Zum Inhalt der Seite

Kigan

– The crime scene of Gotamo City –
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Kapitel 10
 

Tief zog ich am letzten Rest meiner Zigarette, ehe ich sie austrat und zu dem Gebäude wenige hundert Meter entfernt blickte. Hatte es nachts schon heruntergekommen gewirkt, jetzt umso mehr. Im trüben Licht des Tages war deutlich zu erkennen, dass es mehr Stellen gab, an denen die steinerne Fassade bröckelte als an denen, wo sie noch intakt war. Jedes zweite Fenster in den obersten Etagen waren zerschlagen. Allerdings sah es nicht so aus, als würden sie überhaupt genutzt werden, weshalb es vermutlich niemanden interessierte, ob es reinregnete oder nicht. Das Einzige, was noch einigermaßen ansprechend wirkte, war das Schild über dem Eingang.

„Irgendwie hatte ich das Inosan weniger… naja… schäbig in Erinnerung“, murmelte Andou neben mir.  

„Wann war dein letzter Besuch hier nochmal?“

„Vielleicht vor so drei oder vier Jahren, denke ich.“ Plötzlich lachte er leise auf. „Eigentlich ist mir der Laden nur in Erinnerung geblieben, weil ich damals das Mädel an der Bar so heiß fand.“

Amüsiert schnaubend stieß ich die Luft durch die Nase aus.

„Ich geh mal stark davon aus, dass in der Zeit der Besitzer gewechselt hat. Aber vielleicht arbeitet deine Bar-Dame ja doch noch hier. Hab letztes Mal nicht besonders auf die Damenwelt dadrin geachtet.“

Wieder lachte er.

„Na, dann halten wir heute einfach beide die Augen offen.“

„Ja, sollten wir.“

Ich atmete noch einmal tief durch, ehe ich mich langsam in Bewegung setzte.

Dann mal auf in die Höhle des Löwen.

Ich konnte nicht verhindern, dass die Anspannung in mir wuchs, je näher wir dem Inosan kamen. Ob wir heute weiterkommen würden?

„Wie gehen wir eigentlich vor? Hast du dir schon etwas überlegt?“

Aus den Augenwinkeln nahm ich wahr, wie Andou mit den Schultern zuckte.

„Ich würde sagen, wir krallen uns den Boss und hoffen darauf, dass der uns sagen kann, was Frau Sumida mit ihrem Zettel bezwecken wollte.“

Das klang nach einem zu simplen Plan als dass er funktionieren konnte – auch wenn ich es mir wünschte. Doch wenn ich mich an die finsteren Visagen vom letzten Mal erinnerte, bezweifelte ich stark, dass überhaupt jemand mit uns reden würde. Aber irgendwo mussten wir schließlich anfangen. Das Foto, das mir gestern wie ein zufällig gefundener Schatz in die Hände gefallen war, hatte ich sicher in der Jackentasche verstaut. Und vielleicht konnte das Foto einer alten, freundlichen Dame so manches harte Gangster-Herz erweichen und sie etwas gesprächiger machen.

Aber erstmal mussten wir überhaupt reinkommen. Wir hatten keinerlei Befugnisse und Rechte und waren daher blöderweise auf das Wohlsinnen der anderen angewiesen. Vermutlich wäre es besser gewesen abends herzukommen, wiederum liefen wir tagsüber wenigstens nicht in Gefahr, dass, sollte doch etwas schief gehen, uns plötzlich zwanzig Typen gegenüberstanden und an den Kragen wollten, sondern vielleicht nur drei. Hoffentlich.
 

Der Türsteher, der uns aus kleinen, misstrauischen Augen entgegenstierte und sich sogleich ein Stück gerader hinstellte, sah nicht mehr ganz frisch aus. Es war derselbe wie bei meinem ersten Besuch.

Stand der etwa Tag und Nacht hier rum?

Meine Unruhe wuchs.

Was sollte ich sagen, wenn er uns fragte, was wir hier wollten? Ich konnte ja schlecht verkünden, dass wir einige Fragen zu bestimmten Personen hatten, die eventuell etwas mit dem Inosan zu tun hatten. Wobei… konnte ich schon, aber dann kämen wir sicher nicht mal einen Zentimeter über die Schwelle. Alles, was auch nur ansatzweise nach neugierigen Cops oder ähnlichem roch, stand bei diesen Leuten auf der Abschussliste. Deshalb hatte ich auch nur Andou mitgenommen, damit wir so etwas mehr wie normale Gäste wirkten, als wenn wir hier zu dritt aufgekreuzt wären. Außerdem war Andou ja schon einmal hier gewesen und kannte sich aus. So hatte zumindest meine ursprüngliche Überlegung  ausgesehen, die sich nun allerdings zerschlagen hatte, da sich in den letzten Jahren hier wohl einiges geändert hatte. Damit war Andous früherer Besuch irrelevant geworden.
 

Noch während ich mir den Kopf zerbrach, wie wir reinkommen könnten, nahm der Türsteher mir die Entscheidung ab. Nachdem er Andou kurz kritisch  gemustert hatte und mir nur einen flüchtigen Blick schenkte, nickte er und zog die schwere Eingangstür auf.

Dass ich verblüfft war, war gar kein Ausdruck. Beinahe wäre ich stehengeblieben, wenn Andou mich nicht unauffällig weitergeschoben hätte. Erst als die Tür hinter uns ins Schloss fiel und den kurzen Gang vor uns wieder in dämmriges Licht tauchte, hielt ich an und drehte mich zu meinem Begleiter um. Er wirkte nicht minder irritiert, überspielte es aber recht gut mit einem kleinen Schmunzeln.

„Also entweder die lassen hier jeden rein oder die kennen dich bereits. Bist wohl doch Stammgast hier und hast es vergessen zu erwähnen“, scherzte er. Ich schwieg und versuchte stattdessen die Unruhe in meinem Inneren etwas in den Griff zu bekommen.
 

Der große Hauptraum war, wie erwartet, deutlich leerer als vorgestern. An einer handvoll Tischen saßen zwar einige Männer und führten gedämpft Gespräche, aber dennoch hatte ich das Gefühl, man könnte hier eine Nadel fallen hören, wenn es drauf ankam. Alles hatte den Eindruck einer geschlossenen Gesellschaft und wir gehörten nicht hierher.

Es war doch eine blöde Idee gewesen, um diese Uhrzeit herumkommen. Aber wie man es machte, machte man es sowieso verkehrt.

Hinter mir hörte ich Andou leise „Definitiv anders als früher“ murmeln, während wir festen Schrittes auf die Bar zusteuerten, um nicht wie auf dem Präsentierteller inmitten des Raums zu stehen. Diesmal stand eine junge Frau mit einer auffällig roten Stachelfrisur und einer Menge Metall im Gesicht hinter dem Tresen. Erwartungsvoll blickte sie uns entgegen.

„Hey, was darf's sein?“

Kurz sah ich noch einmal über die Schulter durch den Raum, ob mir irgendwer ins Auge stach, der wie der Chef des Ladens wirkte, ehe ich mich über die Theke zu ihr beugte.

„Im Moment nichts, danke. Wir würden gerne mit dem Boss sprechen.“ Dabei versuchte ich mich an einem gelassenen Lächeln, um einen harmlosen Eindruck zu erwecken. Nur funktionierte das mehr schlecht als recht, denn ihr gerade noch freundlicher Gesichtsausdruck machte einem misstrauischen Platz und sie ging automatisch einen Schritt auf Abstand.

„Und Sie sind…?“

Ich tauschte einen flüchtigen Blick mit Andou, der kaum sichtbar nickte, dann griff ich in meine Jackentasche, holte das Foto hervor und schob es ihr hin. Dumm stellen, brachte schließlich nichts.

„Wir haben Fragen zu dieser Frau. Kennen Sie sie vielleicht?“

Hatte ich irgendeine Reaktion erwartet, wurde ich enttäuscht. Sie hatte sich sehr gut im Griff, in ihrem Gesicht zeigte sich keine Regung, als sie das Bild einige Sekunden lang betrachtete.

„Nein…“

Ich wollte gerade nachhaken, als ich bemerkte, dass sie gar nicht mehr das Bild ansah, sondern die Tattoos auf meinen Händen musterte. Meist war es nichts Ungewöhnliches, wenn Leute meine Tattoos näher betrachten und mich darüber versuchten irgendwie einzuordnen. Aber die Art, wie sie es tat, ließ mich stutzen. Als würde sie nach etwas Bestimmten suchen. Stirnrunzelnd sah ich auf meine linke Hand, die bereits nach das Foto gegriffen hatte. Hatte ich was verpasst? Soweit ich wusste, waren über Nacht keine neuen Muster und Buchstaben dazugekommen. Alles wie gehabt. Was hatte sie?

Plötzlich wandte sie sich ruckartig ab und ging durch eine schmale Tür auf der Rückseite davon.

Etwas aus dem Konzept gebracht sah ich zu Dai, der mit gerunzelter Stirn auf die Stelle starrte, wo die Frau verschwunden war.

„Ehm…“

„Ja, das lief jetzt nicht ganz so gut, würde ich sagen.“

Wohl wahr.

„Vielleicht holt sie gerade die Rausschmeißer.“

Auf die konnte ich definitiv verzichten, trotzdem wollten wir jetzt erst recht warten, was als Nächstes folgte. Außerdem – warum hatte sie mich so angestarrt?

„Übrigens, die war's damals nicht gewesen.“

Wider Erwarten stahl sich ein kleines Schmunzeln auf meine Lippen.
 

Kurz darauf ging die Tür erneut auf, doch statt der Rothaarigen kam jemand anders heraus. Auch wenn es beim letzten Mal recht dunkel gewesen war, erkannte ich ihn sofort wieder. Die blondierten Haare waren unverändert streng nach hinten gekämmt, eine Zigarre hing fast schon demonstrativ im Mundwinkel. Beinahe wäre ich zusammengezuckt, als sein direkter Blick meinen traf. Doch ich riss mich zusammen und versuchte es Andou gleich zu tun und möglichst gelassen am Tresen gelehnt stehen zu bleiben. Hätte ich noch Zweifel gehabt, wer sich gerade trotz seiner geringen Größe vor uns aufbaute und jeden einer intensiven Musterung unterzog, spätestens die beiden Schränke, die nach ihm durch die Tür getreten waren und dort Stellung bezogen, gaben Aufschluss darüber.

„Was wollt ihr?“

Seine Stimme klang überraschend weich und dennoch schaffte er es, ihr einen bedrohlichen Unterton zu verleihen, ohne dabei laut zu werden. Und er bestätigte meinen ersten Eindruck von sich: den wollte ich wirklich nicht zum Feind haben. Auf seine Art hatte er etwas Einschüchterndes, ohne dass ich sagen konnte, woran es genau lag. Dabei hatte ich schon mit mehr als „bösen Jungs“ zu tun gehabt, aber der hier war anders und das lag nicht nur in seinem Äußeren.
 

Während ich noch mit mir rang , wie ich ihm unsere Fragen am besten vorbringen könnte, ignorierte Andou anscheinend die angespannte Situation und deutete auf das Foto, das unverändert auf dem Tresen lag.

„Wir sind wegen dieser Dame hier. Und dem Jungen.“

Ohne überhaupt nur einen Blick auf das Bild zu werfen, starrte der Blonde Andou an und blies den Rauch in seine Richtung.

„Kenn ich nicht.“

Sekunden später sah ich mich erneut mit den fast schwarzen Augen konfrontiert.

„Du warst schon mal hier.“

Es war keine Frage, sondern eine Feststellung.

„Das ist richtig.“

Da er nicht einmal das Mindestmaß an Höflichkeit an den Tag legte, entschloss ich mich ähnlich direkt zu sein.

„Sicher, dass Sie die Frau nicht kennen? Ihr Name ist Sumida Kaede und der Junge neben ihr heißt Terachi Shinya.“

Er zuckte nicht einmal mit einer Wimper, als er mit einem trockenen „Kenn ich trotzdem nicht.“ die Frage abschmetterte und dafür an seiner Zigarre zog. Sein Blick schien mich regelrecht zu durchleuchten.

„Seid ihr Bullen oder was?“

Die Art, wie er mit uns sprach, ging mir trotz seiner bedrohlichen Ausstrahlung gehörig gegen den Strich und beinahe wäre mir ein „Nein, aber besorgte Bürger.“ herausgerutscht, aber ich schluckte es im letzten Moment herunter.

Stattdessen entschied ich mich für einen Teil der Wahrheit. Denn wenn er wirklich einer derer war, die überall im Hintergrund ihre Strippen zogen, dann flogen Lügen schneller auf, als wir wegrennen konnten.

„Wir sind Privatdetektive.“ Dass Andou keiner war, war im Augenblick scheißegal, denn er arbeitete ja sowieso in seiner Freizeit an dem Fall und war somit mein unmittelbarer Kollege.

„Der Junge auf dem Foto wird seit Wochen vermisst und einige Hinweise haben uns zu Ihrer… Hm… Bar geführt.“ Ich wusste immer noch nicht, wie ich das Inosan bezeichnen sollte. Außerdem war das mit den Hinweisen reichlich hochgestapelt, aber ich konnte ihm ja schlecht unter die Nase reiben, dass wir nur wegen eines Zettels mit dem Bar-Namen hier aufkreuzten und eben wegen jenes Fotos. Das war schon sehr dürftig, das wusste ich selbst. Aber was anderes hatten wir nicht.

„Aha. Sagt mir trotzdem nichts. War's das?“

In meinem Kopf herrschte Leere. Was sollten wir tun? Wieder eine weitere Mauer, vor der wir standen. Und hier noch andere Mitarbeiter zu befragen, würde der Blonde sicher nicht zulassen. Also, was sollten wir tun? Wieder alles von vorn? Ich war ratlos… und frustriert.

„Ja… danke.“

Es war einfach nur zum Kotzen. Wo sollten wir als Nächstes ansetzen? Ich hatte irrsinniger Weise die, wie sich jetzt herausstellte, lächerliche Hoffnung in mir getragen, dass, wenn schon niemand den Vermissten kannte, mir wenigstens jemand etwas zu Frau Sumida sagen könnte. Sie hatte den Zettel doch nicht nur als Werbezweck unter meiner Tür durchgeschoben, damit ich mich hier betrinken konnte.

Aber nein, nichts. Es würde uns keiner was sagen, selbst wenn er Informationen hatte.
 

Plötzlich vernahm ich Andous Stimme neben mir.

„Eine Frage hätte ich noch.“

Er beschrieb die Männer, die ich letztens vor dem Inosan gesehen hatte und als die Mörder von Frau Sumida wiedererkannt hatte.

Richtig, die musste er kennen, schließlich waren sie hier gewesen und hatten anscheinend irgendwelche Geschäfte abwickeln wollen.

Doch der Blonde blickte Andou sekundenlang ausdruckslos an, ehe er seine Mundwinkel spöttisch nach oben zog.

„Was glaubst du eigentlich, wie viele Leute mit der Beschreibung hier ständig ein und aus gehen?“

In mir erstarb das letzte Stück Geduld und Hoffnung.

Es brachte einfach nichts.

Schnaubend stopfte ich das Foto unsanft in meine Jackentasche zurück und wandte mich ab. Innerlich kochte ich, war sauer auf alles und jeden, weil nichts funktionierte und wir ständig auf Mauern des Schweigens stießen. Eigentlich konnten wir es auch gleich lassen. Scheiß drauf. Allmählich war ich bereit alles hinzuwerfen, wenn meine Berufsehre mich nicht noch irgendwo aufrecht halten würde.

Doch als ich mich entfernen wollte, hörte ich die weiche Stimme des Blonden hinter mir, deren Worte mich erstarren ließen.

„Sollte mir doch noch etwas einfallen, weiß ich ja, wo die Detektei zu finden ist.“
 

*
 

Ein lautes Krachen und das Geräusch schneller Schritte über den Betonboden ließen mich von meinem Buch aufsehen und erwartungsvoll zur Zimmertür blicken. Wenige Sekunden später wurde sie aufgerissen. Das Erste, was ich sah, war das Glimmen einer Zigarre, ehe sich ein mürrisch dreinblickendes Gesicht aus dem Halbdunkel des Ganges abzeichnete. Ich unterdrückte ein Seufzen, als mir der mittlerweile vertraute Geruch von abgestandenen Rauch entgegenwehte. Widerlich.

„Mach bitte die Zigarre aus, bevor du reinkommt, Kyo. Es reicht schon, dass der gesamte Gang danach riecht.“

Ein Schnauben antwortete mir, doch ich wusste, egal wie sehr ihn meine Forderung nervte, er würde ihr nachkommen. Schmunzelnd stand ich von dem schmalen Bett auf und ging zum Fenster, um wenigstens etwas Frischluft hereinzulassen. Ich warf einen kurzen Blick an den Gitterstäben, die von außen angebracht worden waren, vorbei, auf den kleinen Innenhof. Viel zu sehen, gab es nicht. Die Erde war völlig aufgeweicht, in den unzähligen Pfützen spiegelten sich die angrenzenden Häuser. Kaum vorstellbar, dass dieser trostlose Fleck früher einmal ein Garten gewesen war, der einer Oase zwischen steinernen Fassaden gleich gekommen war. Oder nein, nicht wie eine Oase, sondern vielmehr wie ein kleines Paradies. Denn dadurch, dass es von außen keinen direkten Zugang dazu gab und man nur durch ein Gewirr aus Gängen hinein gelangen konnte, war dieser Ort absolut geschützt gewesen. Jedenfalls war es mir als Kind so vorgekommen. Heute wäre es ein Leichtes den Zugang zu finden, ohne dabei Angst zu haben, sich zu verlaufen. Aber es gab keinen Grund mehr dorthin zu gehen. Vom einst großen, blühenden Kirschbaum in der Mitte des Hofes war nur noch ein Skelett übrig. Die grüne Wiese, auf der ich als Kind oft unter den wachsamen Augen meines Kindermädchen gespielt hatte, war einer braunen Schlammgrube gewichen. Es tat beinahe weh, diesen Ort, wo ich viele unbeschwerte Stunden verbracht hatte, nun so zu sehen. Aber es ließ sich nicht mehr rückgängig machen, generell hatte sich zu viel verändert.

Seufzend riss ich mich von dem traurigen Bild los und drehte mich zu meinem Gast um, der es inzwischen auf einem der zwei Stühle im Raum gemütlich gemacht hatte und mich finster anstarrte. Das störte mich herzlich wenig, denn er sah die meiste Zeit so aus, selbst als Kind schon. Das war einfach seine Art.
 

Ich ließ mich auf dem Bett nieder, das leise, knarrende Geräusche von sich gab. Das Zimmer war so klein, dass wir uns faktisch gegenübersaßen und ich ihn berühren konnte, wenn ich die Beine ausgestreckt hätte. Doch ich tat es nicht, sondern zog sie an und sah meinen Besucher abwartend an.

„Es wurde nach dir gefragt.“

Ich konnte nicht verhindern, dass mein Herz einen aufgeregten Sprung machte.

„Wer?“

Doch statt mir zu antworten, lehnte er seinen Kopf nach hinten gegen die Wand und betrachtete mich aus halbgeschlossenen Lidern. Würde ich ihn nicht schon so lange kennen, wäre ich sicher unruhig geworden, doch so wartete ich nur geduldig und hakte schließlich noch einmal nach, als es mir zu lange dauerte.

„Wer, Kyo?“

Er verzog seinen Mund so, dass ein Teil seiner Zähne zu sehen waren, die ihm eine gewisse Ähnlichkeit mit einem Hai verliehen.

„Dieser Detektiv… Nishikara oder so. Auf den du gehofft hattest. Hatte eigentlich gedacht, der kommt eher. Und da war noch ein anderer -“

Das kurze Lachen, das sich seinen Weg aus meiner Mitte brach, kam derart unerwartet, dass Kyo abbrach und mich verwirrt ansah, während ich für einen Moment die Augen schloss und tief durchatmete.

Endlich.

Ich hatte schon lange darauf gewartet.

„Ich habe ihnen aber nichts gesagt“, hörte ich Kyo murmeln.

„Das ist in Ordnung.“

War es wirklich.

Ich konnte nicht anders als zu lächeln, während ich spürte, wie sich ein Knoten in mir löste. Niikura-San war hier gewesen und das gab mir mit einem Mal ein bisschen Hoffnung, dass sich vielleicht doch etwas in Bewegung gesetzt hatte – dass sich etwas ändern konnte.

Ich hatte ihn bisher nie getroffen, kannte ihn nur aus Erzählungen, aber… Irgendwie hatte ich Vertrauen in ihn gesetzt.

Dennoch war es gut, dass wir uns bisher nicht begegnet waren. Dafür war mir die Rolle, die die beiden Cops, die ständig mit ihm unterwegs waren, noch zu unklar. Aber Kyos Männer hatten sie im Auge und würden hoffentlich bald nähere Informationen bringen, wenn sie sich denn nicht ständig von ihnen erwischen ließen.

Aber… er war hier gewesen, das hieß, er hatte die Spur zu mir aufgenommen.

Blieb zu hoffen, dass er dran blieb. Denn egal, wie unsicher mir das Ganze bisher noch erschien, ich vertraute auf Frau Sumidas Menschenkenntnis und ihre jahrelange Freundschaft zu diesem Mann. Deshalb wollte ich ihn treffen.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (1)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  yamo-chan
2022-03-15T06:36:06+00:00 15.03.2022 07:36
Da ist Shinya! <3
Interessantes Verhältnis das er zu Kyo hat.
Bin gespannt wie es weiter geht :)
Antwort von:  QueenLuna
15.03.2022 08:27
Danke für deinen Kommentar ^^ naja irgendwann muss er ja mal auftauchen xD


Zurück