er treibt unweigerlich Mimi immer mehr in die Arme von Matt. Denn ich glaube schon, dass er sein Angebot ziemlich ernst meint. Ich frage mich nur, ob er vllt auch Gefühle für Mimi haben könnte :P?
Irgendwie ist er ziemlich hinten dran :>

Naja ich bleibe bespannt ;)
Von:  Linchen-86
2022-07-17T18:40:51+00:00 17.07.2022 20:40
Also da habe ich mich so auf ein Michi Kapitel gefreut und dann... versetzt er sie.

Blödsinn, ist echt nett umschrieben für das was mir einfällt.

Matt gingehen fand ich sehr erfrischend und amüsant. Also wenn was da geht, ist Tai es doch echt selber Schuld ;)

Bin auf seine Ausrede gespannt und wie er das wieder gut machen will...
Von:  Hallostern2014
2022-07-15T21:16:11+00:00 15.07.2022 23:16
Huhu Liebes ❤

Der kleine schläft endlich 😂🙈.

Ich finde das Kapitel auch nach hören und lesen immer noch mega toll 😍

Wäre Mimi mit einen von der Gruppe zusammen. Und er wüsste davon nichts wäre er genau so sauer. Bzw wäre sie überhaupt in einer Beziehung..Da er ja genauso Gefühle für sie hätte. Wahrscheinlich hätte er sich erst voll laufen lassen und sich dann irgendeine blöde Tussi abgeschleppt. Da ist ja Mimis Verhalten noch harmlos. Deswegen braucht sie sich keine Gedanken machen. Jeder würde so reagieren. Naja jede Frau. Sora und Zocken 🤣🤣🤣🤣. Na da kann Tai ja gleich alleine spielen. Ich hoffe ja mal nicht das es soweit kommt. Das kann er mit Matt und Mimi machen.

Matt ist so genial 🤣. Ich mag es wenn er so drauf ist. Das ist der wahre Matt. Der auch mal frech sein kann.
Tja, dass mit der Plattensammlung hätte er mal nicht sagen sollen 😂. Aber Mimi hat ja etwas gefunden. Die armen Nachbarn 🤣🤣🤣. Aber ich fand es mega Lieb das sie für Tai gekocht hatte. Aber der Blödi kam ja nicht. Und was macht er ? Er drückt sie weg. Ich weiß ja warum. Aber das wäre doch schnell gegangen. Deswegen kann ich verstehen das sie einfach weglaufen wollte. Aber da sie zum Dacht rennt und los schreit finde ich immer noch so genial. Man kann sich Bildlich vorstellen wir sie da steht und alles raus schreit. Und wie die Nachbarn aus dem Bett fallen 🤣. Das sie dannach weinen musste war verständlich. Sie musste so viel durch machen. Wollte sich bei Tais Schulter ausweinen und er? Er läst sie sitzen. Aber zum Glück kam Matt. Der ihr mit seinen frechen Sprüchen wieder aufgeheitert hatte.

Pech für Tai, dass er das Curry nicht essen konnte. Eine Strafe muss sein. Und da er weiß wie Mimi kocht weißt er ja was er verpasst. Wie die beide mit einander umgehen ist einfach Hammer. Beide sind null verkrampft. Sie können einfach sie selbst sein. Matt versteckt sich nicht mehr hinter seine Harteschale und Mimi muss ich auch nicht verstellen.

Auch das Matt nochmal nachgefragt hatte warum Mimi auf dem Dacht war zeigt doch das sie ihn als Freundin nicht egal ist. Vorallem weil er sofort wusste das es nicht nur Tai ist. Warum sie so traurig war. Und nun weiß er auch die Geschichte mit ihrer Mutter. Und sie konnte sie Matt anvertrauten. Das ihr Vater im Krankenhaus ist. Tja auch hier hätte da Tai sein müssen. Wie Matt auch hier reagiert finde ich klasse. Er kann auch wirklich gut zuhören ohne dumme Ratschläge zu geben. Sora hätte sie sich da niemals anvertrauen können. Sie hat sich eh schon als beste Freundin Qualifiziert. Wann war sie dann mal für ihr da? Hat sie gefragt wie es ihr geht ?

Das Pokern hat wohl nicht geholfen. Matt weiß noch alles. Na ob sie sich damit einen gefallen getan hat. Ich glaube nicht 🙈. Und wenn Tai so weiter macht, ladet sie sehr schnell ins Matt es Arm.
Mit ihn kann sie jedenfalls auch mal über Tai bei ihn beschweren. Ohne das sie verschweigen muss, das sie Gefühle für ihn hat. Zum Glück ist es bei Matt nur Körperlicheanziehung. 🤣

So das war's hier erstmal. Bis gleich beim Nächsten Kapitel 😍



Antwort von:  Khaleesi26
16.07.2022 11:00
Jaaa, auch wenn Tai vermutlich seine Gründe hatte, nicht aufzutauchen, war es doch keine feine Art von ihm. Kurz Absagen hätte ja nicht weh getan...
Dann wäre Mimi nicht so ausgerastet. Aber dann hätte sie auch dieses Gespräch mit Matt nicht gehabt, der ihr ja ein guter Zuhörer an dem Abend war und auch mal eine andere Seite von sich gezeigt hat.
Ich denke auch nicht, dass ihm so viel egal ist, wie er immer tut. Er kriegt schon eine Menge mit, was in den anderen vor geht, sagt halt nur nicht zu allen was.
Naja und das mit Sora hat sich wohl vorerst erledigt... wobei Mimi schon noch versucht, die Freundschaft aufrecht zu erhalten, aber das wird nach hinten los gehen ... aber das kommt dann noch.
Jaaa und wenn Tai so weiter macht, klingt Matt's Angebot vielleicht doch noch irgendwann ganz verlockend...
Von:  Ariana
2022-07-15T16:14:15+00:00 15.07.2022 18:14
Ja genau Tai, warum bist du so ein Blödmann!
Ja richtig gesehen! Ausrufezeichen! Nicht Fragezeichen! Es ist ein Fakt, keine Frage mehr.
Ich fass es nicht. Da ist der so nervig, bettelt darum, dass Mimi zu ihm kommt und dann versetzt er sie? Auch noch bei sich zu Hause?!
Ähm… ja, da hätte ich noch andere Sachen gemacht, als nur auf dem Dach schreien und heulen. Zum Beispiel Abführmittel in seine Curry Portion gemischt 🤔 dann hätte Matt noch was zum Lachen, wenn er ausgerechnet dann natürlich im Bad duschen ist und die Badezimmertür abgeschlossen ist. Vielleicht sogar mit Mimi 😆

Aber Matt ist toll! Und ich fand es schön, wie er Mimi noch mal seine andere Seite gezeigt hat. Er mitfühlend ist und sie mit seinem trockenen Humor zum Lachen brachte. Oooh und das Ende hihi 🤭
Er hätte ihr gerne das Angebot noch mal im nüchternen Zustand unterbreiten können. Das wäre ziemlich lustig geworden.
Mimi ich sag dir was, auch wenn dein Herz Dumpfbacke 2.0 gehört, darf deine kleine Miezekatze da unten trotzdem Spaß haben 🤣 und wenn SexyHotEifelturm87 oder nennen wir ihn lieber Rockstarlover 🤔 … also wenn er dir ein Angebot macht, dann würde ICH nicht nein sagen. Ich meine, es hätte ja ein weit aus hässlicheres männliches etwas dich anbaggern können. Aber es ist SexyHotEifelturm87… ach lassen wir das. Du weißt schon! Es ist halt Matt. Wer würde verdammt noch mal
Mattiboy von der Bettkante stoßen? Also ich nicht. Naja jetzt schon. Ich bin verheiraten und hab Kinder und so 🥲 aber mein früheres Teenie Ich, hätte ihn direkt besprungen. Nur mal so zur Info die keiner wissen will 😂😂😂

Hab‘s fein 😊❤️
Antwort von:  Khaleesi26
16.07.2022 10:57
Hahahahahaa! Du bist so gemein, herrlich xD Abführmittel ins Essen! Das wäre super gewesen! Und er hätte es verdient, das war schon ne blöde Aktion.

:D Ja oder? Sehe ich auch so. Sie ist single, er ist single, sie hätten sich nichts vorzuwerfen :D Wenn sie es nicht macht, hat sie ja trotzdem noch Liebeskummer wegen Tai, äh der Dumpfbacke 2.0 xD Wenn sie es macht, hat sie zwar auch Liebeskummer, aber wenigstens noch ein bisschen Spaß :P

SexyHotEifelturm87 hat den Chatroom betreten XD XD XD
Ich. Kann. Nicht. Mehr!!!!! Wie kann man jemanden, mit so einem heißen Nickname abweisen?! :D
Naja, mal sehen, wie lang sie noch standhaft bleiben kann *hust*


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