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Zauberhafte Weihnachten

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Wem Elphinstone Urquart nichts sagt – das ist Minervas Ehemann und ehemaliger Vorgesetzter aus dem Zaubereiministerium, der auf Pottermore erwähnt wird. Und wer sich jetzt für die (oder besser – meine) Geschichte der beiden interessiert, dem empfehle ich ganz dreist meine FF dazu, Stichflamme. Darin gibt es die Anfänge dieses Paars und einen rätselhaften Vermisstenfall zu lesen! Wenn ihr vorbeischaut, macht ihr eine gewisse Autorin zu Weihnachten seeehr glücklich ;)

Aber genug der schamlosen Eigenwerbung, viel Spaß mit dem vorletzten Oneshot!] Komplett anzeigen

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Mehlmagie [Minerva McGonagall & Elphinstone Urquart]


 

Hogsmeade, 1983

Minerva McGonagall und Elphinstone Urquart

 

Backen ist kein Hexenwerk – zumindest was Minerva anbelangt. Ihr Vorhaben, Ingwerkekse für ihren Mann zu backen, schlägt jedenfalls ordentlich fehl, da hilft auch Zauberei nicht mehr. Zum Glück weiß Elphinstone Rat …

 

***

 

Wer hätte gedacht, dass Backen so schwer war. Am fehlenden Rezept konnte es nicht liegen und die Zutaten waren auch allesamt die Richtigen. Und dennoch gebärdete der Teig sich widerspenstig wie ein Bowtruckle, der seinen Heimatbaum gegen einen Holzfäller verteidigte. Wenn es denn wenigstens ein Teig wäre! Im jetzigen Zustand war vermutlich mehr Mehl in ihren Haaren gelandet als irgendwo sonst.

Nicht zum ersten und nicht zum letzten Mal an diesem Tag war Minerva kurz davor, die mehlbestäubte Schande mit einem Schlenker ihres Zauberstabs verschwinden zu lassen. Das war zumindest etwas, was sie beherrschte. Ganz anders verhielt es sich offenbar mit dem Backen, ob nun auf magischem Weg oder Muggelart – sie hatte sich bereits an beidem versucht, mit Zauberei und Muskelschmalz. Das Ergebnis blieb das Gleiche. Eine Schande.

Frustriert wanderte ihr Blick durch die Küche ihres Cottages, die heute Morgen noch blitzblank gewesen war. Wie einige Spritzer klebrigen Teigs es bis an die Deckenlampe geschafft hatten, konnte sie sich bei bestem Willen nicht erklären. War es geschehen, nachdem sie vielleicht etwas zu energisch den Schneebesen verzaubert hatte? Oder doch erst, als sie ihn wütend in die Spüle geschleudert hatte, nachdem sie es ohne zaubern versucht hatte?

Wie auch immer, sie schämte sich für das Chaos, das sie zu verantworten hatte. Hätte das eines der Kinder aus dem Schloss verbrochen, sie würde ernstlich überlegen, demjenigen eine Standpauke zu halten. Ihre Hand schlich sich bereits zu ihrem Zauberstab, um das Elend zu beseitigen, da besann sie sich eines Besseren. Sie hatte sich schon ganz anderen Dingen gestellt – rasend schnellen Klatschern, kuschelbedürftigen Teufelsschlingen und todesfluchschwingenden Todessern –, da würde so eine harmlose und gänzlich banale Tätigkeit wie das Backen sie nicht in die Knie zwingen. Das wäre doch gelacht, wenn sie es nicht schaffen würde!

Statt also das ganze Chaos verschwinden zu lassen, griff sie ein weiteres Mal nach dem Mehl und versuchte zu retten, was zu retten war. Aber es schien, als hätte der Teig ein Eigenleben und egal, wie akkurat sie jeden Schritt dieses verfluchten Rezeptes befolgte, am Ende war es erneut eine undefinierbare Masse und irgendwie hatte es das Mehl schon wieder geschafft, sich überall hinzuverteilen. Bevorzugt in ihre Haare.

Unter leisen Verwünschungen ließ sie den Kopf in die Hände sinken – ein Fehler, denn an denen klebten Reste des Teiges. Eigentlich hatte sie seit Stunden fertig sein wollen, immerhin hatte sie einen ganzen Stapel Aufsätze zu benoten und dann war da noch ihre eigene Publikation für das Magazin Verwandlung heute, die geschrieben werden wollte.

Als sie diesen gar nicht mal so ehrgeizigen Plan gefasst hatte, war sie davon überzeugt gewesen, dass es nur ein, zwei Stunden dauern würde. In dem Rezept, das sie aus diesem grässlichen Magazin – der Hexenwoche – im Lehrerzimmer kopiert hatte, stand etwas von dreißig Minuten. Eine Zeitangabe, die sie offenbar verhöhnen sollte. Ein Blick auf die Uhr zeigte, dass sie seit viereinhalb Stunden in der Küche war.

Genervt fuhr sie sich über die Wangen, um die Spuren des Mehls zu tilgen. Sie würde niemals alles rechtzeitig schaffen. Ganz zu schweigen davon, dass ... – da hörte sie schon das Auflodern der Flohpulverflammen im Wohnzimmerkamin. Elphinstone bald zurück sein würde, beendete sie ihren Gedanken. Genau jetzt. Er hatte ihr gerade noch gefehlt.

»Verfluchter Drachenmist!«

Ehe sie ihren Zauberstab im Durcheinander aus Schüsseln, Zutaten und Teigresten entdecken konnte, spazierte ihr Ehemann schon in die Küche, noch im Reiseumhang und mit dem grün-silbernen Schal über den Schultern. Lange bevor er irgendetwas sagte, sah sie den Schalk in seinen grauen Augen aufblitzen. Amüsiert nahm er das Chaos in sich auf, von ihrem mehlbestäubten schwarzen Haar, das nun beinahe so weiß wie seines war, bis hin zu dem Teig an der Decke. Ein vorwitziges Lächeln umspielte seine Züge.

»Sind Trolle in unsere Küche eingefallen oder was ist hier passiert?«

Seufzend versuchte Minerva wenigstens einen Rest Würde zu bewahren und rubbelte die Rückstände klebrigen Teigs von ihren Fingern. »Es war nur ein ... Experiment«, grummelte sie unwirsch. »Vergiss es einfach.« Sie zog den Zauberstab zwischen zwei Schüsseln hervor, dieses Mal wirklich drauf und dran, das Chaos zu beseitigen.

Doch Elphinstone blieb nicht im Türrahmen, sondern wagte sich in die Küche vor, einen neugierigen und gleichermaßen vorsichtigen Blick in Richtung des Teigklumpens auf der Anrichte gerichtet. »Hmm, rieche ich da etwa Ingwer in diesem Experiment?« Ohne ihre Antwort abzuwarten, streckte er einen Finger in den Teig, nur um kurz darauf das Gesicht zu verziehen, als hätte er eine der besonders ekelhaften Bertie Botts Bohnen erwischt. »Ouh, Merlin. Das ist etwas viel ... Salz?«

Unglücklich trommelte Minerva mit dem Zauberstab auf die Tischkante. »Jaja, es schmeckt scheußlich, ich weiß.«

»Also sollte es tatsächlich essbar werden?«

Sie rollte mit den Augen. »Es ist jedenfalls nicht meine neuste Verwandlungsforschung. Wenn du es genau wissen willst, es sollten Kekse werden. Einfach nur verfluchte Kekse.«

»Was du nicht sagst.« Ihr Mann lachte leise. »Ich kenne mich mit verfluchten Keksen nicht aus, aber vermutlich muss das so. Welche unglückliche Person willst du denn damit bestrafen? Hoffentlich nicht mich! Ich habe wirklich lange keine gefährliche Pflanze mehr mit nach Hause gebracht. Oder hast du etwa die Tentacula im Schuppen entdeckt?«

Ihre Augen wurden schmal. »Bitte was ist in unserem Schuppen?«

»Äh ... nichts?« Abwehrend hob Elphinstone die Hände. »Zurück zu deinen verfluchten Keksen! Muss ich mir Sorgen machen, dass ich davon probiert habe?«

»Nein, musst du nicht«, stellte sie barsch fest. »Zumindest waren meine Zutaten nicht giftig, als ich sie das letzte Mal gesehen habe. Anders als dein kleines Geheimnis in unserem Schuppen!«

Die ganze Angelegenheit war ihr peinlich genug und sie wünschte, Elphinstone wäre ausgerechnet heute nicht so pünktlich nach Hause gekommen. Warum gab es eigentlich nie einen Notfall im Ministerium, für das er seit seiner Pensionierung den Berater spielte, wenn sie es gebrauchen konnte? Sonst meldete sich der Minister immer mit irgendwelchen dringenden Problemen an ihren freien Tagen.

»Ich vergesse das gefährliche Gewächs in unserem Schuppen und du vergisst die Kekse«, forderte sie.

Auch wenn sie nicht wirklich vorhatte, die Tentacula zu dulden. Sie würde Pomona Sprout fragen, ob sie die Pflanze abholen käme. Die Teufelsschlinge in seinem Arbeitszimmer – schön und gut. Aber alles, was darüber hinausging, war entschieden zu viel der Liebe für magische Gewächse. Abgesehen davon, dass ihr ganzer Garten bereits voll war mit allerhand kuriosem Grünzeug.

Ihr Mann sah sehr versucht aus, auf den Handel einzugehen. Trotzdem musterte er das teiggewordene Elend mit einigem Bedauern.

»Ratze-«, setzte Minerva schon zu einem Reinigungszauber an, da legte Elphinstone seine Hand beschwichtigend auf die ihre.

»Min, nicht.«

Sie warf ihm einen bösen Blick über den Küchentisch hinweg zu, aber das ließ ihn nicht beirren. Stattdessen umrundete er den Tisch und zog ihr sanft, doch bestimmt, den Zauberstab aus der Hand.

»Du magst es vielleicht nicht glauben, aber es ist hin und wieder ganz charmant, wenn dir etwas nicht auf Anhieb gelingt«, sagte er mit einem Zwinkern und pustete ihr ein wenig Mehlstaub von der Stirn, ehe er ihr einen sachten Kuss aufdrückte. »Es reicht doch, wenn du ein Genie in Verwandlungskünsten bist, eine hervorragende Duellantin und darüber hinaus auch noch eine fähige Quidditchspielerin. Irgendwas muss auch einer bewundernswerten Person wie dir mal misslingen.«

Leider vermochten seine Worte es nicht, den Ärger, der in ihr herauf quoll wie in einem überkochenden Zauberkessel, zu mildern. Sie hatte ihn überraschen wollen und kläglich versagt, das kratzte an ihrem Selbstbewusstsein.

»Ich verstehe einfach nicht, warum es nicht funktioniert hat. Ich habe mich an alles gehalten-«

»Und manchmal ist das Beste, was man tun kann, sich nicht ans Rezept zu halten. Vor allem wenn das nichts taugt.«

Unglücklich langte sie wieder nach ihrem Zauberstab, den er auf den Tresen gelegt hatte. »Ich hab jedenfalls genug von diesem verfluchten, stinkenden Drachenmist, der sich Keksteig nennen will«, schimpfte sie.

Erneut entzog Elphinstone ihr den Zauberstab, dieses Mal allerdings mit gerunzelter Stirn. »Minerva, was ist los? Wozu der ganze Aufstand? Das hat doch nichts mit der Tentacula zu tun, nehme ich an.«

»Nichts ist los«, würgte sie ihn unwirsch ab. »Lass mich aufräumen und dann können wir das Chaos einfach vergessen

In diesem Moment löste sich ein Stück Teig von der Decke und fiel platschend auf die Anrichte neben ihnen. Elphinstone biss sich zwar auf die Lippe, aber sie sah dennoch, wie seine Mundwinkel in die Höhe zuckten. »Ich weiß nicht, ob ich das vergessen kann. Oder will.«

»Sehr witzig.«

»Ehrlich gesagt schon.«

Sie konnte ihm einfach nicht böse sein. Wenn sie sich nicht so über sich selbst geärgert hätte, vielleicht hätte sie dann ebenfalls gelacht. Stattdessen aber überkam sie nur Resignation.

»Toll, dass du überrascht bist. Nur eigentlich sollte es eine schöne Überraschung werden!« Resolut entzog sie ihm ihren Zauberstab. »Ratze-«

Schon wieder kam es nicht dazu, dass sie endlich diese teiggewordene Schande aus ihrer Küche verbannen konnte, denn Elphinstone hielt sie mit einer sanften Geste zurück.

»Du hast wegen mir dieses Chaos veranstaltet? Als Überraschung?«

»Ja und jetzt lass mich endlich-«

»Aber warum? Habe ich den Anschein erweckt, dass ich so dringend unsere Küche renovieren möchte? Ich mag sie nämlich so, wie sie ist. Immerhin haben wir sie erst letztes Jahr eingerichtet.«

Die Antwortmöglichkeiten darauf waren vielfältig. Weil es bald Weihnachten war. Weil dieses Jahr alles anders war. Weil es ihr etwas bedeutete. Weil sie ihn liebte.

»Weil ein Weihnachten ohne die Kekse deiner Mutter nicht das gleiche wäre! Immerhin gehört das dazu, wie – wie der Weihnachtsbaum und sogar die grässlichen Lieder von Celestina Warbeck! Ich dachte, ich würde das hinkriegen, sie für dich zu backen. Jetzt, wo sie das nicht mehr ...«

Seine Züge glätteten sich. »Oh Min«, seufzte er leise, wie er es so oft tat, wenn sie wieder die Sturköpfigkeit eines Nifflers auf Goldsuche bewies.

Zum dritten Mal an diesem Tag entwendete er ihr den Zauberstab, ehe er sie an sich zog. Auf dem dunklen Stoff seines Umhangs hinterließ sie eine mehlige Spur, doch das schien ihn wenig zu interessieren.

»Ich kann dir gar nicht sagen, wie viel mir das bedeutet. Du hättest das nicht tun müssen, aber ich weiß deinen«, an dieser Stelle schmunzelte er, »vollen Einsatz sehr zu schätzen. Und meine liebe verstorbene Ma bestimmt auch.«

»Es ist ja eh nichts draus geworden«, murmelte sie beschämt gegen seine Brust. »Wenn überhaupt, dann ist eine Riesenenttäuschung.« Sie schrumpfte noch weiter in sich zusammen als ohnehin schon und sah damit ausnahmsweise einmal genauso klein wie ihr Mann aus.

»Gräm dich nicht. Meine Mutter hat ihr Keksgeheimnis immer gut behütet, bis ins Grab hinein. Eben weil es das Beste ist. Dabei bringt erst das richtige Rezept den Schnatzfang in Aussicht. Das konntest du ja nicht ahnen. Ich bin sicher, sonst wäre es besser gelaufen.«

»Deshalb habe ich ja nicht irgendein Rezept genommen, sondern eins aus einer großen, bekannten Zeitschrift! Ich habe es sicher zehn Mal gelesen, bevor ich auch nur angefangen habe. Es ist vielleicht nicht von deiner Mutter, aber zumindest besser als nichts. Dachte ich zumindest ...«

Innerlich verfluchte Minerva den Tag, an dem sie aus Langweile die Zeitung einer ihrer Kolleginnen aufgeschlagen hatte und das elende Rezept entdeckt hatte, das sie überhaupt erst auf diese Idee gebracht hatte. Sie hätte sich daran erinnern müssen, dass es nicht gut um ihre Backkünste bestellt war. Aber nein, ihr Tatendrang war mal wieder größer gewesen.

Elphinstone warf einen Blick hinüber auf den Pergamentfetzen mit dem duplizierten Rezept aus der Hexenwoche, den sie gegen einen der Küchenschränke geheftet hatte. »Über diese Zeitung hat meine Ma sich zurecht aufgeregt, denn bei deren Anweisungen könnte man meinen, sie haben Hagrid als Autor angestellt. Und selbst seine Felsenkekse sind manchmal noch besser als ... das.« Verschmitzt deutete er zu den kläglichen Teigresten an der Decke. »Mit dem richtigen Rezept wäre es bestimmt besser gelaufen, vertrau mir.«

Wenig überzeugt schnaubte Minerva auf. »Ja sicher, als wenn ich nicht eine Totalversagerin in der Küche wäre.«

»Und wenn schon – ich habe dich nicht aufgrund dieser nicht existenten Kochkünste geheiratet. Die Küche ist mein Territorium, darauf hatten wir uns doch geeinigt. Du zauberst wunderbar, nur eben nicht zwischen Herd und Kessel.«

»Schon, aber ich wollte ja auch nicht kochen, sondern backen. Das kannst du schließlich auch nicht.«

Elphinstone hob die Augenbrauen und schob die Hand mit ihrem Zauberstab drin hinter ihren Rücken. »Hey, wer sagt, dass ich nicht backen kann? Das ist eine wirklich gemeine Unterstellung!«

»Du hast es jedenfalls noch nie getan.«

»Richtig. Bisher hatte ich ja auch keinen Anlass. Und dennoch weiß ich, dass Zucker statt Salz in die Plätzchen gehört. Zumindest überwiegend. Eine Prise Salz kann den Geschmack heben. Wohl dosiert, will ich anmerken.«

Sie knuffte ihn in die Seite. »Lass uns einfach aufräumen, dann können wir diesen Abend noch sinnvoll nutzen.«

»Oooder ...« Er grinste verschmitzt. »Ich zeige dir, wie man backt, ohne die Deckenlampe zu dekorieren. Ich denke, meine Ma hätte nichts dagegen, wenn ich dir ihr Rezept anvertraue. Immerhin hat sie dir schon ihren hoffnungslosen einzigen Sohn anvertraut. Und der hat nicht vor, einfach so aufzugeben. Die Legende besagt, da ist er besonders gut drin.«

Minerva verzog das Gesicht. »Die Überraschung ist doch eh ruiniert, also brauchst du mir jetzt nicht mehr helfen«, grummelte sie unwirsch, obwohl sie das Gefühl überkam, dass ihre Mundwinkel nach oben wandern wollten.

Elphinstone konnte wirklich hartnäckig sein, damit hatte sie so ihre Erfahrung, nachdem es zahlreiche Heiratsanträge gebraucht hatte, bis sie in ihrer gemeinsamen Küche standen. Gerade das war ja so reizvoll an ihm.

»Nun«, sein Blick wanderte über das Chaos, »die Überraschung ist dir definitiv gelungen. Alles, was ich jetzt tue, ist meine Küche und meine Ehre als letzter Backprofi der Familie Urquart retten.«

Verstimmt kniff sie die Augen zu Schlitzen zusammen. Lange konnte sie ihm allerdings nicht grollen, da er ihr schon wieder amüsiert zuzwinkerte. Es war schließlich ihr Pech, dass sie ausgerechnet dem verflucht humorvollsten Slytherin auf diesem Planeten hatte verfallen müssen. Eine verbotene Kombination.

»Es ist aber nicht dasselbe, wenn du die Kekse jetzt selber backst!«, hielt sie dennoch trotzig dagegen. »Das ist ja nicht Sinn und Zweck meines Vorhabens gewesen.«

»Vielleicht nicht, aber es wäre schön, wenn wir es zusammen machen, Min. Deine Überraschung ist nicht so gelungen, wie du dir das vorgestellt hast, na und? Alleine der Fakt, dass du dir diese Gedanken gemacht hast, ist genug, damit ich mich besser fühle, obwohl es das erste Weihnachten ohne meine Mutter wird. Und wenn am Ende des Tages noch ein paar leckere Ingwerkekse dabei herausspringen, haben wir alle gewonnen.«

Er sah sie mit diesem sanften Lächeln an, bei dem sich unzählige feine Lachfältchen um seine Augen ausbreiteten und dem sie einfach nicht widerstehen konnte.

Versöhnlich lehnte sie sich vor und gab ihm einen kurzen Kuss. »Aber ich muss dich warnen, ich weiß nämlich wirklich nicht, wie der Teig an der Decke gelandet ist – und ich übernehme keine Verantwortung, dass es nicht noch einmal passiert, wenn du mich darauf loslässt. Ob mit oder ohne Zauberstab.«

»Nun, zum Glück kenne ich da ein einfaches Gegenmittel: In Deckung gehen.«

Beschwingt summend entledigte Elphinstone sich des mehlverstaubten Reiseumhangs und Schals, bevor er die Ärmel seines Hemdes geschäftsmäßig hochkrempelte. Insgeheim gefiel ihr dieser Anblick immer wieder besonders gut, bemerkte sie, während er sich das Chaos in seiner geliebten Küche genauer besah.

»Nun gut, das größte Geheimnis ist – lass den Zauberstab stecken. Das hat meine Ma schon immer gesagt. Zu viele Zauber verderben den Teig. Letztlich ist es dasselbe wie beim Zaubertränke brauen. Manche Dinge lassen sich besser mit Sorgfalt, denn mit Zauberei erledigen. Aber fürs Aufräumen greife ich ausnahmsweise noch mal drauf zurück. Sonst wäre das eine Aufgabe, die ich keinem Hauselfen dieser Welt wünschen würde.«

Klappernd hüpften die unzähligen dreckigen Schüsseln sowie Küchengeräte nacheinander in die Spüle und schrubbten sich unter dampfendem Wasser sauber. Derweil suchte Elphinstone sich die passenden Zutaten zusammen, warf einen erstaunten Blick in die Dose mit dem Mehl, dann auf seine verstaubte Ehefrau und zuckte schließlich mit den Schultern.

»Wird schon reichen«, murmelte er. »Also schön, das Rezept ist eigentlich ziemlich einfach. Fangen wir mit etwas Leichtem an – zuerst vermengen wir alle trockenen Zutaten – Mehl, Backpulver, Natron, die Gewürzmischung, etwas Zimt, den geriebenen Ingwer und eine Prise Salz – vorsichtig miteinander.«

»Und da geht’s meist schon schief«, seufzte Minerva. »Das Mehl hat die lästige Angewohnheit, überall zu landen.«

»Nur, wenn man es zu hektisch angeht. Deshalb sag ich ja – vorsichtig

Vollkommen routiniert maß er etwas von dem Mehl ab und reichte es ihr, damit sie es in eine der inzwischen abgetrockneten Schüsseln geben konnte. Und tatsächlich, unter seinem aufmunternden Blick schaffte sie es, sich zum ersten Mal an diesem Tag nicht in eine große Mehlwolke einzuhüllen.

Angesichts ihres erleichterten Ausdrucks lachte er leise, bevor er seine Erklärungen fortsetzte. Nach und nach landeten immer mehr Zutaten in der Schüssel, aber die große Katastrophe blieb aus.

Im Nachhinein war es Minerva unerklärlich, wie es überhaupt so schrecklich schief gehen konnte bei ihren Versuchen. Andererseits hatte sie nie viel Geduld für Haushaltszauber aufgebracht und als sie es auf nichtmagische Art versuchte, waren ihre Nerven längst zum Zerreißen gespannt gewesen, was der Angelegenheit nicht förderlich war.

Auch Butter und Zuckersirup, die Elphinstone auf dem Herd kurz schmolz, landeten ohne große Zwischenfälle neben einem Ei in der Schüssel und langsam wurde aus dem Teig – dieses Mal verdiente er die Bezeichnung – eine ansehnliche Masse, die ziemlich verführerisch duftete. Minerva knurrte der Magen angesichts der Verheißung auf ihre Lieblingsplätzchen.

»Kommen wir zum großen Geheimnis meiner Mutter – erstens darf man den Teig nicht zu lange rühren, dann werden die Kekse zu fest und zweitens: Ein wenig frischer Ingwer für das richtige Aroma. Zu guter Letzt fehlt natürlich die richtige Prise Zauber – ein klein wenig von Dr. Goobies Luftblasentrank gibt der Mischung genau die richtige Fluffigkeit und mit ein paar Spritzern konservierender Feenstaublösung haben wir noch die nächsten Wochen etwas von den besten Keksen der Welt. Das ist dann auch meist der Schritt, an dem man den Teig probieren sollte – also eigentlich muss. Ich würde sagen so ... die Hälfte davon. Anweisung von meiner Ma.«

Er grinste frech und lehnte sich erneut vor, um seinen Finger in die Schüssel zu stecken, die Minerva rasch aus seiner Reichweite zog.

»Du bist unmöglich.«

»Ja ja, das hatten wir alles schon«, entgegnete er achselzuckend. »Wie war das noch gleich? Unmöglich charmant, unmöglich dreist, unmöglich gutaussehend ... und deshalb hast du mich schließlich nach langer Probezeit geheiratet.«

Sie schenkte ihm einen Klaps auf die Hand mit dem teigigen Löffel. »Ich würde lieber sagen – trotzdem.«

Und schon hatte er es geschafft, heimlich doch einen Finger in die Teigmasse zu stecken. Provozierend wackelte er mit den Augenbrauen und kostete von dem erbeuteten Teig. Er seufzte auf. »Fantastisch! Ja, so sollte das schmecken. Garantiert fluchfrei, dafür aber nicht gerade dem Bauchumfang zuträglich.«

In Gedanken noch bei dem schrecklich salzigen Geschmack ihres vorigen Versuchs, tat Minerva es ihm nun doch gleich und versenkte ihren Finger ebenfalls im Keksteig. Von Salz war weit und breit keine Spur, obgleich sie nach Elphinstones Anleitung eine kleine Menge hinzugegeben hatte – die zugegeben deutlich geringer war als bei ihren anderen Experimenten. Kurzum: Es schmeckte hervorragend. Unter Umständen besser als die fertig gebackenen Kekse.

Elphinstone grinste bis über beide Ohren, sobald sie die Augen wieder öffnete, von denen sie gar nicht gemerkt hatte, dass sie diese genüsslich geschlossen hatte.

»Ich sag ja, ausgiebiges Probieren ist Pflicht für alle Backenden, egal ob Anfänger oder Profi! Das macht schließlich den Zauber aus.«

Ungewollt zuckten ihre Mundwinkel in die Höhe. Anstelle ihm eine Antwort zu geben, genehmigte sie sich gleich noch einen zweiten – und größeren – Klecks Teig.

»Hey, lass mir auch noch etwas übrig!«

Sie streckte ihm die Zunge entgegen. »Wer von uns beiden hat den Löffel in der Hand, hm?« Triumphierend schwenkte sie den großen Holzlöffel.

»Oh, wenn du das tust ...!«

Jetzt war es an ihr, ihn herausfordernd anzufunkeln. »Was dann?«

Sein Blick glitt durch die chaotische Küche, wo er an ihrer verhassten Mehldose hängen blieb. »Mhh ... Rache ist staubig.«

»Das würdest du nicht wagen! Immerhin wäre es das Ende für deine Kekse, wenn jetzt noch mehr Mehl darin landet!«

Er zog ihren Zauberstab von der Anrichte und drehte ihn durch die Finger. »Oh, bist du dir da sicher? Ich glaube, mich zu erinnern, dass du mich irgendwann mal einen verdammt guten Zauberer genannt hast. Ziemlich zielsicher, wenn ich da an diesen einen Dementoren denke ...«

Lange konnte er allerdings nicht vorschützen, es ernst zu meinen, bevor er lachen musste und sie gleich mit.

»Na gut, du hast Glück. Ich teile mit dir. Ausnahmsweise.« Minerva schob die Teigschüssel zurück auf die Anrichte.

Nachdem sie beide so viel von dem Teig genascht hatten, dass sie damit sicherlich ein ganzes Blech hätten füllen können, machten sie sich doch noch daran, kleine Kugeln zu formen und auf das Backblech zu drücken. Nicht zu fest, wie Elphinstone betonte, damit die Kekse im Inneren locker fluffig bleiben würden.

Inzwischen hatte auch etwas Mehl es in sein ergrautes Haar geschafft und verlieh ihm einen liebenswert chaotischen Anstrich. Eigentlich passten sein feines Arbeitshemd und die Anzughose überhaupt nicht in die unordentliche Küche, doch trotzdem erschien Minerva alles daran genau passend. Er gehörte einfach hierher, mit dem Teig an den Fingern und einem fröhlichen Lächeln auf den Lippen.

Zufrieden lehnte sie sich gegen die Kücheninsel und beobachtete ihren Mann dabei, wie er die letzten Kekse auf das Blech drückte. In jenem Moment war sie ein weiteres Mal besonders dankbar, dass der Krieg ein Ende gefunden hatte. Sonst hätte sie womöglich nie dieses einfache Glück genießen können, ihren Alltag mit ihm zu teilen. Immerhin hatten sie lange genug ihrer beider Leben riskiert; für das Ministerium, den Orden. Dabei hatten ihre Gefühle immer hinten angestanden, über ein Jahrzehnt.

Angst und Trauer waren ständige Begleiter gewesen. Auch heute noch schlichen sich hin und wieder Erinnerungen an Kämpfe, die viel zu knapp ausgegangen waren, in ihren Alltag. Manchmal sah sie Elphinstone an, nur um sich daran zu erinnern, wie sie ihn beinahe verloren hatte, und unsichtbare Seile schlangen sich um ihr Herz. Seitdem hielt sie jedes kleine Glück umso fester. So wie dieses hier. Der Abend, der so bescheiden angefangen hatte, wäre alleine genug, um einen gestaltlichen Patronus hervorzubringen, der es mit einem Dutzend Dementoren aufnehmen konnte.

Elphinstone warf ihr einen fragenden Blick zu, als er den Ofen öffnete und das Blech hineinschob. »Habe ich Teig im Gesicht oder warum siehst du mich so an?«

Sie umrundete die Kücheninsel, um ihm mit ihrem teigbedeckten Finger einen Stupser auf die Nase zu versetzen. »Jetzt schon.«

In seinen Augen funkelte es amüsiert. Die Arme um ihre Taille gelegt, zog er sie an sich und legte innig seine Lippen auf ihre. Der Kuss schmeckte nach dem Teig, von dem sie so reichlich genascht hatten. Er war vertraut und doch jedes Mal erneut aufregend.

»Danke, Min«, murmelte Elphinstone leise. »Danke für deine wundervolle und ganz unperfekte Weihnachtsüberraschung. Mit dir zu backen freut mich noch mehr als fertige Kekse. Und das sogar ganz ohne Unfälle! Ich glaube, wir haben das Rezept meiner Mutter ganz gut getroffen.«

Minerva legte die Arme hinter seinen Nacken und drückte ihre Stirn sacht gegen seine. »Eigentlich müsste ich dir danken, Phin. Immerhin hab ich alleine nur Chaos angerichtet. Aber jetzt weiß ich, wie man die besten Ingwerkekse auf der Welt backt.«

Er gluckste leise. »Ich mag das Chaos, was du anrichtest. Außerdem verlierst du jetzt das Recht, dich zu beschweren, wenn ich das nächste Mal wieder Erde im ganzen Wohnzimmer verteile, weil die fangzähnigen Geranien umgetopft werden müssen.«

Augenrollend schnaubte sie leise auf. »Das ist ja wohl etwas ganz anderes«, behauptete sie mit einem gutmütigen Lächeln. »Und glaub ja nicht, dass ich die Tentacula vergessen habe!«

»Na schön, ich hab’s versucht.«

Sanft zog er die einzelnen Haarnadeln aus ihrer mehlbestäubten Frisur, bis ihre dunklen Haare ihr in losen Wellen über die Schultern fielen. Er legte eine Hand an ihre Wange und streichelte zärtlich darüber. »Das Mehl steht dir. Vielleicht sollten wir öfter backen.«

»Tatsächlich wäre das schön«, erwiderte sie leise. »Auch wenn ich auf neuerliche Unfälle mit dem Mehl lieber verzichten würde.«

Er beugte sich vor und verschloss ihre Lippen in einem weiteren Kuss. Seine Finger flochten sich in ihr Haar, ebenso wie sie ihn mit der Hand an seinem Nacken näher an sich zog.

Irgendwo im Wohnzimmer drangen die Töne von einem Weihnachtslied Celestina Warbecks aus dem Radio, deren Kitsch sie überhaupt nicht leiden konnte, und langsam tanzte Elphinstone in kleinen Kreisen mit ihr durch die hoffnungslos chaotische Küche, zwischen Mehl, Magie und Ingwer. Der Duft von Plätzchen erfüllte den Raum und Minerva wusste – sie war zuhause.



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