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About Clowns and Heroes

von

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Tenure


 

Eines Menschen Vergangenheit ist das, was er ist.

Sie ist der einzige Maßstab, an dem er gemessen werden kann.

Unsere Gesichter sind Masken, die uns die Natur verlieh,

damit wir unseren Charakter dahinter verbergen.

Eine Maske erzählt uns stets mehr als ein Gesicht.

Oscar Wilde
 


 

1
 

Mit leisem Rascheln entrollt Pinguin einen Stadtplan von Gotham City und breitet ihn vor sich auf dem langen Tisch aus. Anschließend kippt er einen Becher mit bunten Farbstiften über dem großen Blatt aus und setzt sich dann auf seinen Stuhl zurück. Geschäftig faltet der kleine Ganove die Finger vor seinem Gesicht und blickt darüber hinweg die zwei Frauen und sieben Männer an, die sich im gedimmten Licht um den Tisch versammelt haben. Leise murmeln die anwesenden Kriminellen miteinander, und Oswald lässt sie noch einen Moment gewähren. Sorgfältig betrachtet er einen jeden von ihnen und hakt dabei eine gedankliche Liste ab. Zu seiner Freude stellt er fest, dass doch tatsächlich alle vollzählig anwesend sind. Also kann das Ganze ja beginnen. Sachte klopft er daher mit dem Knöchel seines Zeigefingers auf die blankpolierte Glasplatte, um sich Gehör zu verschaffen. Nach einem Moment herrscht Schweigen und der Schwarzhaarige räuspert sich leicht.
 

„Ich danke euch, für euer zahlreiches Erscheinen.“, beginnt er seine Ansprache. „Wie ihr der Einladung ja entnehmen konntet, soll dieses ab jetzt jährlich abgehaltene Treffen dazu dienen, unsere Differenzen auf ein Minimum zu senken und die Territorien der anderen zu respektieren. Vielleicht ergibt sich in diesem Zuge ja sogar so etwas wie eine Zusammenarbeit? Doch das muss jeder von euch selbst entscheiden. Heute geht es ausschließlich darum bekanntzugeben, wer von euch welchen Teil dieser verfluchten Stadt für sich beansprucht und dies in einem verbindlichen Vertrag festzuhalten, der dafür garantieren soll, dass keiner von euch im Gebiet eines anderen wildert. Es soll auch dafür garantieren, dass jeder von uns die gleichen Chancen hat, irgendwann an der Spitze dieser Stadt zu stehen und den Titel König von Gotham zu tragen. Ich brauche wohl auch nicht zu erwähnen, dass alles, was hier besprochen wird, strengster Geheimhaltung unterliegt. Immerhin wollen wir Batman ja nicht gleich auf dem Silbertablett servieren, wo wir uns verstecken. Dennoch ist es durchaus von Vorteil, wenn ein jeder von uns weiß, wer wo was veranstaltet, um die eigene Planung im Ernstfall danach ausrichten zu können. Schließlich stehen wir letztendlich alle im direkten Konkurrenzkampf, wer von uns eines Tages diese Stadt sein Eigen nennen darf, doch wir müssen uns das Leben ja auch nicht unnötig schwer machen, dafür haben wir schließlich schon diese lästige Fledermaus an der Backe. Ich denke, ihr seid da ganz meiner Meinung.“
 

Langsam lässt er den Blick über die Anwesenden schweifen, die erneut in leises Murmeln verfallen und dann ein einvernehmliches Brummen der Zustimmung von sich geben. „Wundervoll! Das macht die Sache schon um einiges einfacher. – Gut, dann kommen wir jetzt also zum geschäftlichen Teil. Ich gehe die Reihe rum, ein jeder nennt mir das Gebiet, das er dieses Jahr für sich beanspruchen möchte, und dann markiere ich das Ganze hier im Stadtplan. Nach der Sitzung zeichnet ihr das alles ab und dann machen wir Kopien davon zu, sodass keiner von euch behaupten kann, nicht zu wissen, wem welches Revier gehört und ihr mal wieder fröhlich Amok lauft, wie es euch gerade passt. Ausnahmen bestätigen selbstverständlich die Regel, doch es muss schon etwas sehr Unvermeidliches sein, das diese Regeln außer Kraft setzt. Also haltet euch an die Abmachungen und niemand wird ungebetenen Besuch bekommen.“
 

Mahnend lässt Pinguin erneut den Blick durch die Runde gleiten. Das hier muss einfach funktionieren. Es muss! Es kann nicht angehen, dass man – in dem Fall selbstredend Oswald – sich ständig den Arsch aufreißt und Unsummen seines hart erbeuteten Vermögens investiert, um sich etwas aufzubauen, um stilvoll seinen Geschäften nachgehen zu können, und dann kommt einer dieser hirnlosen Trottel – besagte Trottel sitzen gerade alle ganz brav hier am Tisch, man staune! – und macht alles wieder zunichte. Eine unerhörte Frechheit ist das! Die anderen sind vielleicht nur umherziehende Vandalen, die liebend gern möglichst viel Chaos anrichten, um weiß Gott was zu kompensieren, doch Oswald hat immerhin ein Geschäft zu führen und einen Ruf zu verteidigen, und kann sich solch einen Unsinn einfach nicht länger leisten. Abermals gibt die Gruppe ein brummendes Zustimmen von sich. So weit, so gut.
 


 

2
 

„Sehr schön. – Wie ihr euch vielleicht vorstellen könnt, beanspruche ich diesen Bezirk – Tricomer – für mich. Ich habe die neue Iceberg Lounge ja schließlich nicht umsonst hierhin gestellt, sollte also klar sein, warum. Ich hoffe zudem, dass euch mein neuer Club gefällt, immerhin seid ihr die ersten Gäste hier, auch wenn ich mir deswegen keine Show für euch überlegt habe. Wir sind schließlich hier, um Geschäfte zu machen und nicht um uns zu amüsieren. Sollte das hier jedoch alles glatt über die Bühne gehen und ein jeder von uns zufrieden sein, werde ich selbstredend den vorbildlichen Gastgeber spielen und euch zu ein oder zwei Drinks einladen.“ Oswalds letzter Kommentar wird begeistert aufgenommen, was den kleinen Mann innerlich nur leicht mit dem Kopf schütteln lässt. ‚Diese Trottel denken doch wieder nur an ihr eigenes Wohl und wie sie sich möglichst schnell und kostenlos auch noch die letzten Hirnzellen wegsaufen können. Ganz herrlich! – Aber egal. Hauptsache sie haben alle eine gute Erinnerung an dieses Treffen, damit mir keiner von denen wieder meinen heißgeliebten Club in Schutt und Asche legt. Dafür kann man durchaus auch mal ein paar von den teuren Flaschen köpfen.‘
 

Zielstrebig greift Pinguin nun nach einem der Farbstifte, umrahmt damit das Gebiet Tricomer und setzt seinen Namen in die Mitte des Kreises um die kleine Insel herum, die sich ganz im Süden von Gotham City befindet. Als das erledigt ist, wendet sich der Schwarzhaarige nach rechts. „Selina?“, fragt er die junge Frau an erster Stelle neben sich. Diese wirft ihm einen durchdringenden Blick mit ihren fast schon mystisch glänzenden Augen zu und krault dabei die schwarze Katze auf ihrem Schoß. „Wir nehmen das East End, nicht wahr, meine süße Isis? Mir ist da ein ganz schnuckeliges Apartment unter die Pfoten gekommen, das einfach nur purrrfekt für meine Kätzchen und mich ist.“, schnurrt Catwoman angetan, während Isis nun elegant auf ihre Schulter klettert und liebevoll ihren Kopf gegen die Wange der jungen Frau reibt. Zärtlich erwidert die Diebin diese Geste. Mit leicht erhobener Augenbraue beobachtet sie der Clubbesitzer und markiert dann den ziemlich großen Bezirk akribisch mit einer anderen Farbe.
 

„In Ordnung. Weiter geht es mit Ivy.“, fährt er fort und wendet sich nun der Frau auf seiner Linken zu. Die rothaarige Pflanzenschönheit schenkt ihm einen überaus sinnlichen Blick, bei dem Pinguin unweigerlich hart schlucken muss und Haltung zu bewahren versucht, was in ihrer Gegenwahrt nun wirklich alles andere als einfach ist. „Für mich kommt nur der Robinson Park infrage. Die Pflanzen dort sind praktisch die einzigen, die noch nicht haltlos dem Tod in dieser verschmockten, ignoranten Stadt erlegen sind, und das soll auch so bleiben!“ Verstimmt verschränkt sie die Arme vor ihrem wohlgeformten Busen und straft die Anwesenden nahezu schmollend mit giftigen Blicken. Ihre Sinnlichkeit scheint mit ihren Worten regelrecht verpufft zu sein, sodass der Clubbesitzer es gerade noch so verhindern kann, überrascht zusammenzuzucken. „Äh – ja, das klingt überaus vernünftig und ich bin sicher, dass auch niemand von uns etwas dagegen hat.“, fängt er sich wieder halbwegs und markiert dann den kleinsten Bezirk Gothams auf dem Stadtplan wunschgemäß.
 

Als nächstes wendet er sich wieder nach rechts und sucht den Blick mit dem breitgebauten Mann auf dem zweiten Stuhl. „Sergio, wenn ich bitten darf?“ Bane brummt mit verschränkten Armen vor sich hin, als würde er sich erst jetzt darüber Gedanken machen. „Chinatown.“, antwortet er nach einem Moment knapp. „Da richte ich gerade ein Kampfsportstudio ein.“, knurrt er fast schon eine Erklärung hervor. „Na dann viel Erfolg dabei...“, erwidert Oswald und markiert das Gebiet, das sich als erstes an Tricomer anschließt. Der Schwarzhaarige sieht das durchaus positiv. Bane ist überaus stark und weithin dafür bekannt, Männer zu trainieren, die überall in der Stadt als Bodyguards oder Schläger arbeiten. Das sollte sich Pinguin also im Hinterkopf behalten. Man kann schließlich nie genug Personal zu seinem Schutz um sich scharen, erst recht, wenn man sich so der Öffentlichkeit präsentiert, wie es Oswald mit seinem Club anstrebt.
 

Erneut wendet er den Blick nach links. „Waylon, wie steht es mit dir?“, fragt er vorsichtig. Killer Croc schürzt die rauen Lippen und präsentiert dadurch seine scharfen Reißzähne. „Coral District.“, knurrt das menschliche Krokodil, und mehr kommt auch nicht von ihm. Gehorsam ergreift Pinguin einen neuen Farbstift und markiert die kleine, überwiegend grüne Insel ganz im Norden von Gotham sorgfältig. ‚Je weiter dieser Menschenfresser von mir weg ist, desto besser...‘, geht es ihm dabei durchaus erleichtert durch den Kopf. Immerhin will er nicht riskieren, wieder eine Hand voll guter Männer an diesen blutgierigen Vielfraß zu verlieren, nur weil sie sich aus Versehen über die Weg laufen.
 

Und wieder wandert sein Blick nach rechts. „Darf ich bitten, Victor?“ Gedankenverloren hebt Mr. Freeze einen Moment den Blick und starrt die dunkle Decke über sich an, als würde er hoffen, dort jemanden zu sehen, der ihm eine Antwort darauf geben kann. Oswald ist schon drauf und dran ihn erneut anzusprechen, da besinnt sich der ehemalige Arzt wieder. „Ich habe mich vor einer Weile in Otisburg niedergelassen. – Nora – Ich habe dort eine alte Praxis gefunden, in der ich meiner Kryogenforschung bestens nachgehen kann und hoffe daher, meine geliebte Nora bald wieder in die Arme schließen zu können...“, betroffen senkt er den Blick und starrt auf seine Finger, die in dicken Handschuhen stecken. Eine einzelne Träne, die unter seinem Kryogenhelm augenblicklich zu Eis erstarrt, quillt unter seiner Schutzbrille hervor und fällt doch nirgendwo hin. „Man kann es wohl nicht oft genug sagen, aber mein Beileid, Victor. Du schaffst es ganz sicher bald.“, meint der Schwarzhaarige nicht sonderlich gefühlvoll, was Freeze aber glücklicherweise nicht bemerkt, und markiert den genannten Bezirk, der sich in direkter Nachbarschaft zu der Insel befindet, auf der das Arkham Asylum thront. ‚Mal sehen, wie lange du da aushältst, ehe sie dich wieder schnappen, Eiswürfel...‘, geht es ihm leicht gehässig durch den Kopf. Oh, wie sehr sie ihm doch alle auf die Nerven gehen! Dabei sollte es doch offensichtlich sein, dass er als Einziger die Fähigkeiten, das Charisma und die Mittel dazu hat, diese verdammte Stadt zu führen. Die anderen würde eh nur einen qualmenden Schutthaufen daraus machen – in Ivys Fall wohl eher einen menschenfressenden Dschungel, aber das sei mal dahingestellt. In jedem Fall wäre nicht mehr viel von Gotham übrig, wenn einer von ihnen Hand daranlegt. Doch Oswald hat Großes vor und dafür braucht er die Stadt in einem Stück.
 

Seine unterdrückte Wut darüber tritt jedoch nicht an die Oberfläche, sondern wird von seinem perfekt antrainierten Poker-Face dominiert, das ihn als Geschäftsmann erst so weit gebracht hat. „Prima. Als Nächstes Harvey. Wir habt ihr zwei euch entschieden?“, fragt er daher den zwiegespaltenen Two Face auf der linken Seite völlig ungerührt seiner aufgewühlten Gedanken. Der ehemalige Staatsanwalt lässt geschickt eine silberne Münze über seine Fingerknöchel wandern, schnippt sie in die Luft und lässt sie ihren Tanz dann auf der anderen Hand fortführen. „In dieser Sache waren wir uns ausnahmsweise einmal sehr schnell einig.“, kommt es sichtlich erfreut von Harvey, während ein zufriedenes Lächeln seinen rechten Mundwinkel hebt. „Da stimme ich zu. Wir nehmen den City Hall District.“, entgegnet nun Two Face mit dunklerer Stimme, während sich seine entstellte linke Gesichtshälfte ungeschickt ebenfalls zu einem Lächeln zu verziehen versucht, jedoch ohne sonderlichen Erfolg, was den zwiegespaltenen Mann allerdings nicht zu kümmern scheint, spielt er doch weiterhin nur mit seiner Münze. Oswald wundert diese Entscheidung nicht im Geringsten, befindet sich doch dort das Gerichtsgebäude, indem Harvey Dent früher als höchst erfolgreicher Staatsanwalt gearbeitet hat, bevor ein Unfall ihn so zurichtete und seine seltsam schizophrene Ader zum Vorschein brachte. Und die Nähe zur Polizei im Nachbarbezirk hat Two Face ja noch nie sonderlich gestört. So wird auch dieser Bereich im Süden markiert.
 

„Ist notiert. Und nun Jonathan, bitte.“ Der Mann am rechten Ende des Tisches trägt das Kostüm einer zerlumpten Vogelscheuche, was es vielleicht etwas ironisch macht, wo ihm doch eine zahme Krähe auf der Schulter hockt. Geschäftig putzt sie sich ihr glänzend schwarzes Gefieder, während ihr Besitzer antwortet. „Ich beanspruche die Bowery als mein Eigen. Das ist genau der richtige Ort, um mein Angst-Gas herzustellen und zu testen.“, kommt es leicht gedämpft unter der Jutemaske des Mannes hervor. Pinguin interpretiert seinen Kommentar mit der Tatsache, dass sich die Bowery unmittelbar neben der Crime Alley befindet, dem berühmt-berüchtigten Bezirk, indem die meisten Verbrechen verübt werden und in dem in einer schicksalhaften Nacht vor etwa zwanzig Jahren die Eltern des reichsten Jungen Gothams – Bruce Wayne – den Tod fanden. Unheimlich genug ist es dort jedenfalls und daher ganz sicher ein prima Spielplatz für Scarecrow und sein Angst-Gas in so unmittelbarer Nähe.
 

„Okay, kommen wir nun zu Jervis.“ Der kleine Mann – oder eher gesagt, der kleine Bengel, wo er doch gerade einmal zweiundzwanzig ist und somit der Jüngste hier im Raum, und mit seinen 1,42 Metern gerade mal so über die Tischkante reicht – blickt verstohlen über den Rand seiner reich verzierten Teetasse, als fürchte er, wegen irgendetwas Ärger zu bekommen. Dann scheint ihm allerdings aufzugehen, worum es hier eigentlich geht und ein begeistertes Lächeln ziert sein junges Gesicht, was ihn allerdings mit seinen Hasenzähnen und der großen Nase nicht hübscher, sondern nur noch durchgeknallter aussehen lässt, wie Oswald findet. „Oh, der Kaninchenbau ins Wunderland befindet sich seit Kurzem auf der Amüsiermeile und es wird nicht mehr lange dauern, bis wir dort herrliche Teepartys zum Nicht-Geburtstag feiern können!“, flötet der Mad Hatter ausgelassen und rutscht aufgeregt wie ein kleines Kind auf seinem Stuhl hin und her. Innerlich seufzend markiert Pinguin auch diesen Bereich und ist heilfroh, dass sie nun fast durch sind und er diese Bande von Spinnern nicht mehr lange ertragen muss.
 

Fahrig streicht er sich ein paar verirrte Strähnen aus der Stirn und blickt dann geradezu zum anderen Ende des Tisches, an dem der Letzte ihresgleichen geduldig sitzt, und mit einer Würde, die nur er zustande zu bringen vermag, alle anderen ignoriert. Der Riddler erwidert den auf ihn gerichteten Blick somit mit gewohnt gelassener Langeweile. In seinen Augen leuchtet jedoch der nicht zu unterdrückende Drang auf, ein Rätsel auszusprechen. Oswald merkt sofort, wie sich daraufhin ein stechender Schmerz in seinem Kopf auszubreiten beginnt. Für so einen Blödsinn hat er nun wirklich keinen Nerv mehr. Aber Ed wäre nun einmal nicht Ed, wenn er nicht mit einem Rätsel antworten würde.
 

„Edward, bitte verschone mich diesmal mit einem deiner Rätsel und sag es einfach, okay?“, fragt der Schwarzhaarige wenig hoffnungsvoll, woraufhin sein Gegenüber schelmisch zu grinsen beginnt. Er öffnet bereits den Mund, um dem unzweifelhaft zu widersprechen, schließt ihn jedoch kurz darauf wieder. Dann scheint eine Wandlung in ihm vorzugehen und der unbändige Drang in seinem Blick legt sich glücklicherweise. Etwas angestrengt räuspert sich Nigma daraufhin, fummelt leicht nervös an seiner Krawatte herum und richtet seine violett verglaste Brille mit nicht ganz ruhiger Hand. Unsicher bringt er ein Lächeln zustande. „Weil du es bist, will ich mal nicht so sein, Oswald. – Ich habe mir vor zwei Monaten die Narrows angeeignet und...“, setzt er fast schon schüchtern an. „Die Narrows? Was ist denn nur in dich gefahren? Hast du dir irgendwo den Kopf angeschlagen oder soll das eine Art Survivaltraining werden, damit du mal ein paar Muckis bekommst?“, unterbricht ihn Catwoman mit angewidert verzogenem Gesicht und überaus belustigtem Unterton. Derselbe Ausdruck scheint auch bei allen anderen vorzuherrschen. Nur allzu verständlich. Die Narrows sind immerhin nichts als Ruinen, die von ehemaligen Kriminellen und Ex-Sträflingen bewohnt werden, die dort wie Tiere hausen und völlig sich selbst überlassen sind, da dieser Bezirk seit Jahren offiziell als nicht mehr bewohnbar eingestuft ist und somit immer mehr vor sich hin rottet. Nicht einmal Batman setzt dort einen Fuß hinein, wenn es nicht unbedingt von Nöten ist, steht sein Gesicht in den Narrow doch immer an erster Stelle auf der Abschussliste. Schließlich ist der Dunkle Ritter allein schuld daran, dass die meisten Leute hier gelandet sind, weil sie bei ihrem tragischen Ruf und den endlosen Vorstrafen sonst einfach nirgendwo anders hinkönnen. Vielleicht ist es diese Tatsache, die den sensiblen Brünetten dazu treibt, sich dort niederzulassen? Weil er Batman aus dem Weg gehen will? Einen anderen Grund kann es praktisch gar nicht geben, wie der Clubbesitzer findet, obwohl Riddler die Fledermaus von ihnen allen wohl am wenigsten fürchten muss, sind seine Aktionen doch eher sehr harmlos im Vergleich zu den zu meist mörderischen Techniker seiner um ihn sitzenden Kollegen. Vielleicht heckt Ed aber auch etwas sehr Großes aus und versucht sich mit seinem fragwürdigen Standort einfach so viel Ruhe zu verschaffen, wie es für seine Planung nötig ist, von massenhaft billigen und willigen Helfern um ihn herum ganz zu schweigen?
 

Verlegen räuspert sich der Angesprochene erneut. Kaum merklich huscht dabei ein leichter Rotschummer über seine Wangen hinweg. „Ich – habe da so ein Projekt gestartet...“, versucht er sich etwas hilflos zu erklären und damit Oswalds Überlegungen vielleicht zu bestätigen. Allerdings kommt er nicht dazu, es auch auszusprechen. Stattdessen öffnen sich auf einmal ruckartig die großen Flügeltüren zum Saal und knallen geräuschvoll gegen die reich verzierten Wände, dass sämtlich Gläser und Flaschen in der nahestehenden Bar zu klirren beginnen. Sichtlich zucken alle Anwesenden zusammen und wenden sich durchaus kampfwillig nach dem Störenfried um.
 


 

3
 

Durch das Licht im angrenzenden Flur ist der Neuankömmling komplett in Schatten gehüllt, sodass nicht zu erkennen ist, um wen es sich handelt. Alle Anwesenden können sich auch keinen Reim darauf machen, wer es sein könnte, schließlich sind sie alle hier versammelt. Und wer würde es schon wagen, einen Raum voller geisteskranker Super-Krimineller freiwillig zu betreten? Abgesehen vielleicht von Batman. Doch dieser würde nicht durch die Vordertür gestürmt kommen. Außerdem ist der Schatten für den Rächer viel zu klein, viel zu zierlich, trägt auch kein Cape. „Ich verbitte mir so eine unerhörte Frechheit!“, entkommt es Pinguin daher säuerlich und er ist drauf und dran nach seinen Schlägern zu rufen, als der Fremde auf einmal zu singen beginnt. Ja, wirklich. Er fängt tatsächlich fröhlich an zu singen und tanzt dabei schon fast unter der Türzarge herum.
 

„Manche Leute nennen mich den Weltraum-Cowboy. Manche nennen mich den Gangster der Liebe. Manche Leute nennen mich Mau~rice, weil ich von der ausschweifenden Liebe spreche. Die Leute reden über mich. Sagen, ich mache sie verrückt. Aber mach dir keine Sorgen, denn ich bin genau hier zu Hause. Weil ich ein ganz Großer bin. Ich bin ein Lächeln. Ich bin ein Liebhaber. Und ich bin ein Sünder. Ich spiele meine Musik im Mondschein. Ich bin ein Joker. Ich bin eine lebende Bombe. Ich bin ein Mitternachtsversprechen.“, singt der Fremde verspielt an die Türzarge gelehnt. Dann stellt er sich wieder genau in die Mitte und ballt zornig die kleinen Fäuste, von seiner anfänglichen Fröhlichkeit scheint nichts geblieben zu sein. „Ach scheiß drauf! Es ist Joker-Time! Also warum hat mich keiner von euch ignoranten Spinnern zu dieser kleinen Party hier eingeladen?“
 

Er hat eine hohe, fast weibische Stimme, die einem sofort in den Ohren schmerzt, und die die plötzlich eingetretene Stille wie ein scharfkantiger Glassplitter zerschneidet. Es klingt, als wäre der kleine Bengel nicht nur in der Körpergröße eines pubertierenden Kindes hängen geblieben – wirkt er doch kaum größer als 1,60 Meter –, sondern als hätte er auch den Stimmbruch völlig verfehlt oder ihn gar nicht erst gehabt. Dennoch passt dieses Nerv tötende Gequäke hervorragend zu seiner restlichen Erscheinung, die auf die Anwesenden vielleicht nicht sonderlich beeindruckend wirkt, als er nun aus den Schatten ins Licht tritt, sie alle aber noch sehr gut in Erinnerung haben, was dieser Clown vor sechs Monaten bei seinem ersten Auftauchen in Gotham abgezogen hat. Er mag vielleicht etwas zu kurzgeraten sein und so albern aussehen, dass man nicht weiß, ob man lachen oder weinen soll, aber dennoch ist er erschreckend gefährlich, von komplett irre mal ganz abgesehen. Es ist also durchaus etwas Vorsicht geboten.
 

Der Ansicht scheinen aber nicht alle hier im Raum zu sein. So ist es Killer Croc, der nun düster, aber haltlos zu lachen beginnt. „Was willst du kleiner Wurm denn hier?“, fragt er amüsiert, woraufhin auch einige der anderen zu kichern beginnen. Irritiert weiten sich die seltsamen Augen des Grünhaarigen und er scheint einen Moment zu überlegen, hat sich das Ganze hier wohl etwas anders vorgestellt. „Hab ich doch gerade gesagt, oder nicht? Warum hockt ihr hier alle zusammen und keiner hat mich eingeladen?“, will er nun wieder mit trotzigem Schmollen wissen. Genervt verdreht Oswald die Augen. „Weil das hier eine geschlossene Gesellschaft ist, Junge. Und zwar nur von den Großen dieser Stadt. Du hast hier somit nichts zu suchen. Also verschwinde, ehe ich mich gezwungen sehe nachzuhelfen.“
 

„Bemüh dich nicht, Vögelchen. Deine Jungs machen hinten ein Nickerchen und werden nicht kommen, wenn du pfeifst. Also rückt jetzt mal ein bisschen zusammen, damit ich mich mit an den Tisch setzen kann. Ich bin vielleicht noch nicht so groß wie ihr euch fühlt, hab mir aber meinen Platz hier durchaus schon verdient.“, meint Joker sichtlich selbstbewusst. Einen weiteren Moment herrscht Schweigen, dann brechen alle Anwesenden in haltloses Gelächter aus, was den Grünhaarigen sichtlich zu verwirren scheint. „Hey! Ihr könnt mich nicht auslachen! Das ist fies!“, gebärt sich der kleine Clown und stampft trotzig mit dem Fuß auf den Boden, was sie alle nur noch lauter lachen lässt. „Hört sofort auf, oder ich werde...“, setzt er verstimmt an und macht Anstalten in seine Hosentasche zu greifen.
 

„Warum sollten wir denn nicht lachen?“, fragt Harvey gluckend und wischt sich Tränen von der unversehrten Wange. „Ja! Das ist doch genau das, was du willst, Junge. Oder wozu sollte dieser dämliche Aufzug vor einem halben Jahr gut sein? Bist doch schließlich ein Clown und über die lacht man nun mal, falls dir das nicht klar war, als du dich das letzte Mal mit Mamis Schminke vor den Spiegel gesetzt hast.“, kichert Two Face ungehalten in sich hinein, während aus seinem entstellten Auge Strömen von Tränen fließen und wie Sturzbäche über seine verätzte Wange rinnen. Überrascht wendet Joker ihm das Gesicht zu, während sich ein umwölkter Schleier über seine unnatürlichen Augen zu legen beginnt...
 


 

4
 

Es ist fast auf den Tag genau ein halbes Jahr her, da tauchte in Gotham ein grünhaariger Bengel auf und versuchte die ungeteilte Aufmerksamkeit Batmans zu erlangen. Der junge Clown entwickelte ein Gas, das er Smilex nannte, und verschaffte sich damit Zutritt zum großen Weihnachtsmarkt auf dem Gotham Square. Die festliche, ausgelassene Stimmung steckte ihn regelrecht an. Unbemerkt schlenderte er zum riesigen Weihnachtsbaum in der Mitte des Platzes, der wenige Minuten später vom Bürgermeister entzündet werden sollte. Als die Lichter schließlich brannten und die anwesende Menge in begeisterten Jubel ausbrach, kletterte Joker auf das Podium zum Bürgermeister und verkündete den Leuten noch viel mehr Spaß und Freude. Zuerst dachten die Menschen noch, dass das Ganze zur Show gehört. Das änderte sich schlagartig, als der als Clown geschminkte und bis dahin völlig unbekannte Junge eine Bombe aus der Tasche zog.
 

Die Menschen hatten jedoch nicht die Chance zu flüchten, da warf Joker sie auch schon in die erstarrte Menge. Allerdings blieb die von den Leuten befürchtete Explosion aus. Stattdessen quoll eine dichte, grüne Wolke aus der Bombe und hüllte den gesamten Platz innerhalb einer Sekunde ein. Zufrieden betrachtete Joker das Ganze. Doch dann begann alles schiefzulaufen...
 

Und plötzlich fingen alle Leute an zu lachen, sie lachten wie verrückt. Und das sollten sie auch, wollte der kleine Clown ihnen doch endlose Freude bringen. Ihr Lachen wurde jedoch immer unkontrollierter. Dann rann ihnen Blut aus den Ohren und den Augenwinkeln. Doch sie lachten immer noch, aber sie sahen aus, als hätten sie dabei entsetzliche Angst und unvorstellbare Schmerzen. Erschrocken zuckte der Grünhaarige zusammen und versuchte den Blick davon abzuwenden, doch es war nahezu unmöglich. Keine Minute später brachen sie alle zusammen und schlugen auf dem Boden auf, nur um dann qualvoll lachend mit grausig verzerrten Gesichtern zu sterben.
 

Anfangs hatte Joker mit ihnen gelacht und sich gefreut, dass sein Smilex so gut funktionierte. Als ihm schließlich bewusstwurde, dass die Leute um ihn herum keinen Spaß hatten, sondern elendig zugrunde gingen, war es jedoch schon längst zu spät. Fassungslos blickte er auf all die Leichen zu seinen Füßen herab – die grinsenden Leichen – und begriff einfach nicht, was schiefgelaufen war. Langsam begann sich die grüne Wolke aufzulösen und entblößte 2489 bemitleidenswerter Seelen, die lachend in dieser kalten Winternacht den Tod fanden. Darunter Männer, Frauen und Kinder jeden Alters und jeder gesellschaftlichen Schicht.
 

Es dauerte nicht lange und dann tauchte Batman auf, prügelte jegliches Gefühl von Schuld aus dem Joker heraus und entfachte dafür nur umso mehr Glückseligkeit und brennendes Verlangen in ihm, das auch nichts jemals wieder zu löschen vermag! Dennoch hielt es der Junge für sinnvoller zu flüchten, um sich den Spaß nicht vollständig verderben zu lassen, schließlich wollte er ja auch, dass der Rächer auftaucht. Und so begann zwischen ihm und dem Dunklen Ritter eine dreimonatige Hetzjagd durch die Stadt, die weiteren 168 Menschen das Leben kostete, als Joker versuchte die Formel seines Smilex zu modifizieren, damit niemand mehr daran zu Grunde gehen muss. Es funktionierte allerdings nicht und letztendlich erwischte ihn Batman und brachte ihn nach Arkham, wo er die letzten drei Monate verbrachte. Zufällig bekam er in der Anstalt ein Gespräch zwischen Catwoman und Scarecrow mit, die auch gerade einsaßen und sich über dieses Treffen unterhielten, was den Clown nun also hierhergebracht hat.
 


 

5
 

So erntete der Grünhaarige jede Menge Aufmerksamkeit, allerdings nicht von den hier Anwesenden, sondern von allerhand Kleinkriminellen und anderer Bewohner der Stadt. Angst und Schrecken verbreitete sich unter ihnen und verhalf Joker zu einer ungeahnten Berühmtheit, die er so aber gar nicht angestrebt hatte. Zum Ärgernis der Super-Schurken hier im Raum begannen die Leute auch noch, ihn als Prinz des Verbrechens zu bezeichnen, was das Fass nun wirklich zum Überlaufen bringt. Schließlich ist er nur ein kindlicher Bengel mit dümmlich geschminktem Gesicht, der nach Aufmerksamkeit lechzt und sonst nichts Sinnvolles anzustreben scheint. Warum sollten sie ihn dann also jetzt in ihrer Mitte begrüßen und wie einen von den ihren behandeln? Undenkbar! Wo sie doch alle hart gearbeitet und jahrelang darum gekämpft haben, auf die Liste der bösen Buben der Fledermaus zu kommen und von dieser undankbaren Stadt gefürchtet zu werden.
 

Fahrig wischt sich Oswald über die feuchten Augen und beruhigt sich langsam wieder. Um ihn herum bemühen sich auch die anderen das Lachen einzustellen, mit mehr oder weniger Erfolg. „Jetzt mal ernsthaft, Junge. Verschwinde, ehe ich richtig böse werde!“, spielt sich Pinguin auf und kommt sich mit der Truppe an Kriminellen in seinem Rücken ziemlich groß vor, obwohl er sogar noch mehr als zehn Zentimeter kleiner als dieser durchgeknallte Clown ist, doch das hat seinem aufgeblähten Ego noch nie geschadet. Schließlich ist er ein Cobblepot und gehört damit zu einer der reichsten Personen Gothams. Außerdem war seine Familie eine der fünf Clans, die diese Stadt vor über dreihundert Jahren überhaupt erst gegründete, weshalb er doch wohl etwas Respekt von diesem Irren verdient hat.
 

„Du hast überhaupt keinen Grund böse zu sein. Immerhin lacht ja auch keiner über dich!“, schmollt Joker. „Tja, Kleiner, dass hast du dir wohl selbst zuzuschreiben. Ist nicht meine Schuld, dass du so verrückt bist und als Clown durch die Gegend rennst!“, grinst der Clubbesitzer wieder über das ganze Gesicht. Und das ist der Anfang vom Ende...
 

„Ich bin nicht verrückt!“ Zähneknirschend greift der Grünhaarige nun wirklich in seine Tasche und schon einen Moment später explodiert vor ihnen eine Blendgranate, gefolgt von einer weiteren Explosion, die den gesamten Raum in so dichten Rauch hüllt, dass man seine Hand vor Augen kaum noch sehen kann. Getroffen verharren die Kriminellen orientierungslos an ihren Plätzen und lauschen in den Dunst hinein, in dem immer wieder Stimmengewirr zu hören ist, ohne dass man erkennt, wer oder was gesprochen wird.
 


 

6
 

Wachsam versucht Oswald irgendetwas in dem dichten Nebel zu erkennen. Unterdrückt kann er das Gemurmel der anderen hören, doch es scheint nicht so, als wäre jemand verletzt oder auch sonst irgendein Schaden entstanden. Immerhin etwas. Pinguin hat es sich auch irgendwie schon gedacht. Der Bengel ist nichts weiter als ein Sprücheklopfer, den die Medien groß in Szene setzen, weil er neu auf der Bildfläche ist und damit die Zuschauerquoten erhöht. Kein Grund zur Aufregung also. Wahrscheinlich hat er sich im Nebel irgendwo verkrochen und heult jetzt, weil sie alle ja so fies zu ihm waren. Wirklich lächerlich, aber er würde es ihm zutrauen. Leicht schmunzelnd schüttelt der Schwarzhaarige den Kopf und hofft, dass sich dieses Zeug langsam mal wieder verzieht, damit sie weitermachen können, wo sie dieser lächerliche Trottel so unschön unterbrochen hat.
 

Weiter kommt er mit seinen Überlegungen allerdings nicht mehr, da taucht der Clown plötzlich aus dem Dunst von ihm auf und hockt kindlich vor ihm auf der Tischplatte. Heftig schreckt Oswald zusammen und kann es gerade noch verhindern, mit dem Stuhl nach hinten umzukippen. „Sag mal, was fällt dir eigentlich ein, Bengel?“ „Du hast mich verrückt genannt. Ich bin nicht verrückt!“ „Ach hör doch auf mit diesem Unsinn! Du bist so durchgeknallt wie eine Scheißhausratte!“, entkommt es dem Älteren nun zornig und er greift unbemerkt nach dem zusammengefalteten Regenschirm neben seinem Stuhl. „Das mag sein, aber ich bin trotzdem nicht verrückt!“, entgegnet ihm der Grünhaarige schmollend. „Diese Diskussion ist vollkommen sinnlos, Junge. Und jetzt runter von meinem Tisch!“
 

In einer fließenden Bewegung hebt er den Schirm an und deutet mit dessen Spitze genau auf die schmale Brust des Jungen vor sich. Verkrampft umfasst er den Griff, der einen versteckten Abzug enthält. Das scheint Joker jedoch irgendwie klar zu sein, denn er weicht im letzten Moment zur Seite aus, als sich der tödliche Schuss aus der Spitze des Schirms löst. Die Kugel verschwindet ungerührt im Dunst. Noch ehe Oswald ein weiteres Mal schießen kann, ertönt vom anderen Ende des Raums jedoch ein Schmerzensschrei. Irgendjemand wurde also angeschossen, doch darum kann sich der Clubbesitzer jetzt nicht kümmern. Erst einmal muss er diesen durchgeknallten Jecken loswerden.
 

Dass ist aber leichter gesagt als getan. „Du kannst hier doch nicht rumballern, Vögelchen! Irgendwen hat’s deinetwegen erwischt, schäm dich!“, harscht ihn der Clown nun an. „Meinetwegen? Du spinnst wohl! Halt still, dann erwischt es den einzig Richtigen!“ „Das glaube ich nicht!“, kommt es nun grinsend von dem Jungen. In einer erstaunlich kräftigen Bewegung ergreift der Grünhaarige nun den Schirm, ehe Oswald wieder schießen kann, und drückt die Spitze ruckartig Richtung Decke. Klirrend zerschießt die sich lösenden Kugel eine der Lampen, woraufhin ein paar Scherben auf den, bis vorhin noch so ordentlich gekämmten, Haaren des Pinguins landen. „Du kleiner...“, setzt er knurrend an, als auf einmal das Gesicht des Clowns direkt vor ihm auftaucht. Oswald Cobblepot ist ein praktisch veranlagter, junger Mann, der seinen eigenwilligen Kopf sehr gut kennt und in der Regel auch befürwortet, was er darin vorfindet. Und von daher ist der kurze Moment der Unsicherheit, der ihn nun überkommt, als er dem vorwitzigen Clown in die seltsamen Augen sieht, schon ziemlich verwirrend, doch ihm bleibt keine Zeit mehr, sich davon zu befreien.
 

Im schummerigen Licht des dichten Dunstes glänzen die Lippen des Bengels in einer widerlich gelben Farbe, die ihn noch durchgeknallter aussehen lässt. „Schluss jetzt...“, haucht der Junge in seltsamem Ton und dann drückt er seine Lippen ganz plötzlich auf die von Oswald!
 

Den Clubbesitzer durchzuckt ein heftiger Schreck, doch ihm bleibt keine Möglichkeit zur Flucht. Stattdessen wird ihm auf einmal ganz komisch. Alles ist so beschwingt und leicht, als wäre er auf Droge. Bunte Farben beginnen vor seinen Augen zu tanzen. Als sich die Lippen des Clowns dann von ihm trennen, kippt er mit dem Stuhl nach hinten um und versinkt haltlos in tiefster Schwärze...
 


 

7
 

Obwohl Selina in Oswalds unmittelbarer Nähe sitzt, kann sie dennoch weder sehen noch genau hören, was zwischen ihm und Joker vor sich geht. Im Grunde ist ihr das aber auch egal. Sie hat nur Augen für ihre Katze Isis, die sich bei der ersten Explosion irgendwo hin verkrochen hat. Vielleicht gar keine so schlechte Idee? Erst recht, wenn dieser dämliche Pinguin hier auch noch anfängt herumzuballern. Irgendein armes Schwein hat er scheinbar sogar getroffen. In diesem seltsamen Nebel ist es allerdings unmöglich zu sagen, wen von ihnen es erwischt hat. Nun ist jedoch Ruhe eingekehrt, zumindest was Oswald betrifft, im Rest vom Raum kann sie noch gedämpft das aufgebrachte Murmeln ihrer Kollegen hören. Heißt das also, dass es jetzt sicher genug wäre, die Flucht anzutreten und zu versuchen Isis zu finden? Einen Versuch ist es wert, ehe noch einer anfängt zu schießen.
 

Als sie sich von ihrem Stuhl erheben will, taucht ein Schatten im dichten Dunst vor ihr auf. „Isis?“, fragt sie hoffnungsvoll. „Komm her, Mädchen, dann verschwinden wir von hier!“ Langsam streckt sie die Hand in den Nebel aus, erstarrt jedoch augenblicklich. Etwas schmiegt sich gegen ihren linken Schenkel, etwas anderes drückt sich gegen ihre tastende Hand. Eines davon ist mit Sicherheit ihre vermisste Katze, doch was ist das andere?
 

„Miau!“, kommt es kichernd aus dem Rauch. Hilflos stockt Catwoman der Atem und eine überraschend kräftige Hand schließt sich um ihren Unterarm, versucht sie zu sich zu ziehen. „Nein!“, faucht sie und versucht sich loszureißen. Wer auch immer sie da festhält, hat den Griff eines Schraubstocks. „Loslassen!“, gebärt sie sich und lässt nun ihre andere Hand in den Dunst schnellen. Ihre Lederhandschuhe sind mit messerscharfen Krallen ausgestattet, mit denen sie nun nach ihrem Angreifer zu schlagen versucht. „Scheiße...!“, ertönt es auf einmal, als sie ihr Gegenüber schmerzlich trifft. Endlich ist ihre Hand frei. Und nun kann sie auch das Gesicht des Typen sehen: Es ist der Joker!
 

„Du elender Clown, geh mir aus den Augen!“, faucht Selina stocksauer. „Aber, aber, kleine Kätzchen sollten nicht kratzen. Hat dir das denn keiner beigebracht, Miezi?“ „Muss ich wohl überhört haben. Aber dir scheint auch keiner Manieren beigebracht zu haben. Doch das können wir ganz schnell ändern!“ Geschickt entrollt sie die Peitsche an ihrer Hüfte und schlägt damit nach ihm. Wie ein Floh hüpft er auf dem Tisch herum, um dem zu entgehen. Schließlich gelingt es ihr aber doch, seinen Arm zu erwischen und ihn so ruckartig zu sich heranzuziehen. Die Diebin merkt allerdings zu spät, dass es der Grünhaarige genau darauf abgesehen hat.
 

Für eine Sekunde sehen sie sich tief in die Augen, dann drückt der Bengel ihr seine Lippen auf den Mund. Angewidert weicht sie zurück. Doch irgendetwas muss sich in dem seltsam gelben Lippenstift befinden, den er aufgelegt hat. In jedem Fall wird ihr plötzlich ganz komisch. Bunte Punkte fliegen durch ihr Sichtfeld und ihre Beine können sie nicht mehr tragen. Einen Moment später sinkt sie erst auf die Knie und bricht dann vollends zusammen. Hilflos mauzt Isis unter dem Tisch, faucht den frechen Clown über sich zornig an, ehe sie ratlos an ihrer Freundin zu schnüffeln beginnt...
 


 

8
 

Was, in aller Welt, hat sie nur dazu bewogen, hier mitzumachen? Ivy hätte wissen müssen, dass Pinguin nur Ärger bedeutet, oder zumindest ein echtes Talent dafür hat, sich welchen einzuhandeln. Also warum ist sie hergekommen? Ach ja, wegen dem Park, in dem sie ihre Ruhe vor all den anderen haben wollte. Im Nachhinein betrachtet wäre es allerdings sinnvoller gewesen, einfach dort zu bleiben, denn schließlich gibt es bessere Mittel und Wege, um diese Spinner von ihrem Grün fernzuhalten. Aber nachher ist man halt immer schlauer. Dieser seltsame Nebel scheint sich auch nicht auflösen zu wollen, also wäre Rückzug jetzt eine ziemlich günstige Gelegenheit. Erst recht, wo vor einer Minute Schüsse gefallen sind – und scheinbar auch irgendjemanden getroffen haben –, und ihr war so, als hätte sie gerade Selina ziemlich aufgebracht reden hören. Dieser Dunst verschluckt jedoch alle Worte. Es klang allerdings fast wie ein Kampf.
 

Also lieber weg hier. Die Pflanzen auf ihrer Haut werden auch schon ganz unruhig. Drängen sie zum Gehen. Irgendwer nähert sich ihr, sie kann es spüren. Und da, ein Schatten im Nebel. Doch so schnell verdrückt sie sich nicht mit eingezogenem Schwanz. Stattdessen lässt sie eine Ranke wachsen. Die Würgefeige schießt nun in den Dunst hinein, wickelt sich um den Körper des Schattens und zerrt ihn grob zu sich heran. Nicht sonderlich überrascht, aber dafür umso genervter, stellt sie fest, dass es sich dabei um diesen lächerlich geschminkten Bengel handelt, der die Unverfrorenheit besessen hat, sie alle hier zu stören.
 

An sich aber auch ein guter Fang, wie ihr nun aufgeht. Sie wird ihn dazu bringen, dieses ganze Unheil wieder aufzuräumen und dann wird sie ihn mit in den Park nehmen. Dort wird sie ihn an ihre hungrigen Pflanzen verfüttern und das Problem ist ein für alle Mal gelöst. Wirklich traurig, wenn Ivy so bedenkt, wie viele starke Kerle hier an diesem Tisch sitzen und die Arbeit bleibt mal wieder an einer Frau hängen. Aber so ist es doch immer, wenn man mal ehrlich ist, oder? Will man, dass etwas richtig gemacht wird, muss man es eine Frau machen lassen!
 

Dessen scheint sich der Bengel aber nicht so ganz im Klaren zu sein. „Dir wird das Grinsen gleich vergehen, Bursche!“, haucht sie und zerrt ihn noch näher zu sich heran. „Oh, hey, du süßer Giftsumach!“, flötet Joker ausgelassen, obwohl ihm kaum Luft zum Atmen bleibt. „Du findest mich also süß, ja? Dann hast du ja sicher nichts dagegen, wenn ich mich dafür mit einem Kuss bei dir bedanke, nicht wahr, Junge?“ „Du kannst es gern versuchen, Röschen, aber ich steh nicht auf Mädels.“ Ivy erwidert sein Lächeln unbekümmert. „Das spielt überhaupt keine Rolle. Meine Pheromone sprechen deinen Urinsinkt an, somit ist es völlig egal, worauf du zu stehen glaubst.“ „Na schön. Dann sei aber bitte sanft. Bist schließlich mein erstes Mädchen!“, kichert der Grünhaarige anzüglich, als wüsste er so gar nicht, was ihn erwarten wird.
 

„Keine Sorge, du wirst gar nichts spüren...“, haucht die Rothaarige und vereinigt ihre Lippen miteinander. Augenblicklich merkt sie, wie der Körper in ihrem Griff an Spannung verliert. Als sie ihn wieder ansieht, sind seine Augen leer und er wirkt so willenlos, wie all ihre anderen Opfer jemals zuvor. „Wer sagt es denn! Und jetzt wirst du mir ein ganz herrlicher Dünger werden!“ Benommen wendet er ihr den Blick zu, doch irgendetwas daran ist komisch. „Was immer du willst, mein kleines Veilchen. Aber vorher solltest du dir die Radieschen von unten ansehen!“, kichert der Bengel nun wieder. Völliges Nichtbegreifen huscht über Ivys Gesicht. Dann wird ihr auf einmal ganz seltsam.
 

„Was – was hast du mit mir gemacht?“ „Tja, Seeröschen, du bist nicht die einzige, deren Lippen giftig sind.“ „Aber – ich bin immun gegen – so gut wie alles...“ „Ich weiß, ich ebenfalls. Auch wenn ich zugeben muss, dass sich dein Zeug echt geil angefühlt hat! Doch Männer sind mir dennoch lieber, also muss ich leider ablehnen, mit dir zu gehen.“ „Du mieser...“, weiter kommt die Pflanzenschönheit nicht, ehe sie zusammenbricht und die erschlaffenden Ranken den kleinen Clown wieder freigeben...
 


 

9
 

Bane hingegen denkt gar nicht an Flucht oder dergleichen. Er sitzt nur da und wartet darauf, was als nächstes passiert. Schüsse sind gefallen, also steigt hier vielleicht gleich mal ein bisschen Action? Er hätte nun wirklich nichts dagegen. Solche Dummschwätzersitzungen wie diese hier, sind absolut nicht sein Ding. Seine aufgepumpten Muskeln begrüßen diese außerplanmäßige Unterbrechung mit sichtlichem Wohlwollen und vibrieren regelrecht vor Erwartung unter der Haut. Ein vorfreudiges Grinsen schleicht sich auf sein größtenteils maskiertes Gesicht und wird umso breiten, als er nun sieht, wie sich ihm ein Schatten durch den Dunst nähert. Sergio ist scheißegal, um wen es sich dabei handelt, er will einfach nur auf irgendwen einschlagen, um sich die Langeweile zu vertreiben. Vielleicht trifft es ja sogar diesen dämlichen Pinguin mit seiner Selbstgefälligkeit und dem aufgeblasenen Ego? Man wäre das toll!
 

Zielgerichtet erhebt er sich also von seinem Stuhl und holt mit der mächtigen Faust aus. Noch ehe er sehen kann, wer sich ihm nähert, jagt sein Schlag in den Nebel hinein und trifft. Oder eher streift jemanden, wie Bane etwas geknickt feststellen muss. „Also ich weiß ja, dass ich unerwünscht bin, aber so eine Begrüßung hab ich nun wirklich nicht verdient...“, schmollt der Grünhaarige fast schon weinerlich, als er nun in Banes Sichtfeld tritt und sich dabei vielsagend über das linke Ohr reibt. „Außerdem hättest du mir fast meinen Ohrstecker abgerissen! Schämst du dich denn gar nicht?“ Der Wrestler kann den kleinen Bengel vor sich nur mit erhobener Augenbraue betrachten.
 

Dann grinst er jedoch wieder und lässt warnend die Fingerknöchel knacken. „Du kriegst eins aufs Maul, warum sollte ich mich dafür schämen?“ Herausfordernd beginnt nun auch der kleine Bengel zu grinsen. „Ach, du gehörst wohl zu den Typen, die der Meinung sind, dass auch Clowns manchmal ein bisschen Haue gernhaben, wie?“, fragt er keck. „So sieht’s aus, Kleiner!“ „Schön, kannste haben!“ Schneller als der breitgebaute Sergio gucken kann, holt der Grünhaarige aus und schlägt ihm die geballte Faust nun mitten auf die Nase. Sichtlich überrascht zuckt der Größere zusammen. Der Zwerg ist viel stärker als er aussieht, dass muss man schon zugeben. „Netter Versuch. Jetzt ich!“, erwidert er keine zwei Sekunden später und holt selbst aus.
 

Der Clown duckt sich allerdings unter der Faust hinweg und tritt so genau in das unmittelbare Blickfeld des Wrestlers. „Nee, lass mal. Das Spielchen macht mir mit dir keinen Spaß, mein Großer. Also sollten wir das jetzt abkürzen, ich hab nämlich noch einiges zu tun.“, meint Joker geschäftig, ehe sich Bane für einen erneuten Schlag bereitmachen kann. Kurz darauf legt der Grünhaarige ihm die Arme um den breiten Nacken, überbrückt so den letzten Abstand zu ihm und presst dann seine Lippen auf Sergios.
 

Überrascht reißt dieser die Augen auf, packt den Bengel im Genick und schubst ihn zurück auf den Tisch. „Elende Schwuchtel...“, knurrt er noch, dann werden ihm die Knie weich und er bricht auf dem Boden zusammen. Joker zuckt nur lässig mit den Schultern. „Mag schon sein, mein Großer. Aber was sagt das über dich, wenn du dich von einer kleinen Schwuchtel wie mir so einfach auf die Matte schicken lässt?“ Sergio kann ihn zwar nicht mehr hören, aber das ist dem Verrückten ziemlich egal. Er hat seinen Standpunkt in jedem Fall deutlich gemacht.
 


 

10
 

Der Nächste auf der Abschussliste des kleinen Clowns ist Killer Croc. Ebenfalls ein ziemlicher Brocken und von alledem um ihn herum mindestens genauso unbeeindruckt wie Bane. Und genau wie dieser freut sich auch der Menschenfresser auf diese willkommene Abwechslung. Seine schier endlos vielen Reißzähne verzerren sich zu einem grotesken Grinsen, als Joker aus dem Dunst tritt. Der Jüngere erwidert sein Grinsen nicht weniger gespickt mit erstaunlich großen Nadeln.
 

„Na? Wie geht’s denn so, mein Großer?“ „Könnte einen Snack vertragen und du siehst ziemlich lecker aus!“, knurrt das Krokodil und versucht nach ihm zu langen. Joker gelingt es jedoch leicht, dem auszuweichen. „Na, du bist mir ja ein Charmeur!“, flötet er dann angetan und legt sich wie ein kleines Mädchen die Hände auf die glühenden Wangen. „Schnauze und herkommen!“, setzt Waylon erneut an, woraufhin der Clown wieder ausweicht. „Wirst du jetzt etwa patzig, wenn ich nicht gleich springe? So Typen wie dich hab ich ja echt gefressen!“, beleidigt verschränkt der Junge die Arme vor der schmalen Brust. Dieser kurze Moment der Ablenkung reicht Croc allerdings, um ihn nun fest bei den Schultern zu packen und dann rücklings auf die Tischplatte zu knallen. Schmerzlich stöhnt der Jüngere auf.
 

„Du wirst hier gefressen und sonst nichts!“, grinst der Größere nun gierig. „Bist zwar nur was für den hohlen Zahn, du Zwerg, aber immerhin besser als nichts.“ Vielsagend reißt er das Maul auf und kommt dem bewegungsunfähigen Clown damit immer näher. „Zwerg? So was verbitte ich mir! Ich hab genau die richtige Größe für Typen wie dich!“, profiliert sich der Grünhaarige angesäuert. „Das ich nicht lache!“, grunzt Waylon, während seine Zähne schon den schutzlosen Hals seines Opfers streifen. „Ob du gleich auch noch lachen kannst?“, fragt dieser allerdings wieder ziemlich selbstsicher. Croc ignoriert seine Aussage jedoch und macht ungerührt weiter.
 

Das ist aber ein ziemlicher Fehler, wie ihm zu spät bewusst wird. Unbemerkt zieht Joker das Knie an und rammt seinen Fuß dann mit aller Kraft nach vorn. Sein Turnschuh trifft dadurch mit voller Wucht die einzig empfindliche Stelle des Menschenfressers, was diesen atemlos keuchend auf die Knie sinken lässt. „Du – elender...“, der Rest seiner Beschimpfungen geht in einem schmerzlichen Stöhnen unter, während er sich verkrampft die großen Hände zwischen die Beine drückt. „Normalerweise greife ich ja nicht zu solchen Mitteln, aber du hast mir irgendwie keine Wahl gelassen, mein Großer. Doch ich weiß schon, wie ich mich bei dir entschuldigen kann!“, meint der Grünhaarige sanft und küsst ihn dann schnell auf den Mund, ehe das Krokodil versuchen kann nach ihm zu schnappen.
 

Wie durch ein Wunder ist der Schmerz in seinem pochenden Unterleib urplötzlich verschwunden. Überrascht betrachtet er den Clown vor sich, der ihn nahezu liebevoll anlächelt. Dann wird ihm auf einmal ganz schwindlig und er kracht wie erschossen zu Boden...
 


 

11
 

Mr. Freeze denkt ebenfalls nicht an Flucht. Er nutzt den undurchsichtigen Dunst dafür, seine Gedanken schweifen zu lassen. Die Schüsse und die scheinbaren Kampflaute bemerkt er gar nicht. Stattdessen zieht er ein Foto aus seiner Tasche und streicht liebevoll mit seinen behandschuhten Fingern darüber. Das Bild zeigt seine geliebte Nora lächelnd, voller Glück und Hoffnungen. Es ist die letzte Aufnahme von ihr, bevor diese schreckliche Krankheit sie so unbarmherzig überfallen und Victor zu all diesen Dingen getrieben hat, die ihn letztendlich hierhergeführt haben. Doch er wird niemals aufgeben, bis er sie wieder in seine Arme schließen kann!
 

„Süß, die Kleine.“, ertönt es auf einmal direkt neben ihm. Erschrocken wendet sich Freeze herum und erblickt diesen seltsamen Bengel, der sich selbst Joker nennt, neben sich. Neugierig schaut der Junge auf das Foto in Victors Hand. „Deine Freundin?“, fragt er sichtlich interessiert. „Nein – meine – meine Frau Nora.“, entkommt es dem Wissenschaftler, während er sich schützend das Bild an die Brust seines Kryogenanzugs drückt. „Aha. Warum denn dann so traurig, Frostie? Hat sie dich sitzengelassen, weil du ihr die kalte Schulter gezeigt hast?“, witzelt der Kleinere. „Nein, sie ist unheilbar krank, also hör gefälligst auf zu grinsen!“, kommt es nun zornig von Freeze.
 

„Oh, mein Fehler. Aber was hälst du davon, wenn ich dir helfe, ein bisschen Zeit mit ihr zu verbringen?“ „Das geht nicht. Sie liegt im Kryoschlaf, bis ich ein Heilmittel finde!“, empört sich Victor nun sichtlich aufgebracht. „Schon klar. Ich schick dich einfach zu ihr.“, meint Joker keck und deaktiviert dann erstaunlich leicht die Verriegelung von Freeze´ Kryogenhelm. Augenblicklich treten Schwaden eisiger Luft unter der gläsernen Glocke hervor und Victor reißt geschockt die Augen auf. „Nicht! Sonst werde ich...“, mehr bringt er nicht mehr hervor, sondern versucht vehement den Bengel davon abzuhalten, ihm den Helm ganz abzunehmen.
 

Doch das ist leichter gesagt als getan und so landet der Helm kurze Zeit später auf dem Boden. Hilflos versucht Freeze zu vermeiden, die viel zu warme Luft um sich herum einzuatmen. „Schließ einfach die Augen und denk an Nora.“, meint der kleine Clown und drückt dann die Lippen auf die seinen. Victor versucht ihn wegzustoßen, doch ihm fehlt die Kraft dafür. „Nora...“, flüstert er noch, während ihm schwarz vor Augen wird...
 

„Na, zum Glück trag ich Lippenstift, sonst wäre ich sicher an dir festgefroren, Vicky.“, kommt es überrascht von dem Jüngeren, während er den Helm ergreift und ihn Freeze wieder aufsetzt.
 


 

12
 

„Also ich bin dafür, dass wir hier schleunigst verschwinden!“, kommt es nervös von Harvey. Genervt verdreht Two Face das Auge. „Seit wann bist du nur so ein verfluchter Schisser?“ „Aber irgendwer hat geschossen und irgendwen getroffen!“, versucht sich der Schwarzhaarige zu rechtfertigen. Gleichgültig spielt der Weißhaarige weiterhin mit der Silbermünze. „Na und? Hat uns doch nicht erwischt, also mach dir nicht ins Hemd.“ „Aber wenn das dieser durchgeknallte Clown war und er herkommt, um uns zu erschießen?“, meint Harvey weiter nervös und greift nach seiner eigenen Pistole. „Die Frage hast du dir doch gerade wohl selbst beantwortet.“, meint Two Face und deutet auf die Waffe. „Wir sollen ihn erschießen?“ „Das wird die Münze entscheiden, mein Freund. Aber ich habe so das Gefühl, dass wir diesmal Glück haben werden.“ Weiter kommt der zweigespaltene Mann in seiner selbstgeführten Diskussion nicht, da taucht der Clown auch schon vor ihm aus dem Nebel auf.
 

„Hey Jungs!“, flötet er vergnügt. Augenblicklich richtet Harvey die Waffe auf ihn. „Keinen Schritt weiter!“ „Ich hoffe, du hast schon mal deine Gebete gesprochen, Clown. Denn jetzt werden wir sehen, wie lange du noch zu leben hast.“, kommt es nun von Two Face, während er geschickt den Silberdollar in die Luft schnippt. Im dichten Nebel kaum zu sehen, dreht sich die Münze fröhlich immer wieder um die eigene Achse und setzt dann zur Landung auf der Hand des Weißhaarigen an. Dazu kommt es allerdings nicht, da Joker vorher danach greift und sie aus der Luft angelt. „NEIN!“, entkommt es dem zweigespaltenen Mann in einem grotesken Chor, der dadurch entsteht, dass sich die Stimmen seiner beiden Persönlichkeiten regelrecht überschlagen.
 

„Gib sie sofort zurück, du Wurm!“, knurrt Harvey nun erstaunlich nachdrücklich. „Ich denke nicht. Aber ich schlage euch beiden einen Deal vor.“ „Und welchen?“, will der Kriminelle nun wissen. „Nicht! Das ist ganz sicher ein mieser Trick!“, meldet sich der Staatsanwalt zu Wort. „Sei still!“ „Ganz einfach: Wenn die glatte Seite der Münze oben liegt, küsse ich Harvey. Ist es dagegen die zerkratzte Seite, dann muss Two Face mich küssen.“ „Du bist ja völlig irre!“, entgegnet ihm der Schwarzhaarige angewidert. „Natürlich! Irre gut sogar!“, kichert der Clown.
 

„Einverstanden.“, unterbricht der Weißhaarige nun wieder. „Was? Nein! Merkst du nicht, dass das ein ganz mieser Trick ist? Wir können nicht gewinnen!“ „Schnauze und du wirf endlich die Münze!“, verlangt Two Face mit einem herausfordernden Funkeln in seinem verätzen Auge. Keck grinst der kleine Clown ihm zu und schnippt dann die Münze in die Luft. Geschickt fängt er sie kurz danach wieder auf, schlägt sie sich auf den Handrücken und präsentiert das Ergebnis dann seinem Gegenüber. Die zerkratzte Seite liegt oben! „Oh nein, ich habe es gewusst...“, stöhnt Harvey in Selbstmitleid ertrunken. „Ich weiß gar nicht, warum du dich so aufregst, dich trifft es doch gar nicht.“, gluckst der Grünhaarige vergnügt.
 

„Das ist doch völlig egal! Du hast uns übers Ohr gehauen!“, versucht sich der Schwarzhaarige zu rechtfertigen. „Ach, halt doch endlich mal die Klappe und zieh den Stock aus deinem Arsch! Und du komm her, Bengel!“ Noch bevor Joker dem nachkommen kann, legt sich Two Face´ Hand schwer um seinen Nacken und zieht ihn ruckartig zu sich heran. Eine Sekunde später drückt ihm der Kriminelle die Lippen auf. Überrascht weiten sich die Augen des jungen Clowns und er erwidert nahezu ergeben den Kuss. Das Ganze scheint sich ewig hinziehen zu wollen, bis sich der Weißhaarige dann doch von ihm trennt. Joker schwirrt der Kopf, als hätte er etwas von seiner eigenen Droge geschluckt, und unweigerlich glühen wieder seine Wangen. Dank der dicken Schminke in seinem Gesicht kann man das aber nicht sehen. Der selige Ausdruck in seinen unnatürlichen Augen ist jedoch Antwort genug.
 

„Gar nicht übel...“, entkommt es Two Face noch, ehe der zwiegespaltene Mann reglos zusammenbricht. „Wow, wem sagst du das? Wenn ich jemals genug von Batsy haben sollte, stehst du in jedem Fall ganz oben auf meiner Liste, mein Großer...“, entkommt es Joker mit einem zufriedenen Seufzen.
 


 

13
 

Jonathan ist von der Entwicklung des Ganzen nicht sonderlich angetan. Schon gar nicht, dass hier irgendein Verrückter um sich zu schießen scheint. Noch weniger gefällt ihm die Tatsache, dass es jemanden in seiner unmittelbaren Nähe getroffen hat. Bescheidener Weise hat das leider auch seinen geflügelten Freund vertrieben, ohne den er aber keinesfalls den Rückzug antreten will. Das Rumgeballer scheint zum Glück vorbei zu sein, doch die anderen Geräusche, die gedämpft aus dem Nebel kommen – und dabei auch immer näher zu kommen scheinen –, beunruhigen ihn noch mehr. Ganz sicher hat dieser durchgeknallte Clown etwas damit zu tun. Wirklich eine ganz tolle Sache. Dabei hatte sich Scarecrow doch so viel von diesem Treffen hier erhofft und jetzt das. Irgendwie wünscht er sich schon fast, dass Batman auftaucht und diesen Scheiß hier beendet, bevor wirklich etwas Schlimmes passiert. Im besten Fall bekäme John dann vielleicht sogar Gelegenheit, die neue Modifizierung seines Angst-Gases an der Fledermaus auszuprobieren!
 

Aber in jedem Fall hat erst einmal seine Krähe Vorrang. „Nimmermehr, komm her, mein Freund. Bevor dich noch eine dieser dummen Katzen erwischt! Nimmermehr, wo steckst du, Kleiner?“, ruft er daher in den Dunst hinein. Entgegen seiner Erwartungen erhält er sogar eine Antwort. In seltsamer Ferne kann er seinen Vogel aufgebracht krähen hören. „Nimmermehr?“, fragt er besorgt, doch nun ist alles wieder still. „Nimmermehr?“, schon ziemlich hoffnungslos. „Verdammt!“, schimpft er in sich hinein und erhebt sich dann von seinem Platz, um seinen Vogel zu suchen. Sonderlich weit kommt Jonathan jedoch nicht, da entdeckt er einen Schatten im Nebel. „Bist du das, Nimmermehr?“
 

„Ich bin Batman!“, dringt eine dunkle und irgendwie verzerrte Stimme hervor. Erschrocken macht Scarecrow einen Schritt nach hinten. Dann schießt plötzlich seine Krähe mit weit gespreizten Flügeln aus dem Dunst auf ihn zu. Doch der Vogel fliegt nicht. Stattdessen hängt sein Kopf auf der Seite herab und etwas Gelbes klebt an der Spitze seines Schnabels. „Ich bin Batman!“, ertönt es abermals, diesmal jedoch in haltlosem Lachen nahezu ertrunken. Wie eine Marionette macht die Krähe sämtliche Bewegungen mit, die ihr ihr Peiniger aufzwingt, was John nur immer mehr entsetzt.
 

Dann fällt der Vogel plötzlich wie ein Stein zu Boden. Im letzten Moment gelingt es Scarecrow noch, ihn aufzufangen. „Nimmermehr? Was hat dir dieses Monster angetan?“, fragt er den scheinbar besinnungslosen Vogel. „Monster klingt doch etwas hart, wie ich finde.“, tönt der Clown dann direkt vor ihm. Erschrocken setzt sich der Brünette unsanft auf seine vier Buchstaben nieder und presst seinen gefiederten Freund an sich. „Doch du wirst gleich erfahren, was ich mit ihm gemacht habe...“, haucht der Grünhaarige ihm entgegen.
 

„Verschwinde!“, kommt es zitternd vom Meister der Furcht. Ruckartig reißt Joker ihm die Jutemaske vom Kopf. „Was denn? Hast du etwa die Hosen voll, Johnny?“, grinst der Clown schelmisch. Schwerfällig versucht der Brünette seinen Arm zu heben, um sein Gegenüber mit seinem Gas außer Gefecht zu setzen, doch der Bengel packt ihn am Handgelenk und der Schuss geht daneben. „Nein...“, wimmert der ehemalige Psychologe noch, dann drücken sich die Lippen des Grünhaarigen auf seinen Mund. Anschließend wird alles um ihn herum schwarz...
 


 

14
 

Was so alles um ihn herum passiert, kümmert Jervis nicht im Geringsten. Nachdem sich dieser komische Dunst im ganzen Saal ausgebreitet hat, hat sich der kleine Hutmacher in sein Wunderland zurückgezogen. Seine Einbildungskraft ist dabei so stark, dass Nichts um ihn herum mehr zu existieren scheint. Der dichte Nebel ist in seinen Augen der Qualm der rauchenden Raupe und er selbst sitzt hier an seinem Tisch bei seiner Teegesellschaft. Seine Mitsitzer sind wie immer herrlich ausgelassen. Also ist alles genau so wie es sein soll. Zufrieden mit dieser Tatsache nimmt Mad Hatter einen weiteren Schluck aus seiner reich verzierten Tasse und träumt vor sich hin.
 

Dann allerdings geht ihm auf, dass der wichtigste Gast noch gar nicht erschienen ist: Seine Alice! Eine echte Tragödie! „Sie verspätet sich ganz sicher nur etwas. Das kann schon mal passieren, wenn man sich für so eine Gesellschaft herrichtet. Kein Grund zur Sorge!“, redet er sich selbst ein und es funktioniert. Mit einem Seufzen beruhigt er sich wieder. Denkt stattdessen an seine süße Alice. Wie sie vor dem Spiegel steht, ein bezauberndes Kleid nach dem anderen anprobiert, um sich besonders hübsch für ihn zu machen. Welch ein Gedanke! Er beflügelt ihn regelrecht. Sein ganzer Körper scheint bei dieser reizenden Vorstellung zu kribbeln. Oh, wie sehr verzerrt er sich doch nach seiner geliebten Alice! „Beeil dich, meine Schöne! Ich erwarte dich voller Sehnsucht!“, seufzt er schwer, während er sich verlangend auf die Unterlippe beißt.
 

Die Raupe meint es mit ihrer Pfeife heute wirklich überaus gut, kann man doch kaum eine Handbreit sehen, dennoch taucht nun ein Schatten in dem dichten Dunst auf. Endlich! „Alice!“, entkommt es Jervis in Sehnsucht ertrunken. Vor ihm taucht jedoch der grünhaarige Clown auf, der so gar nicht in sein herrliches Wunderland hineinpassen will. Doch er klammert sich vehement an diese Vorstellung. Sieht, was er sehen will. „Alice...“, wimmert Mad Hatter daher der Verzweiflung nahe. Mit leicht erhobener Augenbraue mustert ihn der Joker und beugt sich dann zu ihm hinab.
 

„Nenn mich, wie du willst, mein Großer!“ „Alice?“ „Ja, genau die bin ich und dass nur für dich, mein Großer.“, spielt der Clown einfach mit, was wirklich amüsant ist. Wenn er nicht so viel zu tun hätte, könnte er das hier den Rest der Nacht machen! „Alice, du bist endlich hier! Ich habe so sehr auf dich gewartet, meine Teuerste!“, geht Jervis ganz in seiner sehnlichsten Fantasie auf. „Tut mir leid, Herzchen, ich musste erst noch etwas Lippenstift auflegen. Gefällt er dir?“ „Wundervoll...“, haucht der Blonde verloren lächelnd. „Dann hast du doch sicher nichts gegen einen kleinen Kuss vor dem Tee, oder?“ „Nein...“ Und auf einmal gehen alle Lichter im Wunderland aus...
 


 

15
 

Schmerzlich verzieht Edward das Gesicht, als er seine Krawatte fester um seinen Oberschenkel zurrt. Er hat großes Glück gehabt. Die Kugel, die so plötzlich aus dem Nebel kam, ging glatt durch sein Bein durch und scheint keine wichtigen Gefäße getroffen zu haben. Dennoch kann er nicht flüchten, ja nicht einmal richtig stehen, wenn er sich nicht auf seinen Stock stützt. Wer immer da geschlossen hat, kann froh sein, das Riddler es in dem Dunst nicht gesehen hat, doch viele kommen dafür nicht infrage. Doch das ist jetzt völlig egal. Er muss sehen, dass er hier irgendwie herauskommt, ehe noch mehr Chaos ausbricht oder sein Bein vom Schmerz so steif wird, dass er es gar nicht mehr bewegen kann.
 

Sein panischer Wunsch zu fliehen, ist nun allerdings aus unerfindlichen Gründen von ihm abgefallen. Jetzt fühlt er eine tiefe und gefährliche Ruhe, eine Art tödliche Schläfrigkeit. Mit seinem angeschossenen Bein könnte er eh nicht vor diesen Wahnsinnigen flüchten. Also muss eine andere Lösung her, um noch irgendwie seine Haut zu retten. Ein Schatten taucht im Nebel auf. Auch das noch! Entschlossen versucht er halbwegs sicher auf seinem verletzten Bein zu stehen, zieht seine .45er Magnum aus der Innentasche seiner Weste, entsichert sie blind, während sein Blick fest auf die sich langsam lichtende Wolke vor sich gerichtet ist. Als er den näherkommenden Schatten des kichernden Clowns darin auf sich zukommen sehen kann, richtet der Riddler in ihm die Waffe mit einer erschreckenden Kaltblütigkeit auf den Jungen.
 

Vielleicht zum ersten Mal, seit diese verhasste Stimme in seinem Kopf erschienen ist, vertraut er ihr blind. Dennoch krümmt sich sein Finger nur nervös, zögerlich um den Abzug. Vehement versucht er dabei zu verdrängen, dass er in seinem ganzen Leben noch niemanden erschossen hat, die Waffe nur zur Selbstverteidigung bei sich trägt, um einen möglichen Angreifer lediglich kampfunfähig zu machen oder auf Abstand zu halten. Der Riddler in ihm ist jedoch fest entschlossen zu schießen und stört sich auch nicht am Töten. Ed konnte ihn bisher nur immer irgendwie davon abhalten, da er noch nie wirklich in Lebensgefahr schwebte, was das Töten zweifelsfrei für ihn gerechtfertigt hätte. Dennoch ist er sich jetzt mit jeder Faser seines Körpers bewusst, dass er diesen Wahnsinnigen erschießen muss, ihn erledigen, denn sonst wird er ihn ganz unzweifelhaft auch töten, so wie all die anderen Verbrecher hier im Raum!
 

Schon einen Moment später taucht der Clown lautlos wie eine Katze aus dem abziehenden Qualm auf und grinst ihn frech an, sieht dabei direkt in den totbringend finsteren Lauf der Waffe, den Ed auf seinen Kopf gerichtet hat, er lächelt nur weiterhin siegessicher. Allerdings wirkt der Grünhaarige keineswegs beunruhigt deswegen. Seine Zähne sind rasiermesserscharfe Dreiecke, die im Zwielicht der gedimmten Deckenbeleuchtung auf tödliche Weise funkeln, ganz so, als würde er stattdessen gerade Killer Croc lächeln sehen. Diese Vorstellung lässt Edward innerlich erschaudern.
 

Das Lächeln des jungen Clowns vor sich ist aber dennoch auf nahezu erschreckende Weise bezaubernd, sodass sich der Rätselmeister regelrecht genötigt fühlt, es erwidern zu müssen. Fühlt es sich so an? Fühlt es sich vielleicht tatsächlich so an, wenn man mit dem sogenannten Joker-Gas infiziert wurde? Dieser unbändige Drang zu lachen, bis daraus ein grauenhaftes Grinsen wird, das einen förmlich von innen heraus zerreißt und letztendlich überaus grausam sterben lässt. Wird Ed somit das Schicksal seiner gefallenen Schurkenkollegen teilen und elendig zu Grunde gehen? Er schluckt hart, verlagert dabei unbewusst sein Gewicht und zuckt dann schmerzlich zusammen, als er somit sein verletztes Bein belastet. Und plötzlich ist der kranke Drang zu lächeln verschwunden und ein Hauch Erleichterung macht sich in ihm breit. Noch ist er wohl doch nicht infiziert.
 

„Keinen Schritt weiter!“, fährt Ed ihn zitternd an und krümmt den Finger fester um den Abzug. Sein Gegenüber grinst nur keck. „Mach dich nicht unglücklich, mein Hübscher!“, raunt er dann erstaunlich sanft und legt die Hand ungeniert um den todbringenden Lauf der Magnum. Heftig schreckt Nigma zusammen, wobei er überraschenderweise bemerkt, wie der Riddler in seinem Kopf mit erstaunlicher Heftigkeit zurückgestoßen wird, und er somit völlig auf sich alleingestellt dasteht. Daraufhin schlägt Edward betroffen die Augen nieder, lässt sich ungelenk zurück auf seinen Stuhl fallen und überlässt dem Spinner willenlos die Waffe, als wäre es Batman, der hier vor ihm steht. Welche Wahl hat er denn schließlich ohne die Selbstsicherheit des Riddlers?
 

Der Clown setzt sich nun mit damenhaft übereinandergeschlagenen Beinen direkt vor ihm auf die Tischplatte und schiebt Ed die Pistole dann zurück in die Innentasche seiner Weste, als hätte er irgendwie gesehen, dass der Brünette sie dort hergeholt hat. Überrascht sieht der Ältere zu ihm auf. „Du – du erschießt mich nicht?“ „Warum sollte ich? Wäre doch schade um so einen hübschen Kerl wie dich, meinst du nicht auch?“, zwinkert ihm der Bengel keck zu, woraufhin Nigma knallrot anläuft. Ein sonniges Lächeln erhellt daraufhin das geschminkte Gesicht seines Gegenübers. Ed schluckt schwer. Wenn man dieses Lächeln sieht, vergisst man beinahe, dass der Raum mit toten Gaunern gefüllt ist und man selbst sich jeden Moment zu ihnen gesellen wird.
 

„Außerdem brauche ich dich noch, um den anderen Trotteln hier meine Forderung zu überbringen, wenn sie wieder aufwachen.“ „Sie – sie sind nicht tot?“, kommt es ungläubig von dem Rätselmeister. „Nein, natürlich nicht! Das würde doch gar keinen Spaß machen. Sie werden sich morgen nur stundenlang die Seele aus dem Leib kotzen, weiter nichts. Und wenn schon einen umbringen, dann doch bitte mit jeder Menge Sauerei und einem Knall, dass es jeder mitbekommt und sich vor Angst in die Hosen macht! – Außerdem wäre das hier viel zu einfach gewesen. Zudem finde ich es echt mies, dass mich alle nur für einen hirnlosen Killer halten, weil mir zu Anfang ein paar kleine Dinge misslungen sind. – Ich hatte nie vor, damals irgendjemanden zu töten. Es war ein Unfall, klar? Ich musste erst die richtige Rezeptur finden. Ich hatte es an mir selbst ausprobiert, aber durch den dauernden Umgang mit den verschiedenen Giften bin ich dagegen immun geworden und habe es nicht mitbekommen. Dachte daher, dass es ungefährlich sei...“, beharrt der Jüngere trotzig, schiebt schmollend die Unterlippe vor und verschränkt beleidigt die Arme vor der schmalen Brust. „Okay, klar...“
 

Trotz der Tatsache, dass Joker ihnen gerade bewiesen hat, dass er nicht nur völlig verrückt, überaus gewieft und stark noch obendrein ist, genießt er selbst hier unter seinesgleichen – der immer wiederkehrenden Rivalen Batmans – die bittere Einsamkeit eines Außenseiters. Obwohl genießen da wohl das vollkommen falsche Wort zu sein scheint, wenn Ed an den durchaus ziemlich genickten Blick des Clowns denkt, den dieser hatte, als er ihnen vorwarf, ihn nicht zu diesem kleinen Treffen eingeladen zu haben. Und eben war es nicht viel besser, wo er versucht hat seine vergangenen Taten zu rechtfertigen. Vielleicht ist da also wirklich etwas dran und er wollte tatsächlich niemandem absichtlich schaden?
 

„Was – was für eine Nachricht soll ich den anderen denn überbringen?“, fragt der Herr der Rätsel nach kurzem Schweigen. „Ganz einfach: Ich bin der Prinz von Gotham, doch ein jeder von euch soll die Gelegenheit erhalten, den Thron besteigen zu können, um eines Tages König dieser verruchten Stadt zu sein. Das kümmert mich nicht. Doch eins muss euch allen klar sein: Batman gehört ganz allein mir! Keiner von euch darf ihn töten! Das soll ganz allein mein Vergnügen sein und wer sich gegen mich stellt, mach seinen letzten Atemzug! Und diesmal scherze ich ganz sicher nicht, klar? Nehmt die Stadt, wie es euch beliebt, doch die Fledermaus ist mein!“ „Verstanden...“, schluckt Nigma hart. Innerlich ist er heilfroh, dass er niemals vorhatte, Batman über die Klinge springen zu lassen oder sich diese gottverdammte Stadt anzueignen. So muss er wenigstens nicht mehr Gefahr laufen, von diesem Irren um die Ecke gebracht zu werden.
 


 

16
 

Erneut tritt Schweigen ein und der Brünette beobachtet dabei, wie Joker nun einen Lippenstift aus seiner Hosentasche zieht und ihn damenhaft benutzt, indem er sein Spiegelbild auf der blankpolierten Glasplatte des Tisches betrachtet. Ed ist allerdings nicht sonderlich wohl dabei zu sehen, dass sich die Farbe geändert hat. Vorher waren die Lippen des Clowns in einem satten Gelb geschminkt, nun ist es ein kräftiges Himmelblau. Irgendwie beschleicht ihn da ein ziemlich ungutes Gefühl. „Was – wird das?“, will er daher wissen. Lächelnd betrachtet ihn der Grünhaarige. „Ich muss mich doch etwas für dich aufbretzeln, sonst wäre es ja langweilig, oder?“ „Für – mich...?“
 

„Sicher für dich. Als mein Nachrichtenüberbringer soll die die morgige Kotzrunde erspart bleiben, mein Hübscher. Dennoch muss ich meine ungehinderte Flucht garantieren können und dir leider kurzzeitig die Lichter ausblasen. Und da ich ein netter Kerl bin und die anderen nicht bevorzugen will, bekommst du selbstverständlich auch einen Kuss von mir. So ist es am einfachsten für uns beide.“ „Du bist doch wohl völlig verrückt! Ich lasse mich doch nicht von einem Kerl küssen!“, empört sich Edward mit hochroten Wangen.
 

Jokers Lächeln verschwindet, als wäre es nie dagewesen. Das Gesicht des jungen Mannes hat jede Spur von Heiterkeit verloren und ein unbarmherziges und unberechenbares Urgestein hinterlassen, das selbst seine Mutter nicht wiedererkannt hätte. Mit seinem Gesicht geht etwas Erschreckendes vor sich. Es wird sehr still, und seine Augen werden so groß, dass sie zu viel des unnatürlich gelben Hintergrunds zeigen. Dann bleckt er knirschend die animalisch spitzen Zähne. „Ich bin nicht verrückt!“, knurrt er und beginnt Ed überraschend aufgelöst durchzuschütteln.
 

Allein diese Geste verrät dem Brünetten aber schon sehr deutlich, wie verrückt der Clown wirklich sein muss. Aber anscheinend merkt er das selbst nicht mehr und bestreitet es daher vehement. Edward hat noch nie im Leben solche Angst verspürt. Echte Angst. Richtig echte Todesangst. Vielleicht ist es das, was ihn letztendlich einknicken und Joker seinen Willen bekommen lässt? Nigma muss sich dringend etwas einfallen lassen, um ihn wieder zu beruhigen, sonst kommt der Jüngere womöglich doch noch auf die Idee, ihn um die Ecke bringen zu wollen. Resignierend hebt er die Hände in einer ergebenen Geste. „Es – es tut mir leid. Du bist selbstverständlich nicht verrückt! Ich habe mich nur versprochen, ganz ehrlich! Küss mich, wenn es unbedingt sein muss, nur bring mich bitte nicht um...“, wimmert er hilflos und spürt schon, wie heiße Tränen der Verzweiflung und der nackten Panik hinter seinen Augen zu brennen beginnen.
 

Nur eine Sekunde später geht wieder ein Wandel über Jokers Gesicht hinweg. Es wirkt, als würde die letzte Reaktion nun rückwärts ablaufen. Seine Augen scheinen auf ein normales Maß zu schrumpfen. Seine geschminkten Lippen gleiten wieder über diese erschreckend scharfen Zähne und verbergen sie somit gnädiger Weise. Seine ganze Haltung entspannt sich deutlich, und schließlich lässt er Ed wieder los und räuspert sich fast schon verlegen, als könne er selbst nicht ganz begreifen, warum er gerade so ausgerastet ist.
 

Leicht räuspert sich der Jüngere und fährt sich fahrig durch die grünen Haare. „Das werde ich. Aber vorher muss ich mir mal eben dein Handy ausleihen. Du sollst mir ja nicht verbluten, während du dein Nickerchen machst.“ Sehr widerwillig greift Nigma daraufhin ein seine Weste und zieht das kleine Gerät heraus. Es gefällt ihm nicht wirklich, dass der Bengel einen Krankenwagen rufen will. Es ist nett, dass er sich um Ed sorgt. Aber das bedeutet auch, dass sie hier alle in Arkham aufwachen werden, während der Joker fröhlich weiterhin durch die Stadt streift. Aber naja, vielleicht ist es auch besser so? Die Mauern der Anstalt werden den Rätselmeister nicht lange halten, das steht fest, und dann wird er sich in die Narrows zurückziehen, seine Wunden lecken und seinem Projekt dort nachgehen – fern ab von all diesen Wahnsinnigen.
 

Flink tippt der Grünhaarige nun dir Nummer des Notrufs und räuspert sich erneut. Als er zu sprechen beginnt, klingt er dabei wie eine alte Frau, was der Brünette äußerst irritierend findet. „Hallo, Polizei? – Ja, kommen Sie schnell! In diesem komischen Club, der wie ein Eisberg aussieht, sind Schüsse gefallen! Schüsse! Können Sie sich das vorstellen? – Ja, ich hätte fast einen Herzinfarkt bekommen. Unerhört, eine alte Dame wie mich so aus dem Schlaf zu reißen! Und ich schlafe sowieso schon nicht mehr so gut – Ja, genau den meine ich. – Aha. – Ja, bringen Sie lieber ein paar Männer mehr mit. Ich hab da vor ein paar Stunden ein paar sehr zwielichtige Gestalten reingehen sehen. Da dachte ich gleich, dass das sicher Ärger geben wird. – Ja und einen Krankenwagen! Ich hab auch Schreie gehört. – Wunderbar!“
 

Gerade als der Mann in der Telefonzentrale nach ihrem Namen und dergleichen zu fragen beginnt, legt der Bengel auf. Joker kichert, als er ihm das Handy zurück in die Tasche schiebt. Ein Geräusch, das wie eine grobe Feile an seinem Gehirn zu raspeln scheint. Und Edward wünscht sich nichts mehr, als das es jetzt endlich vorbei ist.
 

„Können wir es jetzt bitte hinter uns bringen?“, fragt er nervös. „Aber sicher doch, mein Hübscher.“ Sanft lächelt der Grünhaarige ihm wieder entgegen, rutscht dann vom Tisch herunter und beugt sich zu ihm vor. Sinnlich legt er dem Rätselmeister die Arme um den Nacken, sieht ihm tief in die Augen. Ed schluckt noch einmal hart, erwidert einen Moment seinen durchdringenden Blick und schließt dann ergeben die Augen. Kurz darauf spürt er die erstaunlich weichen und warmen Lippen des anderen Jungen auf den seinen. Er merkt, wie noch während des Kusses irgendetwas in seinem Mund zu kribbeln beginnt, obwohl er ihn gar nicht geöffnet hat, und denkt sich, dass es sich dabei ganz sicher um die seltsame Droge handelt, die ihn jeden Moment einschläfern wird.
 

Alles, was er ist, alles, was er jemals gewusst hat, scheint in diesem Augenblick zu einem einzigen hellen Lichtpunkt zu schrumpfen, der jetzt erlischt, wie das Bild auf einem in der Dunkelheit ausgeschalteten Fernseher. Danach folgt nur noch tröstliche Schwärze...
 


 

17
 

Hastig verschwindet der kleine Clown anschließend, während in der Ferne schon Sirenen zu hören sind. Nachdem er die Iceberg Lounge verlassen und das Dach des nächsten Gebäudes erklimmt hat, blickt Joker mit nahezu zärtlich-liebenden Augen über die unter ihm liegende Stadt hinweg. Noch ist es nicht seine Stadt, aber sie wird es schon bald sein. Denn er hat selbstredend gelogen, als er Edward sagte, dass ihm Gotham egal wäre. Es dient nur dazu, diese Trottel in Sicherheit zu wiegen, um ihnen dann im richtigen Moment das Messer in den Rücken zu rammen!
 

Die Menschen dort unten wissen es noch nicht – haben aber bereits einen Vorgeschmack darauf erhaschen können, bevor er nach Arkham kam –, aber sie werden es erfahren. Sie werden bald erfahren, dass er sich den Titel Prinz von Gotham nicht umsonst verliehen hat, genau wie diese dumme Stadt ihn nicht umsonst als Prinz des Verbrechens getauft hat! Er hat bereits ein unumstößliches Pfandrecht auf diese Stadt, und um sie sich völlig untertan zu machen, muss er nur ein bisschen mehr mit ihrem Dunklen Ritter tanzen. Also lasst die Spiele beginnen!


Nachwort zu diesem Kapitel:
Lied: Steve Miller – The Joker Komplett anzeigen

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