Zum Inhalt der Seite

Under these Scars

Teil Vier der BtB Serie
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

A red flag of warning

Kakashi erwachte zu einer leisen, samtigen Stimme, von der er glaubte, sie befände sich in seinem Kopf. 

 

„Kakashi…“

 

Seine Wimpern flatterten schwach beim Ruf seines Namens und die Lider zitterten unter dem Gewicht der Erschöpfung. Ein dumpfer Schmerz pochte unter seiner linken Braue, nicht so schlimm wie die vorherige Qual, aber immer noch hartnäckig genug, um ihn ernsthaft darüber nachdenken zu lassen, ob es wirklich klug wäre, die Augen zu öffnen. 

 

Alles tat weh. 

 

Er fühlte sich, als wäre er in mehr als nur Schlaf versunken…vielleicht eher in einem Fleischwolf. 

 

Grimmig amüsiert hätte er über diesen Gedanken beinahe geschmunzelt, doch der Schmerz zog sich dabei über seine Wangenknochen, aufgeplatzte Haut und geschwollene Prellungen unter dem blutigen Gewebe seiner Maske. Genma hielt sich nie zurück. Als er eine Grimasse schnitt, zog sich Kakashis Nasenrücken in einem Zusammenzucken kraus, während ein leises Ächzen seine Lippen verließ. 

 

Eine kühle Empfindung tupfte feucht und beruhigend über seine Stirn. 

 

Und dann schon wieder diese Stimme. „Kakashi?“

 

So gut es ging hob er ein winziges Stück sein rechtes Augenlid und ein Schlitz der glasig grauen Iris bemühte sich um Fokus. Er fing einen verschwommenen Eindruck eines dunklen Raumes auf, der in blaue Schatten und silbriges Mondlicht getaucht war. Und plötzlich schien der Mond oval und obskur vor seinen Augen zu schweben, umgeben von dunklen, sich kräuselnden Wolken. 

 

Und dann klärte sich seine Sicht. 

 

Die Wolken nahmen mehr Dimension an, wurden zu einer zerzausten Mähne aus Schwarz…der ovale Mond löste sich zu dem schönen Gesicht einer Frau auf, das von einem Paar besorgter, tief roter Augen dominiert wurde, die von leichten Maskaraflecken umrandet waren. 

 

„Kurenai“, krächzte Kakashi mit trockenem Mund und enger Kehle. Er lag auf ihrem Sofa…er erinnerte sich nicht mehr, wie zur Hölle er hierher gekommen war. „Ich…“ Er brach ab und versuchte, sich aufzusetzen. 

 

Schlechte Idee. 

 

Der Raum neigte sich, als würde er schmelzen und der Schmerz hinter seinem linken Auge schoss heiße Splitter durch seinen Schädel. Kurenais Handflächen waren kühl auf seiner nackten Brust und drückten ihn sanft zurück nach unten. Er protestierte nicht, sondern krallte nur die Finger gegen die Seite der Couch, bis das Drehen aufhörte und der Schmerz nachließ. 

 

„Chakra“, raunte er; nicht, dass sie das nicht bereits vermutet hatte. 

 

Summend berührte Kurenai mit den Rückseiten ihrer Finger seine Stirn und tupfte ihn erneut mit dem kühlen, nassen Stoff ab. „Du hast mir einen ziemlichen Schreck eingejagt.“

 

Er hatte mehr als das getan. Alarmiert geriet Kakashis Atem ins Stocken und er griff nach oben, um ihre Hand zu packen und ihre liebevollen Bewegungen zu stoppen. „Genma?“

 

„Er schläft.“ Kurenai zog sich ein Stückchen zurück, die Augen beständig auf sein Gesicht gerichtet. „Ich musste ihn ruhig stellen. Er braucht medizinische Hilfe, Kakashi…aber ich schätze mal, dass du das Krankenhaus meiden willst, ansonsten hättest du ihn nämlich nie hierher gebracht.“

 

Gott…

 

Langsam ließ Kakashi seinen Kopf nach hinten gegen die Sofalehne kippen und presste für einen Moment die Lider aufeinander, während sich seine Finger flüchtig um ihre anspannten. „Tut mir leid.“

 

„Das muss es nicht.“

 

„Tut mir leid.“

 

„Kakashi.“

 

In einer schwachen Bewegung schüttelte er den Kopf. 

 

Seufzend umfasste Kurenai seine Hand mit ihren beiden in einer freundlich unterstützenden Geste. Kakashis Herz brach ein wenig und pochte qualvoll und schuldbewusst. Asuma hätte nicht gewollt, dass sie in irgendwas hiervon hineingezogen wurde. Aber sie war die einzige, der Kakashi vertraute, denn sie war auch die einzige, die verstand, was Genma durchmachte. Der Verlust…die Selbstzerstörung…

 

‚Ich schulde ihm mein Leben.‘

 

Und jetzt löste Kakashi diesen Gefallen für Genma ein. Aber zu wissen, dass Kurenai das verstehen würde, sorgte überhaupt nicht dafür, dass er sich weniger beschissen fühlte. Er musste es erklären, musste es ihr sagen. 

 

Er nahm einen zitternden Atemzug und zog dabei das Gewebe seiner Maske gegen seine Lippen. 

 

Sanft schnitt Kurenai seinen Versuch ab, indem sie ihm eine Flasche mit milchigem Wasser reichte. „Chakra-Muntermacher“, erklärte sie und wies seinen zweiten Ansatz zu sprechen mit einem strengen Blick ab, während sie nach dem Erste-Hilfe-Set auf dem niedrigen Sofatisch griff. „Später, Kakashi. Ruh dich erstmal aus. Ich muss den Riss in deinem Schenkel noch fertig säubern und nähen.“ Sie rutschte ein wenig den Rand des Sofas entlang und faltete die Decke mit der Feinheit einer Masseurin zurück, um sein nacktes Bein zu entblößen und den Verband zu mustern, der sich fest um seinen Schenkel wand. „Und ich dachte eigentlich, du wärst eine Ausnahme zu der ‚Es sind immer die Ruhigen‘-Regel.“

 

Schwerlidrig blinzelnd packte Kakashi die Flasche mit den Fingern und setzte eine Miene auf, die sich irgendwo zwischen halb entschuldigend und halb amüsiert bewegte, während sich seine silbernen Brauen hoben, als wollte er ‚Was wer, ich?‘ sagen. 

 

Kurenai lächelte…und es war die liebste Betäubung, die sie ihm hätte geben können.

 

~❃~

 

Da war nichts außer dem Schmerz.

 

Keine kleine pinke Pille, keine Shōchū Flasche, keine funkelnden Stahl Senbons, um sie in sein Zahnfleisch zu graben, bis der Geschmack seines eigenen Blutes den Gallegeschmack fortwusch, der in seiner Kehle aufstieg. 

 

Träumen, er musste geträumt haben…

 

Schreien, er musste geschrien haben…denn da war so viel Lärm in seinem Kopf und viel zu wenig Platz in seinem Verstand, um ihn eindämmen zu können. Genma steckte schon wieder in diesem Raum fest, nagelte die Bodenbretter nach unten, als sich die Falltür nach außen wölbte, eingedellt von der Faust der Vergangenheit, die aus seinem Unterbewusstsein nach oben schlug. 

 

Verdammt, aber sie bekam schon wieder einen Griff an ihm…

 

Die Art von Griff, die er an sich selbst brauchte…

 

Sodass er aufstehen und weitermachen konnte…hier heraus kommen konnte…darüber hinweg kommen konnte…

 

Darüber hinweg kommen?

 

Er hustete ein zerbrochenes Lachen hervor; in seinem Traum, in seiner Täuschung…denn er wusste bereits, dass er zu tief unter diesem Chaos begraben war, um darüber hinweg zu kommen. Also als diesmal die Vergangenheit durch den Boden gekracht kam und ihn bei der Kehle packte, kämpfte er nicht zurück, er fiel zurück…zurück in die Erinnerung…zurück in die Schwärze…Schwärze…Schwärze…

 

Schwarz war ein passendes Wort für die Stimmung, in der er gerade war. 

 

Pissig wäre ein weiteres. 

 

Mit gewittriger Miene verharrte Genma im Schatten, stand bei einer der aufragenden Säulen, die das Dach des Kusa-Stadions trugen. Die Arena glänzte im Hitzeflimmern und zwang ihn dazu, gegen das Sonnenlicht anzublinzeln, das grell von der harten Erde reflektiert wurde. Inzwischen füllten bereits viele Leute die Arenaränge und Daimyōs bewegten sich, um ihre reservierten Plätze einzunehmen, in Erwartung auf das bevorstehende Blutvergießen.

 

Ich wette, dass keiner dieser Ficker weiß, wie man kämpft.

 

Dieser gereizte Gedanke knirschte wie seine Zähne über das Senbon. Oja. Und wie er angepisst war. Und er konnte es nichtmal auf die Tatsache schieben, dass er Yamori nicht um die Ecke gebracht hatte. Er wusste, dass er es tun würde. Bei der nächsten Gelegenheit, die er bekommen würde. Der Kopf dieses schleimigen Bastards war für Genmas Richtklotz bestimmt.

 

Jo. Und wo zur Hölle ist DEIN Kopf, Shiranui?

 

Verdammt gute Frage. Der erste Kampf war in dreißig Minuten angesetzt und sein Kopf befand sich immer noch nicht im Spiel; er befand sich noch bei dem Freakshow-Spielplatz, wo er mit diesem mysteriösen KERN Agenten verficktes Kuckuck gespielt hatte, als er versucht hatte, einen Blick auf ein Gesicht zu erhaschen, von dem er eigentlich wusste, dass er es nicht sehen und auch nicht darüber raten könnte. 

 

Er kannte mich.

 

Eine Tatsache, die ebenso frustrierend für Genma war wie das instinktive Gefühl, dass er diesen Agenten ebenfalls kannte – er konnte nur nicht sagen, wie genau. Vergeblich hatte er alle seine Erinnerungen durchsucht, besonders, was KERN anging. Sicher, Danzō hatte einige KERN Typen geschickt, die damals versucht hatten, ihn zu rekrutieren, doch trotz Genmas kraftvoller Ablehnung zu dieser Zeit, war es niemals zu einem ernsthaften Schlagabtausch gekommen, was bedeutete, dass das Maskenmann jemand aus seinen ANBU Tagen sein musste. 

 

Dieser Kerl kennt mich. Weiß, wie ich kämpfe. Er liest meine Bewegungen, als würde er meine Gedanken lesen. 

 

Eine Errungenschaft, die nur durch Training oder Nahkämpfe erreicht werden konnte. Und selbst dann brauchte es wiederholte Kämpfe, um mit den Methoden eines Gegners vertraut zu werden und die Handlungen auf diese Weise vorauszuahnen. 

 

Mit so viel Selbstsicherheit. So einer makellosen Gewissheit. 

 

Genma hatte schonmal gegen diesen Kerl gekämpft, da hatte er keinerlei Zweifel. Zu blöd nur, dass er auch überhaupt keine Ahnung hatte. Er hatte während seiner ANBU Tage mit so vielen Leuten gekämpft und trainiert, dass Gesichter und Namen dazu neigten, ineinander zu verschwimmen. 

 

Hilft auch nicht gerade, dass ich die meiste Zeit davon total zugedröhnt war…

 

Ja. Wenn er so auf die letzten ANBU Jahre zurückblickte, dann war es ein Wunder, dass er sich überhaupt an irgendetwas erinnern konnte. Ein Wunder, dass er überhaupt überlebt hatte. Dafür hatte er Kakashi zu danken…Kakashi und einer langen Zeit, die er in der Reha verbracht hatte. 

 

Hn. Witzige Zeiten…

 

Düstere Zeiten. 

 

Seine schwarze Stimmung wurde noch schwärzer. 

 

Schritte machten ihn auf die sich nähernde Gestalt aufmerksam. Als er aus dem Augenwinkel in die Richtung spähte, erblickte er eine der Konoha Genin, die über die Treppen auf ihn zu kam. Ein kleingewachsenes, kräftiges Mädchen mit einer Akimichi-Aura, aber es fehlten ihr die Wirbel auf den Wangen. 

 

Sie lief den Gang entlang und hielt ein paar kurze Schritte entfernt inne, während sie darauf wartete, dass er sich ihr zuwandte. Darauf könnte sie sehr lange warten. 

 

Und sie musste das auch bemerkt haben, denn letztendlich kratzte sie den Mut zusammen, den Mund aufzumachen. „Sensei?“ 

 

Genmas vernichtende Miene wurde noch dunkler und Verärgerung flammte in seinen Augen auf. „Senpai“, korrigierte er sie. 

 

Die Kleine zuckte bei seinem schroffen Tonfall zusammen, stolperte über ihre Verbesserung und ihre runden Wangen erröteten mit einem peinlich berührten Rosa. „Senpai. Uhm…tut mir leid, dass ich Sie störe…aber ich habe meine Nahrungspillen verloren und ich hab die ganze Nacht trainiert und-“

 

„Krasser Scheiß“, sagte Genma mit den Augen auf die Arena gerichtet und mit seinem Geist ganz woanders. „Denkst du, ein Jōnin erscheint wie aus dem Nichts, wenn du draußen auf Feldoperation bist und dann auch noch töricht genug, deine Ausrüstung zu verlieren? Träum weiter, Kleine. Und viel Glück, denn du wirst es brauchen.“

 

Sie zuckte zusammen, als hätte er ihr einen heftigen Tritt verpasst und schwankte einen Schritt zurück, während sie den Kopf einzog und die Arme um ihren Bauch schlang, als hätten seine Worte sie in die Magengegend getroffen. „Tut mir leid, Senpai.“

 

Fuck.

 

Was für ein moralischer Mutmacher. Die Kleine eine halbe Stunde vor ihrem Kampf psychologisch lahmzulegen. Wirklich klasse gemacht. Wirklich inspirierend. Und genau aus dem Grund war er kein Sensei. Er hatte nicht das Taktgefühl dafür. Zumindest nicht bei Kids, die noch so jung waren. Mit den Jugendlichen kam er klar. Denn gleich zu Anfang musste er bei denen nicht auf seine Wortwahl achten oder versuchen, ein Vorbild zu sein. Aber Vorteenager? Eher würde er ihnen einen Komplex verpassen als einen Zuversichtsschub. Wie er bereits vorhin zu Shikamaru gesagt hatte, war er ein glänzendes Beispiel dafür, was man nicht tun sollte; trotz seiner Errungenschaften und Auszeichnungen, die das Dorf ihm verliehen hatte, ob er nun glaubte, sie verdient zu haben, oder auch nicht. 

 

Aber eins stand fest, dieses Mädchen hier hatte die verbale Ohrfeige nicht verdient, die er ihr gerade verpasst hatte. 

 

Während er einen Arm hoch über seinem Kopf gegen die Säule stützte, seufzte Genma und starrte weiterhin mit verkrampften Kiefermuskeln über die Arena. Er war einige lange und qualvolle Sekunden davon entfernt, sich etwas auszudenken, das er sagen könnte, um die Stimmung der jungen Genin zu heben, als ihm eine vertraute, träge Stimme die Mühe ersparte. 

 

„Hey, Kleine, hier.“

 

Genma spähte hinüber und sah zu, wie Shikamaru mit der Leichtigkeit eines geübten Magiers eine Packung Nahrungspillen hervorzog und sie in die Hände des Kindes fallen ließ. Sofort erhellte sich ihre Miene und sie wandte erstaunt ihre Augen zu ihm hoch, als sich ein dankbares Lächeln auf ihr Gesicht legte. 

 

„Danke!“

 

Shikamaru zuckte nur mit den Achseln und legte seinen Kopf mit einer Lässigkeit schief, die alles sehr beiläufig erscheinen ließ. „Kein Ding. Geh und tritt ein paar Leuten in den Arsch.“

 

Strahlend sprang das Mädchen die Stufen hinab, die Nahrungspillen an die Brust gedrückt, als wären sie ein äußerst kostbares Erbstück. Mit einer leicht amüsierten Miene sah Shikamaru ihr nach; ein Ausdruck, der sich schlagartig zu wachsamer Regungslosigkeit verkrampfte, als ihm klar wurde, dass Genmas Blick scharf wie das Senbon, das zwischen den Lippen des Tokujō funkelte, auf ihn gerichtet war. 

 

„Chōji hat sie mir gegeben“, sagte Shikamaru und machte einen auf dumm. 

 

Sehr langsam hob Genma eine Braue und seine Augen verengten sich zu Schlitzen, als er den jungen Nara mit einem raschen Schwung musterte. Doch er bemerkte keine Verletzungen oder irgendetwas, das hätte faul sein können. Und er war nicht in der Stimmung, das zwanzig Fragen Spiel zu spielen. 

 

„Netter Trick. Ziehst du dir auch ein Klemmbrett und einen Stift aus deinem Arsch?“, fragte Genma, seine Lippen krümmten sich in einem schwachen Grinsen. „Denn die wirst du brauchen, Proktor.“

 

Überraschung machte sich für eine flüchtige Sekunde auf Shikamarus Gesicht breit, bevor sie von Erleichterung ersetzt wurde, als hätte er vielleicht von Genma erwartet, seinen nackten Hintern über glühende Kohlen zu zerren – nicht, dass ihm dieser Gedanke nicht in der Sekunde in den Sinn gekommen war, als er das Tekisha Seizon menschenleer und geschlossen vorgefunden hatte und Shikamaru nirgendwo zu sehen gewesen war. 

 

War nicht seine Schuld.

 

Nein. Es war Genmas. Weil er von einer Verbrecherjagd aus seiner Vergangenheit abgelenkt worden war. Er hatte den Jungen mit all diesen Würdenträgern allein im kalten Wasser gelassen, aber Shikamaru hatte sich in dieser politischen Flut über Wasser gehalten und es allein wieder zurück geschafft, ohne dass Genma einen auf Senbon-schießenden Suchtrupp machen musste.

 

Hn. Ehre, wem Ehre gebührt.

 

Er musste dem Schattenninja ein bisschen Spiel- und Freiraum lassen. Und er musste auch mit seinem eigenen, emo-brütenden Schwachsinn aufhören und seinen Kopf wieder für sich beanspruchen. Als er den Blick abwandte, streckte Genma mental eine Hand aus, um seinen Geist fort aus diesem Freakshow-Spielplatz zu zerren, auf dem er ihn zurückgelassen hatte und er zog ihn auch weg von seiner Fixierung auf diesen verdammten KERN Agenten. 

 

Lass es verfickt nochmal einfach gut sein.

 

Er nahm einen gar nicht so reinigenden Atemzug aus heißer, feuchter Luft durch bebende Nasenflügel und zählte bis zwei, bevor er sie wieder nach außen fließen ließ, während seine Lider auf Halbmast fielen. „Also“, begann er und zog die Silben lang. „Wie war das politische Treffen?“

 

„Jo, lief gut“, erwiderte Shikamaru und klang dabei etwas abgelenkt, bevor er sich beeilte, sein charakteristisches Schlagwort hinzuzufügen. „Lästig.“

 

Genma entging das Zögern nicht, aber er schätzte, dass der Junge vermutlich noch immer von all dieser aggressiven Aufmerksamkeit erschüttert war und jetzt versuchte, einen auf cool zu machen. Hatte keinen Sinn, an rohen Nerven zu kratzen – auch wenn das Genmas Spezialität war.

 

Grunzend zuckte er mit den Achseln. „Du bist allein klargekommen?“

 

Shikamaru schob seine Hände in die Taschen, verharrte an der Kante der Gangreihe. „Jo. War gut.“

 

Gut. Schon das zweite Mal, dass er dieses Wort benutzte. Genma warf ihm einen schiefen Blick zu und suchte Shikamarus scharfes, schmales Gesicht nach irgendeinem Zeichen des Unbehagens ab. Der Junge schien ein wenig zurückhaltend zu sein, wich Genmas Blick aus und hielt seinen Körper in einer Vierteldrehung, als wollte er verschwinden, aber auch gleichzeitig nicht zu vermeidend erscheinen. Sofort neigte er sich in eine lümmelnde Haltung, um diesen Ausrutscher zu kaschieren. 

 

Hn. Netter Versuch, aber du bist noch viel zu grün hinter den Ohren, um deine Tics verbergen zu können, Kleiner. 

 

Summend lehnte Genma seinen Kopf gegen die Säule und bedachte Shikamaru mit einem Blick aus den Augenwinkeln. „Gibt es da irgendwen, mit dem ich vielleicht mal eine Unterhaltung führen muss?“

 

„Nein.“

 

„Irgendwer, mit dem ich eine non-verbale Unterhaltung führen muss?“

 

Ein leichtes Schmunzeln und Shikamaru rollte in klassischer Teenager-Belästigung mit den Augen. „Nein, Senpai. Ist alles cool.“

 

Genmas Blick zuckte leicht, aber er beließ es dabei. Er würde später darauf zurückkommen. Sie hatten nur noch fünfzehn Minuten, bis die Spiele begannen und er war sich ziemlich sicher, dass Shikamaru nicht ein Klemmbrett und einen Stift aus seinem Arsch ziehen würde. 

 

„Geh und hol deinen Scheiß“, sagte Genma sanft, als er seinen Blick wieder der Arena zuwandte. „Wir reden später.“

 

Shikamaru setzte sich in Bewegung, nur um sich auf halbem Weg die Treppen hinunter wieder umzudrehen und eine Grimasse zu schneiden. „Ah, ja. Was das angeht. Ich wurde für heute Abend eingeladen, mit einem dieser Würdenträger Shogi zu spielen? Soll ich hingehen?“

 

Sofort hob Genma eine mentale Braue; sowohl über den offensichtlichen Mangel an Vermeidung, den diese Frage beinhaltete, als auch über den Mangel an Genervtheit auf dem Gesicht des jungen Nara. Seine eigene Miene hingegen blieb unverändert. „Willst du hingehen?“

 

Schon wieder diese leichte Vierteldrehung, als wollte er diese Frage umgehen. Doch diesmal fing sich Shikamaru schneller und verlagerte sein Gewicht, als sein Körper von Seite zu Seite schwang, als würde er das abwägen. 

 

Ein gutes Schauspiel, aber nicht gut genug. 

 

„Ich hasse Politik“, sagte Shikamaru letztendlich mit einer falschen Nachahmung seiner üblichen Widerwilligkeit. „Aber ich hab nichts gegen Shogi.“

 

„Shogi, huh?“

 

Dachte ich mir.

 

Aber das erklärte nicht die Unruhe, die in Genmas Magengegend aufflammte. Er schürzte die Lippen und zweifelte das erste Mal seit langer Zeit an sich. Shit. Er war wirklich aus seinem Spiel. Dieses morgendliche Zusammentreffen mit dem Kerl von KERN hatte ihn aus Gründen aus der Bahn geworfen, die er noch nicht zu fassen bekam. War er übermäßig analytisch, was Shikamaru anging, um sein Scheitern wieder gut zu machen, sein eigenes Problem festzustellen? 

 

Scheiß drauf.

 

Da er sich nicht jetzt darum kümmern wollte, täuschte er Desinteresse vor und hob eine Schulter. „Wir werden nach den heutigen Wettkämpfen sprechen. Kusa hat ein paar Ninja Nebenoperationen ausgeschrieben, die fette Ryō-Belohnungen zu bieten haben. Würde nicht wollen, dass dein geniales Hirn wegen Shogi ausgelaugt wird.“

 

Mit einem Ächzen sackte Shikamaru ein wenig in sich zusammen. „Ugh. Niemand hat irgendwas von Missionen gesagt.“

 

Und da war es. Diese Markenzeichen-Widerwilligkeit war wieder in vollem Gange. Mit einer Handbewegung winkte Genma ab. „Erst die Arbeit, dann das Vergnügen, Kleiner. Wenn du heute hart arbeitest, dann denke ich über das Shogispiel heute Abend nach. Und jetzt schwirr ab. Die Spiele fangen gleich an.“

 

 

Die Spiele, in all ihrem gladiatorischen Glanz und Gloria, waren so brutal wie immer. 

 

In dieser Art Hitze, dieser Art Feuchtigkeit, mussten die Genin Kids nicht einfach nur ihre Gegner bekämpfen, sondern auch die unsichtbaren Feinde Dehydration und Sonnenstich. Viele brachen unter den Schlägen der Sonne ebenso oft zusammen wie unter den Treffern ihrer Konkurrenten. 

 

Blut und Schweiß flossen einfach weiter. 

 

Aus den Schatten des Stadions heraus beobachtete Genma, wie sich das alles entfaltete, losgelöst von dem Geschehen, sein Blick auf die Menge gerichtet, als seine Augen alles mit dem langsamen, beständigen Schwung eines Laserstrahls studierten. Die ganze Zeit, seit der Invasion von Konoha während der Chūninprüfungen vor ein paar Jahren, hatte seine übertriebene Wachsamkeit bei solchen Ereignissen eine geradezu mikroskopische Qualität angenommen und brachte einzelne Trauben der Menge eine Reihe nach der anderen in kritischen Fokus. 

 

Suchend nach etwas – irgendetwas – das vielleicht als Bedrohung klassifiziert werden könnte. 

 

Etwas, oder jemand, um seine Instinkte zu alarmieren.

 

Und es passierte zehn Minuten, nachdem die nächste Runde begonnen hatte. Genma scannte sechs Reihen weit unten und bereits zehn Plätze auf der gegenüberliegenden Seite des Stadions entlang, als diese rote Flagge mit genug Wucht in seinem Verstand hochgezogen wurde, um ihn physisch zusammenzucken zu lassen. 

 

Dort, in einem Gang zwischen zwei Sitzreihen stehend…

 

Der KERN Agent. 

 

Die Kapuze tief ins Gesicht gezogen, doch den Kopf erhoben, gerade genug, um die funkelnde, scharflachrot lackierte Maske zu zeigen, die dämonischen Konturen in einer furchteinflößenden Grimasse feixend. 

 

Einfach alles in Genma wurde schlagartig regungslos und scharf, sein Körper richtete sich auf. 

 

Was verfickt nochmal machte dieser Kerl hier? Sich in direktem Sichtfeld versteckend und zu Genma stierend, als wollte er bemerkt werden. Scheiße, dieser Bastard besaß sogar die Frechheit, ihm zuzunicken, bevor er sich halb umdrehte und mit dem Kinn ruckte, als wollte er sagen ‚Hast du eine Minute?‘. 

 

Beinahe hätte Genma ungläubig aufgelacht.

 

Trotzdem überwog seine Neugierde seine Vorsicht. Nicht, dass er allzu besorgt wegen irgendwelcher böswilligen Absichten war, immerhin spielten sie für dasselbe Team, nur in verschiedenen Sprachen. Kein Grund, irgendwelche kleinlichen Rechnungen zu begleichen. 

 

Trotzdem, dieser Kerl hat mich Yamori gekostet.

 

Deutete die plötzliche und unerwartete Anwesenheit des KERN Mannes darauf hin, dass irgendetwas mit dieser Freakshow im Gange war? Es gab nur einen Weg, das rauszufinden. Während er sein Senbon von einem Mundwinkel zum anderen zucken ließ, löste sich Genma von seinem Platz und sprach leise mit einem anderen Jōnin, bevor er die Chūnin-Proktoren dessen Aufsicht überließ. Nur Shikamaru sah von den Notizen auf, die er sich machte, als Genma das Schiff verließ, seine dunklen Augen abgeschirmt und eine feine Braue fragend erhoben. 

 

Genma schritt einfach an ihm vorbei, bedacht darauf, nicht langsamer zu werden und ebenso bedacht darauf, nicht zu sehr an Tempo zuzulegen. 

 

Das Beste war, einfach bei seiner gewohnten Geschwindigkeit zu bleiben. 

 

Aus dem Augenwinkel sah er, wie der KERN Mann seine Bewegungen spiegelte und sich ebenfalls seinen Weg zum Ausgang bahnte. 

 

Ein triumphierendes Brüllen erhob sich in der Arena und die Zuschauer schossen auf die Füße.

 

Genma verlor den KERN Mann aus den Augen. 

 

Shit. Shit. Shit.

 

Während er sich den Gang entlang bewegte, nahm er zwei Stufen auf einmal, lief eine der hinteren Reihen entlang und einen Ausgang hinunter, der ihn aus dem Stadion und auf die Straßen führte. 

 

Verlier ihn nicht.

 

Leicht gesagt. Ganze Scharen aus Dorfbewohnern strömten über die Hauptstraße und ein unaufhörliches Summen von Gesprächen und Aktivitäten war zu hören und viele füllten ihre Taschen, wo Händler ihre Waren feilboten und das Essen von Marktständen brutzelte und zischte, duftend nach dem zuckrigen Sojageruch von Teriyaki und dem gerösteten Aroma von Sesam und Holzkohlefeuern. 

 

Aufmerksam suchte Genma mit straffen Waden die Menge ab, als er sich auf die Zehenspitzen stellte. 

 

Hab ich dich.

 

Dort, an einem der Stände lehnend. Der KERN Agent begegnete seinem Blick und lief dann mit langen, schnellen Schritten durch die Menge, was Genma dazu zwang, an Geschwindigkeit zuzulegen, um mithalten zu können. Auf halbem Weg durch eine Straße, die von exotischen Kusa-Blumen gesäumt war, wandte sich der KERN Mann scharf ab, bog nach links und verschwand in einer engen Seitengasse. 

 

Tz. Schon wieder in so einer Gasse?

 

Augenrollend trabte Genma die letzten paar Schritte und warf einen raschen Blick zurück zur Arena, bevor er sich in die Schatten duckte und dem anderen folgte. Die Gasse führte hinaus in einen kleinen Hinterhof, der von den umgebenden Gebäuden eingekesselt war. Ein Netzwerk aus Dunkelheit und fleckigem Licht besprenkelte die zerklüftete Erde mit einem Mosaik aus Licht und Schatten, das von unzähligen Wäscheleinen geworfen wurde, die zwischen den überhängenden Balkonen gespannt waren wie bunte Festbänder. Der KERN Mann stand abseits und hielt sich dabei in den Schatten. 

 

Wachsam positionierte sich Genma nah beim Ausgang und hielt sowohl seine Augen, als auch sein Senbon auf den anderen Mann gerichtet, während sich seine Lippen ironisch bogen. „Wie ich sehe, hast du dich wieder für mich hübsch gemacht.“

 

Nicht einmal ein Schnauben. „Der Nara Chūnin“, sagte KERN Mann sofort mit einer Stimme, die wieder zu dieser flachen, kaum intonierten Tonlage anstieg. Es war derselbe Trick, den er schon vormittags genutzt hatte, um sein eigentliches Timbre zu verbergen und seinen natürlichen Tonfall zu verzerren. „Halte ihn von den Kusa Würdenträgern fern. Von allen Würdenträgern! Lass ihn nicht aus den Augen!“

 

Das ließ Genma schlagartig ernüchtern und der Humor verschwand ebenso schnell von seinem Gesicht wie aus seiner Stimme. Er trat einen Schritt nach vorn. „Wieso? Befindet er sich in einer Gefahr, von der ich wissen sollte?“

 

„Halte ihn fern und behalte ihn in deiner Nähe.“

 

Ominöse Worte, die von der Miene auf dieser Maske nur noch obskurer wurden. Genmas Augen verengten sich zu Schlitzen, doch er nickte. „Ist notiert. Und jetzt beantworte meine Frage.“

 

„Ich antworte, wie ich muss. Ich habe dir alles gesagt, was du wissen musst.“

 

„Du hast mir einen Scheiß erzählt“, knurrte Genma und trat einen weiteren aggressiven Schritt nach vorn. „Wenn der Junge in irgendeiner Art von Gefahr schwebt, dann muss ich sowohl Level als auch Natur der Bedrohung kennen.“

 

„Die Tatsache, dass ich meine Tarnung riskiere, um hierher zu kommen und mit dir zu sprechen, sollte dir einen guten Eindruck vom Level der Bedrohung vermitteln. Was die Natur angeht…es steht mir nicht frei, das mit dir zu diskutieren.“

 

„Steht es dir denn frei, dir ohne Danzōs Erlaubnis den Arsch abzuwischen? Weil dieses ganze ‚Mauer aus Schweigen‘-Ding zwischen ANBU und KERN ist einfach nur Bullshit.“

 

„Du bist nicht länger ANBU.“

 

Genma setzte eine kaltes Lächeln auf. „Nein. Aber ich bin Goei Shōtai. Und das verleiht mir ein paar Extrazentimeter an Penis, wenn du wirklich schon wieder einen Schwanzvergleich machen willst.“

 

Das maskierte Gesicht zuckte ein Stück zurück. „Goei Shōtai?“

 

Da war ein plötzlicher Ruck in dieser flachen, neutralen Stimme; eine Veränderung, die scharf genug war, um Genma innehalten zu lassen. Seine Instinkte schlugen aus wie ein Seismograph und erkannten etwas in dieser unerwarteten Störung in der Stimme des Kerls wieder. 

 

Ich kenne dich…woher zur Hölle kenne ich dich?

 

Irritiert schüttelte Genma den Kopf und versuchte, die Ablenkung abzuschütteln, die sich festzusetzen begann. Sein Puls schlug ein wenig außerhalb seines üblichen Rhythmus. Eigentlich hätte er die Oberhand erlangen sollen, indem er diese Rangkarte ausspielte…aber es ließ ihn nur seltsam bloßgelegt zurück. Er hatte deutlich mehr über sich preisgegeben, als er im Gegenzug erfahren hatte. 

 

Dummer Zug.

 

Er machte niemals dumme Züge in Situationen, in denen er die Oberhand hatte. 

 

Dieser Kerl hielt ihn wirklich zum Narren. 

 

Und dennoch sagte der KERN Mann überhaupt nichts, sondern starrte ihn einfach nur weiterhin durch diese dunklen, unergründlichen Löcher in der Maske an. Es erschütterte Genma quasi zu Tode, zu wissen, dass da irgendetwas war, das ihm entging, irgendein Faden, der in ihm kitzelte, ein Faden, der diesen Mann an eine Zeit und einen Ort in der Vergangenheit band. 

 

Lass dich nicht ablenken.

 

Jo. Bisschen spät dafür. 

 

Er entschied sich, den Joker auszuspielen. „Wer ist der Souverän?“

 

Eine lange, angespannte Stille. „Woher kennst du diesen Namen?“

 

Mit einem schiefen Feixen legte Genma den Kopf schief. „Eine Antwort für eine Antwort, mein Freund.“

 

„Ich bin nicht hierher gekommen, um dir Antworten zu geben.“

 

Sag bloß. Wenn dem so wäre, dann hätte Genma vielleicht gefragt, wie zur Hölle es sein konnte, dass dieser Kerl ihn kannte. Seufzend sah er für einen Moment zur Seite weg und breitete mit einem Achselzucken die Arme aus. „Warum überhaupt persönlich mit mir sprechen? Du hättest deine Tarnung nicht riskieren müssen, um diese Nachricht über den Nara Jungen zu übermitteln.“

 

Und schon wieder, keine Antwort. Aber Genma vermutete, dass dieser Mangel an Erwiderung nichts mit KERN-Vermeidungstaktik zu tun hatte. Instinkt sagte ihm, dass es viel wahrscheinlicher war – aus welchem Grund auch immer – dass dieser Kerl ihm einen Gefallen getan hatte und jetzt daran zweifelte, ob seine Handlungen wirklich so klug gewesen waren; das Protokoll zu brechen, seine Tarnung zu riskieren, einen Dialog mit einem Ex-ANBU entstehen zu lassen. 

 

Gefährlich für seine Mission, wie auch immer die aussieht.

 

Sie kamen beide zur selben Zeit zu diesem Schluss und wichen beide einen Schritt zurück, auch wenn sich Genma ein bisschen zögerlicher bewegte, da die eine Hälfte von ihm dieses besondere Rendezvous in die Länge ziehen wollte, während die andere Hälfte zurück zum Stadion und vor allem zurück zu Shikamaru wollte. 

 

„Behalte ihn in deiner Nähe“, sagte der KERN Mann noch einmal. „Und erwähne nicht noch einmal den Souverän. Gegenüber niemandem. Es wird die falsche Art von Aufmerksamkeit erregen.“

 

„Von wem?“

 

„Zu viele Fragen werden dich ins Grab bringen.“

 

„Ich mag es, gefährlich zu leben.“

 

„Habe ich bemerkt. Und vielleicht bin ich das nächste Mal nicht da.“

 

„Autsch. Da bin ich wohl direkt reingerannt“, scherzte Genma und brachte ein Schmunzeln zustande. „Das ist unser zweites Date, Agent. Wirst du mir deinen Decknamen geben, oder wirst du mich dafür buckeln lassen?“

 

Ein leises Schnauben, akustisch und hohl hinter der Maske. Aber Genma bemerkte die Belustigung in dem Geräusch…in dem langsamen Kopfschütteln. Und dann bemerkte er noch etwas anderes…ein plötzliches Versteifen der Haltung, das er direkt als das Aufrichten einer Wand erkannte und als das Drehen eines Zahnrades. 

 

Wände innerhalb von Wänden…

 

Genma hatte nicht vergessen, was es kostete, diese Wände, diese Zahnräder aufrecht zu erhalten. Er wunderte sich darüber, als er beobachtete, wie der KERN Mann einen weiteren Schritt zurückwich, mehr Abstand zwischen sie brachte, bevor er sich auf dem Absatz umwandte. 

 

Kein Abschiedswort, kein Blick zurück. 

 

Machte Sinn.

 

Und trotzdem…

 

Genma holte Luft, als wollte er etwas sagen, bevor er krampfhaft die Kiefer schloss und hart auf den scharfen Stahl zwischen seinen Lippen und alle Worte biss, die er vielleicht gesagt, vielleicht gespien hätte. 

 

Es gibt keine Worte, nur Taten.

 

Und jetzt im Moment, bestand sein unmittelbarer Handlungsplan darin, schnell zurück zur Arena zu gehen und ein scharfes Auge auf Shikamaru zu haben. Als er seine Hände in die Taschen seiner Hose steckte, drehte er sich halb, um den Ort zu verlassen, musste aber feststellen, dass sein Blick zurück über seine Schulter gezerrt wurde…zurück zu dem KERN Agenten, der in der gegenüberliegenden Gasse verschwand. 

 

Rasch war die maskierte Gestalt fort, geschluckt von den Schatten. 

 

Ein paar Sekunden verstrichen…

 

Dann noch ein paar mehr.

 

Genma stierte weiter, sein Puls ein heftiger Schlag in seiner Kehle. 

 

Schlagend, schlagend, wie die Sonne gegen die Backsteine…

 

Brennend, brennend, wie die Sicherung in seinem Kopf…

 

Brannte zu grell…zu heiß…und viel zu kurz davor, in die Luft zu gehen…eine Erinnerung, die vor der Detonation stand…

 

Dann plötzliche Kälte und plötzliche Dunkelheit. 

 

Dunkelheit überall um ihn herum, gefolgt von der leichtesten Empfindung eines Fensters der Vernunft, das sich in seinem Verstand öffnete...etwas oder jemand starrte durch das gesprungene Glas herein…rief seinen Namen…rief…rief…

 

„Genma. Genma.“

 

Nicht Inoichi. Nicht Kakashi. 

 

Eine weichere Stimme. Die Stimme einer Frau. 

 

Kurenais Stimme. 

 

Unmöglich…verrückt…

 

Spielte keine Rolle. Er musste das Fenster schließen, bevor sie zu viel sahen, zu tief blickten. Angestrengt kämpfte er darum, seine Sinne zusammenzukratzen, versuchte, einen mentalen Stand zu finden. In der Sekunde, als er sich auf die Füße rappelte, neigte sich der Raum und seine Gedanken rutschten über den Boden wie umgeworfene Möbel; zerbrochen und in Teilen. 

 

Und die ganze Zeit über rief diese Stimme…

 

„Genma. Genma.“

 

~❃~

 

Kiba besah sich den Tagesanbruch. Eine heiß-rosane Morgendämmerung, die einen feinen Riss nach dem anderen durch die Dunkelheit brach. Während er sich zurück gegen Akamaru lehnte, musterte der Hundeninja die Veränderung in Schattierungen und Licht durch müde, abgeschirmte Augen und war sich ziemlich sicher, dass es da ein altes Bauernsprichwort über Morgenröte als Vorzeichen von Pech gab. 

 

Klasse.

 

Es ging doch nichts über ein schlechtes Omen, um in die nächste Phase der Mission zu starten; nicht, dass er an diese Art von Mist glaubte. Aber er brauchte irgendetwas anderes, über das er nachgrübeln konnte; nicht nur diese blonde Höllenkatze, die einfach nicht aus seinem Kopf verschwinden wollte. 

 

„Hund und Katz“, grummelte er mit tiefer und kratziger Stimme. 

 

Langsam hob Akamaru den Kopf und drehte ihn, um mit leicht wedelnder Rute seine Nase gegen die tätowierte Wange des Inuzukas zu stupsen. Kiba neigte den Kiefer und hob eine Hand, um den dichten weißen Pelz am Hals seines Ninken zu kraulen. Er fühlte sich gleichzeitig rastlos und hundemüde, ausgewrungen von Hormonen und hängen gelassen. 

 

Seine Träume waren stürmisch heiß gewesen. 

 

Nur Sex und Schweiß und fiebrige Haut…der Klang seines Namens in Keuchen für Keuchen auf Inos Lippen zersplitternd. Er konnte sie immer noch schmecken, konnte sie immer noch riechen. Erregung hatte ihn in den Schlaf verfolgt und auch wieder hinaus, war durch sein gesamtes Netzwerk geschlichen. Dreimal war er aufgestanden, nur um zu duschen. Sogar jetzt; nur an sie zu denken brachte sein Blut dazu, schwer und pochend in die falsche Richtung zu pumpen. 

 

„Gah!“, knurrte er, setzte sich abrupt auf und erschreckte damit Akamaru. Er ignorierte das weite, nasse Starren des Hundes und ließ seine Unterarme über seine Knie hängen, während er über die rosa verfärbten Gärten blinzelte, als könnte er sich vielleicht auf irgendetwas anderes konzentrieren. 

 

Sein Blick prallte von Bäumen ab, von Büschen und Blumen. 

 

Blumen…

 

Blumengeruch schwebte auf der Brise…und kombiniert mit dem visuellen Effekt sorgte das nur dafür, dass sein Hirn direkt wieder zu Hyazinthen und Lilien zurückkehrte. Inos Geruch, potent und katalogisiert und ihn in den Wahnsinn treibend. 

 

Sein Magen knurrte, bevor er es tat. 

 

Essen.

 

Nette Ablenkung. Er würde auch noch eine Chakrapille einschmeißen, wenn er schon dabei war. Er wollte schließlich nicht, dass Hyūga eine Ader platzte, weil er nicht auf optimalem Level operierte, obwohl Inos Heilung wirklich einen guten Job mit seiner Schulter gemacht hatte. Die Entzündung hatte nachgelassen und er konnte sich drehen, ohne das es ihn irgendwie störte. Vermutlich hätte er ihr dafür danken sollen. Hatte es letzte Nacht auch vorgehabt. Hatte all die Wege geplant, wie er das bewerkstelligen würde. Keine davon hatte Reden involviert. 

 

Super, da bin ich schon wieder und hab ein verdammtes Zelt in meiner Hose. 

 

Hoffentlich könnte er während der Mission etwas Dampf ablassen. Würde so damit vereinnahmt sein, Ärsche aufzureißen, dass er gar nicht mehr die Energie haben würde, um spitz zu sein. 

 

Wem mach ich eigentlich was vor? Ich bin immer spitz. 

 

Mist. Wahrscheinlich würde er vermeiden müssen, in ihrer Anwesenheit in die Biestform zu wechseln. Denn er neigte dazu, jeden Sinn für Perspektive und persönlichen Raum zu verlieren, wenn er wild war und ein Weibchen in Hitze stand. Und verdammt, sie war letzte Nacht heiß auf ihn gewesen, auch wenn sie es nicht gesagt hatte. 

 

Er spürte schon wieder, wie er hart wurde. 

 

Fuuuuuck.

 

Ächzend rieb sich Kiba mit einer Hand über das Gesicht und dann durch seine struppigen braunen Strähnen, bevor er sich so fest auf die tätowierten Wangen klatschte, dass es stach und animalisch mit dem Kopf schüttelte, als könnte er so endlich den Staub seiner schmutzigen Träume loswerden. 

 

Akamaru beobachtete ihn mit einer komischen Miene, den Kopf auf die Seite gelegt. Leicht schniefend warf Kiba seinem Hund ein zu strahlendes Grinsen zu. „Ich hab das total im Griff, Akamaru.“

 

Hundebrauen zuckten, als Akamaru ihn mit dem Blick bedachte, der von diesem Grummeln eines alten Mannes begleitet wurde. Lachend rappelte sich Kiba auf die Füße und dehnte sich lang und ausgiebig, während er mit einem Gähnen seinen nackten, flachen Bauch kratzte. 

 

Zeit, endlich was zu essen. 

 

Rasch schlüpfte Kiba in sein Netzhemd und machte sich mit Akamaru im Schlepptau auf zur Jagd. Er schnupperte in den großen Tatami-Gemeinschaftsraum, wo der Geruch von Misosuppe, gebratenem Fisch und gedämpftem Reis in seine Nase stieg und ihn über die Schwelle zog. Doch er hatte kaum zwei Schritte in den Raum gemacht, bevor ihm Shino auch schon eine Akte gegen die Brust klatschte. 

 

„Lies das.“

 

„Was verfickt nochmal ist das?“, knurrte Kiba und warf einen Blick über Shinos Schulter hinweg zu dem seltsamen Rascheln in dem Zimmer. 

 

Naruto, Sakura und Tenten saßen mit ähnlichen, offenen Ordnern im Schoß um den Tisch herum, während sie gleichzeitig lasen und aßen. Alle schweigend, alle fokussiert. Kein Zeichen von Sai, Ino-Shika-Cho oder Neji. Komisch. 

 

„Es ist ein Update der Missionsbeschreibung“, erklärte Shino und zog die Aufmerksamkeit damit zurück auf die Akte. „Shikamaru und Sai bleiben zurück.“

 

Kibas Augen zuckten schlagartig nach oben. „Wieso das?“

 

Ohne zu antworten tippte Shino einfach nur auf die Akte. „Lies es.“

 

Stirnrunzelnd spähte Kiba flüchtig zu den anderen. Niemand sah auf. Niemand sagte etwas. Ziemlich zahme Reaktion. Das drängte ihm die Frage auf, wie sich Ino wohl verhalten hatte, wenn sie es denn bereits wusste. Er schnupperte in die Luft, fing aber keinen Geruch von ihr auf. 

 

Ist wahrscheinlich bei Shikamaru und Chōji. 

 

Grunzend öffnete er den schmalen Ordner mit einer Hand, während er zu dem Tisch hinüber trottete, durch die Seiten blätterte und das Dokument querlas, bis sein Blick auf die Details der Teamaufstellung traf. 

 

TEAM A: Shino, Naruto, Sakura, Chōji

TEAM B: Neji, Tenten, Kiba, Ino

 

Er erstarrte und seine Muskeln versteiften sich so hart, dass sie verkrampften. 

 

Neben ihm blieb Shino stehen und drehte mit aufblitzenden Linsen den Kopf. „Was ist los?“

 

Das löste das Schweigen. Tenten sah auf und zog fragend die Brauen zusammen. „Kiba?“

 

Mit weiten Augen und bebenden Nasenflügeln stopfte Kiba die Akte unter seinen Arm und wirbelte auf dem Absatz herum, um aus dem Raum zu marschieren. Akamaru trottete hinter ihm her und schlängelte sich um Shino herum, als sich der Käfer-Ninja in Bewegung setzte, um sich in den Türrahmen zu stellen und hinter ihm her zu rufen: „Kiba! Wo gehst du hin?“

 

„Pissen.“

 

 

 



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (2)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Biest1987
2023-03-01T12:26:56+00:00 01.03.2023 13:26
Hey Scatach

Ich bin mir sicher, dass immer noch viele Leser zu dir finden und sich über die neuen Kapitel freuen. Ich liebe diese Geschichte und will gar nicht, dass diese Endet...
Viele Grüße
Laura
Antwort von:  _Scatach_
28.03.2023 19:16
Hey :)

Wie schön, einen neuen Namen hier zu lesen! :)
Freut mich sehr, dass dir die Geschichte gefällt und dass du sie weiter verfolgst! <3 Ich fürchte mich ehrlich gesagt auch schon vor dem Ende :D

Vielen vielen Dank für deine Worte und ganz liebe Grüße,
Scatach
Von:  Scorbion1984
2023-01-29T12:37:24+00:00 29.01.2023 13:37
Kakashi versucht durchzublicken da geht es ihm wie mir .
Genma ist in die Vergangenheit abgetaucht und erhält eine Warnung die Shika betrifft, ebenfalls grübelt er ,wer der Überbringer der Warnung ist.
Ja und Kiba kämpft mit seiner Libido, sie haben es alle nicht so einfach.
Antwort von:  _Scatach_
29.01.2023 18:48
Hey :)

Ja, es ist alles noch ziemlich verworren, ich weiß, aber das klärt sich alles noch.
Die Warnung sollte Genma auf jeden Fall ernst nehmen.

Haha, stimmt, Kiba hat es auch nicht einfach, die kämpfen gerade alle mit ihren eigenen Problemen ^^

Vielen vielen Dank für dein Review und ganz liebe Grüße,
Scatach


Zurück