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Kirschblütenzeit

Auf manche Erkenntnis hätte Sakura verzichten können. Zum Beispiel auf die, auf welcher Stufe Sasuke sich in ihrer Rangliste der nervigsten Patienten einordnen würde. Naruto war bisher dort immer die Nummer eins gewesen, denn er konnte nie lange still liegen und einfach auf das hören, was sie ihm befahl. Sai war die Nummer zwei, da er, beeinflusst von Naruto, sich ebenso über ihre Anordnungen hinwegzusetzen begonnen hatte. Kakashi kam auf der dritten Position, weil er auch wahnsinnig stur sein konnte, aber – ob freiwillig oder gezwungenermaßen – irgendwann dann doch auf seinen Körper hören musste. Sasuke allerdings war eine Liga für sich. Einerseits einsichtig, dass er sich schonen musste, versuchte er andererseits immer wieder entgegen Sakuras Rat aufzustehen und musste von ihr wieder in sein Krankenbett geschleift werden, wenn seine Beine ihn doch noch nicht trugen. Hinzu kam, dass es ihm wohl etwas gegen seinen Stolz ging, sich von jemand anderem helfen zu lassen. In diesen Momenten erinnerte sich Sakura daran, was ihre Lehrmeisterin Tsunade ihr gesagt hatte: „Manche Patienten müssen zu ihrer Heilung gezwungen werden.“ Für einen schwierigen Fall wie Sasuke es einer war, reichte dies allein jedoch nicht aus. Also mischte die Kunoichi Tsunades Lehrsatz mit dem, was Yamato ihnen einst über den gelegentlichen Vorzug einer Terrorherrschaft gesagt hatte, als sie nicht seiner Order hatten folgen wollen.

Als Sasuke also wieder einmal ungeduldig aufstehen wollte, setzte Sakura ein unheimliches Lächeln auf (eins der Sorte, die einem einen Schauer über den Rücken jagten) und erklärte ihm: „Manche Patienten müssen zu ihrer Heilung gezwungen werden. Notfalls auch mit Gewalt.“ Und dann zerquetschte sie – immer noch genau so lächelnd, als wäre sie einem Horrorfilm entsprungen - mit bloßer Hand einen Stein. Sasuke sah zu dem zu Boden fallenden Staub, der einst ein massiver Stein gewesen war und entschied sich, völlig freiwillig, noch etwas im Bett zu bleiben.

Nach zwei Wochen war er endlich wieder vollständig genesen und sie konnten sich zusammen auf den Weg in das weit entfernte Komidori machen. Zwar schwiegen sie immer noch hin und wieder, doch seit der Uchiha nicht mehr dagegen ankämpfte, Sakura an seiner Seite zu haben, war eine Menge Anspannung zwischen ihnen weggefallen. Er interessierte sich sogar für das, was in Konoha so passierte, fragte seine Begleiterin nach ihren Studien und Therapieprogrammen, wie Kakashi sich als Hokage machte und natürlich, wie Naruto sich auf seinem weiteren Weg anstellte.

„Ich kann mich erinnern, dass du sowohl Kakashi als auch Naruto versprochen hast, ihnen öfters zu schreiben“, ermahnte sie ihn, während sie bei einer Rast einen Brief an Naruto fertig machte, um ihm Sasukes Falken zur Auslieferung zu überlassen.

„Wenn ich verwertbare Ergebnisse habe, schicke ich die natürlich sofort an Kakashi“, erwiderte er nüchtern.

„Ja, schon, aber sie interessieren sich doch auch dafür, wie es dir geht. Naruto meckerte immer, wenn von dir nichts kam außer 'Nichts Neues.'“

Plötzlich fiel Sasuke siedend heiß etwas ein. „Bitte sag mir, dass du ihnen nicht von der Beinahe-Katastrophe am Berg berichtest.“

„Hältst du mich für komplett bescheuert?“ Sakura rollte mit den Augen. „Wenn die sich zu Hause Sorgen machen würden, könnte ich unsere Reise nicht so einfach fortsetzen. Naruto wäre schneller hier als irgendeinem von uns lieb wäre.“

„'Sasuke ist stur wie eh und je, aber er kümmert sich gut um mich'“, las der Shinobi aus dem Brief vor, während er auf das Papier blickte.

„Hey, schon mal was vom Briefgeheimnis gehört?“, empörte die junge Frau sich.

„Hn. Sehr schmeichelhaft kommt das ja nicht rüber“, bemerkte er, ein wenig gekränkt klingend.

Die Kunoichi rollte erneut mit den Augen und zeigte auf die nächste Zeile. „'Er gibt sich große Mühe, sich zu bessern.' Zufrieden?“

„Das klingt wie etwas aus einem Zeugnis für einen Akademieschüler.“

„Grrr“, knurrte Sakura und fügte eine weitere Zeile ein: „'Manchmal hab ich das Gefühl, ich bin mit einer besserwisserischen Version von dir unterwegs.'“

„Jetzt wirst du beleidigend.“

Ruhig atmend, um durch Sasukes Gemecker nicht die Nerven zu verlieren, blickte Sakura zu ihm hoch. „Letzte Chance, dich selbst im Brief zu Wort zu melden.“

Instinktiv wollte er ablehnen, doch stattdessen geriet er für einen Moment ins Grübeln und überlegte es sich letztlich anders: „Schreib … dass ich ihm gratuliere und er sich gut um Hinata und das Kind kümmern soll.“

Zuerst sah Sakura voller Verwunderung zu ihm, ehe sie zu strahlen begann und freudig den Satz notierte.

„Und“, fügte Sasuke hinzu, „dass ich sehr hoffe, dass das Kind nach Hinata kommen wird.“

„Das soll ich ernsthaft schreiben?“

„Sonst glaubt er nicht, dass diese Zeilen wirklich von mir stammen.“

Mit einem nun gequälten Lächeln schrieb sie weiter. „Egal, wo ich hingehe, ich bin nur von Verrückten umgeben.“

Von ihm selbst unerwartet, musste Sasuke lächeln.

 

Sakura streckte müde die Arme und Beine von sich und gähnte ausgiebig, als sie auf einem großen, am Wegesrand liegenden Stein saß. Mit dem beginnenden Frühling wurde es draußen endlich wieder viel angenehmer. Es hatte schon geholfen, als sie endlich aus der Bergregion hoch oben im Norden in Richtung Süden gelaufen waren, aber der Frühling war noch mal eine ganz andere Angelegenheit. Endlich sangen wieder Vögel und die Blumen und Bäume erwachten aus ihrem Winterschlaf. In Konoha würde sie normalerweise um diese Jahreszeit zusammen mit Ino damit anfangen, ein Hanami-Picknick vorzubereiten. Ob Sasuke etwas für Kirschblüten übrig hatte? Die Ironie hinsichtlich ihres Namens ließ Sakura auflachen.

„Worüber lachst du?“ Sasuke kam von dem angrenzenden Hügel hinunter, auf den er gestiegen war, um einen Überblick über die Umgebung zu bekommen.

„Nichtsnichtsnichts.“ Die junge Frau wedelte peinlich berührt mit den Händen.

Kritisch blickte der Uchiha bei ihrer Reaktion zum Himmel. „Für einen Sonnenstich ist noch nicht genug Sonne da.“

„Ha. Ha. Ha. Ich war nur in Gedanken versunken. Gehen wir weiter?“

„Woran hast du gedacht?“

Sakura seufzte innerlich. Manchmal zeigte er genau in den falschen Momenten Interesse an ihrem Leben. „An die Hanami-Feiern in Konoha.“

Sasuke schwieg einen kurzen Moment lang und die Kunoichi hatte die Unterhaltung bereits für beendet erachtet, als er sagte: „Macht ihr das jedes Jahr?“

„Ja. Du warst doch auch einmal dabei.“

„Weil ihr mich dahingeschleppt habt und Kakashi es eine 'teambildende Maßnahme' genannt hat. Ich kann mich nur daran erinnern, dass Naruto und ich uns um ein Onigiri gestritten hatten, das am Ende von Choji gegessen worden war.“ Es war nicht seine Absicht gewesen, aber die für seine Verhältnisse launig vorgetragene Anekdote hatte Sakura wieder einmal zum Lachen gebracht.

„So in etwa läuft das jedes Jahr ab. Nur, dass irgendwann noch Tsunade hinzukommt und volltrunken Lebensweisheiten von sich gibt.“ Nach einer kurzen Pause fügte sie sachte hinzu: „Irgendwann kannst du ja mal wieder mitfeiern.“

„Ich glaube nicht, dass da jeder von begeistert wäre.“

„Da irrst du dich“, entgegnete Sakura energisch. „Sicher, es wäre anfangs vielleicht ein bisschen ungewohnt, aber das wird sich legen. Du gehörst schließlich zu uns.“

Wenn sie so überzeugt von seiner Rückkehr nach Konoha sprach, wollte Sasuke ihr nie widersprechen, denn sie schien so sehr darauf zu hoffen und er wollte diese Hoffnung nicht kaputt machen. Erst recht wollte er keinen Streit vom Zaun brechen, da sie sich mittlerweile überraschend harmonisch miteinander verstanden und es ihm wichtig war, dass dies so blieb.

„Ich will dir etwas zeigen“, sagte er stattdessen und ergriff ihre Hand.

„W-was?“ Überrumpelt und rot im Gesicht wurde Sakura von ihm mitgezogen. Sie stiegen den kleinen Hügel wieder hinauf und auch, als sie oben angelangt waren und stehen blieben, ließ er ihre Hand nicht los.

„Es ist keine Hanami-Feier“, sagte er und sein Blick glitt ins Tal hinunter, „aber es sind Kirschblüten.“

Sakuras Augen folgten seinem Blick und voller Verblüffung starrte sie auf das, was er ihr hatte zeigen wollen: Das ganze Tal war gespickt mit Kirschbäumen, die in praller rosafarbener Pracht erblühten.

„Das ist wunderschön“, sagte sie und ließ ihren Blick ausgiebig über das Tal schweifen, bis sie sich wieder Sasuke zuwandte. „Danke.“

„Hn“, erwiderte dieser lediglich, „wofür?“

„Für diesen Moment“, antwortete sie und errötete erneut, als ihr bewusst wurde, dass alles an diesem Moment geradezu nach Romantik schrie. „Ich meine“, fuhr sie hörbar nervös fort, „na ja, es gibt diese besonderen Momente im Leben, an die man sich dann bis in alle Ewigkeit erinnern wird, weißt du? Und das hier, das ist genau so einer.“ Je aufgeregter sie wurde, desto schneller redete sie und ihr Vorsatz, ihren Kameraden nicht mehr peinlich vollzuquasseln rückte plötzlich in weite Ferne. „Als würde man etwas finden, von dem man gar nicht wusste, dass man es gesucht hat. Und dann plötzlich steht es vor einem und man kann gar nicht fassen, dass man so etwas Schönes erleben darf. Und wenn man sich irgendwann an diese Momente zurückerinnert, dann kann man wieder genau das fühlen, was man damals gefühlt hat. Oh, ergebe ich überhaupt noch Sinn? Haha, ich rede mich gerade wohl um Kopf und Kragen. Dabei wollte ich doch nur sagen-“

„Sakura“, unterbrach Sasuke ihr aufgekratztes Quasseln. „Gerade wirst du ein klein wenig nervig.“

„Huh?“ Sie erschrak. Hatte sie den schönen Moment kaputt gemacht? „Entschuldige, ich wollte nur-“

Bevor sie wusste, wie ihr geschah, bekam sie einen noch viel größeren Schreck, denn wie aus dem Nichts spürte sie Sasukes Lippen auf ihren eigenen.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Ich mag es, einen beinahe lieben Sasuke zu schreiben. Im Grunde seines Herzens ist er gar kein so verkehrter Kerl, glaube ich. ;) Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Charly89
2021-10-28T19:20:48+00:00 28.10.2021 21:20
Ja, ich lebe noch ^-^/
Nun gut, du wusstest es ja; ich habe mich ja, vorbildlich wie ich bin, bei dir abgemeldet XD

Nein, das Chaos hat sich noch nicht ganz gelegt, aber es nimmt langsam erträgliche Züge an ... Ich darf nur nicht anfangen meine Idee, die mich seit einigen Wochen verfolgt, auf Papier bringen zu wollen. Ich ahne jetzt schon, dass ich dann wieder monatelang nichts anderes mache, wie daran rumzutüfteln ^-^°
Wahh, ich schweife ab X'D

Ich musste mehrfach(!) herzlich Lachen.
Die Szene mit dem Brief ist zu gut XD
"Jetzt wirst du beleidigend." - Ich konnte nicht mehr XD

Jedenfalls scheinst du mit/durch den Humor auch wieder besser mit den beiden zurecht zu kommen. Zumindest liest sich das Kapitel ganz anders wie das vorangegangene. Es ist flüssiger und wirkt nicht so angestrengt.

Die Szene mit den Kirschblüten und Sakura, die nicht aufhören kann zu reden ist herrlich. Und sie passt auch wunderbar.

Zu dem Kuss äußere ich mich jetzt noch nicht.
Ich gebe dir zwar sonst immer direkt Feedback was ich zu bestimmten Dingen denke, aber da ich jetzt "im Verzug" bin und das nächste Kapitel ja schon raus ist, will ich erst nachsehen, wie es weiter geht, bevor ich womöglich Kritik oder Bedenken äußere die nicht nötig sind ^-^°

Ich bin bemüht wieder auf Stand zu kommen und auch zu bleiben XD

LG
Charly

P.S.
> Für einen schwierigen Fall wie Sasuke es einer war,
Entweder das es oder das einer sollte da raus ^-^"
Antwort von:  rokugatsu-go
06.11.2021 15:51
Haha, ja, das mit den Ideen, die einen verfolgen kenne ich. Eigentlich ist das ja ganz schön, wenn man nur die Gelegenheit hätte, daran zu arbeiten ...

Ich bin froh, dass der Humor zündet; wenn die beiden mir sonst schon Probleme machen, sollen sie doch wenigstens für Lacher sorgen. XD Jetzt freue ich mich, dass mir die Szene mit dem Brief eingefallen ist. ^^

Hmm, der Kuss ... okay. Deine Kritik macht Sinn, ich wollte Sasuke eher so anlegen, dass man seine Handlungen nicht immer nachvollziehen kann. Sasuke wird für mich immer etwas undurchsichtig bleiben und das wird wohl durchscheinen.

Danke für diesen Kommentar, ich mach gleich weiter beim nächsten! ^^


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