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Zauberhafte Weihnachten

von

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Schneekönigin [Fleur Weasley]


 

Fuchsbau, 2002

Fleur und die Familie Weasley

 

Sie ist sich zu fein für das Chaos – oder etwa doch nicht? Eine Schneeballschlacht bringt Fleurs eiskalte Zauberkünste zum Vorschein.

 

***

 

Weihnachten im Hause Weasley folgte einer festen Tradition, die Fleur nicht immer verstand – was hatte eine Gurke am Weihnachtsbaum zu suchen? – und doch stets befolgte. Die Gewohnheit spendete Geborgenheit, die sie alle so dringen brauchten, selbst wenn das Atmen mit jedem weiteren Jahr seit der finalen Schlacht leichter fiel. Nur in den letzten Dezembertagen, eng beieinander, da wurden die Lücken, die der Krieg hinterlassen hatte, wieder offenbarer.

Kein Truthahn und keine kitschigen Weihnachtslieder konnten über dieses Fehlen hinwegtäuschen, doch sie halfen, sich an etwas festzuhalten; gemeinsam die Energie für das Fest aufzuwenden, das zunächst so simpel und unwichtig erscheinen mochte und sie dennoch zusammenhielt.

Fleur half ihrer Schwiegermutter beim Kochen, hörte sich das schreckliche Weihnachtskonzert von Celestina Warbeck an und trug den Strickpullover in dieser merkwürdigen Farbe, die Bill gerne ‚rostiges Weasleyrot‘ nannte – von der er beteuerte, sie stünde ihr hervorragend. Oft langweilte sie sich. Noch öfter tauschte sie mit ihrem Mann einen flehentlichen Blick, der so viel hieß wie ‚Bitte sag mir, dass wir bald nach Hause gehen können‘. Darauf antwortete er mit einem stummen ‚Keine Sorge, beim nächsten Lied schmeiße ich das Radio eigenhändig aus dem Fenster‘. Aber am häufigsten befand Fleur am Ende, dass es schon in Ordnung war.

All diese familiären Unbequemlichkeiten, das Chaos unter dem gnomgeschmückten Weihnachtsbaum, die kleinen Ärgernisse, das gehörte eben dazu. Es machte sie Teil von etwas Größerem und gab ihr das Gefühl, angekommen zu sein. Familie war nicht einfach, besonders nicht an den Festtagen, aber Fleur würde sie um nichts in der Welt tauschen mögen.

Nur eine Sache gab es da noch, zu der sie nie wirklich den Anschluss gefunden hatte. Die ausgelassenen Schneeballschlachten. Dass die Familie Weasley Chaos bedeutete, war ihr schon lange klar, spätestens seit sie Bill kennengelernt hatte. Wann immer sich die Gelegenheit bot, trieben die Geschwister Schabernack. Mit Ausnahme von Percy, der sich genau wie Fleur zurückhielt, allerdings aus anderen Gründen.

Die Schneeballschlachten war so ein typisches Weasley-Ding. Fleur mochte sich da nicht einmischen, selbst wenn ihr das bei ihrer angeheirateten Familie einen zuweilen spießigen und wenig schmeichelhaften Ruf eingebracht hatte. Sie hatte gelernt, darüber zu stehen.

Auch in diesem Jahr hatte sie nicht vor, etwas daran zu ändern. Am frühen Nachmittag des ersten Weihnachtstages saß sie mit der neusten Ausgabe der Hexenwoche im Wohnzimmer – möglichst weit von dem Baum mit dem grimmig dreinblickenden Gnomenschmuck entfernt – und gab vor, äußerst vertieft in die Lektüre selbiger zu sein. Victoire war bei ihrer Großmutter und sie hatte vor, diese freien Stunden gebührend zu genießen.

Ihr Plan erwies sich allerdings als lückenhaft, denn sie hatte ihre Rechnung nicht mit der schwangeren Ginny gemacht, die sich nun seufzend neben ihr niederließ. Sie beide hatten nicht immer die beste Beziehung gehabt – die wenig hübsche Bezeichnung ‚Schleim‘ hing Fleur durchaus noch nach –, aber sie bemühten sich.

»Hey, du hast nicht zufällig Lust, deinem Gatten eine kleine Abreibung zu verpassen?«

Überrascht sah Fleur von ihrem Magazin auf. »Wie meinen?«

»Ich könnte eine würdige Vertreterin in der kommenden Schlacht brauchen«, meinte Ginny mit einem listigen Grinsen. »Ich bin ja jetzt gehandicapt«, sie wies erklärend auf ihren rundlichen Bauch, »aber ich will den Jungs das Feld nicht einfach überlassen! Also – hast du vielleicht noch eine Rechnung mit Bill offen? Lässt er seine dreckigen Socken daheim rumliegen oder so? Das ist deine Chance, es ihm mit einem – oder auch zwanzig – Schneebällen heimzuzahlen.«

»Oh, non, non, da ‘alte ich ich mich lieber raus«, lehnte Fleur höflich ab.

Grummelnd sank Ginny neben ihr tiefer in die Sofakissen. »Verflucht, die beiden Jungs werden untergehen«, murmelte sie an sich selbst gerichtet. »Perc‘ brauche ich gar nicht fragen, der wird eh nur mit den Augen rollen. Tja, schaut so aus, als würde es dieses Jahr zum ersten Mal eine Niederlage für unser Team geben.«

Offenbar nahmen die Weasley-Geschwister ihren kleinen Schneekrieg ernster als Fleur je angenommen hätte. Sie hatte nicht einmal gewusst, dass sie in Teams gegeneinander antraten. Vielleicht hatte das Chaos doch System.

»Was ist mit Hermine?«

Ginny schüttelte beinahe augenblicklich den Kopf. »Nein, dasselbe Problem wie mit Percy. Du warst sowas wie meine letzte Hoffnung. Also, eigentlich George und Charlies letzte Hoffnung.«

Aus schmalen Augen musterte Fleur einen Moment ihre Schwägerin. »Nur so aus, ah, Interesse – meine Gegner wären Bill und ...?«

»Bill, Ron und Harry.«

Fleur warf ihr langes Silberhaar über die Schulter zurück. »Wie sind die Regeln?«

Passend zu ihrem feuerroten Haar leuchtete ein Feuer in Ginnys braunen Augen auf. »Oh, das ist eigentlich einfach ...«

 

Keine halbe Stunde später stand Fleur auf dem Feld hinter dem Haus der Weasleys und hinterfragte ihre Entscheidung bereits wieder. Vor ihr türmte sich ein stattlicher Haufen faustgroßer Schneebälle auf, den Charlie heraufbeschworen hatte. Auf der gegenüberliegenden Seite sah es ganz ähnlich aus. Sie konnte Bills feurige Mähne vor dem Weiß der Winterlandschaft ausmachen und sah, wie er noch weitere eisige Bälle mit einem Schlenker seines Zauberstabs aus dem frischgefallenen Schnee formte.

»Also, keine Gnade mit dem Feind, ja?«, rekapitulierte George ihre ‚Strategie‘, die diese Bezeichnung kaum verdiente, noch einmal. »Bill muss sich zuerst ergeben, er hat die fiesesten Zauber. Fleur ... äh, du kümmerst die am besten um Ron. Setz deinen Charme ein, dann ist er machtlos.«

Die schmalen Augenbrauen vorwurfsvoll erhoben, verschränkte Fleur die Arme vor der Brust. »Ich bevorzuge es, mit ehrlichen Waffen zu kämpfen.«

»Hauptsache, du gibst ihnen Saures.« Charlie grinste erwartungsvoll. »Ehrlich, wir sind dir nicht böse, wenn du als Erste die weiße Flagge hisst – es ist ja ehrenvoll, dass du unsere kleine Schwester überhaupt vertrittst.«

Diese Aussage kitzelte Fleurs inneren Drachen endgültig. Sie beschied sich auf ein distanziertes Lächeln und fasste ihren Zauberstab fester. Die Weasleys würden schon feststellen – sie war nicht umsonst eine Teilnehmerin des trimagischen Turniers gewesen.

»Seid ihr endlich fertig da drüben?«, rief Ron über das Feld herüber.

Charlie hob einen Daumen in die Luft. »Macht euch schon einmal bereit für euren Untergang«, verkündete er großspurig, was mit reichlich Gelächter beantwortet wurde.

Bill schickte einen Schauer roter Funken über dem Feld in die Luft. »Wenn sie den Schnee berühren, geht es los! Und erwartet ja keine Gnade!«

Den Zauberstab sicher im Griff, ging Fleur hinter dem Berg aus Schneebällen in Deckung. Ihr Mann würde sich noch wundern. Rächen brauchte sie sich nicht an ihm, immerhin liebte sie ihn aufrichtig – und er sie – aber hin und wieder konnte er wohl eine Erinnerung vertragen, dass sie keineswegs ein Unschuldslamm war. Und die restlichen Weasleys würden zu sehen bekommen, dass sie mehr war, als nur eine schöne Frau mit etwas Veelablut in den Adern.

Kaum, dass der letzte Funke den weißen Grund erreichte, schwenkte Fleur den Zauberstab und schickte der Gegenseite eine kanonengleiche Salve aus Schnee entgegen. Manchmal war Angriff die beste Verteidigung.

Der Fluch ihres Ehemanns, der sich eilig in Deckung brachte, schallte die gesamte Länge des Feldes zu ihr hinüber. Ein wenig veelahaftes Grinsen glitt über ihre Züge, als Charlie ihr ein anerkennendes Lächeln schenkte.

Erneut schleuderte Fleur Bill eine Reihe Schneebälle hinterher, die allerdings an einem eilig beschworenen Schneewall zerplatzten.

»À bas les ennemis!«, schrie sie und schon stürzte sie aus der Deckung hervor, einen Wirbel aus Schnee vor sich herschickend, der die erste gegnerische Angriffswelle pulverisierte.

Bevor die Gegenseite realisierte, wer da auf sie zugestürmt kam, hatte sie bereits die Hälfte des Ackers überquert und steckte bis zu den Knien im feinen Pulverschnee.

Harry schickte ihr einen gezielten Schneeball entgegen und hastig nutzte sie das glitzernde Weiß zu ihren Füßen, um eine Mauer vor sich zu errichten. Wie ein Klatscher sauste die Schneekugel haarscharf an ihrem Bollwerk vorbei, geradewegs auf sie zu.

»Incendio!«, rief Fleur und Harrys geschickte Verzauberung schmolz im wahrsten Sinne des Wortes dahin.

Sie kicherte, ihr Atem eine kleine Wolke in der klirrend kalten Luft. Vor lauter Adrenalin raste ihr Herz, aber es machte Spaß, unglaublich viel sogar. Mit einer Bewegung ihres Zauberstabs schuf sie neue Schneekugeln. Ginny sollte sich nicht in ihr getäuscht haben.

Neben ihr rettete sich auch Charlie in ihre Deckung. Sein Gesicht war bereits leuchtend rot und schmelzender Schnee hing in seinem Haar. »Wir sollten sie in die Zange nehmen«, keuchte er. »George attackiert derweil von vorne.«

»Klingt gut. Ich übernehme Bill – und danach, Ron.«

Sie zwinkerte Charlie zu und mit einer leise gemurmelten Beschwörung verhexte sie die Schneebälle vor sich. Einen jedoch nahm sie in die Hand. Eine besondere kleine Überraschung für ihre Gegner.

»Los geht’s!«

Mit Gebrüll brachen sie aus der Deckung hervor, er nach rechts und sie nach links. Für einen Moment waren die anderen verwirrt, dann machten sie sich an die Verfolgung von Charlie. Jetzt kam es Fleur gelegen, dass die Weasleys sie so oft unter- oder falsch einschätzten.

Schlitternd rutschte sie über das nasse Gras unter dem Schnee und schickte ihre verhexte Armee aus Schneebällen vor sich her auf die verräterische Spur von Bills rotem Haar hinter einem Wall zu.

Fluchend warf er ihrer Attacke einen Gegenzauber entgegen.

»Keine Gnade!«, erinnerte sie ihn lachend an seine eigenen Worte.

»Richtig!«

Schon raste eine Salve verzauberten Schnees wiederum auf sie zu. Mit einer Rolle brachte Fleur sich in Sicherheit, ihren verbliebenen Schneeball immer noch fest in der Hand. Den Zauberstab darauf gerichtet, murmelte sie einige Worte, ehe sie ihn zu Boden fallen ließ. Von einem übernatürlichen Schwung getragen, rollte er bis kurz vor Bills Deckung.

Er konnte ihn nicht sehen – und selbst wenn, hätte er ihm wohl kaum Bedeutung beigemessen. Wie eine Peitsche riss Fleur ihren Zauberstab nach oben und der Schnee vor ihr erhob sich in einer Welle, die schon eher seine Aufmerksamkeit erregte. Bill stolperte einige Schritte hinter dem Eiswall hervor, den er heraufbeschworen hatte – und wurde in eine pulvrige Schneeexplosion gehüllt.

»Aucune pitié!«, jublierte Fleur wieder angesichts ihres Ehemanns, der von oben bis unten von Pulverschnee bedeckt war. Ihr kleiner Schneeball war geradewegs zu seinen Füßen explodiert.

In einer zweiten Angriffswelle jagte sie ihm ihre Schlange aus Schnee hinterher. Er rannte, doch von der anderen Seite erwartete ihn bereits Charlie mit seinen pfeilschnellen Schneegeschossen.

Überwältigt hob Bill die Arme. »Ich ergebe mich«, rief er lachend, »Merlin, bitte lasst mich leben!«

Begeistert tauschte Fleur einen triumphierenden Blick mit Charlie. Grimmig nickte dieser ihr zu. Ohne weitere Zeit zu verlieren, setzten sie Ron nach, der sich zusammen mit Harry in eine Art Iglo zurückgezogen hatte. Der Verlust ihres Teamkameraden schien ihre Entschlossenheit nur noch befeuert zu haben.

Keuchend kam jetzt auch George angerannt, dessen Ohr genauso rot unter seiner Strickmütze hervorleuchtete wie die Farbe seiner Haare. »Solche Feiglinge«, stieß er kopfschüttelnd hervor. »Trauen sich wohl nicht, dir von Angesicht zu Angesicht gegenüberzustehen!«

Fleur warf lachend den Kopf in den Nacken. »Tja, das wird ihnen nichts nützen.«

Ihre Augen funkelten mit den Schneekristallen um die Wette, während sie den Zauberstab über den Schnee schwenkte und sich unzählige Bälle zu ihren Füßen formten, die einem Schlenker von ihr folgend in die Höhe schossen.

»Auf sie mit Gebrüll«, kommentierte George grinsend und die drei Weasleys setzten ihren Gegnern nach.

Am Ende gaben Ron und Harry sich zähneknirschend ihrer Übermacht geschlagen, was Ginny zurück im Fuchsbau zu lautem Freudengeheul animierte. Lachend schloss sie Fleur in die Arme und hob ihr Glas Butterbier in die Höhe.

»Auf Fleur, die Schneekönigin!«

Mit einem wohlig warmen Gefühl lauschte Fleur den anderen, die in Ginnys Ruf einfielen und sie mit neugewonnenem Respekt anstrahlten. Ja, sie war ein Teil dieser Familie, eine echte Weasley – bis auf die roten Haare.



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