Zum Inhalt der Seite

Orientierte Offenbarung

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Was damals geschah

Versteckt in der Dunkelheit beobachtete Vermouth in ihrem schwarzen Wagen argwöhnisch das Haus der Familie Starling. Während sie das Foto des Agenten, welches an ihrem Rückspiegel hing, betrachtete, krallte sie sich mit den Händen in das Lenkrad. Sein Gesicht war mit einem roten X verziert und stellte ihr neuestes Ziel dar.

Hätte sie vor einigen Jahren nicht mit der Schauspielerei begonnen, wäre sie nie soweit in ihrem Leben gekommen. Vielleicht wäre sie jetzt auch zu Hause und würde in einem Buch lesen oder einen Film schauen. Doch es kam anders. Mittlerweile war sie in den Staaten berühmt und drehte regelmäßig Filme oder Werbespots. Langsam arbeitete die Organisation – die sie förderte und stets im Auge hatte – daran, dass sie auch in Japan Karriere machte. Eigentlich wollte sie nur durch ihre Hilfe aufsteigen und ihnen dann den Rücken kehren, aber so leicht ließ sich die Organisation nicht austricksen.

Dennoch arbeitete sie heimlich an einem Ausstiegsplan, baute sich ein zweites zu Hause auf und richtete sich unter verschiedenen Pseudonymen verschiedene Wohnungen ein. Käme es irgendwann hart auf hart, würde sie einfach untertauchen können. Aber eigentlich war dieser Plan total unnötig, denn die Organisation wusste immer wenn sie aussteigen wollte und ließ ihr ein eindeutiges Zeichen zukommen.

Obwohl Vermouth mittlerweile einen hohen Stellenwert in der Organisation genoss, kannte sie noch nicht jedes Mitglied. Gerade die japanischen Anhänger schienen ihr noch nicht vollkommen zu vertrauen. Und damit hatten sie recht, denn insgeheim sammelte die Schauspielerin Informationen über ihren Boss. Irgendwann würde sie ihn zu Fall bringen. Irgendwann.

Aber jetzt befand sie sich in der Bredouille. Nachdem sich ihr Leibwächter eine Kugel einfing, war er auf eine tägliche Krankenversorgung angewiesen. Ihr Manager drängte auf einen zeitnahen Ersatz und so hatten sie Agent Starling – unter einem falschen Namen – angeheuert. Sie waren zwar vorsichtig und ließen ihn von oben bis unten überprüfen, konnten aber nichts finden, was auf seine Tätigkeit beim FBI schließen ließ. Starling war immer in ihrer Nähe und verbrachte mehrere Monate mit ihr. Je mehr Zeit verging, desto besser schien er zu wissen, welche Knöpfe er drücken musste, damit sie plauderte wie ein altes Waschweib. Sich die Probleme von der Seele reden, tat ihr gut und sie fühlte sich nach langer Zeit befreit. Aber dann hatte sie durch Zufall von seiner Familie erfahren und konnten über diese seine wahre Identität herausfinden. Selbstverständlich wurde ihr die Schuld an allem gegeben, weswegen auch sie diesen Fehler aus der Welt tilgen sollte.

Vermouth warf einen Blick in den Spiegel. Bald, bald würde sie ihre Rache bekommen. Gerade als die Schauspielerin die Wagentür öffnete, öffnete sich auch die Tür des Hauses der Familie Starling. Starlings Frau kam mit der kleinen Tochter – die am Weinen war – nach draußen gelaufen und setzte das Kind in den Wagen. Anschließend stieg sie selbst ein und fuhr los.

„Interessante Wendung“, murmelte Vermouth, stieg aus und schlug die Wagentür zu. Eigentlich hatte sie geplant, die Frau des Agenten umzubringen und sie in dem Ehebett entsprechend zu drapieren, ehe sie sich um den Agenten kümmern wollte. Jetzt musste sie den Plan ändern und einen anderen Weg finden um sich zu rächen. Zum Glück war sie gut im improvisieren. Schmunzelnd steckte sich die Schauspielerin die Haare hoch, setzte eine schwarze Kappe auf und machte sich auf den Weg zum Haus.
 

Nach einem sehr langen Tag im Büro betrag FBI Special Agent Starling endlich sein zu Hause, hing seine Jacke an den Kleiderständer und zog die Schuhe aus. Obwohl er eigentlich nur eine Besprechung hatte, wurde er den ganzen Tag im Büro aufgehalten. Kaum war er einem Kollegen begegnete, wurde er gleich in die nächste Besprechung gezogen oder um Rat gebeten. Zum Glück hatte er eine verständnisvolle Ehefrau, die die Wichtigkeit seiner Arbeit verstand und ihm den Rücken stärkte. Allerdings wusste er, dass diese auch gern wieder in Vollzeit arbeiten wollte. Seine Frau war Krankenschwester und liebte ihren Beruf und die damit verbundene Unabhängigkeit. Hörte man die Geschichte ihres Kennenlernens, dachte man an das typische Klischee: verletzter Mann wird von hübscher Krankenschwester gepflegt.

Nach der Geburt von Jodie blieb sie die ersten Jahre zu Hause, aber seitdem Jodie im Kindergarten war, arbeitete sie Halbtags wieder im Krankenhaus. Aufgrund seiner nicht regelmäßigen Arbeitszeiten und seinen Abwesenheiten konnte sie allerdings keine weiteren Schichten übernehmen. Es tat ihm leid, aber er konnte nicht einfach so kürzer treten – vor allem deswegen nicht, da er immer noch in einem brisanten Fall steckte.

Um Jodie nicht zu wecken, machte er sich auf Zehenspitzen auf den Weg in die Küche. Die Wahrscheinlichkeit, dass seine kleine Tochter noch wach war, lag bei 50%, da sie immer versuchte bis zu seiner Heimkehr durchzuhalten. Sie hatte es bisher nur selten geschafft, aber ihre Mutter ließ sie dennoch im Wohnzimmer warten. So konnte er Jodie wenigstens noch sehen, wenn er nach Hause kam und sie ins Bett tragen.

Agent Starling freute sich bereits auf seinen Urlaub. Dieses Mal wollte er mit der Familie wegfahren und sein Handy ausgeschaltet lassen. Er nahm sich sehr viel vor und es würde nicht lange dauern, bis sein Fall abgeschlossen war. Hoffentlich. Morgen würde er die Schauspielerin Sharon Vineyard in ihrem Hotel abholen und wieder ihren Leibwächter spielen. Danach würde er…

Was er danach tun würde, wusste keiner. Er brauchte noch mehr Informationen, ehe sie die Organisation stürzen konnten. Aber er wusste, dass es irgendwann so weit wäre. Er würde die Welt für seine kleine Tochter sicherer machen. „Bin wieder zu Hause“, sagte er und blickte in die leere Küche. Normalerweise war seine Frau dort, wenn sie durch das Fenster im Wohnzimmer die Scheinwerfer seines Wagens in der Einfahrt sah und bereitet das Abendessen vor. Dass ihr Wagen nicht dastand, hatte er zwar bemerkt, aber manchmal nutzte sie auch die Garage. Irritiert wollte er wieder den Raum verlassen, als ihm ein Zettel auf dem Küchentisch auffiel. Starling trat näher an diesen heran. Jodie ist gestürzt und hat starke Schmerzen im Arm. Ich fahr mit ihr ins Krankenhaus. Das Essen steht in der Mikrowelle. Liebe dich. Sachte strich er über das kleine Herz am Ende der Nachricht. Der Agent lächelte und nahm sein Handy heraus. Eifrig tippte er eine Nachricht an seine Frau. Geht es Jodie gut? Soll ich euch abholen? Ich liebe dich auch. Zusätzlich schickte er ihr ein Kuss-Smiley.

Er entschied später zu Essen und ging nach oben in das Arbeitszimmer. Als er dieses betrat, seufzte der Agent leise auf. Wäre er damals doch nur über die Langlebigkeit des Auftrages informiert worden, hätte er ihn nicht angenommen. Stattdessen hätte er seinem Partner und besten Freund – James Black – den Vortritt gelassen. Nun aber war es zu spät und er konnte seinen Einsatz nicht mehr abbrechen. Wenigstens wusste er warum er das alles tat: Jodie sollte eine unbeschwerte Kindheit haben und nicht in Angst leben müssen. Und genau das würde früher oder später passieren, sollte die Organisation an immer mehr Macht gelangen, sodass man bald nicht mehr Freund vom Feind unterscheiden konnte. In einem seiner schlimmsten Szenarien wurden auch alle Bundesbehörden von ihnen kontrolliert.

Damals war er noch ganz anders. Er war ein Draufgänger und lebte von einem Tag in den nächsten. Seine Arbeit führte er zwar weiterhin ordnungsgemäß aus, aber irgendwann hatte ihm der weitere Ansporn gefehlt. Er hatte viel zu viel gesehen, aber mit Jodies Geburt hatte sich alles geändert. Dieses kleine Wesen hatte einen anderen Menschen aus ihm gemacht und wer wusste schon, wann sie noch ein Geschwisterchen bekommen würde. Vielleicht würde er sogar der Arbeit beim FBI den Rücken kehren und nur noch als Berater tätig sein. Seine Pläne hatte er noch nicht mit seiner Frau besprochen, da er zuerst seinen aktuellen Auftrag zu Ende bringen wollte. Doch sie würde ihn verstehen – sie verstand alles.

Starling betätigte den Lichtschalter, dann hörte er ein Geräusch. Ein Schuss und im nächsten Augenblick lag er am Boden. Die rote Flüssigkeit begann sich zu verteilen und er spürte, wie ihn langsam seine Kräfte verließen.

Vermouth ging auf ihn zu. „Eigentlich wollte ich das alles ja auskosten“, begann sie und kniete sich zu ihm runter. „Und wie gerne hätte ich darauf gewartet, dass deine Familie auch hier ist. Leider konnte ich mich nicht zurückhalten.“

„Mist…stück…“, wisperte er.

„Oh, das ist aber nicht nett von dir“, gab die Schauspielerin von sich. „Dabei haben wir uns doch immer so gut verstanden.“

„Wie…wie kommst…woher…?“

„Willst du jetzt wirklich mit mir darüber reden, wieso ich hier bin?“ Sie schmunzelte. „Einmal FBI Agent, immer FBI Agent. Aber das ist schon sehr bald Geschichte.“

Agent Starling hustete.

„Eigentlich kannst du froh sein, dass deine Familie nicht hier ist. So haben sie wenigstens die Chance zu überleben. Außer sie kommen natürlich nach Hause, ehe ich alles in Schutt und Asche gelegt habe.“

„N…ei…n…“

„Du hast eine beachtliche Sammlung an Akten über uns. Du verstehst doch, dass ich alles zerstören muss“, sagte Sharon ruhig und gab einen weiteren Schuss auf den Agenten ab. „Sayonara“, murmelte sie mit einem Lächeln. Sie nahm ihm seine Brille ab und steckte sie ein. Es war eine Trophäe, die sie immer an ihren Sieg erinnern sollte.

Langsam stand Vermouth wieder auf und verließ den Raum. Da sie den Keller - in welchen sich die Akten über die Organisation befanden – bereits vorbereitet hatte, holte sie ihre restlichen Sachen aus dem kleinen Abstellraum im Erdgeschoss. Mit dem Benzinkanister in der Hand ging sie ins Wohnzimmer und verteilte die Flüssigkeit auf den Möbeln. Danach zog sie eine Spur in Richtung Keller. Anschließend holte sie eine Packung Streichhölzer aus ihrer Tasche und zündete eines an. Sorgsam betrachtete sie die Flamme, ehe sie das Streichholz auf den Boden warf. Sofort setzte sich das Feuer in Gang und folgte den Spuren des Benzins.

Mit schnellen Schritten eilte Vermouth aus dem Haus und machte sich auf den Weg zu ihrem Wagen. Ein letztes Mal warf sie einen Blick nach hinten und beobachtete, wie die Flammen langsam alles zerstörten.
 

Mit Stolz betrachtete Jodie den Gips an ihrer linken Hand. „Papa wird Augen machen“, erzählte sie. „Und nicht glauben, dass ich mir die Hand wirklich gebrochen habe.“

Ihre Mutter sah kurz zu ihr und lächelte. „Dein Papa ist bereits zu Hause und wartet auf uns.“

Jodie machte große Augen. Durch ihren kleinen Unfall und den ganzen Trubel im Krankenhaus war sie nun nicht nur wach, sondern auch aufgekratzt. „Dann kann Daddy mir die versprochene Gute Nacht Geschichte vorlesen“, sagte sie glücklich.

„Ja, das kann er“, erwiderte Angela.

„Ich freu mich so“, gab Jodie von sich.

„Wenn wir zu Hause sind, putzt du dir aber noch einmal die Zähne. Ich hab gesehen, dass du von Schwester Rose Bonbons bekommen hast.“

„Och menno“, murmelte Jodie.

„Keine Widerworte. Dein Papa wird dir das gleiche sagen“, entgegnete ihre Mutter. Je näher sie ihrem Haus kam, desto heller wurde es draußen. „Merkwürdig“, murmelte sie.

„Was ist denn, Mama?“, wollte Jodie wissen.

„Nichts. Alles in Ordnung“, log die Frau. Nun waren auch Sirenen zu hören und ein ungutes Gefühl erfasste sie. Sie hatte gelernt damit zu leben, dennoch machte sie sich immer Sorgen um ihren Mann, vor allem wenn die Polizei oder Sanitäter in der Nähe waren. Gerade als sie in die kleine Straße einbiegen wollte, die zu ihrem Haus führte, entdeckte sie einen Polizisten, der den Weg absperrte. Angela kurbelte das Fenster runter. „Entschuldigung? Ich müsste hier reinfahren.“

„Das können Sie nicht“, fing der Mann an. „Die Feuerwehr löscht dort hinten einen Brand.“

„Einen Brand? Nein, das kann nicht…“ Es war unmöglich, dass es sich um ihr Haus handelte. Aber vielleicht hatte sie auch in der Eile und Sorge um Jodie den Herd angelassen. Angela schluckte. „Ich wohne dort hinten“, wisperte sie und zog den Ausweis aus ihrer Handtasche.

Der Polizist betrachtete das Schriftstück. „Dann fahren Sie durch. Aber bitte behindern Sie nicht den Einsatz.“

„Danke“, murmelte sie und fuhr die Straße entlang. Je näher sie ihrem Haus kam, desto mehr war auf dieser los. Nachbarn standen in Bademänteln in der Nähe und beobachteten die Löschmaßnahmen, Sanitäter verarzteten verletzte Ersthelfer und die Polizei begann mit der Befragung. „Jodie, bleib bitte im Wagen“, begann Angela und stieg aus.

„Das ist die Frau“, sprach einer der Nachbarn und wies auf sie.

Schockiert sah Angela zu ihrem Haus. Die Flammen loderten. „Das kann nicht…das darf nicht…“

Der Polizist kam auf sie zu. „Ma’am? Wohnen Sie in dem Haus?“

Angela nickte, hörte aber nicht wirklich zu.

„Wissen Sie, ob jemand im Haus war?“

Sie schluckte.

„Ma’am? Ist Ihnen bekannt, dass jemand im Haus war?“

„Mein Mann…wo…wo ist mein Mann…?“, wollte sie wissen und sah sich panisch um. „Liebling…Liebling…wo bist du?“ Mit einem Mal atmete sie schneller. In ihrem Kopf drehte sich alles und ihre Beine zitterten.

„Ma’am, bitte, Sie müssen ruhig bleiben.“ Der Polizist winkte einen Sanitäter her.

Mit zitternden Händen zog Angela ihr Handy aus der Tasche heraus und wählte die Nummer ihres Mannes. The person you have called is temporary not available. Please call again later… Angela schluckte. Bestimmt hatte es ihr Mann nach draußen geschafft und half jetzt so gut es ging. Vielleicht war sein Handy im Haus, sodass sie ihn nicht erreichen konnte. Es musste ihm einfach gut gehen. „Nein“, wisperte Angela und versuchte es ein weiteres mal. The person you have called is temporary not available. Please call again later…

„Bitte nicht…“

Wieder wählte sie eine Nummer.

„Black.“

„Ang…ela…hier.“ Doch mehr konnte sie nicht sagen.

James wurde hellhörig. „Angela, ist etwas passiert?“, wollte er wissen.

Angela blickte wieder auf das Haus. „Es…brennt…das Haus…es brennt…“, brachte sie heraus. „Mein Mann…wo ist…mein Mann…“ Sie hielt dem Druck nicht mehr stand, ihre Füße trugen sie nicht mehr und sie sackte auf den Boden.

„Ma’am? Ma’am?“ Angela bekam das, was um sie herum passierte, nicht mehr mit. Sie konnte nicht einmal mehr sagen wo sie ihren Wagen abgestellt hatte, aber das war egal, denn die kindliche Stimme würde sie überall erkennen. Und sie wurde immer lauter.

„Mommy…“ Jodie hatte es im Wagen nicht mehr ausgehalten und kam zu ihr gelaufen. „Mommy…“ Jodie fiel ihrer Mutter verängstigt in die Arme und schluchzte.

„Ich bin da…Mommy ist da…“, wisperte Angela.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (1)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Amxr
2021-04-22T11:39:36+00:00 22.04.2021 13:39
Hey, hab seit langem nichts mehr Kommentiert,wollte aber mal danke sagen, dass du regelmäßig Sachen updatest. Akai ist mein lieblingscharakter❤️❤️
Antwort von:  Varlet
25.04.2021 21:33
Danke für deinen Kommentar.

Shu ist auch mein Lieblingscharakter <3 (merkt man gar nicht, was? *lach*)


Zurück