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Zauberhafte Weihnachten

von

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Wintermond [Remus Lupin]


 

Hogwarts, 1976

Remus Lupin und die Rumtreiber

 

Die Rumtreiber erleben ein Weihnachtsfest der besonderen Art, bei dem Vollmond und ein felliges kleines Problem die Hauptrolle spielen. Zum Glück haben sie ein einzigartiges Geschenk für ihren besten Freund ...

 

***

 

Ein ganz normales Weihnachtsfest erwies sich zugegeben als schwierig, wenn der Vollmond am Himmel stand und man ein felliges kleines Problem hatte. Aber Kummer kannte Remus zu Genüge und so tat es fast gar nicht weh, sich auf triste Ferien in der Schule einzustellen, während für alle anderen die schönste Zeit des Jahres (mit Ausnahme der Sommerferien) anstand. Das Weihnachtsessen würde er im Krankenflügel verpassen, ebenso wie die Bescherung. Letztlich konnte er dankbar sein, dass er in der heulenden Hütte wenigstens niemanden verletzen würde.

Die erste Überraschung in dieser Hinsicht war die Handlung seiner Freunde. James zögerte nicht lange, den Heimatbesuch abzusagen, und da Sirius ohnehin jede Ausrede nutzte, um nicht in das gar ehrwürdige Haus seiner Eltern zurückzukehren, schrieb sogar Peter seiner Mutter schweren Herzens, dass er Weihnachten dieses Jahr in Hogwarts verbringen würde.

Remus freute sich einerseits, dass er seine Freunde ganze zwei Wochen für sich alleine haben würde, andererseits schmerzte es, dass sie alle nur wegen ihm in der Schule sitzen würden. Am Ende konnten sie ja doch nur darauf warten, dass der Mond sich verzog und ihnen Remus zurückgab.

Bereits die ganzen letzten Tage vor den Ferien versuchte er sie davon zu überzeugen, dass sie lieber nach Hause fahren sollten, doch die Rumtreiber blieben eisern.

»Was wären wir denn sonst bitte für lausige Freunde?«, rief James recht angesäuert, als Remus ihm mal wieder die Vorzüge der Ferien daheim aufzählte. »Ich bitte dich, zuhause sein wäre doch einfach nur langweilig! Meine Mutter kocht jedes Jahr das Gleiche – mit mehr oder weniger Erfolg – und mein Vater schläft eh um neun am Kamin ein und schnarcht so laut, dass man seine eigenen Gedanken nicht mehr hört.«

Und so beließ Remus es schweren Herzens dabei. Schließlich kam der erste Ferientag und all seine Freunde waren immer noch da. Tagsüber ließen seine Sorgen sich gut bändigen – Schneeballschlachten, Schlittschuhfahren auf dem vereisten See und der ein oder anderen Rüstung ein paar unflätige Weihnachtslieder beibringen hielt sie ordentlich beschäftigt. Dazu kamen unzählige Runden Zauberschnippschnapp am Kamin und Unmengen an Keksen, die Peters Mutter ihm gleich mit zwei Eulen ins Schloss geschickt hatte, sobald sie hörte, dass er bleiben würde.

Doch wie immer, wenn der Vollmond sich unaufhaltsam näherte, waren die Nächte von Unruhe erfüllt. Mehr als einmal starrte Remus an den Baldachin seines Himmelbettes und lauschte dem Schnarchen seiner besten Freunde, während er selber sich wünschte, er wäre jemand anderes – ohne felliges Problem, das ihm die Klauen der Angst in die Brust schlug.

Der Vorabend von Weihnachten näherte sich viel zu schnell. Die Aufregung unter den verbliebenen Schülern im Schloss wuchs ins Unermessliche, spätestens seit die zwölf gewaltigen Weihnachtsbäume in der großen Halle fertig dekoriert waren. Selbst in den Augen seiner Freunde glitzerte die Vorfreude auf das Fest, auch wenn sie sich größte Mühe gaben, es Remus nicht spüren zu lassen. In ihm wuchs hingegen nur die Sorge.

Am vierundzwanzigsten Dezember senkte sich die Sonne viel zu schnell dem Horizont entgegen. Schon mussten sie Abschied nehmen.

»Wir sehen uns bald wieder, Moony«, verkündete Sirius grinsend. »Denk ja nicht, wir würden dein Weihnachtsgeschenk vergessen!«

»Wir haben nämlich das ganze Jahr daran gea-«

»Halt die Klappe, Peter.« James schlug Remus kräftig auf die Schulter. »Bis gleich, Moony.«

»Klar«, murmelte Remus, in Gedanken längst woanders. »Macht’s gut, Leute. Hebt mir was vom Festessen auf.«

Mit einem leisen Seufzen folgte er Madame Pomfrey, die ihn zur peitschenden Weide führte und von da in den modrigen Geheimgang, der ihn in die heulende Hütte brachte.

Resigniert legte er sich auf das einsame Bett in dem kargen Raum und wartete darauf, dass die Verwandlung einsetzte. Zu seinem Glück ging wenigstens das schnell, sobald der Vollmond erstmal in Gänze am Himmel stand. Wenn sich seine Finger zu Krallen bogen, wäre es zügig vorbei.

Doch bevor es überhaupt so weit war, ertönte ein leises Kratzen aus dem Flur, gefolgt von unterdrücktem Fluchen. Alarmiert schreckte Remus in die Höhe. Das durfte nicht wahrsein! Jemand – und er hatte eine gute Ahnung wer – kam gerade aus dem Geheimgang gekrochen.

Noch bevor er aufstehen und zur Tür gelangen konnte, wurde diese von außen aufgerissen und James rotes Gesicht, Schnee in den Haaren, tauchte auf. Direkt hinter ihm waren Sirius und Peter.

»Seid ihr denn von allen guten Geistern verlassen?« Fassungslos starrte Remus seine Freunde an. »Macht, dass ihr wegkommt!«

»Immer mit der Ruhe, Moony.« Sirius lachte laut auf und schmiss sich neben ihm auf das quietschende Bettgestell. »Du hast doch nicht wirklich gedacht, wir würden dich einfach alleine lassen?«

Remus sprang wie vom Billywig gestochen auf. »Natürlich hab ich das!«

»Nun, besondere Umstände erfordern besondere Maßnahmen«, verkündete James großspurig.

»Es ist zwar noch nicht ganz so weit-«, ergänzte Sirius mit einem Blick auf seine Armbanduhr.

»-aber hier kommt unser Weihnachtsgeschenk«, schloss Peter aufgeregt piepsend.

Beunruhigt sah Remus von einem zum anderen und drückte sich in eine Ecke des Raumes, möglichst weit von ihnen entfernt. Er wollte seinen Freunden nicht wehtun, aber den Wolf in ihm würde das herzlich wenig interessieren. »Haut ab!«, flehte er die Drei an.

Doch sie stellten sich nur nebeneinander, aufgereiht wie die Orgelpfeifen und verbeugten sich, als wäre das alles Teil einer aufregenden Show. Tatenlos musste Remus mitansehen, wie sich seine Freunde vor seinen Augen verwandelten. Sirius und Peters Gestalten sanken dem Boden entgegen, wohingegen James immer größer zu werden schien.

Dunkles Haar transformierte sich in seidiges Fell; aus Händen wurden Pfoten und Hufe. Ehe er sich versah, stand er drei Tieren gegenüber, wo eben noch seine besten Freunde gewesen waren. Mit weit aufgerissenen Augen starrte er sie an. Ein Hirsch, ein gewaltiger Hund und ... er suchte den Boden ab, bis er eine kleine Ratte fand.

»Wie ...?«, hauchte er, obwohl er die Antwort nur zu gut kannte, immerhin war es eine seiner liebsten Beschäftigung, die Nase in Bücher zu stecken.

Der Hund bellte und beinahe klang es wie ein ... Lachen. Das vertraute Lachen eines dunkelhaarigen Jungen, der mit sich selbst zufrieden war. Auch der Hirsch schnaubte und die Ratte fiepte laut.

Remus rutschte an der Wand entlang zu Boden. »Merlin ... Ihr ... Das ...! Ihr fangt euch noch einen Schulverweis ein!«

Das war nicht, was er eigentlich sagen wollte – aber das Erste, das er in Worte fassen konnte.

In einer geschmeidigen Bewegung verwandelten seine Freunde sich zurück, ein jeder ein unerhört breites Grinsen im Gesicht. So zufrieden hatten sie nicht einmal nach ihrem bisher größten Streich dreingesehen.

»Mach dir nicht so viele Sorgen«, lachte James, »wer wird schon je denken, dass drei Schüler in Wahrheit Animagi sind? Immerhin ist das höhere Magie, die kein Fünftklässler beherrschen sollte, oder so.«

»Und es ist verboten!«, platzte es aus Remus heraus. »Ihr seid sicher nicht im Register ...«

»Blitzmerker.« Sirius grinste und das folgende Lachen hatte verdächtig viel von dem Bellen des Hundes eben gerade.

War das schon immer so gewesen? Remus konnte sich nicht erinnern.

»Natürlich sind wir nicht im Register, sonst wäre diese ganze Aktion ja witzlos.«

»Das ist unser Weihnachtsgeschenk an dich, Moony.« Peter strahlte von einem Ohr bis zum anderen. »Wir haben ein ganzes Jahr gebraucht alles vorzubereiten, aber jetzt klappt es endlich!«

»Mein ... mein Weihnachtsgeschenk?«

»Weißt du ...« Sirius zuckte lapidar mit den Schultern, »so eine Packung zischender Zauberdrops oder ne Schachtel Schokofrösche sind doch echt lahm. Da macht selbst der Hauself meiner Eltern bessere Geschenke! Also ...«

»... haben wir uns überlegt, was nur wir dir schenken können«, ergänzte James. »Und worüber du dich am meisten freuen würdest. Daher sind wir zum Schluss gekommen ...«

»... dass du bei Vollmond etwas Unterstützung gebrauchen kannst«, endete Peter.

»Ich ... ich könnte euch umbringen! Ach quatsch, das werde ich ganz sicher, wenn ihr nicht sofort verschwindet!«

»Na, mach mal halblang, Moony, traust du uns etwa so wenig zu?« James zog eine Augenbraue bis unter das strubbelige Haar. »Peter könntest du zwar in einem Happen schlucken, aber dafür ist er verdammt flink. Der lässt sich schon nicht so leicht fressen.«

Der Kleinste im Bunde lief rosa an, aber nickte bekräftigend. »Mich siehst du gar nicht, wenn ich erstmal durchs Unterholz laufe!«

Remus stöhnte leise und ließ den Kopf gegen die hölzerne Wand hinter ihm schlagen. »Ihr seid doch komplett durchgeknallt«, murmelte er. Dann hielt er inne – was hatte Peter da gesagt? Unterholz? »Ihr wollt doch nicht etwa ... raus?«

»Na, was denkst du denn?« Sirius musterte ihn mit großen Augen. »Natürlich wollen wir das Wölfchen mal ausführen!«

»Das ist Wahnsinn.«

»Nein, das ist das beste Geschenk aller Zeiten, vertrau uns.« James zwinkerte. »Na komm schon, glaubst du wirklich, du alleine kannst es mit einem Hirsch und einem riesigen Hund aufnehmen? Ich wette, Tatze hier ist genauso groß wie du.«

»Tatze?«

»Na, du weißt schon, Sirius halt.« Eine Hand erhoben, grinste James in die Runde. »Wegen der Riesenpranken.«

»Gefällt mir«, schmunzelte Sirius und besah sich seine gar nicht mal so prankenhaften Hände.

»Und wenn ich euch beiße? Mal daran gedacht?«, ließ Remus weiterhin seine Vernunft walten. »Das ist kein Spaß!«

»Das musst du erstmal schaffen.«

Die Jungs schienen wirklich keinerlei Widerspruch zu dulden. Was konnte Remus nur tun, um sie von ihrem selbstmörderischen Plan abzubringen? Sein Kopf stand kurz vorm Platzen angesichts all der Gedanken, die gehört werden wollten. Aber lange musste er sich nicht quälen, denn der Vollmond übernahm unerbittlich die Kontrolle.

Ein gequälter Aufschrei entwich ihm, als plötzlich eine fremde Macht seine Gliedmaßen kontrollierte und unnatürlich krümmte. Jetzt wankte doch die Selbstsicherheit in James‘ Augen und sogar Sirius wich einen Schritt zurück. Peter war längst hinter seinem Rücken verschwunden.

»Haut ab!«, befahl Remus ihnen – ein allerletztes Mal. »Bitte!«

»Oh, ich denk nicht dran, Moony«, sagte James leise.

Das Letzte, was Remus bewusst wahrnahm, war, wie sie sich erneut in ihre Tierformen verwandelten. Dann gewann der Wolf die Oberhand.

Und er rannte, rannte durch den frisch gefallenen Schnee, wie er noch nie in seinem Leben gerannt war. Die Flocken tanzten ihm um die Schnauze und irgendwo in der Ferne wurde sein glückliches Jaulen von einem kräftigen Bellen beantwortet.

 

Der Geruch von Wald und Kiefernnadeln hing Remus noch in der Nase, als er erwachte. Einen Augenblick verharrte er reglos und horchte in sich hinein, endlich wieder Herr über seinen Körper. Der Schmerz, sein alter Bekannter, grüßte ihn bereits, da hatte er die Augen noch gar nicht aufgeschlagen.

Plötzlich schoss ihm ein unheimlicher Gedanke durch den Kopf – die anderen Rumtreiber! Alarmiert schnellte er in die Höhe, was seine Glieder mit einem protestierenden Aufschrei quittierten. Er keuchte auf und sah sich im Krankenflügel um. Noch war die Sonne nicht ganz aufgegangen, sodass nur schwaches Licht durch die großen Fenster hineinfiel.

Aber es reichte aus, um die drei Rumtreiber zu erkennen, die am Fuße seines Bettes standen und reichlich zufrieden dreinsahen.

»Morgen Moony«, strahlte James, »und frohe Weihnachten!«

Remus hätte heulen können, so erleichtert war er, seine drei Freunde wohlbehalten wiederzusehen. Wobei – ganz so ungeschoren waren sie nicht davongekommen. Sirius hatte einen Schnitt an der Schläfe sowie ein blaues Auge und James‘ Arm hing in einer Schlinge. Nur Peter schien, abgesehen von dunklen Ringen unter den Augen, wohlauf zu sein.

»Oh Merlin, was habe ich getan?«, murmelte Remus angsterfüllt.

James zog eine Augenbraue hoch. »Nichts? Im Ernst Moony!« Er hielt seinen bandagierten Arm in die Höhe. »Das war nur ein kleiner Zusammenstoß mit einem ... Baum. Madame Pomfrey sagt, das ist bis zum Morgen längst verheilt.«

»Ich habe niemanden gebissen?«

»Negativ.« Sirius bleckte die Zähne und lachte wieder sein bellendes Hundelachen. »Und jetzt rück ein Stück, wir haben zu feiern!«

Remus wusste nicht, ob er lachen oder wütend werden sollte. Schlussendlich rutschte er zur Seite und ließ zu, dass sich seine Freunde neben ihm auf das Krankenbett quetschten.

Irgendwie war es den anderen gelungen, ein paar Sachen aus der Küche mitgehen zu lassen, und so improvisierten sie ihr eigenes kleines Festmahl, bevor der Rest von Hogwarts überhaupt erwacht war.

»Warum habt ihr das getan?«, fragte Remus schließlich leise, während die drei herzhaft in ihre kalten Gänsekeulen bissen. »Ich meine ... euch hätte so viel passieren können.«

»Moony, Moony, du bist echt schwer von Begriff.« Sirius lehnte sich schmatzend zurück. »Wir sind doch deine Freunde, nicht wahr? Und Freunde sind füreinander da.«

»Ja aber ... nicht für Werwölfe.«

»Gerade für Werwölfe!«, hielt James dagegen.

»Ihr seid wirklich-«

»Genial?«

Angesichts von James‘ stolzem Tonfall musste Remus lächeln. »Verrückt, wollte ich sagen.«

Aber er konnte nicht verhindern, dass sich sein Herz wärmte. Er erinnerte sich dunkel daran, wie er gelaufen war, durch den fallenden Schnee und dass er nicht alleine gewesen war, zum ersten Mal in seinem Leben. Es hatte sich berauschend angefühlt.

»Danke«, flüsterte er leise und rieb sich verstohlen die Wangen.

Tatsächlich war aus dem so gefürchteten Weihnachtsfest doch noch das Beste geworden. Dieses Geschenk war mehr wert als alles, was man in schillerndes Packpapier einschlagen konnte.



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