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Champ Stories

Band 1: Endynalos
von
Koautor:  Flordelis

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Endynalos scheint total ruhig zu sein

Alle Anwesenden im Pokémon-Center waren sehr fürsorglich gewesen. Das weibliche Servol, das dort arbeitete, hatte Raelene sogar mit Getränken und Essen versorgt. Eigentlich besaß sie keinerlei Appetit, aber da sie von diesem Pokémon und einigen Leuten dazu ermutigt worden war, aß sie letztendlich doch. Danach fühlte Raelene sich tatsächlich wieder etwas besser, was besonders Servol sichtlich zufrieden stimmte.

Dank der Ablenkung durch die Leute um sie herum wurde die Wartezeit wesentlich erträglicher. Erst recht, weil niemand irgendwelche unangenehmen Fragen stellte. Als irgendwann schließlich die Schwester zurückkehrte und Raelene endlich die erlösende Nachricht brachte, dass Liberlo das Schlimmste überstanden hatte, fing sie vor Erleichterung an zu weinen – Servol versuchte, sie zu trösten. Ihr Partner war stabil. Was für ein Glück!

Natürlich hatte sie direkt Delion darüber informiert, damit er und auch Glurak sich keine Sorgen mehr machen mussten. Da Raelene von ihm bislang nichts Negatives aus dem Krankenhaus gehört hatte, schien es von der Seite aus auch keine bösen Überraschungen zu geben. Irgendwie ... ging offenbar in der Tat alles gut aus. Genau wie Delion es gesagt hatte.

Inzwischen saß Raelene auf einem gepolsterten Stuhl im Ruheraum, der sich im hinteren Teil des Pokémon-Centers befand. Dort schlief Liberlo auf einem Krankenbett. Er war an einigen Geräten angeschlossen, die seine Vitalwerte anzeigten, und er hing an einem Tropf. Ein besorgniserregender Anblick, aber die Schwester hatte ihr versichert, dass es übler aussähe als es war. Pokémon erholten sich erheblich schneller als Menschen. Deswegen war Liberlo wohl etwas fiebrig, was in dem Fall aber ein gutes Zeichen war, weil sein Körper dabei war zu heilen.

„Du bist echt ein Kämpfer“, sagte Raelene, stolz und erschöpft.

Auf ihrem Schoß lag Delions Kappe, an der sie sich regelrecht festklammerte, um Kraft zu schöpfen. Wie es bei ihm wohl im Krankenhaus lief? Durch seinen Status würde er sicherlich bevorzugt behandelt werden, doch Raelene konnte sich vorstellen, dass er sich trotzdem geduldig hinten anstellte – egal, wie sehr seine Schusswunde blutete. In dem Fall gab es hoffentlich auch bei ihm Leute, die ihm halfen und notfalls den Vortritt ließen.

Auf einmal öffnete sich die Tür und die Schwester kam nochmal herein, weshalb Raelene erst nervös wurde. Gab es etwa Komplikationen? War Liberlo doch noch in Gefahr? Diese Sorgen wurden sogleich fortgespült, als nach ihr Delion hereinkam. Sofort verschwand auch der letzte Funken Unsicherheit. Wenn die Ärzte im Krankenhaus ihn sofort wieder entlassen hatten, schien es nicht so schlimm zu sein, wie sie befürchtet hatte.

Nachdem Delion sich für die Führung bedankt hatte, ließ die Schwester sie wieder alleine und schloss leise die Tür. Prüfend begutachtete Raelene den sauberen Verband, der ihm angelegt worden war, und die Armschlinge, mit der das Ganze fixiert wurde. Das Jackett trug er nur noch locker über der Schulter bei sich. Derweil warf Delion einen Blick auf Liberlo und runzelte die Stirn. Auch ihm schien das nahezugehen. Verständlich, niemand wollte Pokémon in so einem Zustand sehen.

Anschließend ging Delion zu Raelene hinüber, küsste ihr Haar und setzte sich neben sie. „Er schläft noch, hm? Dann erholt er sich bestimmt schnell.“

„Er hat sogar schon wieder ganz leicht mit einem Fuß gekickt“, berichtete sie. Dabei bemerkte sie selbst, wie müde und erledigt sie klang. „Ich glaube, er träumt von seinem nächsten großen Kampf.“

Hoffentlich war es ein schöner Traum, mit viel Scheinwerferlicht und unzähligen jubelnden Fans. Das hätte er sich verdient. Lächelnd sah Delion erneut zu Liberlo. Vielleicht hoffte er gerade genau dasselbe wie sie.

„Wie geht es dir?“ Sorge kroch erneut in Raelene hoch – schließlich schmerzte sie der Anblick eines verletzten Delion genauso wie bei Liberlo. „Ist dein Arm soweit in Ordnung?“

Auf ihre Frage hin sah auch Delion auf die Schlinge hinunter. „Ja, ist alles halb so schlimm. Glatter Durchschuss, nur ein paar Muskeln verletzt. Die Wunden wurden genäht, ich soll den Arm eine Weile stillhalten und spätestens nächste Woche noch einmal vorbeikommen.“

Stillhalten. Armer Delion … Trotzdem war das zumindest noch einmal Glück im Unglück gewesen. Es hätte schlimmer kommen können, für sie alle. Dennoch dürfte es Delion schwerfallen auf die Trainingseinheiten zu verzichten, die er für sich persönlich und mit seinen Pokémon ausführte. Wahrscheinlich könnte er bleibende Schäden davontragen, wenn er den Arm gegen den ärztlichen Rat zu sehr strapazierte. Sicher war Delion aber vernünftig genug, es nicht so weit kommen zu lassen.

„Dann werde ich dich wohl richtig verwöhnen müssen.“ Das hatte Raelene soeben kurzerhand beschlossen. „Damit dir nicht langweilig wird, wenn du schon nicht trainieren kannst.“

„Mhm, dann gibt es ja vielleicht sogar noch was Gutes an der ganzen Sache“, meinte er zuversichtlich – und schien sich ernsthaft auf das Verwöhnprogramm zu freuen.

Vorsichtig rückte Raelene mit ihrem Stuhl so nah wie möglich an seinen heran, bis sie sich an ihn schmiegen konnte. Seufzend schloss sie die Augen. „Aber im Ernst, ich bin so froh, dass du nicht schlimmer verletzt wurdest.“

Eine solche Schusswunde war immerhin kein Zuckerschlecken. Wenn sie daran dachte, dass es ihn auch hätte tödlich erwischen können, wurde ihr sofort übel.

„Ich bin auch froh, dass wir alle da wieder heil rausgekommen sind.“

An dem ernsten Tonfall in seiner Stimme erkannte Raelene, dass ihn die Realisierung darüber, wie gefährlich das alles gewesen war, erst vor kurzem getroffen hatte. Bei der Einrichtung war Delion einfach seinem Gefühl gefolgt und hatte sofort gehandelt, ohne darüber nachzudenken. So wie Raelene. Für diesen Leichtsinn würden sie sicher von so einigen Personen zurechtgewiesen werden, doch vor Ort hatten sie schlicht keine Zeit gehabt zuerst Pläne zu schmieden. Es musste gehandelt werden.

Wo sie gerade darüber nachdachte, da war ja noch …

„Wie wollen wir nun mit Endynalos umgehen?“, sprach Delion das an, was ihr soeben selbst in den Sinn gekommen war. „Wir müssen ihn noch von uns überzeugen.“

Raelene öffnete wieder die Augen und blickte nachdenklich zu Liberlo. Falls Mula nicht nur Panik machen wollte und es stimmte, dass Endynalos im Moment noch zu schwach war, um von sich aus den Pokéball zu verlassen, mussten sie sich schnell etwas einfallen lassen.

„Ehrlich gesagt, habe ich keine Ahnung.“ Sie löste den Blick von Liberlo und sah zu Delion hoch. „Vielleicht sollten wir einfach wir selbst sein, auch wenn das nach hinten losgehen könnte.“

Eine neue Finstre Nacht hatten sie erst mal nicht zu erwarten. Gemeinsam könnten sie Endynalos also möglicherweise in Schach halten, sollte das nötig sein.

„Auf jeden Fall sollten wir ihn rauslassen“, fügte sie noch hinzu. „Und dann fragen wir ihn, was er will ... oder ist das zu naiv?“

„Selbst wenn das naiv sein sollte, etwas anderes bleibt uns wohl nicht übrig. Vielleicht gefällt es ihm ja, wenn man einfach mal normal mit ihm redet.“

Bislang kannte Endynalos bestimmt nur die Furcht, die ihm stets entgegen gebracht worden war. Wenn sie das änderten, war das womöglich wirklich ein guter Anfang für eine Partnerschaft. Erst recht nachdem sie ihn vor dem möglichen Tod bewahrt hatten.

Daher blieb Raelene bei dieser Option. „Wir sollten es wenigstens mal versuchen. Falls es schiefgeht, handeln wir einfach spontan.“

Das hatten sie an diesem Tag eigentlich auch schon getan und es war, mit Ausnahme von zwei Verletzten, überraschend gut gelaufen. Da fiel ihr ein …

„Hast du deine Pokémon schon heilen lassen?“

Die Frage war sicher überflüssig, aber sie stellte sie trotzdem. Immerhin hatte Delions Team ihnen ziemlich erfolgreich die anderen Pokémon vom Leib gehalten, damit sie sich in Ruhe um Mula kümmern konnten. Dafür hatten sie sich etwas ganz besonderes zum Essen verdient.

„Ja, während ich im Krankenhaus gewartet habe. Dort gibt es kein ganzes Center, aber zumindest eine Schwester, die sich um die Pokémon von Patienten kümmern kann. Bei meinem Team waren die Verletzungen nicht sehr schlimm. Und viele davon kamen auch nur daher, weil ich sie habe eigenständig kämpfen lassen. Sie hatten zwar genug Erfahrung dafür, aber es ist eben doch etwas anderes, wenn der Trainer Anweisungen erteilt.“

Raelene lächelte beruhigt. „Gut~. Sie waren wirklich super. Du hast sie großartig trainiert.“

Nicht jeder könnte seine Pokémon einfach selbstständig kämpfen lassen. Die meisten wären sicher überfordert gewesen mit der Situation.

„Die Schwester hier meinte, Liberlo müsste über Nacht bleiben, zur Beobachtung. Spätestens morgen sollte er aber wieder wach sein, dann können wir ihn mitnehmen.“

Bestimmt müsste Liberlo sich dann auch schonen und sogar etwas Bettruhe halten. Das dürfte ihm nicht gefallen.

„Willst du dann bis morgen hier bleiben?“, hakte Delion nach.

Raelene nickte sofort. Sie wollte, dass Liberlo nicht alleine war, wenn er aufwachte. Er sollte direkt sehen, wie erfolgreich seine Rettung verlaufen war. Bestimmt konnte Delion es verstehen, dass sie lieber bei Liberlo bleiben wollte. Wäre Glurak derjenige, der hier lag, würde er gewiss ebenfalls keinen Zentimeter von dessen Bett weichen wollen.

Wenigstens könnte Delion den anderen Pokémon aber schon mal mitteilen, dass Liberlo morgen ebenfalls nach Hause käme … zu seiner Wohnung, wo immer noch Feelinara auf die Babys aufpasste. Wie erklärte man denen das, was passiert war, am besten? Nun, auch dafür fand Delion sicher einen Weg. Bis dahin vertraute Raelene ihm blind ihre Pokémon an.

„Ich halte dich auch weiter auf dem Laufenden“, versprach sie.

Selbst wenn nicht Pichu, Dedenne, Azurill und Feelinara bei ihm zu Hause warten würden, könnte sie ihn nicht darum bitten auch hierzubleiben. Zumal er selbst dringend Ruhe bräuchte.

„Aber wehe, du gehst es bis morgen nicht schön langsam an“, warnte sie ihn. „Wenn ich dann da bin, starte ich ein Verwöhnprogramm.“

„Keine Sorge, ich bin vorsichtig, Ehrenwort.“ Lächelnd küsste er ihre Stirn. „Glurak wird schon darauf achten, dass ich keinen Unsinn anstelle. Schreib mir auf jeden Fall, wenn sich was ändert oder wenn du Sehnsucht kriegst."

Nun, sie könnten eventuell zumindest ein wenig telefonieren. Auf die Weise wäre sichergestellt, dass Delion sich zu Hause die nötige Ruhe gönnte und doch blieben sie in Kontakt. Schließlich behagte es Raelene nicht unbedingt, über Nacht alleine in diesem Raum zu bleiben, wo es totenstill war. Ein Grund mehr, Liberlo beizustehen und als vertrautes Gesicht direkt zur Stelle zu sein.

„Kannst du nur ...“, murmelte sie, „noch ein bisschen bleiben?“

Sie konnte sich vorstellen, dass Feelinara sich Sorgen machte und wissen wollte, wie es allen ging. Auch wenn Raelene da ein wenig egoistisch war, brauchte sie noch ein paar Minuten Delions Nähe. Darum schlang sie die Arme um ihn, ganz vorsichtig, und drückte sich an ihn. Ohne ihn hätte sie das nicht durchgestanden. Raelene wollte wirklich alles dafür tun, dass er die Zeit, in der sein rechter Arm heilen musste, locker durchstand.

„Natürlich“, sagte er sanft und lehnte seinen Kopf gegen ihren.

Nach allem, was sie heute durchgemacht hatten, lag ihm offenbar auch daran, noch etwas neben ihr zu sitzen und einfach nur ihre Anwesenheit zu genießen, sich klarzumachen, dass sie noch am Leben waren – und das, nachdem sie einen derart harten Kampf durchlebt hatten.

 
 

***

 

Während der Nacht war auch noch bezüglich Magnolica die Nachricht gekommen, dass sie es überstanden hatte. Die Professorin müsste zwar noch einige Tage länger im Krankenhaus bleiben, aber war schon wieder wach und überaus dankbar dafür, dass Delion und Raelene Endynalos retten konnten. Deshalb vertraute sie den beiden es auch ohne Bedenken an, sich um ihn zu kümmern. Sania hatte Raelene tausende Dankesnachrichten für ihre Rettung geschrieben, sicher auch Delion.

Der Moment, in dem Liberlo dann endlich wieder aufgewacht war, hatte ihr erneut die Tränen in die Augen getrieben, weswegen er zuerst etwas besorgt gewesen war. Nachdem Raelene ihm aber versichern konnte, dass alles in Ordnung war, platzte er fast vor Stolz – sie gönnte es ihm vollkommen.

Statt Delion Bescheid zu sagen, beschloss sie stattdessen, ihn zu überraschen. Also bedankte sie sich, ähnlich wie Sania, tausende Male bei der Schwester für Liberlos Behandlung und verließ anschließend das Pokémon-Center. Eine Rundfahrt mit einem Krarmor-Taxi später war sie auch schon bei Delions Wohnung angekommen und konnte es kaum erwarten, ihn und auch alle Pokémon in die Arme zu schließen.

Liberlos Pokéball hielt sie fest in der Hand, als sie an der Tür klingelte und durchatmete. Sie wollte Delion mit einem strahlenden Lächeln begrüßen, um all die Tränen zu vergessen, die sie in den letzten Stunden vergossen hatte.

Es dauerte einen Moment, bis sich die Tür endlich öffnete und Delion wieder vor ihr stand. Im Gegensatz zum Vortag wirkte er schon etwas erholt. Auch die blutverschmierte Kleidung hatte er inzwischen gewechselt – mit nur einem gesunden Arm musste das ein kleines Abenteuer gewesen sein. An seiner Seite schwebte Durengard, der ihn schützend zur Tür begleitet haben musste.

Als Delion Raelene sah, breitete sich sofort ein Lächeln auf seinem Gesicht aus. „Rae! Was für eine Überraschung.“

„Das hoffe ich doch, so war es ja geplant~.“

Weil Delion verletzt war, umarmte sie ihn vorsichtig, statt ihm an den Hals zu springen. Sie fühlte sich sofort wieder richtig vollständig, als sie seine Wärme spürte. Delion erwiderte die Umarmung, indem er seinen gesunden Arm um sie legte.

„Hallo, Durengard“, grüßte sie ihn lächelnd.

Behutsam tippte sie ihn leicht an, da er nah genug dafür war, aber ohne Delion gänzlich loszulassen. Gut, dass er so treue Pokémon hatte, die stets auf ihn Acht gaben.

„Ich hab auch unseren Liberlo dabei. Er kann es sicher kaum abwarten, alle zu sehen.“

Als Durengard Liberlos Namen hörte, schwebte er um Raelene herum als wolle er nach ihm suchen – oder als ob er einfach ausdrücken wollte, dass er glücklich über diese Nachricht war.

Delion lächelte erleichtert. „Ich bin echt froh. Dann komm rein, deine Pokémon können es auch kaum abwarten, dich und Liberlo zu sehen. Und Glurak ist wahrscheinlich auch erst wieder zufrieden, wenn er Liberlo selbst gesehen hat.“

„Oh ja! Dedenne! Azurill! Feelinara!“ Aufgeregt lief sie in die Wohnung. „Ich bin wieder da~.“

Wie aus dem Nichts sprang Dedenne ihr förmlich ins Gesicht und klammerte sich schluchzend fest. Azurill kam fröhlich angehüpft und plapperte begeistert drauflos, als hätte sie in den letzten Stunden unglaublich viel erlebt – aus der Sicht eines Babys stimmte das wahrscheinlich sogar. Feelinara war ebenfalls glücklich, Raelene zu sehen, und schlang ihre Bänder um ihre Handgelenke.

„Tut mir leid, falls ihr euch Sorgen gemacht habt“, entschuldigte sie sich gerührt.

Delion hatte ihnen die Situation sicher erklärt, also übersprang sie diesen Teil. Er war ihr ins Wohnzimmer gefolgt, um das Wiedersehen mitzuerleben. Sogar Pichu sprang auf die Sofalehne und stieß fröhliche Laute als, da Azurill auch so gut drauf war. Seine anderen Pokémon hatten sich Raelene ebenfalls interessiert zugewandt, aber warteten erst mal geduldig ab.

Nebenbei erzählte Delion ihr, dass die drei sehr verwirrt gewesen waren. Zumindest Dedenne hatte er wohl mit Essen ablenken können und Azurill war dank Pichus Anwesenheit ebenfalls ziemlich ruhig geblieben. Wie erwartet war Feelinara diejenige, die die Lage verstanden und entsprechend erwachsen reagiert hatte.

Nachdem Raelene die drei ausgiebig begrüßt und ihnen versichert hatte, dass mit ihr alles in Ordnung war, hielt sie Liberlos Pokéball nach oben. „Die Schwester hat ihm Bettruhe verordnet, also helft fleißig mit, damit er sich auch wirklich ausruht~.“

Mit diesen Worten entließ sie ihren Partner aus seinen Ball, ohne diesen zu werfen. Liberlo stieß sofort einen motivierten Laut aus, kaum dass er im Raum stand und hüpfte, nur um im nächsten Moment ein wenig zu verkrampfen, weil so viel Bewegung sicherlich noch schmerzte. In den nächsten Tagen musste Raelene ihn sicher oft darauf hinweisen, dass er sich nicht zu viel bewegen durfte.

Kaum war Liberlo aus dem Pokéball draußen, stellte sich auch bei Maxax, Katapuldra und Intelleon sichtbare Freude ein. Die kleinen Grolldras umschwirrten Liberlo sofort mit besorgtem und fröhlichem Zirpen. Liberlo schien tatsächlich verlegen zu sein, weil alle sich so sehr freuten, was auch für Raelene etwas Neues war. Er lachte und legte dabei eine Hand auf seinen Hinterkopf.

Nur Glurak sah Liberlo finster an und gab dann ein eindrucksvolles Brummen von sich. Sofort danach hellte sich sein Gesicht aber auf und er nickte Liberlo zu.

Delion lehnte sich zu Raelene und übersetzte für sie: „Ich glaube ... das soll so viel wie Gut gemacht heißen.“

Im nächsten Moment brummte Glurak Liberlo plötzlich wieder finster an.

„Und das soll wohl eine Erinnerung sein, dass er sich hinlegen soll.“

Anscheinend hatte Gluraks Lob zuvor Liberlo wirklich mit noch mehr Stolz erfüllt, weshalb er auf seine deutliche Aufforderung, sich hinzulegen, auch zustimmend nickte. Raelene hätte mit mehr Gegenwehr gerechnet, aber das konnte noch kommen.

Während Liberlo also zu einem der größeren Betten ging, um sich hinzulegen, begrüßte Raelene auch Delions Pokémon anständig und ließ vor allem Wolly und Zamazenta frei. Fröhlich und munter wie immer hüpfte Wolly herum und erinnerte Durengard direkt daran, wie toll sie gestern zusammengearbeitet hatten. Durengard schwebte im Rhythmus mit Wollys Hüpfern, was wohl heißen sollte, dass er stolz auf ihre gemeinsame Leistung von gestern war.

Glurak nickte zufrieden, als Liberlo sich hinlegte, behielt ihn aber weiterhin im Auge. Als wollte er nur sichergehen, dass er auch artig liegen blieb. Zamazenta wandte sich dagegen direkt Delion zu. In der ersten Sekunde war Raelene besorgt, aber dann setzte er sich nur vor ihm hin und jaulte ihn leise an, als wolle er fragen, wo Endynalos war. Raelene stellte sich zu den beiden, da sie nun wusste, dass Glurak ein Auge auf Liberlo haben würde.

Delion griff in seine Tasche und zog den durchlöcherten Pokéball hervor. „Ich hab ihn immer bei mir. Nur sicherheitshalber.“

Gut, immerhin wusste man nie, ob nicht irgendein Verrückter wie Mula hier einfach einbrach, um ihn zu stehlen. Auch wenn das eigentlich ziemlich abwegig war, aber nach dem, was sie gestern erlebt hatten, vertraute sicher auch Delion gerade auf nichts.

Raelene atmete auf. „Endynalos scheint total ruhig zu sein.“

„Ja, seit er aus dieser Kapsel raus ist, ist er ruhig. Vielleicht hat Mula recht und er ist einfach noch furchtbar schwach. Oder er ist gerade froh, dass er nicht mehr gefoltert wird.“

Vorsichtig tippte Zamazenta den Ball mit der Schnauze an und nickte ihnen beiden zu. Anscheinend fand auch er, dass sie alles richtig gemacht hatten. Sie war beruhigt. Ein bisschen hatte sie befürchtet, er könnte böse auf sie sein. Und wenn es nur deswegen war, dass sie ihn in der Einrichtung nicht eingesetzt hatte. Wer wollte sich schon gern mit einem legendären Pokémon anlegen?

„Wir sollten wohl nicht zu lange damit warten, ihn rauszulassen“, riet Raelene.

Sonst könnte Endynalos vielleicht denken, sie wollten ihn auch nur im Pokéball behalten. Zamazenta blickte zwischen ihnen hin und her, als wäre er gespannt, was sie als nächstes planten.

„Und ich dachte, das sollten wir am besten an einem schönen Ort tun“, schlug sie vor.

Bislang hatte Endynalos nämlich nichts von Galar gesehen und war immer in Gebäuden weggesperrt gewesen. Vielleicht half es ihm, wenn er etwas von der Natur erlebte.

„Das ist eine gute Idee“, stimmte Delion zu. „Sicherheitshalber sollte es aber auch ein Ort sein, an dem nicht viele Menschen unterwegs sind.“

Vielleicht waren die Kronen-Schneelande dafür geeignet. Da gab es schöne Ecken. Und wenn alles gut ging, könnten sie das direkt mit Camping verbinden.

„Ich möchte ihm außerdem einen anderen Pokéball anbieten“, führte er aus. „Falls er bleiben will, natürlich. Dieser hier ist zu ... beschädigt.“

„Stimmt. An dem Pokéball hängen für ihn auch sicher nur schlechte Erinnerungen.“

Zamazenta nickte zufrieden. Dann stand er auf und ging hinüber zu dem Bett, in dem Liberlo sich befand, um sich daneben zu legen. Offenbar wollte auch er darauf achten, dass er nicht aufstand. Es war so schön, wie sehr die Pokémon aufeinander achteten.

„Wir müssen uns nur noch entscheiden, wann wir das machen“, sagte sie nachdenklich. „Vielleicht ... morgen? Damit wir uns heute alle noch etwas erholen können?“

„Machen wir das. Wenn wir jetzt einen Termin haben, merkt er vielleicht auch, dass wir es wirklich ernst meinen.“

„Alles klar, also abgemacht.“ Sanft berührte sie seinen rechten Arm. „Also, ich mache für dich jetzt alles, solange du dich schonen musst. Hast du schon gegessen? Muss etwas aufgeräumt werden? Brauchst du Hilfe beim Waschen?“

Die letzte Frage trieb ihr wieder die Hitze ins Gesicht, weil sie etwas zu weit dachte. Eigentlich meinte sie aber eher so etwas wie Katzenwäsche.

„Sag auf jeden Fall Bescheid, egal was du brauchst~.“

Schmunzelnd fuhr er ihr mit der linken Hand über das Haar. „Tatsächlich habe ich noch nichts gegessen – und du bestimmt auch nicht. Frühstück wäre also nicht schlecht. Und ich werde dir auf jeden Fall Bescheid sagen~.“

„Okay! Dann mach ich uns allen erst mal Frühstück~.“ Sie zwinkerte ihm zu. „Und du bekommst meine Rae-Spezial-Sandwiches serviert, mit einer Tasse heißen Kakao. Entspann dich solange. Oder schau mir zu~.“

Was immer Delion tun wollte, solange es ihn glücklich machte. Vielleicht spendierte sie ihm nach dem Essen auch eine kleine Schulter-Massage. Schließlich wollte sie nicht, dass ihm langweilig wurde, er sich aber entspannen konnte. Deshalb ballte sie motiviert die Hände zu Fäusten und nickte sich selbst zu, um loszulegen.

„Dann schau ich dir zu“, beschloss er. „Ich hab dich seit gestern nicht gesehen, da muss ich einiges nachholen. Die Pokémon sind jetzt ohnehin alle erst mal auf Liberlo konzentriert, also muss man nicht auf sie aufpassen.“

Tatsächlich hatten sie sich alle um Liberlos Bett versammelt, um sich von ihm anzuhören, was geschehen war und wie es ihm nun ging. Raelene warf einen Blick zu den Pokémon und lächelte. Liberlo war lebhaft dabei den anderen von gestern zu erzählen, wie er sie heldenhaft beschützt hatte. Sie war ziemlich sicher, dass er hier und da maßlos übertrieb, aber sie störte sich nicht daran. Liberlo hatte sie nämlich wirklich vor schlimmen Schaden bewahrt. Als Mensch wäre sie nicht so gut davongekommen.

Selbst die Pokémon, die dabei gewesen waren, nickten verständnisvoll, statt manch übertriebener Passage zu widersprechen. Niemand wollte ihm gerade seinen Auftritt im Mittelpunkt madig machen, dafür waren alle zu glücklich, dass er gesund wieder da war.

„Sieht ganz so aus~. Okay, dann mal los. Wenn du aufpasst, kannst du mich auch rechtzeitig davon abhalten das Essen aus Gewohnheit zu schärfen.“

Delion lachte über ihre Worte. „Falls ich es hinbekomme, nicht zu sehr von dir verzaubert und abgelenkt zu sein~.“

Raelene blinzelte überrumpelt, lächelte aber dann. Sie ging dicht an ihn heran, legte eine Hand in seinen Nacken und zog ihn vorsichtig zu sich runter, um ihn zu küssen. So lang und ausgiebig wie möglich. Eine Flut aus Wärme rauschte durch ihren Körper. Zufrieden seufzte Delion leise, während er den Kuss erwiderte und eine Hand auf ihre Taille legte. Es war immer noch unglaublich, ihm einfach so nahe sein zu können.

Als sie den Kuss wieder löste, lächelte Raelene noch herzlicher als vorher. „Hoffen wir mal, ich kann mich auch richtig konzentrieren, während mein großer Schwarm mich so anschmachtet~.“

„Oh, das bekommst du schon hin~.“ Er tippte seine Stirn gegen ihre. „Ich glaube an dich~.“

„Na, dann wird also absolut nichts schiefgehen~.“

Verspielt zwinkerte Raelene ihm erneut zu und ging dann voraus, um zur Küche zu kommen. Es gab eine Menge Pokémon und Delion zu versorgen. Diese Alltäglichkeit war genau das, was sie brauchte, um sich weiter zu versichern, dass alles gut war. Delion und Liberlo kämen wieder in Ordnung. Und das mit Endynalos bekämen sie auch schon hin. Zusammen könnten sie sicher alles überstehen.



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